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Beauty vs. Beast

von

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Runde II - Gefangen

Runde II - Gefangen
 

Die Woche verging leider viel zu schnell. Es ist schon Donnerstag Abend und noch ein paar Minuten, bis ich Feierabend habe.

Unmotiviert kehre ich die Haarreste meines letzten Gastes zusammen. "Du hast es gut", schnauft Ivonne, eine meiner Kolleginnen. "Du musst morgen und am Samstag nicht arbeiten." Ich lächle dünn. Ich würde viel lieber bis nächste Woche durcharbeiten, als auch nur nochmal ein weiteres Mal auf dieses Widerling Tayte zu treffen.

Natürlich habe ich das nicht als Grund bei meinem Chef angegeben, weshalb ich dringend frei brauche. Familienangelegenheiten war meine Ausrede. Dass er mir frei gegeben hat, liegt vor allem daran, dass ich sonst niemals meinen Dienst verweigere und immer gute Arbeit mache. Doch meine Bonuspunkte bei ihm für diesen Arsch aufzubrauchen, ärgert mich. Ich will nicht mit ihm das Wochenende verbringen! Und ich will auch nicht mit ihm Dinge tun müssen, an die ich jetzt noch nicht mal im Traum denken möchte!

Ich muss unbedingt eine Möglichkeit finden, wie ich ihn davon abbringe, mich in die Kiste schleifen zu wollen. Am einfachsten wäre es, ich mache ihm von Anfang an klar, dass er mit mir kein leichtes Spiel hat. Ich werde so unausstehlich und zickig sein, wie nur irgend möglich.

"Gigi?" Mein Chef.

"Ja?"

"Du kannst dann gehen. Den Rest machen die Lehrlinge." Oh nein!

"Ist gut." Zögernd lasse ich mir von einem der Lehrlinge den Besen aus der Hand nehmen und schleiche mich danach von Dannen. Noch nie habe ich mich vor dem Heimweg so sehr drücken wollen wie heute.
 

Als ich dann jedoch zuhause bin, verkrümle ich mich sofort unter die Dusche. Alles läuft irgendwie automatisch ab. Die Dusche, das anschließende Zubereiten des Abendessens sowie das Essen selbst. Das Geschirr weggeräumt, bleibe ich unschlüssig im Flur stehen. Schlafen will ich noch nicht. Sonst kommt der Morgen umso schneller. Mal ganz abgesehen davon, dass ich sehr wahrscheinlich sowieso nicht einschlafen kann. Also haue ich mich vor die Glotze.

Es läuft nur Mist, aber ich schaue eh nicht richtig hin. Immer wieder schiele ich in den Flur, wo meine bereits gepackte Tasche steht. Das Pfefferspray, das ich mir gestern vorsorglich besorgt habe, liegt ganz oben. Man weiß ja nie.
 

Ich muss schlussendlich vor dem Fernseher eingeschlafen sein, denn ich schrecke auf, als plötzlich die Türklingel geht.

Noch etwas orientierungslos schäle ich mich von der Couch, schalte den Fernseher aus und ächze. Mir tun alle Muskeln weh. "Au!" Der Tag fängt ja gut an.

Apropos Tag. Wieder klingelt es. Ich muss nicht lange überlegen, wer das sein könnte. "Scheiße", stöhne ich und quäle mich auf die Beine. Dass ich noch total verschlafen aussehe, und meine Haare noch nicht gestylt sind, juckt mich nicht. Nicht bei ihm.

"Ja?", plärre ich krächzend in die Gegensprechanlage.

/Ihre Kutsche, my Lord/, dröhnt es aus den Lautsprechern.

"Bin noch nicht fertig." Soll er ruhig auf mich warten. Vielleicht kann ich extra lange trödeln.

/Dann lass mich rein./

"Ich denke ja nicht daran." Hehe.

/Gut, dann schaue ich nach, ob Kevin Zeit für mich hat. ... Tschaui./

"Warte!" Alles, nur das nicht! "Komm hoch."

/Geht doch/, lacht er gehässig, während ich den Türöffner drücke.

