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Totgesagte leben länger

von

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V. Friede, Freiheit, Mousse au Chocolat

Zu sagen, dass die Nacht unbequem war, wäre noch untertrieben. Ich konnte allein schon durch bloßes Stillsitzen die Gitterstäbe des magischen Drahtkäfigs unter mir zählen. Vermutlich war es dicker Silberdraht, wenn man bedachte, was für Fotos an den Laborwänden hingen. Ehrlich gesagt, war ich froh, dass die Wissenschaftler, nachdem sie uns eingesperrt hatten, das Licht wieder ausgemacht hatten. Somit mussten wir wenigstens nicht die ganze Nacht auf diese grauenhaften Bilder starren.

Irgendwann war Atlas trocken genug, um sich wieder unsichtbar machen zu können und nach kurzem Überlegen riet ich ihm, Percy aufzusuchen. Es war zwar mitten in der Nacht, aber ohne Hilfe eines Hauselfen würde Atlas ziemlich lange brauchen, um in Percys Büro zu gelangen. Mein Bruder kannte immerhin Atlas, auch wenn er nichts von der Zeichensprache wusste, mittels derer der Minimuff und ich kommunizierten. Aber ich vertraute darauf, dass, wenn plötzlich das vollkommen aufgebrachte Haustier seiner Schwester in seinem Büro aufkreuzte, Percy sich schon so seine Gedanken und Sorgen machen würde, oder zumindest nach mir sehen würde, um Atlas wieder bei mir abzuliefern. Leider wusste ich damit immer noch nicht, wie lange es dauern würde, bis man uns hier unten fand, aber nun ja, immerhin war der Anfang zu unserer Rettung gemacht.

An Schlaf war in dieser Lage nicht wirklich zu denken, doch auch so schmerzten unserer Glieder aufgrund der unbequemen Haltung reichlich genug, als das abermalige Eintreffen der Wissenschaftler, die einen sichtlich ausgeruhteren Eindruck machten als wir, den Anbruch des nächsten Tages signalisierte. Dennoch brachte der Tag für mich etwas Erfreuliches mit sich: Fred! Beinahe so als gehörte er zu den Wissenschaftlern, kam er mit ihnen in das Labor, streifte sich die weiße Laborrobe über und machte sich dann an einem der gefliesten Arbeitstische ans Werk. Der Anblick erinnerte mich einmal mehr daran, wie viele der Scherzartikel meiner Brüder auf erstaunlich wissenschaftlicher Forschungs- und Entwicklungsarbeit beruhten. Auch wenn die Werkstatt des Ladens in der Winkelgasse weit von diesem hochgezüchteten Labor entfernt war.

Was mich allerdings irritierte, war die Tatsache, dass er von mir und Blaise in den Käfigen keinerlei Notiz zu nehmen schien. Auch Blaise war Freds Anwesenheit aufgefallen.

„Ist das nicht dein Bruder?“, flüsterte er mir zu, leise genug, um nicht die Aufmerksamkeit der Wissenschaftler auf uns zu ziehen, ganz so als befürchtete er, sie könnten mit uns noch schlimmeres anstellen als uns in diese Käfige zu sperren. „George? Der den Laden in der Winkelgasse hat? Weshalb arbeitet er im Ministerium?“

„Das ist nicht George, das ist Fred. Wenn du genau hinsiehst, erkennst du, dass er beide Ohren hat. George hat nur eines. Das andere wurde ihm von Snape bei der Konfrontation in Surrey weggehext. Aber weshalb er hier im Ministerium ist, und noch dazu in dieser geheimen Forschungsabteilung weiß ich nicht.“

„Fred? Aber Fred ist doch tot.“ Ungläubig starrte mich Blaise durch die Gitterstäbe an.

