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Ultimate Character

Das Leben von Engelchen
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Der wundervolle Anfang von Engelchens Geschichte. Was sie war und wieso sie zu dem wurde, was sie ist. Momentan gibt es keine Informationen über sie, was Alter und Aussehen betrifft, aber das kommt ja noch alles.
Ich lasse Engelchen dann mal erzählen. Komplett anzeigen

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Die Hintergrundgeschichte

“Hab viel Spaß, Alice, ja? Und pass auf“, sagte Mama, als sie mir sanft einen Kuss auf die Stirn gab. Ich umarmte sie fest und versuchte es auch mit meinen Flügeln. Mama mochte es, wenn ich das gemacht habe, weil sie es süß fand. Sie zog meine Arme durch die Schlaufen des Rücksacks, gab mir nochmal einen Kuss auf die Stirn und machte mir die Tür auf. „Tschüss“, verabschiedete ich mich lächelnd und ging raus.

Da war ich Alice, das kleine, weißhaarige Engelsmädchen mit der blassen Haut und den blauen Kulleraugen. Mama liebte mich, die Erwachsenen liebten mich, alle liebten mich. Und ich liebte alles. Es war alles schön, bis zu diesem Tag, von dem ich euch erzähle.

Ich wohnte in einem Dorf ganz in der Nähe von einem Wald, wo die Engelstiere lebten. Dort gab es einen See mit einem Felsen am Rand. Ich setzte mich dort immer sehr gerne hin und zeichnete oder fütterte die Enten, die auf der Oberfläche schwammen. Der Weg dorthin war nicht weit und es gab kaum Bäume in der Nähe von dem Pfad, auf dem ich auch an diesem Tag lief. In meinem Rucksack befanden sich Essen, Trinken und meine Hausaufgaben. Pfeifend ging ich meinen gewohnten Gang zu meinem Lieblingsort. Der Himmel über Unserem war noch hell erstrahlt von der Sonne, keine Wolken waren zu sehen. So etwas wie Regen und Wolken kannte ich nur aus Geschichten und von Bildern. Zwar sieht unser Himmels so aus, wie das Land auf dem Boden, aber in Wirklichkeit befindet sich alles nur auf den Wolken, was die Menschen von unten sehen. Obwohl ich auch gerne an meinem See, wie ich ihn bezeichnete, las, hatte ich da noch nie was von Menschen oder dem Leben unter uns gehört.

Der See funkelte im Licht der Sonne, die mittlerweile etwas gesunken ist. Ich setzte mich wie gewohnt auf den Felsen und legte meinen Rucksack ab. Aus diesem fischte ich einen Apfel, einen Block und einen Stift raus. Mit dem Mund hielt ich mein Essen fest, als ich das Blatt mit meinen Hausaufgaben rausholte. Schnell überflog ich sie, um mir einen guten Überblick zu verschaffen, was ich als Erstes machen wollte. Ich begann mit der Beschreibung meiner Umgebung. Ich liebte die Aufgaben aus dem Fach. Meine Augen schauten den See an, fingen jedes Detail auf. Dann fing ich an zu schreiben. Ich erinnere mich, als wäre es erst gestern gewesen.

« Ich sitze vor einem See. Der See ist schön. Er funkelt im Licht der Sonne, die mich wärmt. Die Lichtpunkte tanzen auf der Oberfläche, wie kleine Feen, die sich um die Enten kümmern. Enten sind schön. Aber heute sind keine da. Ich vermisse ihre weißen, weichen Federn. Der Fels ist auch warm. Er ist manchmal glatt, manchmal rau. Ich sitze immer auf der glatten Fläche. Der Fels ist schön grau und dunkel, auch wenn er mir mal weh gemacht hat. Er hat es ja nicht böse gemeint. Der Fels hat sogar Freunde, das Gras. Das Gras ist wie überall schön grün und hell. Die Tiere mögen es. Hinter dem See, ganz weit weg vor mir, ist der Wald. Die Bäume sind so hoch, ich weiß nicht, was ganz oben ist. Ich kann nur das braune Holz und die grünen Blätter sehen, was aber in den Ästen ist nicht.»

