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Die Nacht im Hotel (Arbeitstitel)

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Ihr lest hier meine allererste FF, ich wünsche euch viel Spaß :) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Sooo das zweite Kapitel ist da, ich war mir nicht sicher, ob es schon zu Adult (Gewalt) zählt, deswegen hab ich es zur Vorsicht vorerst so eingestellt. Falls ich damit falsch liege, würde ich mich freuen, wenn mir einer Bescheidsagen könnte, dann würde ich es ändern. :) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo zusammen!
Eine wichtige Information hier direkt zu Anfang: Ich werde ungefähr die nächsten 6 Wochen keine neuen Kapitel veröffentlichen, einerseits wegen der restlichen Klausuren, für die ich noch pauken muss, aber auch, weil ich danach in Sommerpause gehe (was die Promis können, kann ich schon lange xD). Ich werde die Zeit nutzen, neue Ideen zu sammeln und vielleicht auch ein bisschen mehr noch zu schreiben, nur veröffentlicht wird eben nichts, die Geschichte wird vorläufig pausiert, aber NICHT abgebrochen. Dafür hab ich noch zu viele lustige Ideen, die in meinem Kopf umher schwirren.
Naja jetzt erst einmal viel Spaß mit dem Kapitel hier ;)
LG Simura Komplett anzeigen

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Ankunft

Es war ein entspannter Abend. Nur zwei Gäste beherbergte das Hotel Mitternacht. Einer der Gäste war ein gewisser Vampir namens Dusk und der andere Gast war eine junge Magierin mit feuerroten Haaren. Anton Shudder saß hinter der Rezeption. Er hatte sich in seinem Stuhl zurückgelehnt, die Augen geschlossen und schlummerte vor sich hin. In wenigen Minuten war Mitternacht und das Haus würde an einem anderen abgeschiedenen Ort, irgendwo auf der Welt, wieder auftauchen.

Durch den Wald stolperte eine schmächtige Gestalt auf das Hotel zu. Sie hüpfte durch das Unterholz. Dann fing sie an zu straucheln und drohte zu fallen. Jedoch schaffte sie es ihr Gleichgewicht wieder zu erlangen. Doch nach den nächsten zwei Schritten legte sie sich vollends hin. Es gab einen dumpfen Aufprall. Die Gestalt stöhnte auf, kam aber wieder auf die Füße. Sie sprang hektisch im Kreis, bis sie das gefunden hatte, was sie suchte, und rannte wie vom Floh gebissen los. Direkt auf das Hotel Mitternacht zu. Die Gestalt erreichte die Lichtung. Das Mondlicht erhellte sie und jetzt konnte man sie erkennen. Es war ein dünner Mann. Er trug eine künstlich zerrissene Jeans und ein locker anliegendes Top. Seine Tattoos hoben sich stark von seiner hellen Haut ab. Es war Finbar Wrong.

Als Finbar die Hand nach dem Türgriff ausstreckte, verschwand dieser mit einem leisen Plop.

„Oh nein.“, flüsterte er und ließ die Schultern sinken. Mit hängendem Kopf trat er den Rückweg zu seinem Tätowierstudio.
 

Das Hotel schoss aus einem Waldboden in England. Es war eine stürmische Nacht. Der Regen prasselte stark gegen die Scheiben. Der Himmel wurde unregelmäßig von grellen Blitzen erhellt und der Donner hörte sich an wie Pistolenschüsse. Alles in allem war es jetzt eine sehr unangenehme Nacht.

Plötzlich schwang die Eingangstür auf. Draußen war es stockduster. Anton öffnete die Augen und richtete sich auf. Ein Blitz erhellte die Silhouette in der Tür. Es war eine große, breitschultrige Person, vermutlich ein Mann. Er ging mit langsamen, eleganten Schritten auf Shudder zu. Die Tür fiel hinter ihm ins Türschloss. Seine Schritte waren dumpf auf dem Holzboden, jedoch leiser, als man es bei einem Mann seiner Statur erwartet hätte. Das Licht aus der Eingangshalle ließ seine hellblauen Augen strahlen. Die Augen, in welche sich schon zahlreiche Frauen verliebten.

„Hallo Mr. Bliss, wie lange beehren sie uns?“, fragte Shudder höflich.

„Zwei Nächte.“, antwortete der Mann mit den stechend blauen Augen.

„Sehr wohl. Möchten sie in ein bestimmtes Zimmer?“

„Nein.“

„Gut. Hier ist der Schlüssel für Zimmer Nummer 3. Es liegt die Treppe rauf, die zweite Tür rechts.“

„Vielen Dank und eine angenehme Nacht.“

„Danke, Ihnen auch.“

Der Mann namens Bliss machte sich auf den Weg in sein Zimmer und hinterließ eine matschig braune Pfütze am Boden. Bei der Menge an Wasser musste er lange durch den Regen gegangen sein oder er hatte im Regen auf das Hotel gewartet. Shudder stand mit einem unterdrückten Seufzer auf, nahm den Lappen neben ihm und wischte den Boden. Dabei konnte er nur an eines denken, diese wunderbaren, klaren, hellblauen Augen. Er schüttelte den Kopf, um wieder klare Gedanken zu bekommen. Er dachte so etwas immer, wenn er diese Augen sah. Bei der Schwester hatte er nie solche Regungen. Was ziemlich merkwürdig war. China Sorrows hatte auf alle Menschen, welche sie sahen, eine unerklärliche Anziehungskraft. Bei ihm versagte diese jedoch, nachdem er wusste, dass es sich um einen Zauber handelte. Er ermahnte sich in ihrer Gegenwart immer, dass es keine echten Gefühle waren. Dennoch konnte er ihr nicht völlig wiederstehen. Erst als er in die Augen ihres Bruders gesehen hatte, hatte der Zauber keine Wirkung mehr auf ihn und schon wieder waren seine Gedanken bei diesem Mann. Das war doch lächerlich!

Draußen im Walde

Nachdem der Boden wieder sauber war, legte er den Lappen an seinen rechtmäßigen Platz und setzte sich erneut auf den Stuhl. Er schloss die Augen und ruhte sich aus. In seinen Gedanken strich er durch einen düsteren Wald. Er war ganz ruhig, trotz der bedrohlichen Stimmung.

Da hörte er Zweige knacken. Sie brachen nicht unter seinen Füßen. Etwas oder Jemand war mit ihm draußen. Anton ging langsam weiter, sah sich jedoch nicht um. Das Knacken wurde lauter. Anton blieb abrupt stehen. Die Geräusche um ihn herum verstummten, als würde die Welt den Atem anhalten. Mit einem Satz fuhr er herum kampfbereit. Doch hinter ihm war niemand. Es war immer noch vollkommen still.

Er atmete langsam und kontrolliert aus, drehte sich um und da stand er. Direkt vor ihm. Ein großer, kräftiger Mann. Er blickte auf ihn herab, seine Augen lagen im Schatten. Die Gesichtszüge des Hünen waren merkwürdig verzerrt und entstellt. Er grinste ihn schief an. Anton setzte sich in Bewegung und versetzte dem Mann einen Kinnhaken. Dieser bewegte sich nicht, sondern lächelte ihn nur an. Er versetzte ihm einen heftigen Schlag auf die Ohren. Der Mann reagierte nicht. Der Alchemist trat ihm kräftig in den Bauch. Wieder keine Reaktion. Ein Tritt in die Nieren folgte dem ersten. Dieses Mal erhielt er eine Reaktion. Der Gegner packte Antons Fußgelenk und schleuderte ihn durch die Luft. Er traf einen Baum mit dem Rücken und sank zu Boden. Blitzschnell stand er wieder auf den Füßen. Doch der andere stand schon vor ihm. Er war schnell, verdammt schnell. Anton wurde am Kragen seines Hemdes gepackt und wurde von den Füßen gehoben. Er spürte die harte Rinde eines Baumes in seinem Rücken. Der Alchemist packte die Hände des Angreifers und versuchte sie zu öffnen. Doch es gelang ihm nicht. Dann trat er um sich. Er erwischte den Angreifer an den Nieren und der Milz. Wieder keine Reaktion. Er versetzte ihm einen Kniestoß in den Solarplexus und erhielt eine Antwort. Anton wurde am Baum nach oben gedrückt. Nun hing er über dem Kopf des Gegners.

„Ich habe keine Angst vor dir.“, zischte Anton und holte erneut mit dem Bein aus. Der Andere reagierte blitzschnell und packte beide Knöchel mit einer seiner Pranken und drückte zu bis es knackte. Anton schrie. Doch der Schrei wurde jäh unterdrückt, da sich die zweite Faust um seinen Hals schloss. Er würgte, rang nach Luft. Da hob der Angreifer den Kopf und er sah sie.

Diese alles durchdringenden blauen Augen. Sie sahen ihn freudestrahlend an. Der Griff um seinen Hals verstärkte sich. Im nächsten Augenblick wurde der Alchemist durch die Luft geschleudert. Er landete unsanft auf dem Waldboden. Er versuchte den Aufprall abzufedern, indem er sich mit den Armen versuchte abzustützen, aber der Schwung war zu stark. Er brach sich Elle und Speiche gleichzeitig. Er wollte vor Schmerz aufschreien, doch er rollte weiter und der Schrei blieb in seinem Hals stecken, als die Luft aus seinen Lungen gedrückt wurde.

