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Unverhoffte Nachbarn

Wenn Nachbarn interessant werden
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Die Wärme des vertrauten Heims

40. Kapitel
 

Sanfte, lange Geigentöne wogen durch den Flur, als Catherine die Tür zu ihrer Wohnung öffnete. Gleich einem Bach flossen sie die Treppen hinab und füllten den kleinen Raum oder wie eine Sommerbrise, die in den Blättern einer majestätischen Eiche spielten und durch die Lüfte tanzte. Es waren ruhige Klänge durchzogen mit vollem Wohlklang und sie entwickelten ein Farbenspiel an Bandbreite, welches nur begabte Violinisten hervorrufen konnten: feingliedrig und doch klar wie von Tau durchnässte Spinnennetze. Es war ein ganz verzückendes Stück, welches die Atmosphäre des Flures in einen märchenhaften Zauberwald verwandelte- auch wenn das vermutlich nicht des Komponisten Intention war.

Catherine trat ein und schloss für einen Moment die Augen, ließ sich von den Noten umgarnen, die sich um sie herumwirbelten, als würden sie Walzer tanzen. Zwar war das Lied wahrlich schön, doch es erfüllte sie nicht mit diesem sanften, wiegenden Gefühl, was Sherlocks Stücke sonst in hier hinterließen. Statt dem Gefühl der Normalität und Geborgenheit erfüllte sie diesmal nur Enttäuschung und Traurigkeit. Er hatte ihr versprochen sie vom Flughafen abzuholen und als sie ihn dort nicht gesehen hatte, hatte sie gehofft, dass er durch einen Fall verhindert wäre, doch er war da. Auch wenn er sie offensichtlich Willkommen heißen wollte, linderte dies nicht den leichten Schmerz, den sie tief in sich empfand.

John ging an ihr vorbei und trug die Koffer die Treppen hinauf ohne sie in ihrem Lauschen zu stören. Er kannte dieses merkwürdige Gefühl der Fremde und doch Vertrautheit, wenn man nach langer Zeit wieder zurückkehrte nur zu gut.

Schließlich war er oben auf dem Treppenabsatz vor ihrer Wohnungstür angekommen und lächelte zu ihr hinab, während sie noch immer da stand: Die Augen geschlossen und der Kopf leicht gesenkt. John verstand ihre Enttäuschung, doch er wusste, dass diese so schnell verflogen sein würde wie sie aufgekommen war. Er kannte seine kleine Tochter gut genug.

„Catherine, kommst du?“, flüsterte er leise und doch riss es sie aus ihren Gedanken. Sie blinzelte und bemerkte, dass noch immer die Melodie durch den Raum waberte.

„Ich bin wahrlich zu Hause.“, erwiderte sie scheinbar zusammenhanglos, als sie wieder erwachte und die Realität wahrnahm.

„So ist es.“, erwiderte John grinsend. „Herzlich willkommen in der täglichen Portion Wahnsinn.“

Er öffnete die Tür, als Catherine zu ihm hinauf gegangen war und Catherine trat ein. Alles lag genauso vor wie Catherine es verlassen hatte, als sie sich in die Ferne begeben hatte. Sie blinzelte, legte ihren Mantel und Schal gedankenverloren ab und trat in das Wohnzimmer.

Sherlock stand mit dem Rücken zu ihr vor dem Fenster und spielte dieses wunderschöne Lied. Seine Haare glänzten von dem Schein einer Straßenlaterne, welches ihm eine mystische Aura gab. Ganz so, als wäre er gerade ein Abbild eben solcher Ereignisse in der Bakerstreet. Die Haltung, der Ausdruck, die Gestik war genau die gleiche und doch konnte Catherine in seinem Spiegelbild ein kleines Lächeln sehen, welches seine Mundwinkel berührte.“

„Es wurde Zeit, dass du endlich nach Hause kommst, Catherine. Das Abendessen wird kalt.“, sagte Sherlock ruhig mit dieser melodischen Stimme, die Catherine so lange nicht vernommen hatte und ohne dabei sein Spiel zu unterbrechen.

„Sherlock?“, flüsterte Catherine und trat näher an ihn heran. Auch wenn sie die Situation bildlich vor sich sah, so war irgendetwas hieran surreal, obwohl sie noch nicht einmal benennen konnte, was es denn war. Es erschien alles mehr wie die Zartheit eines Traumes, als die Härte der Wirklichkeit.

Sherlock hörte auf zu spielen und drehte sich in einer grazilen Bewegung um, wobei er den Bogen und die Gitarre senkte.

„Hallo, Cath.“, sagte er noch immer so ruhig und melodisch wie das Lied was er bis eben noch gespielt hatte. Seine Augen hatten einen Glanz, als er sie betrachtete wie sie irritiert im Türrahmen stand, den Catherine bisher noch nicht bei ihm gesehen hatte: Eine Mischung aus Amüsement, Sanftheit und auch ein kleiner Funken Freude. „Willkommen zu Hause.“

Noch immer völlig überfordert mit dieser sanften Atmosphäre blinzelte Catherine mehrere Male, versuchte zu realisieren was hier gerade vorging. Eigentlich war dies genau das, was man von einer Rückkehr in die Bakerstreet erwartete und doch konnte sie es nicht glauben.

