Zum Inhalt der Seite

Merlin

Das Schicksal von Camelot
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Begegnung mit der Vergangenheit

 

Kapitel 28 - Begegnung mit der Vergangenheit

 

 

 

Die Sonne warf ihre Strahlen auf das Königreich und weckte die Bewohner von Camelot, welche noch nicht auf den Beinen waren. Langsam begann das geschäftige Treiben im Schloss und der Stadt. Die ersten Händler öffneten ihre Stände, der Bäcker verkaufte sein erstes Brot und Diener und Mägde wanderten durch die Straßen, die ersten Arbeiten für ihre Herren zu erledigen. Je mehr Zeit verstrich, desto belebter wurde das Treiben. Ein schönes und harmonisches Bild für jeden, der es sah.

 

Wie so oft stand Arthur an den Zinnen seines Schlosses, sah in die Unterstadt hinunter und ließ seine Gedanken schweifen.

Ein Jahr.

Ein Jahr war die Schlacht von Camlann und der damit verbundene Tod von Merlin schon her.

Es war ein turbulentes und anstrengendes Jahr.

Das Königspaar erholte sich nur langsam und schwerfällig von dem Tod ihres besten Freundes. Arthur tat sich schwerer damit als seine Frau, obwohl auch sie den Schwarzhaarigen unendlich vermisste. Natürlich, aber Arthur plagten noch immer Schuldgefühle. So viel hatte er in der Vergangenheit falsch gemacht, wofür er sich nun nicht mehr entschuldigen konnte oder er hatte so viele Taten seitens Merlin übersehen, ohne sich erkenntlich zeigen zu können.

Doch Gwen sagte ihm immer wieder, dass er Merlins größten Wunsch erfüllt hatte.

Es war hart gewesen.

All die Anstrengung, die Tränen, der Schmerz…

All das hatte sich in Arthurs Augen ausgezahlt.

Die Magie hatte in Camelot endlich wieder Einzig gefunden.

Vereinzelt betraten Zauberer bereits das Königreich, um sich selbst davon zu überzeugen, dass sie nun nicht mehr verachtet wurden. Die Menschen in Camelot akzeptierten ihre Anwesenheit und hießen sie willkommen.

Kein Ablehnung, keine Abneigung, kein Hass. Von keiner Seite. Vorsicht natürlich, doch das war verständlich. Nach nur einem Jahr konnten die tiefen Wunden und die Verachtung gegeneinander nicht verschwinden. Doch sie alle veränderten sich Stück für Stück und ließen diese Veränderungen zu.

Auch andere Reiche hatten diese Entscheidung mit wohlwollen aufgenommen. War Magie in vielen Reichen nicht geächtet, konnten sie die Entscheidung Arthurs natürlich nur bejahen.

Es war, als wäre das alles ein Traum.

Und das war es auch.

Ein wahr gewordener Traum

Der Traum eines großen Zauberers.

 

Das geschäftige Treiben auf den Straßen amüsierte Arthur und machte ihn stolz. Es war ein Zeichen dafür, dass seine Entscheidung richtig war. Genau das hatte Camelot gefehlt. Menschen, die anders waren und doch wieder nicht und damit eine große Hilfe. Viele Sachen waren so viel einfacher mit Zauberei zu bewältigen. Sie war ein Segen. Das wusste Arthur aus erster Hand. Und nun sah er es endlich ganz deutlich vor sich.

So muss es auch gewesen sein, bevor die Magie von seinem Vater verboten wurde. Vor der großen Säuberung.

Ein wenig bedauerte Arthur, dass sein Vater diese Tage, den Beginn dieser goldenen Zeit, nicht mehr miterleben konnte. Doch wusste Arthur auch, dass Uther seine Entscheidung nie unterstützt, geschweige denn akzeptiert hätte.

Im Grunde war es gut, so wie es war.

