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Das rote Tuch

von

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Unliebsame Entdeckungen

Hektisch und mit unruhig suchenden Augen betrat Malik das Büro. Er schlug die hölzerne Haustüre dabei schwungvoller auf als geplant und so begleitete den jungen Dai bei seiner späten Ankunft ein lautes Krachen. Ein wenig atemlos und auf unsicheren Beinen eilte der Schwarzhaarige in den Raum, lenkte seine Aufmerksamkeit zu der offenstehenden Dachluke und murmelte dabei leise, unverständliche Worte. Er – und sein Kumpane – schienen die ersten Eintreffenden zu sein. Wäre dem nämlich nicht so, wäre das Büro verschlossen gewesen, denn noch immer läuteten die Stadtglocken ihre warnende, dumpfe Melodie. 'Der Erste verriegelt das Büro und wartet auf die Anderen.' hatten die Assassinen Jerusalems ausgemacht. Wo waren sie alle?

„Sie müssten längst da sein.“ seufzte Malik verstimmt hervor, als er sein Langschwert mitsamt Scheide von seinem Waffengürtel löste, um es auf dem Tresen abzulegen. Seine verbliebenen Wurfmesser und der blutbefleckte Dolch folgten.

„Sie werden schon noch kommen...“ der viel zu ruhige Altaïr folgte dem Kartografen mit wallender Robe und hielt ebenso vor dem alten, langen Tisch, um sich durchatmend an das Einrichtungsstück zu lehnen. Der Mann wirkte zwar gefasst, doch bestimmt war er von dem vorangegangenen Kampf und der Flucht vor Addin's Leuten erschöpft und ziemlich durstig. Seine gespielte Ruhe und Gelassenheit regte den atemlosen Dai auf, doch er schnaubte nur leise anstatt zu schimpfen.

„Wir haben doch schon so lange gebraucht.“ murrte Malik, als er sich mit dem weißen Ärmel trockenes Blut aus dem Gesicht rieb. Die goldenen Adleraugen folgten dabei jeder seiner Bewegungen und hielten ihn stechend fixiert. Es war unangenehm. Mit gerecktem Kinn und tödlichem Blick linste der Dai zu dem Anderen zurück und hielt inne „Was?“.

„Ich wusste nicht, dass du sie noch anziehst.“

Ein fragendes Blinzeln seitens Malik, dann ein deutendes Nicken Altaïrs in die Richtung des irritierten Kartografen, der heute wie sein Zwilling aussah. Der Ältere verschränkte die Arme vor der Brust und Malik war sich nicht so sicher, ob das im Blick des größeren Assassinen Belustigung oder Verwirrung darstellen sollte. Vielleicht beides.

„Überraschung.“ brummte der Jüngere betroffen und sah wieder fort, versuchte die durchdringend musternden Augen des Adlers zu ignorieren und sich nicht betreten zu geben. War gar nicht einmal so einfach. Malik schluckte trocken und zog sich die Kapuze vom Kopf.

„Und ich wusste nicht, dass du noch kämpfst, Malik.“

„Ach?“

„Schreiber kämpfen nicht.“

Malik biss die Kiefer aufeinander und warf Altaïr schweigend einen weiteren finster-vorwurfsvollen Blick zu. 'Schreiber'? Er war kein Schreiber. Wehe, der Andere fing nun damit an sich über ihn lustig zu machen. Er verkniff sich eine derbe Beleidigung und klopfte sich imaginären Staub von der vielschichtigen Kleidung, um sich abzulenken.

„Du aber schon.“ setzte der Ältere nachdenklich fort.