„Oder eben nicht... Denn das dort drüben ist eindeutig Fred. Und wenn du es wissen willst, ja, er ist der Grund weshalb ich mich auf unsere nächtliche Unternehmung eingelassen habe. Weshalb ich überhaupt in der ersten Nacht hier war“, platzte es leise aus mir heraus und ich erzählte, was ich von Atlas erfahren hatte.

„Minister Thicknesse gab den Hauselfen den Auftrag, die Forscher hier zu versorgen“, fügte Blaise still hinzu, als ich geendet hatte. „Das stand in den Abteilungsberichten der Kantine. Offenbar hat niemand diesen Befehl widerrufen und so tun sie es heute noch... Vielleicht... wenn die Elfen kommen, um Essen zu bringen...“

Ich schüttelte energisch den Kopf. „Tamso, der Hauself mit dem Auftrag, kommt nicht ins Labor. Das solltest du eigentlich noch aus der Schulzeit wissen. Schließlich war das eine der zehn Regeln, die Professor Snape und sogar das alte Walross Slughorn jedem eingehämmert haben: Im Labor wird nicht gegessen, nicht getrunken, nichts konsumiert, es sei denn, es handelt sich um einen unter Aufsicht eingenommenen Zaubertrank!“, imitierte ich die Stimme von Snape. „Einer der anderen Räume wird vermutlich als Speisezimmer hergerichtet sein, während die übrigen benutzten Räume höchstwahrscheinlich als Schlafquartiere dienen.“

Wie nah ich mit dieser Vermutung lag, sollten wir bereits wenige Stunden später feststellen, als offenbar Frühstückspause war. Ein Blick auf die Armbanduhr verriet mir, dass es neun Uhr war, als die Wissenschaftler allesamt ihre jeweiligen Versuche in einen gesicherten Zustand zauberten und dann den Raum verließen. Alle bis auf einen.

Nachdem er sich vergewissert hatte, dass die anderen alle gegangen waren, kam Fred zu den Käfigen herüber. Also hatte er unsere Anwesenheit doch wahrgenommen. Doch noch ehe ich etwas sagen konnte, oder gar in eine Tirade ausbrechen konnte, die sogar Mum das Wasser reichen konnte, bedeutete er mir mit einer Geste still zu sein.

„Psst! Sie werden sowieso gleich kommen, um nachzusehen, wo ich bleibe“, zischte er mir zu. Und auf mein irritiert fragendes Gesicht hin fuhr er fort: „Ich bin so etwas wie ein Ehrengefangener hier. Auch wenn ich freiwillig hier bleiben würde, um der Truppe mit ihrem Projekt zu helfen. Das Projekt ist schließlich zu wichtig, um unvollendet zu sein. Aber nun ja, vermutlich würden sie mir nicht glauben, dass ich ihnen freiwillig helfen würde. Dazu sind sie zu sehr in ihrer eigenen, paranoiden Welt gefangen. Ehrlich, manche von ihnen würden Moody diesbezüglich ganz schön Konkurrenz machen, lebte unser Lieblingsauror noch.“

„Du bist ihr Gefangener?“, unterbrach ich ihn an dieser Stelle. „Und hilfst ihnen trotzdem? Würdest freiwillig hier bleiben? Was ist das bitte für ein Projekt, das wichtiger ist als deine Familie davon zu informieren, dass du noch am leben bist?“ Ehrlich, das ging über meinen Begriffshorizont hinaus.

„Wieso? Hat euch George denn nicht gesagt, dass ich noch lebe?“ Jetzt war es an Fred irritiert dreinzublicken.

