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Die Geschichte einer Kämpferin

von

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Eine Mission, nicht der Rede wert (Vergangenheit)

Die Mission klang eigentlich leicht. Das Dorf vor den Nuke-Nin schützen und diese ausschalten, mehr war es nicht. Sie waren zu acht. Zwei Viererteams, genauso wie es üblich war. Ihre Gegner waren laut der Angaben, die ihnen Meister Sarutobi persönlich überbracht hatte, lediglich zu siebt. Eine Kleinigkeit also, eine Mission, die kaum der Rede wert war.
 

Der Schlamm spritzte an ihnen empor, als sie über den durchweichten Boden rannten und besprenkelte ihre Kleidung. Kyoko war bereits völlig durchnässt. Ihre Kleidung hing schwer von ihren Gliedern und die Feuchtigkeit gepaart mit dem kalten Wind ließ sie frieren. Zum Glück war der Weg nicht weit. Es war ein kleines Dorf, nahe Konoha, das Hilfe angefordert hatte und sie hatten bereits ein gutes Stück Weg hinter sich gebracht und sie würden ihr Ziel in den nächsten Minuten erreichen. Das Tempo, das von ihren Kollegen an den Tag gelegt wurde, hatte die junge Kunoichi überrascht. Sie war kaum mehr als eine Woche Chu-Nin und dies war ihre erste Mission in dieser Position und sofort war ihr klar geworden, dass hier ein ganz anderes Niveau herrschte. War sie bei ihren letzten Missionen als Ge-Nin noch herausgestochen mit ihren Leistungen, so musste sie sich hier bereits anstrengen, um lediglich Schritt zu halten mit den anderen Shinobi.
 

Die Shinobi wussten nicht, was sie erwartete. Zwar hatte jeder von ihnen im Stillen spekuliert, aber wahrscheinlich hatte sich niemand etwas so Schreckliches ausgemalte, wie das was sie letztendlich vorfanden. Es war dunkel. Das ganze, kleine Dorf war in schwarzen Rauch gehüllt und verwehrte ihnen jeglichen Blick auf das, was sie erwarten sollte. Es roch nach Feuer und Tod. Es stank nach Blut und Kyoko musste sich die Nase zuhalten, als sie langsam und vorsichtig die ersten Schritte vorbei an der gewaltigen Stadtmauer machten.

„Seid wachsam!“, flüsterte ein Ninja aus Team eins und schritt allen voran. Was sie sahen ließ ihren Atem stocken. So schwer es auch war etwas zu sehen ,so sahen sie doch genug, um sich ein Bild davon machen zu können, was hier geschehen war. Hier hatte ein Massaker stattgefunden. Die toten Körper lagen überall verteilt. Mit verrenkten Gliedern saßen einige von ihnen noch auf Stühlen, andere hatte wohl versucht die Flucht zu ergreifen und waren auf dem Weg ermordet worden.

Direkt vor Kykos Füßen lag ein Mann. Er war vielleicht 25, hatte noch mindestens die Hälfte seines Lebens vor sich gehabt und doch würde er seine Ziele und Träume nicht weiter verfolgen können.

Langsam ließ sie sich neben ihm nieder. Widerwillig betastete sie seinen Hals, versuchte einen Puls zu finden, aber vergeblich. Die Augen des Mannes waren leer und sein Körper war bereits kühl. Dabei sah man ihm die Geschehnisse gar nicht an. Seine Kleidung war zwar staubig, aber nicht blutgetränkt, wie es bei einigen anderen Leichen der Fall war und sein Körper wies keine größeren Verletzungen auf. Nur zwei kleine Einstiche unterhalb seines Kiefers. Gift, vermutete Kyoko. Mit einer vorsichtigen Handbewegung schloss sie dem Mann die ausdruckslosen dunklen Augen. Sie konnte nicht mehr für ihn tun, als seine Augen vor dem Leid zu verschließen.

Langsam kroch sie weiter. Ein junge Frau befand sich neben ihr, den Kopf Richtung Boden gedreht. Sie hockte sich neben sie, hoffte auf ein Lebenszeichen, denn auch sie schien unverletzt. Zögernd legte die Braunhaarige eine Hand auf ihre staubbedeckte Schulter. Ihre Haut war warm. Sie spürte den Unterschied genau. Ein kleiner Funke Hoffnung keimte in ihr auf und mit aller Kraft zog sie die Frau auf den Rücken. Starr blickte sie gen Himmel. Auch ihre Augen war leer und kalt. Auch sie war bereits verstorben. Kyoko seufzte traurig. Wer konnte nur etwas so schreckliches anrichten? Sie glaubte nicht mehr an Überlebende. Die Killer waren zu gründlich gewesen, als das jemand hätte entkommen können. So schloss sie auch der Frau die Augen und blickte sich um. Ihre Teamkollegen suchten ebenfalls nach Überlebenden, aber an ihren Bewegungen erkannte sie, dass auch sie bereits aufgegeben hatten.

Plötzlich hörte Kyoko etwas vor sich. Sofort spannte sich ihr Körper an. Eine Berührung an ihrem Bein und sie wirbelte herum, bereit sich sofort zu verteidigen. Sie zog ein Kunai. Die scharfe Klinge blitzte in dem spärlichen Licht des Mondes, das den dichten Rauch überbrücken vermochte. Sie wollte aufspringen, aber eine plötzliche Bewegung vor ihr hielt sie zurück. Eine Hand umgriff ihr Handgelenk und hielt sie in eisernem Griff. Alle Luft entwich ihren Lungen und sie keuchte vor Schreck. Sie hielt sie fest. Sie, die Frau, die Kyoko vor wenigen Sekunden für tot erklärt hatte. Sie röchelte und ein kleiner Schwall Blut ergoss sich aus ihrem Mund. Sie hustete leise und schwach.

