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Doctor Who - H2, Oh

von

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Episode Drei


 

Episode Drei
 

Mein Schädel brummt und das Laufgitter, auf dem ich zu Boden gegangen bin, hinterlässt unschöne Abdrücke auf meiner Wange, als ich murrend zu mir komme. Durch einen Schleier meiner wirr angeordneten Haare, blinzele ich auf helle Chucks, die von einer blauen Anzughose überdeckt werden.

»Sind Sie noch am Leben?«, höre ich den Doctor fragen und seine Fußspitze stupst leicht gegen meinen Unterarm.

»Ich glaube schon«, gebe ich zur Antwort und streiche mir die Haare aus dem Gesicht.

»Gut«, meint der Time Lord und seine untere Hälfte verschwindet aus meinem Blickfeld. »Sehen wir uns das einmal an.«

Ich rolle stöhnend auf den Rücken herum und betrachte die ausgeleuchtete Decke des Raumschiffes. Wir leben noch. Warum leben wir noch? Der Sturz durch eine derartige Spalte im Vortex hätte uns zerreißen müssen, wie dünnes Pergament. Und dennoch sind wir hier. Atmend, lebend.

Ach, was soll's, denke ich abschließend und setze mich schlussendlich auf. War wohl doch nur ein kleiner Riss, eine klitzekleine Kluft, die uns aufgenommen, aber nicht den Garaus gemacht hat. Herrlich. Und dennoch...

»Der Riss muss verschlossen werden!«, rufe ich aus und sehe hinter mich, wo der Doctor soeben die Tür erreicht hat. »Ich sage Billy Bescheid. Er kann das erledigen.«

Ich krame mein mobiles Kommunikationsgerät hervor und tippe eine Nachricht, die Billy auch zwischen den Welten erreichen sollte. Sehr gut. Ich blicke auf und will dem Doctor berichten, dass mein Versäumnis wieder in Ordnung gebracht wird, blinzele jedoch ins Leere und sehe nur eine offen stehende Tardis-Tür.

»Also schön«, sage ich zu mir selbst und komme auf die Beine. Dann schauen wir doch mal, wie sehr ich es diesmal verbockt habe.

Ich folge dem Doctor ins Freie und bin kurz von der aufkommenden Helligkeit geblendet. Dann ziehe ich ordnungsgemäß die Tür hinter mir zu und sehe mich um. Zuerst bemerke ich den leichten Nieselregen, der in kurzer Zeit schreckliche Sachen mit meinen Haaren anstellen wird. Dann das saftige grüne Gras und die endlosen Weiten, über die es sich unter einem wolkenverhangenen Himmel erstreckt.

Eigentlich ganz schön hier, denke ich und drehe mich um meine eigene Achse.

Dabei bemerke ich, dass wir uns am Rand einer hohen Klippe befinden, weit unter uns rauscht der Ozean und schlägt unerbittlich gegen hunderte von Metern hohe Felswände. Auch der Ozean scheint riesig, verliert sich in der Ferne irgendwo im Dunst der Wolken, verschwimmt mit dem Horizont und gaukelt einem vor, schier endlos zu sein.

Wo sind wir? Welche Zeit? Welcher Planet?

Irgendwo am Rand der Klippe, gute zwanzig Meter entfernt, erspähe ich den Doctor. Er wirkt irgendwie verloren, wie er da so ganz allein steht, in die Ferne blickt und der regengeschwängerte Wind an seiner Kleidung reißt. Ich beginne traurig zu werden, dann dreht er sich, überraschenderweise mit einem leichten Lächeln, zu mir um und winkt mich zu sich.

»Kommen Sie H3, das müssen Sie sich ansehen!«

Ich bin sofort auf hundertachtzig und stampfe einer Dampfwalze gleich auf ihn zu.

»Nennen Sie mich nicht so!«, keife ich, während Nieselregen mein Gesicht benetzt und mich zusätzlich aggressiv macht. »Ich bin doch kein Cyborg, der- Ich werd' verrückt!«

Mein Kiffer klappt nach unten, als ich den entfernten Strand am Rand einer Bucht erblicke. Eine Herde gigantischer Sauropoden schleicht über die Ebene. Allesamt riesig, allesamt gute fünfundzwanzig Meter lang, und allesamt schwerfällig und gemütlich in Ihren Bemühungen den sandigen Untergrund hinter sich zu lassen und die saftigen Hügel der weiten Ebenen zu erreichen.

