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Unverhoffte Nachbarn

Wenn Nachbarn interessant werden
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hossa xD mein bisher längstes Kapitel :D Komplett anzeigen

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Ein neuer Pfad

37. Kapitel: Ein neuer Pfad
 

Catherine saß in der Mensa ihrer Universität und starrte immer wieder auf ihr Smartphone, entsperrte es, zögerte, nur um dann wieder die Sicherung zu aktivieren. Der große Raum mit den vielen Tischen war rege besucht und Studenten, Professoren, Hiwis und Mitarbeiter tummelten sich laut schwatzend um sie herum, doch Catherine nahm es gar nicht wahr. Normalerweise mied sie diesen Ort, wenn die Vorlesungen gerade endeten und sämtliche Studenten hierher strömten. Meist kam sie entweder, wenn die Mensa gerade öffnete oder kurz bevor sie schloss. Zu diesem Zeitpunkt konnte man ohne große Probleme einen Tisch für sich alleine haben, doch heute hatte sie es mit ihren Experimenten nicht anders timen können und der Tag war bisher so anstrengend gewesen, dass ihr der Sinn nach etwas deftigen zu Essen gestanden hatte.

Nun stocherte sie jedoch beinahe lustlos mit ihrem Löffel in der Erbsensuppe und starrte unentwegt auf den Bildschirm ihres Handys. Das Geschnatter um sie herum nahm sie nur gedämpft war, denn in ihrem Kopf arbeitete es heftig.

Mittlerweile war es zwei Wochen her seit die Presse auf diese seltsame Beziehung zwischen Catherine und Sherlock aufmerksam geworden war und seitdem folgten ihr Fotografen auf Schritt und Tritt. Mit Sherlock hatte sie sich allerdings mittlerweile versöhnt, auch wenn seine Bemühungen ungewöhnlich gewesen waren. Diese hatten nämlich darin bestanden, dass er plötzlich am nächsten Morgen neben ihr auf der Matratze gesessen hatte, als sie aufgewacht war, und versucht hatte sie mit vollkommen versalzenem Rührei zu ködern. Und wenn sie sagte versalzen, dann war es wahrlich versalzen. Danach hatte sie erst einmal einen Liter Wasser trinken müssen um das auszugleichen und Sherlock war nicht erfreut darüber gewesen, dass sie so getan hatte, als ob es schmecken würde. Anschließend, nach ihrem üblichen Genecke, hatten sie sich aber dann doch vertragen.

Dennoch, ihre Treffen waren seitdem von der Anwesenheit der Presse überschattet und so manche Handlung war bewusst fälschlich interpretiert worden. Wie sie diese Reporter hasste. Ihre Freundschaft zu Sherlock war nicht schmutziger Natur, sondern nur auf dreckigen Ereignissen erbaut.

Catherine ließ langsam ihren Löffel sinken und seufzte. Sie entsperrte ihren Bildschirm und begann eine SMS zu schreiben.

John, wie wäre es mit nem Kaffee? Ich bin heute um 17 Uhr fertig. Hast du Zeit mich abzuholen? Ich brauche Jemanden zum Reden.

Sie seufzte erneut und zögerte einige Momente, bevor sie die Nachricht schließlich absendete und sich durch die Haare fuhr. Dann stand sie abrupt auf, steckte ihr Handy in ihre Tasche, brachte die Suppe weg und ging in ihr Labor zurück.
 

~*~
 

Das Licht war noch immer kalt und starr im Barts. John stand an der Laborbank neben Sherlock, der frustriert und ausschweifend seine Deduktion über den des linkshändigen Mechaniker und dem ermordeten Floristen zum Besten gab. John hörte ihm längst nicht mehr zu. Die Erklärungen waren zu wirr und schwindelerregend, als dass er mithalten könnte. Schließlich hatte Sherlock den Fall noch nicht gelöst und sprach sowieso eher mit sich selbst.

Sein Telefon klingelte. Seufzend zog er es aus seiner Jackentasche und dachte, dass dies besser nicht Mycroft mit einer abstrusen Bitte seien sollte. Er lächelte jedoch, als er auf dem Display sah, dass die Nachricht von Catherine stammte und öffnete diese schnell. Als er allerdings die Nachricht las, zog sich eine tiefe Falte über seine Stirn. Die Worte beunruhigten ihn und er tippte seine Antwort, während Sherlock munter weiterredete und fest der Meinung war, dass John ihm noch immer zuhören würde.

Ja, sicher, bis dahin ist Sherlock hier fertig. Sehe dich dann.

Ihre Antwort kam beinahe schon etwas zu schnell, als hätte sie auf sie gewartet.

Danke, John.

Kein Problem. Bis heute Abend.

Mit einem nachdenklichen Gesichtsausdruck ließ er sein Handy wieder in die Jackentasche gleiten und starrte an die Wand, während er abwesend immer mal wieder blind zu Sherlocks Aussagen nickte- er wusste mittlerweile, wann sein bester Freund das erwartete- oder ein ah murmelte, doch gedanklich hing er immer noch bei dieser seltsamen Nachricht und überlegte, was es damit wohl auf sich hatte. Es klang jedenfalls ernst.
 

~*~
 

Catherine steckte ihr Telefon wieder in ihre Tasche zurück und holte tief Luft. Ihr schwirrte momentan viel durch den Kopf und das hatte zur Folge, dass sie sich den ganzen Nachmittag über nicht richtig auf ihre Experimente konzentriere und dies rächte sich. Ihr unterlief ein schwerwiegender Fehler wodurch sie das gesamte Experiment erneut durchführen musste. Dies war auch der Grund warum sie am Abend zu spät ihr Labor verließ. Eilig stürmte sie den Trampelpfad entlang, während ihre Umhängetasche gegen ihren Oberschenkel trommelte. Ihr Atem flog und kondensierte in der Abendluft des äußerst alten Septembers. Keuchend erreichte sie den Bahnsteig der U-Bahn an dem sie sich immer mit John traf, wenn ihnen der Sinn nach einem Treffen stand. Etwas, was dank Sherlock durchaus häufig vorkam. Es gab ihnen eine kleine Priese Normalität in dieser chaotischen Welt, die Sherlock sein eigen nannte.

„John!“, rief sie, als sie ihn unter der üblichen Laterne erblickte und zu ihm lief. Keuchend blieb sie vor ihm stehen und fasste sich an die Knie. „Es tut mir so leid. Ich musste die PCR noch einmal machen. Ich war nicht konzentriert und habe einen großen Fehler gemacht. Hast du schon lange gewartet?“

„Nein.“, sagte John beschwichtigend und lehnte sich an den Zaun. „Ich war ebenfalls zu spät dran. Sherlock hat wieder einmal versucht die Wohnung abzubrennen. Ich bin auch erst vor ein paar Minuten angekommen. Hätte fast gedacht, dass ich dich verpasst habe.“

Catherine atmete erleichtert aus. Ironisch nicht, wahr? Die Neuigkeit über Sherlocks neustes Experiment amüsierte sie eher, als dass es sie bestürzte.

„Wirklich, schon wieder?“, fragte sie und ein kleines Glucksen schwang durch ihre Stimme. „Bomben Test oder ein fehlgeschlagenes Experiment?“

„Ich würde sagen beides. Mrs. Hudson war nicht besonders erfreut. Das wird er sehr viel kriechen müssen um das wieder gut zu machen. Ihre Zuneigung in aller Ehre, aber auch diese ist begrenzt.“

„Oh ja, das ist wirklich schlecht für sie, aber ich glaube, dass er das nicht tun muss, obwohl der Anblick sicher amüsant wäre.“, kicherte sie und zwinkerte John vergnügt zu. „Er ist ihr kleiner Junge…sie wird ihm vergeben. Sie hat einfach eine zu gute Seele.“

Catherine sah ihn an und rückte ihre Tasche zu Recht.

„Starbucks wie immer?“, fragte sie, als sich beide im stummen Einvernehmen in Bewegung setzen, die Gleise passierten und den Fußweg, der sich um die Sporthallte schlängelte, entlanggingen. John schüttelte seinen Kopf.

„Ich habe auf dem Weg hierher ein neues Café nur ein paar Straßen entfernt gesehen. Die Karte sah vielversprechen aus. Wie wäre es mit etwas Neuem?“

Catherine blinzelte ihn irritiert an, während sie nach rechts abbogen um sich in Richtung Stadtzentrum auf den Weg zu machen. Der Wind frischte auf und raschelte durch die Bäume, weshalb sie ihren Kragen aufstellte und ihre Hände in den Ärmeln versteckte.

„Du willst eine Tradition brechen? John, fühlst du dich gut?“, fragte sie neckisch und grinste, während ihr Atem zu einer weißen Nebelwolke wurde und vor Johns Nase tanzte. „Ich dachte du liebst diese kleinen Rituale, die wir in das unbeständige Leben mit Sherlock eingebaut haben.“

„Ja, alles in Ordnung.“, antwortete er mechanisch, während er stehen blieb und auf den Weg starrte. „Es ist nur…keine Ahnung. Es ist auch nicht wirklich wichtig.“ Mit diesen Worten drehte er sich auf dem Absatz um und lief in Richtung Ortsrand, wo sich ihr Standard Starbucks befand. Catherine blieb kurz verdattert stehen, während sie beobachtete wie John mit eiligen Schritten in Richtung Haltestelle ging. Catherine blinzelte, dann rannte sie ihm hinterher.

„Nein! John, warte! So habe ich das nicht gemeint.“ Sie fasste ihn an dem Ärmel seiner dicken Winterjacke und stoppte ihn. Er drehte seinen Kopf zu ihr und Catherine erwiderte seinen Blick irritiert. Irgendetwas stimmte nicht.

„Wir können gerne dahin gehen, wenn du willst. Es klingt toll.“, beeilte sie sich ihm zu versichern. „Ich habe bloß einen Scherz gemacht.“

John sah sie verwundert an, runzelte die Stirn und stöhnte, bevor er sich über die Augenbrauen rieb.