„Er hat zwar stets behauptet, dass du nicht tot wärst, konnte aber auch nicht das Gegenteil beweisen. Was zweifelsfrei auch reichlich schwierig ist, wenn man einen Toten, der exakt so aussieht wie du, mein lieber Fred, begraben hat!“

„Stoffwechsel...“, murmelte Fred auf meine Worte nur reichlich zusammenhangslos. „Aber natürlich...“ Dann fing er sich wieder. „Was das Projekt betrifft, so kann ich euch im Moment noch nichts darüber erzählen. Erst müssen sich hier ein paar Dinge ändern. Doch so wie ich das sehe, dürfte das, dank eurer Ankunft nur noch eine Frage der Zeit sein. Denn die Forscher hier werden niemand anderem glauben als dem Minister...“

„Und wie wäre es, wenn du uns einfach freiließest?“, mischte sich nun Blaise ein.

Fred schüttelte augenblicklich den Kopf. Ich meinte sogar einen Anflug von Furcht in seinen Augen zu sehen. „Würde an der Situation nicht viel ändern. Denn die Chancen, dass es euch, selbst wenn ich euch aus den Käfigen ließe, gelingen würde, zu fliehen, sind beliebig gering. Und ich sagte ja schon, dass die Forscher hier reichlich paranoid sind. Sie werden nicht davor zurückschrecken, bei eurer Wiederergreifung weitaus drastischere Mittel zu ergreifen als euch lediglich einzusperren. Mittel, die am Ende tödlich ausgehen könnten. Bitte... Ginny... vertrau mir einfach! Ich werde euch auch nachher was zu essen mitbringen. Keine Sorge, wir lassen euch nicht verhungern. Und früher oder später wird man euch vermissen... Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich die Dinge hier ändern. Zumal wir so kurz vor dem Durchbruch stehen.“ Mit diesen Worten eilte Fred aus dem Labor.
 

***
 

Wenn man nichts zu tun hatte, außer sich davon abzulenken, dass man unbequem in einem zu engen Käfig eingesperrt war, konnte man sich dabei ertappen, die absonderlichsten Gedanken zu verfolgen. Zumindest ging es Blaise so. Zwar hatte er Sudoku als Gesellschaft, was mehr war, als er von Ginevra sagen konnte, deren Minimuff ja ihre Rettung organisierte, andererseits waren sie nie wirklich allein, wenn man bedachte, dass ihre Käfige direkt nebeneinander standen und um sie herum eine Horde paranoider Wissenschaftler ihrer geheimen Forschungsarbeit nachging. Doch trotz aller Gesellschaft hatte man einfach viel zu viel Zeit für abstruse Gedanken. Was vermutlich erklärte, weshalb Blaise bereits jetzt mental seine Spesenabrechnung aufstellte, obgleich er dafür immer vier Wochen nach Beendigung eines Einsatzes Zeit hatte. Nun ja, immerhin hatte dieser Vollpensionsverpflegung durch die Wissenschaftler etwas für sich, auch wenn die Unterbringung zu wünschen übrig ließ: Blaise sparte die Ausgaben für drei Mahlzeiten am Tag. Und da dies bereits der zweite Tag war, den sie in dieser misslichen Lage verbrachten... Wobei die unbequeme Lage ihn mehr dazu brachte, sie zu überlegen, wie er einen ausgiebigen Aufenthalt in einem magischen Spa inklusive Massage in der Abrechnung rechtfertigen konnte. Denn natürlich übernahm sein Arbeitgeber die Kosten für medizinische Behandlungen – und nach dem Aufenthalt hier war eine Massage mehr als nur medizinisch notwendig, wobei vermutlich das britische Ministerium für Zauberei die Ausgaben aufgedrückt bekäme –, aber medizinische Behandlungen geschahen in einem ordentlichen Krankenhaus und nicht in einer exklusiven Wellness-Oase. Und natürlich bot ein ordentliches Krankenhaus auch medizinische Massagen an... nur waren die längst nicht so erholsam in Blaises Augen, wie die in einem Spa... Nichts gegen das Personal des St. Mungos, aber die Medimagier dort verwendeten meist wohlplatzierte Massagezauber, die in etwa so viel Zartgefühl aufwiesen, wie Hagrids Hände beim Teigkneten für seine berühmtberüchtigten Kekse. Kein Vergleich zu den Massagen, die man in einem magischen Resort bekommen konnte, wo die Masseure ihren Massagen lediglich mit Zauberölen den magischen Touch verliehen, sich sonst aber auf ihr Fingerspitzengefühl verließen.