„Sie brauchen Hilfe!“, flüsterte die junge Kunoichi ihr panisch zu und wollte sich ihrem Griff entwinden und erheben.

„Nein..“, krächzte sie. Ihr Stimme war kaum vernehmbar, schwach, so als hätte sie mehrere Wochen nichts getrunken und heiser, als hätte sie monatelang geschrien. Ihr Griff verstärkte sich.

„Sie werden sterben, wenn ich nichts tue!“, entgegnete Kyoko hektisch, darauf bedacht endlich von ihr los zukommen. Die Frau zog sie jedoch näher zu sich heran. Kaum ein Zentimeter Luft ließ sie zwischen ihren Gesichtern. Leise, mit dieser unsäglich überanstrengten Stimme fing sie an zu sprechen und die Braunhaarige drehte ihren Kopf leicht, um ihre Worte besser vernehmen zu können.

„Sie nahmen uns unsere Kinder“, sagte sie: „sie wollten nicht, dass irgendwer erfuhr, wer sie sind... sie warnten uns still zu sein, aber es waren doch unsere Kinder.“ Sie fing an zu weinen. Leicht schüttelten ihre Schluchzer ihren geschundenen Körper und trugen sie ein bisschen weiter fort von hier. „Wir mussten Konoha informieren.. es war doch unsere einzige Chance.“ Traurig sah sie Kyoko an. Elendig und schuldbewusst. Plötzlich wandelte sich ihr Ausdruck. Angst stahl sich in ihre großen, reinen Augen und nahm die Trauer mit sich. „Dann kam er“ Sie kniff ihre Augen zusammen. Grausame Erinnerungen hatten sie in ihren Bann gezogen und hielten ihren Geist gefangen. Sie zitterte. Der Druck auf Kyokos Handgelenk wurde stärker. Als sie auf einmal ihre Augen aufschlug war es anders. Sie sah die Kunoichi an. Sie hatte das erste Mal das Gefühl, dass sie wirklich da war, hier in der Realität. „Wenn er kommt, dann kämpfe nicht, flieh...!“, hauchte sie ihr in das Ohr. Dann hustete sie ein weiteres Mal. Kleine Blutspritzer entsprangen ihren roten Lippen. Sie keuchte. Ihr Körper wand sich auf dem dreckigen Boden. Ein weiteres Keuchen. Schwach schnappte sie nach Luft. Ein Rasseln entwich ihrer ausgedörrten Kehle. Ein Gurgeln. Stille. Schwach fiel ihre eben noch so starke Hand auf den Boden.

Kyoko sog scharf die Luft ein. Sie spürte, wie ihr die Tränen über die Wange liefen, aber es interessierte sie nicht. Mit aller Kraft, die ihr zur Verfügung stand, robbte sie nach hinten. Weg von ihr. Weg von dem ganzen Tod. Mit ihrer Hand stieß sie an etwas hartes. Panisch drehte sie sich um und blickte in ein weiteres leeres Gesicht. Sie schrie, vergrub ihr Gesicht in den Händen. Sie wollte das hier nicht mehr sehen. Ihre Hände stanken nach Blut. Erinnerten sie an das Gesicht der Frau, als sie sie mit diesen aufgerissenen Augen angestarrt hatte. Erinnerten sie an ihre Furcht und an ihre Qualen, bis sie letztendlich starb. Aber Kyoko wollte nicht erinnert werden. Übelkeit begann in ihr aufzukeimen und sie musste schlucken um sich nicht sofort zu übergeben. Von überall beobachteten sie sie. Ihr kalten, toten Blicke verfolgten jede ihrer Regungen. Ihre geschundenen Stimmen klagte sie traurig an. Wieso war sie nicht hier gewesen um sie zu retten?

Der Himmel weinte mit ihr. Schwere Tropfen vielen auf ihr Haupt und vermischten sich mit ihre Tränen. Er deckte die Toten zu, reinigte sie von Staub und Blut. Und säuberte sie von all dem Leid, das sie ertragen mussten, um sie rein zu machen für die Reise.

„Die Dreckskerle wussten, das wir kommen und haben alle Informationsquellen beseitigt!“, fluchte ein Mann aus Team eins. Er stampfte fest mit dem Fuß auf den nassen Boden und der Schlamm spritze nur so durch die Luft.

„Das kann nicht sein.“, erwiderte die Blondine aus Kyokos Team ernst: „Woher sollten sie...“ sie stockte. Langsam schüttelte sie ihren Kopf und verzerrte ihr schönes Gesicht zu einer panischen Maske. „Das kann nicht sein!“, wiederholte sie leise, mehr um sich selbst zu überzeugen. Sie alle wussten, dass es keine andere Möglichkeit als diese gab. Fluchend wandte sie sich ab, ging in Richtung Stadtmauer und schlug mit all ihrer Kraft dagegen. Sie schrie. „WER VON EUCH ARSCHLÖCHERN WAR ES?“ Sie hatte begonnen zu weinen. Wutverzerrt blickte sie die anderen Shinobi an. Sie durchleuchtete sie, alle der Reihe nach, um denjenigen zu finden, der Schuld war an all dem Leid um sie herum. „ICH WERDE EUCH ALLE TÖTEN, WENN IHR MIR NICHT SAGT, WER VON EUCH ES WAR!“, fauchte sie die anderen an und zückte bedrohlich ihr Messer.

