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Urlaubsreif

Seto x ?
von

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15.2. Sonntag

Das entfernte Klopfen an der Tür riss ihn aus seinen Träumen. Noch nicht ganz wach schwang er seine Beine über den Bettrand und stellte sich auf seine wackligen Füße. Die Augen nur halb geöffnet tapste er quer durch das Wohnzimmer zum Flur und der Haustür, obwohl das Klopfen von dort mittlerweile verstummt war. Vorsichtig drückte er die Klinke runter und öffnete. „Morgen“, begrüßte er die unscharfen Konturen der Person, die immer mehr wie Yuki aussah.

„Guten Mittag. Ich wollte Ihnen nur kurz Ihr Essen vorbeibringen. Kartoffelsuppe, separat dazu selbstgebackenes Brot und als Nachtisch ein Soufflé.“

Allmählich bekam er die Augen komplett auf. Dass er nur in Pyjama und barfuß vor ihr stand, schien sie wenig zu irritieren und er war sich seines Zustands noch nicht bewusst geworden. Dafür beschäftigte ihn etwas anderes. „Macht ihr heute Mittag etwas Besonderes oder warum bringst du das Essen schon so früh?“ Er unterdrückte ein Gähnen. Wie war er eigentlich in sein Bett gelangt?

„Früh?“, entgegnete Yuki fassungslos. „Wir haben bereits 1 Uhr durch. Der Chef randaliert seit halb 12, weil Shin das Frühstück hat ausfallen lassen. Deswegen sollte ich mich auch jetzt beeilen zurück zu kommen, weil die anderen auf mich mit dem Essen warten.“ Sie drückte ihm die Kiste in die Hand und wartete seine Reaktion nicht mehr ab, bevor sie den Waldweg einschlug, der zum Hauptgebäude führte. Verdutzt blieb Seto noch eine Weile in der offenen Tür stehen.

Drinnen ging sein erster Blick Richtung Uhr. Tatsache! Aber wie konnte er nur so lange geschlafen haben? Da er noch keine Hunger verspürte, begab er sich zuerst ins Bad. Vielleicht half ihm ja eine schöne Dusche, um seine Gedanken etwas zu ordnen und sich endlich daran zu erinnern, was geschehen war, nachdem Cian, Hans und Matt „All for Love“ zum Besten gegeben hatten. Zu dem Zeitpunkt war es gerade erst elf gewesen. Keine Uhrzeit für ihn, arbeitete er doch regelmäßig bis um drei oder vier Uhr morgens.

Frisch geduscht und angezogen warf er einen Blick in die Kiste. Es wollte sich immer noch kein Hungergefühl bei ihm einstellen, doch musste er gestehen, dass er schlecht widerstehen konnte. Das Brot war seit nicht mal einer Stunde aus dem Ofen und am liebsten hätte er sich sofort über den Nachtisch hergemacht. Doch musste er auch an seine Figur denken, die bestimmt am Vortag gelitten hatte – eigentlich die gesamte erste Woche seines Urlaubs mit ein paar Ausnahmen. Also machte er den Deckel wieder drauf und entschied sich dafür, noch eine Stunde zu warten und stattdessen runter ans Wasser zu gehen, in der Hoffnung die frische Luft würde ihn hungrig machen.
 

