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Sunrays

von

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Sunrays

Der Friedhof von Godric‘s Hollow war menschenleer und nur einzelne Sonnenstrahlen stahlen sich durch die dichten Wolken, die bis vor wenigen Tagen noch dicke Schneeflocken hatten fallen lassen.

Obwohl die Sonnenstrahlen, die auf die verwitterten Grabsteine fielen, warm waren, war der Wind noch eisig. An einigen Stellen lag noch ein kleiner Schneehaufen, der durch den immer wärmer werdenden Sonnenschein bald gänzlich verschwunden sein würde.

Die ersten Frühjahrsblüher hatte es schon aus dem frostigen Boden gelockt und kleine Schneeglöckchen trotzten dem stimmungsvollen Wetter.

Nach dem langen Winter war es wirklich an der Zeit, dass es wieder Frühling wurde. Immerhin wurde es morgens schon früher hell und abends später dunkel.

Umso mehr genossen die Menschen die Sonne und waren unterwegs. Doch hielten sie es nicht für nötig, sich um die Gräber ihrer Ahnen zu kümmern. Stattdessen saßen sie lieber in Cafés und tranken Tee. Vielleicht lag es auch daran, dass die Welt nach dem Krieg von Voldemort ruhiger geworden war und die Menschen solche unheimlichen Orte erst einmal meiden wollten.

Die Lichter der Grableuchten flackerten gefährlich bei dem starken Wind und drohten auszugehen. Ein Blumentopf fiel mit einem lauten Geräusch um. Der Tontopf lag in Scherben auf dem Boden und die Erde wurde vom Wind in alle Richtungen verteilt.

Die Bäume reckten ihre nackten Äste mit den ersten Frühjahresknospen in die Höhe als wollten sie sich an jedem einzelnen Sonnenstrahl festklammern und ihn in sich aufsaugen.

Nach dem dunklen und trüben Winter konnte Severus Snape es sehr gut verstehen, wie gut es sich für die Bäume anfühlen musste, dass ihre lebenswichtige Sonne wieder da war.

Seine Sonne gab es nicht mehr. Sie würde auch nie wieder kommen. Denn sie war tot. Es gab keine Zweifel. Der Todesfluch hatte sie getroffen und wenn Voldemort jemanden töten wollte, dann gab es Niemanden, der das überlebte.

Doch. Eine Person gab es, die es überlebt hatte. Der Sohn von ihr.

Anfangs hatte es nur ein leises Tuscheln darüber gegeben, ein leises Flüstern, flüchtig wie der Wind. Dann wurde es lauter und lauter und aus dem Flüstern und Tuscheln wurden Gerüchte. Aus den Gerüchten wurden Tatsachen und aus den Tatsachen Schlagzeilen des Tagespropheten.

Alle nannten ihn: Der Junge, der überlebte.

Schon jetzt war er eine Berühmtheit und Legende.

Nur seinetwegen sei Voldemort besiegt worden und tot. Aber er glaubte nicht daran, dass der dunkle Lord tot sei.

Er glaubte nicht daran, dass jemand so mächtiges und starkes einfach so starb. Sicherlich versteckte er sich nur irgendwo und wartete auf eine Gelegenheit zur Rache. Er musste sich nur stärken.

Snape schüttelte den Kopf. Daran wollte er jetzt gar nicht denken. Er hatte es gerade so geschafft zu entkommen und wollte in diesem Moment nicht an sein Dasein als Todesser denken. Er war hier, um an sie zu denken.

Snape stand an einem der verwitterten Gräber und hielt einen Strauß mit Lilien in der Hand.

Die Lilien waren die Blumen des Todes, ironischerweise auch ihr Name. Lily.

Sein schwarzes Haar wurde ihm vom Wind immer wieder ins Gesicht geweht und sein schwarzer Umhang wickelte sich um seine Füße.

Wie lange er dort schon stand, wusste er nicht. Aber lange genug, dass seine Finger schon taub waren vor Kälte, die Sonne ihre Bahnen gezogen und die Schatten sich verändert hatten.

Er konnte noch immer nicht glauben, dass sie tot war. Die Nachricht hatte ihm den Boden unter den Füßen weggerissen und er hatte sich selbst davon überzeugen müssen.

