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Er liebt mich, er liebt mich nicht

[Secret Love]
von

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»Wie soll ich es wieder gut machen?«

Hirakawa hatte sich in der Klasse neben Takeda gesetzt. Sakana war zwar nicht gerade glücklich gewesen, ab sofort an Hirakawas Stelle in der ersten Reihe sitzen zu müssen, doch dem Klassensprecher schlug man einen kleinen Wunsch eben nicht so einfach ab. Besonders dann nicht, wenn ihm sein Ruf so weit vorausgeeilt war wie bei Hirakawa.

»Wie wär’s, wenn du in Mädchenkleidern in den Brunnen vor dem Hauptgebäude springst?«, stieß Takeda zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Hirakawas Nähe machte ihn nervös und trug nicht gerade dazu bei, seinen guten Vorsatz, künftig im Unterricht besser aufzupassen, in die Tat umzusetzen.

Yamamura-Sensei war gerade dabei, der Klasse in einem recht komplizierten Versuchsaufbau die Strahlung von Radium zu demonstrieren, doch Hirakawa schien sich dafür plötzlich nicht mehr im Geringsten zu interessieren.

»Ich dachte, das wäre DEIN Hobby.«

»Du hast jawohl nicht ernsthaft geglaubt, dass ich das freiwillig gemacht habe, oder?«

»Würde es den Herren in der letzten Reihe etwas ausmachen, zumindest die anderen Schüler nicht zu stören, wenn sie schon keinen Wert darauf legen, dem Unterricht zu folgen?« Yamamura-Senseis Blick hatte Takeda und Hirakawa fixiert. Von seinem Gesicht konnte Takeda ganz deutlich ablesen, dass er nicht nur wütend über die Schwätzerei, sondern ganz offensichtlich obendrein empört über Hirakawas Beteiligung daran war. »Sakana, seien Sie doch so freundlich und tauschen Sie wieder mit Hirakawa den Platz.«

Sofort stand Sakana von seinem Stuhl auf und kam zu Hirakawa hinüber getrabt. Der bedachte ihn mit einem langen Blick, den Takeda nicht deuten konnte, ehe er sich ebenfalls erhob.

»Im Grunde genommen sind wir sowieso quitt. Ich sage nur Kendô«, murmelte Hirakawa noch, eher er sich wieder zu seinem Stammplatz durchschlängelte.

»Was wollte Hirakawa denn von dir?«, fragte Sakana mit hinter seinen Glasbausteinen weit aufgerissenen Augen, doch ehe Takeda etwas erwidern konnte, fuhr Yamamura-Sensei dazwischen.

»Geht das jetzt schon wieder los? Wenn ich heute noch von irgendjemandem auch nur einen Mucks höre, gibt es einen Eintrag ins Klassenbuch.«

Die Klasse verfiel für den Rest des Unterrichts in eisiges Schweigen. Und trotzdem konnte sich Takeda einfach nicht auf Yamamura-Senseis Ausführungen konzentrieren. Immer wieder kreisten seine Gedanken um Hirakawa und den Kendô-Club und als endlich die Glocke zur Mittagspause läutete, fing er Hirakawa an der Tür ab.

»Wegen Kuroi«, begann er, während die anderen Schüler sich zwischen ihm und Hirakawa hindruch drängelten.

»Wieso redest du eigentlich ständig von ihm?«

Hirakawa hatte die Augenbrauen leicht angehoben, als erwartete er eine Antwort, die ihm nicht gefallen würde.

»Na, weil ich mir Sorgen mache. Wenn du wegen mir nicht Vorsitzender des Kendô-Clubs werden könntest, würde ich mir das nie verzeihen«, gab Takeda in bemüht beiläufigem Tonfall zurück und ergänzte dann leicht säuerlich: »Bist du etwa eifersüchtig?«

»Sehr witzig. Kommt mir vor, als wären das meine Worte gewesen«, gab Hirakawa trocken zurück und zog Takeda in eine ruhigere Ecke des Korridors. »Hör zu: Kuroi ist ziemlich skrupellos. Dem ist egal, was aus dir wird, Hauptsache er bekommt, was er will.«

Ehe sich Takeda versah, fand er sich mit dem Rücken zur Wand wieder, Hirakawas Gesicht so nah bei seinem, dass er kaum noch zu atmen wagte. Sein Herz trommelte einen schnellen, nervösen Rhythmus gegen seine Rippen.

»Das hat Ishida mir auch schon gesagt«, gab Takeda ausweichend zurück.

»Dann solltest du vielleicht öfter auf ihn hören.«

Hirakawas Stimme war gedämpft, nahe bei Takedas rechtem Ohr.

»Du tust ja gerade so, als hätte ich Kuroi freiwillig geküsst.«

Takeda wandte den Kopf zur Seite. Hirakawa war ihm so nahe gekommen, dass er seinen Atem auf der Haut spüren konnte. Er wollte weglaufen, sich der Situation entziehen. Er wollte bleiben und Hirakawas Gesicht berühren. Er wollte weglaufen. Er wollte bleiben.

Einen Augenblick lang schien die Welt still zu stehen. Dann ließ Hirakawa von Takeda ab und lehnte sich neben ihm an die Wand, blieb eine Antwort schuldig.

»Ich versuche ja nur herauszufinden, was Kuroi für ein Problem mit dir hat«, fuhr Takeda fort, den Blick auf die gegenüberliegende Wand geheftet. »Warum will er nicht, dass du den Club übernimmst? Es gibt doch niemanden, der das besser könnte als du, oder?«

Aus dem Augenwinkel konnte Takeda sehen, wie ein heimliches Lächeln Hirakawas Mundwinkel umspielte.

»Kuroi ist noch nicht im Abschlussjahrgang, wusstest du das nicht? Wenn ich Ende des Jahres zum Vorsitzenden gewählt werden sollte, müsste er noch ein ganzes Jahr unter meiner Leitung Trainieren. Das wäre ziemlich demütigend, oder?«

Takeda antwortete nicht, doch er verstand. Vielleicht war Kuroi doch kein so schlechter Mensch, nicht per se.

Wir alle benehmen uns wie Idioten, wenn wir uns in die Ecke gedrängt fühlen, fuhr es ihm durch den Kopf und er seufzte leicht.

»Wenn du an dem Turnier gegen die Huan teilnehmen darfst, komme ich auf jeden Fall, um dich anzufeuern. Dann zeigst denen einfach, was du drauf hast und dann kann niemand mehr sagen, dass du kein guter Club-Vorsitzender wärst.«

Hirakawas Augen leuchteten, doch seine Lippen formten die Worte: »Als wenn ich das nötig hätte.«

Und während er sich allein auf den Weg in Richtung des Ausgangs machte, hatte Takeda zum ersten Mal das Gefühl, ihn durchschaut zu haben.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  May_Be
2015-04-21T18:14:26+00:00 21.04.2015 20:14
Kaum hab ich gesehen, dass die Kapitel frei geschaltet wurden, musste ich sie sofort lesen :D

Warte sehnsüchtig auf die Fortsetzung!

Liebe Grüße

May_Be


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