Zum Inhalt der Seite

Okiya

Delinquent trifft Maiko
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

"Er ist nicht wie die anderen"

Nach dem vergangenen Wochenende kam Jiro pünktlich in die Schule, betrat das Klassenzimmer und schenkte Sora ein leichtes Lächeln, was dieser sofort erwiderte. Bis zur Mittagspause herrschte zwischen den beiden wie immer Stille. Als Sora nach dem Klingeln aufs Dach ging, folgte Jiro ihm wenig später und ließ sich ihm gegenüber auf den Boden sinken. „Hey, hatteste noch 'n schönes Wochenende?“, fragte er nach, zog sein Supermarkt-Bento aus der Tasche und öffnete es. „Hoffe dir hat's Spaß gemacht“ Er selbst konnte sich nicht mehr an viel erinnern, doch ein paar Dinge waren immerhin hängen geblieben. „Ja... es... es war nett. Also abgesehen von den seltsamen Mädchen. Vielen Dank“, antwortete Sora leise und verbeugte sich etwas. Nachdenklich sah er auf Jiros Bento, presste die Lippen zusammen. „Sie sind halt 'n bisschen speziell... Die anderen steh'n auf solche Mädchen...“, meinte Jiro und aß ein paar Bissen. „Was is' dein Typ?“, fragte er jedoch weiter nach, ließ sein Essen stehen und rutschte neben Sora, lehnte sich leicht an den Kleineren. Etwas verwirrt hörte Sora die Frage und spürte Jiro auch sofort eng bei sich. Doch er wehrte sich nicht, fühlte er sich doch irgendwie langsam wohl in seiner Nähe. „Ich... ich hab' keine Ahnung...“, murmelte er schließlich. Was sollte er auch sonst antworten? Er hatte sich nie wirklich Gedanken um Mädchen gemacht. Immerhin hatte er so viel mit der Arbeit zu tun.
 

„Aber du musst doch wissen, was für Mädchen du magst...“, gab Jiro zurück, strich ihm über den Kopf. Langsam glitt seine Hand jedoch tiefer und er ließ sie im Nacken liegen, was Sora erschaudern ließ. „Liebe, brave Mädchen... süß, mit Rüschen... solche Mädchen würden zu dir passen, denk' ich“, meinte er nachdenklich. Doch Sora schüttelte den Kopf. „Nein... ich glaube nicht so“ „Was dann?“, fragte Jiro weiter und seine Hand waderte zu seiner Schulter, sodass er nun den Arm um den Kleineren gelegt hatte. „Vielleicht... jungenhafter? Sportlich?“ Erneut schüttelte Sora den Kopf. „Nein... so etwas mag ich nicht“ „Was dann?“, wiederholte der Ältere, lehnte seine Stirn leicht gegen Soras Schläfe. Er war schon ein wenig verwundert, wie viel Nähe der Kleinere zuließ. „Was für einen Typ magst du sonst?“ Er atmete seinen Geruch tief ein, genoss die Nähe zu ihm. „Ich... ich weiß nicht... Gar keinen, schätze ich“, entgegnete Sora unsicher und schluckte etwas, hielt sich jedoch weiter bei Jiro und entspannte sich. „Aber irgendwas musst du doch mögen?“ Sanft ließ Jiro seine Finger Soras Arm entlanggleiten. „Keine Ahnung...“, murmelte der Kleinere, öffnete nun aber seinerseits den Mund für eine Frage. „Was machst du da?“ Jiro presste die Lippen zusammen, suchte fieberhaft nach einer Antwort. Letzten Endes entschied er sich aber dafür, einfach zu schweigen. Alles andere hätte wohl dumm geklungen. Sora hörte keine Antwort, doch es störte ihn nicht. Er wollte nur hier so mit ihm sitzen bleiben. Das allerdings geschah nicht, denn Jiro zog seine Hand zurück, schob sich noch etwas Reis von seinem Bento in den Mund und schulterte dann seine Tasche, was Sora überrascht aufblicken ließ. Den Rest des Essens warf er in den Müll, als er das Dach verließ. Er kam ihm viel zu nahe... Etwas unsicher sah Sora auf die Tür, die sich geschlossen hatte. Gedankenverloren seufzte er. Jiro brachte ihn so durcheinander und er wusste einfach nicht, wie er damit umgehen sollte.
 

