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Messing with Movies

100 Filmzitate-Projekt
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„Eine rote Sonne geht auf, heute Nacht ist Blut geflossen.“ (Harry Potter)

2. „Eine rote Sonne geht auf, heute Nacht ist Blut geflossen.“ (Der Herr der Ringe – Die zwei Türme)
 

Fandom: Harry Potter
 

Severus Snape wandte den Ländereien von Hogwarts den Rücken zu und blickte auf den blutigen Sonnenaufgang, der sich zwischen den tiefrot getränkten Wolken hervorkämpfte und die ersten Strahlen über die schottischen Hügel warf. Doch so sehr er es auch wollte, er konnte sich der Erkenntnis nicht entziehen – die Hektik auf den sonst im Morgengrauen so stillen Wiesen, der Wind, der den Geruch von Feuer und Tod herantrug, die Schreie, die noch immer in seinem Rücken gellten... sie alle brüllten hinaus, dass das Schloss nicht mehr das war, das er vor nicht einmal zwölf Stunden in Hast verlassen hatte. Die Schlacht war über Hogwarts hinweggefegt, und Severus Snape wusste, dass sie ihre Spuren hinterlassen hatte, nicht nur an dem alten Gemäuer, das er trotz all der Demütigungen, die er in seinen Hallen erlitten hatte, noch immer liebte, sondern auch an seinen Bewohnern.
 

Seine Hand wanderte wie aus eigenem Antrieb hinauf zu seinem Hals, rieb die Narbe, die nicht einmal die stärkste Heilmagie, die er kannte, hatte verhindern können, und er erlaubte sich die unwillkürliche Regung für einen Moment, bevor seine Disziplin wieder die Kontrolle übernahm und er seine Finger in seiner Umhangtasche zur Faust ballte. Noch vor zwölf Stunden hätte eine solch kleine, unbedachte Geste ihn das Leben kosten können – jetzt wusste er, dass seine Tarnung am Ende ohnehin umsonst gewesen war. Nicht sein Fehler hatte ihn umgebracht, sondern Dumbledores geschickt eingefädelter Plan, der am Ende doch falsch gelaufen war... oder nicht? Severus wusste es nicht, doch im Moment schaffte die Ungewissheit es nicht, wie sonst immer, seine innere Ruhe zu stören und seine Gedanken zu zerstreuen. Er war hier. Er war frei. Er war gestorben, zumindest für den Rest der Zaubererwelt, und zum vielleicht ersten Mal in seinem Leben musste er nicht mehr tun, was andere von ihm verlangten, sondern konnte sich dem zuwenden, was er wollte.
 

Er hob langsam seine Hand, um seine dunklen Augen vor der zunehmenden Helligkeit des Morgens abzuschirmen, während die Vögel und Tiere des Verbotenen Waldes, unbeeindruckt von dem menschlichen Leid im Schloss ganz in der Nähe, ihren Tag begannen. Wenn er versuchte, den strengen Geruch des Rauches der zahllosen Feuer, die die Todesser entfacht hatten, und zu denen er eines hinzugefügt hatte, indem er die Heulende Hütte in Brand steckte, zu ignorieren, dann konnte er sich einreden, dass dies ein ganz normaler Morgen war. Einer, an dem er zumindest für ein paar Minuten nach der Ruhe suchte, die die Natur oft versprach, aber nur selten lieferte, bevor er wieder in seinem Büro Platz nahm und sich daran machte, die nie endende Schlacht gegen seine ehemaligen Kollegen und Freunde weiterzukämpfen.
 

Merkwürdig... wo er sich früher nach diesen seltenen Momenten gesehnt hatte, die er in der Abgeschiedenheit dieses kahlen Hügels, der aus dem Verbotenen Wald hervorragte, verbringen konnte, schaffte es der Gedanke an die Normalität dieses Anblicks heute nicht, ihn einzulullen. Vielleicht, weil dies der erste Tag war, an dem die Zukunft, der er entgegensah, sich nicht mehr dunkel und formlos bis zu seinem sicheren Tod entgegenstreckte, dessen Zeitpunkt nur unbestimmt war. Vielleicht, weil die Möglichkeiten und die Freiheit, über die er nun verfügte, besser war als Minuten des gestohlenen Friedens zwischen Sträuchern und Gräsern, von denen er sich nie sicher war, ob er sie verdiente... ob er nicht in seinem Büro bleiben sollte, weil auch Sekunden der inneren Ruhe mehr waren, als einem Mann wie ihm zustand.
 

