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On my Way

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Just a Random Simulation

»Lea! Wach auf, du kommst zu spät!«

Ein Grummeln entwich meinen Lippen. Ich wollte nicht aufstehen. Es war sooo gemütlich. Ich drehte mich auf den Bauch und vergrub den Kopf in meinem Kissen.

»Lea!«

Erst jetzt realisierte ich die Worte und ich schnellte hoch. Mein Vater stand neben dem Bett und hatte eine Hand erhoben - wahrscheinlich wollte er mich wachrütteln.

»Beeil dich, der Zug fährt gleich ab. Der nächste geht erst in einer Stunde!«

Es war also doch kein Traum gewesen. Ich brauchte einen Moment um einen klaren Kopf zu bekommen, bevor ich verstand. Der Zug fuhr gleich ab… Verdammt! Ich sprang auf, schlüpfte in die Klamotten vom Vortag und warf mir meinen Rucksack um. Auf meinem Nachttisch entdeckte ich dann meinen Stundenplan, der das selbe Format hatte, wie der von Zeke. Während dem Hinauslaufen stopfte ich ihn in meinen Rucksack und rief meinem Vater noch ein »Auf Wiedersehen!« über die Schulter zu. Er rief noch irgendetwas wegen des Eignungstestes, doch ich hörte es schon nicht mehr.

Ich folgte dem Gang, den Naya und ich gestern hergekommen waren und fand mich bald in der Grube wieder. Doch wo lang? Ich konzentrierte mich, wusste aber nicht mehr wo Zeke und ich gestern hergekommen waren. Gerade als ich aufgeben wollte, sah ich eine Gruppe Ferox vorbeilaufen, die irgendetwas vom Zug quasselten. Ohne große darüber nachzudenken folgte ich ihnen - sie hatten ein ganz schönes Tempo drauf, was bedeuten musste, dass der Zug jede Minute vorbeifuhr. »Oh Gott, Oh Gott…«, murmelte ich, während ich mir meinen Rucksack vollständig umhängte und den anderen nachsprintete. Es lag wahrscheinlich am Adrenalin, dass ich gar nicht daran dachte die Puste zu verlieren. Außerdem hoffte ich einfach, dass ich heil in den Zug kommen würde…

Als ich die Erdoberfläche erreicht hatte, schnappte ich kurz nach Luft und sah mich schnell um. Der Zug war bereits in Sicht und die meisten hatten schon angefangen lässig neben den Schienen herzujoggen. Ich biss die Zähne zusammen und sprintete mit aller Kraft, die ich aufbringen konnte zu den Schienen. Ganz in der Nähe entdeckte ich Kelly, die mir aufgeregt zurief ich sollte mich beeilen. Das Donnern des Zuges wurde immer lauter und ich hatte Kelly beinahe erreicht, als ich über meine eigenen Füße stolperte und ins Straucheln geriet. Ich spürte, wie sich eine Hand fest um meinen Oberarm schloss und mich hinderte die Wiese zu küssen.

»Dich kann man auch nicht mehr alleine auf die Menschen loslassen«, hörte ich eine belustigte Stimme.

Ich ging nicht darauf ein und wandte mich nicht um, ich wollte einfach nur in diesen dämlichen Zug hinein. Kelly war schon aufgesprungen, doch ich schaffte es nicht mehr den selben Waggon zu erreichen. Ich lief nun neben dem Zug her, nahm all meinen Mut zusammen und griff nach der Halterung, die am Türrahmen angebracht war. Ein Quietschen entwich mir, als ich mich vom Boden abdrückte und mich irgendwie auf sehr unelegante Art und Weise in den Waggon hineinhievte. Ich robbte von der Tür weg und lehnte mich mit einem schweren Seufzen an die Wand. Für einen kurzen Moment schloss ich die Augen.

Ich war gerade wirklich auf einen fahrenden Zug aufgesprungen.

Ich spürte wie sich jemand neben mich setzte und öffnete die Augen, nur um das breite Grinsen in Zekes Gesicht zu sehen.

»Das hat wirklich hervorragend ausgesehen.«

»Haha«, gab ich sarkastisch zurück und stupste mit der Schulter gegen seine.

»Danke übrigens für’s ignorieren vorhin, und ich hab dich natürlich gerne vor einer gebrochenen Nase gerettet«, gab er schmunzelnd zurück und stupste mich mit seiner Schulter zurück.

»Tut mir leid, dass ich nicht Zeit hatte dir die Füße zu küssen«, grinste ich.

»Es wird dir verziehen. Gerade so.«

Belustigt schüttelte ich den Kopf. Also wenn man mal davon absah, dass ich in ständiger Lebensgefahr lebte, auf fahrende Züge auf und ab sprang, ich heute eine Simulation vor mir hatte und mir morgen in die Hand schneiden musste, war mein Leben hier gar nicht mal so langweilig.

Ich zog meinen Stundenplan aus dem Rucksack und betrachtete ihn. Es dauerte einen Moment bis ich den richtigen Tag fand, doch Zekes Finger wanderte schon die Tabelle entlang.

»Cool, wir haben heute wieder Englisch zusammen.«

Er grinste mich breit an und ich kam nicht umhin es zu erwidern.

Zwei Einheiten Mathe, eine Einheit Geschichte und eine Einheit Englisch. Na das klang doch ganz angenehm. Bis auf Mathe, aber das war mir immer noch lieber als Sport…

»Und hat sich dein Köpfchen wieder erholt und findest du heute alleine zu den Räumen?«, fragte Zeke und klopfte mir sanft auf den Kopf.

»Haha. Du bist heute wieder sehr lustig«, gab ich mit einem sarkastischen Unterton zurück und grinste. »Ich denke ich finde alleine hin, danke. Außer du willst mich unbedingt begleiten, weil du es nicht aushältst ohne mich.«

Zeke lachte auf und erhob sich.

»Ich seh schon, unsere Lea wird wieder ein Mensch.«

Bevor ich etwas erwidern konnte zog er mich auf die Beine und streckte seinen Kopf aus der offenen Tür.

