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Lebe dein Leben
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Von Ehekriegen, Hanulisationen und einer ausgeklügelten Rache

Gespannt sah ich aus dem Fenster und beobachtete die Landschaft die an uns vorbeizog. Die vielen Felder, Wiesen und Wälder, die sich vor uns erstreckten. Dies war eine ganz andere Seite Japans. Nicht so wie in Tokio, wo die Landschaft hauptsächlich aus Beton bestand. Nicht aus riesigen Hochhäusern und Gebäuden, die wie Unkraut aus den Boden schossen und so alles überdeckten, nicht aus Autos und Lkws mit ihren lärmenden und stinkenden Motoren und Getrieben, nicht aus Abermillionen von Menschen, die sich eilig ihren Weg durch die Stadt bahnten. Hier bestand alles noch aus purer Natur und man sah deutlich, dass der Mensch noch nicht viel Hand angelegt hatte. Wir waren schon weit vom Zentrum des Dorfes entfernt, vereinzelt konnte man noch einige Bauernhöfe oder einfache Hütten in der grünen Landschaft entdecken, aber sonst gaben nur die vielen Reis und Getreidefelder Anzeichen für Menschenleben in diesem naturbelassen Örtchen. Im Auto herrschte während der Fahrt Totenstille, denn keiner wagte es nach dem Zusammentreffen auch nur ein Wort zu sagen. Die Atmosphäre war beinahe bedrückend und jedem äußerst unangenehm. Nicht einmal Shina fragte ihre Heldin über die zahlreichen Bücher Löcher in den Bauch, obwohl sie es sicherlich gern getan hätte, soviel zumindest ihre zahlreichen Blicke, die sie des Öfteren möglichst unauffällig auf Haruka ruhen ließ verrieten.

„Du siehst deiner Mutter wirklich sehr ähnlich, Chiyuko“, war plötzlich die hörbar traurige Stimme der älteren Frau zu vernehmen.

Kurz sah ich zu ihr auf, senkte den Kopf schließlich aber wieder. „Ja, ich weiß. Das sagen alle.“

Ruckartig drehte sie sich zu mir um und ein sanftes Lächeln umspielte dabei ihre Lippen. „Ich bin mir sicher dass dein Vater und Chihiro gewollt hätten, dass wir wieder glücklich sind und unser Leben weiter leben. Immerhin hatten wir bereits lange genug Zeit damit abzuschließen, auch wenn es für uns alle hart war. Findest du nicht auch?

Ich senkte meinen Kopf weiter, in der Hoffnung dass sie nicht sahen, dass ich schon wieder kurz davor war in Tränen auszubrechen. Musste sie auch schon wieder mit diesem Thema anfangen, konnte sie es denn nicht einfach belassen. Ich wollte darüber nicht sprechen. Verstand das denn keiner. Leise seufzte ich. „Vielleicht hast du hast Recht.“

Stirnrunzelnd sah Shina auf mich herab. Anscheinend verstand sie als einzige in diesem Moment, dass ich nun wirklich keine Lust hatte darüber zu sprechen, was mich nun wirklich wunderte, da sie nun wirklich keine Person war, die sich, trotz ihres Berufes gut in andere hineinversetzen konnte.

„Ich denke sie sollten es darauf belassen, Frau Ogino“, legte sie Haruka zu Herzen und schaute sie dabei eindringlich und mit vielsagendem Blick an.

Doch die dachte gar nicht erst daran aufzuhören, stattdessen durchlöcherte sie mich weiter mit Fragen über meinen Vater, die vergangenen Jahre und insbesondere über meine Mutter, was ich ihr ja nicht einmal verübeln konnte. Immerhin hatte sie ihre Tochter mehr als 10 Jahre nicht mehr gesehen, da sie soviel ich wusste mit meinem Vater zu diesen Zeiten ins Ausland ausgewandert war. Genaueres war mir aber nicht bekannt, da meine Mutter auf dieses Thema immer schlecht zu sprechen war, aber so viel wie ich mitbekam und soviel sie mir auch verriet, hatte sie aus „bestimmten“ Gründen, so wie sie es nannte den Kontakt zu meinen Großeltern abgebrochen. Es hing wohl damit zusammen das sie stets gegen eine Beziehung meiner Eltern waren, aber das war legendlich eine Vermutung. Nach einer gefühlten Ewigkeit war sie dann endlich fertig mit ihren teils unmöglichen Fragen, auf die ich nun besser nicht einging und es herrschte wieder weitgehend Stille im Wagen. Doch dieses Mal waren alle, bis auf Frau Ogino äußerst froh darüber, denn dieser Frau beim Reden zuzuhören war mehr als anstrengend und forderte wirklich Nerven. Einmal angefangen zu Reden, prasselte sie wie ein Wasserfall mit den unterschiedlichsten Themen, welche sie alle paar Minuten wieder wechselte auf einen ein und hörte einfach nicht mehr auf. Gähnend ließ ich mich zurück in den Sitz fallen. Mein ganzer Körper schmerzte bis auf den kleinsten Muskel und das einzige was ich nun wollte war schlafen. Schlafen, das hörte sich wie Musik in den Ohren an. Einfach wundervoll. Kurz wanderte mein Blick aus dem Fenster, ehe ich diesen wieder auf den Boden gerichtet ruhen ließ. Die Sonne war bereits untergegangen und ohne die Scheinwerfer des Autos wäre es wohl stockdunkel, sodass man nicht einmal die eigene Hand vor Augen erkennen könnte. Beinahe wäre ich eingeschlafen, doch ein lauter Aufschrei ließ mich wieder hochschrecken.