"Arsch!" Ich will ihn nicht in meiner Wohnung haben. Leider bleibt mir nichts anderes übrig, als ihn rein zu lassen. Die Alternative wäre schlimmer.
 

Mit verschränkten Armen warte ich gegen den Türrahmen gelehnt auf meinen unwillkommenen Gast. Seine Schritte höre ich schon, da ist noch nicht mal die Haustür ins Schloss gefallen. Er hat es allem Anschein nach sehr eilig, zu mir zu kommen, denn er nimmt sich nicht die Zeit, auf den Aufzug zu warten, sondern steigt die vier Stockwerke zu Fuß nach oben.

Angekommen, wirkt er kaum aus der Puste, das muss man ihm neidvoll zugestehen.

"Hast du noch geschlafen?", ist seine erste Frage als er mich sieht.

"Nein. Ich dachte mir bloß, wozu sich für solch einen Idioten wie dich hübsch machen", kontere ich.

"Deine Entscheidung." Achselzuckend tritt er an mir vorbei, ohne, dass ich ihn dazu aufgefordert habe. Ungehobelter geht's echt nicht mehr!

Unweigerlich weht mir auf diesem Wege sein Duft nach Duschgel und Aftershave in die Nase. Doch noch etwas anderes mischt sich dazwischen. Etwas raues, männliches. Kurz gestatte ich mir, diesen Duft zu genießen, reiße mich aber umgehend wieder zusammen und folge Tayte in meine Wohnung. Laut knallt die Wohnungstür hinter mir zu. "Bin duschen", brumme ich knapp und mache mich auf zum Badezimmer. Eine lange, ausgiebige Dusche wäre doch jetzt was feines, oder?

"Gute Idee", flötet Tayte. "Ich bin ganz durchgefroren, vom Warten draußen."

"Und?" Der will doch nicht andeuten, dass ...

"Ich hoffe, deine Dusche ist groß genug für zwei?" Süffisantes Lachen.

"Weißt du wie groß meine Dusche ist?", frage ich ihn lauernd. "Genau so groß." Und mit diesen Worten zeige ich ihm meinen Mittelfinger.

"Das reicht. Viel Platz brauchen wir eh nicht, wenn wir ..."

"Halt deine Klappe! Ich dusche allein!" Sauer rausche ich davon und verbarrikadiere mich in meinem Badezimmer. "Der hat sie nicht mehr alle!", puste ich aufgebracht. "So ein Schwachmat! Was glaubt der eigentlich? So toll ist er nun auch nicht, dass er sich alles herausnehmen könnte!" Wütend steige ich aus meinen Klamotten und pfeffere sie in die Ecke, in der der Wäschekorb steht, stelle mich unter die Dusche und ziehe die Kabine zu. So fest, dass es einen lauten Rappel tut, als die Ziehharmonikatür gegen die Kabinenwand stößt. Als dann auch noch eiskaltes Wasser auf mich niederregnet, ist meine Laune komplett im Eimer.

"Wie soll ich dieses Wochenende bloß überstehen?"
 

***
 

Ein klein wenig schadenfroh bin ich schon, als ich nach einer Dreiviertelstunde wieder aus dem Badezimmer komme. Ich habe mir seeeehr viel Zeit gelassen. Einen kleinen Wermutstropfen gibt es dennoch: Ich muss nur mit meinem Bademantel bekleidet in den Flur treten, denn bei aller Wut habe ich frische Kleidung vergessen.

Deswegen schiele ich erst vorsichtig in den Flur, bevor ich so schnell wie möglich rüber in mein Schlafzimmer husche. "Endlich fertig?" Ich erschrecke mich zu Tode. Tayte sitzt auf meinem Bett! "Mir wäre beinahe langweilig geworden. Das nächste Mal nimmst du mich mit, damit ich Beschäftigung habe."*

"Fick dich. Ich nehme dich nirgendwo mit hin."

"Stimmt", lacht Tayte. "Ich 'nehme' dich mit." Ich spare mir einen Kommentar. Diese bescheuerte Anspielung kann er sich sonst wo hinstecken. Und das wird auch das einzige sein, das an diesem Wochenende irgendwo hingesteckt wird. Das schwöre ich! Ansonsten fresse ich Haarbleiche.
 