„Du wirst sterben, bevor du nur einen von uns berührt hast.“, entgegnete der Mann aus Team eins. Sie fluchte noch einmal laut, schien aber zu verstehen. Widerwillig steckte sie ihr Messer ein und beäugte die Teams misstrauisch. Auch Kyoko wagte es aufzusehen. Langsam und aufmerksam betrachtete sie sie alle der Reihe nach.  So uneinig sie sich auch darüber waren wer es getan hatte, so waren sie sich doch einig darüber, dass es jemand getan haben musste. Die Braunhaarige blickte in die starren Gesichter der anderen. Sie wussten genauso wenig wie sie, was sie nun tun sollten. Es gab keine Regeln für diesen Fall und ihnen war klar, dass eine falsche Entscheidung den Tod aller bedeuten konnte. Denn es gab jemanden hier in der Gegend, der es schaffte ein ganzes Dorf auszulöschen und die Shinobi ahnten bereits, dass er auch vor ihnen keinen Halt machen würde. Und was noch viel gefährlicher war: Mitten unter ihnen befand sich eine Person, die anscheinend stetig in Kontakt zu dem Mörder stand und ihn über jeden ihrer Schritte informierte.
 

Schwitzend lehnte sie sich an die kratzige Rinde des großen Baumes hinter ihr. Erschöpft legte sie den Kopf in den Nacken und konzentrierte sich darauf ihre Atmung zu normalisieren. Sie waren lange gerannt. Mindestens zwei Stunden ohne eine einzige Pause. Eine große Fläche hatten sie so bereits abgesucht, aber jetzt brauchte ihr ganzes Team eine Pause, auch wenn sie ihr Soll bei weitem noch nicht erfüllt hatten. Der Plan hatte sich kaum geändert. Die Teams hatten sich getrennt, suchten eigenständig nach den mörderischen Nuke-Nin. So hatte wenigstens ein Team eine Chance. Alle hatten das Risiko auf sich genommen. Das Risiko, dass der Verräter unter ihnen war, sie verriet und sie alle sterben würden. Es war die Pflicht eines Shinobis sein Leben für eine Mission zu geben und doch war niemand überzeugt gewesen von dem Plan, der wahrscheinlich vier von ihnen das Leben kosten würde.

„Iss etwas!“ Kyoko öffnete langsam ihre müden Augenlider und blickte nach rechts. Gou, ein alter Mann aus ihrem Team hatte sich zu ihr gesellt und hielt ihr eine trockene Scheibe Brot hin. Sie nahm sie dankend an und genoss sie als wäre es ein Festmahl, solch einen Hunger hatte sie. Gou beobachtete sie still. Es machte Kyoko ein wenig nervös so durchleuchtet zu werden, aber sie wagte es nicht etwas zu entgegnen, solche Angst hatte sie ihn zu vergraulen.

„Es tut mir Leid für dich, dass du direkt auf solch eine Mission geschickt wurdest.“, sagte er plötzlich: „Du musst wissen, ich habe schon viele Missionen erledigt, aber eine Mission von diesem Ausmaß ist selten.“ Mitleidend lächelte er sie an. Seine müden, alten Augen fixierte die ihren, fesselten ihren Blick und lasen aus ihnen. Sie fragte sich, was sie ihm wohl über sie erzählten, aber sie ging davon aus, dass es nichts schlechtes war.

„Du hast die gleichen Augen, wie dein Bruder.“, meinte er und Kyoko musste unwillkürlich lächeln. Ja, er hatte Recht. Die azurblauen Augen lagen in der Familie. Selbst ihr Vater hatte eben diese gehabt. Kurz schwelgte er in seinen Erinnerungen, dann erhob er sich mit knackenden Knochen.

„Wir halten immer zu zweit Wache.“, rief er den anderen zu: „So ist garantiert, dass wir nicht hinterhältig im Schlaf getötet werden können.“ Er ging zu den anderen, die bereits ihre Schlafplätze hergerichtet hatten. Kyoko folgte ihm widerwillig und tat es ihnen gleich.

„Am besten schlafen das Baby und der Opa.“ Gehässig sah der unheimliche Shinobi mit den schwarzen Augen sie an und lachte. Es machte sie wütend, dass er sie so nannte und sie sog scharf die Luft ein und setzte zu einer Entgegnung an, als sich Gou vor sie stellte.

„In Ordnung.“, erwiderte er nur und die Jüngste des Teams verstand, dass er Recht hatte. Mit einem Seufzer gab sie sich geschlagen. Sie brauchte den Schlaf, um ihren Körper wieder genügend Energie zu Verfügung stellen zu können. Müde kuschelte sie sich in ihre Decken und schloss die Augen. Erst jetzt merkte sie, wie erschöpft sie eigentlich wirklich war. Sie gähnte herzhaft und drehte sich auf die Seite. Dann schlief sie auf der Stelle ein.
 

Sie träumte nicht. Sah lediglich diese große schwarze Fläche, diese Leere, die ihren Körper ergriffen hatte. Doch da war dieser Duft. Er umgab sie und Kyoko sog ihn mit Freude ein. Er war angenehm, erinnerte sie an Freiheit. Er war ihr vertraut und brachte ihr Erinnerungen an Konoha. Sie konnte ihn nicht wirklich zuordnen, aber er gefiel ihr. Er roch männlich, ließ ihr Herz schneller schlagen und sie still lächeln. So viel sie konnte inhalierte sie den Geruch und prägte ihn in jeder Zelle ihres Körpers ein. Er erwärmte sie von innen heraus und nahm ihr einen Teil ihrer anhaltenden Furcht. Er brachte ihr diese Geborgenheit und fast spürte sie leichte Berührungen an ihrem Rücken, die sich langsam zu ihrem Hals tasteten. Plötzlich wurden die Berührungen stärker, wurden unangenehm und brutal. Ein stechender Schmerz ließ sie auffahren. Warmes Blut lief an ihrem Hals hinab und tropfte auf die Erde. Erschrocken wirbelte sie herum und blickte in zwei schwarze Augen.

Der unheimliche Mann lag direkt über ihr. Grausam lächelte er sie an, in seiner rechten Hand blitzte ein scharfes Messer auf. Kyoko spürte seinen angestrengten Atem auf ihrer Haut, fühlte seinen Schweiß, der in kleinen Tropfen von seinem angespannten Körper fiel.