Keuchend und unbeweglich lag er da. Shudder versuchte seine Gedanken zu ordnen, um seine Quintessenz frei zu lassen.

Doch sein Gegner ließ ihm keine Zeit. Er war ihm gefolgt und stand nun über Anton. Der Fremde hockte sich neben den auf dem Boden Liegenden und krempelte einen Ärmel hoch. Ein metallenes Armband, an dem ein Schlüssel befestigt war, kam zum Vorschein. Jetzt wusste der Hotelbesitzer den Grund für den Angriff. Sein Gegner hatte es auf die Restanten abgesehen, welche Shudder in seinem Hotel eingesperrt hielt. Der Schlüssel war die einzige Möglichkeit, in das Zimmer zu gelangen, und genau das musste Shudder verhindern. Er versuchte seine letzten Kräfte zu mobilisieren und die Quintessenz entfesseln. Doch der Andere wusste genau wie er dies verhindern konnte. Er versetzte ihm einen kräftigen Schwinger und traf ihn knapp unterm Kinn. Anton wurde vom Boden gehoben. Als er erneut auf dem Boden aufschlug, sackte er in sich zusammen. Jetzt hatte der Gegner freie Bahn. Er fing an, an dem Karabinerhaken vom Schlüssel zu fingern und hatte ihn schließlich in der Hand. Er stand auf und machte sich auf den Weg zum Hotel. Shudder rappelte sich auf die Knie schloss angespannt die Augen. Er ballte seine Hände zu Fäuste und dann brach sie endlich aus seinem Oberkörper heraus. Die Quintessenz baute sich fauchend neben ihm auf, noch war sie fast transparent. Je länger sie außerhalb des Körpers war, desto wirklicher wurde sie. Sie sah den Mann, welcher ihnen den Rücken zugewandt hatte, und nahm die Verfolgung auf. Sie sprang auf ihn zu und versenkte ihre Krallen in ihm.

Siegessicher knurrend zog sie sie wieder aus dem Körper. Der Körper sank in sich zusammen. Aus den Wunden im Oberkörper sickerte Blut. Die Quintessenz jaulte auf und wand sich wie ein gestrandeter Fisch, als sie zurück in den Körper des Alchemisten gezogen wurde. Als sie wieder in seinem Körper war, fiel er in sich zusammen und schloss die Augen. Nachdem er seine Kraft wieder zu ihm zurückkam. Er öffnete sie wieder und sah den blutenden Körper am Boden vor ihm. Erleichtert atmete er auf. Shudder blinzelte und sein Körper gefror. Der angebliche Leichnam war verschwunden. Es gab nicht einmal mehr eine Blutlache. Erneut drehte sich Antons Welt und er landete auf dem Bauch. Er hörte ein trockenes Lachen über sich. Dann spürte er einen stechenden Schmerz zwischen seinen Schulterblättern, welcher seine Wirbelsäule herab schoss. Er bemerkte, wie sich zwei große Hände um seinen Kopf schlossen und mit einem Ruck war alles vorbei. Er hatte ihm das Genick gebrochen. Der Mann mit den blauen Augen setzte seinen Weg weiter fort.

Tee?

Anton Shudder war schweißgebadet und öffnete die Augen. Er zuckte zurück und wollte etwas sagen, da schloss sich eine große Hand um seinen Mund. Er blickte in stechend hellblaue Augen. Er erinnerte sich an den Traum und wollte sich loswinden. Doch der Schock saß ihm zu tief in den Knochen und der Griff war außerordentlich stark. Die zweite Hand des Mannes mit den blauen Augen legte einen Zeigefinger auf seine Lippen und sagte mit ruhiger Stimme: „Ganz ruhig, ich bin nicht hier um Sie zu verletzen. Ich lasse jetzt los. Bewahren Sie Ruhe.“

„Mr. B-Bliss?“

„Ja.“

„Was machen Sie hier?“

„Ich bin für zwei Tage Ihr Gast und wollte mir einen Tee aufsetzen. Möchten Sie auch einen? Sie sehen so aus, als könnten Sie einen vertragen.“

Shudder nickte stumm.

Sie gingen in die Küche und setzten sich eine Kanne Pfefferminztee auf. Anton holte zwei Tassen aus einem Hängeschrank.

„Möchten Sie den Tee mit auf Ihr Zimmer nehmen?“, fragte der Alchemist ruhig.

„Eigentlich, wollte ich mich in den Aufenthaltsraum setzen. Wenn Sie wollen, kann ich aber auch auf mein Zimmer zurückgehen.“

„Das habe ich so nicht gemeint …“

„Ich weiß, Sie sehen aus, als bräuchtest du jemanden zum Reden. Leisten Sie mir doch etwas Gesellschaft.“

„Ich komme schon zurecht.“ Anton schöpfte die Teeblätter aus der Kanne. Dann füllte er beide Tassen. „Möchten Sie Zucker oder Zitronensaft?“

„Nein, danke. Ich trinke ihn pur.“

Shudder trug beide Tassen und Bliss die Kanne. Zusammen gingen sie in den Aufenthaltsraum und setzten sich in gegenüberliegende Sessel. Schweigend saßen sie da und tranken ihren Tee.

Der Alchemist sah auf seine vor ihm zusammengefalteten Hände. Er war tief in Gedanken versunken und merkte nicht, dass er von dem Mann gegenüber genauestens beobachtet.

Die blauen Augen sahen einen übermüdeten, regungslosen Mann, der ein wenig neben der Spur zu stehen schien. Ob das wohl an dem Traum lag? Vielleicht. Wenn er darüber reden wollte, dann würde er es früher oder später machen.

Bliss durchbrach die Stille mit sanfter Stimme: „Ihr Tee wird kalt.“

Shudder reagierte nicht.

Bliss öffnete den Mund um etwas zu sagen, musste jedoch stark niesen. Er schaffte es noch Nase und Mund mit seiner Ellbogenbeuge zu verdecken.

Durch das plötzliche laute Geräusch wurde Shudder aus seinen Gedanken gerissen.

„Gesundheit.“

„Danke.“

„Sie haben sich doch nicht etwa erkältet, oder?“

„Ach was. Ich werde nicht krank.“

„Hört sich aber anders an.“

Bliss sah Shudder direkt in die Augen. „Wissen Sie, was mich interessieren würde?“

„Nein, aber gleich.“

„Was machen Sie, wenn einer Ihrer Gäste krank in seinem Bett liegen würde?“

„Ich würde ihn fragen, ob er noch etwas für seine Genesung benötigt.“

„Sie würden also für ihn die Krankenschwester spielen?“

Für diese Frage bekam er einen verächtlichen Blick zugeworfen.

„Jetzt nehmen Sie doch nicht alles so ernst.“, versuchte Bliss die Lage zu entschärfen und lächelte ihn freundlich an.

„Ich nehme immer alles ernst, dass wissen Sie doch.“, murrte er.

„Themenwechsel, wann haben Sie das letzte Mal gut geschlafen?“

„Super Themenwechsel. Gegenfrage: warum wollen Sie das wissen?“

„Sie sehen ziemlich übermüdet aus.“

Dazu sagte Shudder nichts.

„Die Kanne ist leer. Ich gehe jetzt wieder ins Bett und Sie sollten gucken, dass Sie auch etwas Schlaf abbekommen.“

Bliss stand auf, nahm beide Tassen in eine Hand und wollte nach der Kanne greifen. Doch Shudder kam ihm zuvor.

„Lassen Sie mich das wegbringen und ruhen Sie sich was aus.“

„Vergesst es, Sie sind Gast. Ich räume ab.“

„Das glauben aber auch nur Sie!“

Mit einer schnellen Bewegung schnappte Bliss sich die Kanne aus Shudders Hand und hielt beides über seinen Kopf. Der Kleinere sah ihn ungläubig an.

„Das ist jetzt nicht Ihr Ernst, oder?“

„Doch, ist es. Ich räume das jetzt weg und Sie legen sich schlafen.“

„Das kann ich nicht.“

„Müssen Sie aber!“

Mit diesen Worten ging Bliss mit großen, eleganten Schritten und erhobenen Händen in die Küche. Shudder stapfte finster dreinblickend hinter ihm her.

Der Größere steuerte ohne Umschweife auf die Spüle zu und fing an die Tassen auszuspülen. Shudder gefiel das gar nicht und er versuchte den Anderen davon ab zuhalten. Doch dieser drückte ihn mit Leichtigkeit weg, aber Anton dachte nicht daran aufzuhören. Er versuchte alles Mögliche, um Bliss davon abzuhalten. Dem Blauäugigen machte das nichts aus. Er spülte einfach über seinem Kopf weiter.

Der Alchemist sah seine Niederlage ein und ergatterte sich das Geschirrtuch. Blitzschnell packte er die erste gespülte Tasse, trocknete sie ab und stellte sie weg.

Bliss ließ ihm die Genugtuung des Abtrocknens und sah ihm vergnügt zu. Shudder blickte finster auf die Kanne und stellte sie schließlich weg.

„Machen Sie das nie wieder.“, grummelte der Hotelbesitzer.