Ich laufe rüber zu meinem Kleiderschrank und krame meine älteste Jeans und mein furchtbarsten Pullover raus. Wollsocken, die mir meine Oma vor ein paar Jahren mal gestrickt hat, und eine labberige Boxer runden das Bild ab. "Sexy ist anders", kommentiert Tayte meine Auswahl.

"Komisch. Das Gleiche muss ich jedes Mal denken, wenn ich dich anschaue." Ha! Nimm dies!

"Uh!", macht er, verzieht leidend das Gesicht und packt ich an die Brust. "Der hat gesessen."

"Ach sei ruhig." So ein Dummgelaber! "Raus jetzt. Ich will mich anziehen."

"Raus?"

"Ja, raus."

"Hm ... nö. Keine Lust." Ja gibt es denn die Möglichkeit?!

"Gut, dann werden wir das Wochenende hier verbringen, denn ich werde mich ganz sicher nicht vor dir anziehen." Der Kleiderhaufen in meiner Hand fällt zu Boden und meine Arme verschränken sich.

"Von mir aus", grinst er dreckig. "Dann verbringen wir das Wochenende eben in deinem Schlafzimmer. Ist mir auch recht." Lässig lehnt er sich nach hinten und wippt mit seinem Becken auf und ab. "Nicht schlecht. Deine Matratze macht die ganze Arbeit ja fast von selbst."

Meine Nerven sind zum Zerreißen gespannt. Wütend hebe ich meine Kleidung auf. "Dann gehe eben ich", zische ich und laufe auf die Tür zu, aber Tayte ist schneller.

"Äh äh", macht er, dreht den Schlüssel um und steckt ihn in sich in die Hosentasche. "Du verkriechst dich nicht mehr im Bad. Ich habe lange genug gewartet."

"Penner!", schreie ich ihn an.

"Ob das Kevin auch so sieht, wenn ich ihn anrufe und mich bei ihm entschuldige? Sicher wäre er damit einverstanden mich in sein Schlafzimmer zu lassen ..." Mit wachsender Panik schaue ich ihm dabei zu, wie er sein Handy zückt und darauf herumtippt. "Ah da haben wir ja seine Nummer."

"Ist ja schon gut!", stoppe ich ihn. "Wenn es dich glücklich macht." Perverses Arschloch!
 

Generell habe ich keine allzu große Scheu, mich vor anderen nackt zu machen. Trotzdem ist es mir vor ihm leicht unangenehm. Und das liegt nicht nur an seinem hundsmiserablen Charakter, denn trotz allem sieht er schon gut aus. Mit den dunkelbraunen Haaren und den blauen Augen entspricht er ganz meinem Beuteschema. Nur sein Charakter, seine Hochnäsigkeit und sein selbstgefälliges Gehabe passen nicht zu dem, was ich unter schön empfinde. Da kann er noch so gut aussehen. Wenn das Innere nicht stimmt, dann stimmt auch der Rest nicht.

Aber warum zerbreche ich mir eigentlich den Kopf darüber? Dieser Tayte ist eindeutig der Letzte, über den ich mir solcherlei Gedanken machen muss. Von perversen Widerlingen will ich nichts. Hundertachzigtausendprozentig nicht!
 

Ich gehe rüber zu meinem Bett, werfe meine Klamotten darauf und streife mit den Bademantel ab. Ich achte gar nicht auf Tayte, obwohl ich schwören könnte, seine prüfenden Blicke auf mir zu spüren. Egal. Soll er glotzen, wenn es ihn glücklich macht. Zumal ich mich weiß Gott nicht verstecken muss.

In aller Ruhe ziehe ich mich an, bis ich mir den Pullover zurecht ziehe und mich zu ihm drehe. "Fertig", verkünde ich. "Ich hoffe, du hattest deinen Spaß."

"Jo ... war nicht übel." Perversling!

"Können wir los?" Ich will es so schnell wie möglich hinter mich bringen.

"Warum so eilig? Kannst es wohl kaum noch erwarten."

