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On my Way

von
Koautor: abgemeldet

Vorwort zu diesem Kapitel:
Nach längerer Pause (*abgemeldet böse anguck*) kommt hier endlich das dritte Kapitel :) Ich danke euch vielmals für die Kommentare bisher und hoffe, dass ich es irgendwann auch mal schaffe zurückzuschreiben >.<"
Ich werde auch bald einen Glossar anlegen - danke an Lhasbelin für den Vorschlag - und eine Übersicht der Fraktionen. Wann genau kann ich noch nicht sagen, aber spätestens im Februar, da hab ich ohnehin frei.
So, genug Gelaber, viel Spaß bei Kapitel 3 :) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Nach über einem Jahr hab ich es endlich geschafft Kapitel 4 zu vollenden. Es war ein langer Weg bis hier xD
Zudem hab ich es endlich geschafft eine Beschreibungsseite anzulegen, für alle, die Divergent nicht kennen um ihnen einen kurzen Überblick zu verschaffen :)
Viel Spaß! :D Komplett anzeigen

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Dauntless..really?!

Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass die Zeit mehr als knapp bemessen war. Meine Finger trommelten nervös auf der Armlehne. Wenn ich den Anschlusszug verpasste, müsste ich wieder hundert Jahre auf den nächsten Zug warten und darauf hatte ich wirklich keine Lust. Warum musste das auch immer mir passieren?

»Nächster Halt: Bischofshofen. Anschlusszug nach Salzburg Hauptbahnhof am Bahnsteig 3.«

Gut, dass ich nur mit dem Rucksack unterwegs war. So wie ich mich kannte, würde ich mir bei dem Marathonlauf von Bahnsteig 9 zu 3, sonst nur das Genick brechen. Ich stand auf, schulterte meinen Rucksack und seufzte tief. Ich hasste umsteigen.

Die Tür ging auf und ich stolperte sehr elegant die Treppe hinunter auf den Bahnsteig. Ein kurzer Orientierungsblick und schon ging der Wettlauf gegen die Zeit los. Immer zwei Stufen auf einmal nehmend lief ich zum Bahnsteig hinauf. »Halt! Wartet auf mich!«, keuchte ich und beschleunigte meine Schritte. Ich sprang in den Zug hinein und lehnte mich schwer atmend gegen die Wand.

Geschafft.

Wie auch immer das möglich war.

Der Zug fuhr los und gerade als ich mir einen Platz suchen wollte, bremste er ab. Ich stolperte über meine eigenen Füße und landete unsanft auf meinem Hinterteil. Genervt stöhnte ich auf und rieb mir den Kopf, den ich mir an einem der Sitze angeschlagen hatte.

»Alles okay, Lea?«

Ich sah auf und vor mir stand ein Mädchen mit pinkem Irokesenschnitt. Ich war mir ziemlich sicher, dass ich das Mädel noch nie zuvor gesehen hatte - sie wäre mit eindeutig aufgefallen.

»Hallo? Erde an Lea? Beeil dich, wir müssen gleich raus.«

Etwas verwirrt ließ ich mir von ihr aufhelfen. Ich war doch gerade erst eingestiegen? Schnell blickte ich mich um.

Das war eindeutig nicht der Zug nach Salzburg.
 

»Kommst du, oder was?«

Das Mädchen stand bereits an der offenen Zugtür und auch wenn ich meine Zweifel hatte folgte ich ihr. Es blieb mir ja nichts anderes übrig, schließlich hatte ich keine Ahnung wo dieser Zug hinfuhr - und in Dschibuti landen? Nein danke. Ich blickte mich noch einmal kurz um - es sah so aus als wäre das eine Art Güterzug oder so. Ich trat neben das Mädchen und der Fahrtwind tat gut auf der Haut, mir war einfach nur heiß. Das Mädchen hatte gesagt, dass wir gleich aussteigen müssten, doch der Zug wurde nicht wirklich langsamer. Eine ungute Befürchtung bahnte sich an und ich war auf das Schlimmste gefasst.

»Ich wette ich springe weiter als du«, grinste das pinkhaarige Mädchen und klopfte mir auf die Schulter als sie von der Tür wegging um Anlauf zu nehmen. Ich schluckte schwer. Wo war ich da nur hineingeraten? Sie nahm Anlauf und sprang wirklich aus dem Zug. »Oh Gott, oh Gott, oh Gott. Das ist mein sicheres Ende…« Ich fuhr mir durch die Haare und ging ein Stück von der Tür weg.

Ohne allzu genau darüber nachzudenken lief ich auf die offene Zugtür zu und stieß mich mit den Füßen fest ab. »Das ist doch total bescheuert!«, quietschte ich. Wundersamerweise schaffte ich es irgendwie auf den Füßen zu landen. Ich stolperte ein paar Schritte nach vorne und fiel ins Gras. Im letzten Moment hielt ich mir die Hände vor´s Gesicht - bei meinem Glück würde ich mir die Nase auch noch brechen.

Ich hätte heute Morgen wirklich nicht aufstehen sollen…
 

»Komm schon, zum Schlafen hast du in der Nacht genug Zeit.«

Ohne aufzusehen wusste ich, dass das Mädchen wieder neben mir stand. Erneut fragte ich mich wo ich da nur hineingeraten war. Mit einem leisen Seufzen stand ich schließlich auf. Ich räusperte mich kurz und sah sie an. Sie warf mir einen abwartenden Blick zu. Sie schien mich zu kennen, aber ich hatte echt keine Ahnung, wer sie war.

»Wo gehen wir hin?«, fragte ich schließlich, um irgendetwas zu sagen.

Ihre Augen wurden groß und sie brach in schallendes Gelächter aus. »Na in die Schule, du Dummerchen. Mal ehrlich, du hast dir den Kopf ziemlich angestoßen, was?« Sie warf mir einen komischen Blick zu, den ich nicht richtig einschätzen konnte und wollte. »Ja… sieht ganz so aus«, sagte ich nur mit gerunzelter Stirn und folgte ihr.

Schule? Was sollte der Spaß denn nun schon wieder? Ich hatte seit zwei Jahren meine Matura und mein Praktikum hätte ich erst in ein paar Jahren, was wollte ich also in der Schule? Ich sah an mir hinunter und merkte erst jetzt, dass ich ganz in schwarz gekleidet war. Das war nun wirklich komisch. Obwohl ich zugeben musste, dass die Lederjacke, die ich trug, ziemlich cool war.

Das Mädchen war in einen leichten Laufschritt gefallen und auch wenn ich für heute schon genug gelaufen war, tat ich es ihr gleich. Ich wollte sie nicht noch misstrauischer machen, als sie wahrscheinlich ohnehin schon war. Ich lief ein paar Schritte hinter ihr und hatte nun die Gelegenheit sie zu mustern. Auf dem schwarzen Rucksack, den sie sich locker über die linke Schulter geworfen hatte, war groß das Wort ›Kelly‹ hinaufgestickt. Auch wenn ich zuerst an Chips denken musste, nahm ich an, dass das ihr Name war.

Oder der ihres Hundes.

Oder ihrer Katze.

Oder ihres Rucksackes.

Oder was auch immer.

Irgendetwas bedeutete er auf jeden Fall.

Ich beschleunigte meine Schritte und lief nun - schwer schnaufend - neben ihr her. Vor uns ragten hohe Gebäude in die Luft. Einige waren zerstört und ziemlich heruntergekommen. Andere waren sogar ziemlich schön. Ich nahm an, dass das Gebäude vor uns die Schule war, denn sonst war nichts Zumutbares in nächster Nähe. Andererseits würde es mich inzwischen auch nicht mehr wundern, wenn ich in irgendeinen heruntergekommenen Keller verschleppt wurde.

Als wir das Gebäude fast erreicht hatten, verlangsamte das seltsame Mädchen ihre Schritte und ich tat es ihr gleich. »Wir sehen uns dann beim Sport, bis später Lea.« Sie umarmte mich kurz und ging nach rechts weg. Ich blieb stehen und sah ihr hinterher. Sport? War das ihr Ernst? Das alles bisher würde wohl für die nächsten zwei Jahre reichen, oder etwa nicht?

Schulterzuckend wandte ich mich dem Gebäude zu. Komische Gestalten in den Farben blau, schwarz, grau, schwarz-weiß und gelb und rot liefen aus und ein. Ich stand wie der größte Depp in der Mitte und wusste nicht was ich tun sollte. Ich hatte keine Ahnung was für einen Unterricht ich - anscheinend - hatte, geschweige denn wo ich hin musste.

»Tut mir leid, wo ist denn hier das Sekretariat?«, sprach ich einen Jungen an, der gerade an mir vorbei lief. Er war in blau gekleidet und hatte eine dicke Nerdbrille auf der Nase sitzen. Wie ich diese Brillen hasste - am liebsten würde ich sie ihm herunterschlagen. Er verdrehte nur die Augen und meinte abfällig: »Ihr Ferox glaubt wirklich immer, dass ihr die Besten seid. Kämpfen könnt ihr, aber das war´s dann auch schon.« Und mit diesen Worten ließ er mich stehen und eilte davon. Der Mund war mir aufgeklappt und verwirrt starrte ich ihm hinterher.

Ferox?

Kämpfen?

Langsam dämmerte es mir und ich schluckte schwer. Das würde auch die merkwürdige Kleidung und das Springen aus Zügen erklären.

In jeder Fraktion hätte ich landen können, aber nein, es musste Ferox sein!

Aber darüber würde ich mir später Gedanken machen. Erst mal hieß es wohl die Schulbank zu drücken. Ich betrat das Gebäude und wenigstens war es kühl darin. Ich blickte mich kurz um und seufzte tief. Veronica Roth hätte wenigstens dafür sorgen können, dass hier ein paar Schilder angebracht wurden. Sollte ich hier je wieder lebend rauskommen, würde ich ihr dies mitteilen, so viel stand fest…

Da ich vom Laufen vorerst genug hatte, ging ich zum Aufzug und drückte auf den Knopf nach oben. Während ich wartete, dass der Aufzug in das Erdgeschoß kam, nahm ich meinen Rucksack von den Schultern und begann ihn zu durchwühlen. Vielleicht fand ich da ja etwas Hilfreiches. Einen Lageplan oder so…

Ich entdeckte einen zerknitterten Zettel, zog ihn hervor und faltete ihn auseinander. Es standen nur wenige Wörter darauf, doch ich erkannte sofort meine eigene Handschrift, was mich unheimlich erleichterte. Die Aufzugtüren gingen auf und ich trat ein.

»Englisch, Sport, Naturwissenschaften, Mathematik und Geschichte. Na toll…«, murmelte ich und drückte auf alle Stockwerksknöpfe. Jetzt musste ich nur noch irgendwie herausfinden, wie ich wohin kam.

Im ersten Stock blieb der Aufzug stehen und ein offensichtlicher Feroxjunge stieg ein. Ein breites Grinsen lag auf seinem Gesicht und als er mich sah, wurde es noch ein bisschen breiter.

»Lea, altes Haus. Ich hab dich dieses Wochenende bei Capture the Flag vermisst. Wo warst du?«

»Ähm… lernen…«, gab ich zurück, da ich nicht wusste, was ich sagen sollte.

»Wofür?«

»Na für den Test…«

Der Junge lachte und die Situation wurde immer unheimlicher.

»Aber für den brauchst du doch nicht lernen, du Dummerchen.«

Ich grinste unsicher und strich mir nervös die Haare zurück. Hatten wir wirklich einen Test? Na bravo… vielleicht auch noch in Naturwissenschaften, das war ja schließlich mein ›Spezialgebiet‹…

Der Aufzug blieb im zweiten Stock erneut stehen. Der Junge streckte den Kopf hinaus. »Da waren wieder ganz Lustige unterwegs«, meinte er kopfschüttelnd und schloss die Tür wieder.

Ich räusperte mich kurz. »Und… wie geht´s deiner Familie?«, fragte ich und hoffte einfach mal, dass seine Familie noch nicht tot war.

»Ach, ganz gut. Uriah hat glaub ich etwas Panik, dass ich die Fraktion wechseln könnte, aber das würde ich nie. Ich kann ihn schließlich nicht im Stich lassen.«

»Zeke!?«, platzte es da aus mir heraus.

Er warf mir einen verwirrten Blick zu. Sofort wurde ich rot und senkte den Kopf. »Ach, nichts…« Er zuckte die Schultern und wandte sich wieder ab. Im vierten Stock stieg er schließlich aus.

»Kommst du, oder was? Wir haben Englisch«, fragte er und sah mich abwartend an. »Wa… ja, natürlich.« Was für ein Glück, dass er anscheinend den selben Stundenplan hatte. Ich folgte ihm und versuchte nicht allzu beeindruckt auszusehen, als wir durch die Gänge liefen. Als wir vor der Klassentür ankamen, ließ er mir den Vortritt. Auch wenn es wahrscheinlich nur Einbildung war, kam mir vor, dass alle Augen auf mich gerichtet waren. Ich setzte mich auf einen freien Platz in der letzten Reihe und Zeke nahm neben mir Platz. Ich kramte in meinem Rucksack, zog einen Block, ein paar Stifte und den zerknüllten Zettel von vorhin heraus.

»Wow, du bist aber ganz schön organisiert«, meinte Zeke belustigt, als er meinen provisorischen Stundenplan betrachtete. »Ähm… ja«, gab ich zurück und runzelte die Stirn. Er selbst zog seinen eigenen Stundenplan heraus und legte ihn vor sich auf den Tisch. »Schade, wir haben heute nur Englisch gemeinsam«, sagte er, nachdem er seinen Tag mit meinem verglichen hatte. Ich lugte auf seinen Stundenplan und erkannte, dass bei jedem Fach der Raum dabeistand. »Darf ich mal?«, fragte ich und zog das Blatt Papier heran. Schnell schrieb ich die Raumnummern ab und hoffte, dass ich sie irgendwie finden würde. Aber das würde wohl nicht allzu schwer sein.

»Der Sportplatz… sag mal, wo ist der…?« Ich biss mir auf die Zunge und versuchte nicht allzu schuldig zu wirken. Zeke hob eine Augenbraue, schmunzelte aber. »Na hinter dem Gebäude. Du hast dir den Kopf wohl wirklich ziemlich angeschlagen, was?«

»Woher…?«

»Kelly hat es mir erzählt. Sie sagte, dass du ziemlich durch den Wind seist.«

Ich konnte nicht mehr antworten, da bereits der Lehrer den Raum betrat und um Ruhe bat. Ich war ziemlich froh darüber, denn ich hätte wirklich nicht gewusst, was ich sagen sollte. Es gab einiges zu verarbeiten. Meine größte Angst war momentan, dass ich mich im Sport zu sehr blamierte. Das war nicht gerade mein Fach, und als Ferox sollte man doch halbwegs… naja, sportlich sein. Über das Aufspringen auf den Zug später, machte ich mir vorerst mal keine Gedanken…

»Du siehst wirklich etwas fertig aus. Macht dich der Test so nervös?«, flüsterte Zeke und warf mir einen besorgten Blick zu.

»Ähm… ja… genau. Der Test. Ich hab kaum geschlafen. Und mein Kopf brummt noch immer von meinem Sturz im Zug«, flunkerte ich und hoffte, dass er es mir abkaufte. Aber ich war immer schon Meisterin im Lügen gewesen, weshalb ich zum ersten Mal heute keine Zweifel hatte.

»Kann ich irgendwas tun für dich?« Er sah mich fragend an und ich witterte meine Chance. »Weißt du, Zeke. Das kannst du wirklich. Was hältst du davon, wenn du mich vom Sport abholst und später in den Unterrichtsraum für Naturwissenschaften bringst?« Ich setzte ein - meiner Meinung nach - charmantes Lächeln auf und wartete ab. Er grinste und meinte: »Ja, klar. Für Geschichte kann ich dich auch abholen, wenn du magst, ich hab da sowieso eine Freistunde.«

»Gut, danke… und Mathe…«

»…ist sowieso gegenüber von Naturwissenschaften«, beendete er meinen Satz und grinste breit.

»Genau…« Ich nickte und grinste unsicher, bevor ich mich abwandte.

Der Lehrer ging durch die Reihen und teilte irgendeinen Zettel aus. Der einzige Vorteil war wohl, dass ich den Dank meines Studiums wohl irgendwie meistern könnte.

Hoffentlich.

»Als Gegenzug, darf ich abschreiben«, murmelte Zeke in mein Ohr und grinste mich breit an. Belustigt verdrehte ich die Augen und meinte: »Ist gut.«

Ein Blick auf den Zettel verriet mir, dass es einfach werden würde ihn auszufüllen. Ein Lückentext, ein paar Sätze umschreiben und Wortdefinitionen. Auch wenn ich von Letzterem nur wenige wusste, ging es mir bei dem Rest ganz gut. Zeke und ich arbeiteten - heimlich - zusammen. Während wir in der zweiten Stunde einen Text lesen mussten, wertete der Lehrer die ›Tests‹ aus und wir beiden hatten eigentlich ganz gut abgeschnitten.
 

Als die Stunden vorbei waren, stieg meine Nervosität wieder.

Sport.

Etwas Schlimmeres konnte ich mir neben dem Nachhauseweg momentan nicht vorstellen.

Ich verabschiedete mich von Zeke und benutzte wieder den Aufzug um nach unten zu gelangen. In der Eingangshalle traf ich auf Kelly, die ich beinahe übersehen hätte. Nicht etwa wegen ihrer Haare - die waren ja nicht zu übersehen - sondern viel mehr, weil ich mir ihr Gesicht nicht gemerkt hatte.

»Na, alles wieder okay im Oberstübchen?« Sie sah mich fragend an und ich zuckte nur die Schultern.

»Halbwegs. Aber musstest du Zeke unbedingt davon erzählen?« Ich warf ihr einen beleidigten Blick zu und ging neben ihr her in die Umkleiden.

»Tut mir leid. Aber das war schon ziemlich komisch, was du vorhin so von dir gegeben hast, das musst du zugeben.« Sie hob die Augenbrauen und sah mich durchdringend an. Ich zuckte nur die Schultern und verschwand in einer Kabine um mich umzuziehen. Gott sei Dank war mein Ferox-Ich heute Morgen nicht so verplant gewesen und hatte die Sportsachen eingepackt. Ich zog mich schnell um und tat es anschließend Kelly gleich und warf meinen Rucksack in ein Eck.

»Sag mal, Naya hat doch bald Geburtstag, oder?«

Kelly und ich liefen nebeneinander her und ich versuchte angestrengt nicht wie ein Teekessel zu schnauben. Wer in Gottes Namen war denn Naya nun schon wieder!?

»Ob sie wieder feiert? Ihre letzte Geburtstagsfeier war legendär«, grinste Kelly und schien in Erinnerungen zu schwelgen. Ich runzelte die Stirn und fragte mich noch immer wer denn nun diese Naya war. Aber ich hatte Angst zu fragen. Vielleicht würde es sich ja noch erübrigen.

»Schenkst du ihr etwas?« Kelly sah mich wieder an und ihr Blick duldete keine falsche Antwort. Ich schluckte schwer und entschied mich für das Naheliegendste: »Ich weiß nicht.«

Das schien nicht die richtige Antwort gewesen zu sein, denn Kellys Blick verfinsterte sich kurz. »Du wirst doch wohl deiner älteren Schwester etwas zum Geburtstag schenken! Schließlich wird man nur einmal 19…« Kelly schüttelte den Kopf und wandte sich wieder ab.

Aha.