Nur eine Sache bedauerte der König zutiefst. Eine Tatsache, die sich jedoch nicht mehr ändern ließ. Dafür fehlte die eine Person, der sie all das zu verdanken hatten…

 

Arthur seufzte und stieß sich von der Mauer ab. Eine Besprechung mit seinen Rittern stand bevor, wodurch Arthur an diesem Tag nur wenig Zeit für sich hatte. Allerdings wollte er heute noch ein wenig trainieren. Deshalb hatte er seine Rüstung an und sein Schwert dabei. Doch er nahm sich ebenfalls fest vor, jemand besonderen später noch einen Besuch abzustatten.

Als Arthur durch die Tür schritt, erwartete ihn bereits Gwen. Sie wollte ebenfalls bei der Besprechung dabei sein. Arthur gab ihr einen Kuss auf die Lippen, welchen sie gerne erwiderte. Als sie sich lösten nahm Arthur Gwen an die Hand und zog sie mit sich. Gemeinsam schritt das Königspaar durch die Gänge ihres Schlosses. Sie ließen sich Zeit. Gwen freute sich immer über die gemeinsame Zeit mit ihrem Mann. War sie durch ihre beiden Pflichten manchmal mehr als kurz bemessen. Vor allem, nachdem er einige Zeit in solch einem tiefen Loch war. Der Tod von Merlin hatte sie beide stark getroffen, doch ihn ganz besonders. Vorsichtig schielte sie zu Arthur, um ihn zu betrachtete.

Der König von Camelot hatte sich äußerlich nicht verändert. Er war noch immer ein stattlicher, junger Mann mit strahlend blonden Haaren, blauen Augen und mit den besten Schwertkünsten im ganzen Reich.

Innerlich und auch einiger seiner Einstellungen hatte sich jedoch grundlegend verändert. Über manche dieser Änderungen war ganz Camelot hoch erfreut. Waren die magischen Künste, welche Einzug halten konnte, für viele eine Erleichterung.

Der Verlust von Merlin hatte allerdings ebenso seine Spuren bei dem jungen König hinterlassen. Arthur war öfters ziemlich nachdenklich, manchmal ging sein Blick in weite Ferne und er nahm seine Umgebung kaum noch wahr.

Das war auch Arthur mehr als bewusst.

Doch er konnte es nicht ändern.

Arthur war ein guter König, ein noch besserer als vor einem Jahr oder zu Beginn seiner Herrschaft. Er kümmerte sich um sein Volk und sein Reich. Er hieß die Zauberei willkommen und die Menschen liebten ihn. Aber Arthur selbst war nicht glücklich. Jedenfalls nicht richtig. Vielleicht würde er das auch nie wieder werden.

Der König hatte die Schlacht mit Morgana damals zwar gewonnen und Camelot wurde gerettet... und doch war es für Arthur selbst eine Niederlage. Damals hatte Arthur verloren. Vor fast einem Jahr.

Arthur kam es so vor, als wäre es gestern gewesen. Als hätte er erst gestern Merlins gewaltige Macht gesehen. Gesehen, wie ein einzelner Mann den Ausgang einer gesamten Schlacht verändern konnte.

Es kam Arthur so vor, als wäre es erst gestern gewesen… als er Merlin dem See übergeben hatte.

Arthur schluckte. Seine Gedanken schweiften ab.

Gaius hatte ihnen im Laufe der Zeit alles von Merlin erzählt, was er wusste. Es war eine Menge, doch wie der Hofarzt ihnen versicherte, sicher noch nicht mal alles.

Arthur, Gwen und auch ihre vier Freunde wussten nun mit Sicherheit, was sie Merlin zu verdanken hatten. Und so wurde noch etwas anderes deutlich.

Magie war nicht böse.

Wenn jemand wie Merlin sie einsetzen konnte, dann konnte die Magie selbst nicht Schlecht sein.

Der Schwarzhaarige hatte ihn so viel gelehrt und war immer für ihn da. Deshalb hatte der König die Gesetze, was die Anwendung von Magie betraf, auch in Merlins Sinne geändert.

