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Kakashis Spezialtraining

von

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Kapitel 1 – Spezialtraining – oder auch: Fesselspielchen

Kaum hatte Naruto seine Wohnung verlassen, sah er eine bekannte Silhouette. Er versteckte sich automatisch hinter einer Mülltonne, um nicht gesehen zu werden. Die Aussicht, den ganzen Weg bis zum Treffpunkt von Team 7 neben Sasuke hergehen zu müssen, wenn der andere sich kaum dazu herabließ, auch nur ein Wort mit ihm zu wechseln, war nicht gerade das, was sich Naruto an einem frühen Montagmorgen wünschte. Er hatte ohnehin nicht genug geschlafen, denn Kakashi hatte für heute einen ungewöhnlich frühen Zeitpunkt gewählt. Irgendwie ließ allein diese Tatsache Naruto glauben, dass etwas Wichtiges bevorstand. Und vor allem, dass Kakashi dann auch tatsächlich pünktlich kommen würde. Aber man würde ihn schon noch eines Besseren belehren.

„Du bist echt eine Niete im Anschleichen, Usuratonkachi“, hörte Naruto plötzlich eine herablassende Stimme. Sasuke drehte sich um und schaute in die Richtung, in der Naruto hinter einem Mauervorsprung versteckt stand. Er war ihm bereits etwa hundert Meter gefolgt, doch scheinbar nicht unauffällig genug.

Jetzt trat er offen aus seinem Versteck hervor und grinste. „Das habe ich auch gar nicht versucht, dattebayo!“, log er und schlenderte selbstbewusst mit hinter dem Kopf verschränkten Armen auf Sasuke zu.

„Ach ja?“, kam es ungläubig zurück. „Was sollte dieses Versteckspiel hinter Mülltonnen und Mauern dann?“

Naruto schluckte. Verdammt. Er hat mich wirklich schon von Anfang an bemerkt. Wie rede ich mich da jetzt wieder raus? „Ich wollte nur testen, wie fit du am frühen Morgen bist, Teme.“

„Fitter als du“, konterte er. „Du hast Ringe unter den Augen.“

Überrascht hob Naruto die Augenbrauen und ließ unbewusst seine Arme sinken. Ist das so auffällig? Wie genau sieht er mich an, dass er das sofort bemerkt? Er blieb ein paar Schritte vor Sasuke stehen. „Trotzdem bin ich fitter als du“, behauptete er und schlug vor: „Wie wäre es mit einem kleinen Wettrennen, um das zu testen?“

Nun hob sich eine Augenbraue Sasukes. „Bis zum Treffpunkt?“ Es war offensichtlich, dass er Interesse an diesem Wettkampf zeigte, auch wenn er versuchte, seine Stimme teilnahmslos klingen zu lassen.

„Wer zuerst das Brückengeländer berührt, hat gewonnen“, legte Naruto die Regeln fest. Er grinste und fügte noch hinzu: „Und wer verliert, muss dem anderen einen ausgeben.“

„Du meinst, die Rechnung bei Ichiraku bezahlen?“, kam es sogleich zurück.

„Genau“, grinste Naruto. Sasuke hatte augenblicklich gewusst, was er meinte.

„Daraus wird aber nichts“, meinte er dann und zuckte mit den Schultern. „Denn wenn ich gewinne, dann will ich nicht zu Ichiraku. Ich will dann etwas Richtiges essen und nicht nur Suppe. Suppe ist eine Vorspeise.“

„Ramen ist nicht nur eine Suppe!“, wehrte Naruto ab. Er fühlte sich stets persönlich angegriffen, wenn man etwas Schlechtes über sein Lieblingsgericht sagte. Sasuke wusste das selbstverständlich. „Und vor allem keine Vorspeise!“, ereiferte Naruto sich weiter. „Ramen ist das leckerste Gericht, was es gibt!“

„Tss“, machte Sasuke. „Das ist deine Meinung.“ Er wandte sich wieder in die Richtung, in die er ursprünglich gegangen war. „Auf drei.“

Naruto drehte sich ebenfalls, richtete seinen Blick nach Osten und begann zu zählen: „Eins.“ Er hob seine Hände vor seine Brust. „Zwei.“ Sasukes Kopf zuckte zu ihm herüber, weil er die Bewegung aus dem Augenwinkel gesehen hatte. Er erkannte das Fingerzeichen sofort. „Kagebunshin no Jutsu!

Im ersten Moment war Sasuke verwirrt, ob das nun das Startzeichen für ihr Wettrennen war oder nicht, doch als Naruto – zu fünft – loslief, zögerte er nicht länger. Dieser Cheater!, dachte Sasuke, als er losrannte. Er glaubt auch, dass er bessere Chancen hat, nur weil er zu mehreren ist. Doch da glaubt er falsch. Er überholte den ersten der Kagebunshin, der ein wenig zurückgefallen war, weil die Straße nicht breit genug war, sodass alle Klone hätten nebeneinanderher laufen können. Außerdem, dachte er und ließ seinen Arm nach hinten schnellen, schlug dem Kagebunshin hart in die Brust, sodass er im Nichts verpuffte, muss ich seine Doppelgänger ja nicht lange am Leben lassen.

Er holte den nächsten ein und tat dasselbe. Die anderen drei retteten sich jetzt nach links und rechts auf die Dächer der umstehenden Häuser. Sasuke entschied sich, die Seite zu nehmen, auf die zwei geflohen waren, um dieses Spiel schneller zu beenden. Er vermutete, dass der eine der echte Naruto war und den anderen nur zum Schutz bei sich hatte. Die beiden schauten schon ängstlich zu ihm zurück. Sie wussten genau, was ihnen blühte. Bei dem Anblick umspielte Sasukes Lippen ein sadistisches Lächeln.

„Schneller! Schneller!“, trieb der eine den anderen an. Sasuke war sich relativ sicher, dass derjenige der Echte sein musste. Es war ihm jedoch gleich. Er stieß sich von den Dachziegeln ab, kickte mit einem Bein den einen nach links und schlug gleichzeitig mit einem Arm den anderen nach rechts. Während Sasuke weiterlief, lauschte er dem Geräusch, mit dem sie sich auflösten. Es waren beide Kagebunshin gewesen. Da hatte er sich wohl verschätzt.

Er schaute hinüber zu dem letzten der fünf und wusste nun sicher, dieser war der echte Naruto. Diesen musste er in den nächsten 1000 Metern überholen, denn da war ihr Ziel. Er überlegte, ob er ihn wirklich nur überholen oder einfach dasselbe mit ihm machen sollte wie mit seinen Kagebunshin. Er beschleunigte und sprang in hohem Bogen über die Dorfstraße hinweg, landete am Rande des Daches der Häuserreihe auf der anderen Seite – auf Narutos Seite. Er war dadurch ein paar Meter zurückgefallen, die er nun erst wieder aufholen musste. Kurz bevor er Naruto erreichte, entschied er, dass es nicht nötig war, fair zu bleiben. Schließlich hatte dieses Wettrennen bereits alles andere als fair begonnen. Deshalb zog er gleich mit seinem Rivalen und wollte eine Hand gegen sein Knie drücken, damit Naruto das Gleichgewicht verlor, stolperte und vom Dach stürzte, wenn er sich nicht rechtzeitig wieder abfangen konnte. Doch auch wenn er das nicht tat, würde der Vorsprung wohl genügen, um zuerst bei der Brücke zu sein.

Sasuke streckte einen Arm aus, erwischte Naruto jedoch nur am Schenkel, aber es reichte aus, um ihn bei dieser Geschwindigkeit aus der Bahn zu werfen. Er flog vornüber, fing sich blitzschnell mit seinen Händen ab und rannte dann weiter. Er war nun maximal zwei Meter im Rückstand. Das war nicht ganz das Ergebnis, dass sich Sasuke erhofft hatte. Er musste wohl schwerere Geschütze auffahren.

Katon: Goukakyuu no Jutsu!“, rief er, nachdem er die notwendigen Siegel mit seinen Händen geformt hatte, und wandte sich, rückwärts weiterlaufend, um, um den Feuerball in Narutos Richtung rollen zu lassen.

„Aah!“, schrie dieser, als er die Flammen sah und wich zur Seite aus, ganz an den Rand des Daches. Ein Stück eines Dachziegels brach unter seinem Fuß ab und brachte ihn zu Fall. Sasuke hielt erschrocken inne. Was, wenn ihm wirklich etwas passierte? Wenn er ungeschickt auf der Wirbelsäule aufkam? Wenn er sich den Kopf verletzte? Doch noch bevor Sasuke auch nur hatte zum Rand des Daches rennen können, kam Naruto bereits wieder heraufgesprungen. Entsetzt begriff Sasuke, dass der Wettlauf noch nicht vorbei war und er sich – vor lauter Sorge – die Chance hatte entgehen lassen, den Vorsprung zu nutzen und ins Ziel zu gelangen. Bis er sich wieder umgewandt hatte und losgelaufen war, hatte Naruto den Abstand zu ihm bereits ausgelöscht. Plötzlich war er neben ihm. Sasuke wollte ihm eigentlich nicht wehtun, doch noch weniger wollte er diesen Wettkampf verlieren, deshalb legte er einiges an Kraft in seinen nächsten Schlag und traf Naruto damit in den Magen. Naruto, der definitiv nicht mit einem solchem direkten Angriff gerechnet hatte, krümmte sich, legte seine Hände an seinen Bauch und fiel nach hinten. Noch bevor er allerdings auf dem Dach aufkam, verpuffte er in der Luft.

„Was?!“, entfuhr es Sasuke und schaute sich um. Das konnte doch nicht… Wie hat er…? Doch im nächsten Moment begriff er, denn er wandte den Blick wieder geradeaus in Richtung Ziel und sah Naruto – den echten Naruto – kurz vor der Brücke. Er muss noch einen weiteren Kagebunshin gemacht haben, ohne dass ich es bemerkt habe. Wahrscheinlich sogar während ich die anderen ausgeschaltet habe. Dieser…! Sasukes Wut ließ ihn zur Höchstform auflaufen, doch es waren nur noch wenige Meter bis zur Brücke, und er wusste, dass diese Distanz nicht mehr ausreichen würde, um Naruto noch einzuholen. Keine seiner Attacken hätte ihn jetzt noch stoppen können. Und er hatte keine Zeit mehr dafür. Er sprang vom Dach des letzten Hauses dieser Straße und rannte über die Wiese, die letzten hundert Meter, die ihn noch von der Brücke trennten. Bis zum Schluss verlangsamte er seine Schritte nicht. Als hoffte er auf ein Wunder, das Naruto davon abhielt, ins Ziel zu gelangen.

Dieser lehnte sich nun eilig gegen das Geländer und tat so, als wäre er schon seit einer Ewigkeit dort und wartete. Sasuke erreichte das Ziel nur kurz nach ihm und lief noch ein paar Meter weiter; er konnte so schnell nicht abbremsen. Schließlich hielt er an, am anderen Ende der Brücke, und stützte sich mit ausgestreckten Armen schwer keuchend gegen das Geländer. Wenn er nicht so außer Puste gewesen wäre, wäre er wahrscheinlich direkt auf Naruto losgegangen. Aber er wusste, dass das keinen Sinn hatte. Das Rennen war vorbei. Er hatte verloren. Dennoch konnte er seine Wut nicht verbergen. „Das war nicht fair, Usuratonkachi.“

„Doch“, widersprach Naruto und kam grinsend zu ihm herüber. „Es war alles erlaubt. Meine Technik war nur besser.“

Sasuke schüttelte nur den Kopf. Er konnte und wollte nicht mit ihm darüber diskutieren. Das war unter seiner Würde. Er schämte sich schon genug dafür, dass er versagt hatte. Er legte seine Unterarme auf dem Geländer ab und ruhte sich aus, brachte seinen rasenden Puls allmählich wieder unter Kontrolle. Er hoffte, dass Kakashi nicht allzu früh herkommen würde und ihn in diesem Zustand sah. Geschlagen von diesem Kind, das sich garantiert nicht zurückhalten und seinen Sieg verschweigen würde.

Naruto hatte sich vorerst wortlos neben ihn gestellt und sich umgewandt, sodass er ebenfalls über die Brüstung ins Wasser hinuntersehen konnte. Er verschränkte die Arme vor der Brust und legte sie auf dem Geländer ab. „Es war ziemlich knapp.“

Sasuke schaute überrascht zur Seite zu Naruto, der weiterhin in das fließende Wasser hinabblickte. Er hätte nicht gedacht, dass der andere das ihm oder auch nur sich selbst eingestehen würde. Dass er auch nur ein Stück von seinem Sieg dafür aufopferte, um dem Verlierer ein Kompliment zu machen. Sasuke wusste nicht, was er darauf sagen sollte.