Das Haus hatte in Trümmern gelegen und in der Ferne hatte er laute Geräusche der Muggel gehört.

Warum? Warum hatte sie sterben müssen? Hatte er nicht alles versucht um sie zu beschützen? Hatte er sich nicht extra für sie auf die dunkle Seite geschlagen und sein Leben als Spion riskiert, nur damit sie und dieser Potter in Sicherheit waren?

Ein Seufzen entfuhr ihm.

Severus konnte sich noch gut daran erinnern, wie er sie das erste Mal gesehen hatte.

Es war im Frühjahr gewesen. Er war gerade zehn Jahre alt gewesen und es hatte nicht mehr lange gedauert bis der Brief von Hogwarts gekommen war.

Lily war mit ihrer Schwester Petunia auf einem Spielplatz gewesen. Er hatte ihre Schwester noch nie gemocht. Sie war ein garstiges Biest, schon als Kind war sie so gewesen. Es hatte ihn nicht gewundert, dass sie auch als erwachsene Muggelfrau so geworden war.

Snape hatte noch immer das Bild vor Augen, wie Lily sich auf der Schaukel hoch geschwungen hatte und dann lachend davon herunter gesprungen war. Sie hatte ihre Zauberkraft dazu benutzt leichtfüßig auf dem sandigen Boden zu laden. Natürlich hatte ihre Schwester gleich darauf los geschimpft. Aber woher sollte ein Muggel wissen, dass es für Kinder schwer war ihre Kräfte zu kontrollieren und sie erst in Hogwarts lernten damit umzugehen? Vielleicht war es auch nur Eifersucht. Genau konnte er es nicht sagen. Lily hatte ihm zwar von ihrer älteren Schwester erzählt, aber nur, dass sie oft schimpfte und garstig zu ihr war. Oft genug hatte sie ihre jüngere Schwester grundlos angefaucht und sich in ihr Zimmer verzogen.

Ihr hatte es immer leidgetan und Lily hätte Petunia gerne besser verstanden, doch sie hatte es nie zugelassen. Zu gerne hätte er ihr geholfen. Aber er hatte nie mehr tun können als ihr zuzuhören. Wie so oft in den Jahren. Auch als sie James Potter kennen gelernt hatte, hatte er ihr nur zuhören können, als sie anfing sich in ihn zu verlieben. Seinen eigenen Schmerz hatte er gut verbergen können. Lily hatte nie erfahren, was er wirklich für sie empfunden hatte und es noch immer tat.

Was war er doch nur für ein kindischer Narr gewesen zu glauben, er wäre mehr für sie als nur ein guter Freund!

Sie lebten in zwei verschiedenen Welten.

Er kam aus dem Spinner‘s End, einem heruntergekommenem Viertel, während sie aus der wohlhabenderen Gegend kam. Seine Familie war bekannt gewesen in der kleinen Stadt. Seine Mutter war eine Hexe und sein Vater war ein Muggel. Beide hatten sich während seiner Kindheit nur gestritten. Oft genug war sein Vater betrunken Heim gekommen und Schläge waren nicht selten gewesen.

Was war er froh gewesen, als seine Eltern sich endlich getrennt hatten.

Nie wieder hatte er mit anhören müssen, wie sein Vater seine Mutter als widerwärtige Hexe beschimpfte und ihr den Tod durch den Scheiterhaufen wünschte.

Inzwischen wusste er, dass keine echte Hexe oder Zauberer durch so etwas sterben konnte. Es gab Zauber, die das Feuer kalt werden ließen, so dass es nur noch kitzelte. Aber als kleiner unwissender Junge hatte er das nicht gewusst und Angst um seine Mutter gehabt, bei der Vorstellung sie könnte so sterben.

Zum Glück hatte sein Erzeuger in seinem restlichen Leben keine Rolle gespielt und durch die Arbeit in der Winkelgasse hatte seine Mutter gut für sie beide Sorgen können.

Er konnte sich noch gut daran erinnern, wie stolz sie gewesen war, als die Eule mit dem Brief eingetroffen war. Zusammen hatten er und Lily sich ihre Schulzeit ausgemalt, waren zusammen die Schulsachen einkaufen gegangen und er hatte ihr alles über Hogwarts erzählt, was er wusste. Sie hatten darüber erzählt, in welche Häuser sie eingeteilt werden würden.

