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Winter Carols

von

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Türchen 3 – Alle Jahre wieder

Alle Jahre wieder begann der Weihnachtstrubel schon im August.

Die Läden hatten schon die ersten Spekulatius, Dominosteine und Lebkuchen in den Regalen. Auch die Modegeschäfte zogen nach und lagerten schon frühzeitig die dicken Schals, Winterpullis und Mützen. Ende Oktober wurde die Stadt dekoriert.

Auch die Märkte begannen schon Mitte November, so dass ein großer Umsatz erzielt wurde und jeder im Rausch des Kaufens und des Weihnachtsstresses die Brieftaschen weit öffnete, um auch wirklich alles Mögliche zu kaufen. Ob man es brauchte oder nicht, war in dem Moment egal. Die Händler wussten schon, wie sie die Kunden locken konnten. Besonders die älteren Damen, die noch schnell was für ihr Enkelkind kaufen wollten, waren an spendabelsten. Erst recht, was den Kauf von Süßigkeiten und anderen Zeug auf Märkten anging.

Alle Jahre wieder stand auch Naomie auf einem Weihnachtsmarkt und bot zusammen mit den anderen Fotografen ihre Dienste an, um kleine Fotosouvenirs zu machen, die man sich als normales Bild, Anhänger, Schneekugel oder Kette mitnehmen konnte.

Es war überraschend, wie viele Jugendliche, Familien oder Freundinnen dieses Angebot nutzten. Erst recht in Kombination mit dem Rabattgutschein, den ihr Chef dieses Jahr in Umlauf brachte. Das brachte die Kunden noch mehr zu ihnen als in den Jahren davor.

Aber aufgrund dieser Anfrage hatten sie sogar angefangen kleine Geschenkverpackungen in dem Stand zu lagern, um die Kunden auch rundum zufrieden zu stellen.

Seit ihrem zweiten Ausbildungsjahr in dem Studio half sie dort mit, zwängte sich jedes Wochenende in ein Kostüm und stand dann in der Kälte bei Wind und Schnee dort.

So viel auch oft zu tun war, es brachte manchmal die Zeit nicht um und wärmte sie auch nicht auf, so dass sie aufpassen musste sich nicht zu erkälten. Alle Jahre wieder kochte sie sich zu dieser Zeit genug eine Gemüse- und Hühnerbrühe und nahm sie auch in einer Thermoskanne mit auf den Markt.

Aber es hatte einen Vorteil, dass sie dort stand. Sie konnte damit Stunden ansammeln, die ihr Chef ihr bezahlte und die sie obendrein als extra Urlaub abbauen konnte.

Also kniff sie beide Augen zu und dachte immer wieder daran, was es ihr für Vorteile brachte, wenn sie es durch stand.

Natürlich gab es Momente in denen sie schwach wurde und daran dachte nach Hause zu gehen, aber dann ermahnte sie sich selbst weiter durch zu halten. Im letzten Jahr hatte es sie sogar zum Großteil gestört gehabt, aber nun, wo sie alleine war und auf niemanden mehr Rücksicht nehmen musst, war es ihr egal, wie sie ihre Wochenenden verbrachte. Es war besser als in der leeren Wohnung.

Naomie war auch alle Jahre wieder recht früh in vorweihnachtlicher Stimmung. Schon Ende Oktober machte sie sich Gedanken darüber, wie viele Mengen Plätzchen sie dieses Jahr backen würde, welche Mengen sie verschenken wollte und wer alles eine Weihnachtskarte bekommen würde.

Es war schon früher so gewesen, dass sie ungeduldig gewesen war, sobald diese Zeit näher rückte und auch in ihrer Schulzeit hatte es sich nicht geändert.

Nicht zuletzt deshalb, weil sie dort noch viel weniger Geld für Geschenke gehabt und deshalb alles weit im voraus geplant hatte, um niemanden leer ausgehen lassen zu müssen.

Inzwischen war sie aber so sehr daran gewöhnt, dass Naomie es auch nicht mehr ablegen konnte.

Aber dieses Jahr war nicht wie alle anderen Jahre auch. Dieses Jahr schien etwas Besonderes zu werden.

Niemals hätte sie gestern damit gerechnet an ihrem freien Samstag im Park auf Seto Kaiba zu treffen und erst recht nicht auf ihn zusammen mit seinem Hund.