„Überraschung!“, kam eine fröhliche Stimme aus der Küche und ehe sich Catherine versah, hatte sie die gute Mrs. Hudson sie in eine Umarmung gezogen. „Wir dachten, dass wir eine kleine Feier veranstalten, wenn du zurück bist.“

Die ältere Dame zog die noch immer völlig überraschte Catherine näher an sich heran.

„Willkommen zurück, meine Liebe.“, flüsterte sie. Catherine sah sie völlig überwältigt aus großen Augen, doch dann lächelte sie glücklich und umarmte sie ebenfalls.

„Vielen Dank, Mrs. Hudson.“, erwiderte sie freundlich und schloss für einen Moment die Augen. Mit solch einer Wärme hatte Catherine wahrlich nicht gerechnet, doch wie es aussah, war sie wahrlich vermisst worden. Sie hatte tatsächlich den Platz gefunden an den sie gehörte. Dieses Mal war sie nicht die Ausgeschlossene vor dem warmen Fenster, die um Zuneigung und Freundlichkeit bettelnd hineinsah. Nein, dieses Mal war sie diejenige, die am Kopf der Tafel saß und um die sich alle scharten.

Schließlich ließ Mrs. Hudson sie los und Catherine ging langsam zu Sherlock, der inzwischen vorsichtig seine Geige wieder in dem Koffer gelegt hatte und sie nur ruhig ansah. Wie damals unter der Straßenlaterne wartete er auf ihre Reaktion. Bis er den ersten Schritt tun würde, würde es vermutlich noch Jahre dauern.

Sie blieb vor ihm stehen und legte ihren Kopf leicht in den Nacken um ihm in die Augen sehen zu können. Ihr Herz pochte laut, denn sie wusste nicht, was nun geschehen würde.

„Bitte, tu das nie wieder.“, sagte Sherlock leise. „Es war sterbenslangweilig ohne dich.“

Catherine lächelte, da sie die wahre Bedeutung dieser Worte verstand. Sie überwand auch den letzten Schritt, der sie beide trennte, und umarmte ihn.

„Ich habe dich auch vermisst.“, flüsterte sie. Sherlock versteifte sich augenblicklich in ihren Armen und starrte für einige Augenblicke geschockt auf den immer gleichen Punkt. Schließlich bewegte er sich langsam und umarmte sie zurück, während er ihr etwas umständlich auf den Rücken klopfte. Es war ersichtlich wie unbehaglich sich der sonst so selbstbewusste Detektiv fühlte. Vermutlich war es ihm noch immer nicht wirklich geheuer, vielleicht sogar zuwider, doch für Catherine ertrug er es.

John blickte zu Mrs. Hudson hinüber, die sichtlich gerührt war, und rollte mit den Augen, während er doch grinste. Es war das erste Mal, dass Sherlock sie- oder generell jemanden- umarmte, wenn andere in der Nähe waren. Er lächelte noch immer. Sonst tat er es immer nur, wenn er glaubt, dass ihn Niemand sehen konnte. Generell waren beide wesentlich entspannter im Umgang miteinander, wenn sie sich unbeobachtet fühlten. Glaubten sie dies erst einmal, dann schien es als würde sie sich in eine andere Dimension begeben und alles andere gar nicht mehr wahrnehmen. Oft hatten sie schließlich nicht bemerkt wie John sie dabei beobachtet hatte.

Catherine lehnte sich leicht gegen Sherlock und schloss die Augen. Sie atmete diesen einzigartigen Geruch seinerseits ein und war einfach froh ihn wieder wahrzunehmen.

Sherlock schloss ebenfalls leicht die Augen und lehnte seinen Kopf leicht zu ihr herab. Er wusste nicht, warum er das tat oder warum er sich gar freute, dass sie wieder da war. Eigentlich hatte er gar nicht hier sein wollen, da er nicht verstand, warum John und Mrs. Hudson solch einen Aufheben um ihre Rückkehr machten, doch John hatte nicht locker gelassen bis er schließlich nachgegeben hatte. Wieso wurde eigentlich immer nur ihm vorgeworfen, dass er stur wäre?

Aber jetzt, jetzt war er irgendwie froh darüber, dass er sich hatte breitschlagen lassen. Zu sehen wie sich die Enttäuschung in ihren blauen Augen in freudige Überraschung verwandelte, war durchaus erhellend gewesen. Außerdem war da jetzt noch etwas anderes. Etwas, was er bisher noch nie wahrgenommen hatte. Nun, wo sie ihn umarmte, spürte er…nun, normale Menschen würden es vermutlich Erleichterung