„Oh, verdammt. Catherine, es tut mir leid. Ich bin…nur ein wenig durch dem Wind heute.“, flüsterte er leise.

„Dann sind wir schon zu zweit.“, sagte Catherine seufzend und betrachtete ihn dann eingehender. Ihr Blick wanderte einmal an ihm herab und sie versuchte ihn zu deduzieren- sie hatte damit aus Spaß angefangen vor einiger Zeit. Sherlock wäre davon nicht begeistert, dass sie es als Hobby betrachtete und deshalb hatte sie ihm noch nie davon erzählt. Konnte natürlich trotzdem sein, dass er es längst bemerkt hatte. Catherine wusste, dass sie keine Ahnung hatte was er bereits alles über sie wusste oder bemerkte, was sie versuchte zu verstecken.

John hingegen fühlte sich unwohl, während sie ihren Blick über ihn wandern ließ. Er mochte diesen Blick von ihr nicht. Zwar konnte sie nicht deduzieren so wie Sherlock, doch sie konnte die Geheimnisse von Menschen durch andere Fähigkeiten ergründen. Wissentlich hatte er nichts zu verbergen, aber manchmal fand sie Dinge an die man nicht dachte. Wo Sherlock sachlich blieb und das sein Trumpf war, war ihrer Empathie.

„Alles in Ordnung?“, fragte sie besorgt, als sie wohl keinen Schluss ziehen konnte. John nickte nur rasch.

„Ja, alles gut. Lass uns was trinken gehen, okay?“

„Sicher. Gehst du voran?“

Sie liefen einige Zeit stumm nebeneinander her, während John ihr den Weg zu dem Café zeigte. Es lag nur einige Blocks weit entfernt und auf ihrem Weg dorthin passierten sie das übliche Vorstadt Panorama: Bücherläden, Boutiquen, Nachtclubs, Restaurants und einen Park. Während ihres Spazierganges vergrub Catherine ihre Hände tiefer in den Taschen und duckte den Kopf, als die nasse Kälte, die gerne in London herrschte, selbst durch ihren Wollmantel kroch und sich wie eine steife, starre Schicht über ihre Haut legte.

Zehn Minuten später erreichten sie schließlich ein kleines, im normannischen Stil- die englische Variante der Romantik- erbautes Teehaus, welches Kostproben verschiedener Teesorten und Mahlzeiten anbot. Warme Mahlzeiten. Catherines Magen grummelte freudig, da sie ihr Mittagessen nicht angerührt hatte. Sie betrachtete die Speisekarte und musste zugeben, dass es köstlich klang. Simple, warme, deftige Hausmannskost wie sie sie selten aß, da sie sie keine besonders talentierte Köchin war. Als John also fragte, ob sie hineingehen wollten, stimmte sie sofort zu.

Der Speisesaal war rustikal erbaut. Grober Backstein zierte die Wände, Holzvertäfelungen an der Decke und kleine Sitzecke, wo eine Teekanne auf die Gäste wartete. Der süße, würzige Geruch nach Teeblättern tanzte durch die Luft, lockte den Besucher herein, gerade bei solch einem ungemütlichen Wetter.

Rasch wurden die beiden zu einem Tisch am Rand geführt, wo sie in Ruhe reden konnte- Catherine hatte darum gebeten. Beide blickten in die Speisekarte und nachdem sich John für eine Kartoffel-Lauch Suppe und Catherine für einen deftigen Auflauf entschieden hatten, empfahl die Kellnerin einen dazu passenden Tee, doch sie entschieden sich für einen Kaffee- Catherine einen Cappuccino mit Vanille Geschmack und John für einen Kaffee Latte. Die Kellnerin mit dem rötlichen Haar lächelte freundlich, nickte und verschwand.

Nachdem sie endlich außer Reichweite war, sah John auf und blickte Catherine an.

„Also, Catherine, was ist los?“, fragte er ruhig und betrachtete sie.

„…“ Catherine schwieg einen Moment, dann seufzte sie schwer und biss sich auf die Unterlippe. „Du bist wirklich schnell, John. Oder bin ich schlicht so einfach zu lesen?“

„Du bist einfach zu lesen, zumindest für mich. Nebenbei hast du mir doch getextet, erinnerst du dich?“

„Ich weiß.“, antwortete sie und fuhr sich durch das Haar, wo John direkt wusste, dass etwas nicht stimmte. Sie tat das nur, wenn sie nervös, aufgebracht oder unsicher war. „Aber ich könnte ja schließlich nur das Verlangen zu haben zu reden. Wir machen das doch häufiger.“

„Du schreibt nur: „Ich brauche Jemanden zum Reden.“, wenn etwas passiert ist.“, sagte John ruhig und seine blauen Augen hingen an ihr. Die Kellnerin kehrte in dieser Zeit zurück und stellte die Kaffee ab ohne ein Wort zu sagen. Sie spürte wohl, dass das hier ein wichtiges Gespräch werden würde. Die beiden bemerkten sie noch nicht einmal. John war viel zu sehr damit beschäftigt Catherine zu ergründen und er war auch zu besorgt. Sie war ihm sehr wichtig und er fühlte sich für sie verantwortlich. Sie hingegen war zu beschäftigt damit herauszufinden wie sie es ihm sagen sollte. „Also, was ist passiert? Es kann nicht zu schlimm sein, ansonsten würdest du es totschweigen, bis Sherlock es aus dir herausgequetscht hat.“

„Ich…“ Catherine schloss ihre Augen und zögerte. Hastig, wenn auch nicht wirklich bewusst, nach ihren Cappuccino. „Ich habe Neuigkeiten.“

John runzelte die Stirn. „Was für Neuigkeiten?“

Catherine kaute auf ihrer Unterlippe und haderte mit sich. Sie würde am liebsten weglaufen und es vergessen, aber sie hatte keine Wahl.

„Ich werde England in zwei Wochen verlassen.“, sagte sie dann ganz schnell um es endlich los zu sein. Es hatte den ganzen Tag über schwer auf ihren Schultern gelastet und sie war froh sich endlich ihrem engsten Vertrauten mitteilen zu können.

John hingegen hustete und stotterte voller Überraschung. „Wa---was? Wann…wi---wie…warum?“

Catherine holte erneut tief Luft und umklammerte ihre Tasse. Dass ihre Hand fast schon glühte vor Hitze und schmerzte, bemerkte sie gar nicht. Der Gedanke an die Zukunft schmerzte noch mehr.

„Erinnerst du dich wie ich dir am Tag der offenen Tür erzählte, dass unsere Universität eine Partnerschaft mit dem College of San Diego eingegangen ist?“

Der Tag der offenen Tür…das war ein lustiger Tag gewesen. Noch vor ihrem Überfall, kurz nach Sherlocks Rückkehr, hatte ihre Universität einen Tag der offenen Tür veranstaltet um bald Studierenden einen Einblick zu gewähren und sie für sich zu gewinnen. Auch Catherines Labor hatte daran teilgenommen und allen, den es interessierte- auch Eltern und jungen Kindern- Experimente gezeigt. Anlässlich diesen Tages hatte Catherine John und Molly eingeladen sich ihr Institute anzusehen. Schließlich hatten sie das im Gegensatz zu Sherlock noch nicht gesehen und Molly hatte die Möglichkeit mit ihrem alten Professor zu sprechen.

Besonders Kinder hatten die Experimente sehr genossen. Kathy, Daniel und Catherine hatten für sie etwas ganz besonderes vorbereitet, während die Erwachsenen sich mit Vorträgen beschäftigen konnten oder aber andere Experimente ansehen. Um dies zu erreichen, hatten Catherine Bakterien mit unterschiedlichen Farbstoffen versetzt- ähnlich dem GFP und mCherry. Die Kinder durften mit einem Zahnstocher, die entsprechend versetzten Bakterien herausnehmen und auf einer Petrischale zeichnen. Die Petrischalen waren mit dem Namen der Kinder versehen worden und Kathy hatte sich die E-Mail Adressen der Eltern notiert um Fotos der entstanden Kunstwerke zu verschicken.

Molly und John hatten den Tag sichtlich genossen, Catherine weniger. Es waren für sie zu viele Menschen gewesen, die zu viel von ihr wollten und dann noch Professor Niels endlose Reden. Sie mochte ihren Professor wirklich gerne, aber er hatte die Angewohnheit ständig abzuschweifen und nie zum Punkt zu kommen. Hatte manchmal etwas wirklich Anstrengendes. Und dann das Aufräumen danach. Es schüttelte sie immer noch an die Gedanken.

Was für sie wirklich amüsant an diesem Tag gewesen war, war der Morgen gewesen. Sie hatte zum ersten Mal bei ihren Ziehvätern übernachtet, da sie am Vorabend eine lange Diskussion gegeben hatte und sie keinen Drang verspürt hatte in ihre Wohnung zu schlurfen. Folglich hatte sie an jenem Morgen bei ihnen gefrühstückt. Sherlock war mit der Zeitung durch den Raum marschiert und hatte sich über die Oberflächlichkeit und Angeberei der Gesellschaft beschwert. Wie darauf achteten sich darzustellen und durch Marken zu zeigen wer man ist.

Da hatten John und Catherine nur lachen können und als er sie mit seinem niedlichen Ich-verstehe-das-nicht Blick angesehen hatte nur umso mehr. Beide hatten ihm damit konfrontiert, dass er der Inbegriff von diesem Markenbewusstsein war. Als er protestierte, war Catherine vom Stuhl aufgestanden und hatte ihn mit all seinem teuren Schnickschnack in seiner Wohnung konfrontiert. Von seinen teuren Klamotten, die beinahe schon in Massen in seinem Schrank hingen wie in einem Ramschladen mit Sommerschlussverkauf, über das dreitausendfünfhundert Pfund teure Soundsystem, dass an dem teuren Philipps Fernseher angeschlossen war und kaum genutzt wurde. Catherine hatte daraufhin gemeint, dass sie schwer enttäuscht sei, dass es sich nicht um einen Loewe Fernseher handelte, welche als die perfekte Symbiose aus Klang und Qualität galten und äußerst exklusiv waren. Als er sie nur verständnislos, blinzelnd angesehen hatte, hatte Catherine freudig gegrinst und gemeint, dass sie sich durchaus mit Technik auskenne.

