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Unverhoffte Nachbarn

Wenn Nachbarn interessant werden
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Vorwort zu diesem Kapitel:
Entschuldigt dass es so lange gedauert hat :( Ich hatte echt viel um die Ohren und dann wollte das Kapitel nicht so wie ich. *seufz* und es kam am Ende auch ganz anders heraus als ich es geplant hatte. Das nächste Kapitel müsste schneller gehen, da arbeite ich bereits eifrig dann :) Zwei Wochen werd ich aber denke ich brauchen.
Und nun viel Spaß, LG Jeanne Komplett anzeigen

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Deeskalation

Die Tür flog krachend auf, sodass Sherlock und John in ihren Beschäftigungen innehielten und aufsahen. Hereingestürmt kam eine vor Wut bebende Catherine Amell. Ihre blauen Augen funkelten zornig, ihre Hände waren zur Faust geballt und ihre Nasenflüge geweitet.

„Dieser dreckiger Mistkerl! Arschloch! Vollidiot! Man! Wie kann man nur so starrsinnig sein? Das gibt es doch nicht!“, fluchte sie, als sie an den völlig verwirrten Freunden vorbei marschierte und in der Küche verschwand. John warf Sherlock einen fragenden Blick zu, doch dieser hob nur die Schultern und schüttelte stumm mit dem Kopf. Keiner der beiden hatte eine Ahnung, warum Catherine so wütend war.

„Catherine…“, sprach John sie vorsichtig an und drehte sich im Sessel zu ihr um. „Was ist passiert?“

„Nichts ist passiert!“, knurrte sie, während sie durch die Küche wuselte und irgendetwas suchte.

„Das kannst du nun wirklich Niemanden weismachen.“, sagte Sherlock und rollte mit den Augen.

„Es ist aber so!“, fuhr sie an, verschmälerte die Augen und presste die Lippen zusammen. Er sah sie abschätzig an und zog eine Augenbraue hoch.

„Catherine…sag es einfach oder soll ich es herausfinden?“ Sie fuhr zu Sherlock herum und warf ihm einen eiskalten Blick zu.

„Verschon mich damit, Sherlock. Das Ganze ist sowieso deine verdammte schuld!“, schnauzte sie ihn an und schnaubte.

„Meine Schuld?“, fragte Sherlock nun wahrlich verwirrt nach.

„Ja, deine Schuld. Indirekt zumindest…ich…argh!“ Sie knallte die Kühlschranktür zu. „Das ist nicht stark genau. Ich brauch Alkohol!“

Wütend stapfte sie zurück in das Wohnzimmer und ging zielstrebig zu dem Schrank, wo er aufbewahrt wurde. Sie öffnete ihn und wollte die Scotch Flasche herauszuholen.

„Catherine!“, mahnte Sherlock und stand auf. „Stell die Flasche weg und rede endlich mit uns! Was ist passiert?“

Catherine hielt kurz inne und zögerte, schüttelte dann aber den Kopf. In ihrem Inneren fuhren die Gefühle Achterbahn. Sie wollte es nicht an Sherlock auslassen, wirklich nicht, aber sie musste es irgendwie rauslassen. Der Druck war zu groß und suchte sich irgendwo ein Ventil. Sie war nicht auf ihn wütend, es war ja auch gar nicht seine Schuld, aber an Daniel konnte sie es nicht auslassen.

„Das geht dich nichts an, Sherlock.“, sagte sie angesäuert und fischte sich dann den Scotch aus dem Glasschrank.

„Als ob mich das je interessiert hätte.“, sagte Sherlock grinsend, doch es verfehlte seine Wirkung. Catherine warf ihm einen vernichtenden Blick zu und zog ihre Stirn in tiefe Falten.

„Ich habe gerade nicht den Nerv für diese Spiele, Sherlock, also lass mich damit in Ruhe!“ Ihre Stimme zitterte vor Wut.

„Catherine, sag es doch einfach.“, versuchte John es in ruhigeren Ton und klappte seinen Laptop zu. Er betrachtete sie nachdenklich, während Catherine noch immer sichtlich vor Wut bebte.

