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Merlin

Das Schicksal von Camelot
von

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Abschied nehmen

 

Kapitel 25 - Abschied nehmen

 

 

 

Vollkommen erschöpft kam Kilgharrah am See von Avalon an.

Dafür, dass der See nicht mehr fern schien, hatte Kilgharrah eine gefühlte Ewigkeit gebraucht, um ihn zu erreichen.

Doch wozu sollte er sich noch beeilen? Merlin war tot, es gab nichts mehr, was Kilgharrah noch tun konnte…

Außer einer Sache.

Der Drache wollte wenigstens den letzten Wunsch seines Bruders erfüllen, wenn er ihm schon nicht das Leben retten konnte, so wie er seines damals verschont hatte.

Der Grund, warum Kilgharrah Merlin doch noch zum See gebracht hatte.

 

Er konnte die Insel in der Mitte nur schlecht sehen, selbst als magisches Wesen. Vielleicht war er dafür wirklich bereits zu alt. Dicke Nebenschwaden zogen über den See, selbst die bereits am Himmel stehende Sonne konnte diesen Nebel nicht durchdringen. Irgendwo bei diesem See war das Tor zu Avalon.... die Heimat der Sidhe und auch die Heimat von außergewöhnlichen Menschen, welche gestorben waren. Sein trauriger Blick wanderte zu Merlin.

Wenn es jemand verdient hatte, nach Avalon zu kommen, dann war es Merlin. Er war in der Tat ein außergewöhnlicher Mensch gewesen.

Kilgharrah schaute wieder über den See. Niemand der lebte hatte Avalon je gesehen, aber es gab unzählige Geschichten über diesen Ort und Legenden rankten sich darum. Er sollte wunderschön und friedlich sein, vollkommen frei von Dunkelheit und Bosheit. Nur wer eine Erlaubnis hatte, durfte Avalon betreten. Doch Kilgharrah war sich sicher, dass die Herrin vom See Merlin herzlich willkommen hieß.

 

Die Herrin vom See…

Freya…

Das war ein anderer Grund, warum der Drache seinen Bruder gerade hier bestatten wollte.

Es war Merlins geheimster Wunsch, den er doch nicht vor ihm verbergen konnte.

Er wollte wieder zu ihr. Zu der Frau, welche er mehr als alles andere auf dieser Welt liebte und je geliebt hätte.

Merlin wollte zu Freya.

Damals, nachdem der Schwarzhaarige das Druidenmädchen aus diesem Käfig befreit hatte und sich unsterblich in sie verliebte, war es, als wäre Merlin neu geboren. Kilgharrah spürte die Freude und die Liebe, welche in dem jungen Zauberer heranwuchsen, selbst tief unten in seinem Verließ. Und solch eine mächtige Liebe hatte der Drache, welcher bereits so viele Jahre auf dieser Welt verbrachte, noch nie spüren dürfen. Und obwohl er es nicht gerne zugab, als Merlin seine Liebe verlor und selbst zu Grabe tragen musste, da spürte auch Kilgharrah die tiefe Trauer und die Verzweiflung Merlins und es machte den sonst so mächtigen Drachen ebenso traurig. Umso mehr versuchte er für den Schwarzhaarigen da zu sein, besonders, nachdem dieser die Macht eines Drachenmeisters von seinem Vater übernommen hatte und sein Leben verschont hatte.

Eine Geste, die nach all den Taten Kilgharrahs nicht viele Drachenmeister als richtig angesehen hätten.

Merlin verdiente es, glücklich zu werden. Und wenn es sein Wunsch war, dann würde Kilgharrah ihm diesen Wunsch, seinen nunmehr letzten Wunsch gewähren und ihn wieder mit seiner geliebten Freya vereinen.

 

 

So legte der Große Drache Merlin in das Boot, welches immer dort am See lag, um Menschen zur Mitte des Sees zu befördern. Nur dieses Mal hatte es eine weitaus größere und wichtigere Aufgabe.

Kilgharrah blickte traurig hinunter zu seinem Meister und Bruder, erinnerte sich an all die Zeit, welche sie miteinander verbracht hatten, die Abendteuer, welche sie durch ihre Zusammenarbeit bewältigt hatten… und mit einem Seufzen wurde Kilgharrah klar, wie wenig Zeit es doch im Grunde eigentlich war.

Die wenigen Jahre, die er Merlin nun schon kannte und die er endlich frei war…

Die Zeit mit Merlin hatte bereits ihr Ende gefunden… und sein Ende war bereits auch sehr nah…

Kilgharrah atmete tief durch und versuchte ein letztes Mal Kraft zu schöpfen. Denn wenn er wieder fliegen wollen würde, dann würde er jede Kraft brauchen, die er bekommen konnte.