»Wir sind gleich da, mach dich bereit«, meinte er und trat ein paar Schritte zurück.

Ein nervöses Kribbeln machte sich in meiner Magengegend breit. Hoffentlich würde das nicht wieder so eine Bruchlandung werden wie gestern. Mein Herz raste und meine Hände begannen zu schwitzen. Ich wollte mich vor Zeke wirklich nicht blamieren.

Nicht schon wieder.

»Auf geeeeht’s!«, rief der Ferox auch sogleich voll Freude aus, nahm Anlauf und sprang aus dem Zug.

Ich schluckte schwer, schloss kurz die Augen und atmete tief durch.

»Du schaffst das«, versuchte ich mir einzureden und machte mich dann startbereit.

Es kostete mich mehr Überwindung als am Vortag, doch ich nahm all meinen Mut zusammen und lief auf die offene Zugtür zu. Als ich mich am Rand abstieß unterdrückte ich einen Schrei und widerstand dem Versuch die Augen zu schließen und loszuheulen. Ich landete auf meinen Beinen und stolperte ein paar Schritte nach vorne um mich auszubalancieren - mit mäßigem Erfolg. Meine Knie küssten die Wiese und ich sank erschöpft in mich zusammen. Ich war sowieso sehr verwundert, dass ich mich nach dem gestrigen Tag überhaupt noch irgendwie bewegen konnte…

Aber vielleicht war es besser ich würde nicht allzu genau darüber nachdenken…

Ich rappelte mich auf und sah schon wieder Zekes grinsendes Gesicht vor mir. Auch Kelly hatte sich zu uns gesellt und starrte uns beide abwechselnd an.

Ich klopfte mir den imaginären Staub von den Klamotten und meinte an Zeke gewandt: »Und, hab ich das nun eleganter gelöst?« Er lachte und stupste mir zwinkernd in die Seite. »Kommt gehen wir.« Kelly und ich widersprachen nicht und folgten ihm.
 

»Zweiter Stock, vergiss nicht«, rief mir Zeke lachend hinterher, als ich zum Aufzug ging. Er hatte Sport und so ungern ich es auch zugab, das wäre ein Grund für mich freiwillig meine Sportklamotten anzuziehen!

Ich wandte mich um, streckte ihm die Zunge entgegen und rief ihm ein »Bis später« zu.

Mit Kelly gemeinsam stieg ich in den Aufzug und als sich die Tür geschlossen hatte fragte ich: »Bist du schon aufgeregt?«

Sie sah mich an und verzog etwas das Gesicht. »Ich weiß nicht. Du?«

»Etwas…«, gab ich zu

»Was hast du heute noch?«

»Mathe, Geschichte und Englisch. Du?«

»Englisch und Naturwissenschaften. Beides zwei Stunden.

Wir verfielen wieder in Schweigen. Im ersten Stock öffnete sich die Tür und ein Ken wollte einsteigen, überlegte es sich allerdings anders, als er uns sah.

»Kelly?«

»Hm?«

»Du bist meine beste Freundin, richtig?«

Wir sahen uns an und ich konnte die Verwirrung in ihrem Blick sehen.

»Natürlich, Dummerchen.«

Ich lächelte sie an und als der Aufzug im zweiten Stock stehen blieb, umarmte ich Kelly kurzerhand. »Wir sehen uns beim Mittagessen«, murmelte ich und war erleichtert, als sie die Umarmung erwiderte.
 

Mathe war…langweilig wie immer. Ich war kurz davor Eric mit Papierkügelchen zu bewerfen, entschloss mich aber dagegen. In der kurzen Pinkelpause zwischen den beiden Stunden, gesellte sich ein Feroxmädchen zu mir und ließ sich kurzerhand mitsamt ihren Sachen auf den freien Platz neben mir fallen. »Hey, Lea. Ich hab dich gar nicht gesehen. War etwas spät an«, begrüßte sie mich lächelnd. Ich lächelte unsicher zurück und sagte: »Hi. Wie geht’s?« Ich hatte absolut und keine Ahnung wer mir jetzt schon wieder gegenüber saß.

»Lea, Lauren, wenn ihr euch schon unterhaltet, dann bitte etwas leiser«, meinte unser Lehrer, der wieder in die Klasse kam. Dank des heutigen Eignungstestes schien es wohl kein Problem zu sein, dass wir uns unterhielten. Aber egal, immerhin wusste ich jetzt mit wem ich sprach.

»Ganz gut, danke. Kelly meinte du warst gestern etwas verwirrt? Was war denn los?«

Ich seufzte auf und verdrehte die Augen.

»Hat sie das eigentlich jedem erzählt? Ich hab mir nur den Kopf gestoßen und hatte den ganzen Tag Kopfschmerzen, da darf man verwirrt sein…« Ich zog eine Schnute und Lauren lachte leise.

»Ich hab gehört, dass Naya gestern bei euch war? Stimmt es, dass es Unruhen unter den Fraktionslosen gibt. Ist sie deshalb für die Patrouille eingeteilt worden?«

Eigentlich war es gar nicht so blöd, dass mich Lauren durchlöcherte. So fand ich immerhin mehr über meine Familie heraus…

»Ich weiß nicht. Sie spricht nicht darüber. Aber ja, sie war gestern zu Hause. Hat mich wegen dem Test heute und der Zeremonie morgen etwas aufgeheitert«, murmelte ich.

Lauren nickte und wandte ich für ganze zwei Minuten wieder dem Unterricht zu, bevor sie das Wort erneut an mich richtete.

»Ich hoffe Naya schmeißt dieses Jahr wieder eine Geburtstagsparty. Die im letzten Jahr war legendär«, schwärmte Lauren und ich musste unwillkürlich an How I met your Mother denken.

»Leider kann ich dir dazu nichts sagen. Ich hab sie gestern nicht gefragt. Aber erzähl mal, ich kann mich eigentlich gar nicht mehr so genau daran erinnern…«

Erneut lachte Lauren - sie wurde mir immer sympathischer.