Ob Sora kommen würde?, fragte sich Jiro der auf dem Fußballfeld stand und ein wenig kickte. Die anderen verabschiedeten sich bereits und er schoss selbst ein wenig vor sich hin, als er plötzlich den Kleineren unter dem Baum sah. Leicht lächelte er ihm zu, wandte sich aber schnell wieder ab. Erst als er sich auf die Bank am Rand sinken ließ, kam Sora näher. „Warteste auf mich? Ich begleit' dich zur Bushaltestelle...“ Er selbst würde wohl abgeholt werden – wie jeden Tag. „Ja... ich warte bei den Bäumen“, gab Sora zurück, während Jiro nun duschen ging. Geduldig wartete Sora im Schatten auf den Älteren, lehnte sich gegen einen Baum und sah in den strahlend blauen Himmel. Es würde wohl ein früher Sommer werden, so warm wie es nun schon war. Dabei war es gerade mal Anfang Mai. Und bis zu seiner Prüfung wäre es noch etwa ein Monat... Tief seufzte er und versank in seinen Gedanken darüber. Er machte sich Sorgen, hatte irgendwie Angst. Angst davor, nicht gut genug zu sein, durchzufallen...
 

„Was schauste so traurig?“ Sora zuckte zusammen, wandte sich um. Jiro stand vor ihm und packte ihn auch schon am Handgelenk. „Lächle lieber. Steht dir besser“ Der Kleinere nickte nur leicht, lief neben Jiro her. „Danke...“, murmelte er leise. „Hm? Wofür?“ „Dass du mich zum Bus bringst“ Leise lachte der Rotblonde, schüttelte den Kopf. Doch er sagte nichts mehr, begleitete ihn, wie versprochen, zur Busstation. „Komm gut nach Hause, Prinzessin“ Noch einmal strich er ihm über den Kopf und wandte sich dann ab, ging zur Limousine und stieg ein. Verwirrt starrte Sora ihm hinterher und hätte fast den Bus deshalb verpasst. Er wurde hochrot, richtete nervös seine Jacke, ehe er in den Bus stieg und sich auf einen Platz sinken ließ. „Prinzessin...“, wiederholte er leise zu sich, als er auch schon eine Vibration in der Hosentasche spürte. Er zog sein Handy heraus, auf dem eine Mail von Jiro war. »Möchtest du am Wochenende zu mir kommen?«, stand dort und er lächelte leicht. »Sehr gerne«, schrieb er zurück. Jiro strahlte, als er die Antwort sah. Er würde kommen... »Hoffe deine Eltern lassen dich zu so 'nem Kerl wie mich. Könnt' doch schlechten Einfluss haben« Sora blickte nachdenklich auf die Worte, die Jiro ihm geschrieben hatte. Er hatte Recht... Doch er musste es versuchen.