Doch nun musste er erst einmal warten…

Darauf warten, dass er die Botschaft übermitteln musste, dass eine Hälfte der Medaille fort war…

 

 

 

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

 

 

 

In Camelot war die Sonne längst weiter am Himmel und doch war es noch recht früh, als sich die ersten Diener und Mägde bereits durch das Schloss bewegten. Für Arthur und die Ritter allerdings kein Grund, sich nicht schon auf den Weg zu machen.

 

Jeder von ihnen kleidete sich an, zog sich die Rüstung über und begab sich in den Hof, wo die Diener bereits die Pferde vorbereitet und den Proviant zusammengepackt hatten.

Eine Tatsache, welche Arthur die Stirn runzeln ließ. Er hatte seine Ritter gestern Abend sehr spät zu sich rufen lassen. Zu spät, als das diese noch einen Diener hätten Proviant zusammenpacken hätten lassen können. Und die Pferde sind auch schon fertig gezäumt. Arthur konnte sich nicht vorstellen, dass seine Ritter bereits so früh unterwegs waren, um alles zu organisieren.

 

Mit einem fragenden Ausdruck in den Augen drehte sich Arthur zu seinen Männern um, welche in einer Reihe standen. Sie hatten ihn genau beobachtet, wie er die Situation begutachtete.

„Nun?“, fragte der König und sie alle wussten, worauf er eine Antwort haben wollte. Dafür kannten sie sich alle bereits zu gut.

 

Mit einem verschmitzten Lächeln trat Gwaine vor.

„Nun“, begann er zögerlich „Wir haben bereits gestern Nachmittag die Anweisungen gegeben, alles für einen Ausritt fertig zu machen.“

Natürlich war ihm bewusst, dass Arthur sie dafür natürlich nachträglich noch bestrafen konnte, denn die Anweisungen, alles vorzubereiten gaben sie, als der König seine Entscheidung noch nicht gefällt hatte. So gesehen könnten sie also auch gegen ihren König gehandelt haben.

Doch genau genommen haben die Ritter ihrem König so einiges an Arbeit abgenommen.

Elyan trat an Gwaines Seite, um ihm zu helfen.

„Wir wussten einfach, dass du nichts anderes sagen würdest“, sagte er, ebenfalls mit einem Grinsen im Gesicht.

Arthur zog die Augenbrauen hoch.

„Ach ja?“ Seine Stimme klang nicht gerade überzeugt.

Die beiden Ritter schluckten leicht.

Nun trat Sir Leon vor. Der Älteste der Vier wusste am Besten mit dem König umzugehen, hatte er doch die die längste Zeit an dessen Seite verbracht.

„Arthur“, begann er langsam und ruhig zu sprechen, doch nicht das überraschte Arthur und die Anderen, sondern die Tatsache, dass Leon ihn bei seinem Namen genannt hatte.

Nicht bei seinem Titel, nicht Sire oder ähnliches.

Einfach seinen Namen.

Arthur.

 

„Auch, wenn es Euch selber vielleicht noch nicht wirklich bewusst ist.

Ihr braucht Merlin. Als Euren Freund, Euren Vertrauten und… Euren Beschützer.

Und nicht nur Ihr. Wir alle brauchen Merlin. Er hat so viel für uns getan. Für jeden Einzelnen von uns. Mehr, als uns wahrscheinlich allen bewusst ist.“ Leon streckte die Arme zur Seite aus, um auf die Ritter und die Menschen zu zeigen. Sie alle standen in Merlins Schuld. Ohne Frage. 

„Ihr wollt mit ihm reden und das rechne ich Euch hoch an. Doch wir wissen, dass es für Euch als König und Merlins engster Vertrauter und Freund alles andere als einfach sein dürfte, die Tatsache zu akzeptieren, dass Merlin… ein Zauberer ist.“

Kurz machte Sir Leon eine Pause, in der die Ritter ihre Muskeln strafften und Arthur tief Luft holte.

Keiner von ihnen hatte es bisher ausgesprochen, sie hatten es alle in ihren Gedanken wiederholt und es anerkannt, doch keiner hatte mit einem anderen über diese Tatsache gesprochen.

Das Sir Leon es nun ausgesprochen hatte… schien sie alle nur noch entschlossener zu machen, Merlin wieder zu sehen. Mit ihm selbst darüber zu reden.