Jetzt wo er darüber nachdachte, wäre es nicht schlecht, wenn er auch eine Möglichkeit fände, einen Spa-Aufenthalt für Ginevra in seinen Spesenabrechnungen unterzubringen. Sie hatte es mindestens genauso dringend nötig wie er und zugegeben, ein Wochenende mit ihr in einem Spa zu verbringen, hatte durchaus etwas für sich. Natürlich müsste es eines sein, wo auch Haustiere erlaubt waren und es akzeptable Mousse au Chocolat auf der Speisekarte gab. Blaise liebte echte, französische Mousse au Chocolat. Allein schon bei dem Gedanken daran wurde ihm der Mund ganz wässerig. Denn auch wenn die Wissenschaftler sie nicht verhungern ließen, Zimmerservice war in ihrem Käfigdomizil nicht wirklich inbegriffen.

Blaise war so damit beschäftigt, sein mentales Adressbuch nach einem passenden Wellnessetablissement zu durchforsten, nachdem er beschlossen hatte, ungeachtet ob es ihm gelang seine Spesenabrechnung dahingehend zu frisieren, mit Ginevra ein Wochenende an einem solchen Ort zu verbringen, dass er die unterschwellige Veränderung in der Magie des Raumes zuerst nicht bemerkte. Erst als Ginevra ihn ungelenk anstieß, blickte er auf und sah, dass die Forscher regelrecht von Panik ergriffen waren.

„Was ist los?“, wisperte er seiner Mitgefangenen zu, nicht gewillt, die Aufmerksamkeit der Wissenschaftler auf sich zu ziehen.

„Ich glaube, es kommt jemand“, flüsterte diese zurück. „Siehst du, wie ihre Blicke immer wieder zur Tür wandern?“

„Aber es wurde kein Alarm ausgelöst...“

„Was heißt, dass wer auch immer kommt, von diesem Labor weiß und auch weiß, wie man die Alarmzauber abschaltet. Ich vermute, es war das Abschalten, was wir soeben gespürt haben und was die Wissenschaftler hier so in Panik versetzt hat.“

Und tatsächlich, keine drei Minuten später wurde die Tür zu dem Labor aufgestoßen und niemand anderer als der Minister für Zauberei, Kingsley Shacklebolt, höchstpersönlich kam hereinmarschiert. Dicht gefolgt von Percy Weasley, der einen ausnahmsweise nicht unsichtbaren Atlas auf der Schulter sitzen hatte.

Zu behaupten, dass die Anwesenden von seinem Erscheinen überrascht waren, wäre vermutlich die Untertreibung des Jahrzehnts gewesen. Zwar hatte Blaise gewusst, dass Ginevra ihren Minimuff zu ihrem Bruder Percy geschickt hatte, und er hatte auch gewusst, dass dieser der persönliche Assistent des Ministers war, aber das Erscheinen Shacklebolts, einschließlich des Abschaltens der Alarmanlage, bewies, dass der Minister die ganze Zeit von dieser nicht im Haushalt verzeichneten Forschungseinrichtung gewusst hatte. Blaise wusste nicht recht, wie er darüber denken sollte und beschloss eine endgültige Schlussfolgerung auf später zu verschieben. Stattdessen beobachtete er die Ereignisse, die sich im Raum entfalteten. Wie in Zeitlupe nahm er wahr, dass auch Ginevra überrascht war, dass der Minister persönlich gekommen war, sie zu befreien; interessanter aber waren die entsetzten Gesichter der Forscher, als sie erkannten, wer dort in der Tür stand. So entsetzt, dass einer der Wissenschaftler spontan die Phiole, die er zuvor mühsam am Ende einer Destillierapparatur hatte volltropfen lassen, fallen ließ. Und vermutlich war es nur der Tatsache, dass der Minister jahrelang den Auroren angehört hatte und zudem reichlich Zeit in der Gegenwart der tollpatschigsten Aurorin der Abteilungsgeschichte, Nymphadora Tonks, verbracht hatte, zu verdanken, dass es Kingsley Shacklebolt mit einem blitzschnellen Zauberstabschwung gelang, die Phiole Millimeter über dem harten Steinfußboden abzufangen und so ein Zerschellen dieser so überaus bedeutungsvollen Phiole zu verhindern.
 

