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To See The Sun Means To Avoid The Moon

von

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Hide and See

Der erste Tag mit „richtigen“ Vorlesungen hatte begonnen und ich hatte bisher noch kein bekanntes Gesicht gesehen und war Naruto folglich nicht über den Weg gelaufen. Zumindest bis jetzt, wo eine Pflichtvorlesung anstand, die alle Studierenden des Fachs absolvieren mussten. Ich versuchte gezielt, mich von ihm fernzuhalten und nun, im relativ vollen Hörsaal, konnte ich ihn sofort entdecken, wie er am anderen Ende in einer recht großen Gruppe stand, darunter ein Mädchen mit rosa gefärbten Haaren und ein Kerl mit merkwürdigen Dreiecken auf den Wangen, die besonders auffielen. Alle schienen jedoch zu lachen und das Grüppchen bewegte sich langsam auf die Sitzreihen zu. Auch ich nahm auf einem Sitz platz, kramte alles hervor, was ich zum Zeichnen und vielleicht auch zum Mitschreiben brauchen würde, sah aber weiterhin möglichst unauffällig zu Naruto hinüber, dessen helle, blonde Haare scheinbar alles Licht der Lampen einfingen und leuchteten. Er scheint ziemlich beliebt zu sein … Und in diesem Moment hatte ich ihn bereits abgeschrieben. Ich konnte einfach schlecht damit umgehen, wenn jemand andere Menschen regelrecht anzog und somit in meine unmittelbare Nähe brachte – immerhin versuchte ich möglichst unauffällig zu sein. Ich wollte nämlich niemanden in meiner Nähe! Und egal, wie viele Mädchen oder junge Frauen mich auch ansprachen, bisher hatte ich sie alle abgewiesen. Ich konnte einfach noch nie gut mit anderen umgehen – und die meisten kamen auch mit meiner Art nicht zurecht. Niemand gibt sich die Mühe, andere wirklich zu verstehen.

Just in diesem Moment sah Naruto in meine Richtung. Seine saphirblauen Augen schienen zu mir hinüber, als stünde er direkt vor mir. Das Blau war so intensiv, dass ich einen kurzen Moment elektrisiert erstarrte, dann wandte ich meinen Kopf abrupt zum Klapptisch ab und starrte stattdessen die restliche Vorlesung lang auf den Tisch. Ich fühlte mich ertappt. Ich reagierte viel zu heftig und alles in mir war so ungeordnet ... Er war wirklich anders, das ahnte ich. Und es beunruhigte mich. Es blieb nur zu hoffen, dass Naruto mich einfach ignorierte … oder ich selbst schnell genug verschwinden konnte, um ihm erneut und dann immer wieder zu entgehen.

 

Doch natürlich hatte ich wieder einmal kein Glück. Obwohl ich ihn eigentlich gar nicht richtig kannte - und er mich logischerweise auch nicht – kam er nach der Vorlesung auf mich zu. Ich hatte versucht, schnellstmöglich durch den Flur zu entwischen, doch er fing mich fast direkt hinter der Tür ab. Mehr noch, er ließ die GANZE Gruppe von vorhin einfach stehen und servierte sie somit für mich ab! Dabei wollte ich doch eigentlich unbedingt vermeiden, irgendwie aufzufallen … So zu tun, als hätte ich ihn nicht gesehen, würde nichts mehr bringen, da ich wie zuvor nicht anders konnte, als ihn anzustarren. Ich durfte mir nur nichts anmerken lassen …

Die Gruppe wandte sich zum Großteil schulterzuckend ab, doch die Augen der weiblichen Mitglieder schienen noch immer an mir zu haften, als ich von Narutos wahrhaft atemberaubenden Lächeln geblendet wurde. Jetzt, wo ich ihn aus der Nähe betrachten konnte und er nicht mehr kränklich aussah, musste ich zugeben: Er sah verdammt gut aus. Irgendetwas hatte er an sich, dass mich komplett in den Bann zog und wenn ich es nicht schnellstmöglich finden, benennen und ausmerzen könnte, würde ich ihm erliegen, dessen war ich mir sicher. Es fühlte sich an, als ob er in meinem Brustkorb ein kleines Glöckchen zum Schwingen bringen würde, während der Rest meines Körpers sich verzweifelt darum zusammenzog, um den Klang zu ersticken – ein merkwürdiges Gefühl in meiner Magengegend. Was hatte er an sich, das mich so unruhig machte? Ich wollte ihn aus der Nähe betrachten, das vermeintliche Geheimnis um seine Persönlichkeit lüften und doch gleichzeitig so weit wie möglich von ihm fliehen.