Es war noch immer verboten, Magie für dunkle Zwecke zu benutzen. Dafür war die höchste Strafe der Tod. Aber Magie war im Reich wieder erlaubt.

Arthur hatte hart für dieses Gesetz gekämpft und sich auch nicht von seinem Entschluss abbringen lassen. Er sah es als seine Pflicht an. Sein Gefühl und seine Ehre sagten ihm, dass er es Merlin schuldig war. Doch nicht nur das. Wenn Arthur ehrlich war, dann musste er zugeben, dass er viel an den jungen Zauberer dachte. Er fragte sich oft, was Merlin gesagt hätte. Wie hätte er gehandelt? Wie wäre seine Meinung? Selbst im Tod erschien es Arthur, als würde Merlin ihm zur Seite stehen.

Arthur musste sich jedoch eingestehen, dass ihm die helfende Hand und die Ratschläge seitens Merlin unglaublich fehlten. Er schien zwar keine falschen Entscheidungen zu treffen, doch die Absprachen oder der Rat, welchen Arthur sich oft bei seinem besten Freund geholt hatte, würden sein Leben noch viel einfacher machen. Doch das war leider vorbei.

Es blieb dem König von Camelot nichts anderes übrig, seine Entscheidungen alleine zu treffen. Mit Gwen an seiner Seite natürlich oder der Unterstützung seiner Freunde.

Arthur wünschte sich nur… er hätte es früher erkannt. Dann wäre Merlin vielleicht noch da. Und sie würden einander helfen.

Nun musste er versuchen, sein Leben zu leben und sein Reich zu führen, wie es für ihn am besten schien.

Gwen drückte leicht seine Hand und holte ihn aus seinen Gedanken. Er sah sie verwirrt an, worauf sie nur ein leichtes Lächeln zeigte. Sie wusste natürlich, woran, oder besser an wen er dachte. Deshalb sagte sie nichts. Sie wusste auch so, dass Worte ihrem Mann nicht helfen würden. Das würde nur die Zeit. Jedenfalls hoffte sie das.

Arthur begann ebenfalls zu lächeln und erwiderte den sanften Druck an seiner Hand. Er hatte lange nicht mehr Lächeln können. Es war auch noch nicht wirklich glücklich, doch es war ein Anfang. Voller Liebe betrachtete er seine Gemahlin. Mit solch einer wunderbaren Frau und solch treuen Freunden wusste Arthur, dass Camelot aufblühen und strahlen würde.

So wie Merlin es wollte und wofür er gekämpft hatte.

 

Das das Schicksal andere Pläne mit Arthur hatte, ahnte der König noch nicht.

 

 

 

 

 

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

 

 

 

 

Die Türen wurden mit großer Wucht aufgestoßen und Sir Leon kam völlig außer Atem in den Thronsaal gestürmt.

Die Besprechung, welche Arthur gerade mit seinen Ritter führte, stoppte augenblicklich. Alle Blicke waren auf den Obersten Ritter gerichtet.

„Sir Leon? Was ist geschehen?“

Arthur hatte verwirrt die Stirn gerunzelt.

Die Zeiten und Umgebung waren friedlich. Jedenfalls friedlicher als die Jahre zuvor. Es herrschte Frieden mit den anderen Ländern und Königreichen. Die Magie war erlaubt und ließ Camelot wieder aufblühen, wie noch nie. Selbst die jetzige Besprechung handelte lediglich von den jeweiligen Patrouillen und ob es irgendwelche besonderen Vorkommnisse gab. Arthur hatte keine Probleme oder Ähnliches erwartet. Vor einigen Monaten waren noch verstreute Truppen von Sachsen verhaftet worden. Nichts ließ darauf schließen, dass es irgendeine Bedrohung gab.

Der Gesichtsausdruck von Sir Leon schien allerdings genau das zu prophezeien.

Arthur konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, was gerade Leon so aus der Fassung brachte.