Es war herrlich auf einem hölzernen Sonnenbett mit einer dicken, weichen Auflage zu liegen, in einen Palmenhimmel zu blicken, hinter dessen Blättern er vage die gläserne Überdachung des Bodwrog-Spa auf Anglesey erahnen konnte. Es war ebenso herrlich, eine gut gekühlte Schale des vermutlich besten Mousse au Chocolat diesseits des Kanals in Reichweit zu wissen. Und beinahe unschlagbar herrlich war das Gefühl, endlich wieder entspannt zu sein, nachdem Madame Mafalda mit ihren magischen Händen ihr Massagewunder bewirkt hatte. Weit besser als der Muskelentkrampfungstrank, den das Ministerium ihm gegeben hatte, nachdem sie das Labor hinter sich gelassen hatten.

Neben ihm kicherte jemand und als Blaise sich umwandte, musste er grinsen. Ginevra lag auf der Liege neben ihm und beobachtete, wie Sudoku Atlas jagte, wobei der Minimuff aber immer wieder schummelte und sich unsichtbar machte. Es hatte ihn ein wenig Überredung gekostet, ehe Ginevra zugestimmt hatte, ihn für das Wochenende hierher zu begleiten, aber auch wenn ihr Zögern angesichts der Tatsache, dass sie ihren totgesagten und nun doch lebendigen Bruder ungern sobald nach seinem Wiederfinden allein lassen wollte, verständlich war, hatte sie zugeben müssen, dass er wohl kaum in den nächsten paar Tagen schon wieder für mehrere Jahre verschwinden würde. Zumal die Arbeiten der geheimen Forschungsabteilung tatsächlich am Tag ihrer Befreiung einen so entscheidenden Durchbruch erlebt hatten, dass davon auszugehen war, dass das ganze Projekt in weniger als einem Monat beendet sein würde.