Ich brauchte länger, als angenommen für diesen kurzen Text. Mein ganzer Apfel war bereits nach dem fünften Satz aufgegessen. Den Rest machte ich in eine kleine Tüte, um ihn nicht in der Wildnis zu entsorgen, sondern in meinen Rucksack zu verstauen, damit ich ihn zu Hause wegwerfen konnte. Zufrieden mit meiner geleisteten Arbeit steckte ich das Blatt mit der Hausaufgabe in den Block, um mich an die nächste zu wenden. Die Sonne sank währenddessen, sodass ich nach zwei weiteren Aufgaben nur noch mit meinem Heiligenschein etwas sehen konnte. Als genau dies der Fall war, erschrak ich. Mama wartete auf mich, ganz sicher. Es war schon dunkel. Aber da war der Mond. Ich sah zu ihm hinauf und sein leuchtendes Weiß zog mich in seinen Bann. Nochmal holte ich die erste Hausaufgabe raus, um was hinzuzufügen.

« Jetzt ist der Mond da. Der Mond sieht schön aus. Er ist nicht so hell wie die Sonne, aber auch ganz doll schön.»

Ich schrieb das schnell hin. Meine Lehrerin wäre sicher unzufrieden mit der Schrift gewesen. In der Schule legten wir sehr viel Wert auf die Schriftart. Immerhin sind wir Engel. Hastig packte ich die Hausaufgabe und den Block weg, als mich etwas an der Schulter tippte. Ich drehte mich um. Hinter dem Felsen stand eine Person, die genau so groß war wie ich. Höflich wie ich war stand ich auf und reichte ihr die Hand.

„Mein Name ist Alice. Wer bist du?“, fragte ich freundlich und lächelte. Die Person kicherte. Ihr Gesicht war verdeckt von der Kapuze ihres Umhangs, welches im Licht meines Heiligenscheins dunkelpink war. Neugierig wollte ich ihr Gesicht sichtbar machen, was ich aber bereut. Entsetzt stolperte ich zurück, als ich die schwarzen Augen und die weißen Pupillen mich anstarren sah. Zumindest starrte mich die eine Pupille an, die andere sah nach außen und zuckte. Ich hatte so etwas noch nie gesehen. Es war fremd und verstörend, da bekam ich Angst. Ich wollte nach Mama rufen, aber es hätte mir nichts geholfen. Die Gesichtshälfte, in dem das manchmal zuckende Auge war, war rot und sah wie angenäht aus. Genau wie die Ecke auf der anderen Seite.

„Hallo Alice. Ich bin Suki. Und ich bin du!“, antwortete mir das seltsame Mädchen. Ihr Aussehen übersehend blickte ich sie neugierig an.

„Du bist ich?“, fragte ich sie. „Du kannst nicht ich sein. Ich bin ich und du bist du“

„Ich bin du. Von da unten. Ich bin deine süße Version“. Was ironisch klang, war es auch. Sie sieht bis heute verstörend aus.

„Von da unten?“, fragte ich. „Meinst du von der Welt da unter uns? Da sind auch Engel?“

„Ja, soll ich es dir zeigen?“ Sie grinste breit. Ihre Zähne waren sehr spitze und man konnte das Zahnfleisch sehen, wenn sie die Lippen verzog. Aber Neugierde machte blind; brachte mich um.

Ich nickte, weil ich wissen wollte, wie es da unten aussah. Mama sagte zwar immer, ich sollte nicht mit Fremden irgendwo hingehen, aber Suki war ein Mädchen. Und Mädchen tun Mädchen nichts – dachte ich zumindest. Suki sprang auf mich, riss mich zu Boden und rammte die Finger in mein Gesicht. Sie war zwar so jung wie ich, hatte aber bereits die Krallen von heute. Sie bohrten sich durch meine erste Hautschicht, dann durch meine zweite und durch sämtliche, bis sie meine Knochen kratzte. Ich schrie heulend auf. Die Krallen waren direkt unter meine Augen, dabei rissen sie sämtliche Adern auf.

„Magst du die Welt?!“, schrie sie laut und wahnsinnig. Ich starrte sie heulend an, versucht ihre Hände von mir zu reißen.