„Oder was?“

„Oder ich schmeiße Sie raus.“

„Oho, das will ich sehen.“

„Der Gast hat zwar immer bei mir Vorrang, jedoch reicht es mir jetzt mit Ihnen. Ich geh jetzt wieder schlafen. Gute Nacht.“

„Ich wollte Sie nicht so in Rage bringen. Bitte verzeihen Sie mir. Ich hab es nur gut gemeint. Ihnen wünsche ich auch eine schöne Nacht.“

Anton sah ihn an und nickte. Auf eine Geste verließ Bliss als erster die Küche. Anton folgte ihm.

Der Rest der Nacht verlief glücklicher Weise ruhig.

Anton die Krankenschwester?

Shudder wachte in seinem Stuhl hinter der Rezeption auf. Es war früh am Morgen. Die ersten Sonnenstrahlen drangen durch das Blätterdach. Er stand auf und begab sich auf einen Rundgang durch das Hotel.

Die Magierin schien noch zu schlafen, Dusk hatte bei Tagesanbruch das Hotel verlassen und Bliss war auch schon aufgestanden. Mit pochendem Herzen ging er zum Zimmer Nummer 24. Er legte die Hand auf und sah, dass alles an Ort und Stelle war. Er atmete erleichtert auf und machte sich auf den Weg in den Aufenthaltsraum. Dort traf er den Blauäugigen an. Er saß in einem Sessel, dickeingepackt, mit knallroter Nase.

Der Alchemist musste schmunzeln. Er hatte es ihm vorausgesagt.

„Ich setz mir einen Kaffee auf. Wollen Sie auch einen?“

„Danke, aber ich ziehe im Moment eine heiße Tasse Tee vor.“

„Kann ich Ihnen auch machen. Möchten Sie eine bestimmte Sorte?“

„Haben Sie Kamille da?“

„Ja. Bin gleich wieder da.“
 

Fünf Minuten später kam er mit zwei dampfenden Tassen zurück. Er stellte den Tee vor Bliss und setzte sich ihm gegenüber auf das Sofa.

„Danke.“, murmelte der Große heiser. Er wollte nach der Tasse greifen, da überkam ihm ein Hustkrampf, der ganze drei Minuten an hielt.

„Brauchen Sie Medizin?“, fragte Anton.

„Danke, aber ich schaffe das schon so. Hab mich nur leicht erkältet.“

„Für mich hört sich das eher nach einer heranreifenden Grippe an.“

„Ach Quatsch. Das bilden Sie sich ein.“

„Ich hoffe für Sie, dass ich mich irre.“

„Und wenn schon. Falls Sie recht haben, würden Sie mich doch gesund pflegen, nicht wahr?“

„Träumen Sie weiter.“

„Ich hatte nichts anderes erwartet.“

„Wie meinen Sie das?“

„Ach, nichts. Ich …“, wollte er antworten, doch er fing wieder an zu husten.

„Sie sollten nicht so viel reden.“, ermahnte Anton ihn.

Bliss verdrehte als Antwort die Augen und trank seinen Tee weiter.

„Ich mach mich wieder an die Arbeit. In meiner Mittagspause schaue ich nochmal nach Ihnen und wenn in der Zwischenzeit irgendetwas ist, dann wissen Sie ja, wo Sie mich finden können.“

„Machen Sie das, ich will Sie nicht aufhalten. Ich komme schon allein klar.“
 

Anton ging zur Rezeption und ging die Buchungen durch. Es würden wahrscheinlich keine neuen Gäste dazukommen. Danach ging er die Bestellungslisten durch. Hin und wieder konnte er ein heiseres, trockenes Husten aus dem Aufenthaltsraum hören.
 

Um zwölf Uhr wechselte das Hotel seinen Standpunkt und tauchte in einer afrikanischen Wüste auf.

Von der draußen vorliegenden Hitze spürten sie in dem Gebäude nicht das geringste bisschen.

Shudders Mittagspause begann und er ging zu seinem erkrankten Gast.

Bliss saß in sich zusammengesunken in seinem Sessel und schlief.

Anton wunderte sich, der Bliss, den er kannte, würde sich nie eine Blöße geben und hier lag er nun. In seinem Hotel, mitten im Aufenthaltsraum, geschwächt durch eine Krankheit. Das würde ihm niemand glauben.

Vorsichtig näherte er sich dem schlafenden Riesen. Er berührte ihm am Unterarm, rüttelte ihn leicht und sagte mit ruhiger Stimme: „Mr. Bliss, aufwachen. Sie schlafen gerade im Aufenthaltsraum des Hotels Mitternacht. Sie sollten sich besser auf ihrem Zimmer ausruhen.“ Doch er reagierte nicht. Dann rüttelte er ihn an den Schultern. „He, wachen Sie auf. Das ist nicht gesund, so zu schlafen.“

Ihm fiel die Wärme auf, die der Andere ausstrahlte. „Sagt mal, haben Sie Fieber?“ Anton legte die Hand auf Bliss Stirn. Diese schien förmlich zu glühen. Antons Gesicht sagte, was er nicht aussprach: Ich hatte es doch gesagt.

Er ging in die Küche und holte ein mit kaltem Wasser getränktes Handtuch und legte diesen um den Kopf des Kranken. Durch das kalte Nass wurde Bliss wach. Er versuchte das Tuch mit der Hand zu entfernen. Anton hielt ihn davon ab, indem er seine Hand weg hielt.

Der Kranke blinzelte und öffnete schließlich die Augen.

„Geht doch, endlich sind Sie wach. Wissen Sie, wo Sie liegen?“, fragte Shudder.

„Shudder? Jetzt sagen Sie nicht, dass ich im Aufenthaltsraum eingeschlafen bin.“, sagte er kläglich.

„Doch genau das sind Sie. Ich hatte übrigens Recht. Sie haben sich eine Grippe eingefangen.“

Der Große seufze und ein Hustkrampf überfiel ihn. Das nasse Handtuch flog auf den Boden. Anton bückte sich und hob es auf.

„Sie hören sich echt nicht gut an. Sie sollten sich in Ihrem Zimmer ausruhen.“

Bliss nickte und stand auf. Fing dann jedoch an zu wanken und setzte sich wieder.

„Ich glaub, ich warte noch etwas.“

„Machen Sie sich nicht lächerlich. Der große Mr. Bliss lässt sich von einer kleinen, jämmerlichen Grippe in die Knie zwingen?“

„Machen Sie sich nicht über mich lustig.“

„Das würde ich doch nie machen. Braucht der alte Herr etwa Hilfe?“

„Nein.“ Energisch stand er auf und hielt sich auch auf den Beinen.

„Na geht doch. Und jetzt ab nach oben mit Ihnen. Ich bringe Ihnen gleich Tee und kalte Tücher.“

„Danke, ich schlepp mich dann mal hoch.“

„Machen Sie das und sagen Sie Bescheid, falls Sie Hilfe brauchen.“

„Ich denke, dass ich das schon schaffen werde.“

Anton nickte und wartete, bis Bliss aufgestanden war und zur Treppe schlurfte. Dann ging er in die Küche und setzte eine große Kanne Kamillentee auf. Aus einem Schrank holte er ein kleines Tablett. Darauf stellte er eine frische Tasse, die Kanne und eine größere Schale. Dazu legte er noch ein paar Handtücher.

Mit dem Tablett in der Hand machte er sich auf den zu Bliss Zimmer. Er traf Bliss auf der Hälfte der Treppe. Der Blauäugige hielt sich am Geländer fest.

Shudder stellte kopfschüttelnd das Tablett ab und ging zu ihm.

„Sind Sie spontan gealtert, oder warum klammern Sie sich am Geländer fest?“

„Jaja, lachen Sie nur.“

„Kann ich Ihnen helfen?“

Bliss blieb stumm und versuchte sich weiter nach oben zu kämpfen.

Ebenfalls stumm nahm Anton seinen Arm und legte ihn um seine Schulter.

„Sie wollen ja heute noch ankommen.“, meinte er schmunzelnd.

„Passen Sie auf, nicht dass Sie sich einen Bruch heben.“

„Ich will Sie ja nicht tragen, sondern nur etwas stützen.“

„Danke.“

Gemeinsam schleppten sie sich die Treppe hoch und den Flur entlang. Bliss schloss die Tür auf und ließ sich von Shudder zum Bett bugsieren. Er ließ sich nach hinten fallen und lag ausgestreckt auf dem Bett.

„Es wäre vielleicht angenehmer, wenn Sie sich von deinem heiß geliebten Anzug trennen.“

„Meinen Sie? Ich glaube, der ist schon mit meiner Haut verwachsen.“

„Wenn das so ist, dann habe ich eine Frage an Sie. Wie waschen Sie sich?“

„Ganz einfach. Ich wasche mich, indem ich mich in die Waschmaschine quetsche und dann für eine Stunde die Luft anhalte.“

„Dann passen Sie aber auf, nicht, dass Sie dabei einlaufen.“

„Keine Sorge, das habe ich mittlerweile raus. Früher ist mir das aber schon ein paarmal passiert.“

„Ach wenn das so ist, dann brauche ich mir ja wirklich keine Sorgen machen, vielleicht sollte ich ein Schild basteln mit „besetzt“ und „frei“ und diese an die Maschine kleben.“

„Das wäre hilfreich.“

Bliss setzte sich auf und zog sich umständlich das Jackett aus. Shudder nahm es ihm aus der Hand und legte es um die Lehne eines nahegelegenen Stuhls. Der Größere schob die Bettdecke weg und legte sich hin. Er wurde von einem erneuten heftigen Hustkrampf geschüttelt. Der Alchemist reichte ihm eine mit Tee gefüllte Tasse, welche er dankend annahm.

