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go to hell

karashima / heaven&hell crossover
von

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Unterwelt

Katori saß auf einer Decke auf dem Fußboden und beobachtete schlecht gelaunt das Fest, das um ihn herum tobte. Man hatte ihn mit einem eisernen Halsreifen in eine Ecke gekettet, damit er nicht abhauen konnte. Ab und zu wurde er in die Mitte des Saals gezerrt, um die versammelte Mannschaft mit einem Lied zu unterhalten, obwohl ihm das Treffen sauberer Töne bei der schwefelschwangeren Luft hier nicht gerade leicht fiel, oder irgendwelche seltendämlichen Aufgaben aufgetragen zu bekommen, mit denen er sich gehörig zur Feile machen konnte. Eigentlich waren alle pausenlos nur damit beschäftigt, sich über ihn lustig zu machen. Es war zwar noch keiner von denen richtig gemein oder ruppig geworden, aber das war bei steigender Stimmung eigentlich nur noch eine Frage der Zeit. Katori kam sich vor wie Taikens persönlicher Hofnarr.

Daran, daß er sich tatsächlich in der Unterwelt befand, hatte er inzwischen keinen Zweifel mehr. Er hatte beim Blick aus dem Fenster die steinige Einöde gesehen, und die hitzeflirrenden Lavafelder in der Ferne. Und spätestens, seit er den ersten Kollegen mit echten Fledermausflügeln durch die Luft hatte fliegen sehen, und diese weiße Schlange Kira, die sich als Tattoo um Taikens rechten Arm gewickelt hatte, war sein Weltbild gründlich reformiert worden. Dämonen gab es! Wie war er hier bloß reingeraten? Was hatte er als lebender Mensch in der Unterwelt zu suchen? Taiken hatte ihm jedenfalls versichert, daß er kein Reaper sei, der tote Seelen einsammelte um sie ins Jenseits zu begleiten, und daß Katori auch nicht tot wäre.

Taiken tauchte auf und ging vor Katorihito in die Hocke, um mit ihm halbwegs auf Augenhöhe zu kommen, und sei es nur, um Gemeinheiten loszuwerden. „Na? Amüsiert sich mein Engelchen?“

„Oh ja, total!“, schoss Katori sarkastisch zurück.

Der Herr der Unterwelt legte ihm den Zeigefinger unter das Kinn und hob sein Gesicht an, damit Katori ihm in die Augen sah. „Möchtest du für mich nicht endlich mal deine wahre Gestalt annehmen?“

„Was denn für eine wahre Gestalt?“, zischte der Sänger genervt. Dann hustete er, weil die schadstoffdurchsetzte Luft ihm im Hals kratzte.

„Na, deine Engels-Gestalt. Zeig mir doch mal deine hübschen Flügel!“

„Ich BIN kein Engel! Ich HABE keine Flügel! Wie oft denn noch, verdammt!?“

Taiken grinste gehässig. „Ich krieg dich schon noch dazu. ... Und bis dahin bespaßt du uns noch ein wenig. Komm mit“, legte er fest und machte sich an dem Halsring zu schaffen, mit dem Katori festgekettet war.

„Schon wieder? Ich hab keinen Bock mehr.“

„Das ist mir doch egal, ob du Bock drauf hast.“
 

Taiken bugsierte den Sänger wieder einmal in die Mitte der u-förmig aufgestellten Tische, wo jeder ihn sehen konnte. „Unser liebes Engelchen wird uns jetzt ein wenig bei Laune halten. Was haltet ihr davon?“, rief er dabei laut in die Runde, damit auch alle Gäste ihre Aufmerksamkeit auf Katori richteten.

Gegröhle und Gejohle wurde laut.

„Und was soll ich machen?“, wollte Katori begeisterungsfrei wissen.

„Wie wäre Pantomime? Wir sagen dir, was du bist, und du musst es uns vorspielen.“

Der Sänger stöhnte leise. Das durfte nicht wahr sein.

„Also los, was ist er?“, fragte Taiken in die Runde.

„Ein Bodybuilder!“, rief jemand.

Der Herr der Unterwelt lachte. „Das ist gut! Das will ich sehen! Komm, Engelchen, mach uns den Bodybuilder!“

Notgedrungen zog Katori seine schwarze Lederjacke aus, da man im T-Shirt einfach die Oberarme besser sah, und ließ die Muskeln spielen. Natürlich versagte er dabei kläglich. Er war ja kein Muskelprotz, er war dürre wie ein Spargel.

„Ein Model auf dem Laufsteg!“, gröhlte jemand dazwischen.