Sie brauchte einige wenige Sekunden, um zu verstehen in was für einer brenzligen Situation sie sich befand. Er war der Verräter. Und jetzt wollte er sie alle umbringen. Sie spannte ihre Muskeln an und mit aller Kraft die sie hatte trat sie dem grausamen Mörder in den Magen. Sie schleuderte ihn von sich und mit einem lauten Aufschrei landete er auf dem Rücken. So schnell ihr Körper es zuließ, sprang sie auf. Mit einer fließenden Bewegung brachte sie sich in Abwehrstellung, grade noch rechtzeitig, schon war er wieder bei ihr. Seine Klinge sauste scharf an ihrem rechten Ohr vorbei und er grinste hämisch. Erschreckt duckte sie sich, ein Fehler wie sich herausstellte. Mit voller Wucht knallte sie gegen einen Baum. Ihr Kopf wurde nach hinten geschleudert, prallte an den Baum und ließ ihr Sternchen vor ihren Augen erscheinen. Ihr wurde schlecht. Kyoko würgte und erbrach sich neben ihren Füßen. Sie keuchte. Immer wieder wurde ihr schwarz vor Augen und alles verschwamm. Nur schemenhaft nahm sie den Shinobi wahr, der auf sie zu kam. Die Kunoichi erkannte nicht einmal das Messer, das er noch immer in der Hand hielt. Ihre Beine wurden weich. Langsam sackte sie zusammen. Sie kämpfte darum bei Bewusstsein zu bleiben, doch immer wieder wurde alles um sie herum schwarz. Sie krallte ihre Hände in die Erde. Sie musste kämpfen, es war ihre Pflicht zu kämpfen. Immer näher kam ihr der unheimliche Shinobi, mit jeder Sekunde, die sie mit sich selbst ringen musste, überbrückte er einige Meter. Sie keuchte. Drückte sich hoch, versuchte auf ihren schwachen Beinen Halt zu finden. Sie zog ein kleines Messer hervor. Zitternd streckte sie es ihm entgegen und grub die Finger ihrer anderen Hand tief in die Rinde des Baumes. Tief atmete sie ein. Nach und nach wurde das Bild wieder klarer, aber die Stärke wollte und wollte einfach nicht in ihren Körper zurückkehren. Sie erblickte einen Körper links. Verrenkt lag er auf dem Boden, umgeben von einigen roten Pfützen.

„Hey..“, keuchte Kyoko in die Richtung des leblosen Körpers. Eigentlich erwartete sie keine Regung, doch der Wunsch nach Rettung war größer, als ihr Sinn für die Realität.

Mit jeder Sekunde, die sie am Leben blieb, wurde ihr Blick wieder klarer und ihre Gedanken ordneten sich langsam. Sie erkannte den Körper. Es war das junge, blonde Mädchen, das dem unheimlichen Mann zum Opfer gefallen war. Sie wendete sich von ihr ab. Sie konnte ihr nicht mehr helfen und sie wusste, dass sie ihre Aufmerksamkeit, ihrem tendenziellen Mörder zuwenden musste. Aber noch immer wollte sich ihr Körper nicht bewegen. Er belächelte sie. Ihr vorgestrecktes Messer stellte für ihn keine Gefahr dar. Seufzend gab Kyoko ihm Recht. Im Moment war es keinerlei Hindernis für ihn.

Sie sah seinem Körper an, dass er sich auf den letzten Angriff vorbereitete. Die Muskeln spannten sich an und in sein Gesicht trat eine unheimliche Mordlust. Sie hatte Angst. Plötzlich sprang er. Mit einem gewaltigen Satz überbrückte er die letzten Meter und riss sein Messer nach vorne. Eine schnelle Handbewegung rettete ihr das Leben. Kyoko drückte sein Messer nach links und es durchdrang ihre Schulter, durchschnitt die Muskeln, aber verfehlte ihr Herz. Der Schmerz durchdrang ihren ganzen Körper. Unbeweglich fiel ihr Arm zur Seite. Blutströme liefen an ihm hinab. Warm tropfte das rote Nass von ihren Fingern und bildete große Pfützen zu ihren Füßen.

„Das war gar nicht mal schlecht.“, fluchte ihr Gegner böse grinsend und entzog sein Messer ihrem Körper. Sie schrie, so stark war der Schmerz, den er hinterließ.

„Wieso .. tust du das?“, brachte Kyoko keuchend, mit brüchiger Stimme hervor. In ihren Augen waren Tränen gestiegen, machten die Umgebung wieder verschwommen.

„Er hat mir Unsterblichkeit versprochen.“, strahlte er sie an. Seine Augen weiteten sich und er starrte sie an. „Unsterblichkeit!“, keuchte er glücklich: „Wer will das nicht?“ Er holte wieder mit seinem Messer aus und sie sah ihm an, dass er bereit war wieder zuzustoßen.

„Er?“, fragte die Braunhaarige verwirrt und er fing an zu lachen. Wissend öffnete er den Mund, setzte zu einer Antwort an, als er plötzlich erstarrte. Seine Augen waren vor Schreck weit geöffnet, sein Mund formte noch immer seine nächsten Worte. Entsetzt starrte sie ihn an. Er ließ sein Messer sinken und dann fiel er vor ihr auf die Knie. Dann sackte er tot in sich zusammen. Vor ihr stand Gou, seine Hand blutbeschmiert.

„Du hast ihn getötet!“, stotterte Kyoko vor sich hin und blickte ihn erleichtert an. Doch mit ihrer Erleichterung kamen auch die Schmerzen. Sie stöhnte und ihre Hand schnellte zu ihrer Wunde um den Blutfluss zu stoppen, doch bald trat die rote Flüssigkeit durch ihre Finger hindurch.

„Geht es dir gut?“, hörte sie die schwache Stimme von Gou über ihr und sie nickte. Es würde gehen, sie war nicht tödlich verletzt worden.