Für ihn stand schon fest, dass er nach Slytherin kommen würde. Alle seine Vorfahren waren in diesem Haus, auch die Zauberer, die später auf der Seite von dem Dunklen Lord sein würden.

Lily hatte unbedingt mit ihm nach Slytherin kommen wollen. Sie hatte sich ein wenig gefürchtet keine Freunde zu finden und alleine zu sein. Die Vorstellung wenigstens einen im Haus zu kennen, schien sie zu beruhigen.

Damals hatte er ihrem Wunsch nur zustimmen können. Heute wüsste er, was er ihr stattdessen hätte sagen sollen. Er hätte ihr sagen sollen, dass sie keine Angst haben bräuchte und sie von den Schülern sicherlich freundlich aufgenommen werden würde und auch Freunde in ihrem Haus finden würde.

So war es schließlich auch gewesen.

Nachdem ihr Name aufgerufen worden war und sie nervös auf den Stuhl zuging, hatte der sprechende Hut nur wenige Momente gebraucht, um zu wissen, dass sie nach Gryffindor gehörte. Das Haus hatte sie freudestrahlend und unter jubelnden Applaus begrüßt.

Auch wenn sie in zwei verschiedenen Häusern waren, hatte es sie nicht davon abgehalten Zeit miteinander zu verbringen.

An den warmen Herbsttagen und Frühlingstagen hatten sie ihre Hausaufgaben im Hof gemacht. Sie hatten sich unter einen Baum gesetzt, die Sonne genossen und gemeinsam die Aufgaben gemacht. Oft genug hatten sie statt zu lernen auch nur erzählt und gelacht.

Lily hatte sich immer über James Potter und seine Freunde beschwert. Sie waren laut Rumtreiber gewesen. Immer hatten sie etwas ausgeheckt, hatten ständig Ärger bekommen. Besonders dieser Sirius Black und James Potter waren ein gefährliches Duo und unzertrennliche Freunde gewesen.

Auf ihn hatten sie es besonders abgesehen, hatten ihm Streiche gespielt und ihn „Schniefelus“ getauft. Ein Name, der ihn die ganze Schulzeit über verfolgt hatte und ihm einen weiteren Grund gab, Potter nicht zu mögen.

Nur wegen Lily hatte er so getan, als würde er anfangen Potter zu mögen während sie mit ihm ausging und ihn später auch heiratete. Das war die Zeit gewesen, wo er gewusst hatte, dass sie sich langsam von ihm abkapseln würde.

Snape seufzte.

Er wollte nicht daran denken, dass er Potter immer noch etwas schuldig war. Er schuldete diesem Rumtreiber sein Leben. Das nur, weil Sirius ihm gesagt hatte, wie er die peitschende Weide umgehen und Remus‘ Geheimnis erfahren konnte. Natürlich war ihm auch klar, dass seine jugendliche Neugierde mit daran Schuld war. Neugier bestrafte sich eben selbst.

Aber wäre James Potter nicht gewesen, hätte ihn Remus als Werwolf zerfleischt.

So war er ihm mehr als nur ein Dank schuldig. Leider hatte er diese Schuld nie zurück zahlen können.

Aber vielleicht könnte er es, indem er ein Auge auf ihren Sohn hatte.

Ihm wurde bewusst, dass er viele Fehler in seinem Leben begangen hatte. Viele, die er nie wieder gut machen konnte.

Am meisten bereute er jedoch seine Zeit als Todesser. In der Schulzeit hätte er auf Lily hören und sich davon abwenden sollen, anstatt wie besessen mit den anderen Slytherins darauf hin zu arbeiten, dass der dunkle Lord ihn in seinem Kreis aufnahm. Er hatte so viele getötet. Unschuldige, Mann, Frau, Kind, Zauberer, Hexen und Muggel. Dabei war Lily selbst ein von Kind von Muggeln gewesen. Er hätte sie töten müssen, doch er hatte es nie gekonnt. Dazu liebte er sie viel zu sehr. Aber seit er zum Todesser geworden war, hatte Lily sich gänzlich von ihm abgewandt.