„Wir sind bereit, die Strafe für unser `Vergehen´ zu erhalten. Doch Ihr könnt uns nicht davon abhalten, Merlin wieder nach Hause zu holen. Denn hier gehört er her. Ganz gleich, ob er ein Zauberer ist. Als einziges zählt, dass er unser Freund ist.“
 

Stille herrschte nach den Worten des ältesten Ritters, der in Arthurs Diensten stand. Jeder der Anwesenden war von den Worten von Sir Leon überrascht, sprach er doch selten so offen.

Gwaine trat neben seinen Freund und legte ihm eine Hand auf die Schulter, ein breites Grinsen auf den Lippen.

Elyan gesellte sich zu den beiden und legte eine Hand locker auf sein Schwert. Er war ein Ritter Camelots, er war Arthur und seiner Schwester treu ergeben, doch er hätte es nicht akzeptiert, Merlin im Stich zu lassen.

Percival trat ebenfalls vor. Er nickte nur, doch das waren für den hünenhaften Ritter mehr Worte, als er sagen konnte. Er war noch nie ein Mann großer oder vieler Worte gewesen, doch er vertrat seine Meinung, wenn es sein musste. Und die Menschen, welche ihm etwas bedeuteten, verstanden ihn auch so.

Und er war der gleichen Meinung wie seine drei Freunde.

Merlin gehörte nach Camelot.

Merlin gehörte zu Arthur.

 

Arthurs Gesicht zeigte seine Überraschung, als er den Worten von seinen Rittern lauschte und er sah, wie sie alle gemeinsam vor ihm standen. Wie eine unüberwindbare Mauer von starken und loyalen Kriegern.

Und wieder einmal war der König überrascht, wie sehr Merlin es geschafft hatte, sie alle zu verändern. Nicht nur Arthur selbst.

Früher hätte gerade Sir Leon als einer der obersten Ritter niemals gegen den Willen des Königs gehandelt, egal, ob es Recht oder Unrecht war.

Und nun schien er bereit zu sein, seinen König in gewisser weise zu hintergehen, um Merlin zu retten und wieder nach Hause zu holen. Schließlich wären sie auch ohne Arthur los geritten, um zum See zu gelangen.

Und dafür bewunderte Arthur seine Ritter. Das sie soweit für einen Menschen… für Merlin gehen würden.

Würde er doch ebenso weit gehen.

Warum also eine Tat bestrafen, die er nicht anders angehen würde?

 

Stolz wuchs in Arthurs Brust, gemischt mit einer gewissen Wärme.

In diesem Moment wurde Arthur deutlicher als jemals zuvor, was sich seit seiner Zeit als Prinz, bevor Merlin nach Camelot kam, geändert hatte.

Es gab Höhen und Tiefen, gute und schlechte Zeiten, doch egal, wie dunkel eine Bedrohung aussah, sie konnte gestoppt werden.

Durch den starken Zusammenhalt der Ritter von Camelot.

Doch nicht nur Schlachten konnten sie für sich entscheiden, auch Situationen im alltäglichen Leben wurden von ihnen bewältigt.

Gemeinsam.

Dafür hatte Merlin gesorgt.

Denn dank ihm versammelte Arthur keine aufgeblasenen Schnösel, welcher er selbst einst  einer war, um sich herum, so wie damals.

Nein.

Er sammelte Menschen um sich herum, welche ihn achteten und ihn respektierten für das, was er tat und die er ebenso respektierte und schätzte.

Sie alle wussten, sie würden gegenseitig ihr Leben geben, um das anderer zu retten.

Und das war es, was sie veränderte.

Sie waren nicht nur König Arthur und seine Ritter.

Sie waren Freunde.

Arthur wusste, dass diese Menschen zu seinem Leben dazugehörten und er sie nicht missen wollte.

Und tief in sich wusste Arthur, dass auch Merlin dazu gehörte.

Tief atmete der König ein.

 

 

Gwen trat an ihren Mann heran und berührte ihn sanft am Arm.

Sie lächelte. Auch wenn ihre Augen noch leicht rot vom Weinen waren.

Sie war so glücklich, als Arthur ihr am Abend zuvor mitgeteilt hatte, dass er Merlin nach Hause holen würde. Er wollte mit ihm reden. Er musste mit ihm reden.

Allerdings schienen noch gewisse Zweifel in dem jungen König zu herrschen.

Die Worte von Sir Leon hatten Arthur erreicht, dass spürte sie. Und es erfreute sie ungemein.

Gwen vertraute auf ihren Mann. Und sie vertraute auf die Freundschaft zwischen Arthur und Merlin. Wenn er dem Schwarzhaarigen nicht wenigstens eine Chance geben würde, sich zu erklären, dann würde er nicht zum See reiten. Doch es war schwierig für ihn, dass wusste die Königin.