"Genau. Du hast mich durchschaut", schnaube ich und begebe mich zur Zimmertür. Ich bin noch keine zwei Schritte gelaufen, da fällt mir ein, dass Tayte die Tür ja verschlossen, und sich den Schlüssel eingesteckt hat. "Gib mir den Zimmerschlüssel", fordere ich mit ausgestreckter Handfläche.

"Hol ihn dir."

"Ich soll dir in die Hosentasche greifen?"

"Erraten."

"Lieber hacke ich mir die Hand ab."

"Das wäre aber schade. Du hast so schöne Hände", säuselt er und sieht mich süßlich an.

"Lass diese Spielchen. Schließ schon auf."

"Nö, keine Lust." Himmel noch eins!

"Tayte!"

"Schön, dass du mich endlich mal beim Namen nennst", schmunzelt er vergnügt, was meinen Zorn nur noch mehr anstachelt.

"Arroganter Arsch!"

"Alte Zicke!" Wie bitte?! Nimm dich zusammen Gigi. Der will doch nur, dass du dich aufregst.

Drei mal tief durchatmen. Eins ... zwei ... drei ... "Gib mir endlich den Schlüssel", versuche ich es äußerlich gefasst. Innerlich bin ich immer noch am Kochen.

Wir starren uns für einige Sekunden an, dann greift er tatsächlich in seine Hosentasche. Doch alles was er tut, ist den Schlüssel ein klitzekleines Stückchen herauszuziehen, sodass ich nur den oberen Rand sehen kann. Er provoziert mich an einer Tour!

"Ach leck mich doch!", grante ich und strecke meine Hand aus. Bringe ich es eben schnell hinter mich. Allerdings geht mein Plan nach hinten los. Tayte hat anscheinend nur darauf gewartet, dass ich mich ihm annähere, denn plötzlich wird mein Handgelenk umfasst und ich werde nach vorn gezogen. Stolpernd pralle ich gegen seinen Oberkörper, und bevor ich mich versehe, klemme ich zwischen ihm und der Schlafzimmertür.

"Pfoten weg!", brülle ich und versuche ihn mit meiner freien Hand wegzuschieben. Lange bleibt sie jedoch nicht frei. Auch sie wird eingefangen und gegen meine Brust gedrückt. "Lass mich los!"

"Kannst du nicht endlich mal mit dem Gezicke aufhören?"

"Leck mich!" Dem geb ich gleich gezicke!

"Ach Gigi." Tayte schüttelt den Kopf, während ich weiter versuche, mich von ihm zu befreien. Klappt nur nicht, was mich nur noch wüdender macht.

"AHHH! Lass mich endlich lohmm ..." Geschockt erstarre ich. Meine Mund ist versiegelt, und nach ein, zwei Sekunden weiß ich auch, was mich unfähig macht, auch nur einen weiteren Ton von mir zu geben. Taytes Lippen!

Ich bin erst so erschrocken, dass ich gar nichts dagegen machen kann. Erst, als etwas raues, flinkes versucht zwischen meine Lippen zu schlüpfen, kann ich meinen Kopf wegdrehen. "HAST DU SIE NOCH ALLE?", brülle ich ihn an und platziere mein Knie genau zwischen seine Beine.

Ein dumpfes Keuchen, dann sackt Tayte nach unten weg und gibt mich wieder frei. Schnell weg hier!
 

Ich ziehe den Schlüssel aus seiner Hosentasche, schließe die Tür auf und renne ins Wohnzimmer, wo ich nach dem Telefonhörer greife und die ersten zwei Nummern wähle, ehe ich innehalte und auf die eckigen Drucktasten schaue. Ich müsste nur noch die Null drücken ...

"Gigi? ... uh!" Ein gebeugter Tayte erscheint im Türrahmen. Ich muss ihn wirklich hart getroffen haben. Gut ... sehr gut ...

"Hau ab, oder ich ruf die Bullen", drohe ich ihm.

Er lacht schmerzverzerrt auf. "Weil du mir in die Eier getreten hast?"

"Pha! Weil du mir deine Zunge in den Hals gesteckt hast, du perverses Schwein!"