„Erst ziehst du fröhlich pfeifend mit deinen Freunden in Richtung Kino, dann kommst du eine halbe Stunde wutentbrannt ins Wohnzimmer zurück und sagst auch noch, dass das alles meine Schuld wäre. Dann willst du auch noch Alkohol trinken, obwohl du dich diesem sonst konsequent entziehst? Da würde selbst Anderson stutzig werden.“

Sherlock kam langsam auf sie zu und betrachtete sie aus nachdenklichen Augen. Catherine spürte beinahe, dass er schon ahnte was passiert war, doch noch immer schäumte die Wut in ihr und richtete sich gegen jeden.

„Mir ist halt danach.“, keifte sie zurück und wollte sich gerade ein Glas einschütten, da packte Sherlock sie am Handgelenk.

„Sherlock!“, murrte Catherine wütend.

„Stell die Flasche weg!“, sagte Sherlock mit tiefer, grollender Stimme. „Sofort!“

„Du bist nicht mein Vater!“

„Wenn ich mich recht erinnere, sagtest du irgendwas von Ersatzvater, oder nicht? Also noch einmal: Stell die Flasche weg und sag uns, was los ist.“

Catherine knurrte ihn noch einmal an, doch Sherlock ließ nicht locker und sah sie mahnend an. Einige Augenblicke dauerte dieses Blickduell an, dann senkte sie den Blick, löste sich aus seiner Umklammerung, die er mittlerweile gelockert hatte. Sherlock löste seinen Griff und beobachtete wie die Wut augenblicklich aus ihren Köper wich und durch Verzweiflung ersetzt wurde.

„Es wird uns nie loslassen…“, murmelte sie nur, als sie erschöpft in den Sessel fallen ließ.

„Was wird uns nie loslassen?“, fragte Sherlock, nachdem er John angesehen hatte, der ebenfalls nur verständnislos dreingeblickt hatte. Der Schwarzhaarige stand auf und setzte sich in den Sessel ihr gegenüber, während John sich zu ihr umdrehte. Catherine seufzte und fuhr sich müde durch die Haare. Plötzlich wirkte sie traurig, verzweifelt und müde, als sie ihre beiden Ziehväter ansah.

„Die Nachwirkungen von Moriartys Spiel. Es wird niemals vorbei sein. Niemals…“, erklärte sie ominös und sie kaute an ihrer Unterlippe.

„Wovon redest du, Catherine?“, hakte John und blinzelte irritiert.

„Was hat Daniel gesagt?“

Sie schwieg auf Sherlocks Nachfrage hin.

„Cath, wenn du weiterhin schweigst, lässt sich das Problem nicht lösen.“, stellte Sherlock nüchtern fest und sah sie mit gerunzelter Stirn an.

„Da hat er Recht.“, pflichtete ihm nun auch John zu. Catherine seufzte und wusste, dass sie aufgeben musste. Ihr Ärger war schon längst verflogen und zurückgeblieben war die Verzweiflung.

„Sie vertrauen mir nicht. Es war zu geschickt…“, murmelte sie und begann ein wenig auf ihrer Unterlippe zu kauen.

„Um Himmels Willen, Catherine, hör auf dich so ominös auszudrücken und sag es uns endlich.“

„Daniel glaubt noch immer Moriartys Lügengeschichten.“, sagte Catherine nach einigen Momenten und sah dann Sherlock direkt an. „Er glaubt noch immer, du seist ein Betrüger.“

Sherlock blinzelte verwirrt. Er schien nicht zu verstehen, was genau denn daran bitte schön problematisch sei. Catherine seufzte schwer und begann zu berichten, was sich noch vor wenigen Stunden zugetragen hatte. Sie beschrieb das Gespräch, ihre Reaktion, den darauf folgenden Streit und die Ohrfeige.

Ihre beiden Ziehväter hörten ihr aufmerksam zu und unterbrachen sie nicht dabei, dennoch konnte sie an Sherlocks Falte zwischen den Augenbrauen erkennen, dass er noch immer nicht vollkommen verstand. John hingegen nickte verstehend, als sie geendet hatte.