Tief sog er den Geruch des Meeres ein und lauschte den Wellen, die sich kurz vor dem Flutsaum brachen. Ein ewiges Rauschen, dem es gleichgültig war, ob er nun am Strand stand oder nicht, ob er sich in die Fluten stürzte, ob er überhaupt zu hörte. Einfach nur ein Rauschen aus sich selbst heraus. Das Licht war nach wie vor fahl und der Himmel bewölkt, so dass sie See keine andere Möglichkeit hatte als grau zu wogen. Er hätte noch nicht einmal sagen können, ob das Wasser hier klar war oder trüb von zig Schwebeteilchen und kleinen Tieren. Doch je länger er hinaus blickte auf den Horizont, desto stärker machte sich eine unglaubliche Ruhe in ihm breit. Seine Firma schien Welten entfernt, der vorherige Abend auch, selbst die Sorgen um Mokubas Zukunft schrumpften in sich zusammen. Es existierte nur noch dieser unglaublich lange Moment, der Himmel und das Meer. Nicht Licht, nicht Schatten. Nur dieses Zwielicht, in dem er sich sein ganzes Leben lang bewegt hatte. Plötzlich merkte er, dass es heller wurde. Die Wolken waren ein wenig lichter geworden. Was machte er eigentlich hier? Seit wann war er so philosophisch? Er war doch gerade erst eine Woche im Urlaub und dennoch schien er ein vollkommen anderer zu sein. Er machte etwas ohne Hintergedanken, nur um anderen eine Freude zu bereiten. Er lächelte andere Leute als seinen Bruder an. Er fand genug Ruhe, um bis in den Tag hinein zu schlafen. Licht. Wahrscheinlich war es Zeit, sich für eine hellere Nuance des Zwielichts, das ihn umgab, zu entscheiden, auch wenn es gleichzeitig einen Sieg für Schwarz bedeutete. Lächelnd blickte er auf den Horizont von dem aus das Wetter sich zu bessern schien.
 

Zögernd stand er vor dem Soufflé. Er war satt und dieser Nachtisch würde ihm allein zum Genuss dienen, aber irgendwie hatte er das Gefühl, es würde etwas dazu fehlen. Sein schlechtes Gewissen wegen des schmutzigen Geschirrs konnte es nicht sein, denn das hatte er bereits vor einer halben Stunde abgespült, sobald er mit der Suppe fertig gewesen war. Mit einem letzten kritischen Blick auf die süße Verführung trat er an die Kontrolleinheit heran und drückte die Kochmütze.

„Guten Abend. Was kann ich für Sie tun?“, wollte Shin wenige Sekunden später wissen.

„Abend. Habt ihr einen trockenen Rotwein, der zum Soufflé passen würde?“

„Das haben Sie immer noch nicht gegessen?“ Er klang mehr als überrascht, gewann aber schnell seine Fassung zurück – vermutlich auch, weil ihm wieder einfiel, mit wem er da sprach – und antwortete deutlich ruhiger: „Müssten wir da haben. Kann aber eine Weile dauern, weil ich erst nachfragen muss. - Vom Wein halte ich mich in der Regel fern. Sind zwanzig Minuten Wartezeit okay? Immerhin hat das Soufflé bis jetzt überlebt.“

Seto erwischte sich beim Schmunzeln. „Ja. Passt.“ Eine Nuance heller fühlte sich gut an. Üblicherweise wäre er bei zwanzig Minuten Wartezeit an die Decke gegangen, hätte sich den Manager holen lassen und sich im Nachhinein über seine dadurch entstandenen Kopfschmerzen aufgeregt, doch nun blieb er gelassen. Nun waren es zwanzig Minuten, in denen er den Dekanter auf die Arbeitsplatte in der Küche stellte und sich einen der Bildbände schnappte, um ein bisschen zu Blättern.

Dennoch schreckte er hoch, als die Tür zum Wohnzimmer geöffnet wurde. Die Person war gänzlich schwarz gekleidet und trug einen Koffer aus Stahl. Der Businesslook wurde nur von den schwarzen Pantoffeln an ihren Füßen gestört, nicht jedoch die insgesamt elegante Erscheinung. Schnell schlug er das Buch zu und erhob sich.

„Ich hoffe, Sie verzeihen mir, dass ich einfach hier so reinplatze“, entschuldigte sich der Hotelmanager mit einem charmanten Lächeln. „Doch ich kann es leider nicht zulassen, dass dieser Wein alleine getrunken wird.“ Wie selbstverständlich schlenderte er, gefolgt von Seto, zur Küche hinüber und öffnete dort den Koffer. Zwei Flaschen Wein und zwei große Gläser kamen zum Vorschein, gefolgt von einem Korkenzieher. „Ich schlage vor, dass wir mit diesem Wein hier beginnen“, er hielt Seto kurz eine der beiden Flaschen hin, bevor er den Korkenzieher ansetzte, „da Shin meinte, Sie möchten ihn zum Soufflé genießen.“ Die Flasche war offen und er drückte ihm den Korken zum Riechen in die Hand, während er selbst den Wein in den Dekanter umfüllte. „Nur leider sollte er mindestens eine halbe Stunde atmen.“

Seto wusste immer noch nicht wie ihm geschah. „Was machen Sie hier?“, fragte er, als er endlich seine Stimme wiedergefunden hatte.

„Darf ich mich vorstellen“, verschmitzt huschte ein Lächeln über seine Lippen bei der nun angedeuteten Verbeugung. „Ich bin der Sommelier dieses Hotels. Und bedauerlicherweise passt am besten zu Ihren Wünschen für heute Abend ein Wein, den ich mir selbst für später heraus gesucht hatte. Daher lautet mein Vorschlag, dass wir ihn uns teilen, denn leider ist das die letzte Flasche davon, die wir im Haus haben.“

Seto überlegte kurz und antwortete dann schlicht: „Einverstanden.“ Allerdings fiel ihm als nächstes seine Beobachtungen und die Kommentare von Yuki ein, weswegen er nach fasste: „Aber das Soufflé wird nicht geteilt.“

„Selbstverständlich nicht. Ich würde vorschlagen, Sie machen es sich mit ihrem Nachtisch bequem und ich kümmere mich um den Rest.“

Brav folgte Seto der Empfehlung und setzte sich auf die Couch, auf der er nun schon einige Stunden seit Urlaubsbeginn verbracht hatte und beobachtete den anderen Mann, der sich wie selbstverständlich im Wohnzimmer und der Küche bewegte. Mehrere kleine Untersetzer landeten auf dem Tisch, darauf die Gläser. Das Licht wurde gedimmt und Kerzen in kleinen, hübschen Glasschalen dazu gestellt. Zum Schluss trat er an die Kontrolleinheit heran und wählte die Musik. „Klassik?“, entfuhr es Seto überrascht. „Ja. Oder hätten Sie lieber etwas anderes? Sie brauchen es nur sagen und ich suche etwas anderes heraus.“ Der Hotelmanager wirkte leicht erschüttert, dass er mit seiner Musikwahl hatte daneben liegen können. „Nein, Klassik ist in Ordnung. Ich war nur überrascht, weil Sie nicht wie jemand wirken, der solche Musik oft hört.“ Eigentlich wirkte er sehr wohl wie so jemand, doch er hatte sich von den blonden Haaren irritieren lassen, die durch das weichere Licht noch mehr zur Geltung kamen und ihm regelrecht entgegen geleuchtet hatten bei der Einstellung der Musik. Wider Erwarten folgte daraufhin kein weiterer Kommentar, sondern das leise Geräusch, wenn sich jemand auf einen Sessel niederließ. Verglich man dieses Verhalten mit dem keine 24 Stunden zuvor, hätte man sagen können, er wäre auf Distanz gegangen, aber so hatten sie jetzt einen Vorteil, den sie nicht gehabt hatten. Sie konnten sich bequem ansehen. Eine Weile schwiegen sie und lauschten einfach nur dem aufgenommenen Orchester, das die „Moldau“ interpretierte, bis der Blick des Hotelmanagers auf Setos Lektüre fiel.

„Hotelinterieur? Sie interessieren sich für Fotografie?“, fragte er mit einem Hauch von Überraschung in der Stimme, sonst klang er einfach nur nach seichtem Smalltalk.

„Ein wenig. Ich reise viel geschäftlich und kenne mittlerweile eine ganze Reihe von Hotels, aber die Art der Darstellung in diesem Band hat etwas an sich, dass mich fast wünschen lässt, mehr Zeit in den Häusern zu verbringen als nur zum Schlafen.“

Der andere nickte wissend und nahm seine Vorlage auf: „Es hat wirklich etwas für sich, sich länger in diesen Häusern aufzuhalten. In ein paar der abgebildeten Hotels habe ich auch schon gearbeitet. In einem hielt ich selbst nach Monaten immer noch die Luft an, wenn ich im Foyer auf die Treppe nach oben sah.“ Er wandte kurz den Blick ab, um in Gedanken zu schwelgen. Umso unerwarteter traf Seto sein Blick und die darauffolgende Frage: „Haben Sie bereits ein Lieblingsbild?“

Zu seiner eigenen Verwunderung antwortete er wahrheitsgemäß: „Es ist ziemlich in der Mitte“ Er nahm den Band in die Hände und blätterte bis zur entsprechenden Stelle. „Der junge Mann vor der Bar.“ Er drehte ihn so herum, dass der andere problemlos von seinem Sitzplatz aus, das Bild betrachten konnte.

„Stimmt, das ist sehr gelungen. Es zeigt im Übrigen einen Arbeitskollegen von mir, der sich um die Drinks gekümmert hat, während mein Metier der Wein war.“ Setos Blick, der ebenfalls dem Bild gegolten hatte, schoss nach oben in das fremde Gesicht. Der Typ wusste etwas über sein Hündchen? Unbemerkt von ihm selbst hielt er die Luft an. „Leider habe ich ihn nach meiner Zeit dort schnell aus den Augen verloren. Das war kurz nachdem ich anfing das Konzept für dieses Hotel hier auszufeilen.“ Er gluckste freudig und übersah dabei Setos enttäuschten Gesichtsausdruck. „Wussten Sie, dass das zweite Bild mit ihm nur entstanden ist, weil er eine Wette gegen die Fotografin verloren hatte?“

Seto schüttelte den Kopf. Mit Worten verneinen konnte er noch nicht, zu sehr hatte er sich auf Informationen über das weitere Leben des Abgebildeten gefreut. Doch wollte er auch nicht zugeben, dass er ihn persönlich gekannt hatte. Wen dieser sich weiterhin so benommen hatte wie in der Schule, würde das ein falsches Licht auf ihn werfen. Die Anekdote hörte er zwar, ließ sich jedoch nicht auf ihre Worte ein und klappte den Band einfach wieder zu, womit auch das Gespräch verebbte.

Es folgte wieder eine Weile des Schweigens zwischen ihnen, während der nur die Musik zu hören war. Dann erhob sich der schwarz gekleidete und kam aus der Küche mit dem Dekanter zurück. Er goss den Wein nur in die unteren zwei Zentimeter der Gläser und fasste seines elegant am schlanken Stiel, während er sich erneut setzte und darauf wartete, dass es ihm Seto gleich tat. Still prostete er ihm daraufhin zu und nahm einen kleinen Schluck. Seto folgte seinem Beispiel und verstand augenblicklich, weshalb er genötigt worden war, die Flasche zu teilen. Der Wein war hervorragend. Doch vorerst stellte er das Glas wieder ab und griff nach der Kuchengabel und dem Soufflé. Während er aß und ab und zu an dem Wein nippte, herrschte weiterhin Stille zwischen ihm und seinem unerwarteten Gast. Dieser hatte sich nach hinten in den Sessel fallen lassen, blickte leicht hinauf zur Decke und … Seit wann war „Nessun dorma“ ein Duett? Glücklicherweise hatte er fertig gegessen und auch das Glas nicht in der Hand, denn ihm stand der Mund offen, während sein Gegenüber textsicher und fehlerfrei leise vor sich hin sang, dabei verträumt die Augen halb geschlossen.

„Wirklich ein Glanzstück Pavarottis“, flüsterte er ehrfürchtig nach den letzten Tönen, als aus den Lautsprechern etwas rein instrumentales erklang. „Und eine wundervolle Oper“, fuhr er etwas lauter fort, sich aufrichtend. „Ein Held, der die Rätsel seiner eiskalten Angebeteten löst, ihr dann die Wahl über sein Leben lässt und sie schließlich ihrem Vater statt seines wahren Namens, der ihr die Ehe mit ihm ersparen würde, sagt, sein Name sei Liebe.“ Er ließ Seto kurz Zeit etwas zu erwidern, doch dem war es bei den Worten „eiskalten Angebeteten“ ganz anders geworden. Natürlich kannte er dieses Werk von Puccini, doch noch nie hatte er sich der Prinzessin ähnlich gefühlt. So ließ er den Moment für die Aufnahme des Gesprächsfadens vergehen, was dem anderen die Chance für einen Themenwechsel gab.

„Apropos Rätsel. Wir bekamen gestern Abend noch Besuch.“

Nur mühsam konnte Seto seine Aufmerksamkeit auf dem Mann im Sessel fokussieren.

„Dieser Besuch war so freundlich, etwas vorbei zu bringen, hat uns aber leider nicht gesagt, wem wir das Geschenk zu verdanken haben.“ Ein diabolisches Grinsen schlich sich auf dessen Lippen. „Es ist eine Sache, zu wissen, dass man Matt die Schokolade mit Fudge und Cian die mit Ahornsirup geben muss. Das wusste Katze alleine. Doch es ist eine andere, richtig zu liegen bei meiner Lieblingssorte und dann seine Identität zu verheimlichen.“ Woher auch immer zauberte er eine Tafel dunkler Schokolade hervor, auf deren Papier eine kleine schwarze Katze abgebildet war. Laut Beschriftung waren ihr Chilli und roter Pfeffer beigefügt. Seine Züge wurden sanfter, als er in Setos vor Schock versteinertes Gesicht sah. „Vielen Dank. Die meisten liegen bei meiner Lieblingssorte komplett daneben und ich steh dann da und darf mich für weiße Schokolade mit Kaffee oder viel zu süße Vollmilchschokolade bedanken. Sie dürfen sich gerne bedienen.“ Er packte die Tafel aus, brach sich ein großes Stück ab und schob sie dann quer über den Tisch auf ihn zu.

Verwirrt nahm er sich ebenfalls ein Stück und wollte dann wissen: „Wie kommen Sie darauf, dass die Bestellung hierfür von mir war?“ Er vernahm ein lautes herzhaftes Lachen.

„Nennen wir es Intuition. Und jetzt probieren Sie endlich – sonst komm ich mir das Stück holen.“

Für einen kurzen Moment überlegte er, ob er es darauf ankommen lassen sollte, entschied sich dann aber für die Schokolade. Vorsichtig knabberte er an einem kleinen Stück. „Verschickt sie auch?“, war das erste, was er nach dem vollständigen Verzehr wieder von sich gab.

Der Hotelmanager musste schmunzeln. „Ich lass die Leute normalerweise für sich selbst sprechen. Aber in ihrem Fall denke ich, würde sie einfach wieder sagen, dass es darauf ankäme, an und für wen. Aber seien Sie bitte vorsichtig mit den bestellten Mengen. Schließlich führt sie den Laden vollständig allein und produziert auch ausschließlich selbst.“

„Aha“, meinte Seto schlicht und schielte dabei zur Tafel, die verlockend auf dem Tisch lag. Konnte er es wagen, sich ein weiteres Stück zu nehmen – ein ganz kleines versteht sich. Denn eigentlich war es ja sein Geschenk an den Hotelmanager gewesen. Sein Rateglück hatte er der Erinnerung an den roten Schal oberhalb des Mantelkragens am Dienstag zu verdanken und nie hätte er geglaubt damit so ins Schwarze zu treffen. Schlanke, große Hände griffen nun nach der Schokolade und brachen ein Stück ab, das sie ihm einfach so in die Hand legten, bevor sie ebenfalls etwas nahmen und sich ihr Besitzer wieder entspannt in den Sessel zurücklehnte.
 