„Ja, ich werde es überleben.“, antwortete sie schlicht mit zusammengebissenen Zähnen nur unterbrochen von ihrem hektischen Atem.

„Gut.“, flüsterte er: „Ich brauche dich nämlich lebendig!“ Langsam, überrascht von seinen Worten blickte Kyoko auf. Sie verstand nicht genau, was geschah, aber bereits nach wenigen Sekunden war ihr klar, dass es sich hierbei um nichts Gutes handeln konnte. Sie erhob sich angestrengt und beobachtete genau, was dort vor ihr passierte. Gou, der liebenswerte Mann, der immer freundlich und gutmütig gewesen war, hatte sich verändert. Grausamkeit prägte sein Gesicht und er grinste auf eine bösartige Art und Weise. Kyoko war verwirrt. Hatte sie ihm nicht vertrauen können? Dann hob Gou eine Hand und führte sie zu seinem Gesicht. Mit einer plötzlichen Bewegung riss er an seiner Haut und sie schrie auf. Langsam löste sich das falsche Gesicht. Die vom Alter geprägten Gesichtszüge schwanden und ein neues Gesicht trat an dessen Stelle. Es war das Gesicht einer Schlange. Ein grausames Gesicht. Ein Gesicht, das jedem in Konoha bekannt war.

Plötzlich machte alles einen Sinn. Die kleinen, punktartigen Verletzungen an den Leichen und die Rede von der Unsterblichkeit. Sie zitterte.

„Wenn er kommt, dann kämpfe nicht, flieh..!“

Langsam und vorsichtig machte sie ein paar Schritte zurück. Dann drehte sie sich um und rannte. Rannte um ihr Leben.
 

Laut und dröhnend hallten ihre schnellen Schritte auf dem Waldboden. Sie hielt ihre verletzte Schulter fest umgriffen, versuchte das Blut zurückzuhalten, das mit jedem Tropfen einen Teil ihrer Energie nahm. Gehetzt blickte sie sich um. Überall um sie herum waren dunkle Bäume und ein klein wenig Nebel umgab sie. Aber es waren nur Nebel und Bäume und das beruhigte sie zutiefst. Nach und nach verlangsamte sie ihre Schritte, schaute sich um, um ja keine Regung zwischen den dichten Blättern zu verpassen. Sie trabte nur noch, doch jede Sekunde war se bereit wieder zu fliehen. Ein leises Knacken neben ihr ließ sie zusammen zucken und an die Seite springen. Sie keuchte und kalter Angstschweiß lief über ihre Stirn und verfing sich letztendlich in ihren verstrubbelten Haaren. Schnell zog sie ein Kunai hervor. Die einzige Waffe, die sie noch bei sich hatte. Der Rest lag noch immer neben ihren Decken in ihrem Lager, wo nun er sich befand. Es gab für sie also keine Möglichkeit mehr an ihre anderen Waffen zu kommen. Er hatte sie nun. Würde sie vielleicht sogar mit ihren eigenen Waffen töten, wenn er sie finden würde. Allein bei dem Gedanken an den Mann ließ ihre Beine zittern. Sie wurden weich und die Tränen stiegen ihr in die Augen. Verzweifelt lehnte sie sich an einen der Bäume und atmete tief durch. Sie musste sich beruhigen, sonst würde sie eine leichte Beute für die Schlange werden. Die Tränen der Verzweiflung liefen in kleinen Bächen ihre Wangen hinab. Sie wusste nicht, was sie tun sollte. Ich war zu jung, um eine Entscheidung zu treffen, die über das Leben vieler entscheiden sollte. Sie war viel zu jung! Sie hätte es wissen müssen und ihr Bruder hätte es auch wissen müssen. So wie alle anderen in Konoha. Sie war nicht reif genug gewesen, um ein Chu-Nin zu werden und jetzt war alles so eingetroffen, wie es alle vermutet hatten. Sie war zu schwach! Zu unreif und nicht klug genug, um mit dieser Situation fertig zu werden. Es hätte nie so weit kommen dürfen.

Langsam sackte sie zusammen. Verzweifelt versteckte sie ihr Gesicht in ihren Armen und weinte. Sie schluchzte und war sich sicher, dass sie hier innerhalb dieses grässlichen Waldes ihr Ende finde würde.

„Minato..“, keuchte sie: „Es tut mir so Leid, Bruderherz..“ Immer schneller liefen ihr die Tränen aus den Augen und vernebelten ihr die eh schon eingeschränkte Sicht.

„Kushina..“, flüsterte sie: „Ich will doch zu euch zurückkommen.. ich liebe euch doch.“ Je mehr sie an sie dachte, desto mehr weinte sie. Sie wollte nicht erkennen, dass sie ihre Familie vielleicht niemals mehr wiedersehen würde.

Doch die Gedanken an die Personen, die sie liebte, ließen ihren Lebenswillen mehr und mehr wachsen. Ja, Kyoko wollte zu ihnen zurück. Egal wie. Langsam und zitternd erhob sie sich. Ihr war schwindelig, ihr Körper war ziemlich angeschlagen. Wieso hatte sie dieser Mistkerl nur so überraschen können? Kyoko fluchte leise als sie ihre ersten Schritte machte. Sie musste fluchen. Brauchte die Wut, die sie nun antreiben und die Angst überdecken konnte. Und sie brauchte die Liebe. Die Gedanken an Kushina, Minato und alle die sie in Konoha kannte, denn nur durch sie hatte die Kunoichi ihren Lebenswillen zurückgewonnen und konnte ihn aufrecht erhalten.