„Auf dem - Schlosshof - da - da ist ein - !“

Sogar der sonst so besonnene Ritter schien völlig neben sich zu stehen.

Arthur erhob sich. Seine Frau legte ihm sorgenvoll eine Hand auf den Arm.

Leon holte tief Luft und sagte das, was Arthur völlig aus der Bahn war. Die restlichen Anwesenden zogen scharf die Luft ein.

„Ein Drache!“

 

 

 

Arthur rannte so schnell es ging zum Schlossplatz. Nie in seinem Leben war er jemals schneller gelaufen, da war sich der König sicher.

Wie zuvor auch schon Leon stieß Arthur die Türen zum Schlosshof auf und betrachtete die seltsame Szenerie vor seinen Augen. Sein Atem ging keuchend.

Auf dem Platz tummelten sich Ritter. Sie hatten ihre Schwerter nicht gezogen, doch sie waren angespannt. Anscheinend wussten sie nicht, wie sie mit dieser Situation umgehen sollten. Sie warteten auf ihren König, damit er ihnen Befehle geben konnte. Mägde, Diener und andere Schaulustige schienen sich bereits in Sicherheit gebracht zu haben, obwohl Arthur keine Gefahr ausmachen konnte.

Und inmitten der Traube Ritter entdeckte Arthur einen Drachen. Einen weißen Drachen.

Er war wunderschön. So groß wie ein Pferd und dabei saß er auf dem Boden und hatte die Flügel eingeklappt. Ansonsten wäre der Drache wahrscheinlich so groß wie mehrere Pferde nebeneinander. Zwei gerade Hörner wuchsen an seinem Hinterkopf hervor und zwei weitere Kleine schienen sich bereits darunter zu bilden. Starke Vorder- und Hinterbeine mit langen Krallen konnte Arthur erkennen. Ein langer, prachtvoller Schweif legte sich um die Beine des Wesens. Der gesamte Körper war von strahlend weißen Schuppen bedeckt. Blaue Augen besahen sich voller Ruhe die Umgebung.

Die Ritter hatten ihre Hände bereits auf ihre Schwerter gelegt und warteten auf einen Angriff seitens des Drachen. Doch dieser saß vollkommen ruhig mitten auf dem Platz. Die Augen fixierten den herannahenden König von Camelot. Mit schnellen Schritten überbrückte Arthur die letzten Meter, welche ihn noch von dem Drachen trennte. Die Ritter schienen unruhig zu werden. Mit einer Handbewegung teilte er ihnen mit, dass sie sich zurückziehen konnten. Nur widerwillig gingen sie einige Schritte zurück. Arthur wusste selbst nicht wieso, aber sein Gefühl sagte ihm, dass seine Ritter und auch er nichts zu befürchten hatten.

Langsam näherte er sich immer weiter dem Drachen. Kurz vor dem Wesen blieb der Blonde stehen. Seine Augen und die des Drachen bohrten sich ineinander. Und wenn er es nicht besser wüsste, dann hätte Arthur schwören können, dass sich ein leichtes Lächeln auf die Züge des Drachen legte und selbst seine Augen strahlten.

Plötzlich bewegte sich der Drache. Er stand auf und die Männer zuckten zurück, einige zogen bereits ihre Schwerter, doch Arthur hielt sie zurück.

Wenn dieser Drache ihnen etwas hätte antun wollen, dann hätte er es bereits getan. Und mit dieser Entscheidung hatte Arthur Recht, denn das magische Wesen tat nichts anderes, als seine Vorderbeine einzuknicken und sich vor dem König zu verneigen. Seine Schnauze berührte beinahe den Boden.

„Ich grüße Euch, Arthur Pendragon“, schall die klare Stimme des Wesens über den Platz und ließ Arthur erstarren. Die Stimme war weiblich. Es war eine Drachin. Eine weiße Drachin.

Ein Schauer erfasste Arthur, als er verstand.

