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Abschiedsschmerz

Rose x Scorpius
von

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Tränen

Abschiedsschmerz
 


 

Tränen
 

Scorpius wachte schreiend auf. Ich wurde jedes Mal mit ihm wach. Über 3 Jahre ging das schon so. Es war bald vorbei, doch ich würde lieber jede Nacht von seinem Geschrei geweckt werden, als bald völlig allein zu sein.

Ich richtete mich neben ihm auf.

„Wieder ein Alptraum?“, fragte ich sanft.

Er nickte.

„Ist schon gut, Schatz“, sagte ich. „Alles wird gut, ich bin hier.“

Ich merkte, dass er sich wieder beruhigte. Ich legte einen Arm um ihn und streichelte mit der anderen leicht über seinen nackten Rücken. Er atmete noch ziemlich schnell, doch nach einer Weile wurde es gleichmäßiger.

„Rose, lass mich bitte nicht allein“, sagte er leise und nahm meine Hand. Ich spürte, dass er mich ansehen wollte, doch wahrscheinlich hatte er Angst, was er sehen würde. Er wollte kein Mitleid, auf gar keinen Fall. Einem Malfoy stand es nicht zu, Schwäche zu zeigen. Er hatte mir immer wieder gesagt, dass er sich wie ein normaler Mensch fühlte, wenn ich in der Nähe war. Dann müsse er nicht auf die Gesellschaft achten und könnte einfach so sein, wie er wirklich war.

Es war jedoch ziemlich schwer gewesen, diese Seite aus ihm herauszukriegen. Damals in Hogwarts hatten wir uns gehasst, so wie man es von uns verlangt hatte. Er ein Malfoy und ein Slytherin, ich eine Weasley und eine Gryffindor. Wie hätten wir da schon zueinander finden können? Doch wir hatten es geschafft. Im 7. Jahr waren wir beide Vertrauensschüler und verbrachten gezwungenermaßen sehr viel Zeit miteinander. So haben wir uns wirklich kennen gelernt und so hatten wir uns auch ineinander verliebt. Unsere Eltern sind ausgerastet, das hatten wir aber auch erwartet. Meine hatten sich zum Glück irgendwann wieder beruhigt, was ich wohl meiner Mom zu verdanken hatte, die auf meinen Dad eingeredet haben musste. Bei Scorpius war das anders gewesen. Sein Vater hatte ihn verstoßen und enterbt. Wie konnte er es auch wagen, sich in eine Blutsveräterin zu verlieben? Meine Familie hatte ihn aufgenommen und so konnten wir doch glücklich werden. Seitdem redete Scorpius nicht mehr über seine Eltern und ich fragte ihn auch nie. So wusste ich jedoch auch nicht, ob er sie vermisste und ob er sich nicht lieber wieder mit ihnen vertragen würde. Er würde das natürlich niemals zugeben, dazu war sein Stolz viel zu groß. Ich zwang ihn auch nicht dazu. Wir hatten unser Leben und so gefiel es uns am besten.

Dann erzählte er mir von seiner Krankheit und in mir war eine Welt zusammengebrochen. Es war eine Erbkrankheit, die wohl zum letzten Mal bei seinem Urgroßvater aufgetaucht war. Diese Krankheit war noch nicht erforscht und konnte demzufolge auch nicht behandelt werden. Mit der Zeit wurden das Gehirn und die Nervenenden angegriffen, von Woche zu Woche wurde der Zustand schlechter. Man konnte regelrecht mitverfolgen, wie der Betroffene schwächer und schwächer wurde und letztendlich starb…

Als er mir damals davon erzählt hatte, hatte er mich angefleht, ihn nicht zu verlassen. Natürlich hatte ich ihm sofort versprochen, so lange bei ihm zu bleiben, wie er es wollte. Er war meine große Liebe, wie konnte ich ihm diesen Wunsch verwehren?

Wir hatten uns daraufhin eine Wohnung im Zentrum von London gekauft, ganz in der Nähe des St. Mungos, wo ich als Heilerin arbeitete. Er hatte im Ministerium gearbeitet, doch mittlerweile hatte er auch dies einstellen müssen. Was ich ihm auch versprechen musste, war, dass er auf gar keinen Fall in das St. Mungo eingeliefert werden würde, egal wie sehr sich sein Zustand verschlechterte.
 