Vorsichtig und bei jedem Schritt darauf bedacht bloß keine Geräusche zu machen bewegte sie sich weiter vorwärts. Starr blickte sie nach vorne, suchte nach irgendwelchen Anzeichen, dass er sich hier befand. Hier, direkt vor ihrer Nase. Der seichte Wind hatte sich gelegt. Sie spürte nichts mehr, bis auf einige Äste, die in unregelmäßigen Abständen an ihren Körper schlugen, während sie sich einen Weg durch die Dunkelheit bahnte. Sie bewegte sich nicht schnell, sparte lieber einen Teil ihrer Energie, die sie sicherlich noch benötigen würde. Er würde sie nicht einfach ziehen lassen, dessen war sie sich bewusst. Bei jedem Schritt den Kyoko machte, erinnerte sie sich selbst daran, dass sie stark sein musste. Würde sie sich jetzt weiter der Verzweiflung und Angst hingeben, hätte sie gar keine Chance mehr. Sie durfte sich nicht benehmen, wie ein dreijähriges Kind, musste sich konzentrieren, sich sammeln und um ihr Leben kämpfen, wie es ihr geliebter Bruder von ihr erwarten würde. Schließlich war er der gelbe Blitz von Konoha und sie seine kleine Schwester.  Und sie war ein Shinobi, ja sogar ein Chu-Nin, sie hatte gefälligst stark und mutig zu sein, wie es alle von ihr erwarteten.

„Schade, dass sie dich so schwach gemacht haben“ Langsam und bedächtig drehte Kyoko sich um. Sie wusste, wer sich dort hinter ihr befand, hatte zuvor bereits seine lautlosen Schritte vernommen. Dort stand er. Kaltherzig hatte er seine schmalen Lippen zu einem gehässigen Lächeln verzogen.

„Ich bin nicht schwach.“, es war kaum mehr als ein Flüstern, was sie über ihre Lippen brachte und doch hatte es sie ihre ganze Überwindung gekostet. Leise lachte er. Es war kein schönes Lachen, ein Lachen ohne jegliche Freude. Er bewegte sich nicht. Sie erwartete, dass er sie angreifen und töten würde, doch er stand einfach nur da und betrachtete sie mit seinen schmalen Augen, die denen einer Schlange so sehr glichen.

„Natürlich bist du schwach, meine liebe, kleine Kyoko.“, zischte er ihr entgegen: „Sie alle haben dich schwach gemacht, mit ihren Erwartungen, die sie an die kleine Schwester des gelben Blitzes, der Legende von Konoha hatten, die Erwartungen, die du nie erfüllen konntest.“ Er war noch immer ruhig, zeigte keinerlei Gefühle, rührte nicht einen seiner kreideweißen Finger. „Immer wieder musste dein Bruder sich einmischen, sonst hättest du rein gar nichts erreichen können.“ Er fing an zu grinsen, entblößte dabei seine spitzen, weißen Zähne. Er machte sie wütend, provozierte sie mit seinen gut gewählten Worten.

„Da hat dieser Mistkerl von Spion ja anscheinend ganze Arbeit geleistet.“, fluchte Kyoko mit zusammengebissenen Zähnen. Ihre Angst war verschwunden. Überdeckt von der Wut, die er in ihr hervorrief. Und doch wusste sie, dass er Recht hatte. Sie hatte immer gewusst, dass sie allein wegen Minato die Akademie so früh hatte abschließen und an den Chu-Nin Auswahlprüfungen hatte teilnehmen dürfen, aber sie würde schon noch allen beweisen, dass sie es verdient hatte. Doch dazu musste sie das hier überleben.

„Du denkst wirklich, dass er es war, der für mich seit Jahren spioniert hat?“, fragte er die Braunhaarige und fing abermals an gehässig zu lachen. Er hielt sie tatsächlich für dumm, zeigte ihr nun, wie unwissend sie doch war. Scharf sog sie die Luft ein. Sie wusste, was dieser eine Satz bedeutete.

„Wer?“, mehr brachte die junge Kunoichi nicht heraus. Wütend und zugleich traurig ließ sie ihren Kopf sinken. Ihre Hände verkrampften sich um ihr einziges Kunai und der harte Griff hinterließ tiefe Schwielen in ihrer Handfläche. Sie erwartete keine Antwort, erwartete nicht einmal, dass er verstanden hatte, was sie eben von sich gegeben hatte.

„Du hast Glück, kleine Kyoko. Ich brauche starke, junge Mädchen, wie dich für meine Experimente! Vielleicht überlebst du ja sogar.“, diese Worte schienen wie ein Startsignal. Plötzlich, wie auf ein geheimes Kommando hin, schossen starke, schwarze Schlangen neben ihr aus der Erde. Wütend blinzelten sie sie mit ihren gelben Augen an, würden keine Rücksicht darauf nehmen, dass Kyoko bereits verletzt war. Mit einem gewaltigen Schrei schlug sie zu. Ihr Kunai sauste nur so durch die Luft und traf die Schlange, die bereits mit vorgestreckten Giftzähnen auf sie zuhielt. Mit einem dumpfen Geräusch fiel ihr abgetrennter Kopf auf den weichen Waldboden und hinterließ dort einige rote Spuren. Schnell drehte Kyoko sich um die eigene Achse. Mit einer kleinen Bewegung hatte sie bald den Kopf einer weiteren Schlange abgetrennt und sah aus dem Augenwinkel, wie er nah dem ersten aufkam. Warmes Blut spritzte über ihre Hand, als sie mit einer ausholenden Armbewegung den Schädel einer dritten Schlange spaltete. Fast neckisch sah sie die Kunoichi an, als ihr Messer ihren Körper durchtrennte und gehässig streckte sie ihr ihre gespaltene Zunge entgegen. Kyoko wirbelte herum zu den weiteren Schlangen, die sich direkt in ihrem Rücken befanden. Aufmerksam wartete sie auf den gedämpften Aufprall des toten Körpers. Wartete lange und wartete vergeblich. Sie enthauptete zwei weitere Feinde, dann wandte sie sich wieder dem zu, was in ihrem Rücken passierte. Wieso hatte es den vermuteten Aufprall nicht gegeben?

