Zum Inhalt der Seite

Das rote Tuch

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Tod

„Ich geh vor.“ schnappte Malik verärgert unter seiner weißen Kapuze hervor „Versuch die Bruderschaft nicht noch weiter zu entehren, Ibn-La'Ahad.“. Der Assassine winkte entnervt ab, bevor Altaïr noch eine Weitere seiner großkotzigen Äußerungen tätigen konnte und wendete diesem Trottel den Rücken zu. Mit Wut im Bauch und finsterem Blick stapfte der Schwarzhaarige los, tiefer in die klammen Katakomben hinein, die zu Solomon's unterirdisch gelegenem Tempel führten und ließ seinen irritierten jüngeren Bruder und den arroganten Adler Masyafs zurück.

Al-Mualim hatte sie drei losgeschickt, um ein wertvolles Artefakt aus dem Tempel zu bergen – worum es sich dabei handelte wusste der mürrische Assassine nicht. Es war ihm auch einerlei solange sie das Ganze hier schnell hinter sich bringen würden; jede Minute, die er länger mit Altaïr zusammenarbeiten musste, stachelte den tiefen Groll in seinem Innern weiter an.

Der dumme Novize war vor wenigen Wochen zum Rang eines Meisterassassinen aufgestiegen und seither schien er nach seinen eigenen grotesken... Spielregeln zu handeln und nicht im Sinne des Kredos. Trampelte durch die Gegend wie eine Horde Pferde und ermordete jeden, der ihm in die Quere kam kaltblütig.

'Haltet eure Klingen von Unschuldigen fern.' eine ganz einfache Regel. Doch bereits in den ersten Stunden hier unten hatte Altaïr sie gebrochen; vor wenigen Augenblicken erst hatte er seine versteckte Klinge in den Rücken eines Mannes gerammt, der es womöglich nicht verdient hatte zu sterben. Und er hatte geglaubt im Recht zu sein, tat es immer noch. Was würde als nächstes kommen? Würde Ibn-La'Ahad den dreckigen Templerorden aufscheuchen und dessen Schlächter guten Gewissens nach Masyaf locken, weil es in seinem verwirrten Schädel irgendwie Sinn machte? Tse. Malik würde dem Großmeister alles erzählen, denn Al-Mualim war jemand, der es schaffte den sturen Altaïr wirkungsvoll zurechtzuweisen. Er war der Einzige, auf den dieser Depp hörte. Seit... seit etwa sechs, sieben Wochen jedenfalls.

Malik schnaubte leise und schluckte schwer, als ihn seine Füße über feuchte Holzbalken trugen, die über einen schmalen Abgrund führten. Der 24-jährige Mann zögerte oder strauchelte bei keinem seiner Sprünge, sicher trafen dicke Stiefelsohlen auf marodes Holz und die Schöße seiner langen, weißen Robe flatterten hinter ihm her wie die Schwingen eines Falken. Der Assassine stand kurz vor der Aufnahme in den Kreis der Meister der Bruderschaft. Hatte Altaïr seine Prüfung schon vor einiger Zeit abgelegt, so lag es heute an Malik sich zu beweisen. Sobald er nach dieser – hoffentlich erfolgreichen – Mission nach Masyaf zurückkehren würde, würde man auch ihm seinen linken Ringfinger nehmen und er stünde somit wieder auf der selben Stufe wie der egozentrische Altaïr.

Vor knapp zwei Monaten – bevor sich alles so schnell verändert hatte zwischen ihnen - hätten sie nach dem Ritual wohl ausgiebig miteinander gefeiert, der Ältere hätte sich aufrichtig mit ihm gefreut, ihm gratuliert, ihn herzlich umarmt und später, wenn sie alleine gewesen wären... geküsst und vielleicht auch mehr. Doch diese Zeiten waren vorbei. Eine eisige Kälte hatte sich zwischen sie beide gelegt, eine weite, unüberbrückbare Kluft geformt aus schlechten Gedanken und Vorwürfen; und wenn sie sich nicht anschwiegen oder ignorierten, dann stritten sie oder fielen einander sogar an die Kehlen wie zwei wilde Hunde, die um ihr Revier kämpften. Malik war sich sicher: irgendwann würde eine ihrer beinharten Streitigkeiten eskalieren. Und dann würde einer von ihnen sterben. Ganz bestimmt. Sie hatten in der Vergangenheit zwar schon immer gerne gezankt, doch die jetzige Situation war eine Andere; voller Feindseligkeit und tiefster Missgunst.