Gut, damit konnte Katori was anfangen. Für ein Visual Kei Label gemodelt hatte er ja durchaus schonmal. Er schnappte seine Jacke wieder vom Boden, warf sie sich lässig über die Schulter und schwebte los wie auf dem Catwalk.

„Ein Schwuler!“, forderte die Meute als nächstes.

„Och, nö!“, protestierte der Sänger und sank etwas in sich zusammen. „Das ist nicht euer verdammter Ernst, oder?“

„Nagut, lass dir was anderes einfallen“, gestand Taiken ihm erheitert zu. „Aber sei gut. Ich will was zu lachen.“

Der Vocal rollte unmotiviert mit den Augen und überlegte. Was einfallen lassen, schöner Shit. Er hatte die Nase voll. Jetzt würde er Taiken zeigen, wo der Hammer hing. „Okay, kann losgehen“, entschied er. „Ein neues Spiel. Ich brauche zwei Stühle, zwei Becher Wein und noch einen Freiwilligen. Zusätzlich zu dir, meine ich.“

Irgendwo sprang ein sichtlich angetrunkener Würdenträger auf. „Hier, ich!“ Er schnappte den Stuhl, auf dem er zuvor gesessen hatte, und brachte ihn mit, als er sich in das Tisch-U gesellte. Andere, die ebenfalls begierig darauf waren, was passieren würde, brachten einen zweiten Stuhl und Wein.

Katori stellte die beiden Stühle voreinander und ließ Taiken und den anderen Dämon sich direkt gegenüber sitzen. So nah, daß sie sich die Hand geben konnten, wenn sie wollten. Die beiden waren auch gut genug drauf, um es willig mitzumachen. Als nächstes sollte jeder von ihnen den Mund voll Wein nehmen. „Jetzt ist flache-Witze-Challenge angesagt. Ich erzähle Witze und wer von euch beiden zuerst lacht, hat verloren.“

Belustigtes Raunen ging durch den Festsaal.

Taiken und sein Kollege starrten sich gegenseitig leicht verkniffen, verbissen und mit vollen Bäckchen an. Herausforderung angenommen, der Wettkampf konnte beginnen. Möge der Bessere gewin-... Taiken prustete seinen Wein plötzlich in hohem Bogen hinaus wie ein Wasserspeier, direkt ins Gesicht seines Gegenübers. Und lachte sich die Seele aus dem Leib.

Der ganze Saal gröhlte lauthals mit.

„Ich hab doch noch gar nicht angefangen!“, warf Katori ein.

„Der guckt aber so blöd!“, feierte Taiken, vor Lachen nach vorn gekrümmt. Er deutete mit dem Zeigefinger unverhohlen auf seinen Challenge-Gegner. „Das Gesicht! Ich konnte nicht mehr!“ Er kicherte weiter. Nebenbei wischte er sich den verkleckerten Wein von seinem Kinn.

„Naja. Aufgabe erfüllt. Was zu lachen hattet ihr jedenfalls“, merkte Katori nüchtern und etwas enttäuscht an. Er hatte so gehofft, daß Taiken derjenige sein würde, der den Wein ins Gesicht gespuckt bekam.

Der andere Dämon nahm langsam eine knallrote Gesichtsfarbe an und wandte sich sauer dem Sänger zu. In Kombination mit der sichtbaren Rotweindusche sah das dennoch ziemlich ulkig aus. „Du kleiner Wichser!“, fluchte er. Jetzt fand er das Spiel, das Katori vorgeschlagen hatte, gar nicht mehr so lustig. „Ich werde dich ...“

„Nix da! Der gehört mir“, ging Taiken sofort dazwischen, stand auf und schnappte Katori am Kragen. „Komm, du bist erstmal wieder entlassen“, meinte er, bevor es hier noch Ärger gab. Er schob den Vocal in seine Ecke zurück und kettete ihn wieder an.

Katorihito pflanzte sich etwas ermattet auf seine Decke auf dem Boden. Er hustete wieder. Und langsam fühlte er auch eine leichte Übelkeit in seinem Magen aufsteigen. Die Unterwelt bekam ihm wirklich nicht. Wie lange würde er hier wohl durchhalten, mal ganz abgesehen von Taikens Schikanen?