„Shudder? Ich denke, ich bin momentan in einem so erbärmlichen Zustand… und nun ja… eigentlich könnten wir uns ja duzen, oder haben Sie da ein Problem mit?“

Shudder sah ihn verdutzt an: „Aber… Sie sind mein Gast. Das… kann ich als Hotelchef nicht machen! Was denken denn dann die Leute von mir?“

„Es war doch nur ein Vorschlag. Aber wenn Sie nicht wollen…“

„Jetzt lassen Sie mich doch mal ausreden! Also: Ich habe nichts dagegen, wenn wir alleine sind und uns duzen, aber wenn andere Gäste dabei sind, werde ich Sie weiterhin siezen, um den Schein eines höflichen Hotelbesitzers zu wahren. Und Sie spielen dann gefälligst auch mit, ist das klar?“

„Ehm.. ja?“

„Also dann: Möchtest du jetzt zuerst etwas schlafen oder sollen wir direkt mit den Wickeln anfangen?“

„Im Moment ist noch nichts los im Hotel oder?“

„Ja.“

„Dann wäre jetzt doch die besser Zeit für die Wickel.“

„Ich denke, du hast Glück bis jetzt habe ich mit dir drei Gäste und es sieht nicht so aus, als ob neue Gäste dazu kommen.“

„Oho, das heißt du wirst deine ganze Zeit mir widmen?“

„Das würde ich so nicht unterschreiben.“

„Kühl wie eh und je.“

„Wenn du damit jetzt nicht aufhörst, musst du gucken, wie du alleine mit deiner Grippe fertig wirst.“

„Ich halt die Klappe und gehöre ganz dir.“

Shudder verdrehte die Augen und tränkte das erste Geschirrtuch.

„Jetzt guck doch nicht so böse.“, hörte er Bliss sagen. Als Antwort bekam er den Lappen ins Gesicht geklatscht.

„Meinst du, du brauchst noch Wadenwickel.“

„Danke, aber so schlimm ist es noch nicht.“

„Wie du meinst. Ich bin dann wieder unten. Wenn etwas passiert, meldest du dich.“

„Das werde ich. Ich werde dann einfach so laut rufen, so dass das gesamte Hotel Bescheid weiß.“

„Ist ja gut. Warte kurz.“

Anton ging quer durch den Raum und stellte das interne Telefon neben den Kranken auf den Nachttisch.

„Wenn etwas nicht stimmt, dann wähle die 01 und du hast mich am Apparat.

„In Ordnung, danke.“

Wir brauchen einen Arzt ...

Als Shudder unten an der Rezeption angekommen war wurde er bereits erwartet.

Ein großes Wesen mit lächerlich langen Armen und Beinen stand in der Eingangshalle. „Guten Tag Dr. Nye, wie kann ich Ihnen behilflich sein?“, fragte der Alchemist höflich.

„Guten Tag, ich möchte ein Zimmer buchen. Wann taucht das Hotel in Australien auf?“, fragte das Zwitterwesen mit der ungewöhnlichen hohen Piepsstimme.

„In Ordnung, das Hotel wird in einer halben Stunde in Nordamerika auftauchen. Der nächste Ort wird Australien sein.“

„Bestens, dann buche ich ein Zimmer für genau diesen Zeitraum.“

„Möchten Sie in ein spezielles Zimmer.“

„Eins mit einem großen Bett.“

„Hier ist der Schlüssel für Zimmer Nummer 10. Bei weiteren Fragen, wenden Sie sich bitte an mich.“

„Ich denke nicht, dass etwas vorfallen wird.“

Shudder reichte es den Schlüssel und nickte.
 

Die nächsten Stunden vergingen ruhig.

Dann klingelte das Telefon. Es war Bliss. Er bestellte eine neue Tasse Tee.

Shudder seufzte und setzte sich in Bewegung.

„Hier ist deine Kanne Tee.“

„Vielen Dank, kannst du mir gleich eine Tasse einschenken?“

„Natürlich, was macht das Fieber?“

„Ist noch da.“

„Hier deine Tasse.“

Bliss nahm sie dankbar an und richtete sich leicht auf.

„Kein Wunder, dass das Fieber nicht weg geht. Lappen und Wasser haben Zimmertemperatur angenommen. Warte, ich geh kühles holen.“

„Du bist so eine gute Krankenschwester. Du hast nicht zufällig ein passendes Leibchen?“

Anton stoppte abrupt in seiner Bewegung. „Wie bitte? Was hast du gerade gesagt?“

„Nichts.“

„Ich glaub‘ dass dir das Fieber zu Kopf steigt.“

„Möglich.“

„Wenn es schlimmer wird, dann kann ich dir einen Arzt empfehlen.“

„Ach wirklich?“

„Ja, er ist gerade angekommen.“

„Du hast für mich extra einen Arzt kommen lassen?“

„Für dich doch immer. Ich kann ihn auch gleich fragen, ob er ein Wundermittel für dich hat.“

„Das ginge auch.“

„Dann entschuldige mich bitte.“
 

Shudder ging zur Rezeption zum Telefon und wählte die Nummer 10.

Es wurde abgenommen.

„Was für eine Überraschung. Wie kann ich Ihnen behilflich sein, Mr. Shudder?“

„Ich entschuldige mich für die Störung, aber ich habe einen Krankheitsfall im Hotel und wollte Sie fragen, ob Sie kurz nach ihm sehen könnten. Ich vermute, er hat eine Grippe.“ Anton versuchte so gut wie möglich sein Unbehagen zu unterdrücken.

„Ich werde jetzt mal nach ihm sehen, in welchem Zimmer ist er?“

„Danke, er ist auf dem Zimmer Nummer 3. Ich werde Sie dort erwarten.“

Er legte auf und ging zu Bliss Zimmer. Er kam gleichzeitig mit dem Zwitterwesen an.

„Lassen Sie mich bitte zuerst alleine zu ihm gehen.“

Es nickte.

Shudder klopfte und trat ein. Ließ aber die Tür offen.

„Der Arzt kommt jetzt rein.“

„Du hast es wirklich gemacht.“

„Sie können jetzt reinkommen.“

Nye schlich ins Zimmer. „Wollen wir mal sehen, was er hat.“

„Das ist jetzt nicht dein Ernst.“ Das blanke Entsetzen stand ihm ins Gesicht geschrieben.

„Du wolltest einen Arzt und jetzt steht einer vor dir.“

Währenddessen hatte sich der Doktor neben Bliss gesellt und legte ihm unverfroren seine Hand auf die Stirn. Bliss machte einen Satz zurück. „Er hat Fieber, jedoch ist es nicht sonderlich hoch.“, meldete es. „Wie sieht es mit Halsschmerzen aus oder mit Kopfschmerzen?“

„Der Hals kratzt etwas und die Nase ist zu, ansonsten habe ich nichts.“

„Also ist sie erst dabei sich auszubreiten. Das ist gut. In meinem Zimmer habe ich Tropfen, welche gut dagegen wirken. Diese muss er inhalieren, dann sollte es mit seiner Nase und seinem Hals besser gehen. Die Temperatur sollte sich von selbst regeln. Jedoch haben Sie eine strenge Bettruhe einzuhalten bis Sie völlig genesen sind.“

„Danke für ihre Hilfe.“

„Und ich werde hier nicht gefragt?“, krächzte Bliss.

„Du hast erst wieder was zu melden, wenn du genesen bist.“, herrschte Shudder ihn an.

„Bekomme ich dafür die Übernachtung umsonst?“

„Ist das nicht ein bisschen zu viel verlangt?“

„Nö.“

„Finde ich schon, wie wäre es mit der Hälfte?“

„Dreiviertel.“

„In Ordnung, dieses eine Mal.“

„Wenn das alles war, gehe ich jetzt zurück auf mein Zimmer.“

„Das war alles, danke für Ihre Hilfe.“

„Dann kommen Sie mit Mr. Shudder. Dann gebe ich ihnen die Tropfen.“

„Gut.“

Das Zwitterwesen nickte und schlurfte aus dem Zimmer. Anton folgte ihm.

Es ging in sein Zimmer. Shudder wartete. Er hörte es in einer Tasche wühlen und es kam zum Hotelbesitzer zurück in der Hand ein kleines Fläschchen mit lila Flüssigkeit.

„Nur ein Tropfen in ein großes Becken mit heißem Wasser. Den Dampf muss er einatmen. Wenn es innerhalb von einer Stunde nicht besser wird oder es sogar schlechter werden sollte, dann geben Sie drei Tropfen in eine mit heißem Wasser gefüllte Badewanne. Er muss mindestens zehn Minuten und höchstens eine viertel Stunde im Wasser sein.“

„Gibt es bekannte Nebeneffekte?“

„Nicht dass ich wüste.“

Shudder bedankte sich und ging zurück zu seinem Patienten. Man sah ihm sein Unbehagen an.

„Du vertraust doch nicht etwa diesem Zwitter?“

„Es hat keinen Grund, uns zu schaden.“

Bliss sah nicht überzeugt aus.

„Wie fühlst du dich?“

„Wenn ich‘s mir recht überlege, geht es mir schon viel besser.“

„Du bist ein schlechter Lügner.“, erwiderte Anton, ging auf ihn zu und überprüfte seine Temperatur.