Es... Es war alles Altaïr's Schuld. Seine und Adhas. Der Adler hatte diese seltsame Frau auf einer seiner letzten Missionen kennengelernt und Malik daraufhin links liegen lassen. Einfach so. Er war wie ausgewechselt gewesen; abweisend, unfreundlich, kühl und emotionslos. Malik wusste bis heute nicht warum. Er wusste, dass sich der Andere in diese Adha verliebt hatte, doch warum er Malik seither wie ein Fremder war, das war dem Jüngeren ein Rätsel. Vielleicht sprach diese Furie-... Frau schlecht über Malik, vielleicht wollte sie nicht, dass Altaïr mit ihm zu tun hatte und der Adler folgte ihren weibischen Zetereien blind, um ihren Wünschen gerecht zu werden.

Pah. Hatte Malik vor Jahren geglaubt Abbas sei eine Quelle großen Übels? Falsch. Adha war viel viel schlimmer. Sie hatte ihm Altaïr genommen und verbot ihm nun den Umgang mit seinem... Freund oder was auch immer er für den anderen Assassinen gewesen war. Es hatte Malik das Herz gebrochen. Der Abend, an dem sein Geliebter ihm mit trockener Stimme gesagt hatte, dass er nichts mehr von ihm wissen wolle, war fürchterlich gewesen. Der Schwarzhaarige hatte geglaubt, er müsse sterben; er war auf die Knie gefallen und hatte geweint – so lange bis die Trauer in seinem Innern einer bitteren Leere Platz gemacht hatte. Er hatte... tagelang einfach nichts gefühlt, war wie von sich selbst losgelöst und völlig durch den Wind gewesen. Malik hatte dabei funktioniert wie eine Maschine, alles – die Trainingseinheiten, die wenigen Mahlzeiten, die er zu sich genommen hatte oder knappe Gespräche mit Kadar - war vor ihm vorbeigezogen, als hätte er sich in einem schlechten Traum befunden. Doch es war kein Traum gewesen.

Später hatte sich die Leere in ihm dann wieder aufgefüllt. Mit Bitterkeit und Hass. Mit Hass auf jeden, der die Schuld an seinem Leid getragen hatte. Und diese blinde Rage war auch heute noch präsent, beutelte ihn gerade in diesem Moment wieder und trieb ihm Wasser in die brennenden Augen. Schwer atmend hielt der Assassine vor einer maroden Leiter, die eine Ebene weiter nach oben führte und wischte sich blinzelnd das Glitzern aus seinen Augenwinkeln fort.
 

Der flüchtige Blick des Assassinen folgte Altaïr, als dieser bald an ihm vorbei schritt und die hölzerne Leiter nach oben nahm. Seine braunen Augen verschmälerten sich und er biss sich auf die Unterlippe. Völlig unbewusst wanderten seine kalten Finger an die kleinen Wurfmesser, die in seinem breiten Waffengürtel steckten.

Erst, als Malik eine Hand auf seiner Schulter spürte, sah er aus seinen düsteren Gedanken auf und wendete seinen wirren Kopf Kadar zu. Der Jüngere stand ganz plötzlich neben ihm und lächelte ihm etwas nervös, doch warmherzig entgegen „Willst du Wurzeln schlagen? Komm, geh vor.“. Malik's Bruder klopfte ihm den breiten Rücken in einer freundlichen Geste und der Ältere fasste schweigend nach den Leitersprossen vor sich.
 

II
 

„Was willst du, Assassine?“ ein kühles Lächeln zog sich über das Gesicht des hellhäutigen Templers mit dem französischen Akzent in seiner Stimme, seine schwer bewaffneten Männer bedachten ihn teils mit erwartungsvollen, teils mit verunsicherten Blicken. Doch nicht annähernd so unsicher, wie sich der aufgebrachte Malik in diesem prekären Moment fühlte. Zähneknirschend trat er neben Ibn-La'Ahad und ballte die Hände zu Fäusten. Dieser Volltrottel hatte die schützenden Schatten verlassen und war schnurstracks auf den Großmeister Robert de Sable losmarschiert. Mit arrogant erhobenem Haupt und einer dämlichen Siegessicherheit in seinem Blick, die Malik den Magen hatte umdrehen wollen. Was hatte sich dieser Kerl nur gedacht? Was sollten sie nun tun? Glaubte er tatsächlich, die Templer würden sie einfach so wieder gehen lassen? Zusammen mit dem Artefakt? Wie dumm musste man sein! Sie waren eindeutig in der Überzahl, verdammt!