Was Kyoko sah, brachte sie kurz aus dem Konzept. Verunsicherte sie auf eine gewisse Weise und brachte ihr das niederschlagende Gefühl, das sie in diesem Kampf keine Chance hatte den Sieg davon zu tragen. Die von ihr in der Mitte gespaltene Schlange hatte sich vor ihr erhoben. Böse zischte sie sie von oben herab an. Die lange Zunge schlängelte sich zwischen den spitzen Zähnen hervor, die ihr aufgerissenes Maul zierten. Sie war nun größer, als zuvor. Aggressiver als sie es gewesen war, bevor Kyoko sie zerschnitten hatte. Es hätte eine komplett neue Schlange sein können, doch ihr wurde schnell klar, dass es sich noch immer um die gleiche handeln musste. Kyoko warf einen flüchtigen Blick nach links. Die beiden enthaupteten Schlangen hatten sich ebenfalls zu voller Größe erhoben. Noch immer lief Blut aus den offenen Wunden wo sich eben noch ihre Köpfe befunden hatten, doch schnell, viel zu schnell, wuchsen ihnen an eben jenen Stellen neue Köpfe. Weitaus gefährlichere. Überall um sie herum blitzten die scharfen, weißen Zähne auf, die sich nur allzu gerne in ihre Haut graben wollten. Und in ihr wuchsen die Zweifel. Wie sollte sie nur einen Gegner besiegen, den man nicht töten konnte? Wie sollte sie einen Gegner besiegen, der jedes Mal, wenn sie ihn enthauptete, auf eine viel stärkere Art und Weise zurück kam? Wie sollte sie einen Gegner besiegen, der unbesiegbar war?

Mit einem gewaltigen Satz brachte Kyoko Abstand zwischen sich und die unbesiegbaren Schlangen, deren einziger Wunsch es war sie mit Haut und Haaren zu verschlingen. Sie folgten ihr sofort. Ließen ihr keine Möglichkeit ihren einzigen Plan zu überdenken. So schnell sie konnte machte isie ihre Fingerzeichen. Sie sammelte ihr Chakra. Sie musste so viel sammeln, wie es ihr möglich war. Dieses Jutsu musste unbedingt stärker werden, als es jemals zuvor gewesen war. Es war alles was ihr blieb in dieser Situation. Ein unbeweglicher Arm, kaum noch Energie, ein San-Nin mit unbesiegbaren Schlangen als Gegner und nur diese eine Idee.

Schnell fing ihr gesamter Körper an zu zittern, so sehr schmerzte er von dem aufgestauten Chakra. Doch dieses Mal reichte es nicht, es nur zu halten. Sie brauchte mehr. Viel mehr. Es war als stünde sie in Flammen, so stark waren die Schmerzen. Es trieb ihr kleine Tränen in die Augen, ließ sie stöhnen und sich winden. Doch sie konnte nicht aufhören. Dieses Mal musste es mehr werden als ein Jutsu der Stufe B. Mit zusammengekniffenen Augen blickte Kyoko auf. Neugierig und interessiert betrachtete er sie, folgte jeder ihrer Bewegungen. Das Timing war das wichtigste an diesem Jutsu. Sie wartete.

Dann, urplötzlich, sprang sie. Obwohl ihr ganzer Körper nur so schmerzte, schaffte sie es die bösartigen Schlangen zu überwinden und sich zwischen ihnen und dem schlangenartigen San-Nin zu positionieren, dessen Interesse an ihr aus jeder Faser seines Körpers strahlte. Erregt leckte er sich mit seiner langen Zunge über die weißen Lippen. Er war gespannt. Jeder Muskel in ihrem Körper war aktiviert, hielt das Chakra genau dort, wo es sein sollte. Es dauerte noch, nur noch kurz, einen kleinen Moment. Er bewegte sich nicht. Nur seine Schlangen schossen wieder auf die Kunoichi zu. Dann war es so weit. Nur noch fünf Meter waren sie von ihr entfernt. Mit einem lauten Schrei, der die erdrückende Stille des Waldes auf unerträgliche Weise durchbrach, entließ sie ihr angestautes Chakra. Die blauen Flammen, die es mit sich brachte, züngelten sich um ihren erschöpften Körper, hinterließen kleine rote Male, die den Schmerz durch ihren Körper jagten. Um sie herum entfachte sich ein unglaublicher Sturm. Stärker, als sie ihn jemals erschaffen hatte. Die scharfen Klingen sausten in jeden nur erdenklichen Winkel, brachten mit lauten Krachen starke Bäume zum fallen, durchtrennten die schwarzen Schlangen in tausende kleine Einzelteile, die mit einem widerlichen Geräusch auf den Boden fielen und kleine Blutspritzer in alle Richtungen schickten. Die gefährlichen Klingen rasten auf den lächelnden San-Nin zu, der es noch immer nicht für nötig hielt sich zu bewegen oder gar auszuweichen. Lediglich seine Zunge schnellte hervor, streichelte genüsslich seine blasse Haut. Dann trafen ihre Klingen ihn, zerschnitten seinen dünnen Körper, zertrennten ihn in alle seine Gliedmaßen. In keiner einzigen Sekunde wich das Lächeln aus seinem Gesicht, nicht als der Kopf auf dem Boden aufschlug und auch nicht, als die Überreste seines Körpers neben diesem zusammenbrachen. Ruhig breitete sich das Blut aus. Lief von seinem Körper hinab und es schien fast als wolle es ihn unbedingt verlassen. Seine vorher noch so lebendigen Augen verfielen der Starre des Todes und jedes bisschen Leben wich aus seinem geschundenen Körper. Kyoko keuchte. Sie hatte gewonnen.

