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Ooops.

von

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Ooops.

Feuer und Ruß verschlangen alles.

Den Kamin.

Das Bild eines Vorfahren, dessen Namen sie nun nie mehr würden zuordnen können.

Kays Banner, das Griffith (offensichtlich in einem Zustand geistiger Umnachtung) an den Rauchabzug genagelt hatte.

Steif saß Gwendolyn in ihrem Lehnsessel und umklammerte ihren Fächer. Mit geschürzten Lippen sah sie dabei zu, wie sich die Flammen in ihren geliebten, neuen Wandteppich fraßen. Dann hüllte die schwarze Wolke sie ein. Ruß stieg ihr in die Nase, brannte in ihrem Rachen. In diesem Moment gewann ihr Überlebensinstinkt über das Trauma des finanziellen Verlusts. Wie eine Katze sprang sie aus dem Sessel und schrie dabei nur ein bisschen. Der niedrige Beistelltisch, auf dem ihr Tee sicher bereits ungenießbar geworden war, beendete ihre Flucht jäh. Sie stolperte, sie fiel, sie atmete Ruß-

Husten.

Keuchen.

»Oops«, verkündete eine Stimme zu ihrer linken, komplett unbeeindruckt.

Gwendolyn keuchte noch ein wenig mehr.

Ihr Scheinbein schmerzte, dort, wo sie die Tischplatte erwischt hatte.

Tränen brannten in ihren Augen. Vor Ruß, natürlich. Nicht vor Schmerz. Gwendolyn biss die Zähne aufeinander.

»Oops«, wiederholte sie.

»Die Urne steht noch.«

Die Worte brachten frische Trauma zurück. Ihr Wandteppich!

»Die Urne steht noch, sagt sie«, grollte sie dem Marmorboden entgegen. Nicht einmal auf den plüschigen Teppich, den sie sich von Kays Einnahmen bezahlt hatte, hatte sie fallen können, verdammt. Langsam hob Gwendolyn den Kopf, blinzelte. Alles um sie herum war schwarz. Das Beistelltischchen. Die Wände. Ihre Dokumente über die zuletzt aufgeschlüsselten Schulden.

Aber die Urne stand tatsächlich noch auf dem Kaminsims.

Schwarz und verbrannt und anklagend und ...

Vermutlich konnten sie froh sein, dass Kay die Asche schon vor ein paar Monaten getrunken hatte.

Sie schüttelte den Kopf.

Die Urne mochte noch stehen, aber sie war hinüber, genauso wie der Rest des Kamins. Vermutlich konnte sie sich glücklich schätzen, dass das Feuer nicht auf den Rest übergesprungen war.

»Sieh es so«, antwortete die Stimme zu ihrer linken, als würden sie eine Konversation über das Wetter führen, »Das Banner hat sich ohnehin mit dem Wandteppich gebissen.«

Oh, das war genug!

Diese furchtbare Fackel auf zwei Beinen!

Gwendolyn schnaubte.

»Es hat sich mit dem Wandteppich gebissen?«, bellte sie. »Mehr fällt dir dazu nicht ein? Du hättest uns umbringen können! Du hättest das ganze Schloss in Brand stecken können! Und meine Akten!«

Neben ihr zuckte Aliss mit den Achseln. Als sei sie sich keiner Schuld bewusst, streckte sie Gwendolyn die Hand entgegen.

»Komm schon. So schnell brennt Stein nicht. Und du kannst mir nicht sagen, dass du diese ... moderne Kunst dort stehen lassen wolltest.«

»Diese moderne Kunst war ein Bild meines Vorfahren!«

»Vielleicht von seinem Hund.«

Gwendolyn ergriff die ihr dargebotene Hand.

Einen Ruck später stand sie wieder. Das Chaos sah im Stehen keinen Deut besser aus, als im Liegen. Gwendolyn stöhnte.

Es würde ewig dauern, um Kay und Griffith dazu zu bringen, den Schaden zu beseitigen.

Erst verspätet bemerkte sie, das Aliss ihre Hand nicht losgelassen hatte. Sie fühlte sich warm und trocken unter ihren Fingern an und gar nicht so, als hätte sie gerade einen Kamin in die Luft gejagt. Ihr Grinsen wirkte auch nicht so. Oder zumindest nicht komplett. Zusammen mit dem Ruß, der sich über ihre Wangen zog, und dem unheilverkündenden Funkeln, das in ihren Augen glitzerte, erinnerte es Gwendolyn daran, warum sie Aliss zu sich ins Kaminzimmer gebeten hatte.

»Ich wollte, dass du den Kamin für uns anzündest«, sagte Gwendolyn, »nicht meinen Wandteppich.«

»Oh«, antwortete diese ihr. Vorsichtig hob Aliss ihre andere Hand und berührte Gwendolyns Unterarm, dort, wo ihr der Handschuh hinunter gerutscht war. »Ich kann auch ganz andere Dinge anzünden.«

Die Fingerkuppen tasteten über einen feinen Kratzer unterhalb ihres Ellenbogen. Wie gebannt verfolgte Gwendolyn, wie sie helle Schlieren in all dem Dreck hinterließen. Die Berührungen taten nicht weh. Sie jagten Schauer über ihre Haut.

»Du willst nicht wirklich dort weitermachen, wo du aufgehört hast.«

Gwendolyns Stimme war kaum mehr als ein Hauch.

»Ach was«, antwortete Aliss ihr, mit einem Grinsen, in dem mehr mitschwang, als der übliche Schalk. »Ich dachte, wir haben noch gar nicht angefangen.«



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  SuperCraig
2019-02-19T13:30:20+00:00 19.02.2019 14:30
Da wurde aus dem Kamin wohl der ganze Raum.

Wie lapidar die Vermutung mit dem brennenden Schloss abgeschmettert wurde - herrlich. xD

Ich musste schmunzeln; ein sehr interessanter One-Shot, dessen bissige, zynische Ader perfekt herüberkommt. Falls dies deine Absicht gewesen sein sollte, ist es dir sehr gut gelungen.
Antwort von: Arcturus
19.02.2019 17:25
Jep, das war die Absicht. :D

Danke für deinen Kommentar. Ich hatte echt nicht gedacht, dass ausgerechnet diese Fic jemand liest. |D


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