„Hast du ein bisschen Zeit oder musst du wohin?“, fragte er mit einem durchgängig freundlichem Gesichtsausdruck. Ich bemerkte einige Sommersprossen um seine Nase und aus irgendeinem Grund verneinte ich, wenn auch ziemlich emotionslos. Das Grüppchen war inzwischen nicht mehr zu sehen, doch noch immer strömten kleinere Mengen Studenten aus dem Hörsaal, vor dessen Eingang wir noch immer standen. „Na dann, ich lad' dich zum Kaffee ein~“, flötete er, als er auch schon mein Handgelenk gepackt hatte und mich hinter sich herzog. Mein Unterarm überzog sich mit einer Gänsehaut, weil seine Hand so schön warm war und mein - wie immer eisiges - Handgelenk angenehm zur Durchblutung anregte. Die Gänsehaut zog sich in einem Schauder meinen Oberarm hinauf, bis sie nach oben in meinen Nacken verklang. Das ist doch keine normale Reaktion auf Wärme … Ich riss mich also zusammen und beschloss, in Zukunft jeglichen Körperkontakt vorherzusehen und zu vermeiden, mit besonderem Bezug auf Naruto. Selbst einfache, ruhige Nähe war eigentlich immer schon merkwürdig gewesen und hatte nie beruhigend und angenehm auf mich gewirkt.

Grübelnd lief ich Naruto hinterher und kapitulierte letztlich – obwohl es äußerst unangenehm war, dass die Leute uns beide zusammen wohl ... besonders extrem wahrnahmen. Wir fielen auf - und das behagte mir so gar nicht. Er war wie die Sonne und ich ... war wie der Schatten auf dem Mond. Zudem hatte er wohl nicht vor, mein Handgelenk loszulassen, was sehr wahrscheinlich falsche Schlüsse nach sich ziehen würde – ganz gleich, in welche Richtung die gehen mochten. Uns verband bisher nichts, nur eine Tüte Eukalyptusbonbons, die schon längst Geschichte war. Doch ich ahnte etwas ... bald würde sein Licht entweder auf mich abstrahlen oder ich würde darin untergehen ... Ich würde gleißend leuchten und dann darin verschwinden. Wahrscheinlich gnadenlos gemeuchelt von Narutos scheinbar zahlreichen Verehrerinnen. Als er endlich seinen Griff lockerte waren wir bereits in einer der Cafeterien der Gebäude angelangt - und Naruto sprintete auch schon zum Schalter, um zu bestellen, während er mir noch zurief:

"Halt schon mal 'nen Platz freeeeeeeei!~"

Ich setzte mich also langsam und überrumpelt auf den nächstbesten Platz am Fenster und sah nicht wirklich aufmerksam nach draußen. Vielmehr schweifte mein Blick einfach ins Leere, ich war noch immer nachdenklich, grübelte, was er wohl von mir wollen konnte … Warum tut er das? Was hat er vor? Um mich zu beschäftigen kramte ich meinen Bleistift aus dem Vorderfach meiner Umhängetasche und drehte ihn zwischen den Fingern einer Hand.

... Als plötzlich zwei Becher Kaffee vor meiner Nase abgestellt wurden und mir ein Gesicht wie tausend Tage Sonnenschein entgegenstrahlte. Wie konnte er nur die ganze Zeit so fröhlich aussehen? Immerhin sah er auch so aus, als er krank gewesen war.

"Ist alles okay? Du siehst irgendwie deprimiert aus...", sagte er doch tatsächlich. Ich blinzelte ihn an, sah dann zurück auf meinen unsichtbaren Punkt draußen.
 

Ich war nicht deprimiert. Heute war nur wieder einer dieser Tage, wo ich scheinbar nur von einem einzigen Gefühl heimgesucht wurde. Vermissen – oder eben auch Sehnsucht. Auch ergab es für mich keinerlei Sinn, wenn ein Mensch einem anderen ohne Gegenleistung half - oder ihm irgendetwas ohne Erwartung gab. Das hatte ich oft genug von meinem Vater eingebläut bekommen.
 