In der Okiya angekommen fragte er seine Okaa-san, Haruko, deshalb nach dem Wochenende. „Glaubst du nicht, ich habe nicht gemerkt, wie deine Kleidung nach Rauch und Alkohol gerochen hat? Jedes Mal ist es so, wenn du mit deinen neuen Freunden unterwegs bist. Ist dieser Junge einer von ihnen?“, fragte sie Streng nach. Sora wich etwas zurück. „N-Nein! Also... doch, aber er ist ganz anders als die anderen. Bitte... ich... er ist wirklich nett“, entgegnete er leise, senkte den Blick. Sein Herz schlug wie verrückt. Natürlich hätte er lügen können, doch er wollte es nicht. „Also ist er einer von ihnen? Dann wirst du dort nicht hingehen. Ich möchte überhaupt nicht mehr, dass du dich mit einem von ihnen triffst!“, zischte die Frau, funkelte den Jungen an. „Sie färben mit ihrem Verhalten noch auf dich ab! Das ist mein letztes Wort.“ „Okaa-san! Bitte!“, verzweifelt sah Sora sie an. „Er ist nicht wie die anderen. Er ist ganz anders! Nett und höflich und aufmerksam und... es würde niemals auf mich abfärben. Das weißt du! Es ist mein größter Traum. Ich würde ihn niemals vergessen! Bitte... bitte, ich möchte ihn so gerne besuchen...“ „Nein! Ruhe jetzt. Geh auf dein Zimmer!“, antwortete sie und sah den Jungen mit einem Blick an, der keine Wiederworte duldete. Dann wandte sie sich ab und ging ihren Aufgaben nach. Sie konnte hier niemanden gebrauchen, der nicht folgte. Sora sah ihr frustriert nach, ging aber dann auf sein Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Er wollte Jiro sehen... »Es tut mir leid... Sie hat es nicht erlaubt...«, schrieb er ihm, wollte ihm jedoch erst einmal nicht sagen, dass sie nicht wollte, dass sie sich überhaupt noch einmal sahen.
 

Kaum klingelte das Handy, sah Jiro darauf, las die Nachricht. Seine Hände zitterten etwas. Er hatte es kaputt gemacht... Es war eine Ausrede von Sora, dessen war er sich sicher. Seufzend ließ er sein Handy sinken. Natürlich war er genervt von ihm... vielleicht auch noch viel mehr. Wie konnte es auch anders sein? Er fühlte sich mit Sicherheit bedrängt und wollte nicht in Gefahr laufen, noch einmal in eine solche Situation zu kommen.

Hätte Sora um Jiros Gedanken gewusst, hätte er ihm womöglich sofort geschrieben, doch nun nahm der die Stille zwischen ihnen einfach hin und begann, sich für die Arbeit fertig zu machen.
 

Am nächsten Tag kam Jiro nicht zur Schule, was Sora wirklich besorgte, doch er hatte oft gefehlt... Also sollte es ihn nicht beunruhigen. Als er aber auch die nächsten Tage nicht kam, wurde er zunehmend unsicher. War es seine Schuld? Inzwischen war es Samstag und er hielt es einfach nicht aus. Er nahm sein Handy und schrieb dem Älteren. »Ich hoffe, es geht dir gut. Ich habe mir Sorgen gemacht, weil du nicht da warst.« Jiro blickte auf das Handy. Wieso schrieb er ihm nun? Was sollte das? Es dauerte lange, bis er ihm antwortete. Doch dann schrieb er schließlich zurück. »Alles okay.« Sora spürte, dass wohl nichts okay war. Er war wütend auf ihn. Oder verletzt. Oder irgendwas. Aber okay war sicher nichts. »Ich würde dich so gerne treffen.« Leise seufzte Jiro aufgrund dieser Antwort. »Willst du das wirklich?« Das erschrak Sora nun doch. Dachte er etwa, er wollt einfach von ihm fern bleiben? »Ja, natürlich. Ich bin gerne bei dir. Ich habe Okaa-san darum gebeten, aber sie wollte es nicht. Tut mir leid...« Unsicher sah Jiro auf die Worte, zögerte, ehe er ihn anrief. Als Sora endlich abhob, sagte er jeodch nichts. Er wollte... ja, was wollte er eigentlich? Das wusste er selbst nicht so genau. „Jiro-san...?“, fragte Sora leise nach. Jiro... war es denn okay, ihn so zu nennen? Bei dem Schweigen, das einige Zeit folgte, wurde er immer unsicherer. „Hat... sie's wirklich verboten?“, hörte er endlich seine Stimme. „Oder wollteste... nur nich' herkommen? Sei ehrlich bitte... Das is' schon okay. Ich will nur wissen wie's is'“ Leise seufzte der Ältere, sah auf das Bett vor sich. „Nein, so etwas darfst du nicht denken!“, gab Sora fast schon panisch zurück. „Sie hat es wirklich verboten. Denk so etwas nicht! Bitte!“ „Ich... möcht'... dich bei mir haben...“, gestand Jiro leise, strich sich die langen Haare aus dem Gesicht. „Ich will...“ Er verstummte. Er konnte ihm nicht noch näher treten, ihn verschrecken, ihn womöglich sogar ekeln. Leicht errötete Sora bei den Worten. „Was willst du?“, fragte er leise nach. „Ich will... dich halten...“ Jiro schluckte schwer. „Ich will dich umarmen...“ Er wurde immer leiser, hatte so Angst vor seiner Reaktion. Würde er es überhaupt verstehen? Das Schweigen Soras machte es nicht unbedingt besser, doch dieser wusste einfach nicht, was er dazu sagen sollte. „Ich... warum...?“, entgegnete er leise und vorsichtig. Er konnte nicht wirklich nachvollziehen, warum Jiro so dachte, warum er es wollte, welche Bedeutung es überhaupt für ihn hatte. Doch diese Frage überforderte den Älteren ein wenig. Es war schwer das alles in Worte zu fassen. „Deine Nähe... fühlt sich gut an...“, entgegnete er vorsichtig. „Ich hatt' gehofft... du könntest nun hier sein... Aber vermutlich is' es besser so“ Sora erschauderte etwas, lächelte jedoch ein wenig. „Es tut mir leid... bitte komme am Montag wieder. Ich möchte dich sehen“ „Ich weiß noch nich', ob ich komm'. Ich hab' ein bisschen was abbekommen“, gestand Jiro leise, ehe er auflegte. Doch er würde kommen. Er wollte bei Sora sein, in seiner Nähe sein. Er wollte mit ihm auf dem Dach sitzen und mit ihm reden.
 