Es war…

„Aithusa…“ flüsterte Arthur leise. Diese Erkenntnis war völlig überwältigen. Dieser Drache hatte nichts mehr mit der Kreatur gemeinsam, welche einst Morgana gedient hatte. Keine Verkrüppelungen waren mehr zu sehen, die Schuppen nicht ergraut. Es war kaum vorstellbar, dass es sich wirklich um ein und dasselbe Wesen handeln sollte.

Die Angesprochene hob ihren Kopf und betrachtete den König von Camelot mit einem leichten Lächeln. Ein Funkeln war in ihren Augen zu sehen. Also hatte sich Arthur zuvor doch nicht getäuscht.

„Es freut und ehrt mich gleichermaßen, dass Ihr meinen Namen in Erinnerung behalten habt, Mylord. Auch wenn meine Taten es sicherlich ebenfalls sind, wie ich zu meinem Bedauern vermute.“

Leichte Trauer schwang in ihrer Stimme mit. Ihr Blick senkte sich demütig, bevor sie sich wieder an Arthur wandte.

„Wäre es möglich, dass ich Euch sprechen kann? Unter vier Augen?“

Arthur war von dieser Bitte überrascht. Damit hatte er nicht gerechnet. Aber er verstand. Sie würden Dinge besprechen, die sie beide aufwühlen würden, da war sich der König sicher. Und dabei brauchten sie keine Zuschauer.

„Der obere Balkon“, sagte Arthur und zeigte auf den Balkon nahe dem Thronsaal.

„Wartet dort auf mich. Ich werde zu Euch kommen.“

Aithusa nickte, breitete ihre weiten Schwingen aus, machte sich bereit zum Sprung und flog mit leichten Flügelschlägen zu dem Platz, den ihr Arthur zeigte.

Kurz sah der König dem Drachen nach, holte tief Luft, bevor er seine Schultern strafte und sich ebenfalls auf den Weg machte. Es würde schwierig werden, sich allem noch einmal zu stellen, doch er musste es tun. Das spürte er.

„Mylord!“, hielt Sir Leon ihn zurück. Arthur blieb stehen, vermied es aber, sich zu dem Ritter umzudrehen. „Was gibt es, Sir Leon?“

„Wollt Ihr Euch dem Drachen wirklich alleine stellen?“, fragte er besorgt. Er hatte schon einmal gegen einen Drachen gekämpft und wusste, wie mächtig diese Wesen waren. Auch wenn dieser Drache bei weitem nicht ausgewachsen zu sein schien.

Eine Stimme sagte ihm, dass von dem Drachen… Aithusa, wie Arthur ihn genannt hatte, keine Gefahr ausging. Doch er war ein Ritter. Seine Aufgabe war es, den König zu schützen.

 

Ein kurzer Schauer rann Arthur über den Rücken.

„Ich werde nicht gegen den Drachen kämpfen“, sagte er bestimmt. Er glaubte nicht eine Sekunde, dass es auf einen Kampf hinauslaufen würde.

Jedenfalls kein körperlicher Kampf.

„Dafür ist er… ist sie nicht hier. Sie will reden. Also reden wir.“

Arthur verschwendete keine Sekunde mehr und ließ seine Ritter einfach so stehen und begab sich auf den Weg, sich den Fragen und Worten des magischen Wesens zu stellen.

 

 

 

„Nun? Was führt Euch hierher?“, wollte Arthur mit belegter Stimme wissen, obwohl er die Antwort darauf bereits tief in sich kannte. Arthur versuchte, sich nichts anmerken zu lassen, doch in Wahrheit wühlte ihn das Erscheinen des weißen Drachen mehr auf, als er je gedacht hätte.

Vielleicht, weil er in der Annahme war, dass es noch Jahre dauern würde, bis dieses Ereignis eintreffen würde und es deswegen so weit wie möglich von sich geschoben hatte. Ein Teil von ihm hatte auf dieses Treffen gehofft.

Ein anderer Teil… wollte es einfach verdrängen.