„Ah, ich bin fix und alle!“, jammerte Naruto dann plötzlich und ließ seine Stirn auf seine Arme sinken. „Ich hoffe, dass Kakashi heute keine allzu anstrengende Mission für uns hat.“

„Bis der kommt, bist du sicher wieder fit“, meinte Sasuke, der genau wusste, wie schwer es war, Naruto an die Grenzen seiner Ausdauer zu bringen. Er wirkte auch jetzt nicht erschöpft auf ihn. Tut er nur so, als hätte ihn dieses Rennen ausgelaugt? Wozu? Um mich nicht noch mehr zu erniedrigen? Er hörte ihn weder schwer atmen, noch sah er irgendwelche Anzeichen von Schweiß. Es war Sasukes eigene Brust, die sich noch ungewöhnlich schnell hob und senkte. Er hatte den Blonden immer um sein Durchhaltevermögen beneidet.

„Dazu müsste ich erst noch Schlaf nachholen“, sagte dieser kopfschüttelnd an den Boden gerichtet.

„Warum hast du denn so wenig geschlafen?“, fragte Sasuke, bevor er sich davon abhalten konnte. Augenblicklich wandte er den Blick ab. Wie konnte er so eine Frage stellen, die so viel Interesse zeigte? Naruto entging das nicht. Er fragte sich dasselbe. Er drehte seinen Kopf zur Seite und schaute zu Sasuke hinüber, von dessen Kopf er gerade jedoch nur seine Haare sehen konnte.

„Ich habe gestern Abend noch ziemlich lange trainiert“, antwortete Naruto schließlich. Sasuke schnaubte. Genau das war sie, diese Unermüdlichkeit. Er kannte sie. Er hatte sie schon oft genug beim anderen beobachten können. Und er hatte stets versucht mitzuhalten. Meist war er gescheitert. Doch er erinnerte sich an die Zeit im Wellen-Reich, an das Training dort, bei dem sie senkrecht einen Baum hinauflaufen sollten. Und er erinnerte sich, wie er Naruto zu ihrer Unterkunft zurückgetragen hatte. Er wusste nicht genau, warum. Aber aus irgendeinem Grund war diese Erinnerung eine, an die er ziemlich oft zurückdachte.

Lange sagte keiner mehr ein Wort. Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach. Irgendwann, als sich sein Atem längst wieder beruhigt hatte, wagte Sasuke es, wieder zu sprechen: „Eins will ich noch wissen: Wann hast du den fünften Kagebunshin gemacht?“

Er drehte Naruto sein Gesicht zu und dieser tat es ihm gleich. Auf seinen Lippen lag ein amüsiertes Lächeln. Ob es daher kam, dass er Interesse an Narutos Taktik zeigte oder dass er einfach nur verstehen wollte, wo sein Fehler gelegen hatte, wusste Sasuke nicht. Wahrscheinlich belustigte es den Blonden einfach nur, dass er mit dieser Niederlage noch nicht ganz abgeschlossen zu haben schien.

„Als ich auf das Dach gesprungen bin“, antwortete er bereitwillig und Sasuke glaubte, dass er die Stelle meinte, nachdem er vom Dach gefallen und wieder heraufgekommen war. Doch Naruto erklärte weiter: „Da hast du mich für einen Moment nicht beachtet und bist sowieso auf die linke Seite zu den anderen beiden gesprungen; da hatte ich auf der rechten genug Zeit, um einen Kagebunshin an meiner Stelle übers Dach laufen zu lassen, während ich ungesehen in der Parallelstraße auf dem Boden weitergerannt bin.“ Sasuke musste sich eingestehen, dass Naruto diese Strategie wohl tatsächlich schon von Anfang an gehabt und sie sich nicht nur von selbst ergeben hatte, weil er ihn mit seiner Attacke vom Dach gezwungen hatte. Er hatte sich anscheinend wirklich verbessert, was taktisches Denken anging.

„Ah“, machte Sasuke zum Zeichen, dass er ihm zugehört und seine Erklärung verstanden hatte. Es sollte keine Anerkennung in diesem Laut stecken, doch ehe er sich versah, hatte er ihn trotzdem gelobt. „Schlauer Schachzug“, musste er zugeben.

„He, he!“, lachte Naruto stolz auf.

„Glaub aber bloß nicht, dass ich dich noch einmal gewinnen lasse“, kündigte Sasuke an. „Das passiert mir kein zweites Mal.“

„Das will ich doch hoffen“, entgegnete Naruto. „Sonst wäre es ja viel zu einfach.“

Sasuke schnaubte abermals. „Lass dir diesen kleinen Sieg bloß nicht zu Kopf steigen.“

„Heute Abend geht es zu Ichiraku~!“, frohlockte Naruto.

„Ach“, seufzte Sasuke. „Das habe ich schon wieder komplett vergessen.“

„Ich aber nicht“, kam es gut gelaunt zurück. „Ich bin momentan sowieso knapp bei Kasse. Das trifft sich wirklich gut.“ Der Blonde zeigte ihm ein breites Grinsen. Dann verschwand es mit einem Mal. „Wo ist eigentlich Sakura?“, war seine nächste Frage. Sie kam normalerweise nie zu spät zum Treffpunkt. Hatte Kakashi etwa vergessen, ihr Bescheid zu geben? Das war ausgeschlossen. War möglicherweise etwas passiert? „Na, Sasuke“, versuchte er es noch einmal, dem Schweigsamen neben ihm eine Antwort zu entlocken. „Glaubst du, es ist etwas pa–?“

„Yo“, sagte Kakashi just in diesen Moment, nachdem er neben den beiden auf dem Geländer erschienen war.

„Kakashi-sensei!“, beschwerte sich Naruto über die Verspätung. „Die ausgemachte Uhrzeit war vor Stunden!“

Warui, warui“, entschuldigte sich ihr Trainer. „Ich musste einer meiner Schü–“

Usotsuki“, beschimpfte Naruto ihn kurzerhand.

„Wo ist Sakura-san?“, fragte Sasuke dann ruhig.

„Sakura-san brauchen wir heute nicht“, sagte Kakashi nur und die beiden Shinobi schauten ihn ungläubig an – jeder auf seine mehr oder weniger dezente Weise. „Heute beginnt ein spezielles Training für euch beide.“

„Spezielles Training?“, echote Naruto. Sasuke schaute seinen Lehrer nur misstrauisch an. Ihm schwante Übles.

„Ja“, sagte Kakashi nur selbstverständlich, als gehörte das in den Ausbildungsplan eines jeden Ninja.

„Und wofür?“, fragte Naruto sofort.

„Um euren Teamzusammenhalt zu stärken“, erklärte Kakashi.

„Und warum muss Sakura dann nicht mittrainieren?“, wollte Naruto empört wissen. „Sie gehört schließlich auch zu Team 7.“

„Ihr beide seid es, die nicht als Team zusammenarbeiten, deswegen. Sakura bekommt in der Zeit eine andere Art von Spezialtraining, um sich weiterzuentwickeln.“

Shannarooo!“, fluchte Sakura in diesem Moment einige Kilometer weit entfernt. „Das darf doch nicht wahr sein!“ Sie warf einen keinen Berg zusammengerollter Plakate verschiedener Größen vor sich auf den Boden. „Warum soll ich Werbung für einen Film machen, der den bescheuerten Namen ‚Icha Icha Paradise’ trägt?“ Sie stemmte ihre Hände in die Hüften und schaute hinauf zu der großen Holzwand, an der ein altes Plakat hing, das schon ziemlich mitgenommen aussah. Es sollte – wie hunderte von anderen Plakate in der Stadt – durch die neuen Filmplakate ersetzt werden. Sie wollte gar nicht daran denken, wie lange sie brauchen würde, bis sie damit fertig war. „Warum soll Plakateaufhängen ein gutes Training für mich sein?!“

„So“, meinte Kakashi dann in Aufbruchsstimmung und mit einem Lächeln im Gesicht. „Jetzt fangen wir einmal ganz von vorne an und spielen einfach ein paar Situationen durch, in die ihr während einer Mission kommen könntet.“ Sasuke hob eine Augenbraue. Diese Einleitung gefiel ihm gar nicht. Es klang, als hätte Kakashi Spaß daran, sich Szenarien auszudenken. Oder Szenen aus einem seiner Lieblingsbücher nachzuspielen.

„Also, folgende Situation“, begann er zu erklären. „Ihr beide seid vom Feind besiegt und gefangen genommen worden.“

„Unrealistisch“, warf Naruto ein.

Kakashi blickte ihn mit einem strengen Blick an, fuhr dann jedoch fort: „Ihr wurdet gefesselt und müsst euch nun befreien. Sasuke-kun ist bewusstlos und Na–“

„Ha, ha!“, brach es schadenfroh aus Naruto heraus. Sasuke schaute ihn mit einem vernichtenden Blick an.

Kakashi seufzte. Er fürchtete, dass die Umsetzung seines Vorhabens anstrengender werden könnte als geplant. „Ihr wart beide bewusstlos, nur bist du früher aufgewacht“, fügte Kakashi hinzu.

Naruto schnaubte. „Immerhin“, sagte er stolz. Kakashi schaute ihn noch einen Moment länger mit seinem ausdruckslosen Auge an, das nicht verriet, wie genervt er war, dass man seine Fantasie immer wieder unterbrach. Schließlich hatte er nichts wirklich vorbereitet. Er improvisierte gerade. Jetzt brachte er seine Hände zusammen, formte ein paar Fingerzeichen und im nächsten Moment erschien ein Seil, das sich auf seine beiden Lehrlinge stürzte. Sasuke reagierte instinktiv und schnell genug, konnte dem Angriff ausweichen. Naruto dagegen war in wenigen Sekunden gefesselt. Er hatte auch viel mehr darauf geachtet, was sein Mitstreiter getan hatte. Jetzt zappelte er in seinen Fesseln und Sasuke schaute nur von dem Ast herab, auf den er sich gerettet hatte, und schnaubte verächtlich.

„Du hättest eigentlich nicht ausweichen sollen, Sasuke-kun“, ließ sein Trainer ihn wissen. „Ich habe euch doch extra vorher die Situation geschildert.“

Naruto grinste hörbar mit einem leisen: „He, he.“ Dass er gefesselt war, schien ihn nicht zu stören. Er würde jetzt wahrscheinlich sogar behaupten, dass er das absichtlich mit sich hatte machen lassen.

„Sei still, Usuratonkachi“, keifte Sasuke zurück. „Ich lasse mich eben nicht mit einer so schwachen Attacke einfangen.“

Naruto zog einen Schmollmund. „Genug“, war alles, was Kakashi sagte, bevor Sasuke plötzlich auf dem Ast zu schwanken begann. Ein weiteres Seil hatte sich unbemerkt von hinten angeschlichen und seine Hände zusammengeschnürt. Kakashi hätte es viel mehr gefallen, wenn die beiden Rücken an Rücken mit demselben Seil gefesselt gewesen wären, doch was sollte man machen. Es verlief eben nicht immer alles nach Plan. „Fang ihn auf, Naruto.“

„Was?“, entfuhr es diesem, doch er begriff sofort. Er rannte los und stellte sich unter Sasuke auf. Zuerst wusste er jedoch nicht, wie er mit auf den Rücken gebundenen Händen jemanden auffangen sollte, dessen Hände ebenfalls gefesselt waren. Sasuke würde sich ja nicht einmal selbst abfangen können. Es war deutlich zu sehen, wie Naruto in Erwägung zog, sich hinzusetzen und den anderen mit seinem Schoß aufzufangen. Er hatte bereits mit seinem Hintern den Boden berührt, da nahm er ihn jedoch wieder hoch und kniete sich hin, beugte seinen Oberkörper nach vorn, drehte den Kopf herum und öffnete die Hände auf seinem Rücken, so weit ihm das trotz der Fesseln möglich war.

Sasuke allerdings schien gar nicht mehr zu fallen. Diese Balance ist echt erstaunlich, dachte Kakashi bei sich. Das werde ich mir auch noch zunutze machen… Aber jetzt stört sie mich ein bisschen. Sasuke hatte sich schon fast wieder vollkommen ins Gleichgewicht gebracht, da erschien ein Bunshin in Kakashis Gestalt hinter ihm und gab ihm einen kräftigen Schubs, bevor er sich winkend verabschiedete und verpuffte.