„Mach dich nicht lächerlich, Altaïr. Worauf willst du hinaus?“

„Warum hat dich Al-Mualim hierher geschickt?“

„Weil der alte Rafik gestorben ist.“

„Was?“

„Durch einen Dolch in seinem Hinterkopf und auf offener Straße. Jerusalem ist ein gefährliches Pflaster.“

„Nein ich meine-“

Klar meinte er etwas Anderes. Ein genervtes Seufzen verließ die Kehle Maliks und er schlug die Augen nieder „Hör zu. In der Bruderschaft gibt es keinen Platz für invalide Auftragsmörder. Ich hatte damals Glück überhaupt als... 'Schreiber' hierher zu kommen. Hätte ich meinen rechten Arm verloren wäre ich nicht einmal das; ich bin Rechtshänder.“

„Aber du kämpft gut.“

Der Dai hielt für wenige Wimpernschläge lang den Atem an und presste die rauen Lippen aufeinander. Die feststellend lobenden Worte seines sonst so ungesprächigen Bruders rührten ihn irgendwo tief in seinem Innern, doch er verbarg dies stur. Dennoch konnte er sich ein bitteres Lächeln und ein leicht angetanes „Hm.“ nicht verkneifen. Er wendete sich wieder zu seinem Gegenüber um und stemmte sich die Hand in die Hüfte; das etwas verrutschte Lächeln war noch immer nicht ganz aus seinen Zügen gewichen.

„Du kämpfst gut für einen Gelehrten, Malik.“ wiederholte der Andere mit ernster Miene und beäugte den Jüngeren nach wie vor interessiert. Bestimmt fragte er sich wie lange der Schwarzhaarige gebraucht hatte, um sich einen einarmigen – und effektiven – Kampfstil anzueignen. Woran sollte er gerade auch sonst denken?

„Und du kämpfst gut für einen Novizen, Altaïr.“

„Ich bin kein-“

Laute Stimmen und ein Poltern auf dem Dach des Hauses ließen die beiden Assassinen im Büro zusammenzucken und aufhorchen. „Sie sind hier.“ Malik zögerte nicht; sofort hielt er auf seinen – gegen die Vorschriften geöffneten - Vorgarten zu und seine dunklen Augen suchten den oberen Bereich mit dem Holzgitterverschlag ab. Momente später tauchten dort auch schon drei Gestalten auf, eine davon zischte ein aufgebrachtes „Bring ihn rein, bring ihn rein.“ und zog dabei ihr Bastardschwert.

Ijlal's Cousin hievte den stöhnenden Karim Augenblicke später etwas umständlich durch die offene Dachluke herein und der bestürzte Malik streckte seinen Arm aus, um das gequälte Bündel von Assassinengesellen entgegenzunehmen. Schlaff sank der schmale Körper gegen den besorgten Dai und Malik umfasste ihn sicher; seine Sorge galt zunächst aber noch den Brüdern am Flachdach „Braucht ihr Hilfe??“.

„Nein nein. Wir sind bald zurück.“ schmunzelte der junge Mann über seinem Kopf fast schon belustigt und schlug den breiten Dacheingang geräuschvoll zu bevor er aus der Sicht des Kartografen verschwand. Ijlal und die Anderen schienen wider Erwarten keine Probleme – und vielleicht sogar Spaß an der ganzen Sache mit den Templern - zu haben; oh Mann, Spaß. Malik spürte, wie sich Erleichterung in seinem Innern breit machte, als er mit den Augen rollte. Die alten Stadtglocken würden wohl nicht mehr sehr lange schlagen.
 

„Altaïr, hilf mir mal.“ der Dai legte den geschwächten Karim sachte auf die vielen Kissen im Garten und bedachte ihn mit vorläufig abwägenden Blicken. Der Junge sah nicht gut aus. Ganz und gar nicht gut. Er blutete aus Wunden an Stirn, Kinn und Wange, auch an seinen Mundwinkeln klebte die zähe, rote Flüssigkeit. Seine dunkelbraunen Haare hingen ihm wirr in das blasse Gesicht mit dem blauen, zugeschwollenen Auge und sein dünn gewordener Leib bebte. Der Adler Masyafs stand in der nächsten Sekunde schon bei Malik und dem leise jammernden, völlig verdreckten Jungen inmitten der bunten Kissen und beäugte Karim kritisch.