Sora senkte bei seinen Worten den Blick. Er legte das Handy beiseite. Abbekommen...? Hatte er sich wieder geprügelt? Hatte er nichts besseres zu tun gehabt, als sich wieder zu betrinken und mit seinen Freunden andere zu belästigen? Kein Wunder bekam Jiro da öfters was ab. Seufzend schüttelte er den Kopf. Haruko würde toben, wenn sie herausfinden würde, dass er sich weiter mit Jiro abgab.
 

Als am Montag die Schule begann, saß Jiro tatsächlich auf seinem Platz. Er hatte eine Schramme an der Stirn und einen Verband ums Handgelenk. Sonst sah er fit aus. Aber es beunruhigte Sora dennoch. Sie wechselten kein einziges Wort, bis sie sich beide endlich auf dem Dach trafen. Jiro setzte sich zu dem Jüngeren, legte ihm seinen Arm um die Schulter. „Ich hab's doch noch her geschafft“, stellte er grinsend fest, zog nebenbei mir seiner freien Hand sein Bento aus der Tasche. Leicht nickte Sora und lächelte, lehnte sich ein wenig an ihn. „Ja...“, sagte er nur leise. „Was haste gemacht? Am Wochenende mein' ich. Hat dich deine Ma zu irgendwas verdonnert?“ Jiro schmunzelte etwas, lehnte seinen Kopf gegen Soras. „Ich musste ihr bei vielen Dingen helfen. Sie ist sehr beschäftigt und arbeitet viel... ich unterstütze sie dabei“, erklärte der Jüngere, lehnte sich vorsichtig an Jiro und genoss seine Nähe. „Is' sicher nervig“, antwortete dieser und strich über seine Schulter. „Danke... dass du mich hier sein lässt...“, sagte er leise. Sora lachte leise. „Du störst nicht. Ich habe dich gerne hier“, entgegnete er. „Ja?“, erwiderte Jiro überrascht. „Dabei bin ich sicher kein guter Umgang für dich...“ Er grinste etwas, betrachtete Sora. „Ich bin mir sicher... du bist ein besserer Umgang für mich, als deine anderen Freunde...“, sagte Sora leise, blickte ihn mit leicht roten Wangen an. „Mag sein“, gab Jiro nun abweisend zurück, rutschte ein wenig weg und aß nur noch von seinem Bento. Sora wusste ja nichts von ihm und seinem Leben...
 