„Ich hole jetzt alle Sachen und du bereitest dich darauf vor, dich an den Tisch zu setzen.“

Er bekam ein kurzes Nicken als Antwort.
 

Der Alchemist brauchte nicht lange alles zusammen zu stellen. Für Bliss Geschmack beeilte er sich zu sehr. Er traute den Tropfen nicht. Doch es half nichts. Bestimmt bugsierte Anton ihn in den Stuhl.

Misstrauisch beobachteten die hellblauen Augen das Fläschchen. Das Wasser färbte sich leicht violett, nachdem Anton einen Tropfen dazu gegeben hatte.

Shudder merkte die Skepsis des Anderen. Deswegen ergriff er die Initiative, packte den Größeren im Nacken, schob seinen Kopf über die Schüssel und schmiss ein Handtuch über ihn.

Bliss wehrte sich nicht.

„Wenn dir etwas komisch vorkommt, dann sag Bescheid.“

„Das werde ich.“

So verweilten sie zehn Minuten. Dann nahm Anton das Handtuch wieder weg und begutachtete den Kranken. Er sah unverändert aus.

„Hat sich was verändert?“

„Nicht das ich was gemerkt habe.“

„Am besten ruhst du dich noch was aus. In einer Stunde komme ich wieder.“

„War das eine Drohung?“

„Kommt ganz drauf an …“

„Dann lasse ich mich mal überraschen.“

Ohne ein weiteres Wort zu wechseln verließ Shudder das Zimmer.

Die Wundertropfen

Eine Stunde war vergangen seitdem Bliss den violetten Dampf inhaliert hatte. Nun war es an der Zeit, dass Shudder noch einmal nachsah.

Er klopfte an die Tür und trat ein.

Der Kranke lag wieder im Bett. Die Decke bis zum Kinn hochgezogen. Die Taschentücher quollen schon aus dem Mülleimer. Ein kläglicher Anblick.

„Du siehst schlimm aus.“, bemerkte der Alchemist.

„Danke.“

„Ich nehme an, dir geht es nicht besser.“

„Die Nase ist etwas freier, aber gegen den Rest hat es nicht geholfen.“

„Gut, mehr oder minder. Dann lasse ich dir jetzt ein Bad einlaufen.“

„Oho, was soll das werden?“

„Das ist ein Versuch, dich gesund zu bekommen.“

„Indem wir zusammen baden?“

„Tut mir leid, aber ich muss auf das Hotel aufpassen. Dennoch kann ich dich beruhigen, du wirst nicht alleine baden. Drei dieser wunderbaren Tropfen werden dir Gesellschaft leisten.“

„Aber …“

„Kein aber.“ Mit diesen Worten machte er auf dem Absatz kehrt und verschwand im Bad. Kurze Zeit später hörte Bliss das Wasser einlaufen und Anton kam wieder zurück.

Der Kranke richtete sich langsam auf und schwang die langen Beine aus dem Bett. Dann begann er langsam sein Hemd aufzuknöpfen. Anton sah ihn nicht an.

„Kann ich dich alleine lassen?“, fragte Anton.

„Wäre schon erbärmlich, wenn ich nicht mal alleine ein Bad nehmen könnte.“, murrte Bliss.

„Es war auch nicht glanzvoll, sich ans Geländer zu klammern wie ein alter Greis.“, bemerkte der andere spöttisch.

Der Kranke blieb stumm, das Hemd halb offen.

„Warum siehst du mich nicht mehr an?“, fragte er leise.

„Ich möchte dir nicht zu nahe treten.“, bekam er als kühle Antwort.

„Mir macht es nichts aus, von dir gesehen zu werden.“

„Dennoch ziehe ich es vor, so wenig wie nötig in das Privatleben meiner Gäste einzugreifen.“

„Du greift nicht in mein Privatleben ein, wenn du mich ansiehst.“

„Warum ist dir das so wichtig? Erhoffst du dir Mitleid oder neiderfüllte Blicke?“

„Ich bin es nicht gewohnt, dass jemand den Blick bei mir abwendet. Außerdem würde dein Körper auch einige neidvolle Blicke auf sich ziehen. Weißt du, was manche hinter vorgehaltener Hand über den freundlichen, jedoch verschlossenen Besitzer des Hotel Mitternacht, sagen?“

„Beschäme ich dich? Ich bin nur äußerst selten außerhalb des Hotels und deswegen bekomme ich nichts mit, was man über mich munkelt, außer das, was man sich zu Kriegszeiten zugeflüstert hat.“

„Wenn ich ja sage, würdest du mich dann ansehen?“

„Ich bin mir nicht sicher, worauf du hinaus willst?“

„Ich denke, es liegt an der Erkältung oder den Tropfen. An einem der beiden liegt es mit Sicherheit.“

„Ich bin gespannt, wie sich dein Verhalten ändert, wenn du wieder klar denken kannst.“

„Das bin ich auch.“

„Nun sag schon, was wird gemunkelt?“

„Die einen sagen, an der Seite eines solchen Mannes muss eine ebenso geheimnisvolle Frau leben, manche gingen so weit und meinen, ihr hättet etwas mit meiner Schwester.“

Anton wand sich ihm entsetzt zu.

„Deine Schwester in Ehren, aber ich empfinde nicht mehr für sie als alle anderen, welche vom Zauber belegt sind. Ich habe das Gefühl, als könnte ich ihr sogar mehr widerstehen als manche andere.“

„Ach ist das so? Wie dem auch sei. Andere sagen an deiner Seite sei kein Platz für jemanden anderes und wieder andere –nur sehr wenige- munkeln, dass ihr gar nicht an Frauen interessiert seid.“

„Ja, so ist es. Und was denkst du?“

„Wir werden sehen. Ich bilde mir über solche Dinge keine Meinung. Es geht mich ja auch nichts an. Die Wanne müsste jetzt voll genug sein oder?“

„Ich gehe nach sehen.“

Bliss ließ das Hemd von seinen starken Schultern gleiten und begann sich seiner Hose zu entledigen.

Das Plätschergeräusch verstummte. Die Tür öffnete sich einen Spalt und im nächsten Augenblick spürte Bliss etwas auf seinen Kopf fallen und ihm wurde schwarz vor Augen. Anton hatte ihm ein Handtuch auf den Kopf geworfen.

„Wenn du nichts dagegen hast, gehe ich jetzt wieder zur Rezeption.“, meldete sich Shudder und durchquerte das Zimmer.

„Tu dir keinen Zwang an. Ich denke, ich komme schon zurecht und wenn etwas ist rufe ich.“

„Du sollst nur ungefähr 15 Minuten mit den Tropfen baden, meinte Dr. Nye.“

„Hast du hier einen Wecker.“

„Ich kann dir in 20 Minuten Bescheid geben.“

„Das nehme ich dankend an.“

Nach diesen Worten verließ Shudder das Zimmer.

Bliss saß alleine in Unterwäsche auf seinem Bett und nahm das Handtuch von seinem Kopf.

Ein Bad zum Nachdenken

Bliss stand im Bad vor dem Spiegel. Um seine starken Hüften hatte er lediglich ein weißes Handtuch gebunden. Nachdenkich sah er in seine blauen Augen und horchte in sich hinein.

‚Was ist nur los mit mir? Warum kann ich nicht klar denken, sobald er in meiner Nähe ist? Ja, er ist ein ehrbarer Mann, aber das erklärt noch längst nicht mein Verhalten. Ich erinnere mich schon an die amen Männer, welche sich hoffnungslos in meine Schwester verliebt haben. Ich kann mich doch schlecht in einen Mann verliebt haben und dann auch noch Anton.‘

Er rieb sich mit der Hand über den Nasenrücken.

‚Jedoch könnte das mein Desinteresse Frauen gegenüber erklären.‘

Dann schüttelte er den Kopf, löste das Tuch und ließ es hinter sich auf den Boden fallen. Er stieg ungelenk in das angenehm riechende Wasser. Ein wohliger Seufzer entfuhr ihm, als das warme Wasser seinen ausgelaugten Körper liebkoste.

Er war dabei sich komplett vom Wasser umhüllen zu lassen, doch die Realität holte ihn ein und er stieß mit dem Kopf an die Wannenwand. Missmutig grummelte er und rutschte solange herum, bis er bequem lag und dennoch halbwegs unter Wasser war. Dann schloss er die Augen.

Das warme Wasser ließ ihn für einen Augenblick seine Umgebung vergessen und er ließ seine Gedanken schweifen.

‚Wie soll ich mich weiter verhalten? Hatte Anton es schon bemerkt, oder kauft er mir die Ausrede mit dem Fieber, welches mir zu Kopfsteigt, ab? Und wie lange kann ich das noch durchhalten?‘

Er hörte nicht, wie Shudder die Tür öffnete. Es klopfte sanft an der Badezimmertür und Bliss kam wieder zu sich. Es klopfte wieder, dies Mal jedoch energischer.

„Hab’s gehört.“, gab Bliss von sich.

„Schaffst du es alleine?“

„Was?“

„Ob du alleine aus der Wanne kommst ohne umzukippen.“

„Das schaffe ich schon, danke für dein Angebot.“

„Ich mach mich dann wieder an die Arbeit.“

„Ich komme später mal vorbei.“

Der Elementarmagier hörte, wie sich der Andere entfernte. Die Tür schloss sich mit einem leisen Klack.

