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Die Nacht im Hotel (Arbeitstitel)

von

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Tee?

Anton Shudder war schweißgebadet und öffnete die Augen. Er zuckte zurück und wollte etwas sagen, da schloss sich eine große Hand um seinen Mund. Er blickte in stechend hellblaue Augen. Er erinnerte sich an den Traum und wollte sich loswinden. Doch der Schock saß ihm zu tief in den Knochen und der Griff war außerordentlich stark. Die zweite Hand des Mannes mit den blauen Augen legte einen Zeigefinger auf seine Lippen und sagte mit ruhiger Stimme: „Ganz ruhig, ich bin nicht hier um Sie zu verletzen. Ich lasse jetzt los. Bewahren Sie Ruhe.“

„Mr. B-Bliss?“

„Ja.“

„Was machen Sie hier?“

„Ich bin für zwei Tage Ihr Gast und wollte mir einen Tee aufsetzen. Möchten Sie auch einen? Sie sehen so aus, als könnten Sie einen vertragen.“

Shudder nickte stumm.

Sie gingen in die Küche und setzten sich eine Kanne Pfefferminztee auf. Anton holte zwei Tassen aus einem Hängeschrank.

„Möchten Sie den Tee mit auf Ihr Zimmer nehmen?“, fragte der Alchemist ruhig.

„Eigentlich, wollte ich mich in den Aufenthaltsraum setzen. Wenn Sie wollen, kann ich aber auch auf mein Zimmer zurückgehen.“

„Das habe ich so nicht gemeint …“

„Ich weiß, Sie sehen aus, als bräuchtest du jemanden zum Reden. Leisten Sie mir doch etwas Gesellschaft.“

„Ich komme schon zurecht.“ Anton schöpfte die Teeblätter aus der Kanne. Dann füllte er beide Tassen. „Möchten Sie Zucker oder Zitronensaft?“

„Nein, danke. Ich trinke ihn pur.“

Shudder trug beide Tassen und Bliss die Kanne. Zusammen gingen sie in den Aufenthaltsraum und setzten sich in gegenüberliegende Sessel. Schweigend saßen sie da und tranken ihren Tee.

Der Alchemist sah auf seine vor ihm zusammengefalteten Hände. Er war tief in Gedanken versunken und merkte nicht, dass er von dem Mann gegenüber genauestens beobachtet.

Die blauen Augen sahen einen übermüdeten, regungslosen Mann, der ein wenig neben der Spur zu stehen schien. Ob das wohl an dem Traum lag? Vielleicht. Wenn er darüber reden wollte, dann würde er es früher oder später machen.

Bliss durchbrach die Stille mit sanfter Stimme: „Ihr Tee wird kalt.“

Shudder reagierte nicht.

Bliss öffnete den Mund um etwas zu sagen, musste jedoch stark niesen. Er schaffte es noch Nase und Mund mit seiner Ellbogenbeuge zu verdecken.

Durch das plötzliche laute Geräusch wurde Shudder aus seinen Gedanken gerissen.

„Gesundheit.“

„Danke.“

„Sie haben sich doch nicht etwa erkältet, oder?“

„Ach was. Ich werde nicht krank.“

„Hört sich aber anders an.“

Bliss sah Shudder direkt in die Augen. „Wissen Sie, was mich interessieren würde?“

„Nein, aber gleich.“

„Was machen Sie, wenn einer Ihrer Gäste krank in seinem Bett liegen würde?“

„Ich würde ihn fragen, ob er noch etwas für seine Genesung benötigt.“

„Sie würden also für ihn die Krankenschwester spielen?“

Für diese Frage bekam er einen verächtlichen Blick zugeworfen.

„Jetzt nehmen Sie doch nicht alles so ernst.“, versuchte Bliss die Lage zu entschärfen und lächelte ihn freundlich an.

„Ich nehme immer alles ernst, dass wissen Sie doch.“, murrte er.

„Themenwechsel, wann haben Sie das letzte Mal gut geschlafen?“

„Super Themenwechsel. Gegenfrage: warum wollen Sie das wissen?“

„Sie sehen ziemlich übermüdet aus.“

Dazu sagte Shudder nichts.

„Die Kanne ist leer. Ich gehe jetzt wieder ins Bett und Sie sollten gucken, dass Sie auch etwas Schlaf abbekommen.“

Bliss stand auf, nahm beide Tassen in eine Hand und wollte nach der Kanne greifen. Doch Shudder kam ihm zuvor.

„Lassen Sie mich das wegbringen und ruhen Sie sich was aus.“

„Vergesst es, Sie sind Gast. Ich räume ab.“

„Das glauben aber auch nur Sie!“

Mit einer schnellen Bewegung schnappte Bliss sich die Kanne aus Shudders Hand und hielt beides über seinen Kopf. Der Kleinere sah ihn ungläubig an.

„Das ist jetzt nicht Ihr Ernst, oder?“

„Doch, ist es. Ich räume das jetzt weg und Sie legen sich schlafen.“

„Das kann ich nicht.“

„Müssen Sie aber!“

Mit diesen Worten ging Bliss mit großen, eleganten Schritten und erhobenen Händen in die Küche. Shudder stapfte finster dreinblickend hinter ihm her.

Der Größere steuerte ohne Umschweife auf die Spüle zu und fing an die Tassen auszuspülen. Shudder gefiel das gar nicht und er versuchte den Anderen davon ab zuhalten. Doch dieser drückte ihn mit Leichtigkeit weg, aber Anton dachte nicht daran aufzuhören. Er versuchte alles Mögliche, um Bliss davon abzuhalten. Dem Blauäugigen machte das nichts aus. Er spülte einfach über seinem Kopf weiter.

Der Alchemist sah seine Niederlage ein und ergatterte sich das Geschirrtuch. Blitzschnell packte er die erste gespülte Tasse, trocknete sie ab und stellte sie weg.

Bliss ließ ihm die Genugtuung des Abtrocknens und sah ihm vergnügt zu. Shudder blickte finster auf die Kanne und stellte sie schließlich weg.

„Machen Sie das nie wieder.“, grummelte der Hotelbesitzer.

„Oder was?“

„Oder ich schmeiße Sie raus.“

„Oho, das will ich sehen.“

„Der Gast hat zwar immer bei mir Vorrang, jedoch reicht es mir jetzt mit Ihnen. Ich geh jetzt wieder schlafen. Gute Nacht.“

„Ich wollte Sie nicht so in Rage bringen. Bitte verzeihen Sie mir. Ich hab es nur gut gemeint. Ihnen wünsche ich auch eine schöne Nacht.“

Anton sah ihn an und nickte. Auf eine Geste verließ Bliss als erster die Küche. Anton folgte ihm.

Der Rest der Nacht verlief glücklicher Weise ruhig.



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