Ein wenig bedrückt sah Sora auf Jiro, der zurückwich und auch seinen Arm von seiner Schulter nahm. Leise seufzte er, blickte auf sein Bento. Er war wieder so anders... so anders, als beim letzten Mal, als sie sich getroffen hatten. Er verstand einfach nicht, was in dem anderen vor sich ging....

„Nach der Schule... haste was zu tun?“, fragte Jiro nach einiger Zeit leise nach. Er zog seine Beine mehr an seinen Körper, griff dann Soras Hand, hielt sie leicht fest. „Bis jetzt nich nicht. Warum?“, antwortete Sora, sah zu ihm und drückte leicht seine Hand. Diese Berührungen fühlten sich immer so gut an... „Dann lass uns durch die Straßen ziehen...“, schlug der Ältere vor, sah zu ihren Händen, ehe er in Soras Augen blickte. Langsam und vorsichtig hob er seine andere Hand, strich leicht über seine Wange. „D-durch die Straßen ziehen? Aber... was genau heißt das?“ Unsicher sah der Kleinere auf, schmiegte sich zögerlich in seine Hand und wurde rot. Doch der Moment hielt nicht lange, denn die Hand entfernte sich schon wieder. „Herumlaufen... shoppen... in Gamecenter gehen... sowas halt...“, gab Jiro zurück. „Ich... ich war noch nie in einem Gamecenter...“, gestand Sora, nickte aber. Er sah seiner Hand hinterher, seufzte innerlich. „Ich würde sehr gerne... mit dir dort hingehen...“ Er war nun schon aufgeregt, nervös. Er war noch nie jemand gewesen, der um die Häuser zog und er fand es immer ganz schrecklich, wenn er es bei anderen mitbekam... „Wir können Pricla* machen gehen“, meinte Jiro und aß von seinem Bento. Sie konnten Zeit verbringen... „Ja, sehr gerne!“, entgegnete Sora nun doch etwas enthusiastischer und nickte. Nun konnte er es kaum noch abwarten. „Dann bis später“ Jiro erhob sich, nahm seine Sachen und schmiss sein Bento weg. An der Tür wandte er sich nochmal um, sah Sora kurz an. Er lächelte liebevoll und zärtlich, verschwand dann aber. Als Sora dieses Lächeln sah, wurde er schlagartig rot, war froh, dass Jiro das allerdings nicht mehr sah. Während des Tee-Clubs konnte er sich kaum konzentrieren, musste die ganze Zeit an Jiro denken.
 