"Woah, guck mal! Wie niedlich! :3"

Naruto hatte also etwas gefunden, worüber er sich freuen und womit er mich vielleicht ablenken konnte - doch als ich wirklich hinsah, aus reiner Neugier, was sich dort draußen tat, erstarrte ich. Da badete ein kleiner Spatz in einer Pfütze auf dem Dach, direkt neben mir, auf der anderen Seite der Glasscheibe. Sofort griff ich nach der Serviette, die immer bei einem Becher Kaffee dabei war, und fing mit ein paar Strichen die schnellen Bewegungen seiner flatternden Flügel ein, den Umriss der Pfütze, die Spiegelung, die Blätter, die darum verstreut waren und die Gebäude im Hintergrund. Da war etwas Schönes, direkt vor mir und – ich konnte es sehen. Etwas, das mich so sehr ablenkte, dass ich gar nicht bemerkte, wie Naruto sich erhob um mir über die Schulter zu sehen. Als ich allerdings mit dem Gröbsten der Skizze fertig war, bemerkte ich schlagartig seine Präsenz ... direkt neben meinem Gesicht, knapp über meiner Schulter, schwebte sein Kopf und seine unglaublich blauen Augen sahen aufmerksam auf den Fetzen in meinen Händen. Viel zu intensiv registrierte ich, dass er nach Orangen roch … und nach Kaffee, was irgendwie furchtbar gut zusammen passte. Sein Atem streifte leicht meine Schulter und als er leise lachte, rauschte eine Gänsehaut über meinen gesamten Rücken. Bei einem Blick aus dem Augenwinkel fiel mir auf, dass …

Narutos Haut sah so weich aus, trotz der eigenartigen Narben auf den Wangen, dass ich kurz meine Hand vom Tisch löste, in dessen Kante sich meine andere Hand krallte, in dem Impuls, sie unbedingt berühren zu wollen. Ich zog sie zurück, schluckte ein Mal angespannt, wartete ab, bis er von allein wieder Abstand suchen würde. Doch er lächelte immer noch beim Anblick meiner Skizze. Er war konzentriert, betrachtete scheinbar jeden einzelnen Strich eingehend. Mir wurde wirklich warm ...

"Wahnsinn, Sasuke! Das hast du jetzt grade gezeichnet?" Seine Augen leuchteten plötzlich und blitzten mich interessiert an, bevor er bemerkte, wie nah er mir eigentlich war. Und das noch mit zugewandtem Gesicht, weshalb ich nicht anders konnte, als mich ihm ebenfalls komplett zuzuwenden. Mir wurde augenblicklich noch wärmer und ich WUSSTE einfach, dass meine Nasenpartie sowie meine Ohren rot glühten, genau so, wie Narutos Wangen.

... Was ging hier bloß gerade vor!?

Ich hab mir einen Ruck, sah auf die mehr als provisorische Zeichnung in meinen Händen, faltete die Serviette und sagte, so kühl und entspannt, wie es mir nur möglich war: "Eigentlich ... Ist es mir ziemlich unangenehm, wenn Leute mir beim zeichnen zusehen. Ist ja nur Gekritzel ..." Ich beugte meinen Kopf nach unten, sodass mir meine langen Haarsträhnen vorne über die Augen fielen wie Scheuklappen.

Naruto war inzwischen wieder auf Abstand gegangen und saß mir wieder gegenüber. Er sah mich etwas verwirrt an:

"Aber der Vogel sah doch schon richtig gut aus!"

... Schmollte er jetzt ernsthaft!?

"Aber er ist weit weg von fertig."

"Dann zeichne doch weiter! Ich stör' dich auch nicht, versprochen!"

" ... Ich kann nicht."

"Warum nicht?" Er war recht hartnäckig. "Ich würde dir gerne zusehen ..."

"Ich kann aber nicht zeichnen, wenn jemand zusieht!", zischte ich ihn an, dabei wollte ich das gar nicht.

Höchstens minimal eingeschüchtert kam es zurück: "Aber gerade konntest du das doch auch!"

Ich sagt einfach nichts mehr. Ich hatte ihn nicht einmal ausgeblendet, sondern ihn eher einfach gedanklich in meine natürliche Umgebung mit einbezogen ... Daher hatte ich ihn nicht als unangenehmen Fremdkörper empfunden. Das behagte mir so gar nicht, denn das war mir noch nie passiert. Normalerweise musste ich total allein sein, um irgendetwas zu schaffen, doch mit Naruto schienen alle äußeren Einflüsse irgendwie ... an mir abzuprallen. Ich war beruhigt und irgendwie nicht mehr so anfällig für jegliche Art von äußeren Reizen, so wie sonst immer.

"Vielleicht, wenn ich es fertig hab. Und ich Papier da habe." Ich ließ mich selten überreden, deswegen betonte ich das 'vielleicht', doch Naruto lachte sein typisches "Hehe" und grinste vor sich hin, als hätte er einen großen Sieg davongetragen. Als er sich dann zurücklehnte und lächelnd aus dem Fenster sah … auch, wenn ich wirklich nicht gerne andere Menschen außer meinen Bruder und meine Mutter zeichnete – dieses Gesicht wäre es durchaus wert, immer wieder angesehen zu werden.
 