„Kuso“, fluchte Sasuke leise und versuchte, sich im Flug so zu drehen, dass er neben Naruto und auf den Füßen landen würde, wie eine Katze das konnte. Und das gelang ihm auch. Nur stürzte sich Naruto noch von der Seite unter ihn, in der Hoffnung, seinen Fall zu bremsen. Was er jedoch tat, war im Endeffekt, seine Hände an Sasukes Po zu legen, mit seinem Rücken gegen ihn zu rammen und ihn aus dem Gleichgewicht bringen, sodass er nach hinten fiel und sie nun – Naruto kniend und Sasuke mit halb ausgestreckten Beinen schon fast liegend – Rücken an Rücken waren.

Dobe!“, fuhr der Dunkelhaarige ihn an und schlug gegen Narutos Rücken, so gut ihm das mit zusammengebundenen Handgelenken möglich war. „Ich habe deine Hilfe nicht gebraucht!“ Er hatte einen leichten roten Schimmer auf den Wangen. Es war mehr als klar, warum. Kakashi schmunzelte. Wenn es nicht vorhersehbar ist, ist es eigentlich sogar spannender…

„Nimm deine Pfoten weg!“, fuhr Sasuke den Blonden an und wollte sich von dessen Rücken rollen, doch er hielt inne, als sein Ausbilder sprach.

„Na, na, Sasuke-kun“, mahnte Kakashi jetzt milde. „Du bist in diesem Szenario bewusstlos, schon vergessen?“ Der Angesprochene knirschte mit den Zähnen, mied seinen Blick und rollte sich dennoch eigenständig vom Rücken des anderen herunter, da Naruto gerade versuchte, ihn mit seinen Fingern von sich zu schieben – also seinen Hintern. Das konnte er nicht zulassen. Der Stoff seiner Hose war einfach zu dünn. Er spürte die Wärme jeder einzelnen Fingerkuppe von Narutos heißen Händen.

„Wenn ich bewusstlos gewesen wäre, wäre ich nicht von einem Baum gefallen“, rechtfertigte Sasuke sein Handeln und stand auf. „Und wenn doch, dann hätte ich es nicht überlebt, wenn nur ein Dobe wie der hier da gewesen wäre, um mich aufzufangen.“

Oi, Teme!“, brauste Naruto auf.

Yare, yare“, murmelte Kakashi leise. „Jetzt aber wirklich. Konzentriert euch auf eure Aufgabe. Ihr wollt doch besser werden, oder nicht? Dieses Spezialtraining wird Wunder wirken, glaubt mir.“ Es könnte wirklich ein Wunder sein, wenn die beiden sich zusammengerauft bekommen…

Yoooshi!“, sagte Naruto jäh entschlossen und sprang auf die Beine. Die Aussicht, durch dieses intensiv betreute Training mit Kakashi wertvolle Dinge zu lernen, spornte ihn an. Enthusiastisch rückte er von hinten an Sasuke heran, der Naruto seine gefesselten Handgelenke entgegenhielt. Es war jedoch eher unabsichtlich, denn er versuchte gerade, sich selbst zu befreien. Er wollte das Siegel für das Kawarimi no Jutsu formen, mit dem er den Platz mit einem Stück Holz tauschen wollte, doch in diesem Moment begannen Narutos Hände an den seinen herumzufummeln.

„Hör auf, Usuratonkachi!“, fauchte Sasuke und schlug mit seinen Fingern die Hände des anderen fort.

„Na, na“, kam es wieder von Kakashi. „Du befreist dich nicht selbst, Sasuke-kun. Das ist Narutos Aufgabe.“

„Aber wenn er zu blöd dazu ist“, beschwerte er sich. „Er müsste doch nur –“

Kakashi schüttelte den Kopf und schwang strafend einen Finger. „Ah-ah. Nicht helfen.“ Sasuke fluchte mit zusammengebissenen Zähnen.

Naruto gab es derweil auf, es mit den Händen zu versuchen, den anderen von seinen Fesseln zu befreien. Der Knoten saß zu fest. Er drehte sich um und brachte sich auf den Knien hinter Sasuke in Position.

„Was hast du vor, Usuratonkachi?“, wollte Sasuke beunruhigt wissen. Ihm gefiel diese Stellung gar nicht. Er hatte auch eine ungute Vorstellung davon, wie das Ganze aus Kakashis Perspektive aussehen musste.

Naruto antwortete nicht, sondern beugte sich nach vorn und biss in die Fesseln hinein. Sasuke stand plötzlich stocksteif da. Seine Gesichtsfarbe wurde immer dunkler. Er spürte sowohl die weichen Lippen des anderen an der empfindlichen Haut seines Handgelenks, als auch seine Zähne, die ihn ab und zu streiften. Schlimmer noch war jedoch der heiße Luftzug, den er bei jedem Ausatmen spüren konnte.

Sasuke fluchte wortlos, weil er wusste, dass er sich gerade nicht widersetzen konnte. Wenn er es versuchte, würde Kakashi ihn wieder rügen und außerdem würde er Naruto, wenn er sich diesem entziehen wollte, wahrscheinlich nur hinter sich her schleifen, so verbissen wie er sich mit seinen Zähnen an dem Seil festhielt. Er versuchte also durchzuhalten und sich einzureden, dass das sein musste. Es war Training. Es war wichtig. Es war unverzichtbar. Es würde ihn stärker machen und vor solchen Erniedrigungen in Zukunft schützen. Es dauerte nicht lange und er würde herausfinden, dass das noch nicht so schnell der Fall sein würde.

„Ich hab’s gleich“, nuschelte Naruto mit dem Seil im Mund und drückte seine Nase noch ein letztes Mal in Sasukes Rücken, bevor er den Strang durchgebissen hatte und Sasukes Hände befreit waren. Sofort nahm dieser sie vor seinen Körper und ging auf Abstand. Hastig rieb er das Gefühl von Narutos Lippen von seinen Handgelenken. Und diesen leicht feuchten Film, den sein heißer Atem hinterlassen hatte.

„Jetzt könntest du noch gnädigerweise Naruto von seinen Fesseln befreien“, kam Kakashis Einwurf. Mehr als widerwillig drehte Sasuke sich dem Blonden zu und nahm seine freien Hände, benutzte sie jedoch nicht zum Aufknoten oder dazu, ein Kunai herauszuholen, um das Seil durchzuschneiden. Er formte einige Fingerzeichen und sagte: „Katon: Goukakyuu no Jutsu!“, bevor er Feuer spuckte und gezielt die Fesseln abbrannte – und noch ein wenig mehr. Naruto erschrak gewaltig, als er plötzlich die Hitze des Feuers hinter ihm spürte. Sasuke empfand es nur als gerechte Strafe. Für sein Verständnis hatte er Hitze mit Hitze vergolten.

„Bist du wahnsinnig?!“, explodierte Naruto. „Willst du mich grillen?“

Sasuke ignorierte ihn. „Was soll dieses Training bringen, Kakashi–sensei?“, fragte er an ihren Coach gewandt.

„Genau!“, pflichtete Naruto ihm bei. „Das bringt doch nichts! Und es ist lebensgefährlich mit dem da!“

Kakashi schüttelte nur den Kopf. „Okay, überspringen wir die Basics und hoffen, dass ihr es auch ohne sie hinbekommt.“

„Dass wir was hinbekommen?“, wollte Sasuke wissen.

Kakashi schaute ihm direkt ins Gesicht und nach einer Spannungspause antwortete er: „Die neue Technik, die ich euch beibringen will.“

„Eine neue Technik?!“, brach es aus Naruto begeistert heraus. „Das klingt super, dattebayo!“ Sasuke schaute nur geringschätzig zu Naruto herüber. Er lässt sich immer so leicht um den Finger wickeln.

Kakashi nickte nur. „Also, fangen wir an.“ Er rieb sich die Hände. „Was ihr zunächst tun musst, ist ganz einfach.“ Naruto hing an den Lippen seines Lehrers, während Sasuke nicht weniger interessiert hätte schauen können. Er glaubte Kakashi nicht. „Ihr müsst nur gegen die Strömung schwimmen.“ Er zeigte auf den Fluss, der nicht gerade ein reißender Strom war.

„Das ist alles?“, fragte Naruto. Sasuke schnaubte nur. Jetzt war er sich sicher, dass Kakashi nur Märchen erzählte.

„Nicht ganz“, entgegnete ihr Ausbilder und wanderte gemütlich ans Ufer. Die beiden warfen sich einen Blick zu und folgten ihm zögerlich. „Eine kleine Schwierigkeit gibt es dabei noch.“

„Und die wäre?“, wollte Sasuke ungeduldig wissen. Es war offensichtlich, dass er kein Vertrauen darin hatte, dass dieses Training besonders sinnvoll werden würde.

Kakashis Auge schien zu grinsen, als er sagte: „Ihr müsst zusammen schwimmen.“ Die beiden runzelten die Stirn. Doch bevor auch nur einer etwas fragen konnte, meinte Kakashi: „Stellt euch einmal näher nebeneinander.“ Naruto folgte der Anweisung und machte einen Schritt zu Sasuke herüber. Er glaubte, dass Kakashi die Körpergröße der beiden vergleichen würde. Auch als er ein Seil aus seiner Tasche holte, glaubte er auch noch, dass es ein Maßband sein könnte. Doch dieses Seil legte er jetzt um Narutos Oberarm, und auch um den Sasukes, bevor er einen starken Knoten machte, der die beiden Arme zusammenband.

„Was…?“, begann Sasuke, doch er hielt inne, als Kakashi das Seil auch noch zwischen seinen Beinen hindurchführte und es um seinen Schenkel band. „Was soll das?“, fragte Sasuke nun alarmiert.

„Ihr werdet jetzt mit nur einem Arm und einem Bein im Fluss schwimmen“, erklärte Kakashi. „Den jeweils anderen Part übernimmt der andere.“

„Und wozu soll das gut sein?“, wollte Naruto aufbrausend wissen, wobei er bereits Sasukes Arm mit in die Luft zwang, als er seinen eigenen in seiner Entrüstung nach oben warf.

„Teamwork“, sagte Kakashi nur. „Teamwork dayo.“ Mit diesen Worten gab er den beiden Aneinandergeknoteten einen Schubs und warf sie ins Wasser.

Oi!“, rief Naruto empört und versuchte, sich noch irgendwo festzuhalten, doch Sasuke versuchte dasselbe und so brachten sie sich gegenseitig aus dem Gleichgewicht. Mit einem lauten Platsch kamen sie auf der Wasseroberfläche auf und Kakashi schaute mit einem neugierigen Blick ins Wasser hinab. Die beiden Gefesselten strampelten sich an die Oberfläche zurück und schnappten nach Luft. „Schwimm!“, befahl Sasuke ihm, der bereits versuchte, sie davon abzuhalten, noch weiter flussabwärts zu driften. Naruto ließ sich das nicht zweimal sagen, doch es schien unmöglich, synchron dabei zu werden, und alles andere nützte nichts. Beide zappelten mit den aneinandergebundenen Gliedmaßen ebenso viel wie mit den freien und zerrten dadurch nur unnötig am Körper des anderen und hinderten ihn daran voranzukommen. Die Kleider, die sie trugen und nun durch und durch nass waren, machten es ihnen noch zusätzlich schwerer. Immer wieder tauchten sie unter die Oberfläche und schluckten Wasser.

„Arm, Bein“, begann Sasuke schließlich, als er genug Atem dafür hatte. „Arm, Bein“, setzte er den Rhythmus fort. „A, B.“ Naruto verstand ihn zuerst nicht, was er sagte und was das sollte, doch dann begriff er, was der andere tat und was er zu tun hatte. Er passte sich dem vorgegebenen Rhythmus an. Und tatsächlich funktionierte es so halbwegs. Zunächst schafften sie es, damit über Wasser zu bleiben und nicht fortgeschwemmt zu werden. Nach einer Weile waren sie sogar so synchron, dass sie von der Stelle kamen.

Kakashi beobachtete seine Schüler amüsiert und musste lächeln, als er sah, wie sie immer besser wurden. Dieses Training ist genau das Richtige für die beiden.

Im nächsten Moment spritzte Naruto allerdings Wasser ins Auge, und als er es wegwischen wollte, verpasste er seinen Armeinsatz, was postwendend dazu führte, dass er aus dem Takt kam. „Bleib im Rhythmus, Dobe!“, fauchte Sasuke ihn an und fuhr dann fort: „Arm, Bein – A, B – A, B…“ So arbeiteten sie sich wieder mühsam hoch und voran. Ihre zusammengebundenen Arme und Beine, so harmonisch sie sich mittlerweile auch bewegten, rieben jedoch bei jeder Bewegung aneinander und irritierten die beiden immer wieder aufs Neue. Es war für beide eine seltsame Erfahrung, permanent jemanden an ihrer Seite zu spüren.