»Da-da-da-da-das sind Dinosaurier!«, sage ich und erhalte damit den Pulitzerpreis für intelligente Bemerkungen. »Das sind Langhälse!«

»Diplodocus«, meint der Doctor, lässt den Schlaumeier durchblicken und wippt auf seinen Füßen vor und zurück.

»Wir sind auf der Erde«, freue ich mich und kann den Blick nicht von den Echsenbeckensauriern wenden, die in friedlicher Existenz ihren Weg beschreiten. »Kreidezeit?«

»Oberjura«, antwortet der Doctor. »Tithonium oder Kimmeridgium.«

Ich verstehe keine Wort, nicke jedoch und bemerke gar nicht, wie die Minuten verstreichen, wir nur dastehen und diese wundervollen Wesen bei ihrer Wanderung beobachten. Dann drängt sich ein Gedanke an die Oberfläche meines Bewusstseins und ich falle aus allen Wolken.

»Die Titanic!«, rufe ich aus und schlage mir gegen die Stirn.

»Was ist mit ihr?«, fragt mein Gegenüber und dreht seinen Blick langsam in meine Richtung.

»Jemand muss sich um die Titanic kümmern!«, sage ich erneut und tippe bereits wild auf meinem Minicomputer herum. Ein Hoch auf die moderne Technik. »Aber machen Sie sich keine Gedanken. Fin kann das übernehmen. Guter, fähiger Mann. Wundervolle Singstimme.« Ich stecke das Gerät wieder weg und bemerke den verstörten Blick des Doctors. »Hoffen wir nur, dass es kein Fixpunkt in der Zeit war.«

Der Doctor reibt sich den Nacken und ich beobachte, wie sich feine Regenperlen in seinem Haar sammeln.

»Ich verstehe, was Sie sagen«, meint er langsam, als müsste man mit mir reden wie mit einem kleinen Kind. »Aber die Hälfte davon ergibt einfach keinen Sinn. So fühlt sich das also an. Interessant.«

Ich wende den Blick ab, als er den Kopf zur Seite wirft und somit sein feuchtes Haar aus seinen Augen schüttelt. Danach lasse ich unglücklich die Schultern hängen.

»Ich bin eine schreckliche Zeitagentin«, jammere ich und meine damit die zwei Fauxpas des heutigen Tages. »Dad hatte Recht. Ich hätte lieber zu Greenpeace gehen sollen, als hier... - hey!«

Der Doctor packt mein Handgelenk, bearbeitet meinen Vortex-Manipulator mit seinem Schallschraubenzieher und hält ihn kurz darauf in seinen schlanken Händen.

»Ich bewahre ihn nur für Sie auf«, erklärt er und betrachtet das Gerät von allen Seiten.

»Vielleicht auch besser so«, lenke ich ein und reibe mein Handgelenk, weil es sich plötzlich so kalt und leer anfühlt. »Bevor ich mit dem Ding noch einen intergalaktischen Krieg beginne.«

»Woher haben Sie den eigentlich?«, fragt der Doctor und wiegt den Manipulator in seiner Hand.

»Ebay«, sage ich aus einer Laune heraus, weil ich meine Quelle nicht verraten will und beobachte, wie der Doctor Schwung holt und den Vortex-Manipulator in hohem Bogen ins Meer befördert.

»Ääähhh...«, mache ich und mein Blick folgt dem Gerät auf seinem langen Weg nach unten.

»Gar nicht so unwahrscheinlich«, sagt der Doctor in dem Moment, als ich meinen Manipulator aus den Augen verliere. »Den intergalaktischen Krieg, meine ich.«

»Was genau verstehen Sie unter 'aufbewahren'?«, will ich von ihm wissen und finde es gemein, dass er einfach so meine Sachen wegwirft. »Wie soll ich denn jetzt-?«

»Aaach«, würgt er mich ab und steckt seinen Schraubenzieher wieder weg. »Ich bringe Sie mit der Tardis wohin Sie wollen. Dann können Sie ganz schnell wieder andere Zeitreisende durch Löcher zwischen den Welten reißen.«

Reizend, will ich sagen, komme aber gar nicht mehr dazu, da sich tief unter unseren Füßen ein Grollen einstellt und die Erde leicht zu beben beginnt.