Am Ende war es seine Pflicht gewesen, die ihn morgens nach draußen trieb, das Wissen, dass er nicht funktionieren konnte ohne wenigstens ein paar Minuten, in denen sein erschöpfter Geist Ruhe finden und die zunehmende Verzweiflung in seinem Inneren, wenn schon nicht vergessen, dann doch zumindest verdrängen konnte. Er musste klar und wach sein, wenn er die Schüler vor den Carrow-Geschwistern beschützen sollte, so wenig ihm dieser Dienst von ihnen auch gedankt wurde, und Severus Snape hatte sich noch nie vor seiner Pflicht gedrückt – oder zumindest wollte er sich das einreden, wenn er, in den schwärzesten Stunden der Nacht, darum kämpfte, die Scherben seines Selbstbildes zu einer Maske zusammenzusetzen, die er den Feinden um sich herum zeigen konnte.
 

Bevor die Erinnerung zu viel Macht über ihn gewinnen konnte, ließen das Rauschen von Flügeln und ein leiser, melodischer Ton ihn aufblicken, trieben den Schmerz in seinem Inneren zurück, brachten ihn dazu, seine wütend entblößten Fangzähne wieder zu bedecken und sich winselnd in die dunklen Ecken seines Geistes zurückzuziehen. „Fawkes.“
 

Der Phönix hörte seinen Namen und nahm auf seiner Schulter Platz, schmiegte den warmen Kopf mit den schwarzen Knopfaugen an seine Wange. Severus grinste, und seine Miene enthielt sogar einen Funken an echtem Amüsement, wie er fast überrascht feststellte. Er war sich der Ironie wohl bewusst, dass er jetzt einen Vogel besaß, der Gryffindors Farben auf jeder seiner Federn trug, und überlegte nur noch, ob es Dumbledores Plan gewesen war, Fawkes zu ihm zu schicken, oder ob der Vogel von selbst zu ihm gekommen war. Ausgerechnet in dem Moment, in dem es nicht mehr von Bedeutung war, ob der Phönix seine Tarnung als Spion zum Bersten brachte. Seine Tränen waren es, die ihn von der Schwelle des Todes zurückgeholt hatten, als selbst Potter, der unverbesserliche Idealist, die Hoffnung auf sein Überleben aufgegeben hatte, und Severus war dankbar dafür.
 

Für seine geschundene Seele konnte Fawkes allerdings nichts tun, aber das war auch nicht seine Aufgabe – darum musste Severus sich selbst kümmern, so gut er das eben vermochte, und er unterdrückte ein Seufzen, das sich viel zu sentimental für seinen Geschmack angehört hätte. Schließlich wandte er sich um, die blutrote Sonne im Rücken, und blickte hinunter auf die Ländereien, richtete endlich seinen Blick auf die Zerstörungen, die die Riesen, Todesser und ungezählten anderen, schwarzmagischen Kreaturen angerichtet hatten. Eigentlich sollte er dort unten sein, eigentlich drängte ihn sein Gewissen dazu, den Schaden, den er als Schulleiter trotz seiner besten Absichten angerichtet hatte, wieder gut zu machen, aber der Gedanke an die Gräueltaten, die während seiner Amtszeit passiert waren, hielt ihn genauso ab wie das warme, weiche Gewicht auf seiner Schulter.
 

Vielleicht hatte er sich geirrt – vielleicht hatte Fawkes' Magie doch mehr geheilt als seine körperlichen Wunden, oder es war einfach nur seine Gegenwart und sein hoffnungsspendender Gesang, die die düstere Schwärze aus seinem Inneren vertrieben hatten, zumindest für den Moment. Wenn Potter alles richtig gemacht hatte – und Severus hatte jeden Grund dazu, das anzunehmen, wenn Grangers Präsenz in der Heulenden Hütte irgendein Anzeichen war – dann war der Dunkle Lord endgültig besiegt. Severus hatte damit seine Schuldigkeit getan, seine Nützlichkeit als Spion verloren, und zuvor, als die Dunkelheit der Vergangenheit ihn noch umfasst hielt, hatte er sich fast danach gesehnt, für seine Verbrechen bestraft zu werden.
 

Auch wenn Dumbledore sich kindischen Illusionen hingab, Severus hatte immer gewusst, dass er kein guter Mann war, kein leuchtendes Vorbild an Tugendhaftigkeit mit reinem Herzen. Dass er den Todessern beigetreten war, aus freien Stücken und mit der Gier nach Macht, die nur dunkle Magie geben konnte, im Herzen, war der beste Beweis dafür, auch wenn Dumbledore ihn gerne ignoriert hatte, außer, wenn er zu seinen Plänen gepasst hatte. Dieses Vergessen wäre gnädig gewesen, doch das war genau der Grund, wieso Severus sich davon abgehalten hatte, die Lüge, die Dumbledore ihm auf dem Silbertablett auftischte, zu akzeptieren und in sein Selbstbild einzubauen. Als Spion konnte er es sich nicht leisten, sich Illusionen über sich hinzugeben, und im Grunde seines Herzens wusste er, dass Dumbledores Gewäsch von einer Jugendsünde und einem verblendeten Jungen genau das war – Gewäsch.
 