„Wenn noch nicht einmal meine besten Freunde mir nglauben, wie sollen es dann der Rest der Welt? Wir werden nie mehr in Frieden leben. Auch wenn er jetzt tot ist, sein Spiel wird uns immer nachhängen.“

Gerade wollte Sherlock anmerken, ob das nicht ein wenig melodramatisch sei- und das ausgerechnet von ihm-, doch als er sie anblickte, bemerkte er ehrliche Trauer und Verzweiflung. Ihre Augen waren gesenkt und sie zog mit den Zähnen an ihrer Unterlippe. Da bemerkte Sherlock erst wie sehr es sie wirklich belastete und dass ihr vermeintlich bester Freund sie mit seinem Starrsinn verletzt hatte. Sie wirkte regelrecht zerknirscht auf Grund dessen, dass Niemand den Sherlock in ihm sah, den sie kannte- welcher auch immer das auch war. Sherlock wusste es nun wirklich nicht. Doch er wusste, dass er das so nicht stehen lassen konnte. Auch wenn es ihm egal war, was andere Menschen von ihm dachten- schließlich waren es nur gewöhnliche Menschen mit kleinen Gehirnen, nicht mehr als eine Sparleuchte-, so wollte er doch nicht, dass Catherine darunter litt. Nicht nach alldem, was sie für ihn auf sich genommen hatte. Da schuldete er es ihr doch wohl zumindest, dass er das wieder gerade bog.

Langsam stand er auf, zog sich seinen Mantel an und band sich den Schal um, dann verschwand er aus der Wohnung ohne ein weiteres Wort zu verlieren. Catherine und John blickten sich irritiert an. Keiner der beiden verstand warum er denn nun gegangen war.

„Interessiert es ihn wirklich so wenig?“, fragte Catherine traurig, als die Tür leise ins Schloss gefallen war. Beide interpretierten Sherlocks verschwinden gänzlich falsch und deuteten es als Desinteresse oder gar Genervtheit seinerseits.

John seufzte und rieb sich über die Augenbrauen.

„Das glaube ich nicht, obwohl ich das natürlich nicht genau sagen kann. Wenn es ihn wirklich nicht interessiert hätte, dann hätte er geschnauft oder sich beschwert.“

„Nicht, dass er zu Daniel geht.“, murmelte Catherine mehr im Scherz, doch plötzlich war es totenstill im Wohnzimmer und die beiden sahen sich mit einem unheilvollen Blick in den Augen an. Sie schluckten zeitgleich und plötzlich war ihnen klar, was Sherlock wirklich vorhatte.

„Oh…oh…“, sagte Catherine.

„Du glaubst also wirklich, dass er…“, fuhr John ihren Gedanken fort.

„Ja, ich glaube genau das.“, beantwortete Catherine die ungestellte Frage. Noch einmal sahen sich die beiden mittlerweile guten Freunde an, dann sprangen sie auf und rannten zur Tür hinaus.
 

~*~
 

Kathy blickte irritiert auf, als es Sturm an ihrer Tür klingelte. Sie erwartete keinen Besuch um diese Uhrzeit. Daniel blinzelte und drehte sich vom Computer ab, an dem er bis gerade gespielt hatte.

„Erwartest du Jemanden, Liebling?“, fragte er verwirrt. Kathy schüttelte den Kopf und zuckte mit den Schultern.

„Könntest du bitte aufmachen?“, fragte sie ihren Freund, als es erneut Sturm klingelte. „Ich habe mir gerade die Zehen lackiert.“

Sie wackelte demonstrativ mit den Zehen und lächelte Daniel an.

„Und ich bin gerade im Endkampf gegen den Arishok.“, moserte Daniel genervt und klemmte sich sein Headset um den Hals.

„Im Gegensatz zu mir kannst du aber Pause machen, Schatz.“

„Aber Kathy!“, bettelte er und sah sie aus großen, braunen Augen an. Die biologisch-technische Assistentin seufzte und rollte mit den Augen.

„Schon gut, schon gut, dafür darf ich aber gleich die Sims spielen.“, erwiderte sie und humpelte etwas umständlich- um ja nicht ihre sorgfältig aufgetragene Lackschicht zu gefährden- zur Tür um diese zu öffnen.

Als sie diese erreichte, hörte sie ein seltsames Klackern wie als wenn Metall gegen Metall stoßen würde. Irritiert runzelte Kathy die Stirn und lauschte noch einmal, doch das unangenehme Geräusch blieb. Unsicher öffnete die Tür und stand plötzlich Sherlock Holmes gegenüber. Verwundert ging sie ein Stück zurück und Sherlock nutzte diese „Schwäche“ um an Kathy vorbei zustürmen.

Auch ein zaghaftes „Mr. Holmes, was wollen Sie denn…“ seitens ihrer veranlasste ihn nicht seinen Angriff abzubrechen. Leicht gebeugt, so als wolle er mit dem Kopf voran etwas rammen, lief Sherlock ins Wohnzimmer- die Dietriche noch immer in der Hand- und fixierte Daniel.