„Sonntagsfahrer!“, vernahm ich die aufgebrachte und sogleich stinkwütende Stimme des Mannes.

„Was ist passiert?“, erkundigte ich erschrocken und sah mich dabei fragend, in der Hoffnung auf eine Antwort in der Gegend um.

„Wir haben wohl einen Wagen gestreift“, kam die ziemlich unbeeindruckte Feststellung seitens Shina.

„Wie aus dem Nichts ist dieser Idiot plötzlich mit seiner Schrottkarre vor mir aufgetaucht und hat einfach die Fahrbahn verlassen. Wenn ich jetzt einen Kratzer an meinen neuen Auto habe, dann knöpfe ich mir das nächste Mal diesen Möchtegern Fahrer höchstpersönlich vor!“, war nur das lautstarke Gefluche, des früher so stillen und schweigsamen Mannes zu vernehmen.

„Beruhig dich Schatz. Es ist doch nichts passiert und immerhin bist du auch nicht ganz unbeteiligt daran“, schaltete sich nun auch seine Ehefrau ein und versuchte ihn weitgehend zu beruhigen. Offensichtlich aber mit den falschen Worten.

„Beschuldigst du mich jetzt etwa. Es ist doch nicht meine Schuld dass dieser Idiot kein Auto lenken kann. Ich möchte gar nicht wissen woher der seinen Führerschein her hat. Eine Gefährdung für die Allgemeinheit sind solche Typen.“

Die Frau seufzte tief und überdrehte dabei genervt die Augen. „Mit dir Auto zu fahren ist wirklich ein Martyrium. Und es wird immer schlimmer.“

„Was soll das schon wieder heißen, immerhin bin ich hier der einzige vernünftige Autofahrer hier!“

„Ach wirklich!“

„Sicher!“

„Träum weiter!“

Verblüfft verfolgte ich den sagen wir ziemlich amüsanten Ehekrieg der beiden und konnte mir dabei ein Lachen nur schwer verkneifen. Shina ging es wohl ähnlich, denn sie brach plötzlich Hals über Kopf in lautes Gelächter aus, welches aber jäh unterbrochen wurde, als der Mann plötzlich das Bremspedal vollkommen durchtrat und das Steuer mit einem lauten Aufschrei so weit es nur ging herumriss. Ein lautes Quietschen ertönte, der Wagen drehte sich mit diesem schrecklichen Geräusch beinahe einmal um sich selbst, ehe es schließlich mitten auf der Straße zum Stehen kam.

„Bist du nun von allen guten Geistern verlassen!“, meldete sich nun Haruka aufgebracht zu Wort. Schwer schluckte der Mann und sah wie gebannt durch die Frontscheibe nach drau0en.

„Das ist unmöglich! Ich könnte schwören, dass da eben noch jemand war!“

Laut seufzte Frau Ogino und legte schließlich nach einem unübersehbaren und äußerst genervten Augenrollen ihren Mann mit einem sanften Lächeln ihre Hand auf die Schulter. „Das hast du dir sicher nur eingebildet Schatz, du weißt dass deine Augen nicht mehr die besten sind. Lass mich lieber fahren.“

Weit riss der alte Mann seine Augen bei den Worten der Frau auf. „Das kommt gar nicht in Frage! Ich lass niemand an mein Auto ran. Nicht einmal dich!“

Die Augen Harukas verengten sich augenblicklich zu schmalen Schlitzen und sie durchlöcherte ihren Mann förmlich mit ihren verärgerten Blicken. Also wenn Blicke töten könnten, wäre sie wohl das beste Beispiel dafür. Herr Ogino sackte sichtlich in sich zusammen, gab nach einem scheinbar endlosen Kampf schließlich klein bei und überreichte auch wenn wohl mehr gezwungen als freiwillig seiner äußerst dominanten Frau das Steuer über den Wagen. Die restliche Zeit verbrachte er schmollend und ohne ein weiteres Wort zu sagen in sich eingekehrt am Beifahrersitz. Und Shina und ich? Wir beide saßen sichtlich verwundert, leicht überfordert und durch die vielen Koffer eingequetscht auf der Rückbank nebeneinander und konnten über die ganze Situation nur leicht schmunzeln.

Währenddessen herrschte auf der restlichen Fahrt eisernes Schweigen im Wagen. Aber mir sollte es nur Recht sein. Ich war mehr als glücklich darüber endlich mal ein wenig Ruhe und Frieden zu haben, da mein Schlaf und auch meine Nerven die letzten Tage sehr gelitten hatten und von Shina auch nicht gerade sanft behandelt wurden, da sie noch ziemlich wütend, aus gewissen Gründen, auf die ich nun lieber nicht näher einging auf mich war. Es war zwar nicht gerade schlau sich mit Shina anzulegen, da sie es einem, trotz ihrer netten Fassade doppelt und dreifach ohne nur mit der Wimper zu zucken heimzahlte. Das hatte ich tragischer Weise schon selbst herausfinden müssen und so viel sei gesagt, es war nicht gerade lustig. Während ich mir im Kopf schon die schlimmsten Dinge ausmalte, bog der Wagen zu meinem Überraschen plötzlich in einem Wald ein, was mich nun langsam ein wenig stutzig machte und mich böses erahnen ließ. Mein Verdacht wurde auch nach kurzer Zeit bestätigt, als plötzlich ein hämisches Grinsen auf Shinas Lippen zu erkennen war. Sie hatte etwas geplant und das würde wohl nicht gerade meinen wundervollsten Träumen entsprechen. So viel war sicher.



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