»Das wundert mich nicht, du warst ja auch vollkommen betrunken.«

Sofort lief ich rot an und hoffte inständig, dass nichts Peinliches passiert war.

»Du hast Uriah ungefähr hundert Mal erzählt, dass du in deinem nächsten Leben gerne eine Katze wärst, weil die neun Leben hat und du dir neun Mal keine Sorgen machen müsstest ob du unter den Zug kommst oder ob du es hinein schaffst. Außerdem wolltest du mit Kelly gemeinsam Zekes Beine rasieren«, erzählte Lauren schmunzelnd.

Meine Wangen brannten und ich vergrub das Gesicht in den Händen. »Ich hoffe das ist alles ein schlechter Scherz.«

»Soll ich noch weiter reden? Als Shauna angefangen hat mit Leaf herumzumachen hast du die beiden ständig mit Papierkügelchen beworfen.«

»Oh Gott. Können wir die Geschichtestunde bitte verschieben?« Ich sah auf, mein Gesicht war knallrot und das alles war mir zutiefst peinlich. Was hatte sich mein Ferox-Ich dabei nur gedacht? »Ich werde nie mehr etwas trinken…«

»Das hast du am nächsten Tag auch gesagt«, lachte Lauren und verabschiedete sich von mir, als der Lehrer den Unterricht beendet hatte.
 

Geschichte verging relativ schnell. Wir sahen einen Film an, doch niemand passte auf und quatschte mit seinem Nachbarn. Mir war das was Lauren mir erzählt hatte immer noch zutiefst peinlich, auch wenn das alles anscheinend schon ein Jahr zurücklag. Ich war froh, dass Zeke mir bald wieder Gesellschaft leisten und mich - hoffentlich - aufheitern würde. Ich packte meine Sachen zusammen und wollte mich auf den Weg zum Aufzug machen, als ich einen Gang weiter wildes Gebrüll hörte. Ich zögerte einen kurzen Moment, doch die Neugier siegte und ich ging dem Lärm nach.

Eine Traube von Menschen stand mitten in der Pausenhalle und beobachtete eine Prügelei. »Was ist da los?«, fragte ich einen Jungen aus Candor, der nur mit den Schultern zuckte. »Keine Ahnung um was es da geht.« Ich drängelte mich vor um besser sehen zu können und entdeckte fünf Jungs, die sich offensichtlich prügelten. So weit ich das erkennen konnte waren zwei Candor, ein Ken und zwei Ferox verwickelt. In der kurzen Zeit in der ich hier war, hatte ich schnell ein patriotisches Gefühl entwickelt und hoffte, dass die Ferox nichts angestellt hatten.

Ich wandte mich nach rechts an ein Mädchen, dass offensichtlich zu den Amite gehörte. »Weißt du was da los ist?«

Sie seufzte und schüttelte nur den Kopf. »Nein, keine Ahnung. Die Candor und der Ken hatten anscheinend eine Auseinandersetzung oder so. Ich weiß nur, dass die beiden Feroxjungs erst später dazugestoßen sind und sich einfach mal mitprügeln wollten.« Das Mädchen verdrehte die Augen und ich konnte es ihr nicht verübeln. Ferox waren eben… anders.

»Aber warum hilft denn keiner?«

Ich hörte wie Glas zerbrach und vermutete, dass die Brille des Kenjungen nun nicht mehr ganz so heil war.

Das Mädchen schnaubte kurz verächtlich, lächelte dann aber. »Niemand will sich freiwillig mit zwei Ferox anlegen. Dafür haben wir viel zu sehr Angst vor euren Fäusten.« Und mit diesen Worten wandte sie sich ab und ging weg.

Etwas perplex starrte ich ihr hinterher. »Aber…« Mein Blick wanderte wieder zu den Raufbolden zurück und ich tänzelte einen Schritt vor und zwei zurück, unsicher was ich tun sollte. Der Kenjung sah schon sehr mitgenommen aus. Ohne weiter groß darüber nachzudenken drängte ich mich vor und drückte einem Altruanmädchen meinen Rucksack und meine Jacke in die Hand. »Halt mal.« Ich rieb mir die Hände und stürzte mich ins Getümmel. Wenn der Ken da noch weiter massakriert wurde, würde er wohl zu seiner eigenen Sicherheit nie mehr eine Brille aufsetzen. »Hey!«, rief ich, doch keiner nahm mich wahr. Ich warf meine Haare zurück, knackste mit den Fingern und schnappte mir dann einen der Candorjungen am Kragen und zog ihn zurück. Der brüllte auf und boxte mir in den Magen. Sofort wurde mir schlecht und ich wurde wütend.

Sehr wütend.

»Hast du sie noch alle?«, schrie ich ihn an und trat mit meinem Knie gegen seinen Oberschenkel. Wenn der glaubte er könnte mich schlagen, dann würde er schon sehen wo er landete. Ich würde ihm seine Hoden rausreißen und zum Frühstück servieren, wenn er das wollte. Ein Ellbogen drückte sich in meinen Rücken und ich stolperte ein paar Schritte vor, was den Candor dazu brachte zu stolpern und auf seinen Hintern zu fallen. »Fass mich noch einmal an und du stirbst«, funkelte ich ihn an, bevor ich mich abwandte und weiter ins Getümmel stürzte. Der zweite Candorjunge schien nicht ganz von seinen Taten überzeugt zu sein, denn er tippte mir eher auf den Oberarm, als dass er mit der Faust schlug. Ich duckte mich unter einem Schlag eines Ferox weg um zu verhindern, dass mein Kopf zermatscht wurde. Sie waren zwar allesamt jünger als ich, aber trotzdem stark. Als ich mich zu dem Ken hinunterbeugte um ihm aufzuhelfen, rammte mir erneut irgendjemand die Faust in den Magen. Ich stöhnte auf und war in diesem Moment mehr als froh, dass ich heute keine Zeit für Frühstück gehabt hatte. Der Ken trat mir wie wild geworden gegen die Schienbeine und hasserfüllt brüllte ich ihn an: »Hör auf mit dem Scheiß, ich will dir doch helfen, du Vollidiot!« Ich war so wütend, dass ich alle fünf am liebsten in der Luft zerreißen könnte. Der Candor von vorhin hatte sich wieder eingemischt, war aber sehr darauf bedacht mir nicht noch einmal zu Nahe zu kommen. Ich drehte den Kopf zu den beiden Ferox, da ich davon ausging, dass einer der beiden mir erneut in den Magen geboxt hatte. Ich holte aus um einem der beiden ins Gesicht zu schlagen, doch der war schneller, hielt meine Hand fest und holte selber zum Schlag aus. Im selben Moment in dem seine Faust meine Wange küsste, erreichte mein Knie seine Weichteile, was dazu führte, dass wir beide laut aufschrien. Noch nie hatte ich einen solchen Schmerz gespürt und das sollte schon was heißen, schließlich war ich der Tollpatsch höchstpersönlich. Nicht mal als ich mit meinem Auge die Tischkante gestreichelt hatte, hatte das so weh getan.

