Preliminary
Meine Augen flackerten und stöhnend erlangte ich mein Bewusstsein wieder.
Ich fand mich in einer sitzenden Position wieder, die Knie angewinkelt an meinen kleinen Körper.
Meine beiden Arme waren weit auseinander gestreckt und wurden von etwas schwerem, ruppigen festgehalten.
Ich war gefesselt?
Ein stechender Schmerz meldete sich im hinteren Bereich meines Kopfes.
Instinktiv wollte ich meine Hände an diesen legen, was mir jedoch von meinen vermuteten Fesseln an den Armen verwehrt wurde.
Verwirrt drehte ich meinen Kopf zu einem dieser und versuchte die verschwommen Silhouetten meiner Umwelt auszumachen.
Langsam wurde das Bild um mich herum klarer, blieb jedoch eingetaucht in der Dunkelheit wie zuvor auch.
Plötzlich hellwach richtete ich mich auf, zuckte dann jedoch heftig zusammen, als der klammende,aggressive Schmerz im Rücken meine Atmung für einen Moment aussetzen ließ. Mir entfuhr ein gequälter Schmerzenslaut und vorsichtig lehnte ich meinen stark verwundeten Körper an die raue, kalte Wand des Raumes. Langsam ließ ich meine Augen um mich herum wandern und versuchte die aufkommende Übelkeit herunter zu schlucken.
Der Raum, in dem ich mich befand, gab mir durch seine klaffende Dunkelheit nicht viel Auskunft über meine jetzige Situation.
Die einzigen groben Schemen im Schwarz des Zimmers, die ich ausmachen konnte, beliefen sich auf die Umrisse meines geschundenen, pochenden Körpers und auf jeweils eine Eisenhandschelle an jeder Hand, die soetwas wie eine stählerne Kette hatte an der diese befestigt war.
Die Kette schien an der Decke befestigt zu sein, was jedoch lediglich eine Mutmaßung meinerseits war, da der Weg, den diese Eisenkette nach oben nahm, für meine Augen ins Schwarze führte.
Warum war es hier drin denn nur so verdammt dunkel?
Tausend Gedanken gingen mir durch den Kopf und verunsichert biss ich mir auf die Unterlippe. Instinktiv zog ich leicht an den Ketten an meinen aufgewetzten Handgelenken, doch das starke Eisen umfasste mich wie eine kalte Klaue und war in meinem geschwächten, momentanen Zustand zu mächtig um einer Gegenwehr nachzugeben.
Mein Körper rieb bei jeder Bewegung an dem steinigen, harten Grund unter mir und an der kalten, unebenen Wand an meinem Rücken und hinterließ ein verletztes, aufgeriebenes Gefühl. Der aggressive Schmerz im Rücken machte sich wieder bemerkbar und kletterte quälend langsam meine Wirbelsäule hoch.
Ich japste und versuchte die vielen Wunden, die ich in so kurzer Zeit erlitten hatte, auszublenden.
Schemenhaft, wie in einem Puzzle deren Teile sich immer zusammenfügten, bis sie ein vollkommenes Bild erzeugten, kamen meine Erinnerungen in mir hoch. An vielen Stellen fehlten solche Puzzleteile und einem Hangover ähnlich klafften große Lücken an vielen Stellen des gestrigen Tages.
Ich ballte die Hände zu Fäusten, weil ich irgendwo mal gehört hatte, dass man sich so besser konzentrieren konnte und spürte in diesen jedoch jeweils einen tiefen, unsauberen Einschnitt, den ich im Moment nicht weiter untersuchen wollte.
Ich versuchte mich auf den gestrigen Tag zu konzentrieren und meine Erinnerungen wach zu rufen.
Doch es gelang mir nicht.
Ich konnte mich nur noch daran erinnern, wie ich morgens, wie immer hastig, das Haus verließ und den Großteil des Tages mehr oder weniger fleißig in der Schule verbrachte.
Was war nur danach gewesen?
Hartnäckig fixierte ich meine Erinnerung in meinen Gedanken und versuchte mein Gehirn zu zwingen, die so wichtigen Informationen erneut abzurufen.