Überhaupt war die ganze Geschichte dieser Abteilung und die Art wie Fred in dieses Puzzle passte beinahe unglaublich. Vermutlich hätte Blaise es selbst nicht geglaubt, wenn er nicht im Finale dabei gewesen wäre. Wobei vermutlich für den Minister am überraschendsten war, dass Blaise ausgerechnet in den Kantinenberichten die entscheidenden Hinweise gefunden hatte, die zu dem Ende des Versteckspiels geführt hatten. Denn es war offensichtlich, dass der Minister die ganze Zeit von der Abteilung gewusst hatte, ja sogar, dass er von Fred Weasleys Überleben gewusst hatte und nach der Miene des Weasleyzwillings zu urteilen, hatte Shacklebolt seinerzeit längst nicht so schockiert reagiert wie jetzt bei der Aufdeckung des ganzen. Aber gut, vermutlich hätte es Blaise selbst auch nicht wirklich überrascht, wenn er nach Voldemorts Herrschaft den Posten des Zaubereiministers übernommen hätte und dann entdeckt hätte, dass unter seinem Vorgänger eine Forschungsabteilung gegründet worden war, die auf Voldemorts Befehl hin einen Trank entwickeln sollten, mit dem man gesunde Zauberer, Hexen, Muggel und sogar nicht-menschliche magische Kreaturen mit Lykantrophie infizieren konnte. Wobei es natürlich keine konkreten Aufzeichnungen über die Abteilung oder ihre Forschungsarbeit gegeben hatte. Diese Details hatte Shacklebolt später von Fred Weasley erfahren. Angesichts der Tatsache, dass einer der Gründe, weshalb Voldemort Thicknesse für den Posten des Ministers gewählt hatte, der war, dass Thicknesse ein Talent hatte, das Talent anderer zu erkennen, selbst wenn diese im Ministerium aufgrund aufgeblasener Egos ihrer Vorgesetzten ihr Licht mehr als nur unter den Scheffel stellten, war es wenig verwunderlich, dass die vom Minister zusammengestellte Forschungsgruppe es tatsächlich innerhalb des kurzen Jahres von Voldemorts Herrschaft es geschafft hatte, den Infizierungstrank fertig zu stellen. Aber der Infizierungstrank war nur der halbe Auftrag gewesen, wenngleich natürlich der für Voldemort vorrangige Teil. Die zweite Hälfte hatte darin bestanden, ein Gegenmittel dafür zu finden, denn nicht einmal Voldemort war so wahnsinnig, eine Waffe auf die Zaubererwelt loszulassen, die er nicht kontrollieren konnte. Eine Waffe, die sich am Ende gegen ihn richten könnte, wenn er kein Gegenmittel besaß... Dazu war Voldemort ein zu großer Kontrollfreak. Leider aber hatte Voldemorts Herrschaft nicht lange genug gedauert, um auch das Gegenmittel zu entwickeln und so sahen sich die Wissenschaftler nach fast einjähriger Isolation plötzlich mit einer Situation konfrontiert, wo sie nicht sicher sein konnten, für die Weiterführung ihres definitiv als Dunkle Künste zu klassifizierenden Projekts ausreichende Mittel zur Verfügung gestellt zu bekommen. Immerhin war der neue Minister eine Figur des Lichts, ein Kämpfer des Guten... In dieser Situation war ihnen Fred Weasley über den Weg gelaufen, der gerade von einer geheimen Mission in Rumänien, um dort Blut eines schwangeren Drachens mit dessen Hilfe er das Ohr seines Bruders George nachwachsen lassen konnte zu organisieren, zurückgekehrt war. Noch hatte niemand den von den Toten wieder auferstandenen Zwilling zu Gesicht bekommen, und in einem Akt paranoider Verzweiflung hatten die Wissenschaftler Fred Weasley gekidnappt, um mit der Drohung, den Weasley-Sproß mit ihrem Lykanthropie-Trank zu infizieren, Forschungsmittel vom Minister zu erpressen.

Beinahe wäre dieser Plan fehlgeschlagen, denn zum einen war Shacklebolt nicht gewillt sich von potenziellen Todessern oder möglichen Parteigängern Voldemorts erpressen zu lassen und zum anderen war der ehemalige Auror höchstpersönlich bei der Beisetzung von Fred Weasley gewesen und war somit mehr als nur geneigt zu glauben, dass die Wissenschaftler ihm einen der ihren unter dem Einfluss von Vielsafttrank präsentierten, in der Hoffnung, dass er nicht gewillt sei, das Leben eines Menschen zu riskieren, den er kannte und der ihm in gewisser Weise etwas bedeuten musste. Als Kampfgefährte, als Sohn von Kampfgefährten, als Bruder seines Liebhabers... Interessanterweise war es Fred selbst gewesen, der Kingsley Shacklebolt dazu gebracht hatte, dem hirnrissigen Plan der Forschungsgruppe zuzustimmen. Das Projekt faszinierte ihn, er wollte helfen und es gelang ihm auch den Minister davon zu überzeugen, dass er wirklich er selbst war. Dass statt seiner Cornelius Fudge unter dem Einfluss von Vielsafttrank gestorben und begraben worden war. Weil nach dem Tod der Stoffwechsel aufgehört hatte und somit der Trank nicht mehr hatte abgebaut werden können. Und nachdem der Minister einmal über den unschönen Punkt der Erpressung hinweggekommen war, hatte er auch eingesehen, dass Fred Recht hatte in dem, dass die Forschungsarbeit zwingend weitergeführt werden musste. Wissen ließ sich nun einmal nicht zerstören, egal wie sehr man es auch versuchte. Und Wissen, gleich welcher Natur, war in den falschen Händen immer gefährlich. Um wie viel gefährlicher war dann das Wissen um einen Lykanthropie-Trank? Ohne Gegenmittel? Zumal das Gegenmittel das Potenzial besaß natürlich infizierte Werwölfe von ihrem schrecklichen Leiden zu heilen? Eben jenes Gegenmittel war endlich an dem Tag gefunden worden, als Percy Weasley und der Minister mit Atlas’ Hilfe gekommen waren, um Ginevra und Blaise zu befreien. Es war in der Phiole gewesen, die beinahe zerborsten wäre.