Besser, ja, besser, sie redeten sich irgendwie aus dieser Angelegenheit heraus und sahen zu, dass sie schnell zurück nach Masyaf kamen. Oh, hoffentlich kam de Sable nicht auf die Idee-

„Blut.“ knurrte der Adler plötzlich, grinste und setzte zu einem abrupten Sprung an. Kadar – er hielt sich im Hintergrund, war er ja auch nur ein Novize und nicht besonders erfahren im Kampf - entkam daraufhin ein erschrockenes „Oh!“ und auch Malik's aufmerksame Augen weiteten sich in großem Entsetzen. Reflexartig griff der alarmierte Mann nach vorn; er wollte Altaïr am Arm erfassen, um ihn gewaltsam zurückzuhalten, doch er war zu langsam. Seine Fingerspitzen streiften lediglich noch den weißen Stoff der Robe des Anderen „Nein!!“.
 

Malik's Blick wanderte hektisch zwischen dem Idioten und dem imposanten, glatzköpfigen Templer vor sich hin und her. Altaïr hatte de Sable seine versteckte Klinge in die ungeschützte Kehle rammen wollen, doch sein Gegner war natürlich schneller gewesen als er und hielt ihn nun mit zwei starken Händen im Schach. Der ächzende Adler kämpfte gegen den Griff des Templer-Großmeisters an, doch er scheiterte kläglich.

Oh, um Himmels Willen...

Malik wich einen kleinen Schritt weit ab, sein Atem ging ungleichmäßig und das Adrenalin in seinem Blut brachte ihn ganz leicht zum Zittern. Sein Herz schlug so schnell, dass er glaubte, es würde gleich zerreißen, als der verstimmte Templer mit Altaïr sprach. Der 24-Jährige realisierte die geknurrten Aussagen de Sables kaum, hörte nur die verzweifelte Stimme seines kleinen Bruders hinter sich flüstern „Malik, Malik tu doch was.“.

Und dann stieß der französische Templer Ibn-La'Ahad aberplötzlich von sich. So forsch, dass der Meisterassassine rücklings davon stolperte und durch den nahen Torbogen stürzte, der diesen großen Raum von einem weiteren Gewölbe trennte. Der marode Durchgang bröckelte. Ein Krachen, ein Schrei, aufwallende Staubwolken und dann war es still. Der Adler Masyafs war fort – und die gierigen Augen de Sables fingen Malik ein „Tötet die Assassinen!“.

Der Schwarzhaarige stutzte und seine trockenen Lippen standen einen Spalt weit offen, wieder wich er zurück und stieß dabei mit dem Rücken an Kadar, der sein Schwert bereits gezogen hatte.
 

Es ging alles schnell. So verdammt schnell, dass Malik gar nicht wusste wie ihm geschah. Die Gefolgsleute de Sables stürzten brüllend auf ihn und seinen Bruder los. Der Ältere fällte sofort zwei der Soldaten mit gezielt geworfenen Messern, doch er konnte nicht lange auf seinen Fernkampfstil beharren. Schwerter und Äxte gingen sehr bald auf Kadar und ihn nieder und klirrten so hart gegen Malik's erhobene Klinge, dass Schmerz gefolgt von Taubheit durch seinen Schwertarm jagte. Er stöhnte leise, hörte den überforderten Novizen hinter sich erneut seinen Namen rufen und fuhr herum.