„Das klappt doch schon ganz gut“, meinte Kakashi irgendwann. Die beiden wandten den Kopf und suchten nach ihrem Trainer. Sie fanden ihn, mit einem aufgeschlagenen Buch in der Hand, auf der Brücke, auf die sie wieder zuschwammen, nachdem sie zu Anfang weit davon weggedriftet worden waren. Sie kamen zwar nur langsam voran, doch allmählich gelangten sie an ihren Ausgangspunkt zurück. „Ihr könnt jetzt aus dem Wasser kommen, wenn ihr wollt“, ließ Kakashi sie wissen. Leiser fügte er noch hinzu: „Und wenn ihr könnt.“

Tatsächlich war es nicht ganz einfach, sich zu zweit aus dem Wasser zu hieven, wie die beiden feststellen mussten. Die erste Schwierigkeit lag darin, sich erst einmal zu entscheiden, an welches Ufer sie schwimmen wollten, denn Naruto war näher am linken und Sasuke war näher am rechten Ufer; und weil beide so schnell wie möglich wieder an Land wollten, wollte jeder lieber in die andere Richtung. „Rechts!“, setzte Sasuke sich durch und Naruto gab nach. Danach galt es, dieses Ufer auch zu erreichen und sich dann nicht von der Strömung wegspülen zu lassen, bis man einen sicheren Halt hatte. Sasuke erreichte das Ufer folglich als Erster, mit seiner freien Hand, und krallte sich fest. Naruto tat es ihm kurz darauf gleich und auf drei zogen sie gemeinsam schon einmal ihre Oberkörper aus dem Wasser. Jetzt sahen sie, dass dort zwei Füße standen. Sie blickten zeitgleich in Kakashis Gesicht auf, das zu ihnen hinablächelte. Es war Balsam für Kakashis Seele, die beiden so in Einklang zu sehen. Er hob ihnen beide Hände hin, um ihnen aus dem Wasser zu helfen, was ein Lächeln auf die Gesichter seiner Schüler zauberte. Parallel streckten die beiden ihre freie Hand nach denen Kakashis aus und – fielen zurück ins Wasser.

Kakashi legte eine Handfläche an seine Stirn. Nein, sie haben noch einen ganz schön weiten Weg vor sich.

Als sich die beiden wieder ans Ufer gekämpft hatten, begann Naruto wütend: „Warum hast du losgelassen?“

„Warum hast du losgelassen?“, kam es von Sasuke empört zurück.

„Ich dachte, du hältst dich weiterhin fest!“, verteidigte sich der eine.

„Ja, das dachte ich auch!“, konterte der andere.

„Schluss jetzt“, unterbrach Kakashi ungeduldig. „Helft euch jetzt endlich gegenseitig aus dem Wasser.“

Zähneknirschend befolgten sie den Befehl. „Zuerst die Arme“, wies Sasuke den Blonden an. „Und auf drei dann die Beine. Erst das freie, dann das gemeinsame.“ Sasuke wollte sich schlagen für diese dumme Aussage. Es wirkte, als sähe er sein linkes Bein bereits als Teil seines gemeinsamen Körperteils mit Naruto an. Dieser schien das jedoch nicht gehört zu haben oder einfach zu wissen, was der andere meinte, denn er nickte nur. „Die Arme“, leitete Sasuke hastig das Vorhaben ein, um Naruto gar nicht erst die Zeit zu geben, noch zu bemerken, was er von sich gegeben hatte. „Se, no!“, timte er die Aktion und es funktionierte. Beide stemmten sich parallel hoch, sowohl mit ihren freien Armen als auch mit den zusammengebundenen zugleich. „Eins“, begann Sasuke dann zu zählen. „Zwei.“ Naruto machte sich bereit. „Drei!“ Sasukes Plan ging auf. Sie schafften es ohne fremde Hilfe aus dem Wasser. Auf allen Vieren knieten sie nun am Ufer vor ihrem Lehrer, der still und geduldig wartete, und atmeten erst einmal tief durch. „Endlich“, seufzte der Schwarzhaarige.

„Wir haben es geschafft“, sagte Naruto neben ihm fröhlich. Sasuke drehte ihm sein Gesicht zu und sah, wie der andere ihn zwischen seinen nassen Haarsträhnen heraus glücklich anstrahlte. Er konnte nur zurückstarren. Noch nie hatte der andere ihn so angelächelt. Noch nie hatten seine Augen so geleuchtet, wenn er ihn angesehen hatte.

Jetzt spürte er besonders deutlich, wie nahe der andere ihm war. Er spürte dessen nasse Schulter an sich, dessen nassen Schenkel und dessen nasse Hüfte. Er war heilfroh, dass das Wasser eiskalt gewesen war.

„Ich dachte am Anfang, wir würden absaufen“, fügte Naruto noch hinzu, ohne sein Lächeln zu verlieren. „Aber wir haben es geschafft.“

„Ja“, stimmte Kakashi ihm zu, den Sasuke gerade beinahe vergessen hatte. Hastig löste er seine Augen von Narutos Gesicht und schaute zu seinem Trainer auf. „Das habt ihr gut gemacht“, lobte er mit einem Lächeln, das man deutlicher hörte, als dass man es sehen konnte. Dann öffnete er die Lasche seiner Gürteltasche und holte wieder sein Buch hervor. „Ihr habt euch jetzt erst einmal eine Verschnaufpause verdient. In ein paar Minuten geht es weiter.“ Er winkte halbherzig, während er sich, bereits in sein Buch vertieft, in den Wald verzog.

„Er hätte uns mindestens voneinander losbinden können“, murmelte Sasuke und meinte dann an Naruto gewandt: „Hilf mir mal.“ Zu zweit pfriemelten sie an dem festen Knoten herum, der sich durch das Wasser noch schlechter lösen ließ.

„Soll ich wieder meine Zähne ver–“ „Nein!“, unterbrach Sasuke sofort den Vorschlag. Er wollte gar nicht daran zurückdenken. An dieses Gefühl seiner trockenen Zähne und seines feuchten Atems. „Warte, ich nehme ein Kunai.“ Er kramte eines aus seiner Gürteltasche. „Halt also still.“ Vorsichtig setzte er es zwischen ihren Oberarmen an, schob es unter das Seil und sägte es langsam durch. „Das hätten wir“, meinte Sasuke, als es zu Boden fiel. „Jetzt die Beine. Setz dich auf die Knie.“ Naruto gehorchte aufs Wort und Sasuke wunderte sich, dass er das tat, obwohl Kakashi sie gerade nicht beobachtete. Auch hier setzte Sasuke die Klinge behutsam an und löste das Seil. „Viel besser“, atmete er erleichtert auf. Erschöpft ließen sie sich beide auf den Rücken ins Gras fallen. Alle Viere von sich gestreckt lagen sie da und schauten in den blauen Himmel.

„Irgendwie war die Übung lustig“, meinte Naruto auf einmal und Sasuke schaute zu ihm herüber. Der Blonde wandte nun auch den Kopf, hatte den Blick gespürt. „Oder?“ Da war es wieder, dieses Leuchten in den Augen, wenn auch ein wenig schwächer jetzt. Als wäre es verunsichert. Es genügte jedoch, um Sasuke zu verwirren und ihm die Kehle zuzuschnüren. Deshalb wandte er sich wortlos ab und schnaubte, als wollte er keinen Kommentar dazu abgeben. Naruto, der den starren Blick in seine Augen bemerkt und den schwachen roten Schimmer auf Sasukes Wangen gesehen hatte, schmunzelte nur, schloss die Augen und genoss die Sonne, die ihn wärmte.
 

~

Ich tat es ihm gleich und ließ meine Augenlider ebenfalls zufallen. Ich lauschte eine Weile dem Zwitschern der Vögel, bis Naruto wieder das Wort ergriff.

„Sasuke?“ Ich öffnete die Augen und blickte zu ihm herüber. Er starrte mich intensiv an. Ich hätte in diesem Moment kein Wort herausbringen können und war froh, dass er mir noch keine Frage gestellt hatte. Doch sie ließ nicht lange auf sich warten. „Was glaubst du, was Kakashi mit diesem Training wirklich bezweckt?“

Es überraschte mich, dass Naruto sich so viele Gedanken darüber machte. Ich hatte angenommen, dass es ihm reichte, wenn man ihm sagte, dass es ihn stärker machen würde; dass er eine neue Technik lernen würde. Doch das schien nicht der Fall zu sein. Ich zuckte leicht mit den Schultern. Ich konnte gerade irgendwie nicht rational über diese Frage nachdenken. Und die Vorstellung, dass Kakashi irgendein Interesse daran haben sollte, dass Naruto und ich uns näherkamen, war absurd. Und ich hätte es niemals laut ausgesprochen.

„Ich frage mich“, begann Naruto dann, „ob er nicht einfach nur will, dass wir uns besser verstehen.“ Ich nickte und richtete meinen Blick wieder geradeaus in den Himmel. Das war schon möglich. Das war auf jeden Fall wahrscheinlicher als meine eigene Theorie.

„Sasuke?“, meinte Naruto schließlich nochmals leise und ich wandte ihm wieder mein Gesicht zu. „Hast du schon einmal jemanden geküsst?“

Die Frage kam so unerwartet, dass ich ihn zunächst nur anstarren konnte. Ich fürchte, mein Mund öffnete sich vor Überraschung. Warum wollte er das wissen? Wie kam er von dem Thema „Kakashis mysteriöse Absichten“ zu dieser Frage? Langsam, noch zögernd, ob ich überhaupt antworten wollte, schüttelte ich den Kopf und fragte mich dabei, ob das die Auskunft war, die er hatte haben wollen: dass ich noch nie ein Mädchen geküsst hatte. Oder ob er nun glaubte, dass ich die zwei unabsichtlichen Berührungen zwischen uns nicht als Küsse ansah. Doch irgendwie tat ich das.

„Ich auch nicht“, sagte Naruto leise und seine Augen suchten mein Gesicht nach etwas ab. Ich glaubte, es zu sehen, dass er einen Augenblick lang an meinen Lippen hängen blieb. Ich fühlte mich eigenartig unter seinem aufmerksamen Blick. Dieses Gefühl wurde nur noch stärker, als Naruto seinen Oberkörper aufrichtete. Denn er tat es, ohne seine Augen von mir zu nehmen.

Er zog sich mit seinen Händen über das Gras näher zu mir heran und mein Herz schlug immer schneller. Aber ich dachte nicht einmal daran zurückzuweichen. Ich beobachtete nur fasziniert, wie er näherkam, wie in Trance, nur auf einen Punkt fixiert. Direkt neben mir blieb er sitzen; seine Hände stützten sich noch hinter ihm auf dem Boden ab. Doch nicht lange und er nahm eine von ihnen nach vorn zu mir, legte sie auf der gegenüberliegenden Seite meines Körpers ins Gras, neben meinen Brustkorb. Er drehte dabei seinen Körper automatisch meinem zu und kam mit seinem Gesicht näher an meines heran.

Ich ahnte es, was jetzt kam. Ich wusste es. Aber ich wollte es nicht glauben. Er beugte seinen Arm und ließ sich noch weiter zu mir hinunter. Sein Gesicht war jetzt so nah, dass ich es nicht einmal mehr ganz sehen konnte. Ich musste mich entscheiden, ob ich ihm in die Augen blicken oder sehen wollte, wie weit seine Lippen noch von mir entfernt waren. Als er mir diese Entscheidung abnahm und seinen Mund mit meinem vor mir versteckte, schloss ich die Augen und hatte dennoch das Gefühl, ich konnte etwas sehen, so intensiv war diese Erfahrung. Oder so stark mein Verlangen, ihn endlich richtig zu küssen. Ich wusste, wenn er es jetzt nicht getan hätte, dann hätte ich es.

Aber er hatte es getan. Er berührte sanft meine Lippen. Es war eigenartig. Es war etwas ganz anderes als die zwei Male zuvor. Auch er hatte die Augen geschlossen und konzentrierte sich auf seinen Mund. Wir vergaßen beide zeitweise das Atmen.

Als wäre diese Sensation nicht schon überwältigend genug, legte er nun auch noch seinen Oberkörper auf mir ab und berührte mich mit seinen Händen – überall gleichzeitig, wie es schien. Ich wusste nicht mehr, was ich fühlen, wusste nicht, was ich denken sollte. Und plötzlich spürte ich auch noch Narutos Knie an meinem Schenkel, das langsam zwischen meine Beine glitt.
 