Blaise spürte, wie etwas über seine Beine wuselte, doch als er rasch hinblickte, konnte er nichts sehen. Atlas... „Bist du sicher, dass dein Minimuff nicht in Wirklichkeit ein verhexter Slytherin ist? So wie der schummelt...“, fragte er Ginevra neben sich.

„Wohl kaum“, gab diese grinsend zur Antwort. „Denn ich dachte, um ein Slytherin zu sein, darf man sich nicht erwischen lassen, oder wenn höchstens vom eigenen, parteiischen Hauslehrer, der dann nur die Gegenseite bestraft. So wie sich Atlas anstellt, ist er höchstens ein Gryffindor.“

„Ein passendes Haustier also für dich...“ Blaise ließ den Satz ein wenig unvollendet in der Luft hängen.

„Eigentlich müsste ich dieses ‚Kompliment’ jetzt erwidern und etwas ähnlich schmeichelhaftes über Sudokus Slytherineigenschaften sagen, aber irgendwie...“ Auch Ginevra brachte es nicht fertig den Satz ganz zu vollenden.

„Sudoku ist ein Ravenclaw. Wäre ich schließlich beinahe geworden. Aber dann wäre ich im gleichen Haus wie Anthony Goldstein gelandet. Und mit dem kam ich schon in der Babyzaubergruppe, in die uns unsere Mütter gesteckt haben, nicht klar.“

Ginevra lachte und es war ein Lachen, das sogar noch besser war als Mousse au Chocolat. Und das bedeutete in Blaises Fall viel. Sehr viel. So viel, dass für ihn feststand, dass egal wohin ihn die Internationale Zaubervereinigung als nächstes schicken würde, er jede mögliche freie Minute in England verbringen würde...
 

ENDE



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  _Delacroix_
2013-02-19T13:24:17+00:00 19.02.2013 14:24
Interessante Aufklärung. 
Ich gebe zu, ich war immer Vertreterin der Ansicht, wenn ich Jemanden mit Lykanthropie infizieren will, lass ich Greyback in ein Glas spucken und spritze die Pampe meinem Opfer in die Blutbahn, aber ich gebe zu, da uns niemand sagt wie viel Speichel ich bräuchte, kann es gut sein, dass die Nummer nicht funktioniert.

Jedenfalls hat die Geschichte mir sehr gut gefallen. War sehr unterhaltsam und hat mir wie immer Spaß gemacht sie zu lesen. Ginny fand ich wie gesagt auch sehr spannend charakterisiert und ehrlich gesagt überlege ich gerade, ob ich dir empfehlen soll, die Geschichte bei Arcturus' Wettbewerb "Slytherin Pride" einzureichen. Der WB hat zwar eine Pairingklausel, aber ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass deine Story unter das fällt, was Nix da ausschließen wollte. 
Musst du mal drüber nachdenken.^^


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