„Du!“, schnaufte er erbost und seine eisblauen Augen durchdrangen ihn, ließen ihn an seinem Schreibtischstuhl einfrieren. Der Blick war voller Zorn und Verachtung, dass das Blut in den Adern zu stocken schien.

Sherlock ging auf ihn zu und baute mit seiner Körperhaltung so viel Bedrohung und Furchteinflößung wie nur möglich. Obwohl Daniel versuchen wollte ein ruhiges Bild zu wahren und sich möglichst unbeeindruckt zeigen, doch wenn Sherlocks Aura wahrlich vor Zorn waberte, dann konnte kaum Jemand die Maske behalten- Daniel jedenfalls konnte es nicht.

„Du kleiner mickriger Wurm glaubst also ich sei ein Betrüger?“, knurrte Sherlock verbissen und beugte sich über ihn. Daniel legte den Kopf in den Nacken und versuchte dem Blick standzuhalten. Sherlock hingegen verschmälerte seine Augen und blähte seine Nasenflügel.

„Ich…nun…“

„Ein Betrüger ja? Ein Schwindler? Ich?“

„Mr. Holmes…“, setzte nun Kathy an und versuchte ihn zu erreichen. Sie kannte Sherlock bereits gut genug um sich ein grobes Bild von ihm verschaffen zu können und sie war durchaus gut darin Menschen einzuschätzen.

Vor einem Monat, als sie bei Catherine übernachtet hatte und sie gerade um drei Uhr morgens endlich ins Bett gekommen waren, da war er in die Wohnung gestürmt. Natürlich hatte Kathy ihn sofort als den Mann wiedererkannt, der zwei Monate zuvor plötzlich im Labor gestanden hatte und dessen Anblick Catherine so irritiert und beinahe schon positiv verstört hatte. Kathy war gut darin. Sie war da und beobachtete, behielt Dinge um sie dann später zu benutzen.

Kathy wusste, dass Catherine und Mr. Holmes etwas verband und dieses Band war sehr stark, auch wenn beide es vielleicht noch nicht wussten oder eingestehen wollten.

An jenem Abend, als er sie weckte und sie über einige biologische Begebenheiten ausfragte, hatte auch Kathy das Fieber gepackt und sie hatte sich redlich beteiligt, hatte Theorien aufgestellt und Begebenheiten analysiert. Es hatte nicht lange gedauert, bis sie Sherlocks Intellekt erkannt hatte, aber auch seine Andersartigkeit, aber ihn umgab- nicht mehr als ein dünner, seidener Stoff- auch ein Hauch von Gefahr. Kathy scheute diese Kombination, mochte sie doch die Berechenbarkeit und zu wissen was kommen möge, wenn sie etwas tat, doch sie kannte Catherine gut genug um zu wissen, dass sie eben genau dieses hasste.

„Lassen Sie ab von Daniel. Er sorgt sich doch nur um Catherine.“, versuchte sie ihn abzubringen und ging einen Schritt auf sie zu. Sherlock drehte sich langsam zu ihr um, doch Wut glomm wie ein Feuer in seinen Augen, dann wandte er sich wieder ab und fixierte Daniel, der gleich ein wenig im Stuhl zusammensackte.

Kathy konnte es ihm nicht verübeln. In diesem Moment ging etwas sehr Bedrohliches von Mr. Holmes aus. Es war weder seine Stimme, noch seine Körperhaltung, es ging tiefer. Es war auch nicht animalisch und unglaublich schwer zu greifen, denn es sprach das Unterbewusstsein an und den Urinstinkt zu flüchten.

Langsam richtete er sich wieder auf- ruhig und fließend. Kathy wusste nicht genau woher, doch in diesem Moment kam er ihr vor wie eine Naturgewalt- unaufhaltsam und zerstörerisch.

„Mischen Sie sich nicht ein, Miss Raynolds.“ Er warf ihr nur einen kurzen Blick zu, doch er reichte um Kathy auf der Stelle gefrieren zu lassen.

„Nun zu dir.“ Der tiefe Bariton glitt ruhig vor sich hin, doch jeder wusste, dass stille Wasser tief und meist sehr trügerisch waren. Mit einem langen Schritt ging er wieder auf sein Opfer zu wie ein Panther, der wusste, dass er die Antilope in die Enge getrieben hatte. Nun hatte er genügend Zeit um sie ein wenig zappeln zu lassen und mit ihr zu spielen. Und wie Sherlock sich darauf freute mit ihm zu spielen.