Das wussten sie alle.

So lange hatte er gegen die Magie gekämpft, sie verachtete, ihr versucht eine Chance zu geben. Arthur war in einem Zwiespalt.

Das sich ausgerechnet Merlin als ein Zauberer entpuppt hatte…

Gwen schüttelte den Kopf. Es war müßig, darüber nachzudenken.

Sie würde mit ihm reden, wenn er zurück war und ihm sagen, dass er noch immer ihr bester Freund war. Daran hatte die Erhebung in den Stand einer Königin nichts geändert und das würde auch sein Dasein als Zauberer nicht.

Sie vertraute Merlin noch immer genauso sehr wie zuvor.

 

Gwen strich Arthur über den Arm, als sie ihren Mann näher betrachtete.

Arthur sah erschöpft aus, müde. Er hatte nicht viel geschlafen, weder die letzte Nacht, noch die Nächte vor der Schlacht.

Es war kaum zu glauben, dass die Schlacht erst einen Tag her war. Noch nicht einmal. Und das sie wirklich gewonnen hatten.

Dank Merlin.

Ein weiterer Grund, ihn zurückzuholen.

Doch Arthur sah wirklich erschöpft aus und sowohl sie als auch der König selbst wussten, dass er sich ausruhen sollte. Bei all den Gedanken, Vorwürfen und Fragen, welche in seinem Kopf umherschwirrten, wäre das allerdings mehr als schwer und Arthur wäre nicht er selbst, wenn er nicht Taten sprechen lassen würde und sich sofort auf den Weg zu Merlin gemacht hätte.

Außerdem… der Drache… Kilgharrah… er hatte gesagt, dass er am See von Avalon warten würde. Doch er hatte nicht gesagt, wie lange er warten würde.

Sie vermutete, dass er so lange dort bleiben würde, bis es Merlin besser ging. Schließlich sagte er, dass es dort Wesen gab, die ihm helfen konnten.

Was, wenn Merlin gehen wollen würde, sobald es ihm besser ging? Sie könnte es ihm nicht verdenken.

Aber das durfte nicht passieren. Ein Grund mehr für die Ritter, sich zu beeilen.

 

Arthur schien ebenfalls daran zu denken, denn er nahm die Hand seiner Frau und drückte sie kurz, bevor er sich zu ihr herunter beugte und sie küsste.

Es war der erste Kuss nach dieser schrecklichen Schlacht und Gwen genoss ihn, obwohl etwas fehlte. Ruhe und Geborgenheit fehlten in diesem Kuss, doch es war nur verständlich, so aufgewühlt, wie sie beide waren.

Doch es änderte nichts an ihren Gefühlen füreinander, welche auch in dem Kuss zu spüren waren.

Als Arthur und Gwen sich voneinander trennten, sahen sie sich noch einmal in die Augen, bevor Arthur nickte.

„Wir reiten los“, sagte er. „Pass gut auf dich und Camelot auf.“

Auch Gwen nickte. Sie spürte die aufkommenden Tränen.

„Das werde ich. Wenn du Merlin mitbringst.“

Kurz schloss Arthur die Augen und atmete tief ein, bevor er nickte. Er wollte nichts sagen, denn dann wäre es ein Versprechen gewesen.

Und Arthur wusste nicht, wie ein Zusammentreffen zwischen Merlin und ihm aussehen würde.

Doch er hoffte das Beste.

 

 

Die Ritter saßen bereits auf ihren Pferden, als auch Arthur sich auf seinen Hengst schwang. Bevor sie los ritten, zog Arthur etwas aus einem Beutel, welcher an seinem Gürtel hing. Kurz betrachtete er die kleine Figur aus Holz, dieses wertvolle Geschenk, welches Merlin ihm gemacht hatte und welches ihm zuzuflüstern schien, dass er das Richtige tat, bevor er sie wieder wegsteckte und seinem Pferd die Sporen gab. Seine Ritter folgten ihm.

Aber egal, wie stark sein Wunsch war, Merlin zu sehen und mit ihm zu sprechen, ein beklemmendes Gefühl hatte sich in Arthur ausgebreitet und es wurde schlimmer, jedes Mal, wenn er an seinen Diener dachte.

Arthur wusste, er konnte sich auf sein Gefühl verlassen, auch wenn er das viel zu selten tat. Meist gab ihm Merlin noch einen Schubs in die richtige Richtung.

Doch in diesem Fall konnte Arthur beim besten Willen nicht sagen, was dieses Gefühl zu bedeuten hatte. Nichts Gutes, das war sicher. Aber er konnte sich nicht erklären, was.

 

Die Lösung würde Arthur wohl erst am See von Avalon erwarten…

 

 

 

 

Die Sonne stand mitten in ihrem Zenit, als der See von Avalon endlich in Sichtweite kam. Sie hatten nur wenige Rasten gemacht, um ihre Pferde ruhen zu lassen und selber einen Schluck zu trinken.

Es war erstaunlich, wie ruhig es bereits im Königreich geworden war. Natürlich hatte Gwen und der Rat Ritter in die Ländereien und verschiedenen Königreiche geschickt, um die Nachricht zu verbreiten, dass Morgana tot und die Sachsen besiegt waren, doch Arthur hätte nicht gedacht, dass es so schnell ging. So kamen Arthur und seine Freunde zügig voran und sie erreichten den See.

Und von weitem konnten die Ritter bereits die goldenen Schuppen des Großen Drachen sehen.

Unbehagen machte sich in Arthur und seinem Gefolge breit, als sie das magische Wesen erblickten. Jeder von ihnen hatte die Macht des Großen Drachen gesehen, Arthur und Leon erinnerten sich zudem lebhaft an dessen Angriff auf Camelot. Er war gefährlich, das ließ sich nicht leugnen. Gefährlich und mächtig.

Aber der Drache… Kilgharrah hatte selbst gesagt, dass er dem König vertraute und das Königreich unter Arthurs Herrschaft aufblühen sehen wollte.

Zudem… Merlin war ein Drachenmeister. Er befehligte den Großen Drachen. Und niemals würde der Schwarzhaarige zulassen, dass seinen Freunden ein Leid zugefügt wurde.

Ein Stich des Mitleids durchfuhr Arthur, als er an die Tatsache dachte, dass Merlin ein Drachenmeister war und was es damit auf sich hatte. Was er vermutete. Doch schnell verdrängte er diesen Gedanken wieder. Nun gab es Wichtigeres, auf das er sich konzentrieren musste.

Zum Beispiel darauf, wo Merlin war.

 

Kilgharrah saß am Ufer des Sees und blickte nach unten. Anscheinend befand sich Merlin vor ihm.

 

Freude überkam Arthur. Merlin war noch da und somit hatten sie die Chance zu reden.

Einige Meter von dem Drachen entfernt hielt Arthur sein Pferd an, seine Ritter taten es ihm gleich.

Der König war sich sicher, dass ihre Anwesenheit längst bemerkt wurde. Und doch zeigte sich Merlin nicht. Wenn er denn vor Kilgharrah stand.

Die massige Gestalt des Drachen verdeckte beinahe das komplette Bild von dem See, welches sie von ihrer Position aus gesehen hätten. Somit auch alles, was vor ihm lag.

Tief atmete Arthur ein und aus, bevor er von seinem Pferd stieg. Mit langsamen, bedachten Schritten näherte sich Arthur dem magischen Wesen. Er wollte ihn nicht in irgendeiner Weise provozieren oder sonstiges.

 

Das beklemmende Gefühl in Arthur, welches er seit dem Aufbruch in Camelot verspürte, wollte jedoch nicht weichen, es wurde nur noch schlimmer.

Es war wie eine dunkle Vorahnung.

Der König schluckte.

Wie sollte er anfangen? Es war so vieles, was sie zu klären hatten. Vielleicht noch so viele Geheimnisse, die der Schwarzhaarige vor ihm hatte…

Arthur schüttelte den Kopf. Selbst wenn, er würde Merlin anhören. Er konnte sich kein Vorurteil bilden, nie wieder und vor allem nicht Merlin gegenüber. Er würde mit ihm reden, von Freund zu Freund und dabei allen Geheimnissen auf den Grund gehen.

Doch dann schoss ein dem König ein Gedanke in den Kopf.

Was, wenn Merlin dachte, dass Arthur ihn nicht verzeihen konnte? Wenn er wirklich dachte, dass der Blonde ihn nie wieder sehen wollte und deswegen gar nicht erst mit ihm sprechen wollen würde? Arthur schluckte hart.

Aber hätte er dann mit dem Drachen gewartet?

Der Drache… Kilgharrah sagte, dass er warten würde.

Aber warten worauf?

Darauf, dass es Merlin besser ging und sie dann zusammen verschwinden konnten, ohne Arthur die Möglichkeit zu geben, mit ihnen zu sprechen? Vielleicht war Merlins Verletzung noch nicht völlig verheilt und nur deswegen waren sie noch hier. Schließlich war er schwer verwundet gewesen und es war kaum einen Tag her.

Oder hatte Kilgharrah darauf gewartet, dass Arthur an den See kommen und sich mit Merlin aussprechen würde?

Wenn ja, dann musste der König zugeben, konnte der Drache ihn besser einschätzen, als er sich selbst eingeschätzt hätte.

Doch alles Grübeln brachte nichts.

Nun musste er handeln.

 

„Kilgharrah“, sagte Arthur mit lauter und deutlicher Stimme und neigte leicht seinen Kopf.

Für einen Moment spürte er den Namen auf seiner Zunge, probierte, wie sich die Silben aneinandergereiht von ihm ausgesprochen wohl anhörten. Noch nie hatte er den Versuch gewagt, mit magischen Geschöpfen zu reden. Mit Zauberern und Hexen, natürlich, doch nie mit solch einem mächtigen Wesen.

Er war nervös. Sehr nervös.

Aber er musste es tun.

Für Merlin.

 

„Wo ist Merlin?“

Allein schon, als Arthur die Frage gestellt hatte, stieg die Hoffnung in ihm auf, dass der Genannte um den Drachen herum auf ihn zutreten würde und das mulmige Gefühl in seinem Inneren endlich nachlassen würde. Doch nichts dergleichen geschah. Es wurde nur noch schlimmer.

Es schienen Ewigkeiten zu vergehen, bevor der Drache sich regte.

Kilgharrah drehte seinen Kopf in seine Richtung und blickte zu dem König hinunter.

Arthur hob seinen Kopf, eine Antwort erwartend. Als diese ausblieb, wollte er seine Frage bereits wiederholen, als er inne hielt.

Geschockt riss Arthur die Augen auf und taumelte beinahe einen Schritt zurück. Sein Herzschlag setzte aus. Sein Atem stockte. Kälte erfüllte ihn.

Noch nie zuvor hatte der König solch immense Trauer in den Augen und in der Mimik eines magischen Wesens gesehen und er hätte es nicht für möglich gehalten, dass ausgerechnet die Augen eines Drachen so leblos wirken könnten.

Kilgharrah wirkte mit einem Mal so alt, wie er wahrscheinlich wirklich war.

Alt, gebrochen, müde.

 

„Es tut mir Leid, Arthur Pendragon.“

Arthur brachte nur ein entsetzen „Was - ?!“, hervor.

Eine schreckliche Vorahnung schlich sich in seine Gedanken und sein Herz, eine Vorahnung, welche auch das Gefühl erklärte, welches ihn seit Camelot heimsuchten, doch das konnte nicht sein.

Es durfte nicht sein!

Kilgharrah schloss seine goldenen Augen, welche Merlins Augen aus dieser Schlacht so ähnlich waren und flüsterte eine Antwort. Flüsterte die unheilvollen Worte, welche Arthurs Leben schlagartig verändern würden, mehr, als er je verstehen würde.

 

„Wir haben es nicht mehr rechtzeitig geschafft.“

 

Arthur erstarrte.

Die Zeit schien vollkommen still zu stehen. Hinter ihm zogen die Ritter scharf die Luft ein und erschrockene und schockierte Ausrufe waren zu vernehmen, doch das alles registrierte Arthur nicht. Nichts nahm er mehr war, während sein Verstand versuchte, die Worte des Drachen langsam zu verarbeiten. Wie durch Watte kämpften sie sich durch seine Ohren, um zu seinem Verstand zu gelangen, welcher sich weigerte, sie zu akzeptieren.

Worte, die er unterbewusst schon erahnt, ja sie gefürchtet hatte, sie aber nicht wahrhaben wollte.

„Nein“, flüsterte er, mehr zu sich selbst, als dass sie an Kilgharrah gerichtet waren. Er schüttelte wie in Trance den Kopf. Sein Körper begann zu zittern.

„Das kann nicht sein.“

 

Während der ganzen Zeit, seit Arthur erfahren hatte, dass Merlin ein Zauberer war und diese Tatsache versucht hatte zu verarbeiten, hatte er sich nur Gedanken darüber gemacht, wie er Merlin gegenübertreten sollte, was er ihm sagen wollte. Arthur hatte versucht zu überlegen, wie die Zukunft von ihnen beiden aussehen sollte. Er hatte noch keine endgültige Entscheidung getroffen, doch das würde nach ihrem Wiedersehen nicht lange auf sich warten lassen, da war sich der König sicher. Denn Arthur konnte sich Camelot ohne den Schwarzhaarigen gar nicht mehr vorstellen. Merlin war ein wichtiger Bestandteil von seinem Leben, neben Guinevere vielleicht sogar der Wichtigste.

Aber Merlin - !

Sein Diener… sein aufgeweckter, stets gut gelaunter, mehr als tollpatschiger Diener… sein Freund… er konnte, nein, durfte nicht… Arthur mochte die Worte nicht einmal denken.

Er - !

Nein.

Nein!

NEIN!

 

Obwohl alles in ihm tobte und schmerzte und er das Wort einfach nur zum Himmel hinausschreien wollte, schnürte es Arthur die Kehle zu. Seine Hände ballten sich zu Fäusten, um das Zittern zu unterdrücken, doch es brachte kaum etwas. Sein gesamter Körper bebte.

„Wo…?“, konnte der sonst so stolze König noch hervorbringen, bevor seine Stimme versagte. Nichts als ein Krächzen war zu vernehmen, doch es war Arthur gleich.

 

Als Antwort drehte der Drache seinen Kopf wieder in Richtung des Sees. Es waren keine weiteren Worte notwendig. Auch Kilgharrah brannte es in der Kehle.

Arthur schritt an dem Drachen vorbei. Seine Beine und auch der Rest seines Körpers fühlten sich wie taub an. Er hatte das Gefühl, als würden seine Beine jeden Moment zusammenklappen.

 

Als Arthur es um Kilgharrah herumgeschafft hatte, sah er ein Boot.

Ein Boot, welches langsam auf dem See in Richtung Seemitte trieb.

Arthur keuchte auf.

`Nein, bitte nicht!´, dachte er noch, bevor er losrannte. Sein Herz hatte nun die Kontrolle über seinen Körper erlangt.

Er watet mit schnellen Schritten durch das Wasser. Die Ritter blieben am Ufer stehen. Mit Gewissheit und Tränen in den Augen, welche bereits überliefen, sahen sie zu ihren Freunden. Dem, der sich geopfert hatte und nun in einem Boot von ihnen davon trieb und ihrem Freund, der in unsagbarer Trauer nicht zulassen wollte, dass das alles geschah.

 

Keuchend kam der König an dem Boot an und hielt es fest. Seine Fingerknöchel gruben sich beinahe in das Holz des Bootes, seine Fingerknöchel traten weiß hervor.

Das Wasser stand ihm bereits bis zur Hüfte, doch das war ihm egal. Das alles war ihm egal.

Arthur musste ihn sehen.

Ein letztes Mal sehen…

 

Mit blassem Gesicht und heftig atmend sah Arthur auf seinen Freund hinab. Er war Zeuge vieler Kämpfe geworden, hatte schon viele Menschen sterben sehen. Doch was er da sah, war beinahe zu viel für ihn.

Es war das Gesicht, das Arthur am meisten bedeutete von allen auf der Welt.

Merlin sah friedlich aus. Als würde er schlafen.

Doch die Wahrheit sah anders aus und war viel grausamer.

Noch blasser als sonst lag er da, mit geschlossenen Augen. Kein Heben und Senken der Brust war zu sehen, keine lebensnotwendige Luft wurde mehr durch die Lunge gepumpt. Die Arme waren über den Bauch zusammengelegt. Noch deutlich war die Wunde darunter zu erkennen, die Wunde, welche eigentlich Arthur galt. Der Blutfluss war allerdings bereits versiegt. Kein aufmunterndes Lächeln, welches ihnen allen bereits so oft geholfen hatte, lag auf seinen Lippen.

Sie waren zu spät. Er war zu spät.

Merlin war tot.

 

Als Arthur begriff, was es bedeutete, keuchte er auf, Schmerz durchzuckt sein Herz und es verkrampfte sich. Er biss sich auf die Lippen, bis es blutete.

„Es tut mir leid“, schluchzte Arthur leise. Er hatte die Tränen nicht bemerkt, welche sich in seinen Augen gesammelt hatten und nun heiß über seine Wangen liefen, doch das war ihm egal. Sollten die Tränen fließen, der, dem sie galten, war fort und konnte sie nicht mehr sehen. Und Arthur wusste, es wäre ihm gleich gewesen.

„Es tut mir so leid, Merlin. Wenn ich dir ein besserer Freund gewesen wäre… wenn ich je zugelassen hätte, dass du dich mir anvertrauen kannst… dann wäre das vielleicht nie passiert… und du wärst nicht…“

Arthur schluckte hart, ließ die Tränen ungehindert laufen. Seine Schultern bebten, als unterdrückte Schluchzer für Schluchzer seinen Körper zum Vibrieren brachten.

In diesem Moment zerbrach etwas in Arthur, als er Merlin sah, wie er leblos in diesem Boot lag.

Noch nicht einmal damals, als sein Vater starb, schmerzte sein Herz so stark. Es kam Arthur so vor, als wäre ein Teil von ihm selbst gestorben.

Wie sehr wünschte er sich, dass Merlin diesen Schwertstoß damals nicht abgefangen hätte und stattdessen Arthur selbst in diesem Boot liegen würde. Jeder andere hätte verdient zu sterben, aber nicht Merlin!

In diesem Moment empfand der sonst so starke König nichts anderes als Schmerz und Verzweiflung. Merlin durfte nicht fort sein. Das war nicht fair. Er war der Letzte, den Arthur verlieren wollte. Und doch hatte er sein Leben gegeben. Für Arthur. Selbstlos wie eh und je.

Arthur keuchte.

 

„Übergebt ihn dem See, Arthur“, sagt Kilgharrah leise. „Es war sein Wunsch.“

Arthur schien die Worte kaum zu hören. Noch lange haftete sein Blick auf dem Gesicht seines besten Freundes.

Dessen Gesicht, sein Körper, sein Geist, sein Selbst, welches noch so viele Geheimnisse barg und von denen Arthur dennoch niemals erfahren würde. Und es war seine eigene Schuld.

 

Langsam entglitt das Boot seinen kraftlosen Fingern, schien von einer unsichtbaren Macht innerhalb des Sees angezogen zu werden. Er umklammerte das Holz des Bootes so fest, sodass seine Finger bereits blutleer schienen. Arthur wollte ihn nicht gehen lassen. Nicht so. Aber vielleicht hatte der Drache… vielleicht hatte Kilgharrah Recht. Vielleicht war es Merlins Wunsch. Arthur wusste es nicht. In Wahrheit…wusste er kaum etwas über Merlin.

Nochmals schluchzte Arthur laut auf. Es war zu spät.

Er strafte die Schultern und gab dem Boot einen sanften Stoß. Er wollte selbst seinem Freund diese letzte Ehre erweisen. Arthur stand noch immer mitten im See und starrte dem Boot nach, wie es weiter trieb.

 

Kilgharrah stand aufrecht da und sah ebenso dem Boot nach. Er wollte es nicht in Flammen aufgehen lassen. Das hätte er nicht ertragen. Zudem hegte er die Hoffnung, dass Merlin auf diese Weise nach Avalon gelangen würde. Dort könnte er endlich glücklich werden. Mit Freya an seiner Seite.

 

Mit geröteten Augen stand Arthur im See und sah dem Boot nach. Auch die Ritter sahen mit unsagbaren Trauermienen zu dem Boot, in welchem ihr aller Freund lag. Lange standen sie da und sahen ihrem Freund nach, bis er vollkommen im Nebel verschwand.

 

Und dann brach es plötzlich doch mit einem Mal aus Arthur heraus. Alles, was er die ganze Zeit über unterdrückt hatte. All die Gefühle, Trauer, Angst, Mitleid, Wut, Verzweiflung und so viel mehr.

Sie suchten sich in diesem Moment ein Ventil.

Arthur schrie. Er schrie unartikuliert in den Himmel. Ihm war, als hätte er Merlin gerade ein zweites Mal verloren. Das erste Mal, als er erfahren hatte, dass er ein Zauberer war. Und nun… war er fort. Diesmal endgültig. Er war sich sicher, er würde in diesem Leben nie wieder wirklich froh werden.

Nicht ohne Merlin…

 

 

 


Nachwort zu diesem Kapitel:
Hey Leute!

Ich liebe die Dramatik, nurdamit ihres wisst! ^^
Und jetzt hätte ich gerne gewusst, ob ich übertrieben habe? Nicht übertrieben genug? Im Bezug auf die Gefühle von Arthur und seine Reaktion.
Die Gefühle von allen anderen kommen auch noch vor! Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  ultraFlowerbeard
2016-01-08T23:44:09+00:00 09.01.2016 00:44
Nein gar nicht. Ist super geworden. Ich hoffe doch noch das da noch ein Kapitel kommt
Von:  Shaddow_wolf
2016-01-08T18:29:22+00:00 08.01.2016 19:29
Hey,
Nein,du hast nicht übertrieben. Das Kapitel ist genial so wie es ist! Ich komm zwar einfach nicht damit klar, dass Merlin jetzt tot sein soll und hoffe, dass ich mir aufgrund der vorangegangenen Dialoge keine unbegründeten Hoffnungen mache, aber mal abgesehen davon liebe ich die Geschichte!
Bitte schreib schnell weiter! Ich muss einfach wissen, wie es weiter geht!
LG und noch viel Spaß beim Schreiben
Shaddow


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