~

Plötzlich räusperte sich jemand. Sasuke schlug erschrocken die Augen auf und blickte um sich. Er bemerkte, dass Naruto nicht mehr auf ihm war. Er lag ein Stück von ihm entfernt ¬– dort, wo er sich ursprünglich niedergelegt hatte. Und Sasuke wusste mit einem Schlag, dass er dort nicht wieder lag, sondern bereits die ganze Zeit gelegen hatte. Er war nicht zu ihm herübergerutscht; er hatte ihn nicht berührt; er hatte ihn nicht geküsst. Sasuke erkannte jetzt, dass es nur ein Traum gewesen war. Im Nachhinein war es offensichtlich. Im Vergleich zur Realität sah er nun die Unwirklichkeit des Ganzen. Nicht nur inhaltlich.

Es folgte ein weiteres Räuspern. Jetzt schaute sowohl Sasuke als auch Naruto, der nur überrascht zum Schwarzhaarigen hatte zurückstarren können, so intensiv wie dieser ihn gerade angesehen hatte, endlich auf und sie erkannten Kakashi, der über ihnen stand und ungeduldig zu ihnen hinabblickte. „Genug gedöst. Es geht weiter.“

Sasuke richtete sich auf, noch etwas benommen von seinem Traum. Dann dachte er daran zurück, welche Aufgaben sie zuletzt von Kakashi bekommen hatten, und begriff, dass er der Grund dafür war, dass Sasuke von solchen Dingen träumte. Er war empört und schockiert darüber. Er wollte gar nicht wissen, wie schlimm die Folgen erst sein würden, wenn sie das Training fortsetzten. Für einen Moment überlegte er, sich zu widersetzen, diese „Schulung“ hinzuwerfen und vom Hokage zu verlangen, ein vernünftiges Training oder besser noch einen vernünftigeren Trainer zu bekommen. Doch dann dachte er an Narutos Lächeln von vorhin, als sie es aus dem Wasser geschafft hatten. Wenn das, was sie noch vorhatten, zu demselben Ergebnis wie bei der letzten Übung, zu diesem wundervollen Gesichtsausdruck, führen würde, dann war es das doch wert, oder?

„Am besten zieht ihr für die nächste Übung Schuhe und mindestens eure Oberteile aus“, meinte Kakashi jetzt und Sasuke fragte sich sogleich, ob er seinen Entschluss nicht noch einmal überdenken sollte.

„Warum?“, wollte Naruto wissen, während er aufstand.

„Das werdet ihr dann sehen“, kam es nur vage zurück.

Sasuke schaute zuerst zu Naruto herüber und wartete ab, ob dieser sich wirklich auszuziehen begann. Als er das tatsächlich tat, fluchte Sasuke innerlich und machte es ihm nach. Was tue ich hier eigentlich?!, fragte er sich, während er sich sein Shirt über den Kopf zog.

Kakashi wartete mit Vorfreude, bis die beiden – relativ widerwillig – Schuhe und Oberteile ausgezogen hatten, bevor er weitererklärte, was sie nun tun sollten. Kurz kam dem Ausbilder die Frage in den Sinn, wie weit sie eigentlich gehen würden; was sie alles tun würden, nur weil er es ihnen sagte. Das würde er vielleicht schon bald herausfinden.

„Also, Sasuke“, begann er in wichtiger Tonlage. Er wusste, er musste professionell klingen, wenn er ernst genommen werden wollte. „Du legst dich mit dem Rücken auf den Boden.“ Der Gemeinte zögerte noch, doch dann folgte er der Anweisung. „Die Arme am besten zur Seite ausgestreckt.“ Sasuke musste sich davon abhalten, nicht die Augen zu schließen und den Eindruck zu erwecken, dass er betete, dass es nicht so schlimm werden würde, wie er gerade befürchtete.

„Du, Naruto-kun, machst mal eine Brücke“, sagte Kakashi dann und es war fast zu offensichtlich, dass ihm das gerade erst eingefallen war.

„Eine Brücke?“, fragte dieser nach, auch weil er sich nicht sicher war, was sein Ausbilder meinte.

„Ja, mit dem Körper“, kam es zurück. „Aus dem Stand die ausgestreckten Arme nach hinten zum Boden hinunterlassen.“ Naruto tat, wie ihm geheißen, und sah die Welt nun auf dem Kopf.

„Und jetzt?“, fragte er und suchte das Gesicht seines Trainers, wozu er seinen Hals ganz schön verbiegen musste.

„Jetzt läufst du über Sasukes Körper, sodass du mit den Füßen auf seinen Schenkeln stehst und mit den Händen auf seiner Brust.“

„Wie bitte?“, kam es nun empört von Sasuke und er machte bereits Anstalten aufzustehen, um das zu verhindern.

Chotto matte, Sasuke-kun“, gebot Kakashi ihm Einhalt. „Lass mich zu Ende erklären.“ Statt dies jedoch zu tun, machte er zunächst eine Handbewegung und winkte Naruto zu Sasuke herüber, woraufhin dieser auf allen Vieren losmarschierte. „Jetzt vorsichtig, dass du Sasuke-kun nicht wehtust.“

„Bevor er das tut, habe ich ihm das Bein gebrochen“, warf Sasuke ein. Er fühlte sich mehr als erniedrigt. Und übergangen. Im wahrsten Sinne des Wortes.

„Na, na“, mahnte Kakashi. „Es geht hier um Teamwork, wenn ich euch daran erinnern darf. Ihr müsst euch gegenseitig vertrauen.“

Behutsam stieg Naruto – seinen Hals verrenkend, aber entschlossen, Sasukes Vertrauen nicht zu enttäuschen – über dessen ausgestreckte Arme hinweg und ging zuerst neben seinem Oberkörper mit Händen und Füßen über den Boden weiter, bevor er behutsam mit seinen Zehen nach Sasukes Schenkel tastete und Halt darauf suchte. Sasuke musste sich schwer zusammennehmen, das zuzulassen. Auf seinem Gesicht sprangen die Muskeln hin und her, als kämpften sie miteinander, ebenso wie sein Stolz gerade mit dem Gehorsam gegenüber seinem Trainer kämpfte.

„Pass bloß auf, wo du hintrittst“, zischte Sasuke Naruto noch zu, bevor dieser seinen anderen Fuß vom Boden hob und ungeschickt auf Sasukes Schoß platzierte – nämlich leider ein Stück zu weit in der Mitte.

Bakayarou!“, fauchte Sasuke und nahm sofort seine Hände zu Hilfe, um das Bein des anderen nach außen zu schieben, weg von seiner empfindlichen Schoßmitte. Jedoch war ihm Narutos Kopf dabei ziemlich im Weg. So hastig und intuitiv wie sein Oberkörper hochgeschnellt war, hatte er es nicht abwenden können, sein Gesicht in diesem Zuge gegen das des anderen zu drücken – genauer gesagt: gegen dessen Lippen. Entsetzt starrte Sasuke mit weit aufgerissenen Augen gegen Narutos Kinn – das Einzige, was er in diesem Moment sehen konnte. Seine Schoßmitte war für einen Moment sogar vergessen bei dem Gedanken daran, dass das gerade ihr dritter – ihr dritter! – unabsichtlicher Kuss war, doch dann nahm er eilig den Kopf zurück und zur Seite, presste seine Wange gegen die des anderen, um mit seinen Händen an Narutos Bein zu kommen, dessen Fuß dieser jedoch gerade selbst zurechtgerückt hatte, sodass er nicht mehr auf irgendwelchen Weichteilen stand.

Kakashi konnte ein Schmunzeln nicht unterdrücken, das die anderen zum Glück nicht sahen, weil es unter seinem Mundschutz versteckt blieb und sie ohnehin gerade zu beschäftigt waren mit sich selbst und dem jeweils anderen. Zum Glück habe ich nicht gesagt, dass Sasuke seine Hände nicht benutzen darf, dachte er bei sich und verfolgte weiterhin gebannt das Schauspiel, das sich seinen Augen bot. Wobei das wohl sowieso nichts geändert hätte. Bei manchen Dingen reagiert der Körper nun einmal. Ob man will oder nicht.

Naruto hatte an seiner Ferse genau gespürt, dass er aus Versehen etwas Weiches getroffen hatte. Er hatte allerdings noch einen Moment gebraucht, um zu begreifen, was sich als Einziges in dieser Gegend befinden konnte und was daher Sasukes Warnung zuvor bedeutet hatte. Fast noch mehr schockierte ihn allerdings die Tatsache, dass etwas ebenso Weiches kurz darauf seine Lippen berührt hatte. Sasukes Lippen, war alles, was er in diesem Moment denken konnte. Wir küssen uns. Zum dritten Mal. Nachdem diese Erkenntnis eingesickert war, spürte er Sasukes warme Wange an der seinen und wusste gar nicht mehr, was geschah. Sein Fuß hatte sich verselbständigt und bereits eine sicherere Position an einer nicht so weichen Stelle gefunden. „Gomen, gomen“, ergriff Naruto jetzt etwas verspätet das Wort, um sich zu entschuldigen, und spürte die Röte ihm ins Gesicht steigen. Er hoffte, dass man es darauf schieben würde, das ihm durch diese Haltung allmählich das Blut in den Kopf steigen musste. „Aber das ist gar nicht so einfach“, verteidigte er sich auch gleich.

„Was hier nicht einfach ist, ist dir zu vertrauen, Usuratonkachi!“, fauchte Sasuke, ohne ihn anzusehen. Die ganze Situation ließ ihn bizarrer Weise an seinen Traum von eben denken, auch wenn sich Naruto darin keinesfalls so verrenkt hatte wie jetzt.

„Sch, sch, Konzentration, ihr beiden“, schlichtete Kakashi. „Naruto, jetzt die Hände“, erinnerte er den Blonden an seine Aufgabe. Er wartete, bis er sich sicher war, dass er einen sicheren Stand auf Sasukes Schenkeln hatte, was eine Weile dauerte, denn die Muskeln dort waren zum Zerbersten angespannt und schienen sich unter seinen Fußsohlen zu bewegen. Dann wagte er es schließlich, eine Hand vom Boden zu nehmen und sie auf Sasukes Brust zu legen.

„Weiter oben“, sagte Sasuke sofort und Naruto korrigierte die Position seiner Hand noch einmal. Als kein weiterer Protest kam, nahm er die zweite Hand hinzu, wobei Sasuke hörbar den Atem anhielt, als er das tat, um sich für das Kommende zu wappnen. Es war Naruto klar, dass Sasuke nun sein gesamtes Gewicht aushalten musste. Das war vielleicht auch der Grund, warum er seine Hände höher haben wollte, dachte Naruto. Dass er sich ihm nicht in den Magen stemmte. „Weiter in die Mitte“, kommandierte Sasuke nun jedoch und verwirrte Naruto damit ein bisschen. Er gehorchte zwar, doch verstand nicht, was das Problem war, bis er die Anweisung tatsächlich befolgte und seine Hand langsam nach innen schob, denn dabei fuhr er mit den Fingerkuppen über einen kleinen Widerstand. Narutos Augen fixierten sich augenblicklich auf die rechte – aufgerichtete – Brustwarze Sasukes. Dann schaute er zur anderen herüber und war sich sicher, dass das der eigentliche Grund gewesen war, weshalb er die Position seiner Hände hatte abändern sollen. Er schaute in Sasukes Gesicht und fand dort die Röte, die er auch in seinen eigenen Wangen vermutete.

Sasuke wandte den Blick ab. „Und jetzt?“, fragte er an Kakashi gerichtet, konnte jedoch auch ihm nicht in die Augen schauen.

„Jetzt kommst du ins Spiel, Sasuke-kun“, kam die Antwort und der Gemeinte ahnte Schlimmes. „Du wirst jetzt deine Arme als Podeste zur Verfügung stellen und Naruto-kun nach oben stemmen“, erklärte Kakashi. „Naruto-kun muss dabei das Gleichgewicht halten.“

Sasuke gefiel das zwar nicht, doch es gefiel ihm noch weniger, dass Narutos heiße Hände an seiner nackten Brust lagen. „Und warum sollten wir uns für diese Übung dann halb ausziehen?“, wollte er jetzt wissen.

„Für den besseren Halt natürlich“, reagierte Kakashi schnell, der sich diese Ausrede bereits zurechtgelegt hatte. „Und ihr werdet dabei schon noch ins Schwitzen kommen, glaubt mir.“

Sasuke schnaubte und hielt seine Arme angewinkelt neben seinen Körper. Seine Handflächen zeigten gen Himmel und boten genug Platz, um Narutos Händen als Stütze zu dienen. „Mach schon“, drängelte Sasuke, der hoffte, dass diese Übung bald vorbei sein würde.