Da hatte ich also eine Schwester. Aber halt mal… hatte Kelly nicht gesagt, dass diese Naya älter war? Und wenn sie momentan 18 war hieß das…

»Shit…«

»Was ist passiert?«

»Ach nichts. Ich hab nur immer noch Kopfschmerzen…«

Konnte Kelly nicht einfach mal nicht reden? Ich hatte hier immerhin einiges zu verarbeiten. Aber das band ich ihr lieber nicht auf die Nase, sie traute mir ohnehin schon kaum. Der ganze Stress und die Verwirrtheit hatten mich wirklich vergessen lassen, dass alle Ferox, die älter als 16 waren, bereits arbeiteten. Denn mit 16 musste man sich der Zeremonie der Bestimmung unterziehen und eine Fraktion wählen.

Oh Gott, hieß das, dass mir das noch bevorstand?

Hoffentlich nicht… hoffentlich fand ich davor noch einen Weg nach Hause…
 

Zeke hielt sein Versprechen und wartete vor den Mädchenumkleiden auf mich - grinsend wie immer. Ohne es eigentlich zu wollen, musste ich auch lächeln. So seltsam und verwirrend meine Situation momentan auch war, heiterte er mich doch irgendwie auf. Er brachte mich in den zweiten Stock in den Unterrichtsraum für Naturwissenschaften. Wir hatten eine Lehrerin, die offensichtlich nicht sehr viel Wert auf interaktiven Unterricht legte. Einige der Ken schrieben eifrig mit - die meisten Ferox starrten nur Löcher in die Luft. Neben mir saß ein Feroxmädchen, das mir bereits im Sportunterricht aufgefallen war. Sheila… oder Shauna oder wie sie hieß…

Mathe war auch okay. Ich hätte mich beinahe verschluckt, als ich wirklich Eric erkannte. Er saß vor mir und am Liebsten hätte ich ihm meinen Rucksack über den Kopf gezogen. Ich hasste den Typen, konnte aber momentan leider nichts dagegen tun…

Zeke wartete bereits auf mich als ich aus dem Klassenzimmer kam. »Es ist schön so ein freundliches Gesicht zu sehen«, meinte ich und grinste als er auf mich zu kam. »Das freut mich aber. Ich wart die Stunde noch ab, ich kann es schließlich nicht verantworten, dass du aus dem Zug purzelst«, neckte er mich und durchwuschelte meine Haare. Ich verdrehte die Augen und grinste, obwohl ich genau wusste, dass er eigentlich Recht hatte. Ich würde so was von ›aus dem Zug purzeln‹. Daher war ich ziemlich froh, dass er auf mich warten würde.

Als ich den Klassenraum im ersten Stock betrat, fiel mein Blick sofort auf einen hübschen Jungen in grau. Sofort erkannte ich ihn als Four. Oder Tobias Eaton um genau zu sein. Four würde er wohl erst nach seiner Initiation heißen… Ich riss mich zusammen um ihn nicht wie ein verrückt gewordener Groupie zu grüßen - auch wenn es mir schwer fiel - und ließ mich wieder in die letzte Reihe fallen. Der Unterricht verging schnell, was vielleicht auch daran lag, dass ich die ganze Zeit damit beschäftigt war kleine Kreise auf meinen Block zu zeichnen und über meine Situation nachzudenken. Sollte ich jemandem davon erzählen? Vielleicht gab es ja irgendeine Art Portal, wie ich wieder zurück kam? Ich beschloss mit mir selbst vielleicht mit Zeke darüber zu sprechen. Aber noch nicht jetzt, zuerst musste ich diesen Tag überstehen. Vielleicht war es ja auch nur ein schlechter Traum?
 

Ich war wirklich mehr als froh, dass der junge Ferox wieder auf mich wartete. Schließlich konnte ich schlecht über Nacht in der Schule bleiben, nur weil ich nicht auf einen fahrenden Zug aufspringen konnte… Zeke bestellte mir von Kelly schöne Grüße - sie hatte anscheinend noch eine Stunde Unterricht und würde später nach Hause kommen. Ich hoffte nur, dass das Mädel nicht auf die super Idee kam, am späten Nachmittag noch bei mir zuhause vorbeizuschauen. Erstens wusste ich nicht mal wo ich wohnte, und zweitens war sie mir unheimlich… Sie bohrte zu viel nach und war sehr misstrauisch. Anscheinend machte ich mich nicht so gut als mein Ferox-ich.

Aus der Ferne konnte man bereits das Rattern des Zuges auf den Schienen hören. Zeke grinste mir zu. »Na komm, beeilen wir uns lieber.« Ich nickte und schluckte schwer, bevor ich ihm - wieder einmal… - im Laufschritt folgte. Der Zug kam in Sicht und wurde etwas langsamer. Aber stehen bleiben? Na davon träumte ich wohl in der Nacht…

»Na dann mal los«, murmelte ich zu mir selber und blieb dicht hinter Zeke. Mein Herz schlug immer schneller und es lag bestimmt nicht am Laufen.

»Um auf die Toilette zu gehen ist es jetzt wahrscheinlich zu spät, oder?«, rief ich über das Gedonner des Zuges hinweg. Ich konnte das Lachen auf Zekes Gesicht sehen, aber nicht hören. Ich tat es ihm gleich und lief neben dem Zug her. Mit der Leichtigkeit einer Gazelle, sprang der Ferox in eine offene Tür und drehte sich dann nach mir um. Er streckte mir die Hand entgegen, ich beschleunigte meine Schritte und griff danach. Bevor ich auch nur irgendwie sowas Ähnliches wie abspringen konnte, hatte Zeke mich schon hochgerissen und in den Zug gezogen. Der Junge hatte Kraft, ach du meine Güte. Man merkte, dass er ein Ferox war…

Ich lag auf dem Bauch und glaubte es selbst kaum. Ich war - mehr oder weniger zumindest - auf einen fahrenden Zug aufgesprungen und hatte mich nicht angepinkelt.
 

Als ich mich gute zwanzig Minuten später in der Grube wiederfand, staunte ich nicht schlecht. Zeke hatte sich bereits von mir verabschiedet um sich seelisch auf den morgigen Test vorzubereiten. Ich wusste immer noch nicht in welchem Fach wir einen Test schrieben, aber ich würde das einfach auf gut Glück machen. Das war wirklich meine geringste Sorge…

Momentan musste ich irgendwie herausfinden, wo ich wohnte. Ich fühlte mich beobachtet und die Tatsache, dass hunderte Ferox an mir vorbeiliefen, machte das Gefühl nicht gerade besser. Ich setzte mich in Bewegung, schließlich konnte ich nicht bis zum Sankt Nimmerleinstag hier stehen bleiben.

»Lea! Wo willst du denn hin?«

Ich seufzte innerlich auf. Wieso in Gottes Namen musste sich heute jeder einmischen? Ich würde schon nicht die Klippe runterfallen… (obwohl das bei meinem Glück nicht mal so ausgeschlossen war…)

Mit einer halbwegs freundlichen Miene drehte ich mich also nach dem Ruf um. Eine junge, hübsche Frau kam auf mich zu und grinste bis über beide Ohren. Schon wieder eine Freundin? Wie viele Freunde hatte ich bitte?

Sie hatte, genau wie ich, schwarze Haare, die ihr über die Brust hingen. Ein paar grüne und pinke Strähnen stachen hervor, doch es sah eigentlich wirklich gut aus. Ihr linker Unterarm war tättowiert und durch ihr bauchfreies Top erkannte man auch ein großes Tattoo des Feroxzeichens auf ihrer rechten Seite. Ihr linkes Ohr war komplett gepierct und auch an ihrem Bauchnabel glitzerte es. Sie blieb vor mir stehen und schloss mich sogleich in eine feste Umarmung.

»Wie geht es dir? Bist du schon aufgeregt? Ich hab gehört, dass Lily endlich ihr Tattoo bekommen hat?«

Wer bitteschön war nun Lily? Es wurde wirklich immer abstruser - wie sollte ich mir die vielen Namen bloß merken?

»Ähm… mir geht es gut… denke ich«, sagte ich schließlich langsam und sah meine Gegenüber verwirrt an.

Sie lächelte und meinte: »Ach, mach dir keine Sorgen. Der Test morgen ist nicht so schlimm. Und bei der Zeremonie der Bestimmung wirst du schon wissen was zu tun ist. Aber lass uns erstmal nach Hause gehen.«

Zeremonie der Bestimmung? In Gottes Namen… dann war natürlich klar, was es mit diesem mysteriösen Test auf sich hatte… ich würde morgen meinen Eignungstest ablegen müssen. Ich wusste nicht wovor ich mich mehr fürchten sollte: Dass ich in irgendeine komische Simulation geschickt werden würde, oder dass mir auch noch jemand dabei zusehen würde?

Als sich die Schwarzhaarige zum Gehen umwandte, entdeckte ich auf ihrer Schulter noch ein Tattoo. Es waren zwei Schriftzüge und ich konnte die Worte »Lea« und »Lily« entziffern. Ein selbstgefälliges Grinsen schlich sich in mein Gesicht. Das musste also Naya sein. Meine ältere Schwester. Und Lily? Na ich würde sehen… vielleicht war das ihre beste Freundin?

Ich folgte Naya und sah mich unauffällig um, sehr darauf bedacht nicht über meine eigenen Füße zu stolpern. Wir gingen in die Richtung aus der Naya gekommen war und ehrlich gesagt freute ich mich schon auf ein Bett.

Und eine Toilette…

Zuhause angekommen wurden wir von einem kleinen, hyperaktiven Mädchen begrüßt, das sich wenige Sekunden später als Lily herausstellte. Naya ging mir voraus in die kleine Wohnung und musste einen Wortschwall der Jüngeren über sich ergehen lassen. Anscheinend hatte sie - wie Naya gesagt hatte - vor kurzem ihr erstes Tattoo bekommen. Eine Schwalbe auf ihrem Fuß. Während Lily Naya vollquasselte, blickte ich mich in der Wohnung um. Ich fand etwas, das wohl ein Familienfoto sein sollte. Darauf waren Naya, Lily und ich abgebildet. Und zwei Erwachsene, die wohl unsere Eltern sein sollten. Der Mann hatte kurz geschorenes Haar, sah aber irgendwie freundlich aus. Die Frau trug ihre blonden Haare kurz und mit einigen bunten Strähnen versehen. Ihre Augen leuchteten in einem hellen blau.

Das also war meine Familie. Und ich wusste nicht mal wie sie alle hießen…
 

Ich gesellte mich zu den beiden Mädchen und war froh mal nicht in Lebensgefahr zu schweben. Mein Pensum an lebensgefährlichen Aktionen war schon nach dem Sprung aus dem Zug aufgebraucht.

Oder eher nach dem Marathonlauf von Bahnsteig 9 zu 3.

»Wo sind Mum und Dad?«, fragte ich schließlich um mich nicht allzu auffällig zu verhalten.

»Dad sitzt auf dem Klo und Mum ist logischerweise am Zaun, Mrs. Schlau.«

Lily verdrehte die Augen und stand auf. »Ich treff mich noch mit Freunden.« Und mit diesen Worten war sie auch schon verschwunden.

»Wie alt ist sie?«

»12. Wieso?«

Naya sah mich verwirrt an. »War ich mit 12 auch so?«, lenkte ich schnell ein und Naya lachte nur als Antwort.

Dann wurde sie wieder ernst und bat mich mit ihr in mein Zimmer zu kommen. Gott sei Dank, sonst hätte ich wahrscheinlich auch da nicht hingefunden. Und nach dem Eindruck, den Lily hinterlassen hatte, würde die mich umbringen, wenn ich in ihrem Zimmer landen würde…

»Sag mal… ich weiß, der Eignungstest ist erst morgen. Aber hast du dir schon überlegt wo du hin willst?« Naya kam nicht wirklich zum Punkt und ich hatte keine Ahnung was sie meinte. Das schien sie auch zu merken, denn sie fuhr fort. »Naja, ich meine du hast bereits 16 Jahre hier gelebt. Das wirst du doch nicht aufgeben, oder? Dein Freunde…deine Familie. Ich weiß, es heißt ›Fraktion vor Blut‹, aber überleg dir wirklich gut, ob du uns einfach so aufgeben kannst.« Und mit diesen Worten ließ sie mich alleine sitzen. Ihre Worte hatten einen bitteren Nachgeschmack hinterlassen. Sie schien sich wirklich Sorgen zu machen, dass ich wechseln könnte. Dabei wäre ich froh gewesen sobald wie möglich von den Ferox wegzukommen, auch wenn das hieß die Fraktion zu wechseln… naja, ich würde ja sehen.
 

Erschöpft ließ ich mich auf mein Bett fallen und schloss für einen Moment die Augen. Es war… ziemlich viel passiert heute. Ich war von einem fahrenden Zug gesprungen. Und auch irgendwie in einen fahrenden Zug…

Morgen war also der Eignungstest. Nervosität breitete sich in mir aus und ich rollte mich zur Seite. Es klopfte leise an der Tür und der Mann von dem Foto - mein Vater - steckte den Kopf herein.

»Alles okay, Lea?«

Ich setzte mich auf und zuckte die Schultern. Was sollte ich groß sagen? Dass ich das hier alles nicht verstand? Dass ich überfordert war? Na wohl kaum, oder?

»Es ist Zeit für das Abendessen.«

»Ich hab keinen Hunger.«

Ein Seufzen entwich ihm. »Okay. Mach dich nicht verrückt. Das wird schon schief gehen, morgen.«

Ich schnaubte nur, doch das hörte er nicht mehr, da er schon verschwunden war. Wenn der wüsste. Ich wusste ja nicht einmal wie er hieß, was sollte da ›schon schief gehen‹?

Nach ein paar Minuten des in die Leere Starrens, stand ich auf und schälte mich aus meinen Klamotten. Ohne mich zu duschen und auch nur daran zu denken das Zimmer noch einmal zu verlassen, ließ ich mich auf mein Bett fallen und schlief schnell ein.

Just a Random Simulation

»Lea! Wach auf, du kommst zu spät!«

Ein Grummeln entwich meinen Lippen. Ich wollte nicht aufstehen. Es war sooo gemütlich. Ich drehte mich auf den Bauch und vergrub den Kopf in meinem Kissen.

»Lea!«

Erst jetzt realisierte ich die Worte und ich schnellte hoch. Mein Vater stand neben dem Bett und hatte eine Hand erhoben - wahrscheinlich wollte er mich wachrütteln.

»Beeil dich, der Zug fährt gleich ab. Der nächste geht erst in einer Stunde!«

Es war also doch kein Traum gewesen. Ich brauchte einen Moment um einen klaren Kopf zu bekommen, bevor ich verstand. Der Zug fuhr gleich ab… Verdammt! Ich sprang auf, schlüpfte in die Klamotten vom Vortag und warf mir meinen Rucksack um. Auf meinem Nachttisch entdeckte ich dann meinen Stundenplan, der das selbe Format hatte, wie der von Zeke. Während dem Hinauslaufen stopfte ich ihn in meinen Rucksack und rief meinem Vater noch ein »Auf Wiedersehen!« über die Schulter zu. Er rief noch irgendetwas wegen des Eignungstestes, doch ich hörte es schon nicht mehr.

Ich folgte dem Gang, den Naya und ich gestern hergekommen waren und fand mich bald in der Grube wieder. Doch wo lang? Ich konzentrierte mich, wusste aber nicht mehr wo Zeke und ich gestern hergekommen waren. Gerade als ich aufgeben wollte, sah ich eine Gruppe Ferox vorbeilaufen, die irgendetwas vom Zug quasselten. Ohne große darüber nachzudenken folgte ich ihnen - sie hatten ein ganz schönes Tempo drauf, was bedeuten musste, dass der Zug jede Minute vorbeifuhr. »Oh Gott, Oh Gott…«, murmelte ich, während ich mir meinen Rucksack vollständig umhängte und den anderen nachsprintete. Es lag wahrscheinlich am Adrenalin, dass ich gar nicht daran dachte die Puste zu verlieren. Außerdem hoffte ich einfach, dass ich heil in den Zug kommen würde…

Als ich die Erdoberfläche erreicht hatte, schnappte ich kurz nach Luft und sah mich schnell um. Der Zug war bereits in Sicht und die meisten hatten schon angefangen lässig neben den Schienen herzujoggen. Ich biss die Zähne zusammen und sprintete mit aller Kraft, die ich aufbringen konnte zu den Schienen. Ganz in der Nähe entdeckte ich Kelly, die mir aufgeregt zurief ich sollte mich beeilen. Das Donnern des Zuges wurde immer lauter und ich hatte Kelly beinahe erreicht, als ich über meine eigenen Füße stolperte und ins Straucheln geriet. Ich spürte, wie sich eine Hand fest um meinen Oberarm schloss und mich hinderte die Wiese zu küssen.

»Dich kann man auch nicht mehr alleine auf die Menschen loslassen«, hörte ich eine belustigte Stimme.

Ich ging nicht darauf ein und wandte mich nicht um, ich wollte einfach nur in diesen dämlichen Zug hinein. Kelly war schon aufgesprungen, doch ich schaffte es nicht mehr den selben Waggon zu erreichen. Ich lief nun neben dem Zug her, nahm all meinen Mut zusammen und griff nach der Halterung, die am Türrahmen angebracht war. Ein Quietschen entwich mir, als ich mich vom Boden abdrückte und mich irgendwie auf sehr unelegante Art und Weise in den Waggon hineinhievte. Ich robbte von der Tür weg und lehnte mich mit einem schweren Seufzen an die Wand. Für einen kurzen Moment schloss ich die Augen.

Ich war gerade wirklich auf einen fahrenden Zug aufgesprungen.

Ich spürte wie sich jemand neben mich setzte und öffnete die Augen, nur um das breite Grinsen in Zekes Gesicht zu sehen.

»Das hat wirklich hervorragend ausgesehen.«

»Haha«, gab ich sarkastisch zurück und stupste mit der Schulter gegen seine.

»Danke übrigens für’s ignorieren vorhin, und ich hab dich natürlich gerne vor einer gebrochenen Nase gerettet«, gab er schmunzelnd zurück und stupste mich mit seiner Schulter zurück.

»Tut mir leid, dass ich nicht Zeit hatte dir die Füße zu küssen«, grinste ich.

»Es wird dir verziehen. Gerade so.«

Belustigt schüttelte ich den Kopf. Also wenn man mal davon absah, dass ich in ständiger Lebensgefahr lebte, auf fahrende Züge auf und ab sprang, ich heute eine Simulation vor mir hatte und mir morgen in die Hand schneiden musste, war mein Leben hier gar nicht mal so langweilig.

Ich zog meinen Stundenplan aus dem Rucksack und betrachtete ihn. Es dauerte einen Moment bis ich den richtigen Tag fand, doch Zekes Finger wanderte schon die Tabelle entlang.

»Cool, wir haben heute wieder Englisch zusammen.«

Er grinste mich breit an und ich kam nicht umhin es zu erwidern.

Zwei Einheiten Mathe, eine Einheit Geschichte und eine Einheit Englisch. Na das klang doch ganz angenehm. Bis auf Mathe, aber das war mir immer noch lieber als Sport…

»Und hat sich dein Köpfchen wieder erholt und findest du heute alleine zu den Räumen?«, fragte Zeke und klopfte mir sanft auf den Kopf.

»Haha. Du bist heute wieder sehr lustig«, gab ich mit einem sarkastischen Unterton zurück und grinste. »Ich denke ich finde alleine hin, danke. Außer du willst mich unbedingt begleiten, weil du es nicht aushältst ohne mich.«

Zeke lachte auf und erhob sich.

»Ich seh schon, unsere Lea wird wieder ein Mensch.«

Bevor ich etwas erwidern konnte zog er mich auf die Beine und streckte seinen Kopf aus der offenen Tür.

»Wir sind gleich da, mach dich bereit«, meinte er und trat ein paar Schritte zurück.