John hatte dann fortgefahren auf die vielen Unikate an Büchern in seinem Regal zu verweisen und die Möbel- wo Catherine meinte, dass die sicherlich aus dem Holmes Mansion geklaut waren-, danach kamen sie auf seinen unglaublichen Verschleiß an Laptops zu sprechen. Erst das Netbook, dann der Samsung Laptop und am Ende das Macbook- das mittlerweile dritte seit sie ihn kannte. Die Vorgänger hatte er meist in Frustration gegen die Wand geworfen. Als sie es dann auch noch gewagt hatte seine heilige Geige anzufassen, hatte sie Sherlock endgültig erwischt. Wütend hatte er sie angeknurrt, Zähne drohend gefletscht, ihr die Geige entwendet und sie beinahe zärtlich wie eine Mutter ihr Kind wieder abgelegt.

Danach hatte er geschmollt und sie ignoriert, bis John sie gefragt hatte, wann er da sein sollte. Schließlich hatte Sherlocks Neugierde gesiegt und er hatte gefragt, was er denn nun wieder verpasst hätte. Catherine hatte ihm von dem Tag der offenen Tür erzählt und er hatte noch mehr geschmollt, da sie ihn nicht eingeladen hatte. Dass Catherine angemerkt hatte, dass er ihr Labor schon gefühlte fünfzig Mal gesehen hatte und dass an diesem Tag lauter anstrengende Teenager, Erwachsene und kleine Kinder da wären, hatte für ihn dabei keine Rolle gespielt. Selbst dann hatte er darauf bestanden, dass sie ihn einlud. Als sie ihn schließlich fragte, ob er auch kommen wolle, hatte er natürlich verächtlich geschnaubt, sein typisches, spöttisches Bitte gesagt und abgelehnt. Sie war schon genervt gewesen, aber auch amüsiert und war dann schmunzelnd zur Universität aufgebrochen.

„Ja, ich erinnere mich.“, sagte John und verstand. „Du gehst also nach San Diego? Eine Art Austauschprogramm? Wie lange wirst du weg sein?“

Er stoppte, weitete etwas seine Augen und starrte sie an. „E---es…ist keine Festanstellung, oder?“

So etwas wie Panik stieg in John auf. Catherine konnte nicht für immer in die USA auswandern. Zu sehr hatte er sie schätzen gelernt und Sherlock war so viel erträglicher, wenn sie dabei war. Sie machte das ganze Chaos, das er verursachte, erträglicher. Catherine gab John die Illusion von Normalität, wo keine existierte.

Zu seiner Erleichterung schüttelte sie dann aber jedoch den Kopf.

„Nein, für drei Monate. Professorin Alison, eine der bekanntesten Mikrobiologinnen, hatte einen Austauschplatz angeboten und Professor Niels hatte mich empfohlen.“ Sie senkte den Blick. „Ich habe keine Wahl.“

Noch einmal entrang ihr ein Seufzen, ihre Mundwinkel zuckten traurig und sie nahm einen Schluck Kaffee. Sie wollte nicht gehen. Auch Catherine brauchte eine gewisse Beständigkeit und der Gedanke nun wieder in einem anderen Land, einem anderen Kontinent, neu anzufangen bereitete ihr Angst. Ihr wurde ganz flau im Magen dabei bei dem Gedanken daran. Sie mochte es in der Bakerstreet und sie wollte dort bleiben, ihr bekanntes Nest nicht verlassen.

„Und…was?“, fragte John. „Willst du nicht gehen? Zwingen sie dich? Das klingt doch nach einer guten Karrieremöglichkeit.“

„Ist es ja auch.“, gab Catherine mit schwerer Stimme zu. „Und ich bin auch nicht gänzlich uninteressiert. Es ist nur…ich reise nicht gerne. Und da sind andere Dinge, die mich besorgen und das ist auch der Grund, warum ich dich herbat.“

„Du weißt nicht wie du es Sherlock sagen sollst.“, stellte John fest und lehnte sich im Stuhl zurück, während er die Arme verschränkte. Er betrachtete Catherine, die so besorgt darum war und am liebsten niemals gehen würde nur um es ihm nicht sagen zu müssen. Doch sie musste gehen. Sie konnte nicht den gleichen Fehler machen wie er.

„Genau…“, flüsterte sie schwach. „Ich denke, er wird darüber nicht allzu glücklich sein.“

„Oh, ganz bestimmt nicht. Er wird stöhnen, jammern und sich beschweren, aber du wirst dich damit nicht beschäftigen müssen. Arme Mrs. Hudson und meine Wenigkeit. Er wird dich die ganze Zeit bedrängen, nachdem du es ihm gesagt hast, das ist dir ja wohl bewusst, nicht wahr?“

Catherine senkte beschämt den Blick und ihre Finger zuckten, spielten miteinander, während sie völlig überfordert war.

„Es tut mir so leid, John.“, flüsterte sie und ihre Stimme zitterte. „I---ich wollte dir niemals Schwierigkeiten bereiten.“

Abwehrend wedelte er mit der Hand und blickte sie an. „Sei nicht dumm, Catherine. Dafür bin ich doch da.“

Er nahm seinen Latte Macchiato und trank einen Schluck. „Aber ich muss dir leider mitteilen, dass es keinen super Geheimtipp gibt wie man Sherlock unangenehme Nachrichten überbringt. Ich habe gelernt, dass man es ihm einfach sagen muss. Er bemerkt es ja sowieso. Also bring es am besten hinter dich. Sonst wird das alles nur qualvoller für dich, wenn er versucht es aus dir herauszubekommen.“

Catherine seufzte schwer und flüsterte mit matter Stimme:

„Das habe ich befürchtet.“ Sie senkte den Blick. „Das wird die Hölle. Er liebt seine gewohnte Umgebung, auch wenn sein Leben unbeständig ist. Eigentlich hasst er Veränderungen.“

„Das ist wahr.“, gestand John ein und ließ kurz seinen Blick schweifen. Endlich kam auch die Kellnerin mit ihren Speisen und stellte diese auf den Tisch ab. Warme Dampf stieg von den Schalen auf und sie griffen zu ihrem Besteck, bis sie dann anfingen zu essen.

„Er muss damit lernen zu leben, Catherine. Du kannst dein Leben nicht um ihn kreisen lassen.“, sagte John schließlich mahnend, nachdem er die ersten Schlucke seiner Suppe genommen hatte.

„Das gleiche könnte ich auch über dich sagen.“, konterte Catherine und blickte ihn aus undurchdringlichen Augen an. John stöhnte und deutete auf sie.

„Wechsle jetzt nicht das Thema, Catherine Amell. Hier geht es um dich.“, erklärte er streng, doch dann, während er sie ansah, wurde sein Gesicht wieder weicher und sanfter. „Du bist noch so jung. Du solltest rauskommen und die Welt sehen, deinen Horizont erweitern. Wenn wir dich lassen würden, würdest du dich die ganze Zeit in deinem Labor einigeln und niemals herauskommen.“

Catherine seufzte und konnte ihn immer noch nicht in die Augen sehen. Sie hatte das nicht gewollt, sie hatte ihn nicht enttäuschen würden, doch er hatte recht. Die beiden diskutierten noch eine ganze Weile darüber, warum sie denn nicht die Welt sehen wolle. Catherine erklärte nur, dass sie bereits die dunkle Seite der Welt gesehen hatte. Sie hatte mehr gesehen als die meisten Menschen und in ihr einfach nicht das Bedürfnis verspürte ein anderes Land zu sehen. Es wäre ja doch nicht anders als England.

„Wenn du das wirklich glaubst, Catherine, dann gibt es nichts was ich sagen könnte um dich zu überzeugen und wenn du wahrhaft keine Wahl hast, gibt es auch nichts was wir tun können.“, sagte John, doch seine sonst ruhige Stimme war auf einmal hart. „Das ist etwas, was zum erwachsen sein dazu gehört.“

Unbehaglich biss Catherine sich auf die Unterlippe und mied seinen Blick. Diese Härte in seiner Stimme gab ihr das Gefühl, dass sie ihn enttäuscht hatte und das tat ihr sehr weh. Es war, als würde es ihr Herz erdrücken.

„Ich weiß, John.“, winselte sie beinahe reumütig. John hingegen stupste mit seinem sauberen Löffel gegen ihre Nase.

„Hey, Catherine. Sieh mich an!“ Wie immer bei den beiden, wenn sie wirklich immer etwas von ihr wollte, gehörte sie ihm und blickte auf.

„Es wird nicht so schlimm wie du es dir ausmalst, Catherine. Du wirst sehen.“

„Das ändert aber nichts an dem Umstand, dass ich es Sherlock noch sagen muss. Ich denke er wird mich anschreien.“

„Ja, oder gar nicht mit dir sprechen. Er hat das mit mir einige Male gemacht.“

„Ich weiß nicht, was schlimmer wäre.“, flüsterte Catherine resigniert.

„Er wird damit zurechtkommen. Das macht er immer.“, sagte er aufmunternd und nahm ihre Hände, bevor er sie drückte. „Wann wirst du genau abreisen?“

„Freitag in zwei Wochen um zehn Uhr morgens.“

„Ich wünschte, ich könnte mit dir kommen.“, seufzte er. „Den Grand Canyon sehen, Bryce Canyon, Sequoia National Park. In Amerika bin ich noch nie gewesen.“

Plötzlich tauchte etwas in ihrem Gesicht auf, das er schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen hatte. Ihre Augen bekamen dieses freche Leuchten und ihr Mund verzog aufgeregt, bevor sie seine Hand noch fester drückte.