Als Sora endlich zum Spielfeld kam, wartete Jiro bereits, saß auf einer Bank, während ein paar andere noch spielten. Als er den Jüngeren sah, stand er sofort auf und kam auf ihn zu. Etwas verwirrt war Sora schon. Immerhin war Jiro sonst der letzte, der das Feld verließ. Doch er sagte nichts dazu, ließ nur zu, dass er seinen Arm um seine Schulter legte. Leicht lächelte er, ging neben ihm her. „Aber nicht zu lange... wegen den Hausaufgaben und so...“, murmelte er schüchtern. „Ja, ja... keine Sorge“, gab Jiro nur zurück. Am Schultor ließ er seinen Chauffeur zurück, ging mit Sora zur Bushaltestelle. Als sie nach einiger Zeit endlich einstiegen, schob Jiro den Jüngeren zu einem Sitz. Unsicher ließ dieser sich auf den freien Platz sinken, sah aber zu Jiro auf. „Willst du dich nicht eher setzen?“, fragte er nach. „Ich saß die letzten zwei Stunden. Brauch' nich' noch länger sitzen...“, antwortete er, sah sich etwas um. Ein paar Plätze weiter war eine junge Frau mit einem Baby auf dem Schoß. Er lächelte dem Baby leicht zu, ehe er den Blick wieder abwandte und sein Ausdruck abweisender wurde. Sora verfolgte das aufmerksam, wurde etwas bedrückt. Warum war er so anders...? Jeden Tag entdeckte er eine andere Seite, aber nie zeigte er sich, wie er wirklich war. „Was macht ihr eigentlich so? Im Tee-Club meine ich...“, fragte Jiro nach einiger Zeit. „Nicht... viel. Wir unterhalten uns über Tee, bereiten ihn zu... Wir lernen, wie die Teezeremonie richtig geht und so...“, antwortete Sora und hob die Schultern. „Klingt nicht sonderlich spannend“, gab Jiro ehrlich zurück. Über Tee reden, jeden Tag, für eine so lange Zeit... Das wäre nichts für ihn. Es war doch nur Tee. Sie beide waren einfach so unterschiedlich... „Für andere scheint es langweilig zu sein, aber... Vielleicht ist es mir auch nützlich? Später mal....“ Jiro nahm es so hin, ehe er ihn am Handgelenk griff, als der Bus wieder hielt. „Komm, wir sind da“, verkündete er und zog Sora mit sich. Nach einem kurzen Fußmarsch betraten sie ein riesiges Gebäude mit etlichen Reklameschildern an der Front. Von innen drang eine Mischung aus Musik und Geschreie nach draußen. „Da wären wir“, meinte der Rotblonde kurz angebunden. Sora war überwältigt von der Lautstärke und den ganzen bunten Lichtern. Er fühlte sich ein wenig überfordert, hielt sich deshalb mehr an Jiro. Dieser führte ihn zu den Automaten. „Wo sollen wir reingehen? Pastell? Glubschaugen?“ Sora kicherte etwas. „Pastell ist gut, denke ich“, antwortete er und folgte Jiro zu einem Automaten. Als sie diesen betreten hatten, zog Jiro den Vorhang der Kabine zu und warf Geld ein. Dann drückte er auf dem Bildschirm herum, ehe er seine Arme von hinten um Soras Hüfte legte, ihn leicht an sich drückte. Sora errötete, schmiegte sich jedoch an Jiro. Er hatte das Gefühl, sein Herz würde ihm aus der Brust springen. Was war nur los mit ihm? Dass Jiro ihm auf jedem Foto noch näher zu kommen schien, machte die Sache nicht besser. Er fühlte seinen Atem im Nacken und seine Finger, die sich in seine Uniform krallten. Doch so plötzlich die Nähe auch gekommen war, so plötzlich war sie auch wieder weg. Jiro nahm seine Tasche und ging mit Sora zu dem Eck, wo sie die Fotos bearbeiten konnten. Während er an den Bildern herummalte und -schrieb, schien er völlig in seinem Element. Auf einem Bild, in dem Sora seiner Meinung nach besonders hübsch aussah, stempelte er ein Herzchen dazu, als die Zeit dann auch schon herum war. „Fertig“, verkündete er. Sora hatte die ganze Zeit eher nur zugesehen, lief aber nun aufgeregt zur Druckausgabe, hibbelte etwas herum. Als sie endlich aus dem Schlitz fielen, nahm er sie und strahlte. „Sie sehen toll aus!“ Jiro sah ihm über die Schulter und nickte, brach den Bogen in der Mitte auseinander und gab Sora eine Hälfte, während er selbst die andere Hälfte einsteckte. „Danke, Kurzer“, sagte er sanft, strich ihm über den Kopf, ehe er ihn wieder am Handgelenk griff.
 