Snape bereute es auch, dass er Lily einst Schlammblut genannt hatte. Den Streit zwischen ihnen würde er nie vergessen. Es hatte eine gefühlte Ewigkeit gedauert bis Lily ihm verziehen hatte, aber selbst danach war alles anders geworden. Sie war distanzierter geworden und vertraute ihm nicht mehr so wie früher. Sie verbrachte auch viel weniger Zeit mit ihm.

Es hatte seitdem immer zwischen ihnen gestanden.

Wenn er nun genauer drüber nach dachte, hatte Lily recht gehabt. Er hatte jeden Muggelgeborenen verabscheut, der Zauberer war. Nur Lily hatte er verschont, obwohl sie dazu zählte.

Ein törichter Widerspruch seiner Jugend. Heute wusste er es besser, viel besser. Könnte er die Zeit zurück drehen können, um es zu ändern, würde er es tun.

Vielleicht hätte er dann am Altar neben Lily gestanden und sie geheiratet, anstatt der Hochzeit nur heimlich aus einem Nebenraum zuzuschauen. Vielleicht hätte sie dann ein Mädchen statt einen Jungen bekommen und das Kind sähe ihr ähnlicher als diesem Potter.

Aber alles wäre und wenn half nichts. Was geschehen war, war geschehen.

Eine Träne lief ihm über die Wange.

Er hatte sogar Dumbledore angefleht sie zu retten, als er es nicht konnte. Aber selbst das hatte ihren Tod nicht verhindern können.

Wie Dumbledore ihm gesagte hatte, blieb ihm nichts weiter als ihren Sohn zu schützen, so wenig ihm die Vorstellung auch gefiel, dass der Junge James ähnelte. Aber er hatte immerhin Lilys Augen.

Der Schulleiter war sich sicher, dass Voldemort eines Tages wiederkehren würde. Er konnte es nicht leugnen, dass es keine Anzeichen gab, dass er endgültig verschwunden war. Immerhin hatte der dunkle Lord viele geheimnisvolle Experimente gemacht. Das wusste jeder Todesser. Sicherlich hatte es das ein oder andere Experiment gegeben, das ihm half seine Macht wiederzuerlangen. Die Frage war nur: Welches Experiment war es? Es war nur eine Frage der Zeit bis Dumbledore dahinter kam und der Lord zurückkehrte.

Mit der rechten Hand berührte er seinen linken Arm an der Stelle, wo das Mal war. Es würde ihn für immer als jemanden von Voldemorts Anhänger Brandmarken, auch wenn er schon längst nicht mehr für ihn arbeitete. Dieses Mal würde ihn immer an den riesengroßen Fehler erinnern, den er begangen hatte.

Er konnte nur dafür Sorgen alles zu tun, um zu verhindern, dass Voldemort wiederkehrte. Er musste Dumbledore helfen. Der Schulleiter brauchte seine Hilfe! Aber niemand durfte wissen, dass er für ihn arbeitete. Severus musste sein wahres Ich geheim halten! Dumbledore hatte ihm versprochen, dass er niemals das Beste an ihm offenbaren würde. Er vertraute ihm. Selbst Dumbledore musste bewusste sein, dass es für seine Aufgabe als Spion besser wäre, wenn er den kühlen und kaltherzigen Mann mimte und zu Niemandem freundlich war. Die Folgen waren nicht auszudenken. Sein Tod wäre sicher.

Seine Gedanken schweiften ab und Snape schüttelte den Kopf. Die langen strähnigen Haare fielen ihm in die tränenden Augen.

Snape wollte seine Gedanken jetzt nicht an Dumbledore, Todesser oder Voldemort verschwenden. Er stand an Lilys Grab und sollte an sie denken und seine gemeinsame Zeit mit ihr.

Es war nur eine Frage der Zeit bis die Dementoren ihn aufspüren würden. Die Chance sich verstecken zu können, war gering. Er wollte auch kein Feigling sein und fliehen. Snape wollte für seine Taten gerade stehen.

Wenn die Dementoren ihn gefunden haben würden, würde es innerhalb weniger Sekunden nur so von Auroren wimmelten, die ihre Zauberstäbe auf ihn richten würden. Mit einem Schockzauber würden Sie ihn lähmen und es gäbe keine Chance zu entkommen. Sie würden ihn direkt nach Askaban liefern bis er vor dem Zauberergamot seine Verhandlung erwarten würde. Sein Prozess würde schnell gehen und wenn sie gnädig waren, bekam er den Kuss der Dementoren anstatt für den Rest seines Lebens in einer Zelle zu verbringen.