„Dann brenn mit mir durch.“, flüsterte sie verschmitzt und sie grinste ihn an. John sah sie erst überrascht an, blinzelte mehrmals, aber dann grinste auch er.

„Oh, Catherine!“, sagte er mit hochtrabender, vor Freude zitternder Stimmte. „Ich wei---weiß gar nicht was ich sagen soll.“ Er holte tief Luft. „Nun…eigentlich schon. Alles was ich sagen kann ist: Ja, Liebste. Lass uns durchbrennen.“

Er zwinkerte Catherine zu, welche grinste, ihre Hand unter seiner hervorzog nur um sie dann direkt wieder auf seine zu legen.

„Oh, ich bin so glücklich, John. Ich habe genug von dieser Dreiecksbeziehung mit Sherlock.“

„Ja, Liebste.“, flüsterte John und nahm ihre andere Hand. „Wir werden endlich frei sein um uns zu lieben wie es immer hatte sein sollen.“

Catherine sah ihm in die Augen und versuchte einen tiefen, liebevollen Blick zu bekommen, doch sein Blick und seine völlig hochtrabende Stimme machten dies unmöglich. Sie brach in schallendes Gelächter aus, zog ihre Hände aus den seinen und presste ihren Kopf auf die Arme.

John hingegen versuchte seinen ernsten Gesichtsausdruck beizubehalten, aber der Anblick der lachenden Catherine machte dies völlig unmöglich und ein Grinsen begann um seine Mundwinkel zu zucken, bevor er selber anfing zu lachen.

„Es tut mir leid.“, kicherte Catherine und wischte sich die Tränen aus den Augen. „Ich konnte es einfach nicht zurückhalten, John.“

Sie holte tief Luft und es dauerte eine ganze Weile, bis sie sich wieder unter Kontrolle hatte

„Gott, verdammt.“ Nun gut, zumindest so ein bisschen unter Kontrolle. „Wir sind nicht verrückt. Nein, überhaupt nicht.“

Sie lehnte sich keuchend vor lauter Lachen zurück und holte tief Luft. John sagte überhaupt nichts dazu, sondern schmunzelte vor sich hin, sichtlich erleichtert, dass er Catherine wieder zum Lachen gebracht hatte. Sie hingegen seufzte, diesmal aber wesentlich leichter als zuvor, und schüttelte ihren Kopf.

„Das war so seltsam.“ Sie lachte erneut.“ Normalerweise tue ich so etwas mit Sherlock, wenn uns neugierige Augen beobachten.“

Genau genommen war es ein Spiel zwischen den beiden geworden. Nachdem Catherine und Sherlock bemerkt hatten, dass sie tun konnten was sie wollten, die Presse interpretierte es ohnehin falsch, da hatten sie beide aufgegeben und beschlossen, wenn die Öffentlichkeit denn so scharf drauf war, ihnen auch etwas für ihr Geld zu geben. Schließlich verfolgten die Fotografen Sherlock und Catherine auf Schritt und Tritt und machten es ihnen somit unmöglich sich so zu verhalten wie sie es sonst taten, was zur Folge hatte, dass sie beide sich eine neue Art des Umganges suchen mussten. Die beiden hatten sich dann das völlige Kontrastprogramm zu dem vorherigen gewählt: Sie waren verdammt zweideutig.

„Ich weiß.“, sagte John glucksend. „Ich hab das einmal beobachtet, als ihr dachtet ich könnte euch nicht sehen. Eine ältere Dame hat sogar mal mit mir geschimpft wie ich es denn erlauben könnte, dass meine Tochter mit solch einem älteren Mann ausgeht.“

Catherine runzelte die Stirn und sah ihn verwundert an.

„Wirklich? Oh mein Gott.“, stöhnte sie, doch sie lachte noch immer leise. „Ich hab wirklich gedacht, du würdest uns nicht sehen. Aber ernsthaft…sind Sherlock und ich wirklich so zweideutig?“

John nickte nur. „Ja, ja, seid ihr. Das kann manchmal wahrlich verwirrend sein, das glaub mir mal.“

„Ach du meinte Güte.“ Kopf schüttelnd schmunzelte sie John an. Das war ihr wirklich nicht bewusst gewesen. Sie sah da drin immer eher kleinere Spiele und Necken, als derart verwirrende Taten. Aber es war ja nicht das erste Mal, dass sie in Sherlocks Gegenwart den Sinn für die Realität verlor. „Als ob ich jemals Sherlock Holmes daten würde. Ich meine, ich bin verrückt, das weiß ich nur zu gut, aber ich bin nicht so verrückt.“

„Ich wär mir da nicht so sicher.“, erwiderte John und zwinkerte ihr zu. Catherine schmunzelte und bemerkte nicht einmal wie wenig es ihr mittlerweile mehr ausmachte, was man in ihr und Sherlock sah. Sie hatte so lange dagegen gekämpft, dass es ihr nun vollkommen egal war. Es war eh sinnlos. Was die Klatschpresse glauben wollte, würde sie glauben, egal wie sehr sie es dementieren würden. Im Gegenteil, je mehr sie es täten, desto stärker würden sie es glauben.

„Soll ich dir eine Geschichte erzählen?“, fragte sie John und aß die letzten Bisse ihres leckeren Auflaufes auf.

„Eine Geschichte?“ John blickte sie verwirrt an. „Aber kein Märchen, oder?“

„Nein, nein.“ Sie wedelte ab. „Es ist eine wahre Geschichte. Sie fand an einem klaren, aber kühlen Montagmorgen statt, so um ungefähr fünf Uhr morgens. Sherlock und ich kehrten gerade von einer unserer nächtlichen Laborsessions zurück, als wir durch einen Park liefen, da kein Taxi zur Verfügung stand. Da bemerkten wir einen Mann, der auf einer Bank saß und die Sun las mit einem weiteren Schundartikel über uns. Du erinnerst dich an den, wo Fotos gedruckt wurden, wo sie dachten, dass wir rummachen würden? Gott, das war ein schrecklicher Artikel gewesen. Nun ja…“ Sie grinste diabolisch. „Du kannst dir sicherlich denken, was Sherlock und ich dann taten.“

John lachte laut auf und schüttelte sich allein bei der Vorstellung. „Oh ja, das kann ich nur zu gut.“

„Der arme Mann war total überrascht, als wir uns plötzlich neben ihm niedergelassen haben.“

„Bitte sag mir nicht, dass ihr vor seinen Augen rumgema…“ Er stockte, als Catherine skeptisch eine Augenbraue hochzog. „Natürlich nicht. Sherlock würde so etwas niemals tun. Lass mich raten. Ihr habt über eure Hochzeitspläne gesprochen und wie ihr eure Kinder erziehen werdet, richtig?“

„Was?“, entfuhr es ihr geschockt und sie starrte ihn fassungslos an. „Nein! Das ist zu viel Kitsch. Uuuurgh. Nein, nein, wir haben nur ein wenig…nun sagen wir Erwachsenengespräche geführt…geflirtet und so weiter. Er hatte seine typische tiefe, Baritonstimme, während ich nur gelächelt, über seine Wange gestreichelt habe und gegen seine Seite gekuschelt war.“

„Und wie hat der Mann reagiert?“

„Nun ja, wie wohl jeder reagieren würde, wenn die Leute, über die man gerade liest, sich neben einen setzen.“ Sie winkte ab und grinste. „Er hat nach Luft geschnappt wie ein Fisch auf dem Trockenen und ständig von seiner Zeitung zu uns und wieder zurück gesehen. Ich hab echt gedacht, er würde gleich anfangen zu hyperventilieren. Du weißt ja wie Sherlock ist. Man muss gar nicht direkt über Sex sprechen, aber das Gespräch kann trotzdem diese Komponente bekommen. Ich glaube, er weiß noch nicht mal wie sexuell angehaucht seine Körpersprache ist.“

„Oh nein, tut er nicht. Es kommt ihm noch nicht einmal in den Sinn.“, sagte John kopfschüttelnd und stützte seinen Kopf auf die Hand.

„Also, was hat er darauf hin gesagt?“

„Gar nichts. Wir haben aber auch so getan, als würden wir ihn gar nicht sehen.“

„Und für wie lange habt ihr ihn gequält?“

„Keine Ahnung.“, seufzte Catherine leise und lächelte unsicher. Sie wusste was nun kommen würde.

„Du hast dich wieder total darin verloren, hmm?“ John seufzte und schüttelte nur den Kopf. „Oh, Catherine, Catherine.“

„Was?“, verteidigte sie sich und stieß mit ihrer Gabel in die leere Auflaufform, sodass es klirrte. „Sherlock ist nicht hässlich…und…und es hat solchen Spaß gemacht. Und ganz ehrlich…Es ist Sherlock, verdammt! Wenn seine Stimme so tief wird, dunkel und rau wird….“ Sie erschauderte bei dem Gedanken und ihre Augen waren kurz weit weg. „Bekommt er etwas Hypnotisches für Frauen und ich bin noch immer eine, erinnerst du dich?“

„Ja, danke.“, sagte John genervt und schien nun doch beleidigt. „Es ist wirklich schön zu hören was für eine verführerische Art mein Mitbewohner auf das andere Geschlecht hat.“

Catherine errötete schlagartig und trat gegen sein Schienbein.

„Aua!“

„Sei vorsichtig oder der nächste wird kräftiger.“, ermahnte sie John und warf ihm einen durchdringenden Blick zu. „und als ob Sherlock jemals in der Lage wäre so etwas für eine Frau zu empfinden. Dennoch…“ Sie streckte ihm die Zunge raus. „Ich bin noch immer eine sechsundzwanzigjährige Frau und habe Bedürfnisse.“

„Catherine…bitte!“, flehte er beinahe und verzog angewidert das Gesicht. „Das ist mehr als ich hören will.“

Sie errötete nur noch mehr und trat ihn erneut, dieses Mal fester.

„Nicht so, John. Ich schwöre dir, du machst mich verrückt heute.“

„Schön zu wissen, dass ich das auch kann.“

„Hör auf damit!“, befahl sie und trat nach ihm unter dem Tisch.