Naomie hatte ihn sofort erkannt und hatte nicht erst auf die Visitenkarte gucken müssen, ob er es tatsächlich war. Dafür war er zu oft in den Medien vertreten, als dass es möglich wäre, ihn nicht zu kennen. Da musste man schon im Hinterland wohnen und weder Zeitung noch TV besitzen.

Der Hund war ihr schon vorher aufgefallen, aber sie hätte im Leben nicht gedacht, dass es seiner wäre. Sie hatte auch nie gedacht, dass er ein Tierfreund war. So konnte man sich doch irren.

Es hatte sie doch sehr überrascht. Innerlich hoffte sie, dass er ihr ihre Überraschung nicht gemerkt hatte, denn sie hatte in diesem Moment nur das Adrenalin gefühlt und war total hibbelig und aufgedreht gewesen.

Es hatte ihr Herz direkt einige Takte schneller schlagen lassen, als sie die wenigen Worte mit ihm gewechselt hatte. Selbst ihre Hand hatte leicht gezittert gehabt, als sie ihre Visitenkarte überreicht hatte.

Nachdem er gegangen war, hatte sie auch nicht mehr damit gerechnet, dass sie ihn so schnell noch einmal live und in Farbe sehen würde. Außer im TV vielleicht.

Aber auch das war ein Irrtum!

Denn prompt stand er heute auf dem Markt und sein kleiner Bruder bat sie ein Foto von ihnen anzufertigen.

Sie seufzte bei der Erinnerung auf, als Kaiba vor ihr gestanden und sein kühler Blick sie gemustert hatte.

Es war das erste Mal in all den Jahren, in denen sie diese Kostüme verfluchte und sich absolut unwohl fühlte. Viel zu aufgetakelt und freizügig hatte sie sich vorgekommen und die kleine Mütze auf ihrem Kopf machte es nicht besser. Am liebsten hätte sie sich in dem Moment ihren Mantel genommen und sich darin eingewickelt, damit er nicht noch mehr freie Haut von ihr sehen konnte. Sie hatte sich so unsicher wie noch nie gefühlt.

Irgendwie war es ihr wichtig, dass er nicht dachte, sie sei eines dieser Mädchen, die in solchen billigen Weihnachtsmannkostümen herum lief, um Männer anzugraben.

Wieder hatte das Adrenalin in ihren Adern gerauscht und sie zu einer noch munteren Frohnatur gemacht.

Wieso passierte das nur?

Naomie biss in den Vanillekipferl und seufzte, während der beißende Wind über ihre Haut fuhr. Nachher würde ein heißes Bad fällig sein und dazu eine feuchte Hautcreme, damit ihre Haut nicht trocken wurde bei den Temperaturen.

Sie strich sich über die kalten Arme und füllte sich die bunte Porzellantasse auf, die bis eben Kaiba in der Hand gehalten hatte.

Zum Glück war es inzwischen ruhig geworden und sie konnte sich für einen Moment entspannen.

Die neue Aushilfskraft war mit seiner Gruppe nachdem ihre Anhänger fertig war auch gegangen.

Naomie hatte kurz einiges erfahren und er schien ein Junge mit viel Tatendrang zu sein. Sicherlich würde er sich gut machen.

Unruhig verlagerte sie ihr Gewicht von einem Bein auf das andere, lauschte dem Chor und wünschte sich endlich auch diese Schuhe ausziehen zu können.

Naomie hatte mehr Glück mit ihrem Kostüm und hatte unter dem Rock ihre Jeans anbehalten, sowie Winterstiefel. Dennoch wurde es auf Dauer unbequem nur dumm in der Gegend herum zu stehen.

Anders als ihre Kollegin in dem knappen Röckchen und High Heels taten ihr die Füße weh.

So sehr sie das Fest liebte, sie hasste die Märkte und sah sie lieber von weitem als von nahem. Denn es gab keinen Tag an dem nicht irgendein Betrunkener sie anrempelte, versuchte sie zu betatschen oder sie dazu zu überreden ein Bier oder Glühwein mit zu trinken. Das allerschlimmste erlebte jede Frau in dem Minikostüm. Da waren die Sprüche erst recht vorprogrammiert oder der Versuch unter den Rock zu linsen.

Naomie graute es schon, wenn sie es wieder tragen müsste. Vielleicht sollte sie sich dann krank melden? Es klang unter den momentanen Umständen nach keiner schlechten Idee.

Für den Gedanken einen Stand auf dem Markt zu beziehen, wollte sie ihren Chef nach all den Jahren immer noch erschlagen. Wie er darauf gekommen war, würde sie brennend interessieren.