Auf Dumbledores Hilfe wollte er sich nicht verlassen. Der Schulleiter hatte schon so viel für ihn getan. Snape konnte aber nicht leugnen, dass ein kleiner Teil von ihm darum betete, dass er ihm half nicht im Gefängnis zu laden.

Egal, wie es ausgehen würde, es würde keinen Unterschied machen, wo sie ihn gefangen nehmen würden. Er konnte also genauso gut hier stehen bleiben und seinen Erinnerungen nachgehen.

Es war das Einzige, was ihm geblieben war.

Lily war tot und sie hatte ihm viel bedeutet. Es gab sonst keine andere Person, die er so nahe an sich heran gelassen hatte.

Was konnte also schlimmer sein als ihr tot? Der Kuss eines Dementors? Gefangenschaft in Askaban? Wohl kaum.

Snape hatte jede freie Minute mit ihr genossen, die er mit ihr verbracht hatte. Es kam ihm vor wie ein kurzer Augenblick, obwohl es so viele Jahre waren. Die Zeit war viel zu kurz gewesen.

Er konnte sich noch genau erinnern, wie ihm bewusst geworden war, dass er Lily liebte.

Es war Winter gewesen in seinem fünften Schuljahr. Lily hatte sich grade bei ihm verabschiedet für die Weihnachtsferien.

Sie hatte ihm versprochen von zu Hause ein großes Päckchen zu schicken und ein paar Leckereien der Muggel. Sie hatten ihm sogar geschmeckt.

Lily hatte jedes Jahr an ihn gedacht, denn sie hatte genau gewusst, dass seine Mutter ihm nichts schicken würde.

Allein diese Herzlichkeit hatte er immer an ihr geliebt.

Als sie sich verabschiedet hatten, hatte es gerade angefangen zu schneien und kleine weiße Schneeflocken hatten sich in ihren roten Haaren verfangen.

Ihre strahlenden Augen dabei würde er nie vergessen. Ihre Begeisterung glich der eines kleinen Kindes.

Sobald der Zug aus dem Bahnhof abgefahren war, war ihm bewusst geworden, wie viel sie ihm bedeutete und wie sehr er die Weihnachtszeit mit ihr hatte verbringen wollen.

Severus hasste sich dafür, dass er ihr nie „Ich liebe dich“ gesagt hatte. Aber hatte er nicht genug Andeutungen gemacht? Hatte er nicht gedroht auf dem Schulflur vor dem Portrait der fetten Dame zu übernachten, als sie sich gestritten hatten und sie sauer auf ihn war? War das nicht Anzeichen genug dafür, dass sie ihm so viel bedeutete, dass er vor der Tür übernachtete, nur damit sie ihm verzieh? Er hatte immer wieder versucht ihre Hand zu halten und wenn sie sich berührten, hatte er seine Hand schnell fortgezogen. War ihr das nie aufgefallen?

Sie waren im sechsten Schuljahr zusammen auf dem Weihnachtsball gewesen und sie hatte ihn unter einem Mistelzweig kurz geküsst. Hatte es keinerlei Bedeutung für sie gehabt außer einer alten Weihnachtstradition zu folgen? War die Art und Weise wie er den Kuss erwidert hatte nicht klar genug gewesen?

Severus konnte sich noch gut an den Kuss erinnern. Sein Herz hatte mehrere Takte schneller geschlagen und die Luft war ihm für wenige Sekunden weg geblieben. Sein Körper hatte gezittert als er ihre Lippen auf seinen gespürt hatte. Es war sein erster Kuss gewesen. Erst war er vor Schreck und Überraschung wie gelähmt gewesen, dann hatte er angefangen den Kuss vorsichtig zu erwidern. Lily hatte es zugelassen und es hatte große Hoffnungen in ihm geweckt.

Ein weiterer Seufzer entfuhr ihm und er legte die Lilien auf den Grabstein. Er wischte sich die Tränen aus den Augen.

Es war nun an der Zeit zu gehen.

Die Dementoren und Auroren sollten ihn nicht an diesem Grab vorfinden.