„Autsch!“

„Du verdienst es!“, sagte Catherine schmollend und zog eine Schnute, während sie abwehrend ihre Arme vor der Brust verschränkte. „Eines Tages, mein Guter, muss ich mich um dich kümmern und dann werde ich mich dafür rächen.“

„Solange ich bis dahin kein Kind habe.“, erwiderte John gelassen, denn er wusste, dass Catherine das nicht ernst meinte, sondern nur mal wieder sarkastisch war.

„Haa.“, stieß sie aus und blickte ihn an. „Und wie groß ist die Chance mit Sherlock Holmes als Mitbewohner? Du hast nur eine Chance, wenn du mich ein zweites Mal in deinem Alter findest. Dann, und nur dann, könntest du Glück haben.“

Eigentlich müsste John ja nun wirklich beleidigt sein, aber sie grinste doch ein wenig und er kannte sie zu gut um zu wissen, dass er ihr genauso wichtig war wie sie ihm.

„Oh, ich weiß nicht. Es gibt viele Menschen da draußen. Vielleicht habe ich ja Glück.“

„Möglich…aber eher unwahrscheinlich, nicht? Es sieht auch nicht so aus, ehrlich gesagt, als ob du dir wirklich Mühe gibst sie zu halten und es dich wirklich kümmert. Hast du schon längst resigniert?“ Catherine sah ihn traurig, aber auch nachdenklich an. Sie beobachtete John bereits eine ganze Weile und hatte mehr als einmal das Gefühl gehabt, dass er liebend gerne seine Freundinnen laufen ließ, dass sie ihm nach einiger Zeit sogar zu anstrengend wurden. Er wollte keine Konflikte und wenn sie wegen Sherlock eingeschnappt waren, dann kämpfte er nicht für sie. Er würde immer Sherlock wählen, wenn er es denn müsste. Catherine seufzte leise. So würde sie auch.

John hingegen blinzelte verwirrt und schien nicht zu verstehen. Catherine stöhnte nur und rollte mit den Augen.

„Spiel nicht den Dummen. Ich habe das Drama um Samantha letzte Woche mitbekommen. Sherlock kam hereingeschneit, ließ sich neben mir auf die Couch fallen und überschüttete mich mit einer wahren Beschwerdeflut. Irgendwas über ihre Dummheit und dass du ihm verboten hättest sie zu deduzieren. Ich hab nicht wirklich zugehört, weil ich gerade dabei die Bachelorarbeiten zu korrigieren. Natürlich hat er dann Antworten und Zustimmung von mir erwartet und mit Konzentration war es dann auch vorbei.“

„Ja…keine kann es mit ihm aushalten.“, seufzte John und ließ gedankenverloren seinen Blick schweifen. „Manchmal glaube ich wirklich, dass ich ausziehen sollte. Ich verdien mittlerweile genug für meine eigene Wohnung.“

Catherine sah ihn überrascht an und konnte sich nicht mehr bewegen. Sie wollte nicht, dass er auszog. Sie brauchte John an ihrer Seite um den täglichen Wahnsinn zu überstehen. Er war ihr Halt, an dem sie sich festklammern konnte und der Gedanke, dass er nicht mehr nur eine Tür weiter wohnen könnte, versetzte sie in Panik. Allerdings wusste sie auch, dass sie kein Recht hatte, John daran zu hindern, wenn er es denn wirklich wollte.

„Wenn du denkst, dass das das Beste für dich ist.“, sagte sie zerknirscht und fuhr sich über die Lippen.

„Ich weiß es nicht um ehrlich zu sein.“, erwiderte John gedankenverloren und blinzelte. „Aber ich sitze eindeutig fest.“ Er schüttelte den Kopf. „Was mache ich hier eigentlich? Ich sollte dir doch helfen.“

Catherine sah ihn traurig an. Sie wusste wie John sich fühlte. Zu lange sah sie es schließlich schon. Langsam stand sie auf und setzte sich neben ihn. „Um ebenfalls ehrlich zu sein…ich will nicht, dass du ausziehst. Ich würde dich vermissen, auch wenn du hoffentlich in London bleiben würdest.“

Sie blickte ihn mitfühlend aus ihren großen, blauen Augen an, sodass John nur leicht, wenn auch traurig, lächeln konnte. Sie sorgte sich wirklich immer mit ihm und versuchte ihm so wenig wie möglich Umstände zu bereiten. Er legte die Hand auf ihre und tätschelte diese zärtlich.

„Ich könnte niemals London verlassen. Überall anders wäre es zu langweilig.“ Er blickte sie an. „Vielleicht sollte ich einfach bei dir einziehen.“

Catherine runzelte die Stirn und zog eine Augenbraue hoch.

„Als ob das deine Probleme lösen würde.“ John lachte.

„Nun, du bist jung genug um als meine Tochter durchzugehen.“

„Ja, klar.“, erwiderte sie sarkastisch, da ihr der Gedanke gar nicht gefiel. Sie sah zwar in ihm eine Art Ersatzvater, aber sie wusste nicht, ob er das auch in ihr sah. Außerdem hatte er Recht. Er könnte noch immer Kinder haben und sie somit ersetzt werden, während sein Platz für immer frei war und somit vermutlich auch für immer besetzt. Sie wollte ihn nicht verlieren. „Wir sehen uns ja auch so ähnlich.“

„Ja, ich weiß.“, gestand John schließlich seufzend ein und er blickte Catherine hilflos an. „Was sollen wir nur machen, Catherine? Nachdem du zurückgekommen bist, meine ich.“

„Keine Ahnung.“ Sie fuhr sich durch die Haare und blickte ihn ratlos an. „Ehrlich nicht. Ich habe versucht ihn zurückzuhalten, aber er denkt in diesen Momenten nicht daran. Später weiß er meist, was er falsch gemacht hat und fühlt sich schuldig, aber daraus lernen tut er nie.“

„Ich weiß. Glaub mir, ich weiß. Er ist wie der schlimmste, kleine Bruder auf der gesamten Welt.“ John seufzte und tätschelte noch einmal ihre Hand. „Aber man kann ja nie wissen. Vielleicht gibt es für uns ja noch Hoffnung. Aber nun iss auf, oder das Essen wird kalt.“

Catherine lächelte schwach. „Ich habe bereits aufgegessen. Du wirst langsam, Dad.“

John blinzelte sie überrascht an und auch Catherine hielt inne. Als ihr bewusst wurde, was sie da gerade gesagt hatte, errötete sie schlagartig und senkte unsicher den Blick. Sie hatte ihn noch nie so genannt. Zwar wussten sie beide für sich selbst, was sie in den anderen sahen und doch hatten sie es nie ausgesprochen. Es war Catherine auch jetzt nur herausgerutscht.

„Hast du mich gerade so genannt wie ich es denke?“, fragte John vorsichtshalber, nicht sicher ob er sich nicht vielleicht nur verhört hatte. Catherine lächelte hingegen nur schüchtern, das beste Zeichen dafür, dass es ehrlich war. Sie wurde immer schüchtern und unsicher, wenn man genau ins Schwarze getroffen hatte oder beißend sarkastisch, wenn es etwas war was sie angriff und sie sich verteidigen wollte.

„Vielleicht…“, murmelte sie deshalb leise und versuchte so nichtssagend wie möglich zu bleiben.

„Also habe ich nun eine Tochter?“ John lächelte, doch Catherine sah das nicht. Ihr Herz raste und sie hatte Angst vor seiner Reaktion. Sie hatte noch immer nicht ihre Angst vor den Bindungsschritten abgelegt, da sie fürchtete stets doch einen zu weit zu gehen.

„Sieht danach aus…Aber ich weiß nicht, ob ich eine gute bin. Eine auf die du stolz sein kann.“, flüsterte sie unsicher und wollte schon von ihm wegrutschen um das Lokal zu verlassen, als John ihr einen Arm um die Schulter legte und sie gegen seine Schulter drückte. Sanft, väterlich sah er zu ihr hinab und strich durch ihre Haare.

„Catherine.“, flüsterte er liebevoll. „Du bist mutig, intelligent, freundlich, anständig und verrückt, aber im besten Sinne. Keiner könnte stolzer auf seine Tochter sein, als ich es auf dich bin.“

Catherine errötete nur noch mehr und doch waren diese Worte Balsam für ihre Seele und sie war unglaublich erleichtert, als sie das von ihm hörte. Sie lehnte sich mehr an ihn, suchte seine Nähe und Wohlgesinnung. „John…“

„Sh…Alles ist gut.“, flüsterte John und strich weiterhin durch ihr Haar. Catherine nickte nur und erlaubte sich noch ein wenig länger diese Wärme zu genießen. Generell genoss sie jegliche körperliche Nähe, die sie kriegen konnte, denn für so lange Zeit hatte sie gar keine gespürt, doch dann zog sie sich schließlich zurück und seufzte.

„Wir sollten gehen, wenn ich es Sherlock heute Abend noch sagen will.“

„Ja, das ist wohl richtig.“, sagte John und blickte dabei in seine Suppe, die noch halbvoll war und seufzte. „Ich komme wieder und habe eine andere eines Tages.“

Kurz blickte er sich um und winkte dann die Kellnerin herbei um zu bezahlen. Catherine versuchte zu protestieren, doch er hatte bereits bezahlt und winkte gelassen ab, dann nahm er seine Jacke um zu gehen.

„Tut mir leid, dass du den Rest nicht essen konntest.“, flüsterte sie reumütig und küsste ihm auf die Wange. „Danke für alles, John. Ich bin wirklich froh, dich an meiner Seite zu haben egal was passiert.“

„Immer, Catherine.“, versicherte er ihr. „Immer.“

Catherine blickte dankbar zu ihm auf, dann strich er ihr eine Haarsträhne hinter das Ohr.

„Lass uns gehen.“ Sie nickte nur und holte tief Luft.