„Trag ihn bitte nach hinten...“ fing der unruhige Kartograf an, denn mit nur einem Arm tat man sich eher schwer damit Andere zu tragen ohne sie sich über die Schulter zu werfen „Ich bin gleich bei euch, ich hole nur eben das Verbandszeug.“.

Ohne aufzumucken tat Altaïr wie ihm geheißen, denn er erkannte den Ernst der Lage, und verschwand mit dem schwer verwundeten Gesellen im hinteren Bereich des Büros. Es überraschte Malik ein wenig, dass sich der arrogante Ältere dermaßen hilfsbereit zeigte – und das, ohne zu schimpfen oder zu murren. Wieder einmal ertappte er sich dabei die Anwesenheit seines alten Bekannten gut zu heißen. Passierte in letzter Zeit irgendwie viel zu oft.
 

II
 

Mit mitleidiger Miene und einem tiefen Ausatmen beugte sich Malik über den verletzten Karim und betrachtete dessen blutunterlaufenes Auge eingehend. Altaïr hatte den Jungen zuvor auf das Bett des Dais gelegt und stand nun irgendwo hinter dem Schwarzhaarigen; mit dem Rücken an die Wand gelehnt, passiv doch aufmerksam beobachtete er das blutige Geschehen im Zimmer.

Karim schniefte leise und wollte sich mit zitternden, dreckigen Fingern an das Gesicht fassen, doch Malik hielt ihn davon ab. Es durfte nicht noch mehr Schmutz in die ohnehin schon entzündeten Wunden des Jungen gelangen und er sollte noch weniger als das mit den lang gewordenen Nägeln an ihnen herum zupfen.

„Karim, hörst du mich? Es ist alles gut. Du bist jetzt in Sicherheit.“ sprach Malik ruhig vor sich hin und verstellte sich somit gekonnt. Der Anblick seines jungen, abgemagerten Freundes erschütterte ihn und verdrehte ihm den Magen; beruhigende Worte wie 'Alles gut.' hinterließen einen schalen Geschmack in seinem Mund, doch sie waren in seinen Augen nötig um den Anderen – und auch sich selbst – ein wenig zu beschwichtigen.

„Malik... Malik...“ weinte der Jugendliche mit schmerzerfüllt verzerrtem Gesicht hervor und wollte sich aufrichten. Wieder drückte der Dai ihn an den schmalen, zitternden Schultern zurück in das harte Bett „Ruhig. Ich kümmer mich um dich, bleib bitte liegen.“.

Der Kartograf schluckte schwer und strich Karim die Stirnfransen behutsam aus dem Gesicht. Schweißnass und strähnig klebten sie an der heißen Stirn des Verletzten; er hatte Fieber, halluzinierte vermutlich. Eine Tatsache, die Malik mehr als nur unwohl stimmte. Viel zu viele Verwundete starben nicht an Schnitten, Platzwunden oder Brüchen sondern am Wundfieber, das entzündete Verletzungen in den geschwächten Körpern entfachten. Den sonst so fröhlichen Karim gerade weinend, zitternd und fantasierend zu sehen war also... grauenvoll.

„Malik...“ wisperte der Geselle wieder und streckte seine Finger nach dem Arm des Kartografen aus; dieses Mal ließ jener es zu, dass sich der Junge an seinen Ärmel klammerte.

Routiniert, doch sich nervös an der Unterlippe herumkauend wusch Malik das warme Gesicht Karims mit einem feuchten Tuch und machte sich daraufhin daran auch die Wunden des geistig Abwesenden zu reinigen. Die an dessen Stirn, an der verdreckten Wange und die aufgeplatzte Haut an dessen Kinn. Schnell war das zuvor noch weiße Tuch, das der 24-Jährige immer wieder in eine Wasserschüssel tauchte und auswrang rötlich verfärbt und mehr als nur einmal musste er Altaïr nach frischem Wasser schicken. Der schweigsame Assassine hatte sich nicht gegen diese einfache Aufgabe gestellt, doch Malik hatte den Widerwillen in seinem Blick gesehen. Altaïr war wahrlich noch immer kein Freund von Wasser.
 