„Du kleiner, unbedeutender Geist meinst also darüber urteilen zu können wessen ich im Stande bin? Du glaubst also klug genug zu sein um sicher sagen zu können, dass das nicht möglich ist?“ Sherlock legte die Stirn in tiefe Falten und durchbohrte Daniel wieder mit seinen eiskalten Augen.

„Niemand kann so etwas!“, erwiderte Daniel beharrlich und diesmal vermochte er Sherlocks stechenden Blick standzuhalten. Während Kathy hilflos zwischen ihrem Verlobten und dem Ziehvater ihrer besten Freundin hin und her sah und nach einer Lösung suchte, starrten sich die beiden Kontrahenten an. Würde Kathy es nicht besser wissen, so würde sie meinen, dass beide darum kämpften, wer zukünftig Catherine beschützen sollte. Ob Sherlock sie vor den Freunden beschützen sollte, die ihn kritisch betrachtete und somit vermeintlich falsche waren, oder aber ob Daniel derjenige sein würde, der Catherine vor Sherlock Holmes beschützen würde.

Kathy konnte die Sorge ihres Verlobten durchaus verstehen und nachvollziehen. Woher genau dieses Gefühl kam, vermochte sie nicht zu sagen- die Artikel in der Presse vor drei Jahren waren für dieses unwohle Gefühl nicht genug; und sie glaubte ihnen auch selten-, doch sie wusste, dass ein Leben an der Seite dieses berühmten Detektives gefährlich war. Vermutlich sogar lebensgefährlich und Daniel wollte sie nur bewahren. Auch wenn es vielleicht vorhin so herübergekommen war, er war wirklich nur besorgt, denn er mochte Catherine sehr.

Daniel war sehr sensible, feinfühlig und mitfühlend mit seinem gegenüber und auch er hatte drei Jahre lang beobachten müssen wie sie beinahe täglich unter ihrer Trauer zerbrach, wenn sie meinte, dass Niemand sie sehen oder wahrnehmen würde. Kathy und Daniel hatten sie aber gesehen, hatten ihre Trauer und Verzweiflung gesehen. Mehr als einmal hatten sie sie dabei beobachtet wie sie Reagenzgläser zu Boden geworfen um dann bitterlich zu weinen und am Labortisch herabzusinken. Sie beide waren es gewesen, die eben jene Spuren stets beseitigt hatten und sie gedeckt hatten ohne dass sie es je bemerkt hatte. Direkte Hilfe hätte Catherine zu jenem Zeitpunkt niemals angenommen, denn dafür war sie zu stolz. Also hatten Daniel und sie sie aus der Ferne beobachtet und im Stillen geholfen. Catherine wusste nicht wie viel sie gesehen hatten und das sollte sie auch nie.

„Niemand kann das?“, wiederholte Sherlock langsam und ruhig.

„Wirklich?“ Nun bekam seine Stimme doch etwas spöttisch und seine Mundwinkel zuckten seltsam.

„Nun gut, Daniel…“ Sherlock spuckte seinen Namen aus, als wäre er versehentlich verschluckte Säure. „Dann werde ich dir mal das Gegenteil beweisen. Nur welches Opfer könnte ich nehmen? Hmmm…Irgendwelche Freiwillige?“

Sherlock drehte sich einmal um seine eigene Achse.

„Nein? Nun gut wie wäre es dann mit dir?“ Er fixierte wieder Daniel, der kaum merklich schluckte.

„Sherlock!“, drangen zwei Stimmen aus dem Flur und es waren mehrere hastige Schritte zu hören. Kathy atmete erleichtert aus. Die angespannte, elektrisierende Stimmung würde sich nun verflüchtigen…oder gar verschlimmern.

Catherine und John kamen ins Zimmer gerannt und verharrten im Zentrum. Sherlock ignorierte sie jedoch, fraglich, ob er sie überhaupt wahrgenommen hatte. Er blieb strikt auf Daniel fixiert.

„Sherlock! Hör auf! Tu das nicht!“ Catherine lief auf ihn zu und stellte sich vor ihren Freund, schirmte ihn ab wie eine Mauer. Nun erst realisierte Sherlock, das sie soeben angekommen waren. John trat neben Kathy, frage ob alles in Ordnung sei, ließ aber seinen besten Freund nicht aus den Augen.