Er hatte es doch eigentlich nicht nötig hier zu stehen. Der Laden lief gut, aber ein bisschen mehr Umsatz konnte ja nicht schaden, hatte er ihr mal gesagt.

Naomie stellte die Tasse zur Seite und musterte das Grünzeug über dem Stand, als wäre es ein lästiges Insekt.

Entschlossen raffte sie den Rock und stieg auf einen kleinen Hocker.

Ihre Knie aufgrund ihrer Höhenangst zitterten dabei. Sie versuchte ihre Hand ruhig zu halten und entfernte den lästigen Mistelzweig, der sie an diesem Tag schon zum zweiten Mal in eine peinliche Situation gebracht hatte. Zu einer dritten würde sie es nicht erst kommen lassen!

Zuerst mit Seto Kaiba und dann mit Joey Wheeler, wie sie durch das ausgefüllte Formular erfahren und durch seine krakelige Handschrit entziffert hatte.

Eigentlich mochte sie Mistelzweige. Sie hatte ihren Ex-Freund sogar gerne unter ihnen geküsst. Aber in diesem Fall wäre es ihr lieber gewesen, er wäre in Flammen aufgegangen.

Es war nicht so, als hätte sie in Problem mit Menschen oder diesen zwei Personen gehabt. Aber der Blick, den Seto Kaiba ihr zugeworfen hatte, als sie mit ihm darunter gestanden hatte, war mehr als deutlich gewesen.

„Denk nicht mal darüber nach!“, hatte dieser gesprochen.

Seine blauen Augen waren so klar gewesen und hatten sich für einen minimalen Augenblick kurz geweitet. Überraschung hatte darin gelegen und eine Spur Verlegenheit, während sein Gesicht regungslos geblieben war. Ein reiner Widerspruch war seine Körperhaltung gewesen.

Doch auch als er ihr den einen Krümel aus dem Gesicht entfernt hatte, war alles an ihm distanziert gewesen. Aber seine Berührung hatte eine andere Sprache gesprochen.

Sie war trotz kalter Hände warm und fürsorglich gewesen.

Allein bei der Erinnerung klopfte ihr Herz und entlockte ihr ein Seufzen.

Doch damit nicht genug. Nein.

Ihre liebenswürdige Kollegin meinte sie ja erneut darauf hin zu weisen, dass sie mit einem Mann darunter stand.

In diesem Moment wäre sie am liebsten in Erdboden versunken und schnell hatte sie zu Kaiba hingesehen, ob er es gehört hatte.

Und wie er sie gehört hatte!

Er dachte nun bestimmt, dass sie zu denen gehörte, die verzweifelt unterm dem Zweig standen und hofften geküsst zu werden. Egal von wem.

Aber es war wirklich ein Versehen gewesen und Naomie spürte noch immer die Hitze auf ihren Wangen brennen, als er sich umgedreht hatte.

Ihre Blicke hatten sich getroffen und sie konnte in seinem Gesicht nichts erkennen, was darauf schließen ließ, was er dachte. Lediglich seine Lippen hatten sich zu einem amüsierten und leicht spöttischen Grinsen verzogen.

Sie hatte nichts anderes als schnell wegsehen und lautstark protestieren können, dass doch mal jemand diesen Zweig abnehmen sollte.

Als sie wieder zu ihm gesehen hatte, hatte sie nur noch seine braunen Haare sehen können.

Seufzend stieg sie von dem Hocker herunter und legte den Zweig in den hinteren Teil ihres Standes ab.

Naomie rieb sich über die Arme und trank den Rest ihres alkoholfreien Glühweins leer. Ein Schmunzeln umspielte ihre Lippen, als sie daran dachte, wie Seto Kaiba sie angesehen hatte, als sie sich einen kleinen Scherz mit ihm erlaubt hatte.

Sein Blick war unbeschreiblich gewesen.

Als ob sie wirklich auf Arbeit Alkohol konsumierte. Allein der Gedanke brachte sie zum Schmunzeln.

Leise kicherte sie.

„Du bist ja gut drauf“, sagte ihre Kollegin und nahm sich ein Plätzchen aus der Box.

„Ich hatte einfach einen guten Tag“, sagte sie und stellte die Tasse ab.

„Ist das nicht die, die dieser große Mann mit den blauen Augen eben noch in der Hand hatte?“

Naomie nickte.