„Ist er es?“ fragte der Adler, als er mit einer frisch gefüllten Wasserschüssel neben Malik trat und das Gefäß auf dem kleinen Nachttischchen abstellte.

„Karim.“

„Ja.“

„Ja. Natürlich.“ gab Malik Altaïr auf dessen Frage irritiert zurück, als er eine kleine Kompresse mit Alkohol tränkte und sie dem Gesellen auf dem Bett an die aufgeschlagene Wange drückte. Karim stöhnte gequält und seine Fingernägel gruben sich schmerzhaft in den Arm des 24-Jährigen.

„Ich meinte, ob er derjenige mit den Blumen ist.“ kam es trocken zurück; der plötzlich so grimmige Krieger wendete sich ab und der Kartograf stutzte für wenige Wimpernschläge lange. Über seine Schulter blickte er prüfend zu Altaïr zurück, fragte sich warum der Adler die farbenfrohen Blüten im Büro gerade jetzt und schon wieder ansprach.

„Ja.“

„... aha.“

'Aha'? Malik runzelte die Stirn und schüttelte seinen Kopf ein wenig, dann wendete er sich wieder dem Versehrten vor sich zu. Seine vorsichtige Hand machte sich daran die knielange Robe des Jüngeren an der Vorderseite zu öffnen. Bestimmt wies sein dünner Körper überall Male der schändlichen Missetaten von Addin's Männern auf. Hoffentlich waren keine Knochen gebrochen oder Sehnen angerissen.

„Weißt du was? Mach dich nützlich und verschließ das Büro.“ gab der Dai an Altaïr gerichtet von sich und nickte auffordernd in die Richtung der Zimmertüre „Warte auf die Anderen und öffne das Dach erst wieder, wenn die Glocken aufgehört haben zu läuten, ja?“. Sollte reichen, um den Adler Masyafs zu beschäftigen und ihn daran zu hindern weitere, seltsame Fragen zu stellen. Malik konnte gerade keinen viel zu alten Novizen gebrauchen, der ihm im Nacken saß und Blödsinn quatschte. Er musste sich konzentrieren.

Ohne noch etwas von sich zu geben verließ Altaïr den Raum auf leisen Sohlen.
 

III
 

Malik's braune Augen fielen etwas irritiert auf den halb entblößten Körper vor sich und er legte seinen Kopf schräg. Er hatte den Torso des Jungen auf Blutergüsse oder Prellungen untersuchen wollen, doch stattdessen sah er mit zusammengezogenen Augenbrauen einer breiten, hellen Binde entgegen. Hatte sich in den letzten Tagen bereits jemand um Karim gekümmert..? Seine Kleidung war an der Vorderseite nicht aufgerissen gewesen, er konnte keinen Schnitt am Brustkorb haben... also warum war er verbunden? Vorsichtig fuhren Malik's Fingerspitzen unter den relativ sauberen Verband und seine dunklen Augen bedachten jenen skeptischen Blickes, als er ihn lockerte. Kein geronnenes Blut war daran zu sehen, auch keine anderen Wundflüssigkeiten. Seltsam. Vielleicht hatte man ja auch nur Salbe aufgetragen und den Verband angelegt, damit die Paste die Kleidung des Gesellen nicht verklebte? Malik tat dies selbst oft, verband die Überbleibsel seines linken Arms regelmäßig, um die empfindliche Haut dort vor Verletzungen zu schützen oder Wundcreme darauf zu halten. Er zuckte beiläufig mit den Schultern.

Doch dann fielen dem Mann plötzlich die beiden, ganz leichten Wölbungen unter Karim's Binde auf und er stutzte. Moment. Was zum-

Seine Lippen standen etwas offen, als er dem Verband weiterhin entgegen starrte und ihm klar wurde, dass sich darunter etwas ganz anderes als eine schlimme Verwundung befinden musste. Nur allmählich fiel es ihm wie Schuppen von den Augen und der verdatterte Mann erstarrte für viele, rasende Herzschläge lange wie zur Eissäule.
 