„Sollen wir essen gehen? Oder bekommste was daheim?“, fragte der Ältere nach. Sora folgte ihm aus dem Gamecenter, nickte dann aber. „Wir können was essen gehen. Wir essen erst gegen acht Uhr. Das dauert ja noch ein wenig.“ Jiro sah sich um, ging dann mit Sora die Straße entlang, betrat mit ihm wenig später ein kleines, aber recht teuer aussehendes Restaurant. Ein Kellner brachte sie zu einem Tisch und reichte den beiden die Speisekarte. „Bestell dir was du willst, ich übernehm's“, erklärte Jiro, ging seine Karte durch. Sora war das ganze etwas unwohl. Als er die Preise der Gerichte sah, wurde es nicht besser. „Das ist so teuer...“, wisperte er und schluckte schwer. „Und?“ Jiro blinzelte verwirrt. „Wieso machste dir Sorgen drum?“ Immerhin mussten Soras Eltern wahnsinnig viel Geld haben, wenn sie in Gion wohnten. Da wäre Teures doch an der Tagesordnung. „Ich... ich will nicht, dass du das alles bezahlst...“, erwiderte Sora leise und blickte ihn an. Natürlich dachte Jiro, dass er genauso reich wäre. Dabei war es das Gegenteil. Mit seiner Ausbildung hatte er sich in Schulden gestürzt, die er nur langsam abarbeiten würde.
 

„Is' nich' so, dass ich kein Geld hab'“, antwortete Jiro schulterzuckend. Immerhin war sein Urgroßvater ein adeliger Samurai gewesen. Sora war klar, dass der Ältere wohl mehr als genug Geld hatte. Immerhin hatte er in Geschichte gut aufgepasst. Sein eigener Name im Vergleich dazu war wahrscheinlich nicht einmal einen Pfifferling wert. Er schwieg deshalb nun lieber und sah die Speisekarte durch, sodass sie wenig später bestellen konnten. Als der Kellner wieder weg war, griff Jiro Soras Hand, strich darüber. „Es is' wie bei 'nem Date“, stellte er grinsend fest, wandte sich dann ab und sah sich ein wenig um. „Ein... ein Date?“, murmelte Sora mehr zu sich und wurde rot, hielt aber Jiros Hand weiter fest. Er hatte Recht... sie waren zu zweit und sie aßen in einem gehobeneren Restaurant... Aber es fühlte sich nicht falsch an. Bei der Röte auf Soras Wangen, lachte Jiro. „Nimm meine Worte nich' so ernst, Kumochan“ Er grinste, lehnte sich zurück und ließ dabei auch die Hand des anderen los. Ein Date... mit ihm? Warum nur hatte er solches Interesse?

Sora wurde dafür nur noch röter, senkte ertappt den Blick. Innerlich schlug er sich für seine Dummheit. Was dachte er denn da auch? Wieso sollte es so sein? Jiro war jemand der Mädchen mochte. Natürlich. Und Sora... er mochte weder Mädchen, noch Jungen. Er mochte nur Jiro... als guten Freund. Erneut lachte Jiro auf, griff nach Soras Hand und lächelte ihn liebevoll an. Es war ein seltenes, ehrliches Lächeln, das er sonst höchstens für kleine Kinder in Kinderwägen aufbrachte. Leicht erschauderte Sora, als er dieses offene Lächeln sah. Das war es, was er wollte. Dieses Lächeln, das Jiro auch im Bus bei dem Kind gehabt hatte... Doch der Kellner, der das Essen brachte, sorgte dafür, dass Jiro sein Lächeln wieder verlor. Er wandte sich von Sora ab, begann zu essen. Seufzend schob er sich einen Happen in den Mund. Etwas bedrückt senkte Sora daraufhin ebenfalls den Blick und aß.
 

„Am Wochenende... Magste zu mir kommen?“, fragte der Rotblonde nach einiger Zeit nach. „Ich... ich würde gerne!“, erwiderte Sora sofort. „Aber...“ „Du kannst deiner Ma ja sagen, dass du jemanden von der Schule triffst“, unterbrach ihn Jiro, „Sind doch alles vorbildliche Spießer. Und außerdem...“ Er schmunzelte etwas. „Lügst du sie damit ja nicht an“ „Ich... ja, aber... ich kann nicht... Ich kann sie doch nicht belügen“, murmelte Sora und schluckte. „Wo lügste denn? Ich bin 'n Kerl von deiner Schule. Genau das sagste ihr“, gab Jiro schulterzuckend zurück. „Immerhin erzählste ihr dann die Wahrheit“ „Ich habe nur Angst, dass sie es herausfindet... und mir endgültig alles verbietet“, gab Sora zu und seufzte nun leise, legte den Kopf schief. „Ich werde es irgendwie hinbekommen. Versprochen.“ „Ich... würd' mich freuen, wenn's klappt...“, entgegnete Jiro und lächelte.
 