Ein nervöses Kribbeln machte sich in meiner Magengegend breit. Hoffentlich würde das nicht wieder so eine Bruchlandung werden wie gestern. Mein Herz raste und meine Hände begannen zu schwitzen. Ich wollte mich vor Zeke wirklich nicht blamieren.

Nicht schon wieder.

»Auf geeeeht’s!«, rief der Ferox auch sogleich voll Freude aus, nahm Anlauf und sprang aus dem Zug.

Ich schluckte schwer, schloss kurz die Augen und atmete tief durch.

»Du schaffst das«, versuchte ich mir einzureden und machte mich dann startbereit.

Es kostete mich mehr Überwindung als am Vortag, doch ich nahm all meinen Mut zusammen und lief auf die offene Zugtür zu. Als ich mich am Rand abstieß unterdrückte ich einen Schrei und widerstand dem Versuch die Augen zu schließen und loszuheulen. Ich landete auf meinen Beinen und stolperte ein paar Schritte nach vorne um mich auszubalancieren - mit mäßigem Erfolg. Meine Knie küssten die Wiese und ich sank erschöpft in mich zusammen. Ich war sowieso sehr verwundert, dass ich mich nach dem gestrigen Tag überhaupt noch irgendwie bewegen konnte…

Aber vielleicht war es besser ich würde nicht allzu genau darüber nachdenken…

Ich rappelte mich auf und sah schon wieder Zekes grinsendes Gesicht vor mir. Auch Kelly hatte sich zu uns gesellt und starrte uns beide abwechselnd an.

Ich klopfte mir den imaginären Staub von den Klamotten und meinte an Zeke gewandt: »Und, hab ich das nun eleganter gelöst?« Er lachte und stupste mir zwinkernd in die Seite. »Kommt gehen wir.« Kelly und ich widersprachen nicht und folgten ihm.
 

»Zweiter Stock, vergiss nicht«, rief mir Zeke lachend hinterher, als ich zum Aufzug ging. Er hatte Sport und so ungern ich es auch zugab, das wäre ein Grund für mich freiwillig meine Sportklamotten anzuziehen!

Ich wandte mich um, streckte ihm die Zunge entgegen und rief ihm ein »Bis später« zu.

Mit Kelly gemeinsam stieg ich in den Aufzug und als sich die Tür geschlossen hatte fragte ich: »Bist du schon aufgeregt?«

Sie sah mich an und verzog etwas das Gesicht. »Ich weiß nicht. Du?«

»Etwas…«, gab ich zu

»Was hast du heute noch?«

»Mathe, Geschichte und Englisch. Du?«

»Englisch und Naturwissenschaften. Beides zwei Stunden.

Wir verfielen wieder in Schweigen. Im ersten Stock öffnete sich die Tür und ein Ken wollte einsteigen, überlegte es sich allerdings anders, als er uns sah.

»Kelly?«

»Hm?«

»Du bist meine beste Freundin, richtig?«

Wir sahen uns an und ich konnte die Verwirrung in ihrem Blick sehen.

»Natürlich, Dummerchen.«

Ich lächelte sie an und als der Aufzug im zweiten Stock stehen blieb, umarmte ich Kelly kurzerhand. »Wir sehen uns beim Mittagessen«, murmelte ich und war erleichtert, als sie die Umarmung erwiderte.
 

Mathe war…langweilig wie immer. Ich war kurz davor Eric mit Papierkügelchen zu bewerfen, entschloss mich aber dagegen. In der kurzen Pinkelpause zwischen den beiden Stunden, gesellte sich ein Feroxmädchen zu mir und ließ sich kurzerhand mitsamt ihren Sachen auf den freien Platz neben mir fallen. »Hey, Lea. Ich hab dich gar nicht gesehen. War etwas spät an«, begrüßte sie mich lächelnd. Ich lächelte unsicher zurück und sagte: »Hi. Wie geht’s?« Ich hatte absolut und keine Ahnung wer mir jetzt schon wieder gegenüber saß.

»Lea, Lauren, wenn ihr euch schon unterhaltet, dann bitte etwas leiser«, meinte unser Lehrer, der wieder in die Klasse kam. Dank des heutigen Eignungstestes schien es wohl kein Problem zu sein, dass wir uns unterhielten. Aber egal, immerhin wusste ich jetzt mit wem ich sprach.

»Ganz gut, danke. Kelly meinte du warst gestern etwas verwirrt? Was war denn los?«

Ich seufzte auf und verdrehte die Augen.

»Hat sie das eigentlich jedem erzählt? Ich hab mir nur den Kopf gestoßen und hatte den ganzen Tag Kopfschmerzen, da darf man verwirrt sein…« Ich zog eine Schnute und Lauren lachte leise.

»Ich hab gehört, dass Naya gestern bei euch war? Stimmt es, dass es Unruhen unter den Fraktionslosen gibt. Ist sie deshalb für die Patrouille eingeteilt worden?«

Eigentlich war es gar nicht so blöd, dass mich Lauren durchlöcherte. So fand ich immerhin mehr über meine Familie heraus…

»Ich weiß nicht. Sie spricht nicht darüber. Aber ja, sie war gestern zu Hause. Hat mich wegen dem Test heute und der Zeremonie morgen etwas aufgeheitert«, murmelte ich.

Lauren nickte und wandte ich für ganze zwei Minuten wieder dem Unterricht zu, bevor sie das Wort erneut an mich richtete.

»Ich hoffe Naya schmeißt dieses Jahr wieder eine Geburtstagsparty. Die im letzten Jahr war legendär«, schwärmte Lauren und ich musste unwillkürlich an How I met your Mother denken.

»Leider kann ich dir dazu nichts sagen. Ich hab sie gestern nicht gefragt. Aber erzähl mal, ich kann mich eigentlich gar nicht mehr so genau daran erinnern…«

Erneut lachte Lauren - sie wurde mir immer sympathischer.

»Das wundert mich nicht, du warst ja auch vollkommen betrunken.«

Sofort lief ich rot an und hoffte inständig, dass nichts Peinliches passiert war.

»Du hast Uriah ungefähr hundert Mal erzählt, dass du in deinem nächsten Leben gerne eine Katze wärst, weil die neun Leben hat und du dir neun Mal keine Sorgen machen müsstest ob du unter den Zug kommst oder ob du es hinein schaffst. Außerdem wolltest du mit Kelly gemeinsam Zekes Beine rasieren«, erzählte Lauren schmunzelnd.

Meine Wangen brannten und ich vergrub das Gesicht in den Händen. »Ich hoffe das ist alles ein schlechter Scherz.«

»Soll ich noch weiter reden? Als Shauna angefangen hat mit Leaf herumzumachen hast du die beiden ständig mit Papierkügelchen beworfen.«

»Oh Gott. Können wir die Geschichtestunde bitte verschieben?« Ich sah auf, mein Gesicht war knallrot und das alles war mir zutiefst peinlich. Was hatte sich mein Ferox-Ich dabei nur gedacht? »Ich werde nie mehr etwas trinken…«

»Das hast du am nächsten Tag auch gesagt«, lachte Lauren und verabschiedete sich von mir, als der Lehrer den Unterricht beendet hatte.
 

Geschichte verging relativ schnell. Wir sahen einen Film an, doch niemand passte auf und quatschte mit seinem Nachbarn. Mir war das was Lauren mir erzählt hatte immer noch zutiefst peinlich, auch wenn das alles anscheinend schon ein Jahr zurücklag. Ich war froh, dass Zeke mir bald wieder Gesellschaft leisten und mich - hoffentlich - aufheitern würde. Ich packte meine Sachen zusammen und wollte mich auf den Weg zum Aufzug machen, als ich einen Gang weiter wildes Gebrüll hörte. Ich zögerte einen kurzen Moment, doch die Neugier siegte und ich ging dem Lärm nach.

Eine Traube von Menschen stand mitten in der Pausenhalle und beobachtete eine Prügelei. »Was ist da los?«, fragte ich einen Jungen aus Candor, der nur mit den Schultern zuckte. »Keine Ahnung um was es da geht.« Ich drängelte mich vor um besser sehen zu können und entdeckte fünf Jungs, die sich offensichtlich prügelten. So weit ich das erkennen konnte waren zwei Candor, ein Ken und zwei Ferox verwickelt. In der kurzen Zeit in der ich hier war, hatte ich schnell ein patriotisches Gefühl entwickelt und hoffte, dass die Ferox nichts angestellt hatten.

Ich wandte mich nach rechts an ein Mädchen, dass offensichtlich zu den Amite gehörte. »Weißt du was da los ist?«

Sie seufzte und schüttelte nur den Kopf. »Nein, keine Ahnung. Die Candor und der Ken hatten anscheinend eine Auseinandersetzung oder so. Ich weiß nur, dass die beiden Feroxjungs erst später dazugestoßen sind und sich einfach mal mitprügeln wollten.« Das Mädchen verdrehte die Augen und ich konnte es ihr nicht verübeln. Ferox waren eben… anders.

»Aber warum hilft denn keiner?«

Ich hörte wie Glas zerbrach und vermutete, dass die Brille des Kenjungen nun nicht mehr ganz so heil war.

Das Mädchen schnaubte kurz verächtlich, lächelte dann aber. »Niemand will sich freiwillig mit zwei Ferox anlegen. Dafür haben wir viel zu sehr Angst vor euren Fäusten.« Und mit diesen Worten wandte sie sich ab und ging weg.

Etwas perplex starrte ich ihr hinterher. »Aber…« Mein Blick wanderte wieder zu den Raufbolden zurück und ich tänzelte einen Schritt vor und zwei zurück, unsicher was ich tun sollte. Der Kenjung sah schon sehr mitgenommen aus. Ohne weiter groß darüber nachzudenken drängte ich mich vor und drückte einem Altruanmädchen meinen Rucksack und meine Jacke in die Hand. »Halt mal.« Ich rieb mir die Hände und stürzte mich ins Getümmel. Wenn der Ken da noch weiter massakriert wurde, würde er wohl zu seiner eigenen Sicherheit nie mehr eine Brille aufsetzen. »Hey!«, rief ich, doch keiner nahm mich wahr. Ich warf meine Haare zurück, knackste mit den Fingern und schnappte mir dann einen der Candorjungen am Kragen und zog ihn zurück. Der brüllte auf und boxte mir in den Magen. Sofort wurde mir schlecht und ich wurde wütend.

Sehr wütend.

»Hast du sie noch alle?«, schrie ich ihn an und trat mit meinem Knie gegen seinen Oberschenkel. Wenn der glaubte er könnte mich schlagen, dann würde er schon sehen wo er landete. Ich würde ihm seine Hoden rausreißen und zum Frühstück servieren, wenn er das wollte. Ein Ellbogen drückte sich in meinen Rücken und ich stolperte ein paar Schritte vor, was den Candor dazu brachte zu stolpern und auf seinen Hintern zu fallen. »Fass mich noch einmal an und du stirbst«, funkelte ich ihn an, bevor ich mich abwandte und weiter ins Getümmel stürzte. Der zweite Candorjunge schien nicht ganz von seinen Taten überzeugt zu sein, denn er tippte mir eher auf den Oberarm, als dass er mit der Faust schlug. Ich duckte mich unter einem Schlag eines Ferox weg um zu verhindern, dass mein Kopf zermatscht wurde. Sie waren zwar allesamt jünger als ich, aber trotzdem stark. Als ich mich zu dem Ken hinunterbeugte um ihm aufzuhelfen, rammte mir erneut irgendjemand die Faust in den Magen. Ich stöhnte auf und war in diesem Moment mehr als froh, dass ich heute keine Zeit für Frühstück gehabt hatte. Der Ken trat mir wie wild geworden gegen die Schienbeine und hasserfüllt brüllte ich ihn an: »Hör auf mit dem Scheiß, ich will dir doch helfen, du Vollidiot!« Ich war so wütend, dass ich alle fünf am liebsten in der Luft zerreißen könnte. Der Candor von vorhin hatte sich wieder eingemischt, war aber sehr darauf bedacht mir nicht noch einmal zu Nahe zu kommen. Ich drehte den Kopf zu den beiden Ferox, da ich davon ausging, dass einer der beiden mir erneut in den Magen geboxt hatte. Ich holte aus um einem der beiden ins Gesicht zu schlagen, doch der war schneller, hielt meine Hand fest und holte selber zum Schlag aus. Im selben Moment in dem seine Faust meine Wange küsste, erreichte mein Knie seine Weichteile, was dazu führte, dass wir beide laut aufschrien. Noch nie hatte ich einen solchen Schmerz gespürt und das sollte schon was heißen, schließlich war ich der Tollpatsch höchstpersönlich. Nicht mal als ich mit meinem Auge die Tischkante gestreichelt hatte, hatte das so weh getan.

Wütend riss ich den Ken auf die Beine und zerrte ihn hinter mir her. Mir reichte es, sollten sich die anderen doch die Schädel zerdeppern, wenn sie meinten. Als ich genug Meter zwischen uns und die anderen gebracht hatte stieß ich den Ken wütend von mir, so dass er gegen die Mauer hinter ihm prallte. Angsterfüllt ließ er sich zu Boden sinken. Das Mädchen, dem ich vorhin meine Sache in die Hand gedrückt hatte, eilte sofort herbei um seine Wunden zu versorgen. »Was sollte das?«, fauchte ich ihn an und machte eine ausladende Bewegung mit dem Arm Richtung Prügelei.

»D… die Candor… Sie haben mich beleidigt!«

Ein aufgesetztes Lächeln legte sich auf mein Gesicht als ich mich zu ihm hinunterbeugte.

»Achja? Was haben sie denn so ach so Schlimmes gesagt, dass ihr euch gleich die Schädel eingeschlagen habt?«

»…«

»Vielleicht solltest du ihn erstmal runterkommen lassen. Er ist doch ganz aufgewühlt. Soll ich dir deine Wange versorgen?«

Das Altruanmädchen war aufgestanden und betatschte bereits meine Wange, doch sehr bestimmt drückte ich ihre Hand weg.

»Achja? Und sieht er wirklich so aus als würde er später was erzählen?«, fauchte ich sie an und wandte mich wieder dem Ken zu. »Alter, ich hab dir grade deinen kostbaren Arsch gerettet, also kannst du ruhig mal die Klappe aufmachen. Ich kann dich allerdings den anderen wieder zum Fraß vorführen, wenn du das besser findest. Also erzähl mir jetzt was dieser Scheiß sollte.« Ich warf ihm einen bösen Blick zu und schlüpfte wieder in meine Jacke, die mir das - viel zu freundliche - Altruanmädchen reichte. »Danke.«

Ich schnaubte einmal um mich wieder zu beruhigen, bevor ich mich dem Ken wieder zuwandte. Bevor ich ihn allerdings erneut dazu auffordern konnte zu erzählen, ließ sich einer der beiden Candor erschöpft neben den Ken fallen.

»Ich schwöre bei meinem Leben, ich lege mich nie mehr mit Ferox an…« Er warf mir einen kurzen Blick zu und ich musste grinsen, denn es war der Candor, der mir in die Magengrube geboxt hat.

Das Altruanmädchen eilte herbei und versorgte auch die Wunden des Candor. Ich verschränkte die Arme vor der Brust und sah die beiden Jungen abwechselnd an. »Kannst du mir vielleicht erzählen was da los war?«, fragte ich den Candor schließlich entnervt.

Dieser zuckte nur mit den Schultern und meinte lässig: »Ich weiß nicht mehr wer angefangen hat. Aber die beiden Feroxtypen haben sich einfach so mal eingemischt, schließlich ist es ja so lustig sich zu prügeln…« Er verdrehte die Augen und ich tat es ihm gleich - allerdings aus einem anderen Grund.

»Ja, und weiter?«

»Nichts und weiter. Ich mag den Typen da noch immer nicht«, meinte er und deutete mit seinem Kopf Richtung Ken. Dann richtete er das Wort an den anderen Jungen und schlug vor sich das nächste Mal wo zu prügeln, wo sich niemand einmischen konnte. Als ich die Miene des Kens sah, musste ich grinsen.

»K… kann ich gehen?« Er sah uns abwechselnd an. Ich warf dem Candor einen fragenden Blick zu, der nur mit den Schultern zuckte. Das Altruanmädchen wuselte wieder zu ihm, tastete ihn noch einmal ab und gab ihn dann frei. So schnell wie er konnte sammelte der Ken seine Sachen - darunter auch seine demolierte Brille - ein und verschwand. Seufzend lehnte ich mich an die Wand und rutschte daran herunter, sodass ich nun neben dem Candor saß. Das Getümmel an Menschen hatte sich inzwischen so halbwegs aufgelöst, da die meisten nun doch zum Unterricht mussten. Der Candor und ich beobachteten die prügelnden Jungs kurz, bevor er mich wieder ansprach.

»Super Tritt übrigens.«

»Hä?« Ich warf ihm einen fragenden Blick zu, da ich keine Ahnung hatte was er meinte.

»Na den, den dein Ferox-Kollege kassiert hat«, grinste er.

»Oh. Danke.« Auch ich musste grinsen und rieb mir die Wange. Jetzt, wo mein Adrenalinspiegel wieder sank, wurde der Schmerz langsam unerträglich. Ein Wunder, dass mir nicht meine Zähne rausgefallen waren…
 

Nach ein paar Minuten hatten die beiden Ferox schließlich die Lust verloren, ließen den Candor liegen und marschierten davon. Der Junge neben mir stand auf und meinte noch: »Wir sehn uns« bevor er seinem Kumpel auf die Beine half. Auch das Altruanmädchen eilte ihm hinterher, doch das interessierte mich nur mehr wenig. Denn als ich mich aufrappelte stand bereits ein grinsender Zeke vor mir.

»Was?«, fragte ich, konnte ein Grinsen aber nicht unterdrücken.

»Du hast dich geprügelt? Hübsch siehst du aus.«

Ich zuckte die Schultern und zeigte ihm die Zunge. »Mag sein. Wieso? Danke für die Blumen.«

»Wieso hast du mich nicht eingeladen?« Er warf mir einen gespielt vorwurfsvollen Blick zu, lachte aber und legte mir einen Arm um die Schulter. »Immer wieder gern. Darf ich es berühren?«, fragte er, beugte sich zu mir und machte mit seinem Zeigefinger Anstalten meine Wange anzufassen. »Wage es ja nicht.« Ich hakte meine Daumen in die Riemen meines Rucksackes und wir machten uns auf den Weg Richtung Unterrichtsraum.

»Ich werde das nächste Mal auf jeden Fall dran denken, dass ich es dir sage«, versprach ich.

»Gut. Denn ich muss mich bald mal irgendwo abreagieren. Uriah geht mir gehörig auf den Zeiger.«

Überrascht sah ich ihn an. »Achja? Wieso denn das?«

Zeke verdrehte die Augen. »Er hat sich in den Kopf gesetzt, dass er mich mit Kelly verkuppeln will.« Ein leichtes Lachen entwich seinen Lippen. »Keine Ahnung was in seinem 14-jährigen Hirn abgeht, aber gut.« Er warf mir einen belustigten Blick zu, den ich nur halbherzig erwiderte. Kelly und Zeke? Also das war nun mal gar nicht in meinem Sinn um ehrlich zu sein…

Doch Zeke unterbrach meine Gedanken. »Lily hat also endlich ihr erstes Tattoo bekommen?« Er hielt mir die Tür zum Unterrichtsraum auf - der Unterricht hatte wohl schon vor einigen Minuten begonnen, denn der Lehrer starrte und etwas perplex an, fuhr aber dann damit fort, dass er eigentlich nichts mehr machen würde heute. »Ja, aber sie hat’s mir noch nicht gezeigt«, gab ich zurück und setzte sich auf meinen inzwischen Stammplatz in der letzten Reihe.

»Ich hab auch ein neues Tattoo«, meinte Zeke als er sich neben mich auf den freien Platz fallen ließ. »Willst du’s sehen?« Grinsend sah er mich an und wartete wohl nur auf eine Zusage.

»Klar, zeig her.«

Zekes Grinsen wurde immer breiter, als er sich mit dem Rücken zu mir drehte und sein T-Shirt hochschob. Ohne es zu wollen wurde ich knallrot und ich musste mich zusammenreißen, dass mir nicht die Augen rausfielen.

Mein Gott, hatte der einen Körper!

»Uriah hat das gleiche, auch hier«, meinte Zeke über seine Schulter und deutete auf sein Tattoo.

Ich beugte mich vor um es genauer zu betrachten. Es war ein Skorpion, der da auf seiner rechten Seite hinaufkrabbelte. Es sah echt sehr gut aus. Ich streckte meine Hand aus und fuhr leicht über die Kruste, die sich gebildet hatte. Ich mochte das Gefühl irgendwie und musste an mein eigenes Tattoo denken, welches natürlich schon lange abgeheilt war. Ich konnte es mir nicht nehmen lassen und strich mit meinem Finger an der Außenseite der äußersten Linie entlang. Zekes Haut war warm und weich. Eine leichte Gänsehaut bildete sich auf meinen Armen.

»Könnt ihr euch bitte außerhalb der Unterrichtszeit betatschen? Ich mein, ich mach heute eh keinen Stoff mehr, aber herumstripen könnt ihr zu Hause.«

Der Lehrer bedachte Zeke und mich mit einem bösen Blick und ich ließ meine Hand zurückschnellen, als hätte ich mich verbrannt. Meine Wangen glühten und ich musste ein paar Mal tief durchatmen, bevor ich irgendetwas sagen konnte.

»Und das sagst du?«

Zeke hatte sein Shirt wieder völlig angezogen und ich war ihm sehr dankbar dafür, sonst hätte ich wahrscheinlich keinen geraden Satz mehr herausgebracht.

»Sieht echt klasse aus.«

»Ja ich weiß«, grinste er.
 

Die Stunde verging ziemlich schnell und der Eignungstest schien schon fast vergessen, doch als der Lehrer die Klasse verließ, wünschte er uns noch viel Glück dafür. Ich grummelte irgendetwas Unzusammenhängedes herum und Zeke begann laut loszulachen.

»Was war denn das?«

Ich zuckte die Schulter. »Keine Ahnung, ehrlich gesagt. Lass uns mittagessen gehen«, gab ich zurück, schulterte meinen Rucksack und schob mich an ihm vorbei hinaus aus dem Raum.

Das Mittagessen fand im Erdgeschoß statt - Zeke und ich nahmen ausnahmsweise die Treppen nach unten. Als er hineinging, rief ich ihm hinterher er solle mir einen Platz freihalten, da ich noch aufs Klo müsse. Er streckte mir einen seiner Daumen entgegen und machte sich grinsend vom Acker.

Auf der Toilette hatte ich endlich mal ein paar Momente für mich und konnte tief durchatmen. Heute war ein wirklich komischer Tag…

Mein Spiegelbild sah inzwischen nicht nur zerzaust und verschlafen aus, sondern man konnte schon deutlich die Schwellung auf meiner Wange sehen. Na das hatte ich ja wieder nötig. Vorsichtig strich ich darüber, ließ es aber gleich wieder bleiben, weil es mir nur die Tränen in die Augen trieb.

»Hey, alles klar?«

Ein Altruanmädchen war an mich herangetreten und musterte mich besorgt durch den Spiegel. Ich erkannte sie sofort - es war das selbe Mädchen, das vorhin dem Ken- und dem Candorjungen geholfen hatte.

»Ja, nein… ich weiß auch nicht, ehrlich gesagt. Das tut höllisch weh…«

Ich wandte mich um und wollte wieder gehen, als sie mich aufhielt.

»Hier leg dir das auf.«

Sie reichte mir einen Kühlbeutel, den ich zögernd entgegennahm.

»Das hilft, ich verspreche es dir.«

Sie lächelte mir aufmunternd zu und schließlich nahm ich den Beutel an mich.

»Dankesehr.«

Ich lächelte etwas zaghaft zurück und legte mir den Beutel an die Wange. Gott, tat das gut! Schnell wandte ich mich wieder dem Spiegel zu um meine Haare etwas ordentlicher aussehen zu lassen.

»Danke noch mal«, sagte ich zu der Altruan als ich mir die Hände wusch, den Raum verließ und meinen Kühlbeutel wieder gegen meine Wange drückte. Ich holte mir ein Tablett und ließ mir das heutige Mittagessen daraufschaufeln, während ich Ausschau nach Zeke hielt. Ich fand ihn auf der anderen Seite des Raumes gegenüber Kelly und einem anderen Ferox sitzen, den ich nicht kannte. Mir fiel wieder ein was Zeke wegen Kelly gesagt hatte und ich verzog das Gesicht. Auch wenn sie (anscheinend) meine Freundin war, brauchte sie sich nicht an meinen Mann ranmachen! Das war vielleicht etwas weit hergeholt, aber ich hatte vorhin mit mir selbst beschlossen, dass Zeke nun mir gehörte… ob er wollte oder nicht, muahahaaa.

Wie genau ich es schaffte das Tablett zu dem Tisch zu balancieren würde mir wohl in drei Jahren noch ein Rätsel sein, aber okay.

»Du hast dich geprügelt?«, begrüßte mich Kelly mit leuchtenden Augen, bevor ich mich überhaupt setzen konnte.

Ich stellte mein Tablett neben Zekes ab und klopfte dem leicht auf den Kopf. »Du musst auch alles weiterzählen, was?« Ich setzte mich hin und Kelly beugte sich über den Tisch um sich meine Schwellung unter dem Kühlbeutel anzusehen.

»Krass. Sehr fein, Lea, sehr fein«, lobte sie mich und ließ sich wieder zurückfallen.

Der dunkelhäutige Junge neben Kelly bedachte mich mit einem abstoßenden Blick und wandte sich seinem Kartoffelbrei zu. Ich hob eine Augenbraue, sagte aber nichts dazu. Der Ferox schien wohl einen schlechten Tag zu haben…

»Ich hab Naya gestern übrigens noch getroffen«, schmatzte Kelly und grinste durch die Runde nachdem sie hinuntergschluckt hatte. »Sie hat gesagt, dass sie auf jeden Fall wieder eine Party machen wird, und dass wir alle eingeladen sind«, verkündete sie fröhlich.

»Ich wär auch beleidigt, wenn ich nicht eingeladen wäre«, gab ich zurück und Kelly lachte.

Bevor sie allerdings etwas sagen konnte, ergriff der Junge neben ihr das Wort: »Vielleicht wäre es besser für alle Beteiligten, wenn du nicht da wärst.« Er starrte mich böse an und mir klappte der Mund auf. Ähm, hallo? Was war denn bitteschön mit dem los?

»Hey, lass Lea in Ruhe, Leaf. Sie kann nichts dafür, dass Shauna jetzt mit Ty zusammen ist«, mischte sich Zeke ein und bedachte seinen Gegenüber mit einem warnenden Blick.

Leaf grummelte irgendetwas und wandte sich wieder seinem Essen zu. Ich warf Zeke einen dankbaren Blick zu und schob mir selbst einen Löffel mit Kartoffelbrei in den Mund - auch wenn ich pürrierte Kartoffeln hasste… als ob ich keine Zähne mehr zum kauen hätte… naja, aber besser als gar nichts.

»Also ist das mit Shauna und Ty jetzt offiziell, oder wie? Naja, mal sehen ob Ty nicht wechselt, bei ihm bin ich mir da nicht so sicher ehrlich gesagt. Dann hättest du wieder Chancen bei ihr, Leaf«, fügte Kelly belustigt hinzu und stieß mit ihrer Schulter leicht gegen seine.

»Ach sei nicht beleidigt, Leaf«, rief Zeke aus und warf theatralisch die Arme hoch.

Leaf setzte sich auf und warf Zeke einen vorwurfsvollen Blick zu.

»Du weißt genau, warum ich sauer bin! Du hast zugelassen, dass ich in dem Team von Shauna und Ty lande! Ich dachte wir wären Freunde…«

Zeke verdrehte die Augen. »Mein Gott, das war doch nur ein Mal. Und es war bestimmt nicht das letzte Mal, dass wir Capture the Flag gespielt haben. Shauna durfte eben zuerst wählen und sie wird nicht dumm sein und sich irgendjemanden aussuchen, der nichts drauf hat«, versuchte Zeke seinen Freund wieder aufzumuntern, aber ob ihm das so gelang, da war ich mir nicht sicher.
 

Schließlich war es so weit und die Eignungstests standen vor uns. Ich saß in einer kleinen Gruppe mit Ferox beisammen und eigentlich war das Hauptthema unserer Unterhaltungen Nayas Party. Ich wusste gar nicht, dass meine Schwester (und vor allem ihre Partys) so beliebt waren.

Aber andererseits hatte ich ja nicht einmal gewusst, dass ich eine Schwester hatte…

Zeke, Kelly, Lauren und Shauna waren alle vor mir dran gewesen und unterhielten sich inzwischen schon wieder lautstark miteinander. Ich starrte abwesend Löcher in die Luft und kaute auf meiner Unterlippe. Was würde mich gleich erwarten? Die anderen hatten es alle schon hinter sich nur ich und Leaf waren noch übrig aus der Gruppe Ferox. Mein Blick glitt durch den Raum – die meisten waren schon dran gewesen und ich wollte es auch endlich hinter mir haben!

Als ich die Hoffnung aufgerufen zu werden schon aufgegeben hatte, wurde mein Name endlich aufgerufen und ich seufzte erleichtert auf. Zeke und Kelle klopften mir aufmunternd auf die Schultern, bevor ich den Raum durchquerte. Ich warf einen kurzen Blick zurück und sah Zeke, Kelly und Lauren, die mir alle drei ihre Daumen entgegenstreckten. Grinsend winkte ich ihnen zu, drehte mich um und betrat einen der kleinen Räume, in denen die Eignungstests durchgeführt wurden.

Eine Altruan nahm mich freundlich lächelnd in Empfang. Sie deutete auf den einzigen Stuhl, der in dem Raum stand und wandte sich wieder ihren Elektroden zu. Ich setzt mich auf den Stuhl, der mich viel zu sehr an einen Zahnarztstuhl erinnerte und machte es mir halbwegs bequem.

»Ich bin Alice und ich führe den Test mit dir durch. Du brauchst keine Angst zu haben, der Test zeigt dir nur die Fraktion, in die du laut deiner Entscheidungen am besten passt. Morgen bei der Zeremonie der Bestimmung entscheidest du das was für dich am ehesten in Frage kommt. Du musst dabei auch nicht auf den Test Rücksicht nehmen, er soll dir nur eine Entscheidungshilfe bieten«, erklärte mir Alice und schloss mich an die Elektroden an. »Trink das bitte. Danach beginnt die Simulation.«

Sie hielt mir eine klare blaue Flüssigkeit hin und nach kurzem Zögern leerte ich sie mir auf einmal hinunter.
 

Ich schlug die Augen auf und sah mich um. Es war ziemlich eng und ich hatte keine Ahnung wo ich war. Ich drehte mich einmal im Kreis und erkannte einen langen Gang. Vor mir sah ich Licht - es sah so aus als wäre dort ein Garten. Ich drehte meinen Kopf nach hinten und erkannte… gar nichts. Es war einfach nur dunkel. Ich wusste nicht recht was ich tun sollte, bis mich schließlich die Neugier packte und ich vorsichtig einen Fuß vor den anderen Richtung Dunkelheit setzte. Ich hasste Dunkelheit, doch meine Neugier war einfach größer. Im wahrsten Sinne des Wortes tappte ich im Dunkeln. Ich hatte keine Ahnung wie lange ich so im Dunkeln vor mich hin tänzelte, doch immer wenn ich mich umdrehte, sah ich den Garten ganz klar und deutlich. Die Arme hatte ich vor meinem Körper ausgestreckt um nirgends dagegenzulaufen. Gerade als ich überlegte doch umzukehren, wurde es hell um mich herum. Ich kniff die Augen zusammen und als ich mich an das helle Licht gewöhnt hatte, erkannte ich, dass ich mitten in einer Kreuzung stand. Vier Wege zweigten ab und ich blickte in die Richtung eines hölzernen Steges, der auf einen See hinaus führte. Ich musste mich zurückhalten um nicht sofort dorthin zu gehen und drehte mich einmal im Kreis. Ein Weg führte zum Eingang eines Gebäudes, ein weiterer führte zu einem kleinen Menschenauflauf, der durch die Gegend lief. Gesichter konnte ich nicht erkennen. Der letzte Weg führte zu einigen Regalen mit Büchern. Auch wenn meine Entscheidung schon gefallen war, blickte ich noch einmal sehnsüchtig hinüber zum See. Dann setzte ich mich in Bewegung und lief auf die Bücherregale zu. Ich liebte Bücher und dort schienen richtig viele herumzustehen. Von Büchern umgeben zu sein hatte irgendwie eine beruhigende Wirkung auf mich.

Kaum hatte ich den Raum betreten fiel die Tür hinter mir zu. Ich erschrak und wandte mich kurz um und rüttelte daran, doch sie war fest verschlossen. Ich sah mich um. Naja, es konnte einem etwas Schlechteres passieren als in einer Bibliothek eingeschlossen zu sein… Ein Blick nach oben verriet mir, dass die Regale beinahe bis zur Decke reichten. Da brauchte man Jahre um sich durchzulesen! Zwischen den Bücherregalen und der Decke befanden sich Fenster. Der einzige Weg nach draußen führte wohl über die Fenster… Ich ging in die Mitte des Raumes und lehnte mich an die Armlehne eines großen Ohrensessels. Die Decke war bestimmt fünf Meter über mir, wie sollte ich da hoch kommen? Ein Kletteraß war ich noch nie wirklich gewesen… Ich zuckte mit den Schultern und ließ mich über die Lehne auf den Sessel gleiten. Auf dem Tisch lag ein Buch, auf dem kein Titel stand. Ich nahm es an mich und öffnete es um es zu lesen. Mir würde schon noch etwas einfallen um nach draußen zu kommen.

Ich hatte noch nicht einmal das erste Kapitel aufgeschlagen, als die Stille plötzlich durch das Splittern von Glas zerbrochen wurde. Ich schrak auf, warf das Buch weg und sah mich um. Die Fensterscheiben waren alle zerstört, das Glas rieselte zu Boden, und Menschen waren in den Raum eingedrungen. Bevor ich mich orientieren konnte, spürte ich einen festen Druck auf meinem Oberarm. Ein bärtiger Mann hielt mich fest und schleifte mich mit sich. Er brüllte auf mich ein, doch ich verstand zuerst nicht was er wollte. Was ich hier machte? Ich hatte doch selbst keine Ahnung… Aber irgendetwas musste ich sagen, er hatte eine Pistole in der anderen Hand. »Ich… ich habe gelesen«, stotterte ich. In seinem Gürtel hingen einige Messer doch ich wagte es nicht eines hervorzuziehen. Wenn ich ihm ein Messer ins Bein rammen würde, würde er auf mich schießen, davon war ich überzeugt.

Er hörte gar nicht auf mein Gestammel sondern machte erst halt, als wir in einem kleinen Raum ankamen, der einem Verhörraum der Polizei glich. Ich hatte kaum Zeit, dass ich mich umsah, denn schon hielt er mir ein Foto meiner Familie vor die Nase.

»Bring mich zu dir nach Hause.«

»Und wenn nicht?«, gab ich motzend zurück und wich automatisch einen Schritt nach hinten.

»Sonst werde ich dir sehr, sehr weh tun. Und das willst du doch nicht, nicht wahr?«

Er war ganz nah an mich herangetreten und sah mir finster in die Augen. Ich schluckte schwer und rammte ihm schließlich mein Knie in die Weichteile.

»Einen Scheiß werd ich dir sagen!«, brüllte ich und versuchte von dem Mann wegzukommen. Auch wenn ich meine Familie in dem Sinne nicht kannte, würde ich sie niemals verraten.

Ich stolperte ein paar Schritte zur Seite und ein weiterer Mann kam herein. Er hielt Lily fest am Arm gepackt und hielt ihr eine Waffe an den Kopf. Das Mädchen sah verängstigt aus und warf mir einen hilfesuchenden Blick zu.

»Lily!«, rief ich aus.

Der Mann sah mich kurz irritiert an und in diesem Moment preschte ich nach vorne um ihn von Lily wegzustoßen. Ich zog sie an mich und drehte mich mit dem Rücken zu dem Mann um sie vor ihm zu schützen. Egal was nun passierte, selbst wenn er mich erschießen würde, ich würde es mir nie verzeihen, hätte ich nicht alles in meiner Macht stehende getan um sie zu retten…
 

Und plötzlich war alles vorbei.

Ich saß wieder in dem Raum von vorhin und eine Altruanfrau sah mich lächelnd an. Mein Herz raste und ich brauchte ein paar Momente um mich zu beruhigen. Die Frau tippte etwas in den Computer ein und ich vergrub meinen Kopf in den Händen.

Nur eine Simulation.

Lily ging es gut.

»Dein Ergebnis war recht eindeutig«, begann Alice und ich richtete mich wieder auf.

»Achja?« Ich hob eine Augenbraue und sah sie fragend an.

»Altruan.«

Decisions

Altruan? Also damit hätte ich nun am allerwenigsten gerechnet. Ich war noch nie sehr selbstlos gewesen, weshalb mich das Ergebnis des Tests etwas … überraschte. Aber meine Reaktionen in der Simulation zeigten anscheinend was anderes. Na gut, wenn sie meinten. Die Familie war nun einmal wichtig, egal ob man selbstlos war oder nicht. Und das wusste ich schon bevor ich mir The Fast and The Furious angesehen hatte.

Ich verabschiedete mich von Alice und ging wieder zurück zu meinen Freunden. Ein leichtes Lächeln lag auf meinen Lippen, als ich mich neben Kelly auf einen freien Platz fallen ließ. Altruan war … okay. Irgendwie zumindest. Wenn ich genauer darüber nachdachte, hätte mich wohl jedes Ergebnis überrascht. Denn wenn ich mich selbst genauer unter die Lupe nahm, war ich weder recht selbstlos, oder klug, oder mutig, oder allzu freundlich und schon gar nicht ehrlich. Wenn es die Situation erforderte, konnte ich lügen wie gedruckt.