„Wieso trinkst du aus der Tasse, die er vorher hatte?“, fragte sie irritiert, „Hast du jetzt Ambitionen zum Stalker entwickelt? Wenn dem so ist, lass dir bitte gesagt sein, du hast das nicht nötig! Du bist hübsch genug! Du musst Niemanden nach laufen. Sprich mir nach: Ich muss…“

„Es war vorher meine Tasse“, beschwichtigte sie ihre jüngere Kollegin und ihre Stimme nahm einen bestimmenden Tonfall an, „Und hätten wir hier ein paar mehr gehabt, dann hätte ich ihm nicht meine anbieten müssen.“

„Findest du das nicht etwas ekelhaft?“, fragte sie und sah sie mit irritiertem Blick an.

„In dem Fall bin ich mir absolut sicher, dass er keine Pest am Arsch hat.“

„Stimmt, sein Arsch war wirklich perfekt“, schwärmte sie und Naomie schüttelte den Kopf. „Woher kennst du ihn?“

„Tu ich das? Ich kenne ihn nicht.“

„Aber es schien als würde er dich kenne!“

„Du irrst dich.“

Ihre Kollegin brummte unzufrieden, ließ das Thema aber ruhen.

Naomie musste ihr nicht unbedingt erzählen, wer ihren Stand hier besucht hatte und woher sie ihn kannte.

Sie hatte absolut keine Lust diesbezüglich gelöchert zu werden und erst recht nicht von ihr, die eh nichts für sich behalten konnte. So lieb sie auch war, aber Naomie war sich auch sicher, wer dann vor ihrer Tür stehen würde, würde sich das rumsprechen und in der neuesten Klatschpresse öffentlich sein, dass sein Hund sie angesprungen hatte.

Wenn sie genauer drüber nachdachte, vielleicht war das keine schlechte Idee? Vielleicht bestand so die Chance ihn erneut zu sehen?

Nein, so fies und gemein war sie nun auch nicht und schob den Gedanken schnell zur Seite. Natürlich könnte sie sich auch in seiner Firma bewerben, um ihn wiedersehen zu können, aber sie rechnete damit, dass er schon genug Fotografen für die Pressearbeit hatte. Außerdem liebte sie die Portraitfotografie und nicht diese Bilder von Paparazzis und dergleichen.

Wenn sie obendrein seine kühle Haltung und Stimme bedachte, wollte sie nicht wissen, wie er mit Angestellten umsprang, wenn er schon zu ihr als Fremde so drauf war.

Kein Gehalt der Welt würde das dann wieder wettmachen.

Lieber blieb sie in dem niedlichen Studio „Dreamland“, verdiente weniger und hatte liebenswürdige Kollegen und einen Chef, der morgens schon mal zwei verschiedene Paar Socken trug.

Hatte die Idee nicht auch wirklich was von Stalking? Nein, so tief war sie nicht gesunken.

Auch wenn sie Singel war, würde sie keinem Mann der Welt nach laufen. Egal, wie gut dieser auch aussah und egal, wie oft er ihr ein Seufzen entlockte. Obendrein verliebte man sich nicht einfach so in wildfremde Menschen!

Wieder seufzte sie und zog die Schultern hoch.

Noaomie hatte die Erfahrung gemacht, dass, wenn sie Interesse an einem Mann hatte, es meistens in die Hose ging. Am besten lief es, wenn der Mann auf sie zukam und nicht umgekehrt.

Aber wie sollte das gehen, wenn der Gegenüber distanziert war und ziemlich kühl und sachlich?

„Wem gehört denn das?“, fragte ihr Chef und hob eine kleine Schachtel hoch, damit alle sie sehen konnte.

Naomie schreckte aus ihren Gedanken und besah sich die Päckchen. Ihre Augen weiteten sich.

„Oh Mist!“, entfuhr es ihr.

Ihr Chef sah sie fragend an.

„Ich weiß, wem es gehört. Ich laufe schnell nach! Das schaffe ich!“, sagte sie und raffte das Kleid hoch, schnappte sich die verpackte Schachtel und lief schnell in die Masse hinein, wobei laufen weit her geholt war. Es war mehr ein kurzer Anlauf, stoppen, ausweichen.

Inständig betete sie, dass die zwei noch nicht so weit gekommen waren und sie noch Chancen hatte sie einzuholen. Bei dieser dichten Menschenmasse hatte sie vielleicht Glück.

Die Richtung stimmte. Immerhin waren sie hierhin entlang gegangen.

„Vorsicht“, sagte sie und wich einem Kinderwagen aus, schnell raffte sie den Rock erneut hoch und rannte so gut es ging weiter.