Als er endlich im Bett lag, sah er im Dunkeln an die Decke hoch. Er versuchte sich zu erinnern, doch wollte ihm beim besten Willen nicht einfallen, wann er sich das letzte Mal mit einer Person außer Mokuba so gut unterhalten hatte. Eine Weile noch hatten sie über Schokolade gesprochen, dann über Wein, klassische Musik, weitere Fotos, bereichert um die Erklärung wo genau sie aufgenommen worden waren, … Und irgendwie war so der Abend einfach an ihm vorbei geflogen. Sie hatten tatsächlich die zweite Flasche Wein noch aufgemacht und auch geleert. Sie hatte deutlich besser zu der Schokolade gepasst, die sie auch vollständig aufgegessen hatten. Zwischendrin hatte er abgespült, während der andere an der Arbeitsfläche lehnte und ihm erzählte wie er einmal mit dem Küchenjungen verwechselt worden war – ein Missverständnis, dass sich erst hundert Teller und zweihundert Tassen später aufklären ließ. Das Einzige, das diesen Abend gestört hatte, war der Aufbruch seines Gastes gewesen, nachdem sie beide mehrmals hintereinander in kurzen Zeitabständen gegähnt hatten. Sein vom Wein leicht benebelter Verstand hatte nicht verhindert, dass er ihm vorschlug, doch zu bleiben – das Bett sei groß genug für zwei. Er hatte nur entschuldigend gelächelt und sich dann die Schuhe zugebunden. Jedoch hatte er ein Versprechen oder vielmehr eine vage Hoffnung. Bereits auf der Türschwelle hatte der andere sich noch einmal umgedreht und gemeint, er würde – falls er denn Zeit fand dafür - nachmittags vorbei schauen und mit ihm etwas spielen, er sei ein ganz passabler Kartenspieler. Seto war danach wieder ins Wohnzimmer zurückgekehrt. Die Kerzen waren ausgepustet, die Musik war auch nicht mehr zu hören. Er hatte noch fragen wollen, welche Playlist das gewesen war, doch seltsamerweise hatte er es dann vergessen. So blieb ihm nichts anderes, als leicht schwankend sein Bett anzusteuern, sich umzuziehen und dann ein zu kuscheln.

Jetzt hatte er es! Das letzte Mal war vor über zehn Jahren gewesen mit ... Doch da schlief er auch schon tief und fest.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Alistor
2020-08-10T08:26:55+00:00 10.08.2020 10:26
Oh was für ein überraschender Besuch
Und alles so harmonisch

Ich hätte am liebsten den Wein mitgetrunken
Und die Schokolade... ich mag süß und scharf zusammen sehr gerne
Die Musikauswahl fand ich auch sehr stimmig, muss aber sagen, dass es mir komisch vorkommt, dass Seto soo blind ist, WER vor ihm sitzt. Ob er das überhaupt raus findet wird langsam fraglich

Ich freue mich schon auf das nächste Kapitel :)
Von:  Onlyknow3
2015-07-24T14:50:57+00:00 24.07.2015 16:50
Das war ja mal wieder so gegen Setos Charakter sich so zu benehmen. Das er sein Hündchen genau vor ihm saß heute und er es wieder nicht realisiert hat lässt vermuten, das sich Joey immer noch unter Kontrolle hat. Ob sich das noch ändert bis Setos sein Urlaub vorbei ist? Ob Mokuba weiß das Joey das Gelände mit dem Hotel gehört? Bin gespannt was noch weiter passiert. Mach weiter so, freue mich auf das nächste Kapitel.

LG
Onlyknow3
Antwort von:  flower_in_sunlight
29.07.2015 21:04
- dafür, dass T.-chan schon gemotzt hat, der Chef könne o.c. sein...

Und nein, Mokuba weiß nicht wirklich viel über das Hotel, auch wenn er mit Martine befreundet ist.
Von:  Niua-chan
2015-07-23T21:48:50+00:00 23.07.2015 23:48
Ein schönes Kapitel, ich fand es wirklich niedlich und konnte mir bildlich vorstellen wie Seto völlig überrumpelt dasteht und den Hotelmanager ansieht der wie selbstverständlich das Zimmer für sich einnimmt^^
Auch das Seto mit der Schokolade richtig lag fand ich toll und es musste echt etwas viel Weins gewesen sein wenn er jemanden bittet über Nacht zu bleiben auch wenn es bloß platonische gemeint war.
Antwort von:  flower_in_sunlight
29.07.2015 21:04
^^


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