»Na wollen wir dann?« Ein übermotivierter Zeke grinste durch die Runde und bewegte uns alle aufzustehen und zu gehen. Die Tests waren vorbei und wir waren entlassen. Gut, denn ich brauchte nämlich eindeutig viel Zeit zum Nachdenken. Morgen wäre die Zeremonie der Bestimmung. Neben der Hoffnung, dass ich mir mit dem vorgesehenen Messer tief genug in die Hand schnitt damit Blut heraustropfte, musste ich immer noch abwägen in welche Fraktion ich wechseln sollte. Gestern schien mir alles noch ziemlich klar zu sein - so schnell wie möglich von den Ferox abhauen, weil es sonst mein sicherer Tod sein würde. Doch inzwischen … ich musste zugeben, dass ich meine Freunde wirklich gern hatte. Mein Ferox-ich hatte wirklich guten Geschmack bewiesen. Und ich wusste ja, dass Shauna, Zeke und Lauren schon mal nicht wechseln würden. Bei Kelly war ich mir auch ziemlich sicher, um ehrlich zu sein. Es war wirklich schwierig …

Wir liefen gemeinsam zum Zug, der auch nach wenigen Minuten in unser Blickfeld rollte. Zeke wandte sich grinsend zu mir um und ich verdrehte die Augen. »Schau mich nicht an«, meinte ich gespielt beleidigt und schubste ihn etwas weg. Er lachte nur und meinte: »Ach wieso? Ich könnte dir den ganzen Tag zusehen, wie du dich in den Zug hineinwindest.« Mit einem belustigten Grinsen im Gesicht verdrehte ich erneut die Augen und begann, wie die anderen, neben den Schienen herzulaufen. »Ich finde das nicht witzig, Zeke!«, rief ich über das Donnern des Zuges hinweg, als ich bemerkte, dass er nur wenige Schritte hinter mir lief und mich immer noch grinsend beobachtete. Kurzerhand streckte ich ihm meinem Mittelfinger entgegen, beschleunigte meine Schritte und lief neben Kelly her. Diese war Sekunden später auf den Zug aufgesprungen und wandte sich zu mir um. Die letzten eineinhalb Tage hatten mich wohl so abgehärtet, dass ich mit der Einstellung lebte, dass ich ohnehin früher oder später sterben würde. Und ob ich jetzt einfach umfallen, oder unter einen Zug kommen würde, war auch schon egal. Gott würde schon wissen, was er tat. Meine rechte Hand langte nach dem Griff, während sich meine linke um Kellys Hand schloss, die sie mir entgegenstreckte. Ich stieß mich vom Boden ab und in Gemeinschaftsarbeit schafften wir es mich irgendwie in den Zug zu befördern. »Sag einfach nichts«, ermahnte ich Zeke, der kurz nach mir herein sprang und bis über beide Ohren grinste.

Ich setzte mich zu Shauna und Kelly auf den Boden und mein Blick fiel auf Leaf und Lauren, die am anderen Ende des Waggons heftig miteinander diskutierten. Ich hob eine Augenbraue und sah die beiden anderen Mädchen fragend an. Shauna zuckte nur mit den Schultern und meinte: »Das hat schon angefangen, nachdem du zu deinem Test gegangen bist. Ich glaub die beiden wissen selber nicht mehr worum es eigentlich geht. Aber ihre Beschimpfungen werden immer kreativer.« Shauna grinste und da musste ich ihr wirklich Recht geben. Neben ›Sackgesicht‹ und ›Arschgeige‹ fielen auch Wörter wie … nah, vielleicht sollte man die besser nicht wiedergeben. Irgendwas war wohl mit ihren Eltern, so viel konnte ich raushören, doch eigentlich ging es mich ja eh nichts an.
 

Der Streit der beiden hielt an, bis es Zeit war aus dem Zug zu springen. Wie immer stieg mir die Nervosität in den Magen und ich war kurz davor mich zu übergeben, als Kelly mich schon an der Hand nahm und mit sich zog. Das Mädel war aber auch impulsiv … Innerlich schrie ich um mein Leben. Äußerlich biss ich mir einfach nur auf die Lippe, bis ich Blut schmeckte. Wir landeten im Gras und stolperten ein paar Schritte nach vorne. Kelly schaffte es ihr Gleichgewicht zu halten, zumindest so lange bis ich uns beide umriss. Sie landete auf mir drauf und während ich vor Schmerz, Verzweiflung und Erniedrigung leise stöhnte, begann sie laut loszulachen. Ich hatte keine Ahnung warum und auch keine Zeit darüber nachzudenken, denn nur wenige Momente später stürzten sich Lauren, Shauna, Zeke und Leaf auf uns. »Ah, ihr spinnt doch!«, rief ich und kam nicht umhin in Kellys Lachen mit einzustimmen. Vielleicht war es der letzte Augenblick, den wir als Gruppe teilten. Ich wusste es nicht. Dafür war es umso schöner, lustiger … feroxiger.

»Was macht ihr denn da?« Eine etwas für ihr Alter zu überhebliche Stimme erreichte uns. Lily hatte die Arme vor der Brust verschränkt und sah uns an, als hätten wir alle einen Dachschaden. Man könnte fast meinen sie würde sich für unser Verhalten schämen. »Kuscheln. Und Lea zu Brei verarbeiten«, gab Zeke grinsend als Antwort und lachte. Shauna und Lauren rappelten sich auf und streckten sich einmal durch. Leaf zog Kelly mit sich auf die Beine, während ich immer noch unter Zeke begraben lag. »Kuschelstunde ist vorbei«, meinte ich und versuchte ihn von mir runter zu schieben, doch das war leichter gesagt, als getan. Schließlich erhob er sich doch und zog mich gnädigerweise auch auf die Beine. »Seid ihr jetzt fertig?«, fragte Lily genervt und verdrehte die Augen.

Gemeinsam gingen wir zum Ferox Hauptquartier. »Sagt mal habt ihr Lust heute Nachmittag noch was zu machen?«, fragte Kelly Shauna, Lauren und mich. Lauren schien sofort hellauf begeistert von der Idee. »Klar, ich bin dabei. Wir könnten uns ein neues Tattoo stechen lassen«, sinnierte sie sofort vor sich hin und zwinkerte Kelly zu. Shauna zuckte nur mit den Schultern. »Ich weiß nicht. Eher nicht. Ich bleib lieber zu Hause bei meiner Familie.« Kelly lächelte. »Auch kein Ding. Ist ja keine Pflichtveranstaltung. Was ist mit dir, Lee?« Lily warf mir einen kurzen Blick zu, den ich nicht wirklich deuten konnte. »Dad will heute noch mit dir reden«, meinte die Jüngere an mich gewandt. Ihr Ton hatte sich geändert und sie schien nicht mehr genervt von uns zu sein, sondern viel mehr besorgt. Keine Ahnung warum. Aber vielleicht wollte sie gar nicht, dass ich den Nachmittag mit meinen Freundinnen verbrachte? Ich biss mir kurz auf die Unterlippe, die immer noch nach Blut schmeckte. Vielleicht sollte ich die Chance nutzen, um mehr über meine Familie herauszufinden? »Sorry, Kelly. Ich passe auch«, antwortete ich schließlich und merkte wie sich Lilys Miene schlagartig wieder entspannte.

»Wieso werden wir eigentlich nie zu einem Mädelsnachmittag eingeladen?«, beschwerte sich Zeke als wir die Grube erreichten. Ich lachte auf und Kelly verdrehte nur die Augen. »Ihr könnt natürlich gerne auch kommen.« Ein Schmunzeln lag auf ihren Lippen als Zeke die Arme vor der Brust verschränkte und sich gespielt beleidigt wegdrehte. »Nein danke. Jetzt will ich nicht mehr.« Shauna gab ihm einen Klaps auf den Hinterkopf, bevor sie uns alle umarmte und sich von uns verabschiedete. Lily stand ungeduldig neben mir und wartete, bis auch ich mich von den anderen verabschiedet hatte. »Wir sehen uns dann morgen. Viel Spaß noch.« Ich zog Kelly in meine Arme und fühlte mich für einen kurzen Moment richtig glücklich. Was wenn das Leben hier gar nicht so scheiße war, wie ich gedacht hatte?

»Komm jetzt endlich«, beschwerte sich Lily und zog an meiner Jacke, damit ich mitkam. Was war denn mit dem Mädel heute los? Gestern wäre es beinahe zu viel gewesen, dass sie mir Guten Tag sagt und heute ist sie anhänglich wie ein kleiner Hund. Oder so. Vielleicht auch doch eher eine Ratte oder so - nichts für ungut, aber Lily mit einem kleinen, niedlichen Welpen zu vergleichen war beinahe so als würde man sagen Schnee wäre warm.

»Was ist denn heute los mit dir?«, fragte ich meine Schwester und warf ihr einen fragenden Blick zu. Ein leichter Rotschimmer legte sich auf ihre Wangen als sie irgendwas von Geschenk murmelte. Ich hob meine linke Augenbraue, zuckte mit den Schultern und folgte ihr nach Hause. Kaum hatten wir unser trautes Heim erreicht, verschwand Lily auch schon in ihrem Zimmer. Etwas verwirrt sah ich ihr hinterher und schenkte mir ein Glas Wasser ein. Die kühle Flüssigkeit rann meine Kehle hinunter und ließ mich erleichtert aufseufzen. Nachdem ich den heutigen Tag ja beinahe verschlafen hätte, war mein ›geregelter‹ Tagesablauf im Eimer und ich immer noch unendlich müde - am liebsten würde ich mich hinlegen und die nächste Woche durchschlafen. Doch anscheinend hatte Lily etwas vor und mein Vater wollte ein Gespräch mit mir führen. Ich ließ meinen Rucksack in eine Ecke fallen und kramte in meinem Kleiderkasten nach frischen Klamotten. So langsam gefiel mir das Leben als Ferox - hier hatte ich wenigstens keine Mutter, die sich beschwerte, wenn ich nur schwarze Sachen trug. Ich entschied mich für eine kurze Hose und ein Top, dann suchte ich noch ziemlich hilflos nach frischer Unterwäsche bevor ich mich hinaus in den Irrgarten wagte und schließlich im Badezimmer verschwand. Ich hatte all meine Hoffnungen in das lauwarme Wasser gesetzt, das mich etwas wacher werden lassen sollte - doch stattdessen war mir einfach unendlich kalt und ich wollte mich jetzt erst recht in meinem kuschligen Bett verkriechen. Aber Lily machte mir einen Strich durch die Rechnung. Sie hämmerte wie wild geworden gegen die Badezimmertür und brabbelte irgendetwas von ich solle mich beeilen. Ich verdrehte die Augen, trocknete mich in Windeseile ab und hängte mein Badetuch über die Dusche. Das Frisieren ließ ich aus, obwohl ich wusste, dass ich es spätestens morgen bereuen würde.
 

Fünf Minuten später stand ich in der Küche und … wartete. Denn Madam Lily hatte sich wohl wieder in ihrem Zimmer verkrochen. Die Tür der Wohnung ging auf und gerade wollte ich zu einer Schimpftirade ansetzen, als ich meinen Vater entdeckte. »Hallo, Liebes. Wie war der Test?« Ich verzog das Gesicht und zuckte nur mit den Schultern. Ich hatte keine Ahnung, was ich ihm groß erzählen sollte - es war verboten über die Ergebnisse zu reden, das hatte Alice mir auch noch einmal klar gemacht. Mein Vater lachte und zog mich kurz in eine Umarmung, die mich noch mehr irritierte. »Schon gut, ich weiß du darfst nicht darüber sprechen. Aber ich möchte mich heute Abend trotzdem kurz mit dir unterhalten, okay? Ich leg mich jetzt hin und ich glaube Lily hat noch etwas für dich«, fügte er mit einem Zwinkern hinzu, bevor er die Küche verließ. Etwas verwirrt sah ich ihm hinterher. Heute war ein komischer Tag.

»Lily?«

Ich ließ mich auf einen Stuhl fallen und seufzte. Dieses Mädchen brachte mich früher oder später noch ins Grab. Hoffentlich später, denn eigentlich wollte ich ganz gerne in einem ganzen Stück wieder nach Hause. Daheim … das war alles so weit weg. Und es war beinahe so, als hätte es daheim nie gegeben - ich hatte hier Freunde, eine Familie, ein richtiges Leben … es wirkte so, als wären meine bisherigen Lebensjahre ein Traum gewesen. Außerdem gefiel mir die Tatsache, dass ich jetzt 16 und nicht mehr 20 war schon mal gar nicht…

»Erde an Lea!«

Die genervte Stimme meiner kleinen Schwester riss mich aus den Gedanken. Sie stand vor mir und hielt die Hände hinter dem Rücken versteckt. Auch wenn sie aufgeregt schien, hielt sie das nicht davon ab, dass sie die Augen verdrehte. »Sorry«, murmelte ich und richtete mich etwas auf.

»Ich hab etwas für dich.«

Lily strahlte übers ganze Gesicht, als sie mir nun offenbarte, was sie hinter ihrem Rücken versteckt hatte. Es war … ja … was war es eigentlich? Die komischen Holzstecken sahen aus wie Pfeile. Und mit viel Phantasie konnte das andere ein Bogen sein. Ah … Pfeil und Bogen, ja das erklang mir logisch. Lily sah mich erwartungsvoll an und ich nahm ihre Bastelei vorsichtig entgegen. Ich legte die Sachen neben mich auf den Tisch und begutachtete es kurz. Irgendwie hatte ich Angst, dass es auseinander fallen könnte, wenn ich es allzu lang anstarrte.

»Wow, Lily. Das wäre echt nicht nötig gewesen.« Ich wandte mich zu ihr und erwiderte ihr strahlendes Lächeln. »Gefällt es dir?«, fragte Lily in einem Ton, der keine Widerrede dulden ließ. »Natürlich gefällt es mir.« Ich legte ihr eine Hand auf die Schulter und zog sie dann in eine kurze Umarmung. »Gut, ich hab wirklich eine halbe Ewigkeit gebraucht und dachte schon ich werde nicht mehr rechtzeitig fertig. Dann ist mir auch noch das Holz ausgegangen, aber Naya hat mir Gott sei Dank Nachschub vorbei gebracht«, plapperte Lily gleich los und nahm den Bogen in die Hand, als würde sie ihre Worte bestätigen wollen.

Ich griff nach den Pfeilen und dem Bogen, den Lily nun wieder auf den Tisch gelegt hatte und wollte sie in mein Zimmer bringen, als Lily auch schon übereifrig fragte, ob wir sie nicht ausprobieren wollten. So begeistert hatte ich das Mädchen noch nie gesehen. »Ja klar. Können wir gerne.« Ich setzte ein Lächeln auf, als Lily vor Freude in ihr Zimmer hüpfte um ihre Schuhe zu holen. Dann riss sie mir Pfeil und Bogen aus den Händen, damit ich selbst in meine Schuhe schlüpfen konnte. »Und wo willst du die Pfeile testen?«, fragte ich, als ich mir meine total coole Lederjacke überwarf und mit Lily nach draußen ging. »Willst du nach oben?«, fügte ich sogleich hinzu und hoffte der kleine Wicht würde verneinen, denn ich hatte nur wenig Lust Millionen von Treppen nach oben zu steigen. »Nein, wir gehen zum Fluss«, meinte Lily bestimmend und stapfte mir voraus zum Fluss, der sich durch das Hauptquartier schlängelte.

Keine fünf Minuten später saßen wir nebeneinander auf einem Felsen und wechselten uns damit ab Pfeile über in den Fluss zu schießen. Ich hatte ja irgendwie Angst, dass der Bogen auseinanderbrechen würde, wenn ich den Pfeil zu stramm zurückziehen würde. Doch Lily schien das egal zu sein, denn sie spannte den Bogen so weit, dass ich dachte, er würde jeden Moment in alle Einzelteile zerbrechen - tat er aber nicht. Das Fräulein hatte offenbar doch ein technisches Geschick. Was ihr aber nicht dabei half, dass sämtlich Pfeile trotzdem gerade mal drei Meter weit flogen - wenn überhaupt; ich war zwar nicht gut im Entfernungen schätzen, aber dass das nicht die normale Flugweite eines Pfeiles war, erkannte sogar ich. Der Großteil der Pfeile landete im Fluss und wurde mit gerissen. Doch das schien sie nicht weiter zu stören, denn eigentlich schien es sie nur noch mehr zu motivieren. Ich hatte zwar keine Ahnung, woher auf einmal diese vielen Pfeile kamen, doch ich war mir inzwischen fast sicher, wieso Naya Lily Holznachschub hatte bringen müssen. Ein Lachen entwich mir, als einer von Lilys Pfeilen sehr elegant durch die Luft flog und schließlich einen Sturzflug in den Fluss machte - dem Pfeil schien es wohl auch zu reichen. Lily boxte auf meinen Oberarm und streckte mir die Zunge entgegen. »Machs doch besser!« Schmollend verschränkte sie die Arme vor der Brust und freundschaftlich stupste ich mit meiner Schulter gegen ihre. »Du weißt, dass du viel besser bist als ich«, meinte ich gut gelaunt, griff dann aber nach einem Pfeil und dem Bogen und versenkte ihn mehr oder weniger absichtlich im Fluss. Das schien ihre Laune wieder zu heben und sie riss mir den Bogen wieder aus der Hand.

»Wechselst du eigentlich die Fraktion?«, fragte Lily nach einer Weile geradeheraus und sah mich fragend an. Die Frage überraschte mich und eigentlich wollte ich gar nicht darauf antworten, doch als ich mich zu ihr drehte, sah sie mich immer noch mit diesen großen, traurigen Kulleraugen an und wartete auf eine Antwort. Ein leises Seufzen entwich mir und ich ließ den Bogen sinken. »Ich weiß es nicht«, antwortete ich wahrheitsgemäß. Seit dem Test hatte ich noch keine Zeit gehabt mir richtig darüber Gedanken zu machen, was die Situation nicht unbedingt vereinfachte. »Ich will nicht, dass du gehst«, meinte Lily nach kurzem Schweigen leise und bettete den Kopf an meine Schulter. Wie automatisch legte ich meinen Arm um sie und drückte sie leicht. Sie hatte wohl wirklich Angst davor, dass ich wechseln könnte - dabei hatte ich bisher gedacht, dass ich ihr eher auf die Nerven ging als sonst was.

Eine Zeit lang saßen wir so schweigend nebeneinander, bis Lily leise zu schnarchen begann. Das war jetzt hoffentlich nicht ihr Ernst oder? Ich verdrehte die Augen und stupste sie sanft mit dem Pfeil in meiner Hand in die Seite. »Lily, aufwachen.« Die Jüngere schrak auf und setzte sich kerzengerade hin. Ich hielt sie am Oberarm fest, aus Angst sie könnte vielleicht hinunterfallen, doch diese Tragödie blieb Gott sei Dank aus. »Komm, gehen wir wieder nach Hause«, meinte ich lächelnd und zog sie mit mir auf die Beine. Sie schien wirklich erschöpft zu sein - vielleicht hatte sie die letzten Nächte an meinem Geschenk gebastelt oder sie hatte sich Sorgen gemacht, dass ich wechseln könnte? Oder sie hatte sich einfach die Nächte mit ihren Freunden um die Ohren geschlagen, was ja auch eine Möglichkeit war. Und ehrlich gesagt würde ich ihr das sogar zutrauen …

Etwas orientierungslos stand ich nun inmitten der Grube, in der einen Hand hielt ich die übrig gebliebenen Pfeile und den etwas lädiert wirkenden Bogen, und mit der anderen Hand versuchte ich zu verhindern, dass Lily auf den Boden knallte. »Was hab ich eigentlich verbrochen …«, murmelte ich zu mir selbst und versuchte etwas verzweifelt Lily auf den Beinen zu halten. Wie konnte man eigentlich im Stehen einschlafen? Das hatte selbst ich noch nicht auf die Reihe gebracht. Ich legte mir ihren Arm um meine Schultern, während ich meinen um ihre Taille schlang. Mit sehr langsamen Schritten wanderten wir durch die Grube und ich hatte das Gefühl, dass das wohl zu den schlimmsten Erlebnissen hier werden könnte. Ich hatte keine Ahnung wo unsere Wohnung war und noch weniger wusste ich, wie ich Lily heil nach Hause bringen sollte.