„Verzeihung…Vorsicht…Entschuldigung!“, sagte sie immer wieder und rannte an einer Gruppe von betrunkenen Männern vorbei. Einer rief ihr noch etwas nach, doch sie achtete nicht darauf.

Sie hatte eine wunderbare Lücke entdeckt und sprang über einen kleinen Hund hinweg, der ihr grade vor die Füße lief.

Gott, war dieses Kleid unpraktisch. Schnell wich sie noch einem Kleinkind aus und war gezwungen an einem Spielzeugstand inne zu halten.

„Welche Puppen sollen wir Emilys Freundin schenken?“, fragte die Mutter und hielt zwei Verpackungen hoch, „Die, die aussieht wie ein Transvestit oder die mit dem Prostituiertenpelz?“

„Die Transe!“, rief Naomie atemlos und lief um die Eltern herum und schüttelte nur den Kopf über die Beschreibung der Puppen. Der Rock entglitt ihr immer wieder aus den Fingern und sie musste ihn ständig neu raffen.

An einer Kreuzung des Marktes hielt sie inne und sah sich um. Wohin könnten sie gegangen sein?

Richtung Straße oder zur Kindertheateraufführung mit Animationsmoderator?

Kaiba wollte gehen und musste noch arbeiten. Aber er sagte nicht unbedingt nach Hause. Wenn er allerdings weiter durch den Markt ziehen wollte, war es doch logischer, dass er gesagt hätte, sie würden weiter gehen. Auch wenn sie ihn nicht kannte, schätzte ihn sie ihn doch sehr klar in seinen Worten ein.

Naomie besah sich noch mal die Möglichkeiten, schüttelte den Kopf und bog in Richtung Straße ein.

Schnell drückte sie sich an einem alten Ehepaar vorbei und hielt an der Ampel an.

Keuchend sah sie sich um, ob sie die zwei mit dem Hund irgendwo sehen konnte, aber Fehlanzeige.

Naomie hatte sie verpasst. Schmerzhaft hielt sie sich die Rippen, die vom Korsett eingeschnürt waren und jetzt gegen die Stäbe drückten, um ihre Lungen mit Luft zu füllen.

Sie schlug halb auf die Ampelschaltung ein, damit diese endlich Grün wurde und sah einen edlen schwarzen Bentley vorbei fahren.

An der Scheibe konnte Naomie die Umrisse von Seto Kaiba sehen, der gelangweilt im Sitz saß und telefonierte. Sie hob die Hand, um zu winken, doch er ignorierte sie.

Kurz überlegte sie sich auf die Motorhaube zu werfen, um dem kleinen Kaiba noch das Geschenk zu geben, überlegte es sich aber anders.

Zum einen wäre das absolut Lebensmüde, zum anderen würde sie damit seinem Chauffeur den Schock seines Lebens verpassen und auch andere damit gefährden.

Obendrein hing sie an ihrem Leben und wollte keine Kühlerfigur werden.

Der Wagen fuhr um die Kurve und war verschwunden.

„VERDAMMT!“, fluchte sie und eine Frau, die mit Einkaufstüten beladen war, wich ihr erschrocken aus.

Naomie drehte sich im Kreis, überlegte, was sie tun sollte. Wie sollte der kleinere Kaiba jetzt an das Geschenk für seinen Bruder kommen?

Kurz spielte sie mit dem Gedanken in der Firma anzurufen, doch sicherlich würde sie eher bei Seto Kaiba landen. Nein. Am Ende dachte er noch, sie verfolgt ihn.

Dann überlegte sie es per Post zu schicken. Doch auch da gab es sogar zwei Probleme. Zum einen verlor die Post zu dieser Jahreszeit viele Pakete oder stellte sie nicht rechtzeitig zu und zum anderen würde auch da Seto Kaiba die Ohren spitzen.

Seufzend drehte sie sich um und wollte sich wieder auf den Rückweg machen, als sie jemand ansprach.

„Wieso fluchst du so?“, fragte der Junge und Naomie drehte sich um.

„Oh da bist du da!“, stieß sie japsend aus und beugte sich zu ihm herunter.

„Hast du mich etwa gesucht?“, fragte Mokuba verwirrt.

Naomie nickte und reichte ihm die Schachtel.

„Die hast du bei uns vergessen“, erklärte sie.

„Oh, aber du hättest sie auch in die Firma oder zu mir nach Hause schicken können.“

„Ich weiß, aber das war mir zu unsicher und außerdem wolltest du ja nicht, dass dein Bruder was mitkriegt.“ Sie lächelte ihn fröhlich an.