Naruto balancierte sich vorsichtig auf nur einer Hand, um mit der anderen nach Sasukes zu suchen. Der Schwarzhaarige kam ihm entgegen und hielt seine Hand sicher fest. Er brachte seinen Arm in eine solide Position, hielt den anderen direkt neben seine Brust und wartete dann auf Narutos zweite Hand. Sie fand ihr Ziel und suchte mit ihren Fingern einen sicheren und bequemen Standpunkt. Jetzt hatte Sasuke diese heißen Hände zwar von seiner Brust, aber sie verbrannten nun seine Handflächen. Und er fürchtete, dass sie diese in kürzester Zeit zum Schwitzen bringen würden.

„Und jetzt einfach immer wieder hochstemmen“, diktierte Kakashi. „Schön gleichmäßig auf und ab, damit er eine Chance hat, seine Balance zu halten.“ Kaum hatte Sasuke seine Arme etwas angehoben, geriet Naruto ins Wanken und keuchte vor Anstrengung, sich im Gleichgewicht zu halten.

„Was kann ich dafür, wenn er das nicht kann?“, beschwerte Sasuke sich.

„Du kannst zwar nichts dafür, Sasuke-kun“, belehrte Kakashi ihn, „aber es kann dir zum Verhängnis werden, wenn du die Schwächen deines Partners nicht kennst.“

„Partner“, schnaubte Sasuke. „Er ist nicht mein Partner, er ist ein Dobe.“

Oi!“, beschwerte Naruto sich jetzt. „Teme! Mach es einfach langsamer!“

„Das ist leichter gesagt als getan, Usuratonkachi!“, beklagte sich der andere. „Du bist ganz schön schwer für so eine halbe Portion!“

Yare, yare“, machte Kakashi niedergeschlagen. „Es liegt noch einiges an Arbeit vor uns.“ Er schaute eine Weile zu, wie Sasuke Naruto langsamer nach oben drückte und versuchte, dabei nicht allzu sehr mit den Gedanken abzuschweifen und an Szenen aus Icha Icha Paradise zu denken. Es gelang ihm nicht.

„Ich bin gleich wieder da“, kündigte Kakashi jetzt an und entfernte sich von den beiden. „Schön weitertrainieren.“ So, ich mache mich dann mal auf den Weg und sehe nach, wie es meiner Sakura so geht, beschloss Kakashi und verschwand aus dem Blickfeld der beiden. Aber diesen Spaß hier will ich mir auch nicht entgehen lassen, grübelte er. Ah, ich weiß. Da gibt es eine einfache Lösung. Ungesehen formte er mit seinen Händen ein Siegel und ließ einen Kagebunshin entstehen, den er als Wache einsetzen wollte. „Du achtest darauf, dass die beiden brav ihr Training fortsetzen, und ich gehe zu meiner Sakura-chan. Jaa, ne!“, verabschiedete er sich und verpuffte, als wäre er selbst nur ein Bunshin gewesen.

„So, ich denke, das reicht“, meinte Kakashi, als er – oder besser sein Kagebunshin – ans Ufer trat.

Sasuke ließ seine Arme sinken und atmete erleichtert aus. „Geh sofort runter von mir!“, befahl er und Naruto gehorchte, so schnell er konnte. Zuerst nahm er ein Fuß von seinem Schenkel, dann den anderen und schließlich nahm er die Hände gleichzeitig von Sasukes, indem er sich abstieß, damit er genug Schwung hatte, um sich aufrichten zu können.

„Ah, endlich!“, meinte auch er befreit und streckte sich, lockerte seine Arme und Beine. Er hatte sich ziemlich verkrampft bei dieser Übung.

„Und jetzt: Rollentausch“, sagte Kakashi mit einem hörbaren Grinsen in der Stimme.

Naaaaniii?!“, beschwerte sich Naruto.

„Das ganze noch einmal umgekehrt“, sagte Kakashi ruhig, als würde er nur das Wort „Rollentausch“ erklären. „Wir wollen doch nicht, dass das Training einseitig wird.“

„Ich habe bereits eine perfekte Balance“, warf Sasuke überzeugt ein. „Das brauche ich nicht mehr zu trainieren.“

„Es gibt noch mehr Dinge, die mit dieser Übung trainiert werden, Sasuke-kun“, erklärte Kakashi.

„Teamwork?“, kam es wenig überzeugt von Sasuke zurück.

„Das und gegenseitiges Vertrauen“, entgegnete Kakashi. „Vertraust du darauf, dass Naruto unter dir still genug hält?“, fragte er direkt. „Und dass er dich gleichmäßig und sicher nach oben stemmt, ohne dich aus dem Gleichgewicht zu bringen?“

„Nein“, war Sasukes ehrliche und unüberlegte Antwort.

„Dann gibt es hier noch viel zu tun“, sagte Kakashi lächelnd und klatschte in die Hände. „Hopp, hopp. Weiter geht’s.“

Sasuke gab sich geschlagen und wartete, bis Naruto sich flach auf den Boden gelegt hatte. Dann seufzte er noch ein letztes Mal und ließ seine Hände hinter ihm den Boden berühren. Auf allen Vieren bewegte er sich auf Naruto zu. Dieser schaute fasziniert dabei zu, wie Sasukes gebogener Körper über ihn wanderte. Als er bereits über ihm stand, zuckte plötzlich einer seiner Mundwinkel. Als sich sein Bein hob, wusste Naruto instinktiv, was Sasuke vorhatte und fing dessen Fuß ab, bevor er die Schoßmitte Narutos berühren konnte.

„Rache führt zu nichts“, war Narutos leiser Kommentar, als würde Kakashi aus dieser Entfernung nicht ohnehin alles hören können. Sasuke verengte seine Augen zu Schlitzen, aber gab nach und setzte seinen Fuß von Narutos Hand auf dessen Schenkel. Daraufhin platzierte er auch das andere Bein und schließlich seine Hände auf Narutos Brust. Dabei mied er gleich im Vorhinein bewusst seine Brustwarzen, ebenso wie seinen Blick. Erst jetzt fiel Sasuke auf, wie unnötig dieser Zwischenschritt eigentlich war. Warum sollte man die Hände auf die Brust des anderen legen, wenn sie letztendlich doch sowieso auf die stützenden Handflächen sollten, um hochgestemmt werden zu können? Sasuke schloss die Augen. Nein, er würde sich jetzt nicht die Blöße geben und diese Frage laut stellen. Es hätte ohnehin keinen Zweck. Kakashi würde nur wieder eine Ausrede finden.

„Heb endlich deine Hände hin“, forderte Sasuke den Blonden irgendwann auf, als dieser noch immer nicht reagiert hatte, sondern nur seinen Körper anstarrte. Er war fasziniert von seiner schlanken Gestalt und von dieser Balance, mit der er sich vollkommen ruhig auf ihm halten konnte, auch mit nur einem Arm an seiner Brust, denn er hielt den anderen bereits zur Seite, um Naruto deutlich zu machen, dass er an dieser Stelle eine helfende Hand von ihm erwartete.

Sasukes Worte rissen ihn jetzt mit etwas Verspätung aus seiner Starre. Er griff sofort nach seiner Hand und, um dem anderen einen sicheren Halt garantieren zu können, verschränkte seine Finger mit seinen eigenen. Beide starrten regungslos auf ihre verschlungenen Hände, als wären sie gerade vor ihren Augen miteinander verschmolzen.

Kakashis Augenbrauen hoben sich. Vielleicht sollte ich den beiden doch ein wenig mehr Privatsphäre gönnen, überlegte er. Schließlich kann ich sie auch unbemerkt aus einer Baumkrone beobachten. „Ihr wisst ja jetzt, wie es geht“, meinte der Jounin plötzlich und erschreckte Sasuke damit beinahe zu Tode. Er hatte dessen Anwesenheit wieder vergessen. Wie vom Blitz getroffen schaute er jetzt zu seinem Trainer auf. „Das macht ihr dann eine Weile“, sagte dieser und hob die Hand. „Ich bin bald wieder zurück. Und dann will ich ein perfekt eingespieltes und verschwitztes Team sehen.“ Mit einem Schmunzeln verzog er sich in Richtung Bäume. Vor allem verschwitzt…

Die beiden wandten den Blick von Kakashi ab und schauten sich gegenseitig ins Gesicht. Obwohl sie es auf dem Kopf sahen, konnten sie mühelos den Ausdruck des jeweils anderen darin lesen. Sie hatten beide das Gefühl, in einen Spiegel zu sehen. Lange starrten sie sich nur an, bis Narutos Blick wieder auf ihre verschränkten Hände fiel. „Gib mir deine andere Hand“, sagte er gedämpft und streckte ihm die seine entgegen. Sasuke zögerte noch, schien sich diese einladende zweite Hand genau anzusehen, als traute er ihr nicht über den Weg, doch dann verlagerte er sein Gewicht auf seinen rechten Arm und nahm den linken von Narutos Brust. Der Blonde tat auch hier dasselbe und ließ ihre Finger ineinandergreifen. Sasuke ließ es geschehen, als stünde er neben sich. Wieder schauten beide fasziniert bei diesem Schauspiel zu, als konnte es keiner so richtig begreifen, dass sich ihre so unterschiedlichen Hände so perfekt einander anpassen konnten.

Irgendwann rissen sie sich gleichzeitig von dem Anblick los und wollten eigentlich nur flüchtig zum anderen schauen, doch dann blieben ihre Blicke dort ebenso hängen. Keiner wagte es, das Augenduell zu beenden. Beide fürchteten, dass sie etwas verpassten, wenn sie auch nur eine Sekunde wegschauten. Und so starrten sie sich lange an, bis Narutos Arme zu zittern begannen.

„Du wirst allmählich schwer“, sagte er leise.

„Du solltest mich auch eigentlich stemmen“, entgegnete Sasuke. „Nicht halten.“

„Oh. Ja“, kam es überrascht vom Blonden zurück und er begann sofort damit. Und damit, Sasuke ins Schwanken zu bringen.

„Gleichmäßiger, Dobe“, beklagte sich dieser schwach.

„Ich versuch’s ja“, erwiderte der andere. Doch irgendetwas schien ihn anzutreiben, sodass er viel zu hastig handelte. Es dauerte nicht lange und er begriff, dass es sein rasender Herzschlag war, der gegen seine Brust hämmerte und den Takt vorgab.

Mühsam zügelte sich Naruto und versuchte, seinen Puls ebenfalls auszubremsen, doch das war nicht so einfach. Deshalb konzentrierte er sich auf seine Aufgabe und stemmte Sasuke langsam und ebenmäßig in die Höhe. Er war froh, dass Kakashi nicht da war, um ihn zu beobachten, und dass Sasuke jetzt seine Augen konzentriert geschlossen hielt. Das hatte vor allem den entscheidenden Vorteil, dass Naruto ihn betrachten konnte, ohne dass es seinen Herzschlag noch weiter vorantrieb. Noch nie hatte er eine so einmalig gute Gelegenheit gehabt, den anderen aus dieser Nähe so ungestört anzusehen. Wo er zuvor nur auf den Körper des Schwarzhaarigen hatte schauen können, beschränkte er sich jetzt auf sein Gesicht. Nicht zuletzt deshalb, weil er es sofort wissen musste, wenn der andere die Augen wieder aufschlug.

Naruto kam nicht umhin, wieder an den versehentlichen Kuss zu denken. Er war sich vollkommen sicher, dass es nur ein Unfall gewesen war, wie die anderen beiden Male zuvor auch, doch langsam fragte er sich, ob es noch Zufall sein konnte.

Er bemerkte, wie er auf die geschlossenen Lippen des anderen starrte, und ertappte sich dabei, wie er sich fragte, wie es wohl war, Sasuke richtig zu küssen. Wie sich seine Zunge anfühlen würde. Ob er es zulassen würde, dass er sie berührte. Diese Antwort war relativ einfach. Die Chancen, dass er ihn verprügeln würde, wenn er es versuchte, waren hoch. Doch er würde es nicht wissen, bevor er es nicht versucht hatte, oder?

Langsam hob er den Kopf aus dem Gras. Überrascht hob nun auch Kakashi in diesem Moment seinen Kopf von seinen Unterarmen und blickte erstaunt zu den beiden hinunter. Er lag auf einem Ast in einer nahe gelegenen Baumkrone und fürchtete – nun, da es spannend zu werden schien – etwas zu verpassen. Er rückte ein Stück nach vorn, um besser sehen zu können, was vor sich ging. Er konnte Narutos Kopf sehen, doch leider war Sasukes Gesicht von seinen eigenen Armen verdeckt.