 

„Aithusa wird das letzte Überbleibsel sein, welches Merlin in dieser Welt ließ. Für Euch. Für Camelot. Und für Albion.“

 

Unwillkürlich drängten sich die Worte des großen Drachen in sein Bewusstsein. Was Kilgharrah damals erklärt hatte.

Merlin ließ die weiße Drachin Aithusa sterben, nur um ihr zur Wiedergeburt zu helfen und ihr Band, welches sie an Morgana kettete, zu zerstören. Damit sie frei war. Und damit sie sich an jemand Neues binden konnte. Jemanden, der ihre Treue verdiente und es wert war, dass sich ein Drache an ihn band. An Arthur. Und an Camelot.

 

Gequält schloss Arthur die Augen. Es schmerzte den König, an seinen besten Freund zu denken. Derjenige, welcher so viel für ihn tat. Und dem er nie auch nur eine Gegenleistung entgegenbringen konnte. Der noch nie eine verlangt hatte. Selbst in diesem Kampf, welcher seinen Tod bedeuten würde, hatte Merlin noch etwas für andere getan.

Merlin hatte erwartet, dass er sterben würde. Er wusste, dass er die Schlacht vermutlich nicht überleben würde. Und so kam es dann letztendlich auch. Und doch hatte er sowohl für die Aithusa und auch für Arthur und sein Königreich nur das Beste im Sinn gehabt und ihnen Möglichkeiten eröffnet, die unglaublich schienen.

Arthur ballte die Fäuste. Sein Kiefer mahlte.

Es war so verdammt unfair!

Dieser schwarzhaarige Trottel sollte nun in Camelot sein und sich selber ansehen, was durch ihn alles erreicht wurde.

Das Königreich blühte auf, wurde schöner und strahlender als selbst Arthur es sich je hätte erträumen können.

Doch derjenige, welcher dafür gekämpft hatte… welcher all seine Macht zur Erschaffung dieser goldenen Zeit eingesetzt hatte… war fort.

Die Wunden, welche der Tod Merlins in sein Herz geschlagen hatten und noch lange nicht verheilt waren, rissen wieder auf und ließen es bluten.

Es war nicht fair!

 

Verständnisvoll blickten die blauen Augen der Drachendame zu dem König hinüber, welcher seine Augen zusammenkniff und seine Fäuste ballte. Sie konnte sich genau vorstellen, was in dem sonst so starken und stolzen König vor sich ging. Und sie bedauerte es zutiefst.

„Ihr vermisst ihn, hab ich Recht?“, fragte Aithusa. Natürlich kannte sie die Antwort bereits. So wie der König aussah, vermisste er Merlin nicht nur. Es schien, als wäre auch ein Teil des Königs von Camelot gestorben. Als würde ein Teil von Arthur Pendragon fehlen. Die zweite Seite der Medaille…

 

„Ob ich diesen Idioten vermisse? Hahaha!“

Ein lautes Lachen drang aus der Kehle des Königs, eine Hand wanderte in seine Haare, die Augen vor Lachen zusammengepresst.

Empört richtete sich Aithusa auf. Sie konnte die Reaktion ihres Gegenübers nicht begreifen. Ein Fauchen steckte ihr bereits in der Kehle, doch urplötzlich änderte sich die Situation. Denn die Drachendame betrachtete den König nun ganz genau -

und ein eiskalter Schauer des Schreckens rann ihren Rücken herunter.

Das lachende Gesicht von Arthur hatte sich gewandelt. Es war kein richtiges Lachen mehr, war es nie gewesen. Sondern eines, welches seiner Verzweiflung und seiner Trauer Ausdruck verlieh. Sein ganzes Gesicht verzog sich zu einer leidenden Grimasse.

Die Augen waren fest zusammengekniffen und doch konnte Aithusa Tränen in ihnen schimmern sehen, als Arthur seine Augen wieder öffnete und zu Boden blickte.

Die Hand in seinem Haar verkrampfte sich.