Doch anscheinend hatte ich irgendwann einmal eine sehr gute Tat vollbracht und wurde nun dafür belohnt. Keine zwei Meter entfernt, liefen Kelly und Lauren an uns vorbei. »Hey!«, rief ich etwas atemlos und hatte schon Angst, dass sie mich überhören könnten, doch Kelly wandte sich sofort zu mir um. »Lea, ich hab dir schon einmal gesagt, dass du sie nicht unter Drogen setzen sollst und darfst«, lachte Kelly, als sie uns sah und zu uns kam. Belustigt verdrehte ich die Augen. »Ich hätte ihr zwar gerne was in ihr Essen gemixt, aber sie ist einfach eingeschlafen. Und nicht mehr aufgewacht«, fügte ich unnötigerweise hinzu. Kelly legte sich kurzerhand Lilys zweiten Arm um die Schulter, während mir Lauren die Pfeile und den Bogen abnahm. »Danke.« Ich lächelte die beiden an und mit Kellys Hilfe schafften wir es in einem halbwegs angemessenen Tempo nach Hause. Den Weg hatte ich mir zwar erneut nicht gemerkt, aber egal. Lauren öffnete uns die Tür und Kelly half mir noch meine kleine Schwester in ihr Bett zu legen. Ich hatte gar keine Möglichkeit mich darüber zu wundern, dass Lilys Zimmer braver aussah, als es eigentlich sollte, denn Kelly hatte mich schon wieder mit zur Wohnungstür gezogen. »Also. Wir sehen uns dann morgen.« Es schien ihr sichtlich schwer zu fallen sich zu verabschieden und ich konnte verstehen warum. Sie hatte sicher genauso viel Angst, dass sich unsere Gruppe auflösen würde, wie meine Schwester Angst hatte, dass ich wechseln könnte. Am liebsten hätte ich ihr versichert, dass Lauren, Shauna, Zeke und die anderen sowieso hier bleiben würden, doch ich sah noch rechtzeitig ein, dass das wohl etwas dämlich wäre. »Ja. Wir sehen uns morgen«, antwortete ich also nur und lächelte leicht. Kelly und ich umarmten uns länger, als die letzten paar Mal und für einen Moment hatte ich das Gefühl in ihr eine wahre Freundin gefunden zu haben. Auch wenn ich sie eigentlich nicht kannte. »Danke noch mal für eure Hilfe«, meinte ich, als ich Pfeile und Bogen von Lauren entgegen nahm und auch sie kurz in meine Arme schloss.
 

Eigentlich hatte ich nie vorgehabt hier zu bleiben. Irgendwie musste ich wieder nach Hause kommen, doch wie sollte ich das bitteschön anstellen? Das Gespräch mit meinem Vater war auch nicht gerade das gewesen, was man als aufschlussreich bezeichnete. Natürlich wollte er, dass ich hier blieb - Naya war schließlich auch hier geblieben. Aber im Prinzip wollte er ja nur das, was mich glücklich machte.

Seit geschlagenen drei Stunden lag ich nun mit offenen Augen in meinem Bett und starrte die Decke an, als ob sie mir jeden Moment die Lösung für mein Problem offenbaren könnte. Doch sowohl die Decke als auch ich wussten, dass das nie passieren würde. Leider … Es war wirklich die schwerste Entscheidung meines ganzen Lebens. So richtig wollte ich in keine der Fraktionen hineinpassen - bei den Amite würde ich wohl noch am meisten geschont. Auch wenn ich nicht wirklich Bock auf Feldarbeit hatte, aber das Leben wäre friedlich und ich müsste nur freundlich sein, obwohl das schon ein ziemlicher Auftrag war. Aber immer noch besser als selbstlos, klug, ehrlich oder mutig zu sein. Nur würde ich am Rande des Zauns die geringste Möglichkeit überhaupt haben um wieder nach Hause zu kommen. Ich könnte höchstens mitten auf den Feldern zu beten beginnen. Ob mir das allerdings weiterhalf, wagte ich zu bezweifeln. Ich könnte abhauen und nach Europa reisen - aber auch das erschien mir nicht gerade sinnvoll, logisch und einfach.

Seufzend drehte ich mich zur Seite. Es war zum Durchdrehen. Bei den Ken hätte ich vielleicht eine Chance, immerhin gab es dort Unmengen an Computerzeugs und schlauen Leuten. Das Problem war nur, dass ich nicht so schlau war, wie ich dort sein sollte. Und die ganzen schlauen Menschen dort, waren großteils einfach nur überheblich, und darauf hatte ich auch keine große Lust. Candor fiel sowieso weg, da meine ganze Existenz hier eine Lüge war, die ich verheimlichen musste. Blieben nur noch Altruan und Ferox. Ich könnte mich damit abfinden selbstlos zu werden, und anscheinend war ich das ja auch irgendwie, denn mein Testergebnis sprach für sich. Doch könnte ich mich auch damit abfinden meine ganzen Freunde hier zurück zu lassen? Gestern noch wäre ich am liebsten sofort abgehauen. Mehr als 24 Stunden und tausende Lachanfälle später, sah die Sache schon anders aus. Ich war zwar nicht mutig, doch die Leute mit denen ich hier zu tun hatte, waren genau die Art von Leuten, mit denen ich auch in meinem echten Leben zu tun hatte. Lustig und für jeden Blödsinn zu haben. Doch würde ich die Initiationsphase überhaupt schaffen? Ich wusste ungefähr was mich erwartete, und ich wusste auch, dass die Initiationsphase in zwei Jahren härter werden würde als jetzt … immerhin war Eric noch nicht Möchtegernchef. Der Gedanke mich in einer Simulation mit meinen schlimmsten Ängsten zu befinden, war noch gar nicht das Schlimmste daran. Viel mehr fragte ich mich, ob ich es erstens überleben und zweitens weiter schaffen würde, wenn es darum ging, mit den anderen Initianten zu kämpfen. Wenn ich daran dachte eine Waffe in die Hand nehmen zu müssen, wurde mir schon übel. Bisher hatte mir mein Wissen über diese Welt weniger gebracht, als ich es manchmal gebraucht hätte - doch dass ich wusste, wie die Initiationsphase aussehen würde, war nicht gerade hilfreich. Konnte man das nicht irgendwie abstellen? Etwas verzweifelt zog ich mir die Decke übers Gesicht, doch das hielt die bösen Gedanken an Waffen, Kämpfe und Boxsäcke auch nicht draußen. Ich würde mir spätestens nach einer Trainingsstunde irgendetwas brechen…

Ich drehte mich auf den Bauch und vergrub das Gesicht halb in meinem Kissen - ich war kein Fan von auf-dem-Bauch-liegen, doch so ging es und war sogar halbwegs bequem. Meine Augen brannten und ein dicker Kloß in meinem Hals erschwerte mir das Schlucken. Eigentlich hatte ich mich entschieden diese Fraktion so schnell es ging zu verlassen. Doch jetzt wünschte ich mir nichts sehnlicher, als noch einen weiteren Tag ohne an die Zeremonie der Bestimmung denken zu müssen. Und noch einen am besten. Ich wollte es solange es ging hinauszögern. Doch schon in ein paar Stunden, würde ich vorne stehen und mir mit diesem blöden Messer in die Hand schneiden. Bei meinem Glück bekam ich auch noch eine Infektion … Wieso konnte mir die Entscheidung niemand abnehmen? Ich hatte furchtbare Angst vor dem was kommen würde. Viel lieber würde ich jetzt auf einen Zug springen, als daran denken zu müssen, was mich erwartete. Ein leises Schluchzen entwich mir und ich konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten. Wieso gab es niemanden, mit dem ich offen über alles reden konnte? Über den Test, über meine Ängste und vor allem darüber, dass ich eigentlich gar nicht hierher gehörte!

Dennoch - die Entscheidung konnte mir niemand abnehmen. Auch wenn es schwer war, musste ich mir darüber im Klaren sein, wo ich die größten Chancen hätte wieder nach Hause zu kommen. Wo ich am besten hin passte. Und wo ich bodenständige Freunde hatte, die mir helfen würden, egal wie blöd ich mich anstellte. Freunde, die immer zu mir halten würden, egal ob ich ich war oder nicht. Freunde, die mein Ferox-ich besser kannten, als sonst jemand.

Die Entscheidung war im Prinzip schon gefallen.

A New Beginning

Am nächsten Morgen konnte ich nicht mehr sagen ob und wie lange ich überhaupt geschlafen hatte. Ich wusste nur mehr, dass ich mit entsetzlichen Kopfschmerzen wach wurde, als Naya mich leise weckte. Grummelnd setzte ich mich in meinem Bett auf und sah mich in dem kleinen Raum um. Egal was heute passieren würde - ich würde ihn nicht so schnell wiedersehen.

»Bist du schon fertig?«

Naya steckte den Kopf zur Tür herein und ich verdrehte nur die Augen.

»Ja klar.«

Seufzend stand ich schließlich doch auf. Ich konnte mich ja sowieso nicht verstecken. Und bevor sie mich in meinen Schlafklamotten wegschleppten, beeilte ich mich mal lieber. Meine Morgentoilette dauerte kaum zehn Minuten und nachdem ich mich weitere zehn Minuten später entschlossen hatte was ich anziehen würde, ging es dann auch schon los. Sogar meine Mutter war dabei, die ich seit meinem kurzen Aufenthalt hier nur auf Fotos gesehen hatte. Die Reise in das Zentrum, wo die Zeremonie der Bestimmung stattfinden würde, ging meiner Meinung nach viel zu schnell.

Im Zug hatte ich Kelly, Lauren und Shauna getroffen, die alle drei ebenso nervös wirkten wie ich. Nachdem ich wusste, dass Lauren und Shauna bei den Ferox bleiben würden und ich mir bei Kelly ebenso sicher war, wurde mir klar, dass ich mich für meine Nervosität nicht schämen musste. Heute begann ein neues Leben - der Rest unseres Lebens. Auch wenn es für mich wohl ein noch größerer Schritt war, wurde mir erst jetzt richtig bewusst, dass für die anderen auch viel am Spiel stand. Unser normales Leben - sofern ich meine letzten Tage hier als ›normal‹ betiteln durfte - war vorbei, in wenigen Stunden würden wir uns Initianten schimpfen. Nachdenklich betrachtete ich die Landschaft, die draußen an uns vorbeizog. Immer noch fühlte sich das alles wie ein Traum an. Aber aufwachen würde ich daraus wohl nicht so schnell, das war mir inzwischen auch klar geworden.

Ich spürte wie jemand nach meiner Hand griff und blickte in Lilys Gesicht. Sie schien genauso nervös zu sein wie die Sechzehnjährigen. Man könnte meinen, dass sie selbst zur Zeremonie musste. Ich drückte ihre Hand und versuchte ihr aufmunternd zuzulächeln, doch so ganz gelang es mir nicht. »Ich hab dich lieb, Lea«, murmelte Lily und drückte sich kurz an mich. Wie automatisch legte ich meine Hand auf ihren Kopf und strich ihr sanft übers Haar. Ich musste an meinen jüngeren Bruder denken, der nur ein Jahr älter war als Lily und sich irgendwo in einer Parallelwelt mit seinen Problemen rumschlagen musste. Allein. Weil ich irgendwo war. »Ich hab dich auch lieb«, gab ich ebenso leise zurück und erwiderte die Umarmung. Ich schöpfte neue Hoffnung, als der Zug langsamer wurde. Ich konnte Lily nicht auch noch alleine lassen - das brachte ich einfach nicht übers Herz

»Wir müssen aussteigen.«

Naya tauchte neben uns auf und lächelte leicht.

»Das machst du schon. Hör einfach auf dein Herz.«

Ach wie toll diese Ratschläge hier alle waren.

Ich widerstand der Versuchung die Augen zu verdrehen und folgte Naya zur Türöffnung des Zuges. Wie automatisch griff sie nach meiner Hand und gemeinsam mit Lily sprangen wir aus dem Zug, der heute langsamer fuhr als sonst. Nein, meinen geschärften Sinnen entging nichts. Ich stolperte ein paar Schritte nach vorne, doch Lily und Naya gaben mir Halt, sodass ich nicht - wieder - auf die Schnauze fiel.
 

Es stellte sich heraus, dass die Ferox die heutige Zeremonie leiten würden. Von den vier Oberhäuptern der Ferox, würde Max die Zeremonie abhalten. Die Sechzehnjährigen mussten sich in alphabetischer Reihenfolge an der Wand entlang aufstellen, während die restlichen Mitglieder der einzelnen Fraktionen auf den hohen Rängen Platz nahmen. Naya und Lily streckten mir ihre Daumen entgegen, während meine Eltern mir aufmunternd zulächelten. Ich lächelte leicht zurück und wandte dann den Blick ab um die anderen Sechzehnjährigen zu mustern. Kelly stand beinahe am Beginn der Schlange und ich beobachtete sie ein paar Momente, wie sie ihre Finger durchknetete. Als ich den Blick abwandte, entdeckte ich Zeke nur ein paar Menschen von mir entfernt. Wie üblich trug er sein breites Grinsen und zwinkerte mir zu, als er meinen Blick auffing. Ich musste schmunzeln und wandte mich wieder ab und blickte nach vorne, wo fünf große Metallschalen auf einem Podest standen. Ich wusste was darin war. Brennende Kohlen für Ferox. Glas für Candor. Graue Steine für Altruan. Wasser für Ken. Und Erde für Amite.

Max hielt eine Rede, der ich absolut und gar nicht lauschte. Es interessierte mich ehrlich gesagt nur wenig, was er zu sagen hatte - außerdem war ich mir fast sicher, dass man hier jedes Jahr das selbe hörte. Mein Blick fixierte stattdessen die fünf Schalen. Feuer, Glas, Steine, Wasser oder Erde. Hatte ich gestern Nacht noch gewusst, wie ich mich entscheiden würde, so war ich mir plötzlich wieder furchtbar unsicher. Wieso sagte ich nicht einfach, dass ich hier nicht her gehörte? Achja genau … man würde mich wohl umbringen. Gut, darauf konnte ich dann auch verzichten.

»Ezekiel Pedrad.«

Ich zuckte zusammen, als ich Zekes Namen hörte und sah, wie er sich aus der Reihe löste und nach vorne ging. Die Sechzehnjährigen wurden alphabetisch, von hinten angefangen, aufgerufen und mussten sich entscheiden. Zeke zögerte keinen Moment. Er nahm das Messer, das ihm gereicht wurde, schnitt sich damit in die Hand und ließ sein Blut auf die brennenden Kohlen tropfen.

»Ferox«, ertönte Max´ Stimme wieder und die Fraktion begann zu jubeln. Zeke stellte sich zu den anderen Initianten, unsere Blicke trafen sich noch einmal und dann wandte ich mich wieder ab. Die Person neben mir wurde gerade nach vorne zitiert. Wie in Zeitlupe sah ich, wie sich das Mädchen in die Hand schnitt und sich für Amite entschied. Gleich würde er meinen Namen sagen. Gleich würde er meinen Namen sagen. Hilfe! Sollte ich einfach davonlaufen?

»Lea O´Conner.«

Ich schluckte schwer und bevor ich auch nur noch einmal daran denken konnte wegzulaufen, setzten sich meine Beine zitternd in Bewegung. Der Ferox reichte mir ein neues Messer und ich hatte schon Angst es fallen zu lassen, so sehr zitterten auch meine Hände. Er schenkte mir ein aufmunterndes Lächeln, was für mich aber eher wie eine Grimasse aussah. Plötzlich hatte ich Angst, dass er mein Geheimnis durchschaut hatte und ich war wieder versucht wegzulaufen. Oder noch besser - vielleicht sollte ich das Messer nach ihm werfen? Das wäre eine Idee.

Bevor diese Idee noch Gestalt in meinem Hirn annehmen konnte, drückte ich mir die Klinge vorsichtig in die Handfläche. Aus irgendeinem wahnwitzigen Grund, hatte ich wohl geglaubt, dass Blut aus meiner Hand tropfen würde, kaum berührten sich Messer und Haut. Dem war nicht so. Ich musste leichten Druck auf das Messer ausüben und hätte am liebsten laut geschrien. Nicht mal unbedingt weil es so weh tat, sondern einfach weil ich mir ein Messer in die Hand drückte! Wie gestört war das bitte? Was da alles passieren konnte! Angenommen das Messer wäre nicht klinisch rein, ich könnte mir irgendwas einfangen. Immer noch kein Blut. Sollte ich mir etwa die Hand abhacken? Was erwarteten die eigentlich hier von einem? Wahrscheinlich konnte ich meine Hand nach diesem Tamtam nie mehr verwenden. Ich schnaubte leise und drückte noch ein wenig fester zu. Es brannte, war jedoch immer noch angenehmer, als wenn man sich aus Versehen in die Hand schnitt. Oder in den Fingernagel. Trotzdem konnte ich mir angenehmere Dinge vorstellen. Und dann endlich, kamen die ersten Tropfen Blut.

Ich ließ meinen Blick über die fünf Schalen gleiten und trat näher heran. Blut sammelte sich in meiner Handfläche. Meine Entscheidung war schon gefallen. Ich durfte sie nicht mehr ändern. Ich sollte sie nicht mehr ändern.

Immer noch leicht zitternd, streckte ich meine Hand über die Schale und schloss die Augen. Ich hörte das Zischen, als mein Blut auf die Kohlen tropfte und im selben Moment ertönte Max´ Stimme: »Ferox.«

Ich hatte es getan.

Ich hatte es wirklich getan!

Langsam öffnete ich die Augen wieder, reichte dem Ferox das Messer und nahm dankend ein Pflaster entgegen. Dann wandte ich mich um und ging auf meine neue alte Fraktion zu. Meine Familie jubelte und Zeke grinste breit und klatschte überschwänglich in die Hände. Bevor ich mich neben ihn stellte, warf ich Kelly noch einen kurzen Blick zu. Auch sie lächelte und nickte leicht. In diesem Moment war mir klar, dass auch sie nicht gehen würde. Ich erwiderte das Lächeln und nickte zurück, bevor ich mich abwandte und meinen Platz einnahm. Ich wischte das Blut an meiner schwarzen Hose ab - es würde also niemand sehen hihi - und klebte das Pflaster über die Schnittwunde. Zeke schien so glücklich wie noch nie. Zumindest bis zu dem Zeitpunkt als Leaf nach vorne trat und zu den Candor wechselte. Selbst mir klappte ungläubig der Mund auf. Zekes Stimmung drehte sich um 180 Grad und plötzlich war sein Gesichtsausdruck eher betrübt als fröhlich.

Der einzige Aufreger, der auch die Anwesenden verwunderte war, als Tobias Eaton von den Altruan zu den Ferox wechselte. Durch die Reihen der Altruan ging ein Raunen, währen die Ferox jubelten und Max dreinschaute, als hätte man ihm eröffnet, dass er morgen ein Interview auf dem Mond geben musste. Tobias gesellte sich zu den Initianten und ich musste kurz schlucken. Four. Wie lange es wohl dauern würde, bis man ihn so nannte?

»Ruhe bitte!«, forderte Max die Anwesenden schließlich auf und schien sein Mond-Interview inzwischen auch verkraftet zu haben. Ich presste die Lippen aufeinander um nicht laut loszulachen. Die machten sich ja beinahe in die Hose, weil Four Tobias die Fraktion wechselte. Damit hätten sie aber rechnen müssen. Meiner Meinung nach. Und Markus Eaton sowieso.

Kelly wurde aufgerufen und ich merkte, dass auch ihre Hand leicht zitterte, als sie ein Messer entgegen nahm. Es dauerte nicht lange und Kelly entschied sich ebenso für die brennenden Kohlen - für Ferox. Ich stimmte in das Jubeln der anderen mit ein und umarmte meine beste Freundin, als sie sich neben mir eingefunden hatte.
 

Die restliche Zeremonie verfolgte ich nur mehr sehr halbherzig. Wir waren zu sechst, die bei den Ferox geblieben waren. Neben Kelly, Zeke und mir waren da noch Shauna, Lauren und Ash. Sieben weitere Initianten aus den anderen Fraktionen waren inzwischen auch zu uns gestoßen - darunter Eric und Four - und es sollten keine weiteren mehr folgen. 13 Leute, ein überschaubares Grüppchen, wie ich fand.

Nachdem das ganze Theater vorbei war, waren die Ferox die ersten, die sich auf den Weg nach draußen machten. Die Euphorie der anderen war ansteckend und auch wenn ich mich fühlte, wie eine übergewichtige Robbe, die nicht vom Fleck kam, strahlte ich über's ganze Gesicht. Kaum waren wir draußen, griff Kelly nach meiner Hand und gemeinsam liefen wir freudestrahlend zum Zug. Wir hatten es wirklich getan. Und ich lebte noch! Ich wusste noch nicht was mich mehr verwunderte, wenn ich ehrlich war. Da war das Hineinspringen in einen fahrenden Zug ja schon fast ein Klacks. Aber eben nur fast. Im Nachhinein betrachtet, hatte ich keine Ahnung wie genau ich da eigentlich hinein gekommen war. Das einzig befriedigende dabei war, dass die Transferinitianten noch mehr Probleme dabei hatten als ich. Einer davon anscheinend sogar so sehr, dass wir nur mehr 12 Initianten waren, wie ich bemerkte, als der Zug schneller wurde. Mir wurde schmerzlich bewusst, dass das Leben bei den Ferox wirklich hart war. Hatte ich mich richtig entschieden? Naja, ändern konnte ich es jetzt ja ohnehin nicht mehr, sonst wäre ich fraktionslos und würde vermutlich nie mehr nach Hause kommen. Ich musste einfach mein Bestes geben. Und das würde auch jeden Moment beginnen, denn wie ich wusste, stand mir ein Sprung von einem Dach bevor. Gefühlte zehn Kilometer in die Tiefe. Zum Glück wusste ich, dass unten ein großes Netz auf mich wartete, das mich auffangen würde, dennoch war die Vorstellung von einem Dachvorsprung zu springen, nicht gerade einladend.

Während der restlichen Zugfahrt, versuchte ich mich etwas abzulenken und quatschte mit meinen Freunden. Das Hauptthema war der Wechsel von Leaf. Zeke war überraschend still, es schien ihn wohl wirklich sehr zu treffen. Ich wollte etwas sagen, doch da hieß es schon, dass wir aussteigen mussten. Der Zug wurde langsamer und das Dach kam in Sicht. Der Vorteil: Der Zug war auf gleicher Höhe wie das Dach, also musste ich eigentlich nur gerade hinaus springen. Der Nachteil: Nun ja, es war ein verdammtes Dach und wenn ich nicht weit genug springen würde, gäbe es Leatchup. Ich gebe zu, nicht gerade die beste Kombination aus zwei Worten, aber ich wäre trotzdem Ketchup, würde ich hinunterfallen. Da bevorzugte ich lieber den gebrochenen Arm, den ich mir eventuell zuziehen würde, wenn ich am Dach landete und stolperte.

Zeke war der erste, der aus dem Zug sprang. Ihm folgten Shauna und Lauren. Kelly wurde von Eric zur Seite gestoßen, damit er vor ihr springen konnte. Wenn sie gekonnt hätte, hätte sie ihm vermutlich den Hals umgedreht. Um dies dann doch noch zu erreichen, sprang sie nach ihm aus dem Zug. Dann war ich an der Reihe. Ich hatte vorhin schon diesen beunruhigenden Spalt zwischen Dach und Zug gesehen und es kostete mich einiges an Mühe nicht hinunterzusehen, während ich etwas Anlauf nahm und schließlich auf das Dach sprang. Ich landete auf den Füßen, stolperte ein paar Schritte vor und klammerte mich schließlich an Kelly fest um nicht den Halt zu verlieren. Wir gingen zu den anderen, die sich bereits neben einem großgewachsenen, schwarzen Mann am anderen Ende des Daches versammelt hatten. Als der Rest auch zu uns gestoßen war, stellte der Mann sich als Amar, unser Ausbilder, vor und erklärte uns, dass wir vom Dach in das Loch im Boden springen mussten - es war sozusagen die erste Prüfung als Feroxinitiant. Wer das nicht wollte, wurde automatisch fraktionslos. Seine Worte waren schonungslos ehrlich. Ich hatte schon mit einem ähnlichen Vortrag gerechnet, weswegen es mich nicht wirklich aus der Bahn warf, was man von dem ehemaligen Amitemädchen nicht gerade sagen konnte. Sie sah doch sehr geschockt aus, sagte aber nichts. Dennoch … der Gedanke fraktionslos zu werden, war nicht gerade einladend. Eine wirklich gute Motivation, das musste man ihnen lassen.

Amar trat zur Seite, gab quasi die Bühne frei, und fragte: »Wer springt als erstes?«

Bevor überhaupt irgendwer etwas sagen konnte, rief Zeke: »Ich!« und lief nach vorne. Ich stimmte mit den ursprünglichen Ferox in einen Jubel mit ein und Lauren rief: »Gib alles, Zeke!«

Ich hatte keine Ahnung wie er es geschafft hatte heil unten anzukommen. Es lief wie in Zeitlupe ab - Zeke lief nach vorne, stolperte über einen Stein, Shauna streckte schon die Arme aus um ihn vor einen Aufprall am Boden zu schützen, doch Zeke fand in einigen stolpernden Schritten sein Gleichgewicht halbwegs wieder und stand auch schon vor der kleinen Mauer, die das Ende des Daches kennzeichnete, legte die Hände darauf und schlug so etwas Ähnliches wie ein Rad darüber, bevor er aus unserem Sichtfeld verschwand. Mir war der Mund aufgeklappt und genau wie Kelly, war ich instinktiv einen Schritt nach vorn getreten um zu helfen. Es war still auf dem Dach, bis man Zeke im Fall schreien hörte: »Wie geil ist das denn!?« Das Mädchen, das aus Candor zu uns gekommen war, hatte die Hand über ihren Mund gelegt, und schien immer noch sichtlich schockiert zu sein, während Shauna, Lauren, Ash, Kelly und ich in lautes Lachen ausbrachen. Das war so typisch für Zeke!

Shauna war die nächste Springerin und ich reihte mich hinter Lauren ein, gefolgt von Kelly, Ash und den Transfers. Lauren war schneller weg, als ich ›Spring‹ hätte sagen können. Und schon war ich an der Reihe. Ich ging nach vorne, Kelly klopfte mir noch begeistert auf die Schulter, und stellte mich auf das kleine Mäuerchen. Bei einem Blick nach unten wurde mir schlecht. War vermutlich nicht der beste Augenblick um zu erwähnen, dass ich eigentlich an Höhenangst litt. Mir wurde leicht schwindelig, doch bevor ich es mir anders überlegen und das Weite suchen konnte, stieß ich mich von der Kante ab und befand mich auch schon auf einem viel zu schnellen Fall nach unten. Eine Schreimischung aus ›Aaaah‹ und ›Wuuuuuh‹ entwich mir, als ich auf das Loch im Boden zuraste. Erneut hatte sich dieses sehr unappetitliche Bild von Leatchup in meinem Kopf festgenagelt. Bevor ich mich bei dem Anblick allerdings übergeben konnte, fiel ich auch schon durch das Loch und landete mehr als unsanft auf dem großen Auffangnetz. Zeke, Shauna und Lauren jubelten, ich quietschte und wollte am liebsten liegen bleiben. Mein Herz raste und es würde wohl ein halbes Jahrhundert dauern, bis ich mich davon erholt hatte. Etwas umständlich krabbelte ich an das Ende des Netzes, wo meine Freunde schon auf mich warteten und mir herunter halfen.

»Name?«, fragte mich eine ziemlich unmotivierte Stimme.

»Lea«, gab ich zurück und sah dem Typen dabei zu, wie er meinen Namen ziemlich hässlich auf seine Liste kritzelte.

Ich erinnerte mich, dass man an dieser Stelle sogar seinen Namen hätte ändern können. Aber das ließ ich besser sein, da ich ihn vermutlich vergessen würde.

Nacheinander trudelten die restlichen Initianten ein und ließen ihre Namen notieren. Eigentlich wollte ich aufpassen um einerseits zu wissen mit wem ich es so zu tun hatte, andererseits wollte ich natürlich auch wissen, ob Four sich selbst schon Four taufte. Allerdings wurde aus meinem ausgefinkelten Plan nichts, da ich von Shaunas und Kellys aufgeregtem Geschwurbel ziemlich abgelenkt war und nur mitbekam, dass einer der Candorjungs Sean und das Amitemädchen Mia hieß. Ich warf einen Blick durch die Runde. Eric sah sogar jetzt schon aus, als wäre er nur auf Krawall gebürstet, na das konnte ja heiter werden. Four, oder Tobias, oder wie auch immer, hatte auch irgendwie schon sein resting Bitchface aufgesetzt. Nicht gerade eine einladende Gesellschaft. Mia und Sean unterhielten sich unterdessen mit den anderen beiden aus Candor - irgendwie waren die Fronten ziemlich klar. Ferox gegen Transfers. Obwohl wir doch inzwischen alle zusammengehörten. Ah, Moment. Die Fronten waren eigentlich Ferox gegen Transfers gegen Tobias gegen Eric. Zumindest wenn man die momentane Konstellation betrachtete.

Amar tauchte wieder auf und ging uns voran Richtung Speisesaal. Er erklärte uns, dass Max als einer der Vertreter der Fraktion uns begrüßen und die wichtigsten Dinge erklären würde. Es wurde uns zu Ehren ein Festessen abgehalten. Ich fühlte mich schon fast etwas wichtig.

Der Speisesaal war schon gut gefüllt und ich entdeckte in der Ferne Naya und Lily, die mir aufgeregt zuwinkten. Ich hob die Hand zum Gruß, grinste und ließ mich neben Kelly auf einen freien Platz fallen. Die Transfers schienen etwas unsicher zu sein, setzten sich dann aber einer nach dem anderen an den selben Tisch wie wir. Das unbekannte Candormädchen saß neben mir und ich schenkte ihr ein schiefes Grinsen.

»Herzlich Willkommen, Ferox. Und ein ganz besonderes Willkommen an unsere 12 Initianten!«

Max´Stimme brachte den ganzen riesigen Raum sofort zum Schweigen, bevor tosender Lärm den Saal füllte. Viele Ferox schrien, jubelten oder klatschten, während andere übermütig mit ihren Getränkebechern auf die Tische klopften. Max forderte die Initianten dazu auf sich zu erheben und fuhr dann mit seiner Rede fort.

»Ihr seid jetzt beinahe Teil unserer Fraktion. Für euch gilt es noch die Initiationsphase zu überstehen, bevor ihr euch Ferox nennen könnt. Nur wer alle drei Phasen der Initiation erfolgreich abschließt, kann ein Ferox werden.«

Er machte eine kurze Pause, damit die restlichen Ferox erneut in ihre Begeisterungsstürme ausbrechen konnten - die ließen sich auch nicht zwei Mal bitten.

»In diesem Jahr wird es allerdings eine kleine Änderung geben.«

Mein Herz begann schneller zu schlagen. Oh nein. Ich dachte die Änderung der Änderungen gab es erst in Tris Priors Jahr?

»Da ihr nur so wenige seid, werden die Transfer- und die ursprünglichen Feroxinitianten gemeinsam trainiert«, beendete Max seinen Satz und ein riesiger Stein fiel mir vom Herzen. Wenn es nur das war. Ich warf einen kurzen Blick zu Four. Hoffentlich blamierte ich mich nicht vor ihm. Andererseits musste ich zugeben, dass er mit seinem doch etwas angepissten Blick gar nicht mehr so ein Sahneschnittchen war. Da blieb ich besser bei meinen Zeke-Schwärmereien. Und vor dem hatte ich mich ohnehin schon oft genug blamiert …

»Das Training beginnt morgen, alles weitere erfahrt ihr von Amar. Und nun wurde genug gesprochen, lasst das Fest beginnen!«, beendete Max seine Rede und hielt seinen Becher hoch um uns zuzuprosten.

Ich stimmte in das Jubel der anderen mit ein und grinste bis über beide Ohren. Die Sorgen über die kommende Initiationsphase waren für einen Moment vergessen.

Das Festessen war ausgelassen und ich glaubte einmal sogar ein Zucken von Fours Mundwinkel zu sehen. Ich könnte es mir aber auch eingebildet haben. Zeke war am lautesten an unserem Tisch - natürlich. Wer auch sonst. Doch auch Kelly war nicht entgangen, dass sein Lächeln nicht seine Augen erreichte.

»Ich denke es trifft ihn mehr, als er zugeben will, dass Leaf gewechselt hat«, murmelte sie in mein Ohr.

Ich erwiderte ihre Worte mit einem Nicken. »Ja, das ist mir vorhin schon aufgefallen.«

Während der Zeremonie war es nur zu deutlich gewesen. Man hatte schon blind sein müssen, dass einem das nicht aufgefallen war.

»Hättest du geahnt, dass er wechselt?«, fragte ich Kelly leise zurück, woraufhin sie nur den Kopf schüttelte.

Ob es ihm schwer gefallen war? Einfach so die Fraktion zu wechseln, weg zu gehen von seinen Freunden … selbst mir wäre es schwer gefallen, obwohl ich die Menschen im Vergleich zu Leaf, erst drei Minuten kannte.
 

Amar trommelte uns nach dem Essen zusammen und führte uns in die Unterkunft der Initianten. Es gab keine Geschlechtertrennung und das würde nicht gerade angenehmen werden, wie mir bewusst wurde. Ich stand nicht gerade drauf mich neben Jungs umzuziehen oder zu waschen. Bei dem Gedanken lief mir ein kalter Schauer über den Rücken. Aber irgendwie würde sich das wohl regeln lassen. Na mal sehen.

»Wie ihr seht werdet ihr hier gemeinsam eure Nächte und Freizeit verbringen. Max hat ja bereits angekündigt, dass das Training erst ab morgen beginnen wird, dafür werdet ihr von mir geweckt. Den restlichen Abend habt ihr heute zur freien Verfügung, ich bitte nur die Initianten, die aus anderen Fraktionen zu uns gestoßen sind, mit mir zu kommen, da ich euch gern das Hauptquartier zeigen möchte.«

Amar wurde mir immer sympathischer. Er sah zwar streng aus, war aber trotzdem noch halbwegs freundlich. Er war einfach eine richtige Respektperson.

Ich wandte mich zu meinen Freunden um, die sich bereits einer nach dem anderen ein Bett unter den Nagel rissen. Ich entschied mich für einen Platz neben Kelly, das war meiner Meinung nach die beste Wahl.

»Also, was machen wir heute noch?«, fragte Lauren breit grinsend, kaum waren die Transfers mit Amar aus dem Schlafsaal verschwunden.

Die Vorschläge, die folgten, waren nicht gerade berauschend und Zekes Miene verzog sich immer mehr. Kelly, die neben mir auf meinem Bett saß, stupste mich mit dem Ellenbogen in die Seite und nickte in seine Richtung.

»Wir sollten ihn aufmuntern«, meinte sie leise zu mir und ich nickte zustimmend.

Doch wie? Wie munterte man einen Zeke auf, der sonst immer dafür verantwortlich war, alle anderen aufzumuntern?

»Wieso klauen wir nicht etwas Kuchen?«, schlug ich halblaut vor.

Der Kuchen war furchtbar lecker, wie ich vorhin feststellen durfte, und ich hatte Lust auf mehr. Warum das also nicht kombinieren um Zeke aufzumuntern? Essen ließ ihn offenbar aufhorchen, denn Zeke richtete sich auf und ein kleines Grinsen umspielte seine Lippen.

»Und danach könnten wir uns ja ein Tattoo stechen lassen«, fügte Kelly hinzu und zwinkerte in meine Richtung, als Zeke aufstand, sich streckte und mit einem unterdrückten Grinsen meinte: »Na, wenn die Damen das unbedingt wollen~«

Ash entwich ein Lachen, in das der Rest mit einfiel. Lauren und Ash hatten keine Lust auf Kuchen, weshalb wir die beiden später im Tattoostudio treffen würden. Der Kuchen war … himmlisch. So fluffig weich - er zerging beinahe auf der Zunge. Herrlich. Einfach herrlich. Da konnte kein Kuchen meiner Mutter mithalten - sorry, Mum.

Als wir beim Tattoostudio eintrafen, sah Zeke schon glücklicher aus, als noch eine halbe Stunde zuvor. Na wenigstens war unser Plan aufgegangen. Ich grinste Kelly zu, der die Tatsache auch schon aufgefallen war.

»Wisst ihr, eigentlich ist es gar nicht so schlecht, dass Leaf nicht mehr hier ist«, verkündete Zeke, als er sich auf eine Wartecouch fallen ließ und grinste uns eine nach der anderen an.

»Aha und wie kommst du zu dem Schluss?«, fragte Ash und hob abschätzend eine Augenbraue.

»Naja, jetzt bin ich der Hahn im Korb und muss euch fünf nicht mehr mit ihm teilen und natürlich liegt ihr mir alle zu Füßen«, fügte er noch etwas lauter hinzu, nachdem wir in schallendes Gelächter ausgebrochen waren.

Da war er wieder der alte Zeke. Und hell, ja … wie ich ihm zu Füßen lag! Aber das musste ja niemand wissen. Ein Grinsen lag auf meinen Lippen.

»Und sollen wir uns als dein Harem jetzt alle das gleiche Tattoo stechen lassen?«, fragte Lauren nachdem sich das Gelächter wieder gelegt hatte.

»Natürlich, ich muss euch schließlich irgendwie markieren!«

Shauna verdrehte belustigt die Augen und meinte: »Wir könnten es auch einfach als Freundschaftstattoo deklarieren, ist das auch genehmigt?«

Es folgte eine Diskussion in die ich mich lieber nicht einmischte. Stattdessen betrachtete ich die Motive und wurde schon ganz hibbelig. Es waren wirklich schöne Sachen dabei, doch dann fiel mir etwas ins Auge, das vielleicht alle zufriedenstellen konnte - entweder als Freundschaftstattoo oder als Haremsmarkierung, wie man dann wollte.

»Was haltet ihr davon?«, fragte ich in die Runde und hielt die Vorlage hoch.

Der Vorschlag schien gut anzukommen und die Diskussion schien vergessen zu sein.

Gut zweieinhalb Stunden später hatten wir alle das gleiche, neue Tattoo: Das Symbol unserer neuen, alten Fraktion. Kellys und mein Tatto waren sogar an der gleichen Stelle - was allerdings unbeabsichtigt war. Wir hatten uns beide dazu entschieden es auf der Innenseite unseres linken Oberarms machen zu lassen.

Es war für uns alle ein Neuanfang hier und wir hatten uns geschworen zusammen zu halten, egal was passierte. Ich musste zugeben, ich war wirklich gerührt. Natürlich waren immer noch die Ängste und Sorgen da, was alles passieren könnte, aber inzwischen wusste ich, dass ich Freunde hatte, auf die ich mich verlassen konnte. Es war ein wunderbares Gefühl. Sie gaben mir das Gefühl Willkommen zu sein - fast wie eine zweite Familie.

Nach unserem Ausflug, machten wir uns fröhlich schwatzend wieder auf den Weg zurück in den Schlafsaal, wo die Transfers inzwischen auch wieder eingetroffen waren. Eric hatte wohl inzwischen beschlossen, den Chef raushängen zu lassen. Ich verdrehte nur die Augen und folgte meinen Freunden zu unseren Betten. Eric und Four waren unterdessen in eine hitzige Diskussion vertieft, bei der immer wieder das Wort Stiff fiel - eine abfällige Bezeichnung für die Altruan, von denen Four ja zu uns gestoßen war. Als Eric schließlich begonnen hatte, über Fours Vater zu reden, der ein wichtiges Tier bei den Altruan war, hörte ich nicht mehr hin und widmete mich meinen Freunden. Er nervte. Unglaublich.

Wir unterhielten uns ein paar Minuten lang, bis Zeke schließlich als erster von uns der Kragen platzte.

»Könntest du mal deine dämliche Fresse halten und den Stiff in Ruhe lassen?«, fuhr er Eric an und schnaubte.

»Lass dich von ihm nicht provozieren, Zeke«, meinte Lauren und verdrehte nur abfällig die Augen. Eric war wohl nicht nur mir mehr als unsympathisch.

»Ja, hör doch auf deine Sippschaft«, äffte Eric Lauren nach und brauchte nur einmal zu blinzeln, bis Zeke vor ihm stand und ihm einen saftigen Tritt in die Seite verpasste.

Wie dumm war der Mann eigentlich? Wer ärgerte freiwillig einen Ferox? Ein genervtes Schnauben entwich mir.

»Sippschaft? Sein Ernst?«, knurrte Lauren und lief Zeke hinterher, um auf Eric einzuprügeln.

Sean wollte seinen ersten Tag als Ferox wohl voll auskosten und stürzte sich ebenso ins Getümmel. Shauna wollte Lauren unterdessen wieder daraus hervorziehen, kassierte einen versehentlichen Kinnhaken von Sean und prügelte sich mit ihm weiter. Kelly hüpfte um das Grüppchen herum und feuerte Zeke an, während Ash Shauna zur Seite eilte und versuchte sie und Sean zu trennen. Four, Mia, die beiden Candor und ich standen etwas ratlos herum und betrachteten das Szenario fasziniert. Das ganze war ziemlich schnell ausgeartet und es würde mich auch nicht weiter stören, wenn Eric seine doofe Klappe halten würde. Jedes einzelne Wort, das daraus hervorpurzelte, war unangebracht und brachte mich immer mehr in Rage. Kurz war ich versucht ihm eine reinzuhauen, da stieß Eric Kelly, die ihm offenbar gehörig auf die Nerven ging, zur Seite - Kelly stolperte und warf das Candormädchen aus Versehen zu Boden. Während meine beste Freundin nun auf Eric losging, half ich dem Candormädchen wieder auf die Beine. Immerhin hatte Kelly mir so die Entscheidung abgenommen selbst auf Eric einzuschlagen.

»Danke. Läuft das hier immer so?«, fragte das Candormädchen und rieb sich den Oberarm.

»Ähm … ja. Da wirst du nicht drum rumkommen, … ähm?«

»Lin«, antwortete sie auf meine unausgesprochene Frage. »Und das ist mein Zwilling, Alex.«

»Okay. Ich bin Lea. Willkommen im Irrenhaus«, grinste ich die beiden an und wollte mich umdrehen.

So weit kam ich allerdings nicht, denn Eric hatte Kelly erneut zur Seite gestoßen und sie fiel dieses Mal in meine Richtung. Gemeinsam landeten wir hart auf dem Boden und für einen kurzen Moment blieb mir die Luft weg. Glaubte Eric eigentlich er war hier der König?

»Sorry, Lee«, murmelte Kelly und rollte sich zur Seite, wo sie liegen blieb.

»Schon okay«, gab ich schwer atmend zurück und warf ihr einen kurzen Blick zu. Es sah nicht so aus, als würde Kelly so schnell wieder aufstehen.

Langsam aber sicher begann es auch in mir zu brodeln. Meine Genervtheit wandelte sich immer mehr in Wut um.

Sean und Shauna hatten ihr Kriegsbeil inzwischen begraben und auch Lauren zog sich langsam zurück. Allgemein ein sehr kurzes Gastspiel. Aber vermutlich nicht das letzte. Wenn das für die Zukunft an der Tagesordnung stand, würde ich mir definitiv eine Polsterung für unter mein Shirt besorgen. Ich hatte nämlich nicht gerade Lust drauf mit Menschen beworfen und zu Boden gestoßen zu werden.

Zeke und Eric stachelten sich unterdessen immer mehr an und Zeke zielte immer wieder in das Gesicht des Anderen. Wollte er ihm die Nase brechen? Nicht, dass er es nicht verdient hätte, aber mal ehrlich … Eric würde nicht daraus lernen und ihn weiter provozieren. Das war eben seine Art, wie wir in den letzten Minuten wohl alle gemerkt hatten. Er wusste genau was er zu wem sagen musste, um ihn in den Wahnsinn zu treiben. Das war eigentlich der Hauptgrund wieso er mir jetzt schon so auf die Nerven ging.

»Zeke, lass gut sein, er ist es nicht wert«, sagte ich und zog an seinem Unterarm.

Es brauchte weitere drei Versuche, bis er es auch einsah und ihn in Ruhe ließ.

»Du hast Recht«, grummelte er, verpasste aber nicht die letzte Gelegenheit um Eric noch in die Brust zu boxen.

Dem blieb kurz die Luft weg und als er seine Stimme wieder erlangt hatte, hatten Zeke und ich uns schon umgedreht und wollten wieder zu den anderen gehen.

Eric rief Zeke hinterher: »Ja, lass dich nur von einem Mädchen retten!«

So, jetzt hatte er es geschafft - seine Worte waren der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hatte. Die ganze Stimmung im Schlafsaal hatte mich schon aufgeheizt, doch jetzt war ich richtig wütend. Auch Zeke schien schon wieder der Kragen zu platzen. Gleichzeitig drehten wir uns um und bevor ich etwas sagen oder auch nur über irgendetwas nachdenken konnte, war meine Faust schon vorgeschnellt und landete mitten in Erics Gesicht.

Im wahrsten Sinne in his face. Bitch.

Ein eher ungesundes Knacken ertönte und ich schlug mir entsetzt die freie Hand vor den Mund. Das wollte ich nun wirklich nicht. Eigentlich. Blut strömte aus Erics Nase und er spukte mir irgendwelche Flüche entgegen, bevor er sich abwandte und die Krankenstation aufsuchte. Oder was auch immer. Auf den Knöchel meiner rechten Hand spürte ich immer noch die Form seiner Nase - richtig unangenehm.

Die Tür fiel hinter Eric ins Schloss und Kelly, die sich inzwischen wieder aufgerappelt hatte, jubelte los und klopfte mir begeistert auf die Schulter.

»Hab ich das grad wirklich getan?«, fragte ich etwas schockiert.

Kelly nickte begeistert und grinste breit.

Na das würde ein spannendes Leben werden.

»So, und jetzt?«, fragte Zeke mit einem schiefen Grinsen.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Hier also die Aufgaben für deinen Start in die Welt von Divergent:

✗ überstehe deinen Schultag
✗ Bonus: bringe deinen Stundenplan in Erfahrung
✗ Bonus: lande kein einziges Mal im falschen Unterrichtsraum
✗ finde heraus, dass die Fraktionstests am Folgetag bevorstehen
✗ zurück in äh… “the pit” finde heraus wo du wohnst
✗ Bonus: unterhalte dich mit Kelly und/oder Zeke
✗ sorge dafür, dass deine Familie nicht misstrauisch wird! Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
2. Kapitel

✗ da du nicht daran gedacht hast einen Wecker zu stellen, erwachst du erst, als dein Vater dich weckt
✗ am Vormittag hast du noch normalen Unterricht, nutze die Zeit!
✗ auf dem Weg von einem Klassenraum zum nächsten kommst du an einer Prügelei vorbei
✗ überstehe den Fraktionseignungstest
✗ Bonus: unterhalte dich mit mindestens zwei Personen aus anderen Fraktionen
✗ Bonus: bewundere Zekes neues Tattoo ;) Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Dieses Kapitel lassen wir es ein wenig ruhiger angehen, gewöhn dich nur nicht zu sehr daran ;)

✗ auf dem Weg zurück ins Dauntless Headquarter beobachtest du einen Streit zwischen Lauren und Leaf
✗ Kelly fragt Lauren, Shauna und dich, ob ihr euch am Nachmittag treffen wollt, entscheide, ob du mit ihnen gehen oder lieber Zeit mit deiner Familie verbringen möchtest
✗ Lily hat ein Geschenk für dich - zeige angemessene Begeisterung!
✗ Überdenke genau in welcher Fraktion du dein Abenteuer fortsetzen willst - du kannst ohnehin nicht schlafen, hast also viel Zeit dafür! Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Nach einem recht gemächlichen 3. Kapitel, musst du dich jetzt der Zeremonie der Bestimmung stellen - schneide dich nur nicht zu tief, Handverletzungen sind böse und tun weh!

✘ Du brichst am Morgen gemeinsam mit deiner Familie auf, um dich der Zeremonie zu stellen, die in diesem Jahr von den Dauntless geleitet wird (Max)

✘ Gratulation, du darfst dich jetzt offiziell Initiant schimpfen! Also jetzt zurück zum Zug und dann den Sprung vom Dach überstehen! (Wer wird wohl als Erste/r springen?)

✘ Unterstütze Kelly bei dem Versuch Zeke aufzumuntern!

✘ Max teilt euch mit, dass nur wer es durch alle drei Phasen der Initiation schafft, auch ein Dauntless werden kann - da ihr nur so wenige seid, werden die Transfers und ursprünglichen Dauntless gemeinsam trainiert

✘ Versuche die Massenprügelei, die sich durch einen Streit zwischen Eric und Zeke im Schlafsaal ergibt, möglichst unbeschadet zu überstehen

Bonus: Erfahre die Namen der anderen Initianten
Bonus: Verhindere, dass Zeke Eric die Nase bricht (Zaje: ooooh *drop*)
Bonus: Brich ihm selbst die Nase (Zaje: yaaay! *_*) Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (8)

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Von:  Erenya
2016-01-19T12:03:01+00:00 19.01.2016 13:03
Habs während ich beim HNO Arzt saß gelesen und es ist wieder ein tolles Kapitel. Man kauft dir ab, dass du selbst in den wenigen Tagen eine beziehung zu den Menschen aufgebaut hast. Und merkt auch, dass es gerade weil es nicht deine Welt ist, dir schwer fällt, dich zu entscheiden. Da kollidieren dann die Wünsche die man selbst hat, die Eigeneinschätzung und Ängste. Unterschwellig. Aber man merkt es deutlich.
Das hebt natürlich die Spannung, wie du dich entscheiden wirst. Ich bin also schon ganz wild drauf zu erfahren wie es aussieht. Mach weita~ XDD
Ich will auch wissen wie deine Freunde darauf reagieren und ob unter ihnen nicht vielleicht doch ein paar Überraschungen sind.
Antwort von:  Zaje
19.01.2016 17:01
Dankeschön :D So viel Lob bin ich gar nicht gewöhnt ich fühle mich geehrt :3
Das freut mich ungemein, dass es so rübergekommen ist. Es war teilweise nämlich gar nicht so einfach zu schreiben, weil es ja zum einen in der Welt eigentlich die wichtigste Entscheidung ist und zum anderen betrifft es ja auch das Zurückkommen in meine Welt. Es ist mir auch unheimlich schwer gefallen mich zu entscheiden, weil ich schon seit dem ersten Kapitel eigentlich überleg, was am besten wäre usw.
xD Jaja, ich beeil mich ja :P Aber ich muss sagen die Aufgaben fürs nächste Kapitel sind so genial, dass es mich wundert, dass ich noch nicht fertig bin :'D
Danke auf jeden Fall für dein Kommi und auch die davor <3
Von: abgemeldet
2015-07-12T19:04:49+00:00 12.07.2015 21:04
Hach, ich kann mich jedes Mal wieder darüber zerkugeln, wie sehr du Zeke fangirlst xDD Der arme Kerl wird einfach mal zu deinem Eigentum erklärt... Ich mag die Darstellung von ihm ^^ Man merkt ihm an seiner Art die Verwandtschaft zu Uriah deutlich an und man merkt auch, dass er jünger ist, als in den Büchern, bei all den Dingen, die er noch nicht erlebt hat, ist es kein Wunder, dass er noch verspielter ist.
Haha, auf Nayas Party hast du es ja mal ziemlich übertrieben ^^ aber tu mal nicht so, als wäre das etwas, das dir im echten Leben nie passieren könnte xD ich kann mir sehr gut vorstellen, dass du versuchst irgendjemandes Beine zu rasieren (war da nicht was mit einem rasierten Kopf bei der Party bei den Großeltern?), so weit hergeholt ist das also nicht ^^
Wenn ich mir deine Reaktion bei der Prügelei so ansehe, dann hab ich plötzlich kein schlechtes GEwissen mehr dich nach Dauntless gesteckt zu haben. Hab ich irgendwie verdrängt, dass du manchmal sehr... beängstigend sein kannst. Sehr beängstigend.
Allgemein finde ich die Umsetzung der Aufgaben wieder gut gelungen, auch wenn ich dir glaub ich ein bisschen zu viel für ein Kapitel aufgegeben habe. Wäre vielleicht besser gewesen das zu teilen... gnah. Ist trotzdem toll ^^
(Obwohl ich mich immer wieder mit den deutschen Namen von den Fraktionen unheimlich selbst verwirre...)
Von: abgemeldet
2015-07-12T18:14:46+00:00 12.07.2015 20:14
Wie du weißt, dauert kommentieren bei mir ja traditionell ein wenig länger... aber hier bin ich ^^
Ich mag es, wie du die Aufgaben umgesetzt hast =D Sehr schön. Vor allem die Darstellung von Kelly finde ich wirklich gut gelungen, sie kommt genauso rüber, wie ich sie mir vorgestellt habe xD
Im Nachhinein tut es mir ja fast leid, dass ich dich gleich mal aus Zügen springen lasse... oder allgemein, dass ich dich in diese Fraktion gesteckt habe ^^ Aber sieh es so: Das Gute an der Choosing-Ceremony ist, dass du dir eine andere Fraktion aussuchen kannst, wenn dir danach ist xD
Ich find den Stil witzig, in dem du die Geschichte schreibst, vor allem bei dem Satz
»Und… wie geht´s deiner Familie?«, fragte ich und hoffte einfach mal, dass seine Familie noch nicht tot war.
kann ich mich jedes Mal wieder vor Lachen wegwerfen. Deine Verpeiltheit kommt jedenfalls sehr gut rüber und auch, dass du manchmal eine ein bisschen längere Leitung hast (hast lange gebraucht dich daran zu erinnern, dass man in der Welt nur bis 16 in der Schule ist ^^).
Was Veronica Roth wohl sagen würde, wenn du ihr eine Mail schreibst, dass sie gefälligst Hinweisschilder aufhängen soll? xD
Hach, wir beide werden noch viel Spaß zusammen haben *diabolisches Lachen*
Von:  Lhasbelin
2015-07-06T10:54:24+00:00 06.07.2015 12:54
Inhaltlich kann ich leider nichts sagen, da ich Divergent nicht kenne. Dein Schreibstil ist ganz ok, und es wäre bestimmt gut zu Lesen, wenn da nicht so viele Wörter wären, mit denen ich nichts anfangen konnte - logisch, es ist eine FF, da geht man davon aus, dass die Leute, die es lesen, zumindest etwas Ahnung von der Materie haben; trotzdem wäre es im Zuge des Projektes nicht schlecht, die Fraktionen kurz zu umreißen, oder ein Glossar anzulegen. Mit dem Wiki nebendran zu lesen, nimmt dann doch etwas den Spaß.
Von:  ougonbeatrice
2015-05-30T09:45:52+00:00 30.05.2015 11:45
Ich habe mir deine Fanfiction auch mal durchgelesen :) Die Bücher haben mich nie wirklich vom Hocker gerissen und ich habe eher alles Überflogen aber ich denke das Wissen dürfte reichen.
Zum Einen möchte ich sagen, dass ich (positiv) überrascht war, dass du dich für eine Fraktion entschieden hast. Ich habe erwartet, dass du Divergent da raus gehen wirst ^^ Da es eine Self Insert Geschichte ist, erzählt uns die Einteilung in die Fraktion Abnegation sehr viel über dich. Da wären wir allerdings auch schon bei dem Problem. Oder eher einer Frage, wie mans nimmt. Ich glaube deine Vorgaben haben dir keine klaren Anweisungen gegeben, bezüglich deines "Körpers". Da stand, dass du die Fähigkeiten hast, um die ersten 16 Jahre in Dauntless zu überleben was durchaus verständlich ist ^^. Meine Frage: ist dein Körper auch dein Körper? Denn wenn ja MUSST du als Divergent eingestuft werden. Ich möchte jetzt nicht unbedingt alles erzählen wieso weshalb warum. Das wäre ein Spoiler für den dritten Film und für andere vielleicht weniger erfreulich. Aber da du Zeke das ein oder andere Mal erwähnt hast gehe ich davon aus, dass du die Bücher gelesen hast und weißt, was ich meine. (Zeke wurde meines Wissens aus dem Film geschnitten, also denke ich mal du kennst die Bücher). Es kann natürlich sein, dass dein "Körper" von der Welt assimiliert wurde und er als Teil der Welt mit den entsprechenden...Mängeln geboren wurde.
Mir persönlich würde das Letztere sehr viel besser gefallen. Denn wenn du die entsprechenden Mängel hättest, müsstest du dementsprechend handeln und fühlen. Das wäre eine unglaublich große Herausforderung und ich denke es wäre sehr interessant das zu lesen.
Von:  Erenya
2015-05-29T17:11:15+00:00 29.05.2015 19:11
Erneut merke ich, wie mir meine Unwissenheit echt auf die Füße tritt. Ich muss eindeutig den Film mind. sehen
Aber an sich wieder ein schönes Kapitel. Du hast dich schon recht gut eingefügt und gehst flüssig in die Geschichte ein, was mir sagt, dass du sehr Adaptionsfähig bist. gleichzeitig hoffe ich, dass du hin und wieder anecken wirst, weil es eben nicht deine Welt ist.
Aber dennoch, schön zu lesen.
Von:  LexiBlack
2015-05-29T11:43:32+00:00 29.05.2015 13:43
So, jetzt habe ich es auch endlich mal geschafft, deinen Weltenwechsel zu lesen...und ich liebe es! ♥
Ich würde mich genauso überfordert fühlen, würde ich bei den Ferox landen, daher konnte ich die Verwirrtheit und Sorgen deines fiktiven Ichs seeeeehr gut nachvollziehen. Du hast das auch sehr schön beschrieben und es gefällt mir auch sehr gut, dass du in eine Art Parallelwelt gelandet bist, also mit festen Strukturen, in der dein Ich bekannt ist und nicht als Fremde dazustößt. Das macht das Ganze natürlich noch komplizierer. Gerade die Beschreibungen in der Schule, wie du einzelne CHaraktere wieder erkennst, fand ich sehr gut :) auf diese Weise hast du schnell und ohne große Umschweifungen ein soziales Umfeld aufgebaut. Gut nachvollziehbar, witzig und auch irgendwie tragisch, wenn man mal bedenkt, dass du bzw. dein Divergent-Ich nichtmal seine eigene Familie erkennt und jetzt ausgerechnet am nächsten Tag noch die Bestimmung stattfinden soll O.o Perfektes Timing. XD Ich bin total gespannt wie es weitergeht *.*
Von:  Erenya
2015-05-23T16:06:09+00:00 23.05.2015 18:06
Interessant. Leider kenne ich "The Divergent" nicht. X'D es ist daher etwas schwierig für mich dem ganzen zu folgen. Warum man für die Schule aus nem Zug springt usw. und was Ferox sind.
Aber an sich klingt es interessant, dass du bereits in so einem gefestigten Leben drin bist. Das ist definitiv eine Herausforderung.


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