„I---ich habe Angst, John.“

„Ich weiß.“, flüsterte er sanft. „Aber es wird gut gehen. Ich bin ja dabei.“

Catherine nickte nur und verließ den Teeshop. Mit jedem Schritt, der sie sich der Bakerstreet näherten, wurde Catherine flauer im Magen und die Angst stieg. Sie wusste nicht was sie tun sollte und wie Sherlock reagieren würde. Unbewusst ging sie näher an Johns Seite und nahm seine Hand. Sanft und aufmunternd drückte er zurück und schließlich erreichten sie die Wohnung. Plötzlich blieb Catherine stehen und sah mit flackerndem Blick hoch, während John sogar ein leichtes Zittern ihrer Hand spürte. Noch einmal drückte er ihre Hand und schließlich gingen sie in die Wohnung.

~*~

Es war dunkel und ein wenig stickig in der Wohnung von Sherlock und John. Nur schwach drang das Licht durch die herabgelassenen Jalousien und ließ die Staubwolken, die von Sherlocks wertvollen Büchern kamen, in seinem Schein tanzen.

Der wohl brillanteste Detektiv der Welt hingegen war tief über sein Mikroskop gebeugt, sodass nur sein rabenschwarzes Haar hervorlugte. Chemikalien, Utensilien, sogar Mörtel, lagen wahllos über den Tisch verstreut und doch griff er sicher danach und benutzte es ohne den Blick von dem Objektträger zu wenden. Als er hörte wie die beiden hineinkamen, hob er noch nicht einmal den Kopf, sondern veränderte bloß den Fokus der Blende um eine andere Ebene des Objektes durchleuchten zu können.

„John?“, fragte seine dunkle Stimme ruhig in den Raum, der sonst wie magisch still schien. Beinahe, als würde alles in dieser Wohnung andächtig lauschen wie er seine Arbeit verrichtete oder es nicht wagte ihn abzulenken.

„Ja.“, antwortete John nur, denn er hatte etwas in Sherlocks Unterton wahrgenommen, dass ihm sagte, dass er noch etwas von ihm wolle.

„Reich mir mein Telefon! Ich muss Lestrade die Ergebnisse mitteilen.“

„Ich mach das. Jackett?“, kam Catherine ihm zuvor und drehte sich herum. Es war ein verzweifelter Versuch Sherlock milde zu stimmen, bevor sie mit der Sprache herausrücken musste. Sie hoffte, dass seine Reaktion nicht ganz so heftig wie erwartet ausfallen würde. Ein Irrglaube, für wahr, und doch versuchte sie alles um noch ein wenig seine Gunst zu erlangen.

„Catherine?“, fragte Sherlock verwundert und runzelte hinter den Linsen die Stirn, sah aber noch immer nicht auf. Er war so in sein Experiment vertieft gewesen, sodass er nicht auf die Schritte geachtet hatte.

„Ja. Ich habe mich mit John getroffen und entschieden mit ihm herzukommen. Natürlich nur, wenn das für dich in Ordnung ist, ansonsten kann ich auch wieder gehen.“ Normalerweise wäre in ihrer Stimme ein witzelnder Unterton gewesen, doch dieses Mal war es ihr ernst. Sie wollte es sich nicht mit ihm verscherzen. Nicht jetzt.

„Mein Telefon!“, forderte Sherlock noch einmal mit Nachdruck auf und streckte erwartungsvoll die Hand aus.

„Du hast mir meine Frage immer noch nicht beantwortet.“, gab Catherine doch etwas ärgerlicher zurück. „Jackett?“

„Wo sonst?“, erwiderte er und drehte an dem Feintrieb des Mikroskops. Seine feinen, langen Finger umfassten beinah zärtlich das Rad und drehten es bestimmt, als wüsste er genau um wie viel Grad er es drehen müsste. Catherine seufzte nur, schüttelte den Kopf und ging zur Garderobe. Schließlich kam sie zurück und reichte ihm das Telefon, welches er sofort näher zu sich zog, geschickt in seiner Hand herumdrehte und blind die SMS an Lestrade tippte.

„Uhm…“, setzte Catherine zögerlich an und rieb sich unsicher über einen Arm. Ihr Blick glitt zu John, der ihr ermutigend zunickte. „Sherlock, könntest du bitte von deinem Mikroskop aufsehen? Ich muss mit dir reden.“

Zaghaftigkeit lag in ihrer Stimme. Sie, die sonst immer einen Konter auf Sherlocks Verhalten wusste und sich nichts von ihm gefallen ließ, war auf einmal ganz verschüchtert. So wie sie es immer war, wenn es um etwas wahrhaft Wichtiges und persönliches ging.

„Was?“, fuhr er sie ungehalten an. „Ich bin beschäftigt.“

„Sherlock, bitte.“, flehte Catherine beinahe. „Es ist wichtig.“

„NICHT JETZT!“

„Gott, verdammt, Sherlock! Bitte!“

„SHUT UP!“, schrie er sie an. Catherine erstarrte und ihre Augen weiteten sich. So hatte er sie noch nie angeschrien. Unweigerlich kamen die Erinnerungen an ihre Verbannung wieder auf, legten sich qualvoll vor ihre Augen und nahmen ihr den Atem. Die Angst, dass genau das wieder passieren würde, wenn sie nun weitersprechen würde, lähmte sie. Aber genauso geschockt war sie, dass er ihr einfach nicht zuhören wollte, auch wenn sie ihm mehrfach darum bat, beinah schon bettelte und auch noch betonte wie wichtig es sei. Vielleicht war sie ja doch nicht wichtig. Eigentlich hatte sie eh nie glauben können, dass sie es je gewesen war.

„Sherlock…Ich verlasse London in zwei Wochen.“, flüsterte sie leise, ängstlich und wartete doch verzweifelt auf irgendeine emotionale Reaktion. Ein Heben des Kopfes würde ihr schon reichen. So bangte sie, presste ihre Hände gegen ihr Herz, das wie wild hämmerte, und wartete auf Sherlocks unterbewusste Antwort auf all ihre Zweifel. Irgendetwas, das ihr zeigen würde, dass es ihm nicht egal war, doch all ihr Hoffen, ihr Flehen, war vergebens. Der Mann, den sie neben John als ihren Ziehvater ansah, blieb stumm und kalt. Seine Arbeit, sein Experiment, war ihm wichtiger als die Nachricht, dass er sie eventuell niemals wiedersehen würde. Ihr Herz zerbrach an seiner Kälte, die Welt begann sich rasend zu drehen und Tränen stiegen in ihre Augen.

„Sherlock…hast du mich gehört?“, fragte sie und hoffte doch, dass er ihre geflüsterten Worte schlicht nicht gehört hätte.

„Ja, ja…“, sagte Sherlock genervt und wedelte ab. „Und?“

„Und…?“, wiederholte sie fassungslos und starrte ihn an. „UND? INTERESSIERT ES DICH ÜBERHAUPT?“

Geschockt starrte sie den Mann an vor dem sie den größten Respekt hatte, den sie neben John mehr schätzte als irgendjemanden sonst, dem sie ihr Leben verdankte und der ihr so viel bedeutete und wie dieser ihre kindliche, reine Zuneigung mit grauenhaften Desinteresse strafte. Sherlocks Verhalten verletzte sie zu tiefst. So oft hatte sie für ihn gekämpft, hatte hart für ihn eingesteckt und stets Haltung bewahrt um ihn zu schützen. Jeder verdammte sie für ihre Treue, selbst ihre besten Freunde, und sie musste sich gegen die Britische Regierung in Person behaupten, sich seinen Machtspielen und ihrer Angst vor ihm stellen und sie tat all dies nur um in seiner Gunst zu stehen. Aber all das schien noch immer nicht genug zu sein. Wie viel hatte sie für ihn getan? Wie viel hatte sie ertragen? Und doch verlangte er mehr! Fassungslos schüttelte sie den Kopf, als ihr abgrundtiefer Schmerz, den glühenden Kern der Wut ihres Bewusstseins erreichte. Die Lava begann glühend heiß zu brodeln und an die Oberfläche zu treten.

„Warum sollte es?“, fragte Sherlock gelassen und fachte damit ihren Zorn nur noch weiter an. Geschockt, hart getroffen, taumelte sie zurück bis sie in die Couch fiel. Sie wollte es einfach nicht glauben. Sie konnte es nicht glauben. „Bin ich wirklich so unwichtig für dich? Dass es dich noch nicht einmal schert, wenn ich gehen werde?“

„Warum sollte es mich kümmern?“

Catherine starrte ihn noch immer an und in ihren Augen lag unendliches Leid. Vor nichts hatte sie sich mehr gefürchtet als erneut verstoßen zu werden und dieses kalte Desinteresse war noch schlimmer als der damalige eiskalte Hass. Denn Hass war immerhin noch eine Emotion, doch Desinteresse war schrecklich leer.

„Also war es alles nur eine leere Lüge?“, flüsterte sie mit Tränen in der Stimme. „Alles was du mir gesagt hast, nachdem du zurückgekehrt bist? War es nur um mich zu manipulieren?“

War all das nur Versprechungen gewesen? Plötzlich tauchten die Erinnerungen von damals auf, als sie die Nachrichten entdeckt hatte. Dieser Moment auf der Couch, seine sanfte Berührung, hatten ihr so unglaublich viel bedeutet. Es hatte sie glücklich gemacht nach einer immerwährenden Odyssee des Leids und dann war all dies womöglich nur ein Trick gewesen?

„Als ob es bei dir nötig wäre, Catherine.“, sagte Sherlock ruhig, während er noch immer in sein verdammtes Mikroskop sah. „Du folgst mir doch sowieso.“

Das gab es doch nicht! Sie konnte es nicht fassen! War sich Sherlock ihrer Gefolgschaft so sicher? Sah er in ihr nichts weiter als ein streunender Hund, der immer bei seinem Herrchen blieb, egal wie oft dieses ihn schlug?