Mit einem Seufzer erhob sich Bliss aus dem mittlerweile lauwarmen Wasser. Langsam hievte er sich auf den Beckenrand. Dort blieb er kurz sitzen und ließ das Wasser seine muskulösen Körper herab fliesen und wartete darauf, dass sein Kreislauf sich wieder stabilisierte.

Dann trocknete er sich ab und verließ das Bad.

Wenn man vom Teufel spricht

Bliss stand am Treppengeländer. Er trug wieder seinen schwarzen Anzug und darunter ein weißes Hemd. Gespannt verfolgte er das angeregte Gespräch in der Eingangshalle. Unten hatte sich eine wunderschöne Frau vor Anton Shudder aufgebaut. Ihr schlanker Körper war in ein bildhübsches grafitfarbenes Kleid eingehüllt und ihre rabenschwarz hingen locker von ihren Schultern.

Der Hotelbesitzer sah sie abschätzend an. Bliss kannte diesen Blick. Shudder versuchte sich am Riemen zu reißen, jedoch fiel es ihm von Minute zu Minute schwieriger.

„Ich frage Sie jetzt noch ein Mal.“, sagte China mit gereiztem Unterton in ihrer Stimme. „Ist Mr. Bliss anwesend?“

Shudder antwortete nicht weniger gereizt: „Die Antwort auf diese Frage hat sich in den letzten Minuten nicht geändert oder haben Sie ihn einchecken gesehen?“

„Natürlich nicht. Hören Sie, Shudder. Ich lasse mich nicht an der Nase herumführen. Mein Informant ist zuverlässig. Er hat ihn hier gesehen. Also wo ist er?“

„Er ist nicht hier.“

„Sagen Sie mir das und sehen Sie mir dabei in die Augen.“, verlangte die Frau.

Shudder zögerte. Er seufzte einmal tief. Dann hob er den Blick und sah direkt in ihre strahlend blauen Augen. Die Augen, die ihn früher beinahe um den Verstand gebracht hatten. Heute war es genauso, jedoch gehörten die hellblauen Augen jemand anderem. Er entspannte sich und atmete einmal tief durch. Es sah so aus als würde sich ein Lächeln auf ihr Gesicht stehlen.

Dann sagte er sanft: „Er ist nicht hier.“

„Und da sind Sie sich ganz sicher?“

„Ja.“

China kämpfte mit der Versuchung, irritiert zu gucken. Jedoch konnte sie es gerade noch unterdrücken und sagte: „Nun dann, informieren Sie mich umgehend, falls Mr. Bliss hier aufkreuzen sollte.“

„Warum sollte ich das machen? Ich weiß, dass Sie ihn schon öfter umbringen wollten.“

„Ich denke, dass Sie die Familienangelegenheiten anderer nichts angehen.“

„Da haben Sie Recht. Falls Mr. Bliss hier ein Zimmer nehmen wird, werde ich ihm Bescheid geben. Jedoch kann ich nicht garantieren, dass er kommt.“

Die Frau mit den hellblauen Augen machte auf dem Absatz kehrt und marschierte mit eleganten Schritten nach draußen.
 

Shudder setzte sich wieder an seine Arbeit, wurde jedoch kurz darauf unterbrochen. Denn Bliss gesellte sich mit einem verschmitzten Lächeln.

„Soso, du hast es doch tatsächlich geschafft.“, sagte er ruhig.

„Achja, was habe ich geschafft?“

„Du hast dein Wort gehalten und ich ziehe meinen imaginären Hut vor dir.“

„Haben die Tropfen dein Hirn aufgeweicht?“

„Ich denke nicht. Worauf ich hinaus wollte, war dein Gespräch mit meiner Schwester.“

„Du hast das mitbekommen?“, fragte der Alchemist überrascht.

„Ja, ich wollte eigentlich zu dir gehen und dich über meinen Gesundheitsstand aufklären. Da habe ich euch gesehen und war neugierig. Ich muss gestehen. Am Anfang dachte ich, du wärst ihr verfallen. Doch als du in ihre Augen gesehen hast, was normalerweise den Verstand der Meisten raubt und sie ihr Erstgeborenes für sie verkaufen würden, da hast du ihr gegenüber dicht gemacht. Wie hast du das geschafft, wenn ich fragen darf?“

„Du hast uns also belauscht.“

„Wie du schon gesagt hast, sie hat schon öfters versucht mich zu töten, da wollte ich das Risiko nicht eingehen und ich musste ja wissen, ob du mich ihr auslieferst oder nicht. Also wie hast du es geschafft?“

„Wieso sollte ich dir mein Geheimnis verraten?“

„Weil es mich interessiert.“

„Ich habe an jemanden anders gedacht, dann war es ganz einfach.“

„Darf ich fragen, an wen?“

Antons Antwort kam einen Tick zu spät: „An niemanden bestimmten.“

„Ich glaube dir nicht.“

„Wäre nicht das erste Mal, dass du im Irrtum bist.“

„Das mit meiner Schwester habe ich dir nicht geglaubt, da es bisher kaum jemanden gab, der ihr wiederstehen konnte. Jetzt ist es jedoch mein Bauchgefühl und dein Auftreten.“

„Mein Auftreten?“

„Du siehst mich nicht an. Dabei bin ich doch angezogen.“

„Das schon wieder.“, murrte Shudder und verdrehte die Augen. Als er damit fertig war, sah er seinem Gegenüber direkt ins Gesicht. „Zufrieden?“

„Och jetzt guck doch nicht so böse. Also, an wen hast du gedacht?“

„Ich gucke nicht anders als sonst auch. Ich glaub Dr. Nye soll sich mal deinen Bauch angucken. Soll ich ihn gleich fragen gehen?“

„Ich würde, wenn ich es nicht besser wüsste, dein Verhalten als etwas schüchtern beschreiben und das ist für dich sehr untypisch. Mach dir keine Sorgen, meinem Bauch geht es super.“

„Gut, dass du es besser weißt. Falls du deine Meinung ändern solltest kann ich ihn bis zum nächsten Sprung fragen. Wenn du nichts dagegen hast würde ich jetzt gerne weiter arbeiten.“

„Bei Bedarf werde ich auf dein Angebot zurückkommen. Ich hatte nie die Absicht dich abzulenken. Jedoch kommt hier ein gut gemeinter Ratschlag: Versuch nicht deinen Frust oder Missmut in Arbeit zu ertränken, das steht dir nicht gut zu Gesicht.“

Shudder verdrehte die Augen und antwortete: „Es bedarf einer gewissen Aufopferung, ein Hotel alleine zu führen.“

„Ich mein‘ ja nur, pass auf, dass du dich nicht überarbeitest. Wann hattest du das letzte Mal ein paar Tage frei?“

„Das ist echt nett, dass du dir Sorgen um mich machst, aber ich schaff das schon. Das ist schon eine ganze Weile her.“

„Mal sehen, vielleicht fällt mir etwas ein, damit es dir besser geht.“

„Mach dir keine Umstände.“

„Keine Sorge, das werde ich nicht machen.“ Mit diesen Worten machte der große Mann auf dem Absatz kehrt und ging nach draußen.

Endlich entspannen

Kurz bevor das Hotel seinen Standort wechselte, kam Bliss zurück.

Shudder seufzte erleichtert auf und bereute es sofort.

„Oh, wie schön, dass du dich freust, mich zu sehen.“

„Es geht nicht um dich, sondern um das Wohlergehen meiner Kunden.“

„Und ich bin einer deiner Kunden. Folglich liegt dir auch etwas an meinem Wohlergehen.“

Der Alchemist grummelte und der Elementmagier ging vergnügt in den Aufenthaltsraum.
 

Nachdem Shudder seine Arbeit erledigt hatte, brühte er sich einen Tee auf und begab sich ebenfalls zum Aufenthaltsraum. Er traf Bliss im Sessel wieder. Dieser schien tief in Gedanken versunken zu sein. Er hatte den Kopf auf die zusammen gefalteten Hände aufgestützt. Shudder setzte sich auf die Couch. Seinen Tee trinkend erfreute er sich über seinen Feierabend.

Der Elementmagier kam wieder zu sich und sah sich um. Ein sanftes Lächeln stahl sich auf sein Gesicht, als er den weggetretenen Alchemisten.

„Du siehst erschöpft aus.“, durchbrach Bliss die Stille.

„Heute war viel los.“, kam es müde zurück.

„Das hab ich gesehen. Du hast ganze drei Gäste.“

„Wie du weißt, kümmere ich mich nicht nur um die Gäste, die jetzt im Moment hier. Also worauf willst du hinaus?“

„Lass mich dir helfen.“

„Danke, aber ich wüsste nicht, wie du mir helfen könntest, außerdem komme ich ganz gut alleine zurecht.“ Shudder erhob sich und ging an dem Sessel vorbei.

Doch eine feste, große Hand umschloss sein Handgelenk. Der Alchemist wurde herumgezogen. Bliss sah ihm tief in die Augen. Einige Zeit standen sie einfach nur da. Shudder sah in diese wunderschönen Augen. Er war so in dem Blau versunken, dass er nicht merkte, wie sich zweistarke Arme um seinen Oberkörper legten. Erst als sich der größere nach vorne beugte, fuhr wieder Leben in den Alchemisten. Er wollte einen Schritt zurück machen. Doch Bliss Arme hinderten ihn daran. Der Elementzauberer flüsterte dem kleineren leise ins Ohr. „Es ist ruhig hier im Hotel. Komm mit mir mit. Es ist auch nicht für lange und es wird dir gefallen.“

Bliss schob den Kleineren sanft nach hinten. Dieser folgte der Aufforderung zuerst zögerlich.