Alles an Arthur schien seine Trauer um diesen Verlust geradezu herausschreien zu wollen.

„Wie könnte… ich ihn nicht vermissen…?“, flüsterte Arthur leise, seine Stimme war leise und klang gebrochen.

„Er hat so viel für mich getan… er hat uns alle gerettet. Camelot, das Volk,… mich…“

Verzweifelt presste Arthur seine Augen wieder zusammen, eine Träne rann über seine Wange.

Bilder schossen vor seinem geistigen Auge vorbei. Bilder von ihren gemeinsamen Abenteuern, bei denen Merlin sich mehr als einmal in Gefahr brachte, wie sie in seinen Gemächern waren und herumalberten, wie Arthur mit ihm über Dinge sprechen konnte und mit sonst niemandem.

Bilder von der letzten Schlacht.

Merlin, der gegen den Roch kämpfte.

Merlin, der den Drachen rief.

Merlin, der die feindlichen Soldaten und Morgana tötete.

Merlin,… der den für Arthur bestimmten tödlichen Schwertstoß mit einem Zauber abfing und ihn sich selbst auflastete … und mit seinem Leben dafür bezahlte.

„Ich vermisse ihn so sehr… ich kann kaum Worte dafür finden. Nur die Göttin alleine weiß… welche Lücke… Merlin… in meinem Leben hinterlassen hat…“

 

Ein Jahr!

Ein verdammtes Jahr war es nun schon her, dass Merlin gestorben war und doch wurde es nicht die Spur leichter für Arthur. Es gab Zeiten, da konnte er diesen Schmerz unterdrücken, sich seinem Volk und dem Rat als guter König präsentieren, doch die meiste Zeit schmerzte sein Herz und seine Seele und schienen bitterlich zu weinen. Besonders jetzt, wo der erste Jahrestag von Merlins Tod nahte. Und das schmerzte mehr, als Arthur beschreiben konnte.

Er vermisste Merlin. Ihre Kabbeleien, ihre Streitereien, ihre Gespräche, einfach alles, was sie zu so besonderen Freunden gemacht hatte. Sie waren nicht König und Diener. Sie waren zwei Freunde. Merlin war sein bester Freund.

Gott, und egal wo Arthur hinkam, irgendetwas verband er immer mit Merlin. Er war sein ständiger Begleiter, egal wo und wann. Und überall hatte Merlin seine Spuren hinterlassen und überall sah Arthur ihn. Der Schwarzhaarige war stets präsent in seinem Leben, wieso sollte sich das im Tod ändern?

Wie könnte sich diese Lücke jemals schließen? Arthur wusste es nicht und er würde von niemandem eine Antwort darauf erhalten können.

 

Weitere Tränen rannen aus seinen Augen, welche er nicht stoppen konnte, obwohl er sich mit seiner Hand darüber fuhr. Sein von Tränen verschleierter Blick fiel auf seine Gegenüber. Ein leises Schluchzen verließ seine Kehle, welches er rasch unterdrücken wollte. Der König schämte sich für seinen Ausbruch.

Arthur blickte direkt in die Augen von Aithusa. Diese blauen Augen, welche denen von Merlin so ähnlich waren, wie er gerade feststellte, und ihn voller Ruhe und Verständnis anblickten. Vielleicht waren diese ihm so ähnlichen Augen der Grund dafür, dass Arthur offen über seine Gefühle reden und sogar Tränen vergießen konnte. Vielleicht vertraute er ihr deswegen so sehr, dass er alleine mit ihr sprechen konnte. War ihm das doch sonst nur in der Gegenwart von seiner Frau oder seinem besten Freund möglich.

Umso qualvoller jedoch war dieser Gedanke.