„Nein! Lass mich!“, rief ich weinend. Suki packte mich an den Schultern, um mich zum See zu schleppen, wobei sie mir die Schultern und Hals aufkratzte. Ich heulte, aber keiner konnte mich hören. Es waren auch keine Tiere in der Nähe. Schonungslos war ich ihr ausgeliefert. Mein weißes Kleid färbte sich an diversen Stellen von meinem Blut rot, es fing meine Tränen auf, die mir bei jedem Kratzen aus den Augen schossen. Der Schmerz zuckte von einem Punkt durch meinen Körper zum Anderen, ließ mich wild und unkontrollierbar zappeln, nur, damit ich mich befreien konnte. Das verrückte Engelsmädchen warf mich in den See, wo sie sich erneut auf mich stürzte. Unter Wasser konnte ich nicht atmen, weshalb viel Wasser in meine Lunge gelangte. Vergebens griff ich nach der Oberfläche, über der sich Sukis Kopf befand. Das Blut, welches sich um mich im Wasser ausbreitete, gelangte in mein rechtes Auge. Der Schmerz, der sich da breit machte, ähnelte einer Explosion, die mich gleichzeitig betäubte. Ich gurgelte panisch, als sich das Auge krampfhaft nach rechts drehte. Und dann passierte etwas, was mir mehr Angst machte als Suki selber: In mir stiegen Rachegelüste und Mordgedanken auf. Ich wollte meine Finger in Sukis Augen stechen, sie rausholen und essen. Ein Engel wie ich früher war, ein weißer Engel des Himmels, durfte diese Gefühle und Gedanken nicht haben. Als mir dies bewusst wurde, begann ich schreiend zu mutieren. Aus meinem Mund schoss wieder das ganze Wasser, jedoch als Blut, in den See, mischte sich in meine Haare und drang durch meine Nase und Ohren ins Hirn. Suki zerrte mich aus dem Wasser. Sie grinste, als mein Körper sich verkrampfte und zuckte. Ich spürte nichts und doch den geballten Schmerzen, der sich in mir um mich schlug. Ich hatte des Gefühl, als hätten sich alle meine Organe verdreht, verkrümmt, als wollten sie aus mir hinausspringen. Dann spürte ich den kalten Boden an meinem Rücken. Suki hatte mich fallen gelassen.

„Ich hoffe, dir gefällt die Welt da unten“, hörte ich sie zuletzt sagen, als die Dunkelheit meine Sicht einnahm und ich bewusstlos den Kopf fallen ließ.
 

Als ich aufwachte, war der ganze Schmerz fort und die Sonne war aufgegangen. Mama macht sich sicher höllische Sorgen!, dachte ich mir und war entsetzt darüber, dass ich das Wort höllisch benutzt hatte. Ich schaute ins Wasser. Da war kein Blut, aber ich konnte mich erinnern, was passiert war. Ängstlich beugte ich mich über die Oberfläche des Sees, wo sich mein Abbild spiegelte. „Nein.. Nein..“, murmelte ich und schrie auf. „Nein!“ Meine wunderschönen weißen Haare waren schwarz und hat keinen Pony mehr, sondern einen Scheitel. Er verdeckte fast mein ganzes rechte Auge, was nun auch nach außen sah. Es war schwarz und die Pupille weiß. Mein linkes Auge auch und meine Iris war nicht mehr blau, sondern ein dunkles braun. Mir kamen die Tränen. „Nein, nein, nein. Das bin ich nicht. Das bin ich nicht“, weinte ich. Meine Hände fingen das Blut, was meine Tränen ersetzt hatte auf. „Mama!“, rief ich heulend. „Mama, es tut mir leid!“ Ich wusste, dass ich heim musste. Mama liebte mich ja. Mama hatte mich geliebt. Immer noch weinend zog ich den Rucksack auf den Rücken und ging los. Der Weg erschien mir da qualvoll lang, aber die Sonne bewegte sich kaum ein Stück. Die Zeit verging, als würde ich in Zeitlupe laufen.