Nichts.
Genauso wie die unbehagliche, weitläufige Dunkelheit den Kellerraum verschlang in welchem ich angekettet war, so waren auch die wichtigsten Geschehnisse, die mich in diese Hölle geführt haben, nun nicht mehr als eine fehlende Erinnerung, ein schwarzes, klaffendes Loch in meinen Gedanken.
Verzweifelt zerrte ich nochmal an den mächtigen Ketten und stemmte mich mit aller Körperwucht, die mir momentan zur Verfügung stand, gegen die unnachgiebigen Fesseln.
Dabei schlug der Schmerz wie ein Blitz in meinen Körper ein und ich spürte förmlich wie meine Wunden weiter aufrissen, mal den emplodierenden Schmerz meiner Rückenverletzung, der meine Rückenknochen in ein Schlachtfeld aus Leid verwandelte, nicht erwähnt.
Mein feuriger Schrei der Wut vermischte sich mit einem schmerzvollen Aufschrei vor Pein und fast schon wimmernd fiel ich in mich zusammen.
Es tat so weh.
Es tat so verdammt weg.
Eine Träne bahnte sich den Weg meine Wangen hinunter und ich schämte mich für meine Schwäche, dennoch immernoch wimmernd über die Schmerzenswellen, die undankbar und rücksichtlos immer wieder, bei jedem Atemzug, auf mich einbrachen.
Wieso ich...
Mein Stolz ließ mich die Tränen hassen, die nun schon ungehindert flossen, jedoch konnte ich sie wegen meiner gefesselten Hände nicht wegwischen, was mir nur noch mehr zeigte, wie hilflos ich doch momentan war.
Dabei war ich doch immer so weit entfernt von solchen Ereignissen gewesen. Lange hatte ich Kampfsport gemacht und war ein mutiges Vorbild für meine Freundinnen gewesen.
Hatte mich gerne getraut Abends rauszugehen, war selbstbewusst und hatte gewusst, dass mir niemand je was zu Leide tun könnte, jedenfalls dachte ich dies damals zu wissen.
Fast schon versank ich in der Verzweiflung der Situation und wollte meiner Panik nachgeben als mich plötzlich ein anderes Gefühl einholte und mich an die Person erinnerte, die hier eigentlich sitzen sollte:
Mich.
Jedoch bei klarem Verstand, unbändiger Wut und bereit sich bis aufs Blut gegen dies hier zu wehren. Stolz und selbstbewusst, bereit sich jedem Gegner zu stellen.
Ich schniefte und fixierte für einen Moment einen unsichtbaren Punkt in der Dunkelheit.
Das war ich und nicht dieses erbärmliche, heulende Häufchen Elend, das hier gerade saß.
Trotz der Schmerzen richtete ich mich etwas auf und und schüttelte leicht den Kopf um die letzten Reste der verräterischen Augenflüssigkeit loszuwerden.
Ich werde hier rauskommen, ich werde es ihnen zeigen.
"Ich..Ich", zitterte meine Stimme, die dem geschundenen Ton einer Krähe ähnlich klang.
Ich versuchte mich zu räuspern und schluckte quälend langsam.
"Ich werde mich nicht geschlagen geben", zitterte ich und war mir plötzlich ziemlich sicher, dass jemand mich hören würde.
Etwas höher hob ich nun den Kopf und schrie in das Schwarz vor mir mit neu gewonnener Kraft:"Niemals!"
Plötzlich rauschte etwas neben mir auf und erschrocken zuckte ich ängstlich zusammen.
Doch kurz darauf reckte ich stolz, immernoch voller Schmerzen das Kinn, obwohl die Angst in mir mich fast verschlang.
Es drang aus der Dunkelheit zu mir und ich konnte nicht beschreiben wie unheimlich mir zumute war.
Das Rauschen wurde lauter und ich erkannte den Ton eines Lautsprechers.
Kurz danach bestätigte sich meine Vermutung, als das Rauschen leiser wurde und eine tiefe, angsteinflößende Stimme sich meldete:
"Das Spiel beginnt"