„VERDAMMT, SHERLOCK!“ Sie sprang auf und zerrte an seinem Arm. Irgendwie musste sie doch Emotionen aus ihm herausbekommen. Sie war so verzweifelt. „HÖR AUF IN DEIN SCHEIß MIKROSKOP ZU GUCKEN UND REDE ENDLICH MIT MIR!

„Warum? SAG MIR WARUM!“, schrie Sherlock endlich. Er stand auf und stellte sich mit all seiner Größe vor ihr, nahm ihr sämtlichen Privatraum und starrte ihr hart in die Augen. „Es scheint doch, als wäre alles bereits entschieden.“

„Ich wurde doch auch nicht gefragt.“, schluchzte Catherine verzweifelt und ihre Tränen brannten mittlerweile in ihrem Unterlid. „Ich kann nichts tun.“

Sie flehte innerlich, dass er ihr glauben würde. Er durfte nicht glauben, dass sie ihn verließ. Sie würde das niemals tun.

„Du kannst ablehnen.“, sagte er kühl.

„Ablehnen?“, wiederholte sie ungläubig. „Und all die Bemühungen missbrauchen, die mein Professor an den Tag gelegt hatte? Ihn enttäuschen?“

„Und? Wo liegt das Problem?“

„Es muss wirklich ein Segen sein, wenn man Sherlock Holmes ist und sich um niemanden schert.“, murmelte sie spöttisch, denn sie konnte nicht glauben, dass er das wirklich verlangte. Wollte er sie zwingen? Sie anketten? Gefangen halten, damit seine Welt ja beständig blieb. Zwar zeigte er so, dass sie nicht gehen sollte, aber es war nicht die Art, die sie erwartet hatte. Es ging hier nicht um sie als Person, sondern ums Prinzip.

„Du scherst dich auch um Niemanden.“

„Oh doch, das tue ich!“, wandte sie entschieden ein. „Die Anzahl ist klein, aber das tue ich. Allerdings scheint ist, dass diese einen scheiß Dreck auf mich geben!“

„Würde es etwas ändern, wenn ich weinen würde? Wenn ich rastlos durch die Straßen wandern würde und die schändliche Wendung des Schicksals betrauern? Soll ich die Götter verfluchen an die sowieso Niemand von uns glaubt?“ Er sah sie spöttisch an. „Oder willst du, dass ich mit dem metaphorischen weißen Hengst angaloppiert komme um dich vor den schemenhaften Dämonen zu retten? Würde irgendetwas von dem wirklich vom Nutzen sein? Du hast bereits gesagt, dass die Entscheidung für dich getroffen wurde. Du sagtest, du hattest keine Wahl, was impliziert, dass du die Position nicht ablehnen kannst. Möglicherweise, weil Niemand anders dich ersetzen könnte, sicherlich keiner von deinem Kaliber. Du bist die Beste und Intelligenteste in deinem Institut; es ist nur logisch, dass du irgendwann zu einer internationalen Karriere berufen werden würdest. Und dass sie international ist, ist klar, weil du sonst nicht so einen Aufstand machen würdest, wenn du in England bleiben würdest. Sag mir also, Catherine, was würde es bringen dagegen zu protestieren? Es würde doch ohnehin effektlos bleiben.“

Catherine schnaubte, auch wenn er es ganz ruhig gesagt hatte und in seinem sachlichen Ton sie sogar gelobt hatte. Trotz allem konnte sie ihm nur einen wütenden Blick zuwerfen.

„Mistkerl!“ Damit drehte sie sich um und ging zur Tür, doch Sherlock packte sie am Arm und wirbelte sie herum.

„WAS HAST DU GESAGT?“ Nun schäumte er wieder vor Wut, doch Catherine griff nach seinen Fingern und schaffte es sogar sich von seinem starken Griff zu befreien, allerdings verlor sie dabei das Gleichgewicht, stolperte zurück und schluck mit ihrem Hinterkopf gegen die Tischkante. Augenblicklich explodierte ihr Sichtfeld und alles wurde schwarz.

„Shit!“, fluchte John, der sich bisher im Hintergrund gehalten hatte, da er wusste, dass die beiden dass unter sich ausmachen mussten. Nun eilte er jedoch zu Catherine und stützte sie vorsichtig ab. „Lass mich sehen!“

Er betastete vorsichtig die Wunde aus der ein wenig Blut floss und zu Boden tropfte, bevor er kurz aufsah und Sherlock einen aufgebrachten Blick zuwarf. „Sherlock! Was zum Henker hast du dir dabei gedacht?“

„E---es…ist schon okay…“, stotterte Catherine, die allmählich wieder klar im Kopf wurde. „Es tut nur verdammt weh.“

„Keine Gehirnerschütterung.“, stellte John erleichtert fest. „Nur eine Wunde.“

Sie nickte und zischte, als kurz ein pochender Schmerz durchihren Kopf ging. Dann sah sie jedoch zu Sherlock auf und sah ihn mit enttäuschten, verletzten Augen an. Unsicher trat dieser einen Schritt zurück, selbst geschockt davon wie sehr die Situation eskaliert war.

„I---ich…ich hab…“

„War das wirklich nötig?“, fragte John noch einmal streng und seufzte. „Warum könnt ihr nicht einmal normal miteinander reden?“

„Wir wären nicht wir, wenn wir es täten.“, sagte Sherlock ruhig und ging zu Catherine bis er über ihr stand. Auffordernd hielt er ihr die Hand hin. Dies war seine Art der Entschuldigung, doch sie starrte sie nur eine ganze Weile an, senkte dann traurig den Blick und stand ohne seine Hilfe auf. Etwas unbeholfen ging sie ins Wohnzimmer und setzte sich auf die Couch.

Sherlock blinzelte, nun ebenfalls verletzt, dass sie seine ehrlich gemeinte Entschuldigung abgelehnt hatte und seufzte. Er blickte zu ihr und erkannte wie sehr er sie verletzt haben musste. Langsam folgte er ihr ins Wohnzimmer und setzte sich verkehrtherum auf einen Schreibtischstuhl um sie zu betrachten.

„Also…wann wirst du gehen?“, wagte er einen Neuanfang und versuchte seine Stimme möglichst ruhig klingen zu lassen.

John hingegen rollte nur seine Augen und dachte sich wie kindisch sich beide doch so oft verhielten. Offensichtlich wurden sie wohl wahrlich niemals erwachsen.

Catherine hingegen leckte sich unruhig über die Lippen und zögerte, dann legte sie ihren Kopf auf ihre gefalteten Hände.

„Freitag in zwei Wochen.“

„Und wie lange weißt du es?“

„Seit gestern ging das Gerücht, seit heute Morgen endgültig.“

„Für wie lange wirst du genau weg sein?“

„Drei Monate.“ Sie fuhr sich durch die Haare. „Nach San Diego.“

„Also wirst du Weihnachten wieder zurück sein.“, stellte Sherlock fest.

„So ist es zumindest geplant.“, sagte Catherine. „Aber seit wann ist dir das wichtig? Es ist bloß das stumpfsinnige Weihnachten mit all seinem emotionalen Unsinn.“

Zum ersten Mal sah Sherlock sie direkt und tief an, als er leise antwortete:

„Ich vergewissere mich nur, dass du zurückkommst.“

Sie sah ihn überrascht an und ihr Herz hörte einen kurzen Moment aus zu schlagen. Mit großen Augen starrte sie ihn an, doch sie konnte hören, dass er ehrlich war.

„Ach, nun sieh mich nicht so an, Catherine.“, sagt Sherlock dann plötzlich in seiner üblichen Genervtheit. „Es steht dir nicht.“

„Ich sehe dich oft überrascht an, Sherlock. Ich weiß nicht warum. Mittlerweile sollte ich mit deinem Charakter vertraut sein. Du warst ja auch noch so nett mich noch einmal an diesen zu erinnern.“, knurrte sie leise und verschränkte nun ihre Arme vor der Brust.

„Also gut, ihr Zwei, das ist genug.“, ging John dazwischen.

„John…“ Sie sah ihn an.

„Ihr zwei müsst das nun aus der Welt schaffen oder es wird zwischen euch stehen.“ Damit wandte er sich seinem besten Freund zu. „Sherlock, du bist verletzt, weil sie es dir nicht schon erzählt hat und Catherine, weil du uninteressiert schienst. Diskutiert, jetzt!“

Sherlock seufzte laut. Er verspürte nun wirklich nicht die Lust danach und John gefiel seine Rolle als „Therapeut“ oder Moderator zu sehr, das konnte er daran erkennen wie er sich im Stuhl zurücklehnte, doch in den dunklen Augen sah er Sorge- vor allem um Catherine. Also gab Sherlock schließlich nach und sah sie an.

„So?“ Sie erwiderte seinen Blick, doch ihrer war durchzogen von Trauer, Schmerz und Enttäuschung.

„So? Was? Du hast zu mir gesagt: ‚Ich möchte dich auch nicht mehr verlieren, meine nicht ganz so dumme Biologiestudentin.‘ und als ich begann wirklich zu glauben, dass dies die Wahrheit sei, kam ich her um dir dies zu erzählen. Ich war so besorgt, habe mir den Kopf darüber zerbrochen wie du reagieren würdest und dann sahst du es noch nicht einmal für nötig an von deinem Mikroskop aufzusehen. Kannst du nicht verstehen, dass ich mir dann unwichtig vorkomme?“ Sie blickte ihn verzweifelt an.

„Du weißt wie ich bin, wenn ich am Arbeiten bin- was ich gerade bin-also warum solltest du etwas anderes erwarten? Du solltest meine Konzentration in meine Arbeit nicht mit fehlendem Interesse verwechseln.“, erklärte Sherlock ruhig.

„Du warst bereits fertig und ich habe nur um fünf Minuten deiner ach-so-wertvollen Zeit gebeten. Ich sagte, dass es wichtig wäre.“, entgegnete Catherine heftig, doch Sherlock rollte nur seine Augen und seufzte.