„Er hat es nicht anders verdient!“, erwiderte Sherlock mit gefährlich ruhiger Stimme.

„Nicht anders verdient?“, ereiferte sich nun Daniel, der sich so nicht weiter behandeln lassen wollte. „Nur weil ich Catherine beschützen will!“

„Daniel, halt dich zurück. Du weißt nicht womit du spielst!“ Catherine sah ihn kurz an und wandte sich dann Sherlock zu.

„Lass ihn doch, Cath. Du siehst doch, er will in sein Verderben laufen.“

„Das reicht, Sherlock! Du wirst das nicht tun. Er wird damit nicht umgehen können.“ Sie sah ihn hart an.

„Du weißt gar nicht womit ich umgehen kann, Catherine!“ Daniel sprang auf, drückte sie beiseite und baute sich vor Sherlock auf. Sherlock rollte nur mit den Augen. Toll, Primaten Dominanzverhalten. Er hätte gedacht, dass Catherine sich reifere Freunde suchen würde.

„Und du weißt nicht worauf du dich einlässt. Ich frage mich wie Leute wie du und Anderson…“

„Sherlock!“, warnte John ihn und blickte ihn ernst an. „Es reicht! Keine Beleidigungen des Intellekts.“

„Ach ja? Was kann ein Betrüger mir schon antun?“, schnaufte Daniel, der Johns warnenden Blick auch an ihn ignorierte.

„Was hast du gesagt?“, fuhr Sherlock ihn an und seine Augen sprühten vor Zorn. Daniel schluckte kurz, blieb aber standhaft.

„Sie haben mich schon verstanden, Mr. Holmes.“

„Sherlock! Nicht!“, sagte Catherine und drückte eine Hand gegen seine Schulter um ihn davon abzuhalten Daniel anzuspringen. So hatte sie ihn noch nie erlebt. Er war völlig aufgebracht, wütend. Normalerweise war es ihm vollkommen egal. Noch nie hatte sie erlebt, dass ihm eine solche Aussage so wütend machte. Sie wusste nicht was dahinter steckte, aber irgendetwas war dieses Mal anders.

Daniel grinste nur, beinahe so als hätte er gewonnen, doch Catherine wirbelte zu ihm herum, stemmte ihre Hände in die Hüften und fixierte ihn scharf.

„Was dich angeht, Daniel, ich versuche hier gerade deinen verdammten Arsch zu retten, okay? Also hör auf ihn noch zu provozieren! Und wie oft muss ich das noch sagen: SHERLOCK HOLMES IST KEIN BETRÜGER SONDERN DER BRILLANTESTE MANN DEN ICH KENNE!“

Catherine holte zitternd Luft und schloss die Augen. Sherlock sah sie kurz überrascht an. Schließlich hatte er noch nie in Aktion gesehen, dass sie ihn verteidigte. Seine loyale Catherine.

„Also bitte zwinge mich nicht dir noch einmal eine zu scheuern. Glaube mir, du willst nicht das Opfer seiner Deduktion sein. Das ist verstörend…und manchmal sogar erniedrigend.“

„Ich höre immer noch zu, Cath.“, rief er empört aus und seine Überraschung war verflogen.

„Sherlock!“, mahnte John noch einmal und schüttelte den Kopf. „Ich will keine Eskalation hier, verstanden?“

Sherlock grummelte nur und ließ seinen Blick von Daniel nicht abschweifen.

„Sherlock…“, sagte Catherine diesmal sanfter und schob sich in sein Blickfeld. Sanft strichen ihre Finger über seine Schulter und sie sah ihn bittend an. „Bitte! Kathy und Daniel sind meine einzigen Freunde. Die einzigen, die akzeptieren, dass ich viel Zeit mit euch verbringe und die das nicht hinterfragen. Bitte, lass ab von ihm. Er wird es nicht verkraften, auch wenn er das nicht hören will.“

„Aber wie kannst du mit jemanden befreundet sein, der glaubt, dass ich, ich, ein Betrüger sei?“ Sherlock sah sie an, doch sein zuvor verhärtetes Gesicht war etwas weicher und Catherine begann sich zu fragen, ob es hier vielleicht gar nicht um seinen Ruf ging sondern um ihren Schutz.

„Er wird es schon noch begreifen, aber nicht so.“

„Ich bin immer noch…“

„Daniel! Ich warne dich. Ein Wort und ich lasse ihn auf dich los.“

„Ich bin kein Monster! Er ist doch kein Monster!“, riefen die beiden Männer gleichzeitig.