„Du bist echt witzig“, lachte der Herr der Unterwelt. Er war wirklich bester Laune. „Ich hatte noch nie so ein spaßiges Henkersfest.“

„Das sollte ich wohl als Lob auffassen ...“, murmelte Katori. Er warf einen beiläufigen Blick auf seine Armbanduhr, um zu erfahren, wie lange er schon hier war. Aber sie zeigte immer noch die gleiche Uhrzeit wie schon von Anfang an. Entweder war das elende Ding stehen geblieben, oder hier unten gab es sowas wie Zeit nicht. „Hör zu, ich bin langsam echt hundemüde“, fuhr er dann fort, bevor Taiken sich vom Acker machte. „In meiner Welt wäre es sicher schon längst Schlafenszeit. Würde es dir was ausmachen, wenn ich dich morgen weiter belustige?“

Taikens Lächeln schwand schlagartig. „Du wagst es allen Ernstes, dich gegen meinen Willen aufzulehnen!?“

„Gegen welchen Willen denn? Hast du mir irgendeinen Befehl gegeben, den ich überhört hätte? Das war nur eine ganz höfliche Frage!“

„Du wagst es, Forderungen zu stellen?“

„Höfliche Frage!“, korrigierte Katori sauer.

„Du wirst mich solange bespaßen, wie ich es sage, merk dir das!“, stellte der Herr der Unterwelt herrisch klar, bedachte ihn noch mit einem todwünschenden Blick und stiefelte von dannen.

„Pisser ...“, zischte Katori ihm leise hinterher.

Sofort stand Taiken wieder auf der Matte. „Wie war das!?“

Der Sänger schaute ihn erschrocken an. Hatte der das gehört? Trotz der Entfernung und der allgemeinen Partylautstärke hier im Saal? Fuck, hatte der gute Ohren!

„Das wirst du mir büßen, Freundchen!“, kündigte Taiken humorlos an, befreite Katori wieder von seinem an die Kette gelegten Halsreifen und zerrte ihn grob vom Boden hoch. Dann stieß er ihn vor sich her, aus dem Festsaal hinaus.

Jetzt wurde es Katori doch langsam anders. Er war so eine streitlustige, bestimmende Art ja durchaus schon von Ruri gewöhnt, daher hatte Taiken ihm nicht übertrieben viel Angst gemacht. Unterwelt hin oder her, es war bisher nichts passiert, was Katori nicht längst von Ruri kannte. Wohl darum hatte er gedacht, mit Taiken einfach genauso umspringen zu können wie mit ihm. Jetzt erkannte er den Denkfehler bei der Sache. Ruri mochte ein überheblicher Sack sein, so sehr er wollte, und gern auch mal rigeros durchgreifen, wenn ihm etwas zu bunt wurde, aber er war sein unzertrennlicher Busenfreund und eingeschworener Mitstreiter. Taiken war das nicht. Jetzt hatte Katori es offenbar irgendwie übertrieben und der Unterweltler verstand keinen Spaß.
 

Taiken verfrachtete den Sänger mit körperlichem Nachdruck in den Kerker und suchte sich eine leere Zelle, in die er seinen Gast schmeißen konnte. Er schnappte eine Fackel von der Wand, um sich den Weg zu beleuchten, sowie den Schlüsselbund, der gleich daneben hing. Letzteren ließ er sich mit seiner telekinetischen Fähigkeit in hohem Bogen entgegen fliegen und fing ihn aus der Luft. Die Verließe waren kalte, modrige Kellerlöcher mit nacktem Steinboden. Nichtmal Stroh war hier ausgelegt, geschweige denn sowas wie ein Bett.

Katori erhaschte beim Vorbeigehen einen Blick durch eines der vergitterten Sichtfenster in den Holztüren, die den Gang zu beiden Seiten säumten. Da drin hing ein Skelett in Ketten von der Wand. Um den Kollegen hatte sich offenbar schon sehr lange keiner mehr gekümmert. Der Vocal schauderte unwillkürlich. Ein undefinierbares Heulen wogte durch das Verließ. Konnte ein Geist sein, oder ein Werwolf. Nein, sicher nur der Wind, versuchte sich Katori fröstelnd einzureden.

Taiken schloss die Zelle neben dem Skelett auf und beförderte Katorihito mit einem groben Stoß zwischen die Schulterblätter hinein.

Der Musiker kam durch den harten Schwung ins Stolpern und taumelte ungelenk zu Boden. Aber er verkniff sich abgesehen von einem leisen Stöhnen jeden Protest.

„Wir sprechen uns wieder, wenn die Feier zu Ende ist, Freundchen“, drohnte der Herr der Unterwelt in überlegener Gehässigkeit. „Dann wirst du wenigstens berechtigten Grund haben, mich mit irgendwelchen Beleidigungen zu betiteln.“ Er ließ die schwere, eisenbeschlagene Holztür ins Schloss krachen. Seine Schritte verhallten wieder im Gang, als er sich entfernte.
 