Zögerlich und mit beinahe schon scheuen Fingern zog Malik die etwas schief sitzende, weiße Binde um den Oberkörper seines Gegenübers nach unten. Was er daraufhin sah ließ den Schwarzhaarigen zurückzucken und brachte ihn dazu sich die Hand in überraschtem Entsetzen an den Mund zu legen. Seine ungläubigen Augen weiteten sich einen Deut. Brüste.

Oh. Oh! Nein. Das durfte doch nicht-

Karim war... verflucht nochmal, er war eine Frau! Der breite Verband war, um dies zu verbergen, so eng um den Torso dieses Mädchens gebunden gewesen, dass er rote Einschnitte und Abdrücke hinterlassen hatte; bestimmt schmerzte es dieses Ding zu tragen. Der fassungslose Dai verzog sein Gesicht, als bereue er es Karim's Geheimnis ungewollt gelüftet zu haben und sah fast schon schlechten Gewissens und aus den Augenwinkeln zum nassen Gesicht der besinnungslosen Jüngeren auf.

„Ach, verdammt, nein...“ flüsterte der Dai leise in sich hinein, sprach damit seine Gedanken aus und resignierend zu sich selbst „Karim, was machst du nur für einen Blödsinn..?“. Noch einmal blickte er musternd an der Besagten hinab; auf deren sich schnell auf und ab senkende Brust und... weiter runter, zu ihrem Schritt. Was hatte sich diese gerissene Dame dort unten in die Hose gestopft, damit es so aussah, als wäre sie ein Kerl...?

Der tief seufzende Malik fuhr sich mit der Hand über das entgeisterte, plötzlich so farblose Gesicht. Bei allen Göttern, das hier würde nun noch was werden. Irgendwie fühlte er sich gerade wie ein... Sexualstraftäter. Aber musste er das denn? Er war sich nicht sicher.
 

Malik hatte viele tiefe Atemzüge gebraucht, um sich wieder einigermaßen zu fassen. Doch schlussendlich hatte ihn die Stimme des Gesellen- oder... nein... der Gesellin zurück in das Hier und Jetzt gerufen. Karim – oder wie auch immer diese junge Frau hier wirklich hieß – hatte wieder damit angefangen laut zu jammern, zu keuchen und zu klammern. Malik hatte sich trotz seiner unguten, neuen Entdeckung daran gemacht sie zu versorgen; sich einen Schubs gegeben die fiebrige Dame zur Gänze zu entkleiden. Immer wieder sah er dabei verunsichert in die Richtung des halb offenstehenden Zimmerausgangs, lag Karim hier nun ja auch völlig nackt in seinem Bett, damit der Medizinkundige keinen entzündeten Schnitt oder blauen Fleck übersah. Die Anderen durften das arme Mädel so nicht sehen, denn Frauen waren in der Bruderschaft nicht als Assassinen geduldet. Nicht auszudenken, wie die anderen Brüder reagieren würden! Bestimmt würden sie Al-Mualim hiervon berichten und, oh, Malik wollte sich gar nicht erst ausmalen was der strenge und teils konservative Großmeister mit der jungen Frau anstellen würde. Bestimmt würde er sie besonders hart bestrafen und verstoßen. Das durfte auf keinen Fall passieren.