Immer noch leicht vornübergebeugt, schaut er zu mir rüber und grinst lüstern. "Dafür hat es sich gelohnt", krächzt Tayte doch wahrhaftig und stößt sich von der Wand ab. Es ist nicht zu fassen, aber er richtet sich auf und kommt auf mich zu, als hätte ich ihm eben nicht seinen edelsten Teilen einen gehörigen Dämpfer verpasst.

"Bleib stehen!" Ich halte das Telefon nach oben.

"Dann ruf doch die Polizei, wenn du willst. Bis die hier sind, bin ich schon bei deinem süßen Cousin." Scheiße!

"Dann schicke ich sie dir hinterher", sage ich.

"Und dann? Ich würde ihnen erzählen, dass du mich verletzt hast, würde bei dem kleinen naiven Kevin Mitleidspunkte sammeln und schon landet er in meinen Armen. Willst du das?"

Ich knirsche mit den Zähnen. "Nein."

"Na also", schnauft Tayte und stellt sich vor mich. "Warum muss man dir immer drohen, damit du parierst?" Er nimmt mir das Telefon ab und wirft es hinter sich auf die Couch. Mit seinem miesen überheblichen Gesichtsausdruck lächelt er mich siegreich an. Ich könnte kotzen, aber ich kann nichts dagegen tun oder sagen. Er hat mich in der Hand. Noch … "Bekomme ich noch einen Kuss als Entschädigung für den Tritt?" Was?!

"Im Leben nicht!" Das geht zu weit! Sonst muss ich gleich wirklich noch kotzen.

"Schade", seufzt er. "Muss ich mir eben doch meine Küsse bei Kevin abholen ..." Er dreht sich um und schlendert Richtung Flur.

"Was hast du vor?", rufe ich ihm nach.

"Was habe ich denn gerade gesagt?" Ich balle meine Hände so fest zu Fäusten, dass mir die Fingernägel schmerzhaft in die Handfläche drücken.

'Augen zu und durch', sage ich mir und laufe ihm nach.

Ein paar Schritte vor der Wohnungstür hole ich Tayte ein, packe ihn an der Schulter und ziehe ich halb zu mir um. Mit fest zusammengekniffenen Augen presse ich ihm meinen Mund auf. Nur kurz. Ich hoffe das reicht.

"Das war alles?", kichert er daraufhin. War ja klar! "Das war doch Kindergarten."

"So küsse ich eben", zische ich.

"Glaube ich nicht. So wie du immer in die Luft gehst, bis du sicher ein leidenschaftlicher Küsser." Mir rasselt der Unterkiefer nach unten. So gern ich kontern würde, ich kann nicht. Mein Gesicht wird heiß, was er natürlich mitbekommt, sich einen abgrinst und sich mir wieder nähert. "Versuchen wir es nochmal", haucht er. "Diesmal mit ein bisschen mehr Gefühl, ja?"

Patsch! "Fick dich!" Die Ohrfeige hat er verdient.
 

Sauer stapfe ich auf meine Tasche zu, schnappe sie und drehe wieder um. "Lass uns losfahren, damit das hoffentlich endlich bald ein Ende hat!"

Ohne weitere Worte, und ohne auf ihn zu warten verlasse ich meine Wohnung und stelle mich in den Flur. Auch er sagt nichts, als er schließlich an mir vorbeigeht, ich die Tür abschließe und wir die Stufen nach unten gehen. Wieder bleibt er hinter mir, was mir spätestens im dritten Stockwerk unangenehm aufstößt. Ich kann seine Blicke regelrecht auf mir fühlen. Widerling!
 

Wir schweigen weiterhin. Auch draußen, als wir auf dem Gehweg stehen, ehe Tayte die Führung übernimmt, und auf eine Reihe parkender Autos zuläuft. Vor einem grauschwarzen Geländewagen bleibt er stehen. "Das ist mein Baby. Ich habe ihn schon seit ich meinen Führerschein habe, also wage es ja nicht, ihn so zickig zu behandeln, wie du mich ständig behandelst", ist das erste, das er nach dem Verlassen meiner Wohnung zu mir sagt.

"Gut zu wissen", schnaube ich. Wie wäre es, wenn ich mit meinem Schlüssel ein paar schicke Kratzer in den Lack mache? Hm ... Vielleicht hinterher. Nach 'unserem' Wochenende.