Ein kleines Weilchen saßen wir noch still da, bis ich es kaum mehr aushielt und ihn fragen musste:

"Sag mal, was ist denn eigentlich los, dass du mich zum Kaffee einlädst?" Ich biss mir kaum sichtbar auf die Unterlippe, als er mich überrascht ansah.

"Huh? Wie jetzt?" Er sah mich an, als wäre ich völlig verrückt geworden. "Ich wollte einfach mal mit dir reden, wenn mein Hals auch mitmacht und mich vielleicht ein bisschen für deine Hilfe revanchieren ...", erklärte er mir und kratzte sich leicht an der Wange.

"Sorry, die Frage war ... " Ich ließ den Satz offen, weil mir kein passendes Adjektiv einfallen mochte. Peinliche Stille legte sich kurz über uns.

"Aber das wäre nicht nötig gewesen", murmelte ich leise und meinte damit die Einladung, auch, wenn ein Becher Kaffee nicht wirklich viel war, bedeutete er mir etwas: Naruto erwartete nichts von mir, sondern hatte etwas für mich tun wollen. Er war – aufmerksam. Für sich, für seine Umwelt und für die Menschen um sich herum. Doch scheinbar war ich nicht der einzige, der das bemerkte, denn ich spürte bereits, dass wir beobachtet wurden. Obwohl er wie jemand schien, mit dem man über alles reden konnte, war genau das also nicht möglich, da es dauerhaft zu viele neugierige Augen und Ohren gab, die jedem seiner Worte lauschten.

Naruto lächelte: "Doch. War's."

Ich schüttelte trotzdem meinen Kopf. Wir wurden wieder still, doch dieses Mal war es angenehm und keiner von uns hatte wirklich den Drang, unbedingt etwas sagen zu müssen, bis ...

"Du bist ganz schön ruhig, weißt du das?" Ein Schmunzeln hatte sich in sein Gesicht geschlichen, während er aus dem Fenster in die Ferne blickte, mit seinen Gedanken scheinbar ganz woanders als in der Cafeteria, mir gegenüber. Es machte mich etwas traurig, dass er mich doch kaum wahrzunehmen schien - dabei ...

"Ich versuche, nicht aufzufallen." Ich war heute wirklich überraschend ehrlich, doch als er mir interessiert wieder seine Aufmerksamkeit und seinen warmen Blick aus diesen wunderschönen blauen Augen schenkte, war zumindest diese merkwürdige Bedrücktheit über meinen letzten Gedanken sofort wieder verschwunden. "Sasuke, du bist trotzdem nicht unsichtbar. Für mich jedenfalls nicht." Wieder lächelte er.

"Ich weiß. Aber ich bin auch nur gern allein, nicht einsam." Ich sprach so leise, dass ich dachte, er hätte es nicht gehört. Meine Lippen bewegten sich kaum. Doch er sah mich an, als wäre ich ein Mysterium, dass er erkennen wollte. Kennt er das Gefühl womöglich?

"Du bist wirklich interessant." Ein neugieriges Funkeln in seinen blauen Ozeanen, ein Lächeln, "aber ich fürchte, ich hab dein Vorhaben erfolgreich vereitelt." Natürlich wusste er das. Er bekam instinktiv Aufmerksamkeit - eben genau das, was ich vermeiden wollte. Und trotzdem saß ich immer noch hier, mitten in der vollen Cafeteria, zusammen mit ihm. Ich wollte bleiben und wusste einfach nicht, warum. Vielleicht einfach, weil mir dieses eine Mal nicht alles zu viel wurde.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Haha, geschafft! :3
Da ich eigentlich nur einige Szenen im Kopf hatte, auf deren Basis diese FF entsteht, dauern die einzelnen Kapitel natürlich etwas - immerhin gibt es ja so etwas wie eine Gesamtstory und die will verknüpfte Kapitel sehen ;P

Liebe Grüße ^^ Wenn jemand hier liest xD Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Saga3
2016-06-13T20:26:10+00:00 13.06.2016 22:26
Gesicht, wie 1000 Tage Sonnenschein :3
Naruto is so natürlich beschrieben, offen und freundlich - zum verlieben für jemanden wie Sasuke~ <3 :3
Antwort von:  ChiliCat
14.06.2016 00:04
Naruto soll ja auch wie ein Sonnenblume sein! ♥~
So mag ich ihn persönlich einfach am liebsten >w< ♥
Und es passt super zu kitschigen Geschichten lD wie das hier ja eine werden soll ^^'
Es freut mich, wenn meine Gedanken so rüberkommen :)


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