„So manches Mal bin ich durchaus geneigt das zu glauben, Sherlock.“, sagte John grinsend. Sherlock warf ihm einen wütenden Blick zu und kräuselte seine Nase.

„Dan…“, sagte nun Kathy, die endlich wieder zu sich selbst zurückgefunden hatte. Langsam ging sie auf ihren Verlobten zu. „Ich weiß, dass du dich nur sorgst, aber Catherine muss ihre Entscheidungen selbst treffen und selbst entscheiden wem sie vertraut und wir als ihre Freunde müssen das akzeptieren.“

Daniel sah sie an und runzelte die Stirn.

„Sherlock. Bitte!“, sagte Catherine zeitgleich an ihn gewandt. Sie legte auch ihre andere Hand auf seine Schulter und ihre blauen Augen bettelten ihn an. Sherlock blickte sie an und holte tief Luft. Langsam ging John zu ihnen und legte seine Hand auf Sherlocks Schulter.

„Sherlock…lass uns nach Hause gehen.“

Die hellblauen von Sherlock wanderten zu seinem besten Freund, dann seufzte er schließlich, drehte sich abrupt ab und verließ den Raum. John und Catherine sahen sich an und atmeten erleichtert aus, bevor sie lächelt. Die Gefahr war gebannt- zumindest fürs Erste.

„Komm, Catherine. Lass uns gehen!“, er klopfte ihr kurz auf die Schulter und folgte Sherlock. Catherine schüttelte nur kurz den Kopf und lachte.

„Das ist mal wieder typisch für ihn. Hauptsache einen dramatischen Abgang. Es muss herrlich sein, wenn man ein exzentrisches Genie ist.“

„Cath…sei bloß vorsichtig. Dieser Mann ist gefährlich.“, sagte Daniel, als sie gerade dabei war zu gehen. Catherine drehte sich zu ihm um und sah ein wenig Schweiß auf seiner Stirn. Offensichtlich hatte er sich vor Sherlock gefürchtet, doch das nahm sie in diesem Moment nur unterbewusst war. Etwas anderer war viel dominanter.

„Nenn mich nicht so.“, sagte sie kühl und blickte ihn an.

„Ach, ist das sein Name? Ehrlich, Cath, du bist vollkommen in ihn verknallt.“

Catherine knurrte und bleckte sogar leicht die Zähne.

„Das ist völliger Blödsinn.“

„Wieso reagierst du dann so gereizt?“

„Daniel, es ist Schluss jetzt! Du gehst zu weit!“, fuhr Kathy dazwischen und drückte ihn zurück in den Stuhl.

„Findest du nicht auch, dass sie sich so verhält, als wäre sie in ihn verliebt?“

„Gott, er ist mein Ziehvater, ebenso wie John.“, rief Catherine. „Mir erschaudert es allein bei dem Gedanken.“

„Ach komm, du kannst mir nichts vormachen! Das ist mehr als Vaterliebe.“, stellte Daniel fest und überschlug seine Beine.

„Wann bist du nur so ein verdammtes Arschloch geworden? Früher, da warst du der liebste und verständnisvollste Mensch, den ich kannte, aber sobald ich Sherlock Namen auch nur erwähne, ist es, als wäre er ein rotes Tuch für dich.“ Catherine ging langsam auf ihn zu. „Was ist nur geschehen?“

Verzweifelt blickte sie ihren besten Freund an und bettelte um eine Antwort. Daniel erwiderte ihren Blick ruhig, aber auch traurig zur gleichen Zeit.

„Ich sorge mich nur um dich. Dieser Mann ist höchst gefährlich, egal ob Betrüger oder nicht. Er wird dir schaden, Catherine. Irgendwann wird er dich ganz furchtbar verletzen und dieses Mal würdest du daran zerbrechen. Du bist mir wichtig, Catherine. Das darf nicht geschehen.“

„Ich dachte du wärst mein bester Freund, Daniel. Solltest du dann nicht akzeptieren mit wem ich befreundet bin?“

„Das tue ich.“, sagte er ruhig und seine dunklen Augen sahen sie an. „Aber das heißt noch lange nicht, dass ich es gutheiße.“

Catherine schloss die Augen und ballte meine Faust.