Taiken wollte gerade den Schlüsselbund wieder an seinen angestammten Platz hängen, als ihn ein Schatten im Augenwinkel ablenkte. Da war doch gerade irgendwas hinter der Ecke gewesen. Skeptisch ging er nachsehen und stand plötzlich vor einem Mann mit dicken, blonden Strähnen in der stacheligen Löwenmähnen-Frisur. „Himmel!“, jappste Taiken, was in der Hölle als ein ziemlich rüder Fluch galt. Ihm schlief kurz das Gesicht ein. Ruri? Hier?

Ruri hatte seine Mimik besser im Griff. Obwohl er gleichfalls ziemlich überrumpelt war, so unvermutet von Taiken aufgegriffen worden zu sein, blöffte er sehr glaubhaft. „Ah, du bist das. Ich hab mich gerade gefragt, wer wohl hier unten am Arbeiten ist, während da oben alle feiern.“

„Was zum Geier tust du hier? Wie kommst du in die Unterwelt?“

„Na, darf ich das nicht? Ich bin ein Dämon!“, stellte Ruri klar, in Erinnerung an den Rat des Fährmanns, sich bloß nicht als Mensch zu outen. Auch nicht gegenüber dem Boss, da hatte Kao keine Ausnahmen definiert.

Taiken gaffte ihn weiter mit offenem Mund an. Nur seine Augen verengten sich skeptisch ein wenig. Bitte, WAS war der Kerl? Ein Dämon? Hätte Taiken davon nicht wissen müssen, als deren Herrscher?

„Ich suche meinen Sänger. Du hast ihn dir ausgeborgt, falls du dich erinnerst“, fuhr Ruri souverän fort. Überzeugend zu sein und die große Klappe zu haben, waren seine Parade-Disziplinen. „Ich bräuchte ihn aber zurück. Wir haben im Diesseits noch Konzerttermine einzuhalten.“

Taiken schaute ihn immer noch an wie ein achtes Weltwunder.

„Hörst du mir zu?“, rückversicherte sich der Gitarrist schließlich, um endlich mal eine Regung zu provozieren.

Der Unterweltler mit den rostbraunen Haaren nickte. Langsam machte sich auch ein böses Lächeln auf seinen Zügen breit. „Ja-ja. Ich höre dich. Katori suchst du? Dann komm mal mit, Dämon.“ Er machte Kehrt und fischte im Vorbeigehen wieder den Schlüssel vom Wandhaken. „Was haben denn ein Engel und ein Dämon in der Welt der Lebenden miteinander zu schaffen?“, plauderte er dabei los.

Ruri überlegte fieberhaft, was er darauf antworten sollte. Taiken hielt Katori ernsthaft für einen Engel? Nun, das erklärte vieles. Aber er sollte besser nicht richtigstellen, daß Katori bloß ein ganz schnöder, gewöhnlicher Mensch war, sonst wäre Katori vermutlich ziemlich schnell tot. Kao hatte ihm ja wohl nicht grundlos eingebläut, daß man sich hier unten lieber nicht als Mensch outen durfte. „Äh ... Engel kann man gut als Arbeitssklaven halten. Als Frontmann auf der Bühne sind sie echte Publikumsmagneten“, sog sich Ruri schnell eine glaubhafte Erklärung aus den Fingern. „Du würdest staunen, wie lukrativ das in dieser Musik-Sparte ist, einen Engel unter seiner Kontrolle zu haben. Und unter Kontrolle halten lassen sie sich ja ziemlich leicht.“

Taiken warf ihm einen zynisch-amüsierten Blick zu, der irgendwo auf dem Level 'kannst du deiner Oma erzählen' rangierte. Dann schloss er eines der Verließe auf, vor dem er inzwischen stehengeblieben war, und öffnete die Tür. „Viel Spaß mit deinem lukrativen Engelchen“, wünschte er, griff grob mit einer Hand in Ruris Haare und bugsierte ihn daran in die Zelle hinein.

Ruri war zu überrascht, um noch etwas tun zu können. Schneller als er reagieren konnte, war er an den Haaren in das Kerkerloch gezerrt worden, was echt verflucht weh tat und damit etwaige Gegenwehr schon im Keim erstickte. Dann fiel die Tür krachend hinter ihm zu und er war eingesperrt. Verfluchter Dreckskerl! Murrend sah er sich um, während er sich die Haare wieder zurecht wuschelte. Seine Augen mussten sich erstmal an die Dunkelheit hier drin gewöhnen.

„Ruri?“, fragte eine wohlbekannte Stimme aus einer Ecke der Zelle.



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