Eines Abends waren wir bei meinen Eltern zum Abendessen eingeladen, und da ging so einiges schief. Meine Mom hatte es bestimmt nur gut gemeint, doch bei Scorpius kam das ganz anders an:

„Wie geht es dir, Scorpius?“, fragte sie.

„Gut, vielen Dank“, antwortete er.

„Hör mal“, fuhr Mom langsam fort. „Ich hab mir in letzter Zeit ziemlich viele Gedanken gemacht. Vielleicht… Also… Ich möchte dich bitten, dich wieder mit deinen Eltern zu versöhnen.“

Lange Zeit herrschte Stille am Esstisch. Ich traute mich nicht einmal zu atmen, geschweige denn einen Bissen zu nehmen. Neben mir hatte Scorpius die Hand zur Faust geballt und starrte voller Wut auf seinen Teller. Ich legte meine Hand auf seine, woraufhin er mich erschrocken anblickte. Ich versuchte, ihm durch meine Augen Mitgefühl und Vertrauen zuzusprechen. Er suchte Schutz in meinen Augen und entspannte sich ein wenig, als ich ihn aufmunternd anlächelte. Daraufhin fand er wohl seine Sprache wieder.

„Tut mir leid, Mrs. Weasley, ich fürchte, das ist mir nicht möglich.“

„Entschuldige bitte, Scorpius“, antwortete Mom sofort. „Ich hätte nicht fragen dürfen. Das geht mich alles nichts an. Ich wollte dir wirklich nicht zunahe treten.“ Hochrot schaufelte sie meinem Dad noch etwas Salat auf den Teller, obwohl dieser schon überlief und Dad sie komisch anstarrte.

„Machen Sie sich keine Gedanken“, sagte Scorpius jedoch höflich, als ob es seinen Gefühlsausbruch gerade eben gar nicht gegeben hätte.

„Hey, habt ihr das Spiel der Holyhead Harpies gesehen?“, warf Dad fröhlich dazwischen, um das Thema wechseln zu können. „Die haben ihre Gegner mal wieder gehörig vom Platz gefegt!“ Dad war wirklich unverbesserlich, wenn es um Quidditch ging. Ständig erzählte er, wie stolz er doch auf seine Lieblingsmannschaft war, doch wenn sie mal ein Spiel verloren, durfte man ihn an dem Tag nicht mehr ansprechen. In diesem Moment war ich ihm allerdings dankbar, denn Scorpius liebte Quidditch ebenso und konnte sich mit meinem Dad die schlechte Laune vertreiben.
 

„Du denkst oft an deine Eltern, oder?“, fragte ich, als wir an diesem Abend nach Hause kamen.

„Nein“, kam die prompte Antwort.

„Sei nicht so stur, Scorpius. Du tust dir damit doch selber keinen Gefallen.“ Ich wurde immer leiser und es fühlte sich so an, als ob der Kloß in meinem Hals mir förmlich die Luft abschnürte. „Keiner sollte ohne seine Eltern leben müssen.“ Dabei dachte ich an meine Eltern und wie sie sich immer um mich gekümmert hatten und wie sie Scorpius und mich unterstützt hatten, als wir diese schwierige Zeit meistern mussten.

„Meine Eltern sind schon vor langer Zeit gestorben“, sagte Scorpius tonlos, stellte sich ans Fenster im Wohnzimmer und blickte hinaus, jedoch ohne wirklich etwas zu sehen.

„Warum sagst du so etwas?“, fragte ich zärtlich, ging zu ihm hin und schlang meine Arme von hinten um ihn.