„Wohin gehen wir?“, fragte er ebenfalls leise.

„Auf mein Zimmer, wenn es dir nichts ausmacht.“

„Verrätst du mir, was du mit mir vorhast?“

„Lass dich einfach überraschen und sei nicht so störrisch, es wird dir gefallen. Nun komm schon. Lass mich nicht betteln.“

Shudder stöhnte leicht genervt auf und sah seinem Gegenüber erneut in die Augen. „In Ordnung.“ Bliss Grinsen wurde breiter.

Der Größere ging vor und Shudder folgte ihm nun bereitwillig.

„Und was hast du jetzt vor?“, fragte der Hotelbesitzer, als er die Zimmertür schloss.

„Komm mit.“ Bliss nahm Shudders Hand in seine, doch dieser zog sie weg. „Keine Sorge. Ich werde dir nichts anhaben. Ich möchte dir nur einen Gefallen tun.“

„Würde ich dein Vorhaben durchkreuzen, wenn ich sage ‚Ich stehe nicht auf Männer‘.“

„Nein. Ich möchte dir lediglich eine Massage zur Entspannung anbieten, mein Freund.“

„Keine Tricks?“

„Was hältst du von mir? Ich war schon immer ein Mann der Ehre und bin es noch. Du hast mich vor meiner Schwester geschützt, da werde ich dir keine Falle stellen.“

„Gut, genau das wollte ich hören. Wo wolltest du mich massieren?“

„Am Rücken, was denkst du den.“

„So meinte ich das nicht.“

„Ich weiß.“

Anton schnaubte genervt und sah den anderen an.

„Am einfachsten wäre es, wenn du dich auf mein Bett legen würdest. Im Liegen entspannt sich die Rückenmuskulatur besser und es ist auch angenehmer, da man nicht aufpassen muss, nicht nach vorne zu fliegen.“, sagte Bliss mit einem sanften Lächeln. Shudder ging an ihm vorbei und Bliss folgte ihm dieses Mal.

Als Shudder direkt vor dem großen Bett stand, machte dieser abrupt auf dem Absatz kehrt. Wieder standen die beiden sich gegenüber. Doch dieses Mal war es Bliss, dem es nicht ganz geheuer war.

Shudder merkte dies und fragte mit einem schelmischen Grinsten: „Mit oder ohne Hemd?“

Darauf war der Große nicht gefasst und starrte ihn fassungslos an. Das Grinsen auf dem Gesicht des Anderen wurde breiter. „Ich würde es ausziehen, dann ist es angenehmer. Wenn du nichts dagegen hast, würde ich etwas Öl verwenden.“

„Ist genehmigt.“

Bliss ging das Öl holen und Shudder knöpfte sein Hemd auf. Bliss kam wieder, nahm Anton das Hemd ab und hängte es über einen Stuhl in der Nähe. Währenddessen hatte sich Shudder aufs Bett gelegt und wartete. Er hörte, wie Bliss die Flasche öffnete und dann sagte: „Ich werde jetzt anfangen. Falls ich zu grob, sein sollte oder irgendetwas anderes sein sollte, sag Bescheid.“

„Du kränkst mich. Du hast mich im Krieg gesehen und du siehst jetzt meinen Rücken. Denkst du, du könntest da so leicht etwas dran kaputt machen?“

„Natürlich habe ich nicht vergessen, in wessen Hotel ich bin und ich habe auch nicht vergessen, wer in meinem Bett vor mir liegt, aber ich weiß auch, wer ich bin und wieviel Kraft ich habe und das hier soll ja nicht in einem Kampf enden. Ich möchte dir etwas Gutes tun.“

„Warum?“

„Kannst du nicht einfach still sein und es genießen?“

„Dann fang an.“

Das ließ Bliss sich nicht zwei Mal sagen und legte seine warmen, großen Hände auf seine Schulterblätter und fing an, das angenehm duftende Öl auf dem gesamten Rücken zu verteilen. Dann begann er die verhärteten Rückenmuskeln zu bearbeiten. Zuerst knetete er sie vorsichtig. Nachdem er positive Resonanz bekam, wurde er mutiger und traute sich mehr Kraft einzusetzen. Seine Hände wanderten zu den Schultern und versuchten die Muskeln dort zu lockern. Doch Shudder wollte sich nicht richtig entspannen.

Bliss beugt sich zu seinem Ohr herunter und flüsterte: „Du darfst dich auch entspannen.“

„Anscheinend machst du etwas falsch.“ Kam es muffig zurück.

„Ach ja?“

„Ja, immerhin soll eine Massage entspannend wirken.“

„Was mache ich deiner Meinung nach falsch?“

„Du bist zu vorsichtig.“

Der Blauäugige hob belustigt eine Augenbraue. „Wenn das so ist, dann sag mir, wie du das findest?“

Fest strich er mit seinen Daumen über die Schultermuskulatur und siehe da, Anton reagierte. Zuerst verspannte er sich weiter. Doch als Bliss seine Bewegung etwas sanfter wiederholte, entspannte sich der Alchemist. Ein Lächeln stahl sich auf das Gesicht des Massierenden.

Er wagte sich weiter vor und fuhr mit seinen Daumen seitlich die Wirbelsäule herab.

Der Hotelbesitzer konnte sich nicht weiter zurückhalten und murrte wohlig auf.

Bliss machte weiter und entlockte ihm weitere wohlige Laute.

„Anscheinend mache ich jetzt alles richtig, oder?“, fragte Bliss amüsiert.

Jedoch bekam er nur einen leisen Seufzer als Antwort.

Damit Anton ihm antworten konnte, stoppte er seine Aktion und erhielt ein grimmiges Knurren.

„Ist ja gut, ich mach ja schon weiter.“, beschwichtigte er ihn und fuhr sofort mit der Massage fort. Er bearbeitete die Seiten der Wirbelsäule weiter und zur Belohnung erhielt er ein zufriedenes Grummeln. Dann widmete er sich dem Nacken. Massierte die seitliche Halsmuskulatur. Die Geräusche, die Shudder von sich gab waren eindeutig und ließen Bliss mutiger werden. Langsam arbeitete er sich wieder den Rücken hinab. Als er in die untere Lendenwirbelgegend kam verkrampfte Anton sich plötzlich. Bliss stoppte und sagte: „Du solltest nicht so viel sitzen. Das tut deinem Rücken nicht gut.“

„Das bring mein Beruf nun mal mit sich. Dagegen kann ich nichts machen.“

„Ich wüsste etwas, das zumindest Linderung verschafft.“

„Lass mich raten: weitere Massagen?“

„Unter anderem. Es scheint, als würde sie dir gefallen.“

„Es gefällt mir ja auch, aber du bist bald wieder weg und wer soll mir denn dann so einen Gefallen erweisen?“

„Da hast du nicht ganz Unrecht, aber vielleicht komme ich dich bald wieder besuchen. Zu den Massagen kann ich dir noch ein heißes Bad empfehlen.“

„Ist das ein Versprechen? Ich habe nicht oft Zeit und Lust mich nichts tuend in eine Badewanne zu legen.“

„Man könnte es so nennen. Würde es dich umstimmen, wenn du eine Beschäftigung im Wasser hättest?“

„Ich nehme dich beim Wort. Das kommt auf die Beschäftigung an. Kannst du mir bei meiner Rückenverspannung helfen?“

„Natürlich, ich bin schon dabei.“

Vorsichtig strich er über die verhärteten Muskeln. Schüttelte den Kopf und legte seine warmen Hände auf die betroffenen Stellen. Er hoffte, dass sich die Verspannung durch die hinzugefügte Wärme lockern würde. Es half auch ein wenig. Dann begann er wieder sanfte Kreise auf der weichen Haut zu ziehen. Lenkte Antons Aufmerksamkeit auf genau die Stelle. Dann packte er etwas beherzter zu und er erhielt ein wohliges Stöhnen. Langsam arbeitete er sich kein kleines Stück weiter nach unten.

Shudder schmolz förmlich unter den großen weichen Händen. Krampfhaft versuchte er, sich ruhig zu halten. Er war es nicht gewohnt so angefasst zu werden. Er war immer der stille Typ von Mann. In der Gesellschaft anderer, vor allem von Frauen, fühlte er sich unwohl. Er war anderen immer misstrauisch gegenüber, er vermutete immer, dass andere ihm etwas anhaben wollte. Deswegen hatte er auch nur sehr selten, jemanden an sich heran gelassen. Doch warum ließ er Bliss so einfach an sich heran? Warum gewährte er ihm jegliches Handeln? Er wusste es nicht. Das Einzige, was er wusste, war, dass sein Körper verrücktspielte, wenn er in der Nähe war. Er konnte es nicht verstehen, warum er sich ausgerechnet ihm öffnete, einem Bekannten, mit dem er so gut wie nie etwas zu schaffen hatte und zu dem auch noch ein Mann. Er hatte immer gedacht, er würde auf Frauen stehen. Doch im Moment zeigte ihm sein Körper das genaue Gegenteil. Es gefiel ihm, wie die Hände des Blauäugigen ihn berührten. Doch er wollte es verbergen. Er wollte es nicht offenlegen. Es war ihm unangenehm und doch wehrte er sich nicht gegen ihn.