„Auch wieder wahr“, seufzte er und schob die Schachtel in seine Jackentasche, „Wobei Seto es bestimmt eh schon weiß und neugierig ist er nie.“

Sein Gesicht wurde wehmütig und Naomie hätte ihn am liebsten an sich gedrückt.

„Er freut sich bestimmt trotzdem“, versuchte sie es.

„Aber wo du grade da bist…“, fing er an und seine Augen bekamen einen schelmischen Ausdruck.

„Ja?“ Aus irgendeinem Grund behagte dieser Blick ihr nicht.

„Komm mit mir mit!“

„Wie?“ Naomie glaubte sich verhört zu haben.

„Komm mit mir mit!“, wiederholte der kleine Kaiba energisch.

„Aber meine Eltern haben mir beigebracht, dass ich nicht mit Fremden mitgehen soll.“

„Ich bin doch nicht fremd.“

„Fremd genug, dass ich nicht einfach so mitgehe.“

„Naomie….ich bin dreizehn Jahre alt. In vielen Kulturen gelte ich noch als Kind. Was soll ich dir bitte antun? Gegen dich hätte ich keine Chance.“

Auch wieder wahr. Sie seufzte ergeben.

„Gut, warum soll ich denn mitgehen?“

„Weil du dann etwas ganz tolles siehst!“

„Und was?“

„Lass dich überraschen!“

„In dem Fall würde ich gern die Überraschung kennen. Denn ich glaube, dein Bruder mag mich nicht besonders.“ Sie lächelte verschmilzt.

„Seto ist gar nicht so, wie alle immer denken.“

„Wie dann?“, fragte sie neugierig und verzog ein wenig bei der Erklärung das Gesicht. Sahen die kleinen Geschwister ihre Älteren nicht immer anders als andere.

„Ein toller großer Bruder, der kälter zu anderen ist als er in Wahrheit ist, weil er vor Zwischenmenschlichen Beziehungen Angst hat?“

„Verstehe“, sagte sie und ließ ihn mal in dem Glauben. Aber vielleicht hatte er auch gar nicht so Unrecht? „Und was willst du mir zeigen?“

„Das siehst du noch.“

„Und wenn ich nicht will?“

„Also. Jetzt komm. So wie du hier rumstehst, hast du sowieso nichts Besseres zu tun. Manche Menschen muss man eben zu ihrem Glück zwingen!“

„Ich muss aber zurück arbeiten.“

„Ja. das kannst du ja danach. Und es dauert auch nicht allzu lange!“

„Sollte ich nicht dennoch vorher meinem Chef bescheid geben und meine Sachen holen?“

„Ja, ok, das kannst du machen“, sagte er widerwillig.

„Sag mal, wer garantiert dir, dass ich wieder komme?“, fragte sie und richtete sich auf. Diese gebeugte Haltung wurde langsam unbequem.

„Ich?“, fragte er neckisch und griff nach ihrer Hand. Auf sein Gesicht erschien ein freches Grinsen.

„Indem du meine Hand hältst und mich zum Stand zurück begleitest oder wie?“, fragte sie verwirrt und sah auf seine Hand, die ihre hielt. Ihr Blick glitt zu dem Leibwächter, der einige Meter hinter dem kleinen Kaiba stand.

„Ich habe deine Weihnachtsmütze!“, sagte er und zog das rote Stück Stoff aus seiner Tasche.

Naomie fuhr sich über den Kopf und tatsächlich fehlte da was. Scheinbar hatte sie ihre Mütze beim Laufen verloren.

„Und die willst du als Geisel nehmen?“ Sie lachte auf. „Na wenn das so ist, habe ich ja gar keine Chance, das arme unschuldige Ding wieder zu bekommen, als mit dir zu gehen.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  KiraNear
2014-09-24T16:42:01+00:00 24.09.2014 18:42
Über die Beschreibungen der Puppen musste ich sowohl lachen, als auch den Kopf schütteln XD
Hm, was Mokuba wohl vorhat? Naja, da bin ich mal gespannt. Auch das Kapitel hat mir gut gefallen :-)
Antwort von:  Frigg
24.09.2014 18:45
Die Beschreibung der Puppen war ehrlich gesagt, aus einem Winterfilm, den ich einmal zu viel gesehen hatte. XD Und in dem Moment hatte ich diese Beschreibung im Ohr und habs etwas umgeändert.


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