Naruto verlangsamte unbewusst seine Hochstemmbewegungen, als er mit seinen Lippen auf sein Ziel zusteuerte. Deshalb schlug Sasuke jetzt die Augen auf, um nachzusehen, was die Ursache dafür war. Was er sah, waren Narutos große Augen, direkt vor ihm. Entsetzt starrte er ihn an. Beide hielten inne, versteinert.

In diesem Moment war jedoch ein lautes Knacken über ihnen zu hören, das sie beide den Kopf zur Seite drehen ließ. Kakashi hatte sich zu weit nach vorn gewagt und die Spitze des Astes dabei abgebrochen. Diese landete nun nur wenige Meter neben den beiden im Gras. Als sie wieder aufschauten, um zu sehen, wer oder was diesen Ast abgebrochen hatte, hörten sie einen Schrei.

Sowohl Sasuke als auch Naruto runzelten die Stirn und suchten das Dickicht ab. Sie vermuteten, dass es ein Tier sein musste, denn der Laut hatte geklungen wie der eines Affen. Und tatsächlich fanden sie einen Pavian, der sich gerade von einem Baum zum anderen herüberschwang. Der Affe hatte ein graues Haarbüschel auf dem Kopf, das die beiden bizarrerweise sofort an Kakashi erinnerte.

Als der Pavian nicht mehr zu sehen war, schauten die beiden wieder in das Gesicht ihres Trainingpartners. Naruto hatte seinen Kopf noch immer nicht zurück ins Gras gelegt und war daher Sasukes Gesicht noch immer sehr nahe. Diese Tatsache hielt Sasuke weiterhin erfolgreich davon ab, seinen vor Überraschung geöffneten Mund endlich zu schließen. Er konnte nur starren. Naruto wiederum konnte nicht verhindern, immer wieder auf diese Lippen zu blicken, hinter denen sich diese noch unbekannte Zunge verbarg.

Der Schwarzhaarige war sich ziemlich sicher, dass dies kein gewöhnlicher Affe gewesen war und die Ähnlichkeit zu ihrem Trainer kein Zufall. Das würde auch dafür sprechen, dass er sich noch in der Nähe aufhielt – und die beiden beobachtete. Wenn Naruto nun tatsächlich weiterging und ihn… Sasukes Kopf wurde mit einem Mal unglaublich heiß bei dieser Vorstellung. Dass das Narutos intensivem Blick nicht entgehen konnte, weil seine Gesichtsfarbe es deutlich zu erkennen gab, machte die Sache noch schlimmer. Er sah die Möglichkeiten, die er hatte, um zu reagieren, mit seinem geistigen Auge vor sich. Er sah sich, wie er seine Arme einknicken und seine Lippen auf Narutos treffen ließ. Er sah sich, wie er seine Position veränderte und sich auf Narutos Körper drehte, um ihn besser küssen zu können. Er sah sich, wie er sich auf ihn legte und ihn mit seinen Händen berührte und sich vom anderen berühren ließ. Sasuke hatte das bizarre Gefühl, als dachte Naruto gerade dasselbe. Als übertrug er ihm seine eigenen Gedanken, als zwang er sie ihm auf, sodass er sich ihnen nicht entziehen konnte. Sodass er sich nicht davon abhalten konnte, diese Dinge selbst zu denken und in Erwägung zu ziehen.

Und er dachte wirklich darüber nach. Trotz der starken Vermutung, dass Kakashi sie beobachtete. Sasuke war zunehmend überfordert mit der Situation; sein Puls raste, sein Gesicht glühte und seine Gedanken rotierten in seinem Kopf so schnell, dass er keinen mehr zu fassen bekam. Er hielt es nicht mehr aus ¬– diese Hitze, diesen Entscheidungsdruck und vor allem diesen durchdringenden Blick dieser großen Augen. Er streckte seine Arme, drückte seine Ellenbogen durch, gewann dadurch ein paar Zentimeter mehr Abstand und brachte sich somit schon fast aus der Reichweite von Narutos Mund – zumindest wenn sein Ziel seine Lippen waren.

„Mach jetzt endlich weiter“, keuchte Sasuke und versuchte, überall hinzuschauen, nur nicht in diese Augen. Naruto ließ jetzt seinen Kopf wieder langsam ins Gras sinken. Er gehorchte, doch nur widerwillig. Er ärgerte sich über sich selbst. Er hätte schneller sein müssen. Er hätte es einfach tun sollen, ohne so lange zu zögern und sich zu fragen, ob auch der andere das wollte. Jetzt war seine Chance verpasst, die Stimmung ruiniert.

Mensch, klagte Kakashi in Gedanken, während er zwischen den Ästen eines anderen Baumes zu den beiden heruntersah. Sein neues Versteck war nun auch noch viel weiter entfernt als das vorige, aber er wagte es nicht mehr, noch näher heranzugehen. Mindestens Sasuke würde jetzt wahrscheinlich wachsamer sein. Er seufzte lautlos. Ich habe wirklich gehofft, dass die beiden noch ein wenig vorankommen. Er schüttelte den Kopf. Es ist wohl noch zu früh. Gerade hatte er sich hochgestemmt und wollte sich vom Baum fallen lassen, da fragte Sasuke: „Was glaubst du, was Kakashi-sensei mit diesem Training wirklich bezweckt?“ Der Erwähnte hielt inne. Gut, ich warte besser noch einen Moment.

Sasuke war sich bestens bewusst, dass dies exakt die Frage gewesen war, die Naruto ihm im Traum gestellt hatte. Aber jetzt wollte er selbst eine Antwort von dem Blonden – in der Realität.

„Ich weiß es nicht“, antwortete dieser. „Aber ich hoffe doch, dass es die Grundlage für eine richtig gute Technik ist.“

„Besser wäre es“, schnaubte Sasuke. „Ich will diese Übungen nicht umsonst gemacht haben.“

„Umsonst waren sie sicher nicht“, sagte Naruto unerwartet. Sasuke schaute ihn erwartungsvoll an. „Schließlich…“ Der Schwarzhaarige hing an seinen Lippen. Durch den Kopf gingen ihm dabei Dinge wie: Ich weiß jetzt, wie sich seine nackte Brust unter meinen Händen anfühlt. Ich weiß jetzt, wie sich seine Zähne auf meiner Haut anfühlen. Ich weiß jetzt wieder deutlicher, wie sich seine Lippen anfühlen. „Schließlich ist Training nie verkehrt.“

„Hm“, machte Sasuke nur und versuchte, seine Enttäuschung nicht zu zeigen. Er hatte gehofft, der andere würde etwas sagen wie: „Schließlich sind wir uns so nähergekommen. Schließlich haben wir uns so wieder aus Versehen geküsst. Schließlich hätten wir uns schon fast richtig geküsst.“

„Wie lange sollen wir eigentlich noch weitermachen?“, fragte der Schwarzhaarige irgendwann, als er es geschafft hatte, seine Gedanken abzuschütteln.

„Stimmt“, meinte Naruto, als hätte er sich diese Frage noch nicht gestellt. „Du musstest mich nicht so lange stemmen“, beschwerte er sich.

„Dann lass mich runter“, sagte Sasuke und fügte noch neckend hinzu: „Wir wollen doch nicht, dass du deine Muskeln überstrapazierst.“

Naruto schnaubte empört. „Ich brauche keine Pause! Ich bin noch immer fit! Unterschätz mich bloß nicht!“ Er begann, den anderen schneller nach oben zu drücken.

„Hör auf, Dobe!“, rief Sasuke gepresst, der Schwierigkeiten hatte, jetzt noch sein Gleichgewicht zu halten. Ein lautes Rascheln ließ die beiden innehalten. Sasuke schwankte noch einen Moment, doch dann war seine Balance zurück und er konnte aufschauen.

„So“, meinte Kakashi jetzt, nachdem er absichtlich geräuschvoll durch das Gebüsch gekommen war. „Jetzt drehen wir den Spieß noch einmal um.“ Beide schauten ihren Trainer fragend an. „Sasuke-kun, du versuchst jetzt, dich auf Naruto-kun zu drehen, ohne hinunterzufallen.“

„Drehen?“, echote er und musste unwillkürlich an seine Vorstellung von eben denken. Dass er sich hatte drehen wollen, um den anderen besser küssen zu können. Er verdrängte diesen Gedanken sofort.

„Ja“, erklärte Kakashi. „Am besten fängst du mit den Beinen an, wechselst die Positionen deiner Füße einfach aus. Und dann tust du dasselbe mit den Händen.“ Naruto schaute fragend zu seinem Lehrer auf, als fragte er sich, was er zu tun hatte. „Naruto-kun kann dir helfen, indem er dich in eine etwas aufrechtere Lage stemmt, damit dir das Umdrehen leichter fällt.“

Sasuke begann bereits, es auszuprobieren, wie leicht sich die Position seiner Füße austauschen ließ. Auf Narutos Schenkel war nicht so viel Platz, dass er sie problemlos nebeneinanderstellen konnte. Er stellte fest, dass jetzt noch einmal eine gute Gelegenheit war, um ihm den Fehltritt von vorhin heimzuzahlen und es wie einen Unfall aussehen zu lassen. Doch irgendwie war Sasuke gerade nicht nach Rache. Er wollte diese Übung zu Ende bringen und nach Hause gehen.

Vorsichtig schob er seinen rechten Fuß weiter in die Mitte und seinen linken weiter an den Rand, um dem anderen Platz zu machen. Naruto stemmte, wie Kakashi gesagt hatte, derweil seinen Oberkörper in eine höhere Stellung, was die Balance erleichterte, doch ihm auch ein wenig die Sicht erschwerte. Deshalb schloss er die Augen und verließ sich auf sein Gefühl, wagte sich nur Zentimeter um Zentimeter weiter, bis er schließlich den großen Schritt machte und das rechte Bein nach links und kurz darauf das linke nach rechts stellte. Gleichzeitig ließ er Narutos linke Hand los, um sich umdrehen zu können. Was er tat. Doch jetzt suchte seine freie Hand wieder einen Haltepunkt, den sie zunächst nur bei Narutos rechter Hand fand. Diese musste nun allerdings das meiste Gewicht stemmen und bot nicht genug Platz für beide Hände; Sasukes linke war über seiner rechten. Naruto kam nun mit seiner freien Hand zu seiner anderen herüber und entlockte dieser den festen Griff von Sasukes Finger. Behutsam zog er die eine Hand unter der anderen heraus und hielt sie sicher fest. Verschränken konnte er sie in diesem Zuge noch nicht, dazu musste alles zu schnell gehen und es lag zu viel Gewicht auf dieser Hand, doch Sasuke verlagerte es auf die eine und verschränkte in der Zeit die andere mit Narutos Fingern. Dasselbe tat er mit der anderen Seite. Er versuchte, dabei weder Naruto ins Gesicht zu sehen, noch auf ihre Hände zu starren.

„So, und jetzt mit den Füßen hinunterwandern“, ordnete Kakashi an.

„Wohin?“, fragte Sasuke sofort, der eine Abkürzung nehmen würde, wenn es eine gab.

„Einfach tiefer“, meinte Kakashi nur, denn noch wusste er gar nicht, wohin er die beiden navigierte. Er hoffte stets darauf, dass ihm im entscheidenden Moment etwas Gutes einfiel.

„Ja, aber wohin letztendlich?“, wollte Sasuke wissen und wanderte nur langsam mit seinen Zehen die Beine des Körper unter ihm hinab. Er hatte noch nicht einmal das Knie erreicht.

„Neben Naruto-kuns Füße“, gab er widerwillig Auskunft, denn jetzt zögerte Sasuke-kun nicht länger, sondern verließ mit seinen Füßen Narutos Beine und stellte sie zu beiden Seiten auf den sicheren Boden, um hinab zu denen Narutos zu wandern. Das hatte Kakashi eigentlich so lange als möglich vermeiden wollen, doch der Schwarzhaarige ließ ihm keine Wahl.

„Und jetzt?“, wollte dieser wissen.

„Jetzt macht ihr gemeinsam Liegestützen“, improvisierte Kakashi.

„Gemeinsam?“, kam es zeitgleich von Naruto und Sasuke. Sie blickten sich ins Gesicht und glaubten wieder, in einen Spiegel zu sehen. Sie waren sich ziemlich sicher, dass der überraschte und zugleich peinlich berührte Ausdruck bei beiden derselbe war.