„Kadar! Die Leiter! Verschwinde!“ stieß der Ältere panisch aus und duckte sich gerade noch in letzter Sekunde unter einem schartigen Bastardschwert hinweg. Er stolperte fast und atmete tief ein; der aufgewühlte Staub des Steinschlags von gerade eben kroch dabei beißend in seine Lungen und er hustete. Gleich zwei weitere Männer sprangen nun auf ihn los und gaben dem röchelnden Malik kaum die Zeit dazu eine defensive Kampfhaltung einzunehmen. Dennoch schaffte er es die beiden Soldaten zurückzudrängen: er schlug dem Einen den wuchtigen Streitkolben aus der Hand und dem Anderen den Knauf seines Schwertes in das ungeschützte Gesicht. Während Letzterer laut aufschreiend und mit einer blutigen, zerschmetterten Nase auf die Knie sank, ging der zweite Mann mit seinen Fäusten auf den überrumpelten Assassinen los. Stahlbewehrte Panzerhandschuhe schlugen auf Malik ein, trafen ihn hart an der Schulter und er hob erfolglos gegen schützendes Rüstmetall. Der Assassine versuchte seinen größeren Gegner zu Fall zu bringen, indem er ihm mit einem Fuß hinter eines seiner Beine fuhr und es ruckartig zur Seite zog. Der Fremde strauchelte zwar, stolperte aber wider Erwarten nicht. Doch immerhin bekam Malik dadurch die Chance dazu durchzuatmen und sich ein paar Armlängen weit von seinem gerüsteten Widersacher zu entfernen. Seine dunklen, geweiteten Augen wanderten kurz durch die Umgebung, suchten nach Kadar, doch der Assassine konnte den Jüngeren nicht sehen.

„Kadar- agh!!“ Malik wurde von irgendetwas am Kopf getroffen und taumelte nach dem dumpfen Schlag ein, zwei Schritte zur Seite. Kleine, helle Funken tanzten durch sein schmaler werdendes Sichtfeld und die Geräusche um ihn herum – das Rüstungsklappern, die Schritte, die Stimmen – entfernten sich und wurden zu gedämpften, nur mehr schwer deutbaren Lauten. Mit der geprellten Schulter voran stieß er gegen irgendetwas hartes, blinzelte angestrengt und seufzte tief.

Malik bemerkte nicht, wie seine Hand den Griff seines so schwer gewordenen Schwertes losließ und wie er an der modrigen Steinwand an seiner Seite gen Boden sank wie ein nasser Sandsack. Ein schmerzerfülltes Stöhnen kam über seine rissigen Lippen, als er hart am Grund aufkam und kühlen, feuchten Stein an seiner Wange spürte. Und plötzlich wurde die Welt um ihn herum für wenige Atemzüge lange schwarz.
 

Merde! Er ist ja gar nicht tot, ihr Idioten!“ blaffte die tiefe Stimme mit dem französischen Akzent. Sie hallte dermaßen laut in Malik's empfindlichen Ohren wider, dass er ein unverständliches, doch lautes Jammern von sich gab. Völlig unbewusst und orientierungslos fasste der junge Mann vor sich, um verzweifelt nach Halt zu suchen, als ihn irgendjemand am Kragen packte und daran hochhob wie man es sonst nur mit Tieren tat. Und wie eine gequälte, am Nackenfell gepackte Katze, so sah Malik in diesem Moment auch aus. Er würgte leise als ihm der Stoff seiner Kleidung gegen die Kehle drückte, wand sich und seine Zehenspitzen suchten nach ebenem Grund. Aber Malik's Stiefel traten bloß einige Male ins Leere, als er seine verklärten Augen wieder einen Spalt weit öffnete. Sein Blickfeld bestand aus vielen, ineinanderlaufenden, Farben und Formen. Sie flogen wild umher wie ein Schwarm kleiner Vögel und bescherten dem benommenen Assassinen ein unglaubliches Schwindelgefühl; er ächzte und ruderte wieder mit den Armen wie ein Betrunkener.

Seine Finger trafen zitternd auf kalten Stahl und grobes Leder; Robert de Sable hielt ihn nach wie vor fest und präsentierte das zappelnde und blutige Häufchen Elend seinen verbliebenen Soldaten „Mon dieu, von wegen tot! Sieht das hier für euch tot aus?“.

Tot. Was? Wo- nein.

Nein nein!

„Nein!! Nein lass mich los!!“ Malik, in einer plötzlichen Realisation über seine momentane, heikle Situation, fing an zu schreien und versuchte den Größeren, der ihn im Griff hatte, zu treten. „Kadar!!“ wüste Beschimpfungen folgten und der wehrlose Assassine fühlte, wie Panik seine Glieder in einer bösen Vorahnung erfüllte. Tränen traten in seine Augen und er brüllte verzweifelt weiter ohne überhaupt zu merken, dass er es tat.