„Was willst du also, dass ich sage? Ernsthaft, was? Dass ich nicht will, dass du gehst? Nun, das will ich nicht, aber das wird nichts ändern, richtig? Du wirst dennoch gehen, du wirst es immer noch hassen, aber dann wirst du wiederkommen und alles wird so sein wie es gewesen ist. Ende der Diskussion“. Sherlock war schon bereits dabei aufzustehen, als Catherine nur den Kopf schüttelte.

„Manchmal…bist du wirklich ein Idiot.“, sagte sie enttäuscht. Auch John seufzte und wandte sich noch einmal Sherlock zu.

„Sherlock, Catherine mag das vielleicht wissen, dass du nicht willst, dass sie geht, aber sie wollte dennoch eine emotionale Reaktion sehen. Wie du reagierst hast war nicht nett um ehrlich zu sein. Es erschien wirklich, als wäre es dir egal. Ich kann sie hierbei verstehen.“, versuchte er Sherlock sanft zu erklären, warum Catherine so aufgebracht. Sherlock rollte erneut mit den Augen.

„Schön…“, sagte er etwas schnippisch. Er lehnte sich vor und nahm Catherines Hand in seine. „Catherine, meine Kleine, ich möchte nicht, dass du gehst. Ich hasse den Gedanken, dass du gehst. Das Leben wird unglaublich öde sein, wenn du nicht da bist. Nun glücklich?“

„Das war zu viel.“, antwortete sie enttäuscht. Offensichtlich war sie wirklich nicht wichtig. „Und macht es dadurch unglaubwürdig.“

Sie seufzte schwer.

„Ich sollte es dabei belassen.“ Damit stand sie auf. Ihre Schultern hingen wehmütig herab, ihr Blick war zu Boden gerichtet, während sie zu Tür ging.

„Sherlock!“, mahnte John ihn nun streng. Er wusste, dass es beide nur verletzten würde, wenn sie nun ging und ohne ein Wort nach Amerika aufbrechen würde.

„Was?“, rief dieser nur genervt aus, da er nicht verstand, was denn nun wieder verkehrt gewesen war. „Ich war doch ehrlich!“

Catherine hingegen konnte das nicht glauben. Zu tief saß noch das Desinteresse was er ihr gezeigt hatte und dadurch zog sie eine Augenbraue hoch.

„Hör einfach auf…“, sagte sie ruhig und doch enttäuscht. „Ich habe genug. Was habe ich mir eigentlich erhofft? Ich würde doch eh nicht das bekommen, was angemessen wäre. Warum müssen wir uns eigentlich immer deinem Verhalten anpassen, Sherlock?“

„Catherine…“, flüsterte John und versuchte sie zu beruhigen auch wenn er sie verstand.

„Nein, sag nichts. I---ich gehe nach Hause.“ Sie sah noch einmal ihre beiden Nachbarn tief verletzt und traurig an, bevor sie die Wohnung verließ und langsam die Stufen hinab ging. Sie hatte nun endgültig resigniert.

John wirbelte zu Sherlock herum.

„Bist du nun zufrieden?“ Er sah sich Sherlock genauer an, der wie versteinert noch immer auf derselben Stelle stand und blind auf den Punkt starrte, wo Catherine bis eben noch gesessen hatte und seine Finger unruhig herumzappelten. Ärgerlich seufzte er. „Sherlock? SHERLOCK?! Hört du mir…“

Doch in diesem Moment sprang er auf und rannte durch die Tür.

„…überhaupt zu?“ Kurz sah er ihm noch nach, seufzte und ließ sich erschöpft auf die Couch fallen. „Warum sollte mir überhaupt einer zuhören? Ich sollte mit Selbstgesprächen beginnen.“

~*~

Sherlock raste die Treppen hinab und erwischte Catherine gerade noch, als sie auf dem halben Weg zur Eingangstür war. Hastig schnappte er sie wieder am Arm, drehte sie herum und zog sie in eine Umarmung. Sanft legte er seinen Kopf in ihr Haar und flüsterte:

„Ich will nicht, dass du gehst.“

Catherine seufzte nur müde.

„Nicht jetzt, Sherlock. Ich geh nur nach Hause.“

„Nein, ich meinte, dass ich nicht will, dass du gehst.“, flüsterte Sherlock erneut, diesmal bestimmter und zog sie fester an sich ran. Sie hingegen seufzte erneut, da sie es ihm einfach nicht glauben konnte.

„Du musst das nicht tun. Wirklich, Sherlock. Ich erwarte nichts mehr.“, sagte sie leise und wollte sich lösen, doch er hielt sie weiterhin fest, den Kopf in ihr Haar vergraben, die Augen geschlossen.

„Es tut mir leid. Ich bin…nicht gut in so etwas.“

„Glaub es oder nicht, ich weiß das.“, gab Catherine zurück.

„Aber du bist noch immer wütend.“, flüsterte Sherlock leise, beinahe ein wenig verwirrt. Er wollte nicht, dass seine Cath wütend auf ihn war und das war sie. Das spürte er daran, dass sie nicht wie sonst den Kopf gegen ihn lehnte, sondern wie ein steifes Brett in seinen Armen stand.

„Ich würde sagen, dass bessere Wort wäre verletzt…enttäuscht.“, flüsterte sie zurück.

„Was willst du denn was ich tue?“, fragte er verzweifelt.

„Es gibt nichts, was du tun kannst. Was gesagt ist, ist gesagt. Es kann nicht zurückgenommen werden.“

„Ich wollte dich nicht verletzen.“ Er drückte kurz seine Nase in ihr Haar. Er suchte beinahe nach der Wärme, die er sonst immer spürte, wenn er sie in seinen Armen hielt, doch diesmal war sie kalt und taub. Plötzlich wurde er ganz kleinlaut und schämte sich, denn er bemerkte dadurch erst wie sehr er sie verletzt haben musste, wenn sie dermaßen steif blieb.

„Ich weiß.“, gestand sie ein und seufzte leise. „Aber manchmal tun Wörter und Verhalten das, auch wenn es nicht beabsichtigt war.“

„Wie mache ich es wieder gut?“ Zu einer Enttäuschung spürte er aber direkt wie sie den Kopf schüttelte.

„Ich weiß es nicht.“, flüsterte sie leise. „Es kann nicht ungeschehen gemacht werden.“

„E---es tut mir leid.“ Plötzlich wackelte seine Stimme und die Verzweiflung kam durch. Er hatte das Gefühl, dass er sie nun endgültig verlieren könnte. Obwohl er ihr so viel angetan hatte, hatte sie in keinem Moment Anzeichen gezeigt, dass sie ihn je verlassen würde, doch nun fühlte es sich so an, als würde sie ihm entgleiten und das machte ihn beinahe panisch.

„Es ist okay.“, seufzte sie. „Ich weiß nicht, was ich erwartet habe.“

Sie löste sich von ihm und sah ihn mit seltsam ruhigen, leeren Blick an, der nur vermuten ließ wie tief er sie wirklich verletzt hatte. So sehr, dass sie alle Gefühle momentan abgetötet hatte um nicht endgültig zu vergehen. „Entschuldigung angenommen.“

Langsam drehte sie sich um.

„Ich geh rüber…ich muss viel organisieren. Ich brauche eine Wohnung…ein Visum.“

„Cath?“

Zum Glück drehte sie sich noch einmal zu ihm um, doch ihre Hand lag noch immer auf dem Türknopf. Sie war bereit jederzeit zu gehen, wenn das was er sagte ihr nicht gefiel. Sherlock starrte sie traurig an und hatte das Gefühl, wenn sie nur durch diese Tür ging, dann für immer. War sein Verhalten vielleicht so verletzend gewesen, dass sie womöglich für immer in Amerika bleiben würde, wenn es ihr dort gefiel? Nein, nein, sie würde niemals Jeffreys Wohnung verkaufen, dennoch wurde ihm bei diesem Anblick ganz klamm.

„E---es tut mir leid. Wirklich. Ich wollte dich verletzten.“, startete er einen letzten Versuch.

„Ja, ich weiß. Das willst du nie.“, sagte sie leise, dann öffnete sie die Tür und ging.

Sherlock stand noch eine ganze Weile in der Eingangshalle und starrte vollkommen taub auf die geschlossene Tür. Auf einmal fühlte sich Catherine so weit entfernt an, ferner als jemals zuvor, mehr sogar als in den drei Jahren, und das obwohl sie nur eine Tür weit entfernt war. Somit war alles in seinem Kopf wie leergefegt. Kein Gedanke passierte sein sonst so brillantes Hirn, sondern er starrte einfach auf die Tür, völlig überfordert. Er fuhr sich mit seiner Hand über das Gesicht und seufzte. Langsam drehte er sich um und ging die Treppe hoch.

Nun, Sherlock, das war wohl eine ungewohnte Situation für dich, nicht wahr? Zum ersten Mal musstest du für etwas kämpfen. Dieses Mal lag es nur an dir.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  mindpalace
2013-10-20T10:16:26+00:00 20.10.2013 12:16
Ha! Ich bin durch^^
Auch wenn es dein längstes Kapitel bis jetzt ist, kam es mir gar nicht so lang vor. Es ist ja auch einiges passiert. Dass Catherine nach Amerika geht ist ein kleiner Schock. o.o Und Sherlock hat total Sherlockmäßig reagiert: nämlich total unpasssend^^ John ist definitiv der Held in diesem Kapitel. All die Empathie, die Sherlock nicht besitzt, hat John dafür umso mehr :D
Ich bin schon gespannt wie es weiter geht und inwieweit Caths kurzfristiger Umzug nach Amerika das Leben der Drei beeinflusst.
Ich hab schon fast ein schlechtes Gewissen nur so einen kurzen Kommentar zu schreiben, während du dir die Mühe gegeben hast mehr als 10000 Wörter zu schreiben o.o
Antwort von:  Jeanne-Kamikaze-
20.10.2013 12:24
john wird generell in dieser zwischen arch der held sein^^ deshalb wollte ich die auch unbedingt einbauen, obwohl die an sich nicht so wichtig ist. aber er brauchte einfach mal etwas was sich auf ihn konzentriert.^^


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