Anton war so in seinen Gedanken versunken, dass er nicht mitbekommen hatte, dass der andere aufgehört hatte.

Bliss‘ sanfte Stimme holte ihn in die Gegenwart zurück: „Ich kann nicht mehr für deinen Rücken machen, den Rest musst du selber schaffen. Leg‘ öfter mal Pausen ein und geh ein kleines Stück.“ Der Größere seufzte kurz. „Zudem ist es spät geworden, du solltest dich jetzt schlafen legen.“

„Danke, für deine Hilfe und die Massage. Mal sehen, inwiefern ich deine Ratschläge in die Tat umsetzen kann.“

„Kein Problem, immer wieder gerne.“

Anton setzte sich auf und Bliss reichte ihm sein Hemd. Während der Alchemist sich dieses zuknöpfte, wurde er von Bliss mit einem breiten Grinsen beobachtet. Davon merkte der Andere jedoch nichts, da er mit einem seiner Knöpfe kämpfte.

Ohne ein weiteres Wort schob der Blauäugige seine Hände unter die von Anton und schloss für ihn den bösen Knopf.

„Das hätte ich aber noch selber geschafft.“, grummelte der Hotelbesitzer.

„Mach ich doch gerne.“

Zögernd stand Shudder auf und ging durch das Zimmer. Kurz vor der Tür drehte er sich noch einmal um. Bliss stand direkt vor ihm. Sie sahen sich in die Augen. Anton öffnete den Mund um etwas zu sagen, entschied sich jedoch um und schloss ihn wieder. Bliss legte den Kopf leicht schief und sah interessiert auf ihn herab.

„Also, dann bis Morgen.“ Sagte Anton und griff nach dem Türgriff.

„So lass ich mich nicht abwimmeln.“

Bliss schnappte sich die Schultern des Alchemisten und umarmte ihn. Shudder hatte so eine Reaktion zwar erhofft, jedoch nicht erwartet. Nur allzu gerne erwiderte er die Umarmung. Er schlang seine starken Arme um den ebenfalls starken Rücken und drückte ihn fest an sich. Sein Gesicht vergrub er in dessen feste Brust und atmete seinen Geruch tief ein. Dann seufzte er wohlig auf. Bliss fuhr ihm mit seiner Hand den Rücken auf und ab.

Sie blieben noch ein paar Minuten so stehen.

Bis Bliss sich zu ihm herab beugte und ihm sanft ins Ohr hauchte: „Ich würde das nur allzu gerne wiederholen.“

„Ich auch.“

„Aber jetzt müssen wir beide schlafen. Also träum was Schönes.“ Langsam lockerte er die Umarmung.

Anton sah in an. Sein Gesicht war leicht gerötet und die Tatsache, dass sie beide so nah beieinander standen machte es nicht leichter, diese zu verstecken. Als Bliss dann auch noch die Stirn an seine legte und er in diese blauen Augen sah, war es um ihn völlig geschehen. Vorsichtig legte er eine Hand in den Nacken des Anderen und zog sich etwas hoch um ihn zu küssen. Bliss zuckte überrascht zurück, obwohl Anton ihn mit der Hand in seinem Nacken daran hindern wollte.

Anton ließ ihn los und starrte verlegen zu Boden. Seine Wangen wurden zunehmend roter.

Der Elementmagier legte seine Hand an die Wange des Kleineren und strich mit seinem Daumen über seine Unterlippe. Behutsam hob er sein Kinn an und küsste ihn zaghaft. Shudder lächelte in den Kuss hinein und erwiderte ihn stürmisch. Erneut schlang er seine Arme wieder um den Nacken des Größeren. Bliss schob ihn an die Tür und der Kuss wurde leidenschaftlicher.

Anton drückte leicht gegen den Elementmagier und dieser brach den Kuss, sodass beide zu Atem kommen konnten. Sie sahen sich an und grinsten breit.

Mit einem Ruck nahm Bliss den Kleineren auf den Arm und trug ihn ein Stockwerk tiefer zu seinem Zimmer.

Vor seiner Tür setzte er ihn wieder ab. Er küsste ihn zum Abschied noch einmal leidenschaftlich. Dann war die Zweisamkeit auch schon vorbei. Die beiden waren sehr müde und brauchten ihren Schönheitsschlaf.

Kommst du wieder zu mir?

Antons Wecker klingelte. Schlaftrunken setzte er sich auf und rieb sich die Stirn. Diese war entgegen seiner Erwartungen verhältnismäßig kühl. Er hatte eigentlich erwartet, dass er sich bei Bliss mit der Grippe angesteckt hatte. Ansonsten hätte er doch nicht so merkwürdige Sachen geträumt.

Nie im Leben würde Bliss für ihn etwas empfinden. Das wäre doch absurd und warum zerbrach er sich deswegen den Kopf so sehr? Beide waren gestandene Männer. Beide interessierten sich für Frauen, oder zumindest hatte er das immer gedacht. Jetzt war er sich nicht mehr so sicher.

Anton legte seine Hände an den Hinterkopf.

Wenn es nur ein Traum gewesen war, dann würde die Bewirtung schwierig werden. Es würde ihm seine ganze Professionalität abkosten. Wie sollte er jetzt noch klar denken in seiner Anwesenheit?

Seine Hände finden an seine Haare zu zerzausen. Doch die dadurch erhoffte Weisheit blieb aus.

Aber wenn es nun doch kein Traum war, was würde dieser Abend dann Folgen haben? Wie würde es weiter gehen? Was würde das für das Hotel heißen? In dieser homophoben Welt wäre die Zukunft garantiert nicht rosig. Die Welt war einfach noch nicht bereit für sowas. Jedoch könnte sich das in dieser schnelllebigen Welt rasch ändern. Allerdings war verstecken auch keine Lösung.

Doch bevor Anton sich noch die Haare ausreißen konnte, hörte er die kleine Klingel der Rezeption. Leise fluchend und in Windeseile zog er sich an und ging zur Rezeption.

Dort angekommen sah er Bliss stehen. Abrupt blieb Anton stehen. Mühsam schleppte er sich zu ihm und fragte ihn: „Wie kann ich dir behilflich sein?“

Er versuchte sich dazu zu zwingen, ihm in die Augen zu sehen, jedoch schaffte er es nicht und sah stattdessen knapp an seiner Schulter vorbei.

„Ich muss leider schon abreisen und würde deswegen gerne auschecken.“

„Kein Problem, das haben wir gleich.“

Nachdem das Geschäftliche abgehandelt war, verfielen beide in ein unangenehmes Schweigen.

„Also, dann heißt es fürs erste: Auf Wiedersehen, nicht wahr?“, fragte Bliss mit ruhiger Stimme.

„Ja, außer du möchtest noch länger bleiben.“

„Ich würde liebend gerne länger bleiben, jedoch ruft die Arbeit. Ich muss also gehen.“

„Wirst du bald wieder vorbei kommen?“

„Sobald es sich einrichten lässt, werde ich dich zumindest besuchen.“

Hoffentlich lässt es sich sehr bald einrichten, dachte Anton, jedoch antwortete er nur: „Auf Wiedersehen. Pass auf dich auf.“

„Ich werde es versuchen und du auch auf dich.“

Mit diesen Worten verließ Bliss das Hotel Mitternacht und ließ einen mit sich und der Welt völlig unzufriedenen Anton zurück.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Wenn ihr mich lieb auf Fehler hinweist, bekommt ihr Kekse. *Teller voller Kekse hinstell* Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich weiß, das Kapitel springt ziemlich aus der Reihe, aber naja, warum ich das so gemacht habe, klärt sich hoffentlich im nächsten Kapitel ^^ Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich habe lange überlegt, ob und wie ich Dr. Nye miteinbringe und bin zu dem Entschluss gekommen, ihr als "schlimmst möglichen" Arzt einzubringen. In dem Sinne will Anton mit seiner Wahl Bliss eine auswischen. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Es tut mir leid, aber ich habe es gestern nicht mehr geschafft, das Kapitel fertig zuschreiben. Ob das nächste pünktlich fertig wird, kann ich leider nicht sagen, da ich im Moment sehr viel Stress in der Uni habe und nicht zum Schreiben komme. Bitte habt etwas Gedult und um die Wartezeit zu verkürzen stelle ich euch diesen riesigen Teller voller Schokokekse hin. :) Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (5)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  catgirl13
2016-06-27T15:07:46+00:00 27.06.2016 17:07
Warum so kurz
Antwort von:  Simura
27.06.2016 17:40
Naja, es können ja nicht alle Kapitel lang werden ^^'
Antwort von:  catgirl13
27.06.2016 17:55
Leider
Antwort von:  Simura
27.06.2016 17:57
Die nächsten werden aber wieder länger, keine Sorge :*
Antwort von:  catgirl13
27.06.2016 18:00
Jaaa\( ö )/ :*
Von:  catgirl13
2016-06-22T17:36:33+00:00 22.06.2016 19:36
ICH LIIIIEEEEEBE DIESES FF *-* ❤❤❤❤❤
Antwort von:  Simura
22.06.2016 21:50
aww :3 dankeschön *-*
Antwort von:  catgirl13
23.06.2016 10:29
*3*


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