Er würde mit Karim reden müssen, sobald es ihr wieder besser ging; sie durfte sich nicht erwarten weiterhin als Lehrling des Informanten Jerusalems arbeiten zu dürfen, denn es war einfach zu riskant. Die Frau brauchte einen neuen Plan. Und außerdem wollte Malik wissen, was ihr in den schlimmen Tagen ihrer Gefangenschaft unter Addin passiert war. Was die Templer mit ihr gemacht hatten, wo man sie eingesperrt hatte, ob sie entdeckt hatten, dass sie kein männlicher Assassine war und ob sie sie daraufhin-

Der Schwarzhaarige atmete einmal tief durch und sah aus verengten Augen auf, als er die Frau auf der Bettmatte skeptisch fixierte. Besorgnis machte sich in seinem abgekämpften Gesicht breit – zusammen mit einer klammen Unsicherheit; darüber was passiert war und noch kommen mochte. Er wollte eigentlich überhaupt nicht darüber sinnieren, doch er würde es müssen. Bald.
 

Der pflichtbewusste Kartograf ächzte entnervt und fuhr sich mit der Hand durch den Nacken, als er Karim verarztet hatte und sah sich nachdenklich im kleinen Raum um. Er konnte das entblößte Mädchen nicht so hier liegen lassen; in ihre dreckige und vollgeblutete Robe würde er sie nicht mehr stecken und eine Decke würde nicht reichen, um den Frauenkörper auf Dauer und sicher zu verbergen. Also blieb nur noch eines: Der Dai fischte nach einem Hemd und einer leichten Hose, die er sonst beim Schlafen trug und die daher zusammengefaltet unter seinem flachen Kopfkissen lagen. Die beiden Kleidungsstücke waren weit genug, um Karim's Geheimnis vorerst – und ohne die luftabschnürende, breite Binde - zu verbergen.

Malik schob seine etwas zittrige Hand auf Schulterhöhe unter Karim, wollte versuchen sie zum Sitzen zu bewegen. „Komm, hoch...“ wisperte der Mann der Verletzten ermutigend zu, als er sie ein wenig aufrichtete, um ihr sein graues Hemd über den strubbeligen Kopf zu ziehen. Karim stöhnte ein leises, abwesend klingendes „Au, aua...“ und schob ihre Hände an den Rücken des Anderen, um sich mit verkrampften Fingern an ihm festzuhalten – doch immerhin sank sie nicht wieder zurück. Ihr musste vom hohen Fieber schummrig sein, vielleicht auch übel. Wann hatte sie zuletzt etwas gegessen oder getrunken?

„Ich bringe dir gleich etwas Wasser... okay?“ Wasser und Medizin gegen die Schmerzen. Der Schwarzhaarige strich der Klammernden das viel zu große Hemd behutsam glatt und fasste nach der Schlafhose neben sich. Und genau in diesem Augenblick hörte Malik Schritte. Dann Altaïr's raue Stimme „Die Anderen sind da, niemand wurde schwer verletzt.“.

Ertappt fuhr der Kartograf zusammen und Adrenalin schoss in sein sowieso schon vor Nervosität wallendes Blut, er drückte Karim unbewusst und in einer Art... Beschützerinstinkt enger an sich.

Ah, verdammte- Warum bewegte sich Altaïr stets so leise? Hatte er etwa irgendetwas gesehen? Nein. Nein bestimmt nicht, Malik hatte Karim das Schlafhemd schnell genug übergestreift und außerdem saß er direkt vor ihr. Altaïr konnte nichts gesehen haben.

„Wa-was?“ schnappte der alarmierte Kartograf während die Verwundete ihr gerötetes Gesicht stumm weinend an seine Schulter presste. Altaïr antwortete nicht, denn er wusste, dass ihn der perplexe Jüngere sehr wohl verstanden hatte. Malik spürte einen abschätzigen, eisigen Blick im Nacken.

Na großartig.
 

IV
 

„Gut gemacht.“ Malik lächelte knapp, als er seinen Blick durch seine sechs versammelten Brüder streifen ließ. Von ihnen stand nur der eigensinnige Altaïr etwas abseits, mit verschränkten Armen und schien gar nicht zuzuhören. War aber auch einerlei.