„John und Sherlock sind meine Familie. Ich nicht einfach aufhören sie zu sehen, denn das ist das aller schlimmste für mich.“, erklärte sie und zitterte. Sie schlang die Arme um sich und sah bittend zu Kathy herüber, die all die Zeit still geblieben war, doch sie schüttelte nur den Kopf.

„Aber warum gerade ihn? Ich mein John kann ich ja nachvollziehen, aber warum diesen Exzentriker?“

Catherine schloss die Augen und blickte dann langsam wieder auf.

„Weil er mir mehrmals das Leben gerettet hat und alles tut um mich zu beschützen, Daniel. Vor einer Welt, die ihr noch nicht einmal kennt.“ Sie holte tief Luft und dann sagte sie die Worte, die sie schon lange wusste, aber noch nie ausgesprochen hatte. „Ohne Sherlock Holmes wäre ich bereits vor drei Jahren gestorben.“

Damit wandte sie sich ab und verließ die Wohnung. Sie würde es zu einem anderen Zeitpunkt ihren beiden Freunden erklären.
 

Draußen warteten Sherlock und John auf sie. Beide blickten ihr entgegen und blieben stehen bis sie aufgeschlossen hatte, dann drehte sich Sherlock um und verließ mit wehendem Mantel sein Schlachtfeld. John blickte Catherine kurz noch einmal fragend an, ob alles in Ordnung sei. Catherine zuckte kurz nur mit den Schultern. Ob dem so war und Daniel über das, was auch immer ihn so belastete, hinwegkam, würde erst die nähere Zukunft zeigen.

„Männer…“, sagte sie deshalb nur genervt und rollte mit den Augen. John und Sherlock blieben stehen und zogen die Augenbrauen hinauf, bevor John sich räusperte. Catherine rollte noch einmal mit den Augen und lachte. „Okay, normale Männer.“

„Besten Dank auch!“, murrte John gespielt und die beiden fingen an zu grinsen.

Sie schlossen zu Sherlock auf und machten sich auf dem Weg zur Bakerstreet.

„Wisst ihr, ich bin eigentlich froh, dass ihr hereingeplatzt seid.“, sagte Sherlock als sie um die Ecke bogen und sich auf die Suche nach einem Taxi begeben.

„Wieso?“, fragten John und Catherine gleichzeitig und blickten ihn fragend an.

Sherlock blieb stehen und richtete seinen Schal.

„Weil ich nichts gehabt hätte.“, erklärte er ruhig und ignorierte geflissentlich Johns und Catherines irritierte Blicke.

„Wie du hattest nichts? Du konntest nichts bei Daniel deduzieren?“, fragte Catherine verblüfft und blinzelte ihn an.

„Das schon, aber es war nichts so spektakuläres dabei, dass es ihn hätte überzeugen können. Ich hätte gedacht, wenn du dir schon einen Freund suchen musst, Catherine, dass er wenigstens aufregend wäre, aber der Kerl ist ja schon überdurchschnittlicher Durchschnitt!“, moserte er gelangweilt.

„Überdurchschnittlicher Durchschnitt?“, wiederholte John lachend und sah Sherlock amüsiert an. „Wie soll das denn gehen?“

„Keine Ahnung!“ Er kickte mit einem Fuß einen Stein von sich und schnaufte. „Aber der Kerl ist so unglaublich langweilig.“

John und Catherine lachten laut los und fanden schließlich ein Taxi, dass sie mitnahm. Sherlock lächelte, als John und sie schwatzend einstiegen. Dass Daniel ein Kind aus reichem Hause war, dass aber auf eine öffentliche Schule ging und auf Grund seiner Herkunft gemobbt wurde, sich deshalb einer Gang anschloss um endlich als cool zu gelten, aber rechtzeitig ausstieg bevor ein krummes Ding gedreht wurde und dass es eine Frau an der Universität gab, die ihm schöne Augen machte- vermutlich eine Südländerin der Form des verblassten Lippenabdruckes hinter seinem Ohr nach-, behielt Sherlock vorsichtshalber erst einmal für sich.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  mindpalace
2013-07-15T19:26:10+00:00 15.07.2013 21:26
Gerade das "Gespräch" am Ende zwischen Dan und Cath fand ich toll und dass sie ihre Familie verteidigt hat. :) natürlich tut sie das. War nicht das erste Mal :D und sie halten zusammen, immer. Tolles Kapitel und du weißt, dass ich es kaum abwarten kann die zukünftigen Kapitel zu lesen^^


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