De Sable lachte gehässig „Hat das gerade jemand verstanden? Diese kleine, arabische Ratte scheint sich ja richtig zu fürchten!“. Die anwesenden Soldaten schienen das Amüsement ihres kaltherzigen Anführers zu teilen, manche lachten verhalten und zwei von ihnen traten vor, als der Templer-Großmeister Malik barsch von sich stieß. Die weichen Knie des angeschlagenen Assassinen gaben beinahe nach und er strauchelte, schaffte es jedoch mit Mühe und Not sich auf den Beinen zu halten. Seine Hand suchte nach dem langen Schwert an seiner Linken, doch es war fort. So wie auch seine Wurfmesser und sein geschwungener Dolch.

Tief und rasselnd atmete Malik ein ehe er sich umwendete und de Sable's Stimme erneut an ihn heran drang; eisig, bestimmend und abwertend. Er verstand nicht, was der Andere sagte „Le tuer maintenant.“.
 

III
 

Ein gellender Schrei brach aus dem geschundenen Malik hervor, als die Hiebwaffe des Soldaten vor ihm auf ihn niederging und ihn mit großer Wucht traf. Begleitet von einem widerlich knackenden Geräusch schmetterte der Streitkolben gegen seinen erhobenen Ellbogen. Der Assassine hatte ausweichen wollen, war ob seines angeschlagenen, vernebelten Kopfes jedoch zu langsam gewesen. Der Unbewaffnete hatte seinen linken Arm schützend vor sich gehoben und hatte sein Haupt somit davor bewahrt von dem harten, mit Stacheln bewehrten Metall getroffen zu werden; doch der enorme Schmerz, der nun durch sein Gliedmaß jagte raubte ihm den Atem und in den nächsten Sekunden bestimmt auch noch das labile Bewusstsein.

Der verletzte Assassine spürte einen harten Tritt in seine Kniekehle, einen Schlag in seine Seite, das Reißen von Haut und ging erneut zu Boden; er wollte sich am staubigen Grund abstützen, doch sein zertrümmerter, unnatürlich verdrehter Arm gab nach. Sein Kopf hob sich wie in Trance etwas an, als er versuchte sich zu orientieren und er rollte sich instinktiv zur Seite fort, als sein grimmig schmunzelnder Gegner wieder auf ihn eindreschen wollte.
 

Und dann sah er ihn. Sah Kadar – oder das, was von ihm übrig geblieben war – unweit von ihm entfernt im Dreck liegen. Sein Kopf ruhte in einer zähen, dunkelroten Lache; das Blut verklebte seine Haare, vermischte sich dort mit... mit irgendetwas Klumpigem, Hellerem-

Sein Kopf. Nein nein, sein Kopf- bitte nicht! Oh bitte nicht!

Der bleiche Mann streckte seine Hand nach dem Anderen aus, doch war zu weit von ihm entfernt, um ihn erreichen zu können. Alles um ihn herum stand in diesem Augenblick still, die Templer und de Sable existierten nicht, die unterirdischen Katakomben verschwanden aus seiner schummrigen Sicht; er hörte bloß seinen eigenen, rasenden Puls in den Ohren rauschen. Und er sah nur noch seinen kleinen Bruder - dessen zerrissene, schmutzige Robe, die ausdruckslosen Augen und die offenstehenden, blassen Lippen. Und... und den aufgeschlagenen Kopf mit den wirren, vor Blut nassen Haaren.

Malik rang nach Luft, doch er vermochte es nicht zu atmen.

'Ein junger Mann passt auf seinen kleinen Bruder auf, Malik. Egal was passiert.'.

Seine Augen weiteten sich, als wollten sie wie sein schweres Herz aus seinem Körper hervorspringen und er schrie vor Entsetzen, jaulte wie ein sterbender Hund und er weinte den Namen seines Bruders, wieder und immer wieder. Galle schmeckte bitter in seinem Mund und sein Magen verkrampfte sich wie die Finger seiner rechten Hand. Warme Tränen zogen schmale Rinnsale über seine verdreckten, bleichen Wangen. Und er schrie, schrie sich die Seele aus dem bebenden Leib.
 

IV
 

Malik's heisere Stimme hallte laut durch den dunklen Raum, als er sich ruckartig aufsetzte und herumfuhr. Nackte Füße traten auf den weichen Teppich vor seinem Bett und der verwirrte Dai stürzte, als seine zittrigen Beine nachgaben. Seine fahrige Hand suchte nach Halt und er warf dabei das kleine, hölzerne Nachttischchen um; Bücher raschelten, eine kleine Lampe schepperte und sein halbvoller Wasserkrug traf mit einem dumpfen Geräusch am Grund auf. Malik schluchzte unkontrolliert, als er seine panischen Augen aufschlug und sich hektisch auf die Knie rappelte. Die peinigende Realisation darüber wo er sich befand und dass er – wieder - geträumt hatte, kam schnell.