„Orochimaru.“, flüsterte die Braunhaarige, mit einem leichten Lächeln auf den Lippen: „Ich bin nicht schwach!“ Ihr Sieg hatte sie ihre ganze Energie gekostet. Es fiel ihr schwer sich auf den Beinen zu halten, so viel Chakra hatte sie bei ihrem Jutsu verbraucht. Schwach wischte sie sich den kalten Schweiß von der Stirn. Sie hustete leicht hysterisch, aber glücklich über ihr Entkommen, glücklich darüber am Leben zu sein.

„Ich hätte mehr erwartet.“ Entsetzen durchfuhr Kyokos geschwächten Körper. Alle ihre erschlafften, ausgelaugten Muskeln spannten sich an und langsam, sehr langsam drehte sie sich um. Das konnte nicht sein. Ihr Gehirn überschlug sich regelrecht um eine Lösung zu finden. Ihr Plan war doch erfolgreich gewesen, er konnte gar nicht mehr am Leben sein.

Seine kalten, gelben Augen fixierten die ihren. Wieder lag ihm ein gehässiges Lächeln auf den Lippen. Aber wie konnte er nur vor ihr stehen? Sein Körper war makellos. Es war als hätte nichts von dem, was sie mit aller meiner Kraft unternommen hatte je stattgefunden. Verzweifelt stolperte Kyoko zurück. Sie hatte kaum mehr die Kraft zu stehen geschweige denn weiterzukämpfen.

„Nein..nein..nein..“ Mehr brachte sie nicht heraus. Salzige Tränen liefen ihre verdreckten Wangen hinab und tropften auf die blutverschmierte Erde. Sie bekam kaum noch Luft. Ihr Herz raste, wollte so viel Sauerstoff wie möglich in ihrem Körper verteilen, um ihr die Flucht zu ermöglichen. Sie konnte nicht verstehen. Wie hat er es nur geschafft zu überleben? Langsam streckte er seinen Hals in ihre Richtung. Immer länger wurde er, dehnte sich aus, wurde dem Körper einer Schlange immer ähnlicher. Er öffnete seinen Mund, entblößte zwei lange, spitze Zähne, die denen einer Schlange so ungemein ähnelten. Kyoko wich weiter zurück, stolperte über ihre eigenen Füße und fiel. Staub wirbelte auf, als sie auf dem weichen Boden landete und Leben in das Blut brachte, das sich eben erst beruhigt hatte. Immer weiter kam er auf sie zu. Streckte ihr seine Zunge entgegen, leckte über ihren erstarrten Hals. Sie wollte fliehen, wollte nicht, dass er sie berührte, doch ihr Körper gehorchte ihr nicht mehr. Seiner Zunge folgten seine Zähne. Langsam und genüsslich gruben sie sich in ihr zartes Fleisch und Kyoko schrie auf. Der Schmerz war unerträglich. Noch nie in ihrem Leben hatte sie etwas wie dieses gefühlt. Der Schmerz war allumfassend, fing sie in einer Welt, die nur aus Qualen zu bestehen schien. Ihr Körper verkrampfte sich, fiel in einen Zustand der anhaltenden Spannung und hörte auf keinen ihrer Befehle. Ruhig ließ er von der jungen Kunoichi ab. Sie sah seine Zunge, sie genoss noch immer den Geschmack ihrer Haut. Er grinste wieder. Überlegen und siegessicher. Abermals schrie sie. Es war als würde sie brennen. Als würden sich heiße, zerstörerische Flammen in ihren Körper beißen und ihn zerreißen und vernichten. Keuchend stemmte Kyoko sich auf ihre Hände, blickte auf die kalte Erde und sah ihre heißen Tränen auf ihr verdampfen. Sie zitterte. Ihre azurblauen Augen waren weit aufgerissen vor Entsetzen. Entsetzen über das was mit ihr geschah. War das der Tod? Ihre Hand formte sich zu einer Faust, krallte sich in die blutroten Blätter unter ihr, als wollte sie all die Schmerzen an sie übergeben. Ihr wurde kalt. Kalt und schwindelig und sie wurde schwächer und schwächer. Sie sackte langsam auf die Ellenbogen. Orochimarus Blicke inspizierten sie noch immer. Sie war sich sicher, dass er zufrieden war mit dem was er sah. Hatte er doch einen neuen Körper für seine Experimente gefunden.

„Orochimaru Sensei..?“, hörte Kyoko eine leise, weibliche Stimme, die ihr sofort bekannt war.

„Sind sie tot?“, erwiderte Orochimaru nur kalt, ohne jegliches Gefühl.

„Ich habe sie alle getötet!“ Mehr sagte sie nicht und doch wusste Kyoko sofort, wer gestorben war. Sie kam nicht umhin ein wenig um die anderen Shinobi, die ihr Ende nun auch gefunden hatten, zu trauern, aber ihre jetzige Situation ließ es nicht zu ihnen so viel zu gedenken, wie es angebracht gewesen wäre.

„Gut.“ Orochimaru war zufrieden. Alles war an diesem Abend so gelaufen, wie er es gewollt hatte. Und noch mehr, mit ihr hatte er sogar mehr gewonnen, als er sich erhofft hatte.

„Du nimmst sie!“, ein kurzer, schlichter Befehl und sofort setzten sie sich in Bewegung. Kyoko hatte keine Kraft mehr. Mit einem lauten Schluchzen rutschten ihre Arme zur Seite und sie schlug mit dem Gesicht auf der Erde auf. Die Umgebung verschwamm. Sie hörte, wie leise Schritte auf sie zu kamen und spürte, wie sie zarte Hände berührten. Blonde Haare fielen in ihr Blickfeld. Sie war es also die ganze Zeit gewesen, seufzte die Braunhaarige, als die Blonde sie fluchend anhob und über die Schulter warf. Das Tote wieder lebendig wurden, wunderte mich nicht mehr.

„Minato.. Kushina.. es tut mir Leid.. schließlich habe ich wohl doch versagt.“, dachte sie sich und merkte, wie die letzten Tränen ihre Wangen hinab liefen.

Dann wurde sie ohnmächtig.



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