„Majd Addin ist tot, Al-Mualim wird zufrieden sein... ich schicke heute noch eine Nachricht nach Masyaf.“ der Dai schenkte den anderen Männern, die sich auf Sitzkissen in seinem Büro ausruhten Tee ein und nickte anerkennend. Er hatte die minderen Verletzungen jedes Einzelnen von ihnen versorgt – nur um sich selbst hatte er sich nach wie vor nicht wirklich gekümmert. Noch immer klebte ihm Dreck und etwas getrocknetes Blut an Gesicht und Robe und seine schwarzen Haare sahen etwas wirr aus.

„Ich brauche eure Berichte des heutigen Tages... ich werde sie mir notieren und euch dann entlassen. Wer will kann auch gerne bleiben und sich ausruhen, das Büro steht euch wie immer offen.“ gab er von sich wie es die Routine und Vorschrift von ihm verlangte und setzte sich schlussendlich selbst auf eines der bestickten Kissen. Tief durchatmend ließ er sich mit dem Rücken voran an die kühle Wand sinken und ruhte seine müden Augen für einen Moment lange aus. Gleich würde er die Anderen befragen, ihre Aussagen in eines seiner großen Bücher schreiben und dann... dann würde er sich erst einmal waschen und endlich hinlegen. Es war bereits dunkel draußen.
 

„Was ist mit Karim?“ hakte Ijlal nach und Malik schlug seine schmerzenden Augen wieder auf, um zu dem besorgten Älteren hinzusehen. Er hob die Brauen etwas an und räusperte sich leise, sah im Augenwinkel wie Altaïr seine vollste Aufmerksamkeit urplötzlich auf ihn lenkte „Er kommt durch.“. Die Brüder im Büro wirkten verstimmt und schwiegen betreten, Malik setzte aber noch einmal zum Sprechen an und brach die Stille sogleich wieder „Er hat Wundfieber, ich habe für ihn getan was ich konnte. Der Rest liegt an ihm. Danke, dass ihr dafür gesorgt habt, dass er lebend hier ankommt.“.

Noch immer hingen die goldenen Adleraugen auf dem Dai; Letzterer lenkte seinen Blick nun auf Altaïr und seine Miene veranschaulichte nur allzu gut wie zuwider es Malik war dermaßen finster angesehen zu werden. Der Andere wendete seinen Kopf jedoch nicht ab, sondern erwiderte das böse Starren eisern. Ach, was war denn bitte schon wieder mit diesem dummen Novizen los? Womöglich nahm er Malik die Sache von... letzter Nacht übel. Mhm. Doch wieso hatte er den Kuss dann überhaupt erwidert? Er hätte genauso gut aufstehen und gehen können, doch das hatte er nicht getan. Er war geblieben und hatte Malik unter sich bugsiert; sie hätten beinahe-

Oh, bloß nicht daran denken. Der junge Dai senkte sein Haupt fort und atmete flach durch. Warum pochte sein Herz schon wieder so schnell? Das durfte doch nicht wahr sein.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Becka
2013-03-27T19:22:03+00:00 27.03.2013 20:22
ich lese die story zwei mal, hier und auf fanfic. kriege aber nie genug!^^
liebe sie!
Karim ist also eine frau, das hab ich nicht erwartet, was mich nicht überrascht ist Altairs eifersucht.das ist so süß!!!:)
freue mich schon darauf wie es weiter geht und wie er auf Maliks beschützer instinkt reagiert.
LG Beka
Von: abgemeldet
2013-03-26T13:27:00+00:00 26.03.2013 14:27
HUAUAJHNBScdyvjsncfjl<svcdl<njlnv<jk <33333 S

SENPAI. Ich hab gestern NAcht vergessen ein Kommi zu schreiben, also hole ich es jetzt nach und oh mein Gott! > w < <3333333
Ich würd so gerne versuchen Madame 'Karim' zu zeichnen ° W °);;;; <3
Antwort von:  Crevan
26.03.2013 15:52
awwww do it! *A* <3
ich wollte sie eigentlich auch schon lange mal scribbeln... nur bin ich grade in so nem derben kreaTIEF dass ich absolut nix auf die reihe bekomme *lol*


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