Nach und nach leerten sich die Teller der beiden. Immer wieder blickte Jiro zu Sora. Was zog ihn nur an dem Jungen so an? Er verstand es nicht... „Wenn du... bei mir bist, lass ich dich nich' mehr gehen...“ Mit großen Augen sah Sora ihn an, wurde wieder rot. „N-nicht? Ich... k-kannst du mich denn überhaupt... so lange ertragen?“ „Ich bin mir sicher, ich kann's...“ Jiro lächelte nur, griff abermals Soras Hand und drückte sie. „Ich will... dich halten. Zeit mit dir haben... Ungestört.“ „J-ja...“, mehr brachte der Jüngere nicht raus. Er hatte das Gefühl, das alles war nur ein Traum. Jiro sagte so etwas wirklich? Er meinte es ernst?

Doch gerade diese Reaktion verwirrte nun auch Jiro. Sora schien so irritiert. Hatte er es verstanden? Würde er sich nun abwenden? Oder stand er auf dem Schlauch? Sollte er es ihm sagen? Er war so hin und her gerissen. Er war sich eigentlich sicher, ihm vertrauen zu können... Aber was, wenn nicht? Dennoch überwand er sich, atmete tief durch. „Kumochan... Verstehste, was ich mit sagen will?“, fragte er nach. Leicht zuckte Sora zusammen, blinzelte leicht und nickte dann schwach. „J-Ja. Ich verstehe“, wisperte er kaum hörbar. Eingehend musterte Jiro ihn, nickte dann und senkte den Blick. Hatte er es wirklich verstanden? Er war sich nicht sicher... Vorsichtig drückte er seine Hand.
 

„Sollen wir... gehen?“, fragte der Kleinere unsicher und Jiro nickte. Er ließ seine Hand los und nahm sich den Zettel mit den notierten Gerichten. Damit ging er zur Kasse vor, um zu zahlen. Als er fertig war, wandte er sich wieder Sora zu, griff seine Hand und verließ mit ihm das Restaurant. Kurz sah er zu ihm, lächelte wieder so sanft wie zuvor. Fast schon zufrieden blickte Sora auf ihre Hände. Es war ein so gutes Gefühl... und als er zu Jiro aufsah, schenkte dieser ihm wieder dieses Lächeln, das er so mochte. Zu Fuß gingen sie nun wieder nach Gion zurück, was zwar viel länger dauerte, als mit dem Bus, aber gerade diese Zweisamkeit, die sie so hatten, genoss Jiro sehr. Bei dem großen Tor hielt er jedoch an. „Da wären wir“, verkündete er. „Dann... bis... in der Schule“ Er würde keinen Tag nennen. Immerhin konnte er nicht versprechen morgen zu kommen. Sora spürte dieses Zögern, sagte jedoch nichts dazu und nickte. „Bis dann...“ Er wandte sich gerade um, um durch das Tor zu gehen, als er zurückgezogen wurde. Überrascht fand er sich in Jiros Armen wieder, hatte das Gesicht leicht gegen seine Brust gedrückt. „Ich mochte es sehr mir dir...“, wisperte der Ältere, ließ Sora dann aber los und wandte sich ab, ging zur Haltestelle. Sora schluckte schwer, blieb noch kurz stehen und versuchte seine Gefühle unter Kontrolle zu bringen. Dann aber eilte er nach Hause, betrat die Okiya und zog sich auf sein Zimmer zurück.


Nachwort zu diesem Kapitel:
*Pricla = Kleine Fotos, die man verzieren kann Komplett anzeigen

Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück