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Die Ferne des Himmels

Zurück auf los
von

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Überwindung und Erkenntnisse

"Benjamin, jetzt lächel doch mal. Seid Tagen ziehst du ein griesgrämiges Gesicht. Dabei haben wir Herbstferien.", meinte Billy. Meine Wenigkeit hatte jedoch nur ein rebellisches Knurren für die Wortes meines Kumpels übrig. Wieso sollte ich Lächeln, wenn ich keinen Grund dafür hatte. Das Wetter war trüb, die Luft kühl, die Bäume bund, aber wurden immer karler...Ja, ja, die Jahrezeiten...war überhaupt schon mal jemandem aufgefallen, dass sie einen Wiederspruch in sich selbst bildeten?

Zwar war das Wetter überwiegend nass und trüb, was viele Menschen ärgerte, aber die Blätter färbten sich bund, was wiederum sehr beliebt war...ein Grund diese Jahreszeit zu lieben, oder aber sie zu hassen!

Mich nervte das einfach! Aber was dachte ich überhaupt über die verdammten Jahreszeiten nach, wo es doch etwas gab, was mir noch viel mehr auf den Senkel ging!

Die Antwort darauf lautete, Milan! Milan war ein langhaariger Weltverbesserer, der ganz plötzlich auf der Bildfläche auftauchte, ohne zu fragen, ob er überhaupt erwünscht war! Der Typ war der der Sohn des Basketballtrainers der Rollstuhlmannschaft, in der Jorden hin und wieder trainierte. Da sein Vater nebenher in einer Schule unterrichtete und seine Vertretung eine neue Stelle angenommen hatte, war es nun an Milan, die Mannschaft zu trainieren...leider war das nicht alles...

Zwar gab es Stimmen, die versuchten mich eines besseren zu beleren, aber etwas sagte mir, dass er es ganz sicher auf Jorden abgesehen hatte! Die beiden waren mir eindeutig zu vertraut und sie verbrachten verdächtig viel Zeit mit einander! Außerhalb des Trainings versteht sich.

"Benji, bist du etwa eifersüchtig?", platzte Billy plötzlich herraus...Pah! Ich und eifersüchtig!

"Kein Stück!", knurrte ich wehement gegenan. Billy lachte.

"Irgendwie glaube ich das nicht...du nörgelst zwar sonst immer rum, wenn er das Wochenende bei dir verbringen will, von wegen er würde dich nerven und so, aber in Wirklichkeit ist es doch ganz anders nicht wahr?"

Anders? Wie anderes? Wie sollte es denn bitte sein? Hatte ich irgendwas verpasst oder so?

"Ich bin nicht eifersüchtig!", raunzte ich ihn an.

"Und ob du es bist! Sag doch einfach wie es ist! Es kotzt dich doch tierisch an, dass er neuerdings so viel Zeit mit diesem Milan verbringt! Benji...wieso sagst du Jorden nicht einfach wie du fühlst? Sag ihm doch einfach, dass du wieder mehr Zeit mit ihm verbringen willst und fertig. Ich bin mir sicher, dass er sich sehr darüber freuen würde.", schulterzuckend erhob er sich und holte die Kaffeekanne hervor, um sich Kaffee nach zu schenken, als sei das Alles nur eine Nichtigkeit, die nicht weiter von Bedeutung war. Aber, Billy machte sich die Dinge immer so leicht...Für mich waren sie es aber nicht...sie lagen mir eher schwer im Magen.

Es stimnte schon, dass es mich ankotzte, dass er seine Zeit mit diesem Typen verbrachte, aber eifersüchtig war ich ganz sicher nicht! Ich war zwar nicht immer nett zu ihm, aber Jorden hatte sich auch nie beschwert.Stattdessen lächelte er mich fast ständig an, beehrte mich mit seiner tödlich guten Laune, die mich so nervte... Trotzdem wollte ich nicht, dass er diesen Kerl auch so anlächelte!

Ich wollte nicht, dass er ihm sein Herz öffnete und mich ignorierte!

Wenn er ihn je ohne meine Erlaubnis zum weinen brachte, würde er ein Donnerwetter erleben! Ich war der Einzige, der ihn zum Weinen bringen durfte! Das hatte ich für mich beschlossen!

Das hatte aber rein gar nichts mit Eifersucht zu tun! Ich hatte ihn auch nicht gern oder so, nein! Ich wollte einfach nicht, dass er ihn anlächelte, oder wegen ihm weinte!

Schließlich war ich schon seid der Grundschule der Grund dafür, wenn er weinte, oder sich fürchtete und seid einiger Zeit schien ich auch ein Grund dafür zu sein, wenn er ständig lächelte!

Zwar verstand ich es lange Zeit nicht, warum er das tat, aber so nach und nach wurde es mir klar...und jetzt...lächelte er diesen Typen an! Jorden hatte so eine unbeschwerte Art,...die mir überhaupt nicht gefiel...!

"Unsinn! Was würde das schon ändern!? Milan ist "sensibel" und so, mag den gleichen Sport wie er,alles das, was ich nicht bin und tue. Wieso sollte er also einlenken, wenn ich ihm das erzähle? Jorden macht das doch alles freiwillig."

"Ja das stimmt, er ist um einiges sensibler als du, wärend du eher ein unsensibles Arschloch bist, dass scheinbar auch noch unter Komplexen leidet. Seltsamer Weise scheint Jorden das aber kein bisschen zu stören... Du bist doch auch gut in Basketball, spielt doch mal zusammen. Er hat bestimmt nichts dagegen. Du könntest diesem Milan zeigen was du kannst und Jorden würde dann auch sehen, dass du dich für ihn interessiert. So kompliziert ist das doch nicht.", quasselte er fast ohne Punkt und Komma.

Leider hatte er recht. Wenn ich Milan zeigte, dass ich ihn schlagen konnte, würde er mich dann als einen Konkurenten anerkennen?

Aber warum wollte ich nur so sehr gegen ihn gewinnen?

War es weil ich ihn nicht leiden konnte?

...oder war es...wegen Jorden?
 

Das Wirrwar in meinem Kopf nahm wieder zu und ich konnte es nicht sortieren...das beunruhigte mich.
 

Ich brauchte eine Weile, um mich dazu zu überwinden, aber dann war es soweit. Ich hatte beschlossen Jorden von seinem Training abzuholen und ihn dann ganz unauffällig darauf an zu spechen. Leicht viel mir das jedoch nicht. Schon der Gedanke daran, dass ich diesem Milan begnete, brachte mich auf die Palme.

Das erste Mal, dass ich ihm begegnete war, als er ihn zusammen mit Will ihn bei mir zu Hause abholte. Jorden schien sich darüber ziemlich zu freuen und Milan auch. Und irgendwie wurde ich das Gefühl nicht los, dass er mich die ganze Zeit mit seinen Blicken durchbohrte und beobachtete. Genau wie Will. Ob Will ihm von mir erzählt hatte? Wenn ja, sicher nur Schlechtes...Was sollte er auch sonst erzählen, wo er mich ja eh nicht leiden konnte.
 

Als ich gerade den Eingang des großen Gebäudes betrat, kam Jorden mir schon in seinem Rollstuhl entgegen. Neben ihm ein weiterer Rollstuhlfahrer und...Milan. Die Unterhaltung, die er mit ihnen führte schien ihn sehr zu erheitern. Besonders auf Milans Antwort reagierte er besonders lebendig.

Bis er mich bemerkte verging eine ganze Weile. Das war ungewöhnlich. Sonst bemerkte er mich immer sofort. Da war der Milan wohl interessanter. Kein Wunder, ich war ja auch meist eher wortkarg. Eine Unterhaltung mit mir war nun wirklich nicht sonderlich spannend. Das war also nachvollziehbar. Trotzdem...störte es mich!

"Benjamin...was machst du denn hier?", reagierte er mit Erstaunen im Gesicht. Ich stemmte die Hände in die Seiten, "Na was wohl, ich bin hier um dich abzuholen.", Milan sah mich sekptisch an und alles andere als erfreut. Na sollte mir recht sein. Schließlich hätte ich auf seinen Anblick auch verzichten können!

Jorden hingegen strahlte, "Oh, das hätte ich jetzt nicht erwartet, aber ich freue mich sehr!", erzählte er mir und ich war mir sicher, dass das Lächeln auf seinem Gesicht nur mir gald. "Wir haben Ferien. Wenn du willst...", brabbelte ich mehr vor mich hin, weil es mir so schwer viel nicht zu murren, oder zu unfreundlich zu klingen. Jorden aber verstand sofort. "Klar will ich! Aber...ich muss erst meinen Bruder fragen...", antwortete er immer leiser werdend. Milan, der mich eh schon die ganze Zeit im Visier hatte, funkte dazwischen, "Jorden...wollten wir nicht noch in die Eisdiele?", erinnerte er ihn, "Ja stimmt, da wollten wir doch zusammen hin.", ergänzte der andere Rollstuhlfahrer. Jorden überlegte. "Hmm, aber das ist doch kein Problem! Benjamin, was hälst du davon, wenn du mitkommst!", schlug er vor. "Das passt auch, da Will ja auch dort sein wird. Dann kann ich ihn direkt fragen!", ergänzte er noch und wenn sie mir nicht angewachsen wäre, wäre mir wohl spätestens jetzt die Kinnlade herrunter gefallen. Sollte das wirklich der Preis für den Mut sein, den ich jetzt endlich gefasst hatte? Wills messerscharfe Todesblicke im Nacken zu spüren und dann noch dieser Typ, der mich die ganze Zeit anstarrte, als sei ich ein Elien? Na danke auch! Da erheiterte mich nicht mal die Spekulation darüber, dass Will mit seinen ganzen Jobs und Jorden im Gepäck sicher nie ne feste Freundin finden würde...oh Mann...mir blieb auch nichts ersparrt...wäre ich doch bloß zu Hause geblieben.

"Also gut...aber nicht lange...", murmelte ich vor mich hin. "Super! Ist doch okay für euch oder?", der Rollstuhlfahrer, der übrigens wie Jorden aussah, als hätte er ne Verschönerungskur hinter sich, stimmte sofort zu. Sport war wohl tatsächlich das Mittel der Wahl.
 

Milan hingegen, wirkte weniger zufriedengestellt. Ja, sein Gesicht schien regelrecht zu entgleisen, auch wenn er es zu verstecken versuchte. Aber ich konnte es an seinen zuckenden Mundwinkeln erkennen. Meine Ex zuckte immer so, bevor sie austickte. Milan hingegen schien von der geduldigeren Sorte zu sein, die erst innerlich brodelte und erst dann explodierte, wenn es ihm am passensten erschien. Na konnte ich wohl gespannt sein und irgendwie reizte mich dieses kleine Spielchen auch ein wenig. Ich weiß, das klang arschig, aber es war gar nicht so uninteressant die Grenzen seiner Mitmenschen auszutesten.

Mit einem unzufriedenen Knurren, stimmte Milan, der zuvor noch in Jordens strahlendes Gesicht gesehen hatte, dem auch zu. Mir wurde so langsam klar, dass Jordens Lächeln, so eine Art Zaubspruch war, der über Leben und Tod entscheiden konnte. Jorden schaffte es nähmlich immer seine Mitmenschen dazu zu bringen schier unmögliche Dinge zu tun oder zu sagen. Sogar bei mir klappte das bereits. Sonst würde ich all diese Dinge bestimmt nicht freiwillig tun!
 

Wir kamen an der Eisdiele an, an der auch schon Will auf uns wartete, oder viel mehr auf Jorden. Wie er wohl die Zeit gefunden hatte, sich so mitten am Tag mit Jorden und den Anderen hier zu treffen?

"Will, da sind wir!", rief Jorden seinem großen Bruder entgegen. Selten sah ich ihn so glücklich. Auch Will freute sich, zumindest bis er mich sah. An dieser Stelle verfinsterte sich sein Gesicht für einen Augenblick. "Jorden, wo hast du Benjamin denn aufgegabelt?", wollte er sofort wissen. Jorden lächelte ein bisschen verlegen. "Ich hab ihn nicht aufgegabelt, sondern er mich.", Wills Augenbraue ging ein wenig nach oben. "Ja, er ist plötzlich aufgetaucht.", ging Milan dazwischen und ging mit zuckenden Schultern an den Beiden vorbei, gefolgt von Lenny. Das war der Name des anderen Rollstuhlfahrers. "Kommt ihr?", rief Milan uns zu. Ich hatte das Gefühl, das Will nur schwer seinen Blick von mir abwenden konnte. Aber sicher nicht vor lauter Freunde. Am liebsten hätte er mich wohl durchbohrt und aufgefressen, aber was kümmerte es mich...Immerhin hatte Jorden mich eingeladen mit zu kommen, da konnte er wohl kaum was gegen sagen und ich konnte diesem Milan heute vielleicht noch eins reinwürgen. Meine Laune besserte sich so langsam, wenn die Aussichten weiterhin so rosig blieben.

Wir folgten Milan in die Eisdiele, die tatschlich rollstuhlgerecht war und außerdem noch geöffnet hatte. Und das zu dieser Jahreszeit. Lag vielleicht daran, dass diese Eisdiele in einer sehr beliebten und belebten Einkaufsstraße lag. Da lohnte es sich das ganze Jahr über geöffnet zu haben.

"Benjamin, welche Sorte möchtest du? Die sind wirklich alle sehr gut!", teilte er mir entusiastisch mit. Ich zuckte mit den Schultern. "Ich nehm das, was du nimmst.", murmetle ich. Jorden sah mich einen Moment lang überrascht an, nickte mir dann aber zu. Dabei fühlte ich mich irgendwie von allen Seiten durchbohrt und zerstochen, als hätte ich gerade eine Schandtat begangen. Während Will sich aber gleich wieder dem Verkäufer widmete, lächelte Milan mich spöttisch an. "Was ist?", fragte ich unbeeindruckt. Milan zuckte mit den Schultern, "Ach, ich habe mich nur gerade gefragt, warum so ein toller Typ wie du nicht selbst entscheiden kann welche Sorte er wählt.", "Ich schätze das geht dich nichts an.", erwiederte ich. Jorden drehte sich zu uns um. "Aber, aber jetzt streitet euch doch nicht. Wir wollen doch alle zusammen ein leckeres Eis essen.", sagte Jorden,der offenbar die Stimmung lockern wollte und lächelte uns fröhlich an,wie er es meistens tat.

"Bitte sehr, Erdbeer und Schockolade.", sagte Jorden, der mir das Eis in einer Waffel überreichte. So sah also seine Wahl aus. Eine Mischung auch Milche und Obst. Irgendwie passte das zu ihm. "Danke.", antwortete ich kurz angebunden. "Lass es dir schmecken.", ergänzte er noch und nahm sein eigenes Eis entgegen, dass ihm sein Bruder reichte. Ich nickte nur. "Oh, das schmeckt lecker.", hörte ich ihn. "Benjamin, würdest du mein Eis kurz nehmen, damit ich zum Platz fahren kann?", fragte er mich und ich tat es. Sehr zum Missfallen seiner Wachhunde. Lennis Eis nahm der weil Milan entgegen, mit einem Knurren in meine Richtung.

Nach wir bezahlt hatten, nahmen wir an einem der Tische platz, überreichte ich Jorden sein Eis wieder und Milan, Lenny seines. "Darauf habe ich mich schon die ganze Zeit gefreut.", lächelte Jorden. Lenny stimmte ihm zu. "Stimmt, so ein Eis nach dem Training tut echt gut. Meinst du micht auch Milan?", "Ja, ja, du hast ja recht Lenny.", "Du weißt hoffentlich was dieses doppelte "Ja" heißt.", lachte er. Für einen Moment lachte selbst Milan ein wenig und sogar Will schien sich zu amüsieren. Das war wohl das erste Mal das ich ihn ernsthaft lachen sah. Denn immer wenn wir uns sahen schaute er ja nur drein wie ein tollwütiger Wachhund, aber solange er nur bellte, würde er mich wohl nicht beißen nahm ich an."Das hast du jetzt gesagt.", lachte Milan. Ich war wohl der Einzige, der sich nicht darüber amüsieren konnte.

Irgendwann waren wir am Ende unserer Eiswaffeln angekommen und ich musste mir eingestehen, dass das Eis gar nicht so schlecht war.

Ich aß selten Eis, da es mir unnütz erschien, welches zu kaufen.

Da viel mir ein, dass ich ja spätestens morgen wieder einkaufen musste, damit Jorden was zu essen hatte. Mir mich selbst kaufte ich ja nie großartig ein, nur das Nötigste.
 

Die gute Stimmung die jetzt herrschte nutzte Jorden zum Anlass um mit seinem Bruder zu sprechen.

"Du Will, ich muss dich was fragen.", begann er und plötzlich waren auch die Blicke seiner Freunde auf ihn gerichtet.

"Ja? Was denn?", erwiederte er so freundlich, wie er mich nie ansprechen würde.

"Du, wäre es okay, wenn ich ein paar Tage bei Benjamin...übernachte? Wir haben doch Ferien...", fragte er ihn und sah ihn dabei lieb bittend an und dann war da noch etwas. Er war rot. Das sah nicht nur ich. Nein, auch Milan bemerkte es und sicher blieb auch Will das nicht verborgen. Kurz zog er eine Augenbraue hoch und sah mich mit einem strafenden Blick an, als wolle er sagen, ~Wehe du krümmst ihm auch nur ein Haar!~. Dann sah er wieder zu Jorden und sofort besänftigte sich sein Blick.

"Wenn du das gerne möchtest...aber pass gut auf dich auf ja? Und sag mir sofort bescheid, wenn was ist.", antwortete er erstaunlich gelassen.

"Wirklich? Wie cool! Benjamin, ich darf bei dir übernachten.", wiederholte er das, was eigentlich schon klar war. Er freute sich, so sehr, dass ich es kaum glauben konnte. Ebenso wenig wie Milan, dem das sehr zu missfallen schien. Wenn ich mich recht entsann, vernahm ich sogar ein leises Knurren. Das gefiel mir irgendwie.

"Dann lass uns gleich die Sachen holen, ich muss noch meine Tasche packen. Kommst du mit Benjamin? Du warst doch noch nie bei uns.", schlug Jorden vor. Ich zuckte mit den Schultern und sagte nichts weiter dazu. Mit ziemlicher Sicherheit, wäre eh nur sowas wie, ~Wenns sein muss...~, dabei rausgekommen. Ja ich war da etwas taktlos.

"Milan, was ziehst du denn so ein böses Gesicht?", unterbrach Lenny plötzlich mein Schweigen.

Milan zuckte ebenfalls mit den Schultern.

"Ach nichts, glaub meine Laune sinkt mit jeder Sekunde. Ich werde wohl nach Hause gehen.", antwortete er und stand auf.

"Was schon? Das ist aber schade.", meinte Lenny. "Ja, sorry. Ich kann dich noch nach Hause bringen, wenn du magst, unser Weg ist ja fast der Gleiche.", "Ja, das wäre super.", antwortete Lenny."

"Na dann können wir ja alle langsam aufbrechen.", schlug Jorden vor. Will nickte, "Dann lass uns gehen. Wir sehen uns."
 

So trennten sich unsere Wege. Das entspannte die Lage zumindest von einer Seite. Die andere war noch immer aktiv. Wills Seite und er bedachte mich die ganze Zeit tödlichen Seitenblicken. Jorden hingegen ließ sich nicht beirren. Der war es schon gewohnt, dass er mich nicht leiden konnte und ich ihn nicht.
 

"Das ist also unser bescheidenes Heim. Es ist um einiges kleiner, als das riesen Haus in dem du wohnst, aber alles ist so eingerichtet, dass ich gut überall hinkomme.", erzählte er mir fröhlich und voller stolz.

Ich musste feststellen, dass es, obwohl es im Gegensatz zum Haus meiner Eltern wirklich um einiges kleiner und bescheidener war, voller Leben war. Persönlicher. Das genaue Gegenteil zu dem, was ich derzeit mein Heim nannte. Es war kein kaltes, modernes Möbelhaus, sondern ein bewohntes, belebtes und warmes zu Hause. So hatte ich nie gelebt. In keiner Ecke des riesigen Hauses, konnte man einen Hauch von Wärme spüren. Nur Kälte.

Ich konnte sehr gut nachvollziehen, dass Jorden sich in dieser Wohnung sehr wohl fühlen musste.

Am Eingang zog ich die Schuhe aus und folgte Jorden in sein Zimmer, wärend Will sich schon wieder verabschiedet hatte. Er musste wieder zur Arbeit. Auf dem Heimweg hatte ich erfahren, dass Will sich extra ein wenig Zeit genommen hatte, damit er mit Jorden und den Anderen Eis essen gehen konnte, worüber Jorden sich tierisch freute.

"Benjamin, holst du bitte meine Reisetasche vom Schrank?", sagte Jorden und deutete auf eine große, blaue Tasche, die auf dem Schrank lag. Hatte er nicht gesagt, dass hier alles so sei, dass er überall rankäme? Naja fast alles.

Ich holte die Tasche herrunter und legte sie auf sein Bett. Jorden fing darauf an, alles nötige zusammen zu packen. Eine halbe Stunde später war er fertig. Ich schwang die Tasche auf meinen Rücken und wir verließen die Wohnung.
 

Jorden hatte seinen Bruder überredet vier Tage bei mir bleiben zu dürfen und dafür mussten wir noch einkaufen gehen.

"Hast du dir schon überlegt, was du essen möchtest?", fragte ich tonlos.

Jorden nickte.

"Ja, heute hätte ich Lust auf Salat, wir könnten dazu Käuterbrot essen. Schön warm gebacken. Morgen Hähnchen und Kartoffelsalat...", er machte mir eine ganze Auflistung, der Dinge, die er essen wollte. Schon erstaunlich, dass er sich das innerhalb dieser kurzen Zeit bereits überlegt hatte. Ich hätte damit echte Schwierigkeiten gehabt, da ich mir darüber nie besonders viel Gedanken machte. Eher würde ich noch gar nichts essen, als mir den Einkaufsterror anzu tun. Doch heute hatten wir Glück und waren in kürzester Zeit schon wieder aus dem Supermarkt raus, der teilweise unverschämte "Angebote" hatte. Zum Glück kannte Jorden sich sehr gut damit aus, da er und ein Bruder jede Woche die Angebotswerbung durchforsteten, um zu sehen, wo es was günstig und gut zu ergattern gab. Schließlich konnten sie ihr Geld ja nicht zu Fenster hinauswerfen, sagte Will wohl immer.

Da hatte er wohl recht, denn sie schwammen nicht in Geld, wie meine Eltern und auch ich konnte mich nicht beklagen. Geld war ihre Art nicht vorhandene Liebe zu zeigen. Trotzdem konnte ich damit nie viel anfangen. Es machte nicht glücklich...
 

"Ich freue mich schon so sehr auf das Essen, vor allem auf den Nachtisch.", lächelte er glücklich vor sich hin. Der konnte sich echt über alles Mögliche freuen. Jorden war eben bescheiden. Das war er schon immer.

Als wir bei mir ankamen räumten wir zunächst die Einkäufe ein, dann schleppte ich Jordens Tasche in den ersten Stock in mein Zimmer.

Danach machten wir uns dran, das Abendessen vor zu bereiten. Da er sich Salat und Kräuterbaguette gewünscht hatte, war das zu bereiten nicht sehr aufwendig. Jorden schnippelte den Salat und ich schob schon mal das Buguette in den Backofen. Zu dem Salat machte er sein eigenes Dressing. Etwa eine halbe Stunde später war das Essen servierfertig und wurde angestrahlt.

"Guten Appetit!", wünsch er mir.

Ich erwiederte nur ein lautloses Nicken und fing an zu essen. Zu meinem Erstaunen schmeckte das Grünzeug sogar. Lag das an seinem Dressing, oder an seiner Gegenwart?

Schwer ein zu schätzen. Mein Inneres wusste längst bescheid.
 

"Boa, bin ich satt, aber der Nachtisch passt noch rein.", sagte Jorden sich den Bauch reibend.

"Okay, dann mal los.", antwortete ich und räumte das Geschirr ab. Anschließend holte ich den Schockoladenpudding aus dem Kühlschrank, um ihn Jorden zu überreichen. Dieser nahm ihn lächelnd entgegen. Ich verzichtete. Wenn ich jetzt noch etwas aß würde ich platzen.

"Willst du wirklich nichts mehr essen? Der Pudding ist wirklich sehr lecker.", schmatze er zufrieden.

"Nein, iss nur."

"Okay,... Sag mal, können wir gleich noch den Wackelpudding machen? Dann ist er morgen bestimmt fertig.", erwiederte er darauf. Ich zuckte mit den Schultern.

"Von mir aus."

Und so geschah es.

Anschließend wuschen wir alles ab und räumten das Geschirr wieder in seine Schränke.
 

Als alles erledigt war ging es in den ersten Stock, wo wir uns schon mal bettfertig machten. Es war mittlerweile 19 Uhr. Zu früh schon schlafen zu gehen, zu spät um noch was besonderes zu machen.

Wir beschlossen noch ein wenig Karten zu spielen. Jorden hatte ein "Mau Mau" Spiel und ein altes Kinderspiel, "11 er raus" eingepackt. Ein wirklich simples Spiel mit dem man sich jedoch die Zeit ganz gut vertreiben konnte. Allein eine Runde dauerte eine kleine Ewigkeit, da man 20 Karten auf der Hand hatte, die man alle der Reihe nach los werden musste und wenn man nichts passendes hatte, jede Runde eine aufnehmen. Es konnte einen fast wahnsinnig machen, oder aber zum Lachen bringen. So wie Jorden, der auf einem Kissen, auf dem Boden, an das Sofa gelehnt saß. Mit einer Decke über seinen ausgestreckten Beinen, da sie schnell auskühlten. Den kleinen Tisch hatte ich über seine Beine gestellt, damit er sich nicht verrenken musste.

"Da muss ich wohl warten bis du was passendes hast.", lachte mein Besuch.

"Stimmt wohl.", antwortete ich karg.

Es war wirklich verzwickt. Wir hatten schon einige Runden hinter uns und keiner von uns hatte eine passende Karte um die Reihe zu ende zu legen. Kaum zu glauben das eine einzelne Karte dafür verantwortlich war, dass man nicht vorran kam und alles auf Stillstand war. Es war eben Glück welche Karten man bekam.

Die nächste Karte beendete jedoch den Stillstand unseres Spiels. Jorden konnte endlich ablegen und gewann. Eine einzelne Karte entschied über Sieg und Niederlage.

"Ich habe gewonnen!", freute er sich.
 

Sein Gesicht stahlte wie die Sonne. Ja... Wie die hell leuchtende Sonne, dessen Licht einen manchmal blendete...Gegen ihn war ich nur ein kleiner, dunkler Schatten, der ihn mit seinen tristen Tönen niemlas erreichten konnte.
 

Dieser Abstand zwischen uns...nein ein ganzes Universum an Welten schien uns von einander zu trennen. Was passierte hier nur? Setzte ich mich etwa in Bewegung? Konnte ich es nicht mehr ertragen auf der Stelle zu verweilen?

Das Alles nur wegen ihm? Wegen Jorden..
 

"Was ist? Du starrst mich so entgeistert an.", unterbrach seine sanfte, erheiterte Stimme meinen Ausflug in die Gedankenwelt.

Ich winkte ab.

"Nichts. Alles in Ordnung."

Er sah mich nachdenklich an, als glaubte er mir nicht. Kein Wunder. Schließlich belog ich ihn ja auch. Unmöglich konnte ich ihm von diesen verworrenen Gedanken erzählen. Dann wüsste er wie verwirrt ich wirklich war.

"Du Benjamin...wie kam es eigentlich, dass du dich entschlossen hast, mich vom Training ab zu holen und Zeit mit mir zu verbringen...so etwas hast du noch nie von dir aus gemacht.", wechselte er das Thema. Ein Thema, das ich am liebsten umschifft hätte. Wie so viele.

Sollte ich ihm etwa erzählen, dass es mir nicht gefiel, dass er so viel Zeit mit einem Typen verbrachte, der es mit ziemlicher Sicherheit auf ihn abgesehen hatte? Das es mich wütend machte. Das konnte ich nicht. Nicht jetzt!
 

Ich zuckte mit den Schultern.

"Ach das hatte keinen besonderen Grund...", wich ich ihm aus. Jorden wollte mir das aber nicht glauben. Er durchschaute mich.

"Aber...das stimmt doch nicht...du wärst niemals zu mir gekommen, wenn du keinen besonderen Grund gehabt hättest!", stellte er die unausweichliche Wahrheit fest. Sein Kopf senkte sich für einen Augenblick, als sammelte er neue Kraft. Als sich sein Kopf wieder hob konnte ich Enttäuschung und gleichzeitig auch Mut in seinen Augen erkennen.

"Wieso sagst du mir nicht einfach die Wahrheit? Denkst du, dass ich sie nicht verkraften könnte?", wollte er wissen. Seine Worte drangen tief in mich vor. In eine Region, die noch nie jemand wagte zu berühren. Nicht auf diese Weise.
 

Seine Worte erinnerten mich wieder meine Gedanken, die ich vor einiger Zeit hatte. Das ich der feige Idiot von uns beiden war.

Nicht er würde die Wahrheit nicht verkraften...sondern ich. Mein feiges ich, dass sich in diesen zurückgezogenen Winkel meiner eigenen, kleinen Welt, vor der Außenwelt verschlossen hielt, hatte Angst. Vor dem was kommen würde...als ahnte es etwas,...was ich noch nicht benennen konnte.
 

Ich seufzte ratlos. Mir was auszudenken würde mich sicher nicht weiterbringen. Jorden wollte die Wahrheit hören. Nur die Wahrheit.

"Also gut...Ich...", wie unbeholfen ich doch war, wenn er bei mir war. "Ich wollte dich...", stammelte ich vor mich hin bis mich eine seltsame Wut erfasste und mir meine Stimme zurückbrachte. Mit meiner Faust schlug ich einmal kräftig auf den Tisch, was Jorden kurz erschrack. "Ich wollte dich halt wiedersehen verdammt! Ist das ein Verbrechen?!", ertönte meine laute Stimme, die zugleich...verzweifelt geklungen haben musste. Plötzlich war ich erschrocken über mich selbst. Was hatte ich da eben gesagt?

Jorden sah mich für einen Augenblick ebenso überrascht an, wie ich es über mich selbst war.

"Vergiss es...", murmelte ich und stand auf. Ich brauchte eine Kippe, um mein aufgewühltes, schneller schlagendes Herz zu beruhigen. Also griff ich nach der Zigarettenschachtel, die auf dem Nachtschrank lag und ging damit zu meinem Ballkon. Mit einem "Klick", zündete ich sie an und inhallierte tief in meine Lunge.

"Benjamin, du bist ein Idiot!", erwiederte Jorden.

leicht erschrocken sah ich zu ihm rüber. So etwas aus seinem Mund zu hören, klang seltsam.

Seine Wangen war schon wieder rot, als sei er verlegen.

"Wie um alles in der Welt soll ich das denn vergessen? Wenn mir jemand...", unterbrach er, bis er schließlich fortfuhr, "Wenn mir derjenige den ich mag so etwas zu mir sagt?!"
 

Moment mal...derjenige, den er mochte? ...etwa...mich...



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Neko-Tenshi
2015-01-18T00:49:17+00:00 18.01.2015 01:49
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Antwort von:  Midnight
18.01.2015 17:04
Ist das ein Kommentar? O:O
Antwort von:  Neko-Tenshi
18.01.2015 17:27
Jaein xD
Von:  Morphia
2015-01-16T19:41:28+00:00 16.01.2015 20:41
Oh mein Gott! Ist das schön! *o*
Jetzt möchte ich endlich mal offizielle Liebesgeständnisse hören. :D


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