Erschrocken halte ich in allem inne, vergesse sogar kurzzeitig zu atmen und warte, was der Doctor wohl dazu sagt. Gar nichts, wie ich nach kurzer Zeit feststelle.

»Keine Sorge«, versichere ich mir daher selbst, bleibe ganz ruhig und warte bis das Beben nachlässt. »Der Urkontinent Pangäa driftet auseinander. In 140 Millionen Jahren ist das hier Nordamerika.«

Ich finde meine Aussage ganz schrecklich plausibel, der Doctor schnalzt jedoch mit der Zunge und schaut überlegend drein.

»Nein«, sagt er abwesend, dreht sich beobachtend um die eigene Achse und meine Theorie löst sich in Rauch auf. »Das hier ist etwas Anderes.«

Ich will gerade vorschlagen, dass wir vielleicht lieber das Weite suchen sollten und irgendwo an einem Strand von Karn ein paar Piña Coladas schlürfen können, als die Erde erneut zu vibrieren beginnt, doch diesmal noch viel heftiger. Erschütterungen von tief unter der Erde reißen urplötzlich einen Spalt in die unberührte Ebene des Hochlandes, ein dumpfes Grollen dringt drohend an die Oberfläche und Spannungen im Gestein unter unseren Füßen, bringen den Untergrund zum Bersten.

»Halten Sie sich fest!«, schreit der Doctor durch den jäh aufgekommenen Lärm, während wir uns kaum noch auf den Beinen halten können.

Ich sehe mich hektisch um und beschließe kurzerhand, mich an das einzig Sinnvolle in unmittelbarer Nähe zu klammern.

»Doch nicht an mir!«, beschwert sich der Doctor sofort lautstark, als ich meine Arme um seine Mitte werfe.

Erbost blicke ich auf und sehe ihn funkelnd an.

»Hier ist sonst nichts!«, gebe ich schallend zu bedenken und bemerke mit Genugtuung, dass er sich im Gegenzug an meinen Schultern abstützt, als er aus dem Gleichgewicht gerät.

Ein Knacken im Gestein lässt nichts Gutes erahnen und reißt uns von den Füßen. Das feuchte Gras unter uns ist erschreckend weich und meine Hände krallen sich Halt suchend in die nasse Erde. Endlos lange Sekunden vergehen, dann ist alles schlagartig vorbei und Stille legt sich über die Szenerie.

Ich sehe nach rechts. Der Doctor sitzt halb aufrecht neben mir und blickt mit blankem Gesichtsausdruck in Richtung Klippe. Ich folge seinem Blick in Richtung Tardis und-

»Oh, bitte nicht.«

Ich blinzele wortwörtlich ins Leere. Kein Felsvorsprung mehr am Rande der Klippe, nur ein zerklüftetes, abgerissenes Kliff, welches den Blick traurig auf den Ozean hinaus lenkt. Aber was noch weitaus schlimmer ist: auch keine Tardis mehr.

Ich bemerke nebenbei, dass der Doctor mich am Ellenbogen packt und mir auf die Bein hilft, dann gehen wir stumm an den unebenen, weggebrochenen Rand und schauen vorsichtig in die Tiefe.

»Ha!«, ruft der Doctor aus und ich erschrecke fast zu Tode, als er die Tardis nur wenige Meter unter uns, verheddert in dickem Wurzelwerk, in der Luft hängend, entdeckt. »Das nenne ich Glück. Mein Mantel ist noch da drin.« Er lächelt mich fröhlich an, doch ich kann seine Begeisterung nicht vollständig teilen und bringe nur ein gequältes Zucken des Mundwinkels zustande. »Wir sollten uns schnell abseilen, bevor-«

Aus den Tiefen des prähistorischen Ozeans unter uns, steigt ein monströses Meerestier steil nach oben, reißt sein gigantisches Maul auf und umschließt damit das heraushängende Wurzelwerk mitsamt Tardis. Mit einem mächtigen Platschen landet es Sekundenbruchteile später wieder in den wogenden Fluten und lässt den Doctor und mich fassungslos zurück.

»Pliosaurus«, sagt der Doctor rein informativ und wir sehen uns derangiert an.

Mein Auge zuckt.
 

~ Ende der dritten Episode ~



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