„Du verstehst das nicht“, sagte er leise. „Du hast wundervolle Eltern. Sie sorgen sich um dich und sogar um mich. Ich sehe sie schon fast als meine Familie an. Ich freue mich jedes Mal, wenn wir bei ihnen eingeladen sind, weil ich mich gewollt fühle, verstehst du? Bei meinen Eltern war das nie der Fall. Mein Vater war immer fordernd, immer musste ich von allen der Beste sein und stets den guten Ruf der Familie wahren. Jetzt bin ich ein Außenseiter, von meinen eigenen Eltern verstoßen. Du kannst dir nicht vorstellen, wie weh das tut, Rose.“

„Da hast du recht“, antwortete ich. „Aber ich möchte dir helfen. Wäre es nicht wunderbar, wenn wir irgendwann einmal alle zusammen um einen Tisch herum sitzen könnten, Geschichten erzählen und zusammen lachen würden? Das wäre wirklich das Größte für mich.“

„Aber das wird nie passieren!“, schrie er mich an und entwandt sich aus meiner Umarmung. Geschockt ging ich einige Schritte zurück und starrte in seine sturmgrauen Augen, in denen ich nichts als Hass und Wut sehen konnte. So kannte ich meinen Scorpius gar nicht. Was war denn los mit ihm? Hätte ich das Thema wirklich nicht ansprechen sollen?

„Ich weiß nicht, wie du so naiv sein kannst“, brüllte er weiter. „Du kennst meinen Vater überhaupt nicht! Was bringt dich also zu der Annahme, dass wir irgendwann mal so ein riesiges Familienglück haben werden? Er hasst mich, genauso sehr wie ich ihn hasse und dabei bleibt es. Daran wird sich nie etwas ändern, akzeptier das!“

Als die ersten Tränen meine Wangen hinunter liefen, hielt Scorpius inne. Er hatte mich noch nie so angeschrien und ich wusste ganz einfach nicht, wie ich reagieren sollte, wie ich ihn beruhigen konnte. Doch bevor ich überhaupt irgendetwas erwidern konnte, stürmte er an mir vorbei, hinaus in den Flur. Dann hörte ich die Wohnungstür knallen. Ich blieb noch einige Sekunden bewegungslos stehen, bevor ich in mich zusammensackte und einfach nur weinte.

Ich wartete bis spät in die Nacht, doch Scorpius kam nicht zurück. Die Tränen versiegten nur langsam. Ich machte mir schrecklich Sorgen. Wo könnte er denn schon groß hingegangen sein? Meine Eltern hätten mich schon kontaktiert, genauso wie der Rest der Familie. Aber sonst hatte er doch niemanden. Wo war er nur?

Nach drei oder vier Stunden unruhigen Schlafes, entschloss ich mich schließlich aufzustehen und einen langen Morgenspaziergang zu machen. Ich streifte ziellos durch London. An manchen Stellen erwachte ich aus meinen Gedanken und stellte fest, dass ich schon wieder an einem Ort gelandet war, der mich irgendwie an Scorpius erinnerte. Ob es die heruntergekommene Kneipe zur Winkelgasse war, wo ich ihn das erste Mal mit seinen Eltern gesehen hatte oder der Park, wo er mich das erste Mal geküsst hatte oder die unzähligen Plätze, wo wir uns immer heimlich getroffen hatten. Ich hatte nur schöne Erinnerungen mit ihm, nie hatten wir uns gestritten, geschweige denn hatte er mich so angeschrien wie gestern Abend. Ich war nicht sauer auf ihn, das konnte ich gar nicht. Ich wollte einfach nur alles vergessen und mein Leben mit Scorpius weiterhin so sehr genießen wie bisher.

Nach einer gefühlten Ewigkeit kehrte ich wieder nach Hause zurück. Als ich die Wohnungstür aufschloss und eintrat, bekam ich als erstes einen riesengroßen Schreck.

„Scorpius!“, rief ich aus und rannte zu dem Mann, der zusammengekrümmt auf dem Boden im Flur lag. Ich drehte ihn auf den Rücken und legte seinen Kopf auf meine Beine. Ich versuchte, ihn zum Sprechen zu bringen, wollte wissen, was passiert war, doch er konnte nur leises Stöhnen von sich geben. Sachte legte ich ihn wieder ab, rannte ins Wohnzimmer und rief bei meinen Eltern an.

Es klingelte einmal. Es klingelte zweimal. Es klingelte ein weiteres Mal. Dann ging endlich meine Mom ans Telefon.

„Ja?“

„Mom! Ich bin es! Ihr müsst so schnell wie möglich herkommen. Scorpius ist zusammengebrochen, wir müssen ihn ins St. Mungo bringen“, plapperte ich ohne Pause drauf los.