„Ja, ihr stemmt euch oder den jeweils anderen von euch weg“, erklärte Kakashi, was ihm gerade eingefallen war. „Du, Sasuke-kun, wirst dich dann wieder so weit hinunterlassen, wie du kannst. Und Naruto-kun senkt dich gleichzeitig mit ab. Probiert das mal.“ Wie erhofft, befolgten die beiden diese Anweisung und bemerkten erst, als beide ihre Arme einknickten, wie nahe sie dabei dem Gesicht des anderen kamen.

Sasuke nahm sofort seinen Hals ein Stück zurück, was jedoch eine sehr unangenehm verrenkte Position war, die gleich zwei Nachteile hatte. Er drückte dadurch seinen Rücken mehr durch und jetzt berührten sich auch stellenweise ihre Beine. Und wenn Naruto ihn so weit absenkte, wie es nur ging, dann trafen auch ihre Schöße aufeinander.

„Nicht so tief, Usuratonkachi“, zischte Sasuke jetzt und stemmte sich selbst wieder höher. Sein Körper begann zu schwitzen. Er wusste nicht einmal sicher, ob das etwas mit der Anstrengung der Übung zu tun hatte oder einfach mit der momentanen Lage an sich. Jedenfalls war er froh, dass Naruto die Finger mit seinen verschränkt hatte, sodass er einen sicheren Halt hatte trotz seinen feuchten Händen.

Der Blonde blickte unsicher zu Sasuke auf. Er wusste nicht, ob er die Übung richtig machte, weil Kakashi nichts mehr dazu sagte, sondern nur schweigend zusah. Er wusste aber, dass Sasuke mit der Umsetzung der Aufgabe nicht zufrieden war. Vor allem mit dem vollen Körpereinsatz.

„So, jetzt drehen wir den Spieß noch ein letztes Mal um“, kündigte Kakashi nach einer Weile an. „Verschränkt einmal auch die Fußzehen miteinander.“

„Waaas?!“, kam es synchron aus den Mündern der beiden. Sie vermieden es, den anderen daraufhin anzusehen.

„Hopp, hopp“, drängte Kakashi nur. „So geht es viel schneller.“

Umständlich versuchte Sasuke, mit seinem Fuß irgendwie Halt an dem des anderen zu finden. Aber das war gar nicht so einfach. „Das funktioniert so nicht“, knurrte Sasuke. „Er hat zu fette Zehen.“

Oi, Teme!“, fuhr der Blonde ihn an. „Nimm das sofort zurück!“

Kakashi klatschte in die Hände. „Ihr seid mir zu langsam. Wenn ihr nicht in 20 Sekunden damit fertig seid, dann kassiert ihr eine Extraübung. Eine extra schwere.“

Die Worte zeigten Wirkung. „Halt einfach still“, zischte Sasuke und versuchte, seine Fußzehen in die kleinen Zwischenräume zwischen denen Narutos zu quetschen. Es war ein seltsames Gefühl, die Zehen so weit zu spreizen. Die Haut dazwischen wurde so gut wie nie beansprucht. Irgendwie fühlte es sich deshalb wie eine intime Berührung an.

„Und jetzt schön steif machen“, sagte Kakashi in diesem Moment und ließ Sasukes Augen sich damit ein ganzes Stück weiten. „Körperspannung ist das Stichwort.“ Der Schwarzhaarige musste in diesem Moment überhaupt nichts bewusst tun; sein Körper verkrampfte sich ganz von selbst. „Und hepp!“, sagte Kakashi nur und legte eine Hand an Narutos Taille und eine an Sasukes, gab den beiden gleichzeitig einen Schubs in dieselbe Richtung und drehte sie – als Einheit – um 180 Grad, sodass nun wieder Naruto oben und Sasuke unten lag. „Und jetzt noch einmal ein paar Liegestützen.“

„Im Ernst?“, kam es von Naruto, der seine Muskeln vorhin etwas unbedacht belastet hatte, als er minutenlang Sasuke in der Luft gehalten hatte.

„Ja, im Ernst“, gab Kakashi nur zurück und Naruto seufzte, bevor er mit der Arbeit begann.

Sasuke konnte nur noch daran denken, wann die Übung endlich zu Ende sein würde. Jedes Mal wenn Narutos Gesicht zu seinem herunterkam, fürchtete er, dass der Blonde seine Lippen berühren würde. Wenn er es versuchen sollte, könnte er nichts dagegen tun; er könnte nicht ausweichen. Seine einzige Chance wäre es, ihn hinaufzustemmen, doch das würde er wahrscheinlich, selbst wenn ihn seine Arme in dem Moment nicht im Stich ließen, nicht rechtzeitig schaffen. Er bereitete sich jedoch darauf vor, starrte dem anderen wachsam in die Augen. Doch der Blonde starrte nur zurück, konzentriert. Er konzentrierte sich jedoch in keiner Weise auf die Übung, sondern lediglich darauf, seinen Körper nicht zu tief zu senken. Er wusste, wenn Kakashi nicht neben ihnen gestanden hätte, hätte er jetzt nicht mehr widerstehen können. Sasukes Lippen waren geöffnet. Er keuchte leise vor Anstrengung bei jedem Vorgang. Er versuchte, seinen Atem zurückzuhalten, wenn der Blonde ihm zu nahe kam. Dieser allerdings dachte gar nicht darüber nach, das selbst zu tun. Und so spürte Sasuke die ganze Zeit seinen heißen Atem auf seinem Gesicht.

Lange wiederholten sie das Auf und Ab, während ihr Trainer nur schweigend daneben stand. Irgendwann zückte er sein Buch und begann zu lesen. Wenn Naruto das mitbekommen hätte, hätte er sich vielleicht einen Kuss gestohlen.

„Ich kann nicht mehr, Kakashi-sensei!“, jammerte Naruto irgendwann. Der Schweiß glänzte auf seiner Stirn und er spürte ihn seinen Rücken hinablaufen. Selbst der Zwischenraum zwischen seinen Zehen fühlte sich feucht an. Er wusste nicht einmal, ob von ihm oder von Sasuke. Ebenso wie bei seinen Händen. Doch da war er sich sicher, dass es von beiden kommen musste. „Ich habe Hunger, dattebayo!

„Gut, gut“, gab ihr Trainer einfach diskussionslos nach. „Dann machen wir für heute Schluss.“

„Wirklich?“, fragte Naruto hoffnungsvoll und hielt inne.

Für heute?“, wiederholte Sasuke gleichzeitig. Es würde eine weitere Trainingseinheit dieser Art geben?

„Ja“, kam es fröhlich als Antwort für beide zurück. „Wir treffen uns morgen wieder um dieselbe Zeit am selben Ort. Jaa, ne!“ Und weg war er.

Naruto ließ sich jetzt erschöpft fallen. Seine Arme wollten ihn nicht mehr tragen. Seine Muskeln streikten. Seine Fußzehen taten weh. Er atmete erleichtert aus. Es tat unglaublich gut, diese Anspannung loszulassen.

Oi!“, kam es plötzlich ganz nah neben seinem Ohr. „Geh runter von mir, Dobe!“ Erst jetzt realisierte Naruto wirklich, dass sein Kopf auf Sasukes Schulter lag. Und sein gesamter Körper auf dem des anderen. Er hatte noch immer seine Hände mit denen Sasukes verschränkt und ebenso seine Zehen. Beides löste er jetzt ungeschickt; vor allem die Fußzehen schienen sich miteinander verbunden zu haben. „Runter – von – mir!“, kam es jetzt gepresst und plötzlich stießen Hände Naruto zur Seite. Er rollte von Sasuke herunter, doch die Zehen ihres einen Fußpaares hatten sich noch immer nicht voneinander gelöst. Der Schwarzhaarige ging nun hin und half mit seinen Fingern nach. Als er fertig war, sagte er: „Deine Füße stinken, Usuratonkachi.“

Wütend stand Naruto vom Boden auf, als Sasuke das auch tat. Dieser zog sich jetzt sein Oberteil und seine Schuhe wieder an und ignorierte Naruto dabei erfolgreich. Der Blonde schmollte derweil. Als Sasuke ohne ein Wort in Richtung Dorf zurückging, ging Naruto neben ihm her. Längere Zeit herrschte Schweigen.

Dann ergriff Naruto das Wort. „Gehen wir jetzt zu Ichiraku?“

„Nein“, kam es barsch zurück.

„Aber du hast die Wette verloren!“, protestierte er sofort.

„Ja, aber es war nie die Rede davon, wann ich den Preis dafür zahlen muss“, entgegnete Sasuke.

„Das darf ja wohl der Gewinner bestimmen!“, wandte Naruto ein.

„So genau haben wir das vorher nicht geklärt“, meinte der Schwarzhaarige nur.

„Hey, das ist nicht fair, Teme!“, rief der Blonde wütend. Er hatte sich bereits so sehr auf das Essen gefreut. Aber Sasuke ließ sich nicht mehr umstimmen.

„Ich bin weg“, war alles, was er sagte, bevor er in die Straße zu seinem Zuhause einbog. Enttäuscht ging Naruto ebenfalls nach Hause und machte sich ein Ramen-Fertiggericht. Nach dem Essen schlenderte er mit einer Milchpackung in der Hand zum Fenster und ließ seinen Blick durch das Dorf schweifen. Es fiel ihm sofort ein Haarschopf ins Auge, der nur von Sakura sein konnte. Er ging näher an die Glasscheibe und kniff seine Augen zusammen, um erkennen zu können, was sie tat. Er glaubte zuerst, dass sie einem Haus einen neuen Anstrich verpasste, doch dann sah er, dass es keine Farbe war, die sie auftrug, sondern ein Plakat. Ein Filmplakat.

Naruto runzelte die Stirn. War das Sakuras Aufgabe? Jetzt sah er eine zweite Person die Leiter hinaufsteigen, auf der Sakura stand. Naruto erkannte einen Büschel grauer Haare.

„Sakura-chan!“, frohlockte Kakashi, als er zu ihr hinaufkam. Die Gemeinte funkelte mit wütenden Augen auf ihn herab, sodass er einen Moment zögerte weiterzugehen. „Meine Arbeit ist für heute getan. Soll ich dir helfen?“, fragte er dennoch.

„Mit nur einer Leiter könnte das schwierig werden“, meinte sie nur und arbeitete weiter. „Aber wenn ich dieses Plakat aufgehängt habe, dann mache ich sowieso Schluss für heute. Und ob ich morgen damit weitermache, ist auch noch nicht ganz sicher. Ich werde mit Tsunade-sama darüber sprechen, ob das wirklich ihr Ernst sein kann. Die Zeit wäre wesentlich besser investiert, wenn –“

„Nein, nein, Sakura-chan“, versuchte Kakashi ihre Wut zu bremsen – und vor allem ihren Gedankengang. Der Hokage wusste von dieser speziellen „Mission“ natürlich nichts. Tsunade ging davon aus, dass Sakura von Kakashi trainiert wurde. Also, richtig trainiert wurde. „Der Hokage sollte mit solchen Dingen nicht belästigt werden. Und insgesamt: Ein Ninja sollte seine Mission nie in Frage stellen.“

„Aber das hier ist doch vollkommen absurd!“, regte sie sich trotzdem auf. „Was ist das überhaupt für ein fürchterlich kitschiger Film, für den ich hier Werbung mache?“ Kakashi sah dabei zu, wie Sakura wild mit den Armen fuchtelte. Er glaubte, sie könnte jeden Moment ihr Gleichgewicht verlieren, wenn sie so weitermachte. Deshalb hielt er vorsichtshalber, mit etwas Abstand, eine Hand unter ihren Hintern – und hoffte, dass ihre Balance nicht so gut war wie die Sasukes. Aber das schien sie zu sein, denn sie stand felsenfest auf der Leitersprosse. Kakashi wartete noch eine Weile ab und ließ sie ihrer Wut Luft machen, doch als dann noch immer nichts geschah, half er ein wenig nach und rüttelte an der Leiter.

„Ich finde das wirklich un– Kyaa!“, entfuhr es Sakura erschrocken, als sie sich an der Leiter festklammerte. „Was war das?“, fragte sie und schaute hinab zum Boden, als glaubte sie, jemand würde von dort unten versuchen, die Leiter umzuwerfen.

„Keine Ahnung“, log Kakashi und nahm erst seine Hand zurück, als Sakura grimmig auf seinen Arm und ihm dann in die Augen starrte. Ihre Brauen zuckten dabei heftig. „Aber zum Glück war ich gerade da, um zu helfen. Ha, ha, ha, ha.“ Er kratzte sich unschuldig am Hinterkopf.

„Shannarooo!“, schrie Sakura, holte aus und schleuderte ihren Lehrer von der Leiter fort und hinunter auf die Straße.
 

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