„Oh Gott, nein...“ wisperte er atemlos hervor, als er sich den Arm vor die Augen hielt und die Kiefer fest aufeinander presste „Nein...“.

Der Schwarzhaarige schniefte leise, als er sich über die Wangen wischte; er setzte zum Versuch an tief durchzuatmen und sich zu fassen – erst dann spürte er die vage Präsenz im Zimmer plötzlich und zuckte erschrocken zusammen. Seine großen, glasigen Augen fingen den Schemen der weißen Gestalt ein, die am Schreibtisch des dunklen Raumes saß und ihn still und ruhig beobachtete. Malik's Lippen formten den Namen des ungebetenen Beobachters stumm, als ihm nur schleppend klar wurde wer dort kaum drei, vier Schritte weit entfernt in seinem Zimmer lungerte und... und ihm zusah.

Altaïr. Altaïr war-

Er-

War schuld.

Die zuvor noch zutiefst entsetzte, schmerzerfüllte Miene des verbitterten Dais verfinsterte sich schlagartig und ein wütender Laut entfloh seiner schmerzenden Kehle, als sich sein benommener Kopf vollends ausklinkte.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (3)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Card-Master
2013-03-19T16:25:21+00:00 19.03.2013 17:25
Oh mannomann, ich liebe deine Fanfiction so abgöttisch, dass ich jedes neu hochgeladene Kapitel sofort verschlinge.
Ich liebe die Art, wie du die Gefühle rüber bringen kannst, sodass man sich gut in die Charaktere hinein versetzen kann. Auch die Beschreibungen der Orte und Situationen liebe ich bei dir. Die vielen kleinen Details, die man in anderen Fanfictions oft nicht findet. ♥

Allerdings finde ich Adha wahnsinnig nervig. Sie ist so.. so.. so weibisch.
Ich muss allerdings zugeben, dass ich die wenigsten Frauen in Spielen (oder Filmen) mag. Ich mag allerdings Rosa, Caterina Sforza und Claudia Auditore. Die Drei sind frech, charmant, und lassen sich nicht unterbuttern. Maria Thorpe ist auch okay. Aber Adha.. Gott, die hätte ich als aller erstes umgelegt, hätte ich zu der Zeit gelebt xDD
Antwort von:  Crevan
19.03.2013 18:34
Danke für deinen lieben Kommi :D schön, dass dir die FF gefällt und, ja, willkommen! Hätte ja niemals mit so viel guter Rückmeldung gerechnet... <3

Bei Adha und Co. geb ich dir absolut Recht. Offenbar haben wir ja den gleichen Computerspiel-Frauengeschmack *lol*
Adha wird hier sicher noch ne Rolle spielen, denn Malik hat ja noch nicht genug Ärger am Hals ;> ohoho.
Von:  Becka
2013-03-12T20:31:38+00:00 12.03.2013 21:31
es wird immer spannender!wer ist die frau und was hatt sie mit dem Adler gemacht?!schließlich merkt mann ja das er gefühle für Malik hat!Freue mich auf das nächste kap.
LG Beka
Von: abgemeldet
2013-03-12T20:03:57+00:00 12.03.2013 21:03
Hallo liebe sea

ich sage dir hiermit, dass ich diese Fanfiction suchte, wie keine andere.
Keine andere deutsche AC Fanfiction hat mich so sehr gefesselt wie deine.
Ich hoffe, dass du noch weiterhin solch wunderbare Kapitel ablieferst.

Liebe Grüße
dein Fan.

PS: Ich liebe deine AC3 Videos auf YT. Backt demnächst mal Cupcakes.
Antwort von:  Crevan
13.03.2013 12:04
asdfghjkl; T___T <3 danke! Du machst mich noch ganz verlegen, ey!
Hab mich voll über dein Lob gefreut (und werd die Sache mit den Cupcakes mal notieren xD - ne Prinzessinentorte undn Lebkuchenhaus stehen momentan auch am Plan, mal sehen, was wir wirklich machen...)


Zurück