Natürlich, er war jung gewesen, als er sich dem Dunklen Lord anschloss, aber das bedeutete nicht, dass er nicht genau gewusst hatte, was er tat und worauf er sich einließ. Die Erzählungen seiner älteren Freunde hatten ihm genug verraten, und auch wenn Lucius sich bemüht hatte, Details von ihm fernzuhalten, so war er doch schon immer in der Lage gewesen, zwischen den Zeilen zu lesen – selbst zwischen denen eines Slytherins.
 

Und er hatte es genossen... bis zu dem Punkt, an dem er Lily unwissentlich an seinen Herrn verraten hatte und der Dunkle Lord sie töten wollte. Doch selbst dann hatte es da noch diesen kleinen Teil seiner Seele gegeben, gut verschlossen in den hintersten Winkeln seines Geistes und bewacht von Okklumentikwällen, der entzückt die Fangzähne bleckte, wenn er wieder einmal ein Opfer vor dem Zauberstab hatte...
 

Er schüttelte den Kopf. Nein, er konnte es sich nicht leisten, sich der Illusion hinzugeben, dass er ein guter Mann war, denn diese Selbsttäuschung hätte all die guten Menschen um ihn herum in noch größere Gefahr gebracht als die, in der sie ohnehin schon schwebten, eben weil sie die moralische Integrität und das Rückgrat hatten, um sich dem Dunklen Lord entgegenzustellen. Dann wäre das eingetreten, was Moody bis zu seinem Tod befürchtet hatte – zu Recht. Dann wäre er kein Aktivposten mehr für den Orden gewesen, sondern eine Belastung, ein Risiko, und er wäre wieder gefangen gewesen in dieser dunklen, verlogenen Todesserwelt, die er hasste und genoss zugleich, und gegen die zu kämpfen er nur die Kraft aufbrachte, weil er sich an eine lange verstorbene Gryffindor mit grünen Augen und einem guten Herzen erinnerte.
 

Fawkes trällerte erneut, und Severus hob langsam die Hand, um seinen warmen Kopf mit den weichen Federn zu streicheln, die Berührung nicht nur eine Beruhigung seines neuen Gefährten, der keine Anstalten machte, ihn nun, da er ihn geheilt hatte, wieder zu verlassen, sondern auch für ihn selbst. Zum ersten Mal seit Jahren musste er nicht kämpfen, weder gegen sich selbst noch gegen andere, sondern konnte... sein, ohne sein Leben durch die Verpflichtung, die ihm seine vergangenen Taten und gegenwärtigen Loyalitäten aufbürdeten, in einen einzigen, ganz bestimmten Kurs gedrängt zu sehen, der stetig auf den Abgrund zuführte.
 

Der Gedanke war befreiend, aber auch furchteinflößend, und Severus hasste dieses Gefühl, die Art, in dem sich sein Inneres wand und verknotete, während die Angst in ihm aufstieg. Dass er im Grunde einen Ausweg aus diesem Dilemma hatte, dieser Ausweg nur wenige Meter entfernt am Fuße des Hügels auf den Ländereien lag, machte es nur schlimmer. Wenn er dort hinunterging, sich den Auroren oder dem Orden des Phönix stellte, dann würden sie wieder über sein Leben bestimmen, ihm diese gleichzeitig gefürchtete und ersehnte Freiheit wieder wegnehmen, und er könnte wieder der kleine Mitläufer werden, der er in den letzten zwanzig, vielleicht sogar mehr Jahren seines Lebens gewesen war.

Für einen Moment stieg die Versuchung in ihm auf, und seine Füße hatten sich schon in Bewegung gesetzt, als er inne hielt und sie wieder in die Tiefen seines Geistes zurückdrängte, gemeinsam mit der Angst und der Furcht und der Abscheu für sich selbst, mit denen er so lange gekämpft hatte. Nein... er würde nicht so schnell aufgeben, was ihm so unverhofft in den Schoß gefallen war, obwohl die vielen Toten an seinem Gewissen nagten, obwohl der Wunsch nach zumindest dem Versuch einer Versöhnung mit seinen Kollegen an ihm zerrte, obwohl er Dumbledore die letzte Ehre erweisen wollte... Fawkes' Gegenwart war der beste Beweis dafür, dass zumindest der ehemalige Schulleiter ihm vergeben hatte, und für den Rest... für den Rest wäre auch Zeit, wenn er eine Möglichkeit gefunden hatte, mit sich selbst und seinem Leben zurechtzukommen.
 

Der Phönix trällerte eine Note, die Severus als Zustimmung interpretierte – oder vielleicht auch nur interpretieren wollte – und lächelte seinem neuen Gefährten zu. „Dann wollen wir mal.“
 

Severus Snape hob seine Hand, um den Phönix auf seiner Schulter festzuhalten, und disapparierte.



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