Dieser Drache lebte und sollte ihm dienen, wie der große Drache es ausgedrückt hatte. Ihm dienen, zur Seite stehen und mit diesen blauen Augen ansehen. Anstelle von Merlin…

Der weiße Drache lebte… und Merlin… musste sterben…

 

„Glaubt Ihr an Wunder, Arthur Pendragon?“

 

Unerwartet kam diese Frage und ebenso verwirrt schauten die vor Tränen schimmernden Augen des Königs zu der Drachendame, die ihn mitleidig ansah. Und doch konnte er ein Funkeln in den blauen Augen ausmachen, dass er sich nicht erklären konnte. Ein freudiges und auch irgendwie erwartungsvolles Funkeln…

 

„Wie meint Ihr das?“, wollte Arthur wissen. Aithusa lächelte leicht.

„Alles auf dieser Welt hat seinen Grund und auch seinen Platz. Man kann nichts trennen, was zusammen gehört. Wenn Ihr also an Wunder und Freundschaft glaubt, dann reitet zum See von Avalon. Und wer weiß? Vielleicht werdet Ihr dort Eure Chance bekommen. Die Chance, alles wieder gut zu machen und der König zu werden, den Merlin immer in Euch sah.“

Langsam tapste die Drachendame zum Rand der Mauer. Sie hatte alles gesagt, was sie sagen wollte und musste. Nun lag es in der Hand des Königs.

Arthur war wie erstarrt, er wusste nicht, was er von den Worten dieses magischen Wesens halten sollte.

„Was meint Ihr damit?“, fragte er verwirrt, doch die Drachin schüttelte nur ihren Kopf, als sie zurücksah.

„Versucht es, Arthur Pendragon. Ihr alleine habt das Recht auf die zweite Seite Eurer Medaille.“

Nun war Arthur nur noch verwirrter. Es war fast wie damals, als er die letzten Worte mit dem großen Drachen wechselte.

Sprachen alle Drachen so sehr in Rätseln?

„Der See von Avalon. Dort werde ich Euch erwarten.“

Arthur erschauderte, bevor er erstarrte.

Diese Worte!

Es waren dieselben Worte, welche der große Drache damals benutzte, bevor er den verletzten Merlin mitnahm.

Drachen! Der See von Avalon! Merlin!

„Merlin…“, hauchte der König und doch hörte die Drachendame dieses Wort. Leicht lächelte sie. Freudig und doch geheimnisvoll.

„Findet Euren Weg, Arthur Pendragon. Und mögen sich unsere Wege nochmals kreuzen. Ich wünsche Euch alles Glück dieser Welt, sodass Ihr das erlangt, was Ihr verdient!“

Mit diesen Worten knickte Aithusa mit ihren Vorderbeinen ein, nur um sich Sekunden später mit kräftigen Flügelschlägen hoch in die Luft zu befördern. Immer höher und höher stieg die Drachendame.

„Wartet!“, rief Arthur ihr noch hinterher, doch ihre Antwort war nur ein Satz.

„Ich werde dort auf Euch warten!“

Aithusa verschwand und ließ einen verwirrten und doch hoffnungsvollen König Arthur zurück.

 



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (3)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Stefnato
2017-10-22T13:32:27+00:00 22.10.2017 15:32
Das ist die beste Geschichte die ich je gelesen habe. Ich bitte dich von ganzem Herzen, schreib WEITER

Von:  dreimals
2017-10-15T15:26:39+00:00 15.10.2017 17:26
Wäre jetzt wirklich schade wenn merlin nicht zurückkehren darf noch weis ja kaum einer wer Merlin ist. Ich kanns kaum erwarten weiter zu lesen. Bis jetzt eine der besten Merlin Geschichten die ich je gelesen habe.
Antwort von:  Hino_Kuraiko
16.10.2017 20:17
Da stimm ich dir zu ^^, das ist bisher die beste Geschichte, die mir untergekommen ist!
Von:  ultraFlowerbeard
2017-04-20T11:22:31+00:00 20.04.2017 13:22
Na wenn jetzt ned Merlin zurück kommt dann bin ich echt enttäuscht. Die hätten es so verdient
LG Flower


Zurück