Ich bekomme die Tasche abgenommen, die hinten auf den Rücksitz wandert. Als ich ebenfalls hinten einsteigen will, hält er mich auf. "Auf den Beifahrersitz mit dir. Ich will dich gut im Auge behalten können." Wieder sein ekelhaftes Grinsen. Am liebsten würde ich ihm ins Gesicht spucken, tue es jedoch nicht. Wenigstens, mir vorzustellen, wie sein dämliches Gesicht dabei aussehen würde, erheitert mich etwas.

"Wohin fahren wir eigentlich?", frage ich ihn, als wir beide eingestiegen sind und Tayte den Motor startet.

"Nach Sylt."

"Wohin?" Fassungslos schaue ich rüber zum Fahrersitz.

"Sylt", wiederholt er gelassen und fährt los.

"Das sind doch mindestens ... 600 Kilometer!"

"624,3 Kilometer. Laut Navi." Oh Gott!

"Was wollen wir da?"

"Wir gehen auf eine Beerdigung."

"Ha ha. Dummer Witz." Beerdigung! Er ist nicht nur widerlich, pervers und selbstgefällig, nein, er ist auch noch makaber.

"Das ist kein Witz", erwidert er ruhig. "Mein Großonkel ist gestorben. Morgen ist die Beisetzung." Ich glaube, in diesem Moment schaue ich ziemlich fassungslos und ratlos aus der Wäsche.

"Das heißt, du willst mit mir auf eine Beerdigung und anschließend mit mir in die Kiste?"

"So lautet der Plan", sagt er grinsend.

"Du bist abartig", krächze ich.

"Reg dich ab. Ursprünglich wollte ich mit deinem kleinen Cousin dort hin. Schon vergessen?"

"Das ist genauso abartig!" Ich hätte nicht gedacht, dass ich den Kerl noch mehr hassen könnte, als ich es ohnehin schon tue, aber hier habe ich den Beweis. "Hast du keine Freunde, mit denen du da hinkönntest, oder wieso nötigst du Fremde dazu?"

Tayte zuckt mit den Schultern. "Mit meinen Freunden steige ich nicht ins Bett."

"Ach so. Und da dachtest du dir: Nehme ich mir doch einen kleinen Jungen mit, den ich nach der Beerdigung, während der Trauerfeier ordentlich besteigen kann, oder was?"

Wir halten vor einer Ampel. Tayte sieht mich wütend an. Endlich ist dieser überhebliche Gesichtsausdruck mal verschwunden! "Kevin hat sich mir angeboten."

"Angeboten?" Ich sage es immer wieder: Der Arsch hat eine Vollmeise! "Du Lügst, wenn du nur den Mund aufmachst." Als ob Kev so etwas tun würde!

"Das ist keine Lüge. Kevin sagte, am liebsten würde er das gesamte Wochenende mit mir zusammen im Bett verbringen."

"Und da musst du ihn natürlich mit auf eine Beerdigung schleifen", lache ich freudlos auf.

"Hat sich halt ergeben." Erneut ein Schulterzucken, bevor wir wieder weiterfahren.

Ich schüttle den Kopf und schaue aus dem Fenster. "Krankes Arschloch."

Tayte sagt nichts, sondern schaltet das Radio an. Nach dem vierten oder fünften Lied, bricht er das Schweigen, das zwischen uns herrscht. "Ach übrigens", sagt er und dreht die Musik etwas leiser. "Wenn wir angekommen sind, musst du so tun, als wärst du mein Partner."

Mein Kopf ruckt zur Fahrerseite. "WAS?!"
 

******
 

* irgendwie erinnert mich das jetzt an den Froschkönig Oo



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Sheltr0n
2016-12-21T00:52:01+00:00 21.12.2016 01:52
Uiuiui Gigi hats nicht leicht mit dem lieben.
Eine Überraschung nach der anderen.. Da kann er einem ja nur Leid tun xD

Bin gespannt wies weiter geht!
Antwort von:  Fara_ThoRn
03.01.2017 18:48
Gigi macht es Tayte aber auch nicht wirklich leicht *ggg*


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