„Schatz, beruhig dich erst einmal“, sagte Mom. „Wir sind schon auf dem Weg. Bleib bei Scorpius, er braucht dich jetzt!“

Ich nickte, doch dann fiel mir ein, dass meine Mutter das gar nicht sehen konnte und sagte: „Okay, beeilt euch bitte.“ Dann legte ich auf und lief zurück zu Scorpius, der immer noch stöhnend da lag.

„Scorpius“, sagte ich leise. „Ich bin bei dir. Ich lasse dich nicht alleine. Alles wird wieder gut.“ Ich wusste nicht, ob er mich verstehen konnte, aber ich redete trotzdem immer weiter mit ihm, hielt ihn im Arm. Wahrscheinlich wollte ich mir selber auch Trost spenden, mich irgendwie von meinen dunklen Gedanken ablenken, die mich überkamen.

Irgendwann kamen dann zum Glück meine Eltern und Hugo, mein kleiner Bruder. Meine Mom kniete sich neben mich und legte mir die Hände auf die Schultern.

„Das hast du gut gemacht, Rose“, sagte sie. „Ich bin sicher, deine Nähe hat ihm sehr geholfen. Jetzt muss er schnellstmöglich ins St. Mungo.“

Ich nickte und wollte aufstehen, doch da regte Scorpius sich plötzlich.

„Uh… uhm… Rose…“, sagte er schwach.

„Ich bin hier, Scorpius. Ich bin bei dir“, antwortete ich sofort.

„Kein… Krankenhaus…“

„Aber Scorpius, du brauchst Hilfe!“

„Hast… ver… versprochen…“ Seine Stimme wurde immer schwächer und schwächer.

„Aber…“, setzte ich an, doch wieder war es meine Mom, die mich unterbrach.

„Rose“, sagte sie und ich hielt inne. Dann sah sie meinen Vater an. Dieser nickte nur. Meine Mutter zog mich zärtlich von Scorpius weg und ich musste zusehen, wie mein Vater und Hugo Scorpius aufhalfen und ihn ins Schlafzimmer trugen und dort auf das Bett legten.

„Du musst dich um ihn kümmern, so gut du kannst, hörst du?“, sagte Mom bestimmt.

Als ich nickte, nahm sie mich in den Arm und streichelte mir zärtlich über den Kopf.

„Sei stark, mein Schatz.“

Mit diesen Worten ließ sie mich los, küsste mich kurz auf die Stirn und verließ mit Hugo und Dad die Wohnung. Sofort lief ich ins Schlafzimmer, deckte Scorpius zu, setzte mich an die Bettkante und nahm seine Hand. Das Stöhnen hatte aufgehört. Er schien eingeschlafen zu sein. Jetzt atmete er wieder ruhig, zwar flach aber regelmäßig. Ich blieb eine ganze Weile neben ihm sitzen, doch da ich nicht wusste, wie ihm das helfen sollte, ging ich in die Küche und machte einen Tee. Gerade als ich mit der heißen Tasse zurück ins Schlafzimmer ging, wachte Scorpius auf und sah mich mit glasigen Augen an.

„Ich hab Tee für dich gekocht.“ Er lächelte daraufhin und ich nahm wieder seine Hand.

„Warum willst du nicht ins Krankenhaus?“, fragte ich und wunderte mich sofort, wo diese Worte herkamen.

„Die können mir auch nicht helfen. Dafür ist es zu spät.“

„Sag sowas nicht!“, schluchzte ich und merkte, wie mir die Tränen in die Augen stiegen und kurz darauf die Wangen hinunter liefen.

„Weißt du…“, sagte Scorpius. „Das letzte, was ich auf Erden sehen wollte, sind deine wunderschönen Augen. Mein Wunsch ist doch tatsächlich in Erfüllung gegangen.“ Er lächelte wieder. Doch es war nicht sein übliches verschmitztes Lächeln, in das ich mich so sehr verliebt hatte, sondern es war… glücklich. Glücklich und traurig zugleich. Mir brach das Herz bei dieser Erkenntnis.

„Ich liebe dich, Rose Weasley!“

Er schloss die Augen… und ich war allein. Völlig allein.

Der Tee wurde kalt.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  kikotoshiyama
2014-07-23T17:47:45+00:00 23.07.2014 19:47
Hammer OS!
lg kiko


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