Wütend riss ich den Ken auf die Beine und zerrte ihn hinter mir her. Mir reichte es, sollten sich die anderen doch die Schädel zerdeppern, wenn sie meinten. Als ich genug Meter zwischen uns und die anderen gebracht hatte stieß ich den Ken wütend von mir, so dass er gegen die Mauer hinter ihm prallte. Angsterfüllt ließ er sich zu Boden sinken. Das Mädchen, dem ich vorhin meine Sache in die Hand gedrückt hatte, eilte sofort herbei um seine Wunden zu versorgen. »Was sollte das?«, fauchte ich ihn an und machte eine ausladende Bewegung mit dem Arm Richtung Prügelei.

»D… die Candor… Sie haben mich beleidigt!«

Ein aufgesetztes Lächeln legte sich auf mein Gesicht als ich mich zu ihm hinunterbeugte.

»Achja? Was haben sie denn so ach so Schlimmes gesagt, dass ihr euch gleich die Schädel eingeschlagen habt?«

»…«

»Vielleicht solltest du ihn erstmal runterkommen lassen. Er ist doch ganz aufgewühlt. Soll ich dir deine Wange versorgen?«

Das Altruanmädchen war aufgestanden und betatschte bereits meine Wange, doch sehr bestimmt drückte ich ihre Hand weg.

»Achja? Und sieht er wirklich so aus als würde er später was erzählen?«, fauchte ich sie an und wandte mich wieder dem Ken zu. »Alter, ich hab dir grade deinen kostbaren Arsch gerettet, also kannst du ruhig mal die Klappe aufmachen. Ich kann dich allerdings den anderen wieder zum Fraß vorführen, wenn du das besser findest. Also erzähl mir jetzt was dieser Scheiß sollte.« Ich warf ihm einen bösen Blick zu und schlüpfte wieder in meine Jacke, die mir das - viel zu freundliche - Altruanmädchen reichte. »Danke.«

Ich schnaubte einmal um mich wieder zu beruhigen, bevor ich mich dem Ken wieder zuwandte. Bevor ich ihn allerdings erneut dazu auffordern konnte zu erzählen, ließ sich einer der beiden Candor erschöpft neben den Ken fallen.

»Ich schwöre bei meinem Leben, ich lege mich nie mehr mit Ferox an…« Er warf mir einen kurzen Blick zu und ich musste grinsen, denn es war der Candor, der mir in die Magengrube geboxt hat.

Das Altruanmädchen eilte herbei und versorgte auch die Wunden des Candor. Ich verschränkte die Arme vor der Brust und sah die beiden Jungen abwechselnd an. »Kannst du mir vielleicht erzählen was da los war?«, fragte ich den Candor schließlich entnervt.

Dieser zuckte nur mit den Schultern und meinte lässig: »Ich weiß nicht mehr wer angefangen hat. Aber die beiden Feroxtypen haben sich einfach so mal eingemischt, schließlich ist es ja so lustig sich zu prügeln…« Er verdrehte die Augen und ich tat es ihm gleich - allerdings aus einem anderen Grund.

»Ja, und weiter?«

»Nichts und weiter. Ich mag den Typen da noch immer nicht«, meinte er und deutete mit seinem Kopf Richtung Ken. Dann richtete er das Wort an den anderen Jungen und schlug vor sich das nächste Mal wo zu prügeln, wo sich niemand einmischen konnte. Als ich die Miene des Kens sah, musste ich grinsen.

»K… kann ich gehen?« Er sah uns abwechselnd an. Ich warf dem Candor einen fragenden Blick zu, der nur mit den Schultern zuckte. Das Altruanmädchen wuselte wieder zu ihm, tastete ihn noch einmal ab und gab ihn dann frei. So schnell wie er konnte sammelte der Ken seine Sachen - darunter auch seine demolierte Brille - ein und verschwand. Seufzend lehnte ich mich an die Wand und rutschte daran herunter, sodass ich nun neben dem Candor saß. Das Getümmel an Menschen hatte sich inzwischen so halbwegs aufgelöst, da die meisten nun doch zum Unterricht mussten. Der Candor und ich beobachteten die prügelnden Jungs kurz, bevor er mich wieder ansprach.

»Super Tritt übrigens.«

»Hä?« Ich warf ihm einen fragenden Blick zu, da ich keine Ahnung hatte was er meinte.

»Na den, den dein Ferox-Kollege kassiert hat«, grinste er.

»Oh. Danke.« Auch ich musste grinsen und rieb mir die Wange. Jetzt, wo mein Adrenalinspiegel wieder sank, wurde der Schmerz langsam unerträglich. Ein Wunder, dass mir nicht meine Zähne rausgefallen waren…
 

Nach ein paar Minuten hatten die beiden Ferox schließlich die Lust verloren, ließen den Candor liegen und marschierten davon. Der Junge neben mir stand auf und meinte noch: »Wir sehn uns« bevor er seinem Kumpel auf die Beine half. Auch das Altruanmädchen eilte ihm hinterher, doch das interessierte mich nur mehr wenig. Denn als ich mich aufrappelte stand bereits ein grinsender Zeke vor mir.