Nach einer gefühlten Ewigkeit kam ich vor meinem Haus an. Jeder Engel, der an mir vorbei lief, schien mich nicht zu bemerken. Sie kannten mich nicht mehr. Keiner liebte mich mehr. Hoffnungsvoll klopfte ich an die Tür. „Mama wird mich sicher sehen“, sprach ich mir Mut zu. „Mama wird mich immer noch lieb haben“. Mama öffnete die Tür und sah mich an. Ich sah sie mit großen Kulleraugen und einem Lächeln an, aber sie schien mich nicht zu erkennen. Sie wirkte irritiert. „Mama..?“, fragte ich leise. Ihre Augen weiteten sich, sie hatte wohl meinen Rucksack gesehen. Grob packte sie mich am Arm, zerrte mich rein und schlug die Tür zu.

„Was hast du getan?!“, brüllte sie mich aggressiv an. „Warst du böse?! Hast du etwas Böses getan! Du warst unten, oder?!“

„Nein, Mama!“, rief ich weinend. Ich klammerte mich an ihren Rock, wurde aber zurück gestoßen. „Mama, es tut mir leid! Mama, warte! Mama, ich-“ Ein Schlag in mein Gesicht brachte mich zum Schweigen. Mit entsetzt aufgerissenen Augen sah ich die Frau an, die ich einst Mama nannte. Früher hatte sie mich liebevoll mit einem freudigen Blick angesehen, nun hat sie ihr Gesicht abgewandt, um nicht meinen jämmerlichen Anblick sehen zu müssen. Mein rechtes Auge pochte und auf einmal tauchte sich alles um sie herum in ein blutiges Rot. Unfähig zu weinen keuchte ich panisch auf, als ich mir ans Gesicht fasste. Alles pochte. Es schmerzte.

„Geh...“, flüsterte Mama mit einem scharfen Ton. „Geh, du Schande einer Tochter, und komm nie wieder“

Ich tat, was sie sagte. Wortlos, ohne meinen Rucksack oder etwas Anderes mitzunehmen, ging ich raus auf die Straße. Die ganze Welt, die ich als strahlend weiß gesehen hatte, war nun in ein tiefes Rot gehüllt. Aber das Rot war auch schön. Ich mochte es. Ich begann, es zu mögen. Meine Füße führten mich automatisch den Weg wieder zurück zum See, an dem mein Unheil geschehen war. Mein Kopf war gefüllt mit dem Blick, mit dem Hass, mit dem Schlag von Mama. Keiner liebt mich, dachte ich und lächelte, wobei mir Blut aus den Augen lief. Ich darf nicht geliebt werden.., fügte ich hinzu. Im Gegensatz zum Weg zurück verlief die Zeit schneller als üblich. Es überraschte mich, wie schnell mich meine Beine zu dem Unfallort, der mein Leben ruinierte, gebracht hatte. „Suki heißt du“, sagte ich zu niemandem Bestimmten. „Du wolltest mir die Welt unten zeigen. Ich weiß jetzt, was du meinst.“

„Das freut mich aber!“, rief die Stimmer fröhlich hinter mir. Ein Klatschen folgte dem. Ich drehte mich um und da war sie wieder, dieses Mal ohne Umhang. Sie trug nur ein knielanges, dunkelpinkes Kleid, dessen lange Ärmel ihre Hände verdeckten. „Ich hoffe, dir gefällt dein neues Outfit“, meinte sie kichernd. Fragend sah ich an mir herab. Ich trug dasselbe Kleid, bloß in schwarz und es reichte bis zum Boden. Es war schön, weil ich kaum was von mir sah. Aber es war immer noch rötlich.

„Ach ja, bevor du Chaos auf meinem Land anrichtest“, fuhr die Täterin fort. Ich sah zu ihr. Sie kam zu mir und zog mir eine Augenklappe auf dem Kopf, deren zwei dünnen Riemen quer um meinen Kopf gingen. „Wie alt bist du, Alice?“

„Wenn du ich bist, musst du es wissen“, antwortete ich ungewöhnlich klug. Ihr gefiel das. Sie gab mir immerhin eine feste Umarmung.

„Wir sind 14, wenn du es nicht weißt. Und nun komm. Ich bring dich runter“ Sie drehte sich um, wo sich ein Portal geöffnet hatte. Sie nahm meine Hand, wobei ich an Mama denken musste. Doch da war es jemand anderes, der mir die Welt zeigen wollte, denn die andere Person war für mich gestorben. So nahm mich Suki mit durchs Portal und brachte mich auf die Erde, wo ich jetzt bin.



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