Mit schnellen Schritten verließ er den Friedhof. Noch ehe er in die Seitenstraße gehen und unbemerkt apparieren konnte, spürte er die Kälte in der Luft. In seinem Körper machte sich Hoffnungslosigkeit breit und er hatte das Gefühl sämtliches Glück sei verschwunden.

Es war soweit. Sie hatten ihn gefunden.

Snape griff nicht nach seinem Zauberstab. Es würde ihm eh nichts nützen. Der Dementor war keine zehn Meter von ihm entfernt. Kaum hatte er diesen entdeckt, war ein Knall nach dem anderen zu hören. Mehrere Auroren waren appariert und richteten die Zauberstäbe auf ihn. Ein Patronus schützte sie vor dem Dementor.

Er konnte Dumbledore entdecken, der ein wenig abseits von den Auroren stand. Sein ruhiger Blick ruhte durch die halbmondförmige Brille auf ihn.

Langsam schloss er resigniert die Augen und wartete darauf, gefesselt und abgeführt zu werden.

„Severus Snape, Sie sind verhaftet im Namen des Zaubereiministeriums!“, rief einer der Auroren ihm zu. „Sie werden jetzt nach Askaban gebracht bis zum Tag ihrer Verhandlung! Jeglicher Versuch zu entkommen ist zwecklos! Sie sind von uns umzingelt!“

Snape hob abwehrend die Hände als Zeichen, dass er sich ergeben würde.

Nur wenige Sekunden später konnte er die magischen Fesseln um seinen Körper spüren, die ihn daran hinderten nach seinem Zauberstab zu greifen oder zu apparieren.

„Severus, haben Sie keine Angst. Ich werde Ihnen helfen und Ihnen beistehen“, sagte Dumbledore als er an ihm vorbei geführt wurde.

Es stimmte auch. Der Schulleiter wich den ganzen Weg nach Askaban nicht von seiner Seite während sein Lebenswille längst von den Dementoren geschwächt worden war. Er war nun Gefangener einer undurchdringlichen Kälte.

Seine Zukunft in den Händen des Zauberergamots.

Sie verließen Godric‘s Hollow. Snape warf einen Blick zurück auf den leeren Friedhof und das Grab, an dem er gestanden hatte. Innerlich verabschiedete er sich von ihr. Immerhin war ungewiss, ob er diesen Ort je wieder betreten würde.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Newt
2013-06-20T20:01:14+00:00 20.06.2013 22:01
Liebe Frigg,

zunächst einmal möchte ich dir nochmal vielmals dafür danken, dass du mir so eine schöne Wichtelgeschichte gesponnen und dir so viel Mühe gegeben hast - nicht nur beim Schreiben, sondern auch durch die Auftraggebung eines passenden Covers (das übrigens atemberaubend ist!!) und die vielen Fragen, die du mir gestellt hast. Ich war vielleicht nicht das einfachste Wichtelkind, aber ich finde, du hättest es besser kaum machen können.

Kannst du in meinen Kopf gucken? Ich liebe Retrospektiven. Vorallem melancholische Retrospektiven, auch wenn ich kein Fan von allzu traurigen Geschichten bin, hast du doch die Mischung aus bittersüßen Erinnerungen und harter Realität wundervoll getroffen und mich damit berührt.

Snape ist ein sehr tragischer Charakter, wie ich finde, und die ganzen Ereignisse noch einmal von Anfang an aus seiner Perspektive zu lesen, seine Gedanken und Gefühle zu erfahren, hat mir wirklich viel Freude bereitet. Es ist eine Geschichte, wie ich sie gerne in den Büchern eingeschoben gelesen hätte, vielen Dank also, dass du diese Lücke für mich gefüllt hast!

Dein glückliches Wichtelkind
Antwort von:  Frigg
21.06.2013 16:42
Vielen Dankf ür deinen Kommi. Es freut mich, dass dir die Geschichte gefallen hat. Es ist meine erste HP FF und zudem auch noch meine erste Wichtelaktion gewesen. dEshalba uch die vielen Fragen. Aber in deinen Kopf habe ich nciht gucken können ;)
Ich mag Snape als Charakter auch und fand, dass die Geschichte von ihm und Lily viel zu wenig beleuchtet wurde in den Büchern. Deshalb hab ich schön damals eine grobe Idee zu einer FF gehabt, aber nie aufgeschrieben.^^


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