»Was?«, fragte ich, konnte ein Grinsen aber nicht unterdrücken.

»Du hast dich geprügelt? Hübsch siehst du aus.«

Ich zuckte die Schultern und zeigte ihm die Zunge. »Mag sein. Wieso? Danke für die Blumen.«

»Wieso hast du mich nicht eingeladen?« Er warf mir einen gespielt vorwurfsvollen Blick zu, lachte aber und legte mir einen Arm um die Schulter. »Immer wieder gern. Darf ich es berühren?«, fragte er, beugte sich zu mir und machte mit seinem Zeigefinger Anstalten meine Wange anzufassen. »Wage es ja nicht.« Ich hakte meine Daumen in die Riemen meines Rucksackes und wir machten uns auf den Weg Richtung Unterrichtsraum.

»Ich werde das nächste Mal auf jeden Fall dran denken, dass ich es dir sage«, versprach ich.

»Gut. Denn ich muss mich bald mal irgendwo abreagieren. Uriah geht mir gehörig auf den Zeiger.«

Überrascht sah ich ihn an. »Achja? Wieso denn das?«

Zeke verdrehte die Augen. »Er hat sich in den Kopf gesetzt, dass er mich mit Kelly verkuppeln will.« Ein leichtes Lachen entwich seinen Lippen. »Keine Ahnung was in seinem 14-jährigen Hirn abgeht, aber gut.« Er warf mir einen belustigten Blick zu, den ich nur halbherzig erwiderte. Kelly und Zeke? Also das war nun mal gar nicht in meinem Sinn um ehrlich zu sein…

Doch Zeke unterbrach meine Gedanken. »Lily hat also endlich ihr erstes Tattoo bekommen?« Er hielt mir die Tür zum Unterrichtsraum auf - der Unterricht hatte wohl schon vor einigen Minuten begonnen, denn der Lehrer starrte und etwas perplex an, fuhr aber dann damit fort, dass er eigentlich nichts mehr machen würde heute. »Ja, aber sie hat’s mir noch nicht gezeigt«, gab ich zurück und setzte sich auf meinen inzwischen Stammplatz in der letzten Reihe.

»Ich hab auch ein neues Tattoo«, meinte Zeke als er sich neben mich auf den freien Platz fallen ließ. »Willst du’s sehen?« Grinsend sah er mich an und wartete wohl nur auf eine Zusage.

»Klar, zeig her.«

Zekes Grinsen wurde immer breiter, als er sich mit dem Rücken zu mir drehte und sein T-Shirt hochschob. Ohne es zu wollen wurde ich knallrot und ich musste mich zusammenreißen, dass mir nicht die Augen rausfielen.

Mein Gott, hatte der einen Körper!

»Uriah hat das gleiche, auch hier«, meinte Zeke über seine Schulter und deutete auf sein Tattoo.

Ich beugte mich vor um es genauer zu betrachten. Es war ein Skorpion, der da auf seiner rechten Seite hinaufkrabbelte. Es sah echt sehr gut aus. Ich streckte meine Hand aus und fuhr leicht über die Kruste, die sich gebildet hatte. Ich mochte das Gefühl irgendwie und musste an mein eigenes Tattoo denken, welches natürlich schon lange abgeheilt war. Ich konnte es mir nicht nehmen lassen und strich mit meinem Finger an der Außenseite der äußersten Linie entlang. Zekes Haut war warm und weich. Eine leichte Gänsehaut bildete sich auf meinen Armen.

»Könnt ihr euch bitte außerhalb der Unterrichtszeit betatschen? Ich mein, ich mach heute eh keinen Stoff mehr, aber herumstripen könnt ihr zu Hause.«

Der Lehrer bedachte Zeke und mich mit einem bösen Blick und ich ließ meine Hand zurückschnellen, als hätte ich mich verbrannt. Meine Wangen glühten und ich musste ein paar Mal tief durchatmen, bevor ich irgendetwas sagen konnte.

»Und das sagst du?«

Zeke hatte sein Shirt wieder völlig angezogen und ich war ihm sehr dankbar dafür, sonst hätte ich wahrscheinlich keinen geraden Satz mehr herausgebracht.

»Sieht echt klasse aus.«

»Ja ich weiß«, grinste er.
 

Die Stunde verging ziemlich schnell und der Eignungstest schien schon fast vergessen, doch als der Lehrer die Klasse verließ, wünschte er uns noch viel Glück dafür. Ich grummelte irgendetwas Unzusammenhängedes herum und Zeke begann laut loszulachen.

»Was war denn das?«

Ich zuckte die Schulter. »Keine Ahnung, ehrlich gesagt. Lass uns mittagessen gehen«, gab ich zurück, schulterte meinen Rucksack und schob mich an ihm vorbei hinaus aus dem Raum.

Das Mittagessen fand im Erdgeschoß statt - Zeke und ich nahmen ausnahmsweise die Treppen nach unten. Als er hineinging, rief ich ihm hinterher er solle mir einen Platz freihalten, da ich noch aufs Klo müsse. Er streckte mir einen seiner Daumen entgegen und machte sich grinsend vom Acker.

Auf der Toilette hatte ich endlich mal ein paar Momente für mich und konnte tief durchatmen. Heute war ein wirklich komischer Tag…

Mein Spiegelbild sah inzwischen nicht nur zerzaust und verschlafen aus, sondern man konnte schon deutlich die Schwellung auf meiner Wange sehen. Na das hatte ich ja wieder nötig. Vorsichtig strich ich darüber, ließ es aber gleich wieder bleiben, weil es mir nur die Tränen in die Augen trieb.

»Hey, alles klar?«

Ein Altruanmädchen war an mich herangetreten und musterte mich besorgt durch den Spiegel. Ich erkannte sie sofort - es war das selbe Mädchen, das vorhin dem Ken- und dem Candorjungen geholfen hatte.

»Ja, nein… ich weiß auch nicht, ehrlich gesagt. Das tut höllisch weh…«

Ich wandte mich um und wollte wieder gehen, als sie mich aufhielt.

»Hier leg dir das auf.«

Sie reichte mir einen Kühlbeutel, den ich zögernd entgegennahm.

»Das hilft, ich verspreche es dir.«

Sie lächelte mir aufmunternd zu und schließlich nahm ich den Beutel an mich.

»Dankesehr.«

Ich lächelte etwas zaghaft zurück und legte mir den Beutel an die Wange. Gott, tat das gut! Schnell wandte ich mich wieder dem Spiegel zu um meine Haare etwas ordentlicher aussehen zu lassen.

»Danke noch mal«, sagte ich zu der Altruan als ich mir die Hände wusch, den Raum verließ und meinen Kühlbeutel wieder gegen meine Wange drückte. Ich holte mir ein Tablett und ließ mir das heutige Mittagessen daraufschaufeln, während ich Ausschau nach Zeke hielt. Ich fand ihn auf der anderen Seite des Raumes gegenüber Kelly und einem anderen Ferox sitzen, den ich nicht kannte. Mir fiel wieder ein was Zeke wegen Kelly gesagt hatte und ich verzog das Gesicht. Auch wenn sie (anscheinend) meine Freundin war, brauchte sie sich nicht an meinen Mann ranmachen! Das war vielleicht etwas weit hergeholt, aber ich hatte vorhin mit mir selbst beschlossen, dass Zeke nun mir gehörte… ob er wollte oder nicht, muahahaaa.

Wie genau ich es schaffte das Tablett zu dem Tisch zu balancieren würde mir wohl in drei Jahren noch ein Rätsel sein, aber okay.

»Du hast dich geprügelt?«, begrüßte mich Kelly mit leuchtenden Augen, bevor ich mich überhaupt setzen konnte.

Ich stellte mein Tablett neben Zekes ab und klopfte dem leicht auf den Kopf. »Du musst auch alles weiterzählen, was?« Ich setzte mich hin und Kelly beugte sich über den Tisch um sich meine Schwellung unter dem Kühlbeutel anzusehen.

»Krass. Sehr fein, Lea, sehr fein«, lobte sie mich und ließ sich wieder zurückfallen.

Der dunkelhäutige Junge neben Kelly bedachte mich mit einem abstoßenden Blick und wandte sich seinem Kartoffelbrei zu. Ich hob eine Augenbraue, sagte aber nichts dazu. Der Ferox schien wohl einen schlechten Tag zu haben…

»Ich hab Naya gestern übrigens noch getroffen«, schmatzte Kelly und grinste durch die Runde nachdem sie hinuntergschluckt hatte. »Sie hat gesagt, dass sie auf jeden Fall wieder eine Party machen wird, und dass wir alle eingeladen sind«, verkündete sie fröhlich.

»Ich wär auch beleidigt, wenn ich nicht eingeladen wäre«, gab ich zurück und Kelly lachte.

Bevor sie allerdings etwas sagen konnte, ergriff der Junge neben ihr das Wort: »Vielleicht wäre es besser für alle Beteiligten, wenn du nicht da wärst.« Er starrte mich böse an und mir klappte der Mund auf. Ähm, hallo? Was war denn bitteschön mit dem los?

»Hey, lass Lea in Ruhe, Leaf. Sie kann nichts dafür, dass Shauna jetzt mit Ty zusammen ist«, mischte sich Zeke ein und bedachte seinen Gegenüber mit einem warnenden Blick.

Leaf grummelte irgendetwas und wandte sich wieder seinem Essen zu. Ich warf Zeke einen dankbaren Blick zu und schob mir selbst einen Löffel mit Kartoffelbrei in den Mund - auch wenn ich pürrierte Kartoffeln hasste… als ob ich keine Zähne mehr zum kauen hätte… naja, aber besser als gar nichts.

»Also ist das mit Shauna und Ty jetzt offiziell, oder wie? Naja, mal sehen ob Ty nicht wechselt, bei ihm bin ich mir da nicht so sicher ehrlich gesagt. Dann hättest du wieder Chancen bei ihr, Leaf«, fügte Kelly belustigt hinzu und stieß mit ihrer Schulter leicht gegen seine.

»Ach sei nicht beleidigt, Leaf«, rief Zeke aus und warf theatralisch die Arme hoch.

Leaf setzte sich auf und warf Zeke einen vorwurfsvollen Blick zu.

»Du weißt genau, warum ich sauer bin! Du hast zugelassen, dass ich in dem Team von Shauna und Ty lande! Ich dachte wir wären Freunde…«

Zeke verdrehte die Augen. »Mein Gott, das war doch nur ein Mal. Und es war bestimmt nicht das letzte Mal, dass wir Capture the Flag gespielt haben. Shauna durfte eben zuerst wählen und sie wird nicht dumm sein und sich irgendjemanden aussuchen, der nichts drauf hat«, versuchte Zeke seinen Freund wieder aufzumuntern, aber ob ihm das so gelang, da war ich mir nicht sicher.
 

Schließlich war es so weit und die Eignungstests standen vor uns. Ich saß in einer kleinen Gruppe mit Ferox beisammen und eigentlich war das Hauptthema unserer Unterhaltungen Nayas Party. Ich wusste gar nicht, dass meine Schwester (und vor allem ihre Partys) so beliebt waren.

Aber andererseits hatte ich ja nicht einmal gewusst, dass ich eine Schwester hatte…

Zeke, Kelly, Lauren und Shauna waren alle vor mir dran gewesen und unterhielten sich inzwischen schon wieder lautstark miteinander. Ich starrte abwesend Löcher in die Luft und kaute auf meiner Unterlippe. Was würde mich gleich erwarten? Die anderen hatten es alle schon hinter sich nur ich und Leaf waren noch übrig aus der Gruppe Ferox. Mein Blick glitt durch den Raum – die meisten waren schon dran gewesen und ich wollte es auch endlich hinter mir haben!

Als ich die Hoffnung aufgerufen zu werden schon aufgegeben hatte, wurde mein Name endlich aufgerufen und ich seufzte erleichtert auf. Zeke und Kelle klopften mir aufmunternd auf die Schultern, bevor ich den Raum durchquerte. Ich warf einen kurzen Blick zurück und sah Zeke, Kelly und Lauren, die mir alle drei ihre Daumen entgegenstreckten. Grinsend winkte ich ihnen zu, drehte mich um und betrat einen der kleinen Räume, in denen die Eignungstests durchgeführt wurden.

Eine Altruan nahm mich freundlich lächelnd in Empfang. Sie deutete auf den einzigen Stuhl, der in dem Raum stand und wandte sich wieder ihren Elektroden zu. Ich setzt mich auf den Stuhl, der mich viel zu sehr an einen Zahnarztstuhl erinnerte und machte es mir halbwegs bequem.

»Ich bin Alice und ich führe den Test mit dir durch. Du brauchst keine Angst zu haben, der Test zeigt dir nur die Fraktion, in die du laut deiner Entscheidungen am besten passt. Morgen bei der Zeremonie der Bestimmung entscheidest du das was für dich am ehesten in Frage kommt. Du musst dabei auch nicht auf den Test Rücksicht nehmen, er soll dir nur eine Entscheidungshilfe bieten«, erklärte mir Alice und schloss mich an die Elektroden an. »Trink das bitte. Danach beginnt die Simulation.«

Sie hielt mir eine klare blaue Flüssigkeit hin und nach kurzem Zögern leerte ich sie mir auf einmal hinunter.
 

Ich schlug die Augen auf und sah mich um. Es war ziemlich eng und ich hatte keine Ahnung wo ich war. Ich drehte mich einmal im Kreis und erkannte einen langen Gang. Vor mir sah ich Licht - es sah so aus als wäre dort ein Garten. Ich drehte meinen Kopf nach hinten und erkannte… gar nichts. Es war einfach nur dunkel. Ich wusste nicht recht was ich tun sollte, bis mich schließlich die Neugier packte und ich vorsichtig einen Fuß vor den anderen Richtung Dunkelheit setzte. Ich hasste Dunkelheit, doch meine Neugier war einfach größer. Im wahrsten Sinne des Wortes tappte ich im Dunkeln. Ich hatte keine Ahnung wie lange ich so im Dunkeln vor mich hin tänzelte, doch immer wenn ich mich umdrehte, sah ich den Garten ganz klar und deutlich. Die Arme hatte ich vor meinem Körper ausgestreckt um nirgends dagegenzulaufen. Gerade als ich überlegte doch umzukehren, wurde es hell um mich herum. Ich kniff die Augen zusammen und als ich mich an das helle Licht gewöhnt hatte, erkannte ich, dass ich mitten in einer Kreuzung stand. Vier Wege zweigten ab und ich blickte in die Richtung eines hölzernen Steges, der auf einen See hinaus führte. Ich musste mich zurückhalten um nicht sofort dorthin zu gehen und drehte mich einmal im Kreis. Ein Weg führte zum Eingang eines Gebäudes, ein weiterer führte zu einem kleinen Menschenauflauf, der durch die Gegend lief. Gesichter konnte ich nicht erkennen. Der letzte Weg führte zu einigen Regalen mit Büchern. Auch wenn meine Entscheidung schon gefallen war, blickte ich noch einmal sehnsüchtig hinüber zum See. Dann setzte ich mich in Bewegung und lief auf die Bücherregale zu. Ich liebte Bücher und dort schienen richtig viele herumzustehen. Von Büchern umgeben zu sein hatte irgendwie eine beruhigende Wirkung auf mich.

Kaum hatte ich den Raum betreten fiel die Tür hinter mir zu. Ich erschrak und wandte mich kurz um und rüttelte daran, doch sie war fest verschlossen. Ich sah mich um. Naja, es konnte einem etwas Schlechteres passieren als in einer Bibliothek eingeschlossen zu sein… Ein Blick nach oben verriet mir, dass die Regale beinahe bis zur Decke reichten. Da brauchte man Jahre um sich durchzulesen! Zwischen den Bücherregalen und der Decke befanden sich Fenster. Der einzige Weg nach draußen führte wohl über die Fenster… Ich ging in die Mitte des Raumes und lehnte mich an die Armlehne eines großen Ohrensessels. Die Decke war bestimmt fünf Meter über mir, wie sollte ich da hoch kommen? Ein Kletteraß war ich noch nie wirklich gewesen… Ich zuckte mit den Schultern und ließ mich über die Lehne auf den Sessel gleiten. Auf dem Tisch lag ein Buch, auf dem kein Titel stand. Ich nahm es an mich und öffnete es um es zu lesen. Mir würde schon noch etwas einfallen um nach draußen zu kommen.

Ich hatte noch nicht einmal das erste Kapitel aufgeschlagen, als die Stille plötzlich durch das Splittern von Glas zerbrochen wurde. Ich schrak auf, warf das Buch weg und sah mich um. Die Fensterscheiben waren alle zerstört, das Glas rieselte zu Boden, und Menschen waren in den Raum eingedrungen. Bevor ich mich orientieren konnte, spürte ich einen festen Druck auf meinem Oberarm. Ein bärtiger Mann hielt mich fest und schleifte mich mit sich. Er brüllte auf mich ein, doch ich verstand zuerst nicht was er wollte. Was ich hier machte? Ich hatte doch selbst keine Ahnung… Aber irgendetwas musste ich sagen, er hatte eine Pistole in der anderen Hand. »Ich… ich habe gelesen«, stotterte ich. In seinem Gürtel hingen einige Messer doch ich wagte es nicht eines hervorzuziehen. Wenn ich ihm ein Messer ins Bein rammen würde, würde er auf mich schießen, davon war ich überzeugt.

Er hörte gar nicht auf mein Gestammel sondern machte erst halt, als wir in einem kleinen Raum ankamen, der einem Verhörraum der Polizei glich. Ich hatte kaum Zeit, dass ich mich umsah, denn schon hielt er mir ein Foto meiner Familie vor die Nase.

»Bring mich zu dir nach Hause.«

»Und wenn nicht?«, gab ich motzend zurück und wich automatisch einen Schritt nach hinten.

»Sonst werde ich dir sehr, sehr weh tun. Und das willst du doch nicht, nicht wahr?«

Er war ganz nah an mich herangetreten und sah mir finster in die Augen. Ich schluckte schwer und rammte ihm schließlich mein Knie in die Weichteile.

»Einen Scheiß werd ich dir sagen!«, brüllte ich und versuchte von dem Mann wegzukommen. Auch wenn ich meine Familie in dem Sinne nicht kannte, würde ich sie niemals verraten.

Ich stolperte ein paar Schritte zur Seite und ein weiterer Mann kam herein. Er hielt Lily fest am Arm gepackt und hielt ihr eine Waffe an den Kopf. Das Mädchen sah verängstigt aus und warf mir einen hilfesuchenden Blick zu.

»Lily!«, rief ich aus.

Der Mann sah mich kurz irritiert an und in diesem Moment preschte ich nach vorne um ihn von Lily wegzustoßen. Ich zog sie an mich und drehte mich mit dem Rücken zu dem Mann um sie vor ihm zu schützen. Egal was nun passierte, selbst wenn er mich erschießen würde, ich würde es mir nie verzeihen, hätte ich nicht alles in meiner Macht stehende getan um sie zu retten…
 

Und plötzlich war alles vorbei.

Ich saß wieder in dem Raum von vorhin und eine Altruanfrau sah mich lächelnd an. Mein Herz raste und ich brauchte ein paar Momente um mich zu beruhigen. Die Frau tippte etwas in den Computer ein und ich vergrub meinen Kopf in den Händen.

Nur eine Simulation.

Lily ging es gut.

»Dein Ergebnis war recht eindeutig«, begann Alice und ich richtete mich wieder auf.

»Achja?« Ich hob eine Augenbraue und sah sie fragend an.

»Altruan.«


Nachwort zu diesem Kapitel:
2. Kapitel

✗ da du nicht daran gedacht hast einen Wecker zu stellen, erwachst du erst, als dein Vater dich weckt
✗ am Vormittag hast du noch normalen Unterricht, nutze die Zeit!
✗ auf dem Weg von einem Klassenraum zum nächsten kommst du an einer Prügelei vorbei
✗ überstehe den Fraktionseignungstest
✗ Bonus: unterhalte dich mit mindestens zwei Personen aus anderen Fraktionen
✗ Bonus: bewundere Zekes neues Tattoo ;) Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von: abgemeldet
2015-07-12T19:04:49+00:00 12.07.2015 21:04
Hach, ich kann mich jedes Mal wieder darüber zerkugeln, wie sehr du Zeke fangirlst xDD Der arme Kerl wird einfach mal zu deinem Eigentum erklärt... Ich mag die Darstellung von ihm ^^ Man merkt ihm an seiner Art die Verwandtschaft zu Uriah deutlich an und man merkt auch, dass er jünger ist, als in den Büchern, bei all den Dingen, die er noch nicht erlebt hat, ist es kein Wunder, dass er noch verspielter ist.
Haha, auf Nayas Party hast du es ja mal ziemlich übertrieben ^^ aber tu mal nicht so, als wäre das etwas, das dir im echten Leben nie passieren könnte xD ich kann mir sehr gut vorstellen, dass du versuchst irgendjemandes Beine zu rasieren (war da nicht was mit einem rasierten Kopf bei der Party bei den Großeltern?), so weit hergeholt ist das also nicht ^^
Wenn ich mir deine Reaktion bei der Prügelei so ansehe, dann hab ich plötzlich kein schlechtes GEwissen mehr dich nach Dauntless gesteckt zu haben. Hab ich irgendwie verdrängt, dass du manchmal sehr... beängstigend sein kannst. Sehr beängstigend.
Allgemein finde ich die Umsetzung der Aufgaben wieder gut gelungen, auch wenn ich dir glaub ich ein bisschen zu viel für ein Kapitel aufgegeben habe. Wäre vielleicht besser gewesen das zu teilen... gnah. Ist trotzdem toll ^^
(Obwohl ich mich immer wieder mit den deutschen Namen von den Fraktionen unheimlich selbst verwirre...)
Von:  Lhasbelin
2015-07-06T10:54:24+00:00 06.07.2015 12:54
Inhaltlich kann ich leider nichts sagen, da ich Divergent nicht kenne. Dein Schreibstil ist ganz ok, und es wäre bestimmt gut zu Lesen, wenn da nicht so viele Wörter wären, mit denen ich nichts anfangen konnte - logisch, es ist eine FF, da geht man davon aus, dass die Leute, die es lesen, zumindest etwas Ahnung von der Materie haben; trotzdem wäre es im Zuge des Projektes nicht schlecht, die Fraktionen kurz zu umreißen, oder ein Glossar anzulegen. Mit dem Wiki nebendran zu lesen, nimmt dann doch etwas den Spaß.
Von:  Erenya
2015-05-29T17:11:15+00:00 29.05.2015 19:11
Erneut merke ich, wie mir meine Unwissenheit echt auf die Füße tritt. Ich muss eindeutig den Film mind. sehen
Aber an sich wieder ein schönes Kapitel. Du hast dich schon recht gut eingefügt und gehst flüssig in die Geschichte ein, was mir sagt, dass du sehr Adaptionsfähig bist. gleichzeitig hoffe ich, dass du hin und wieder anecken wirst, weil es eben nicht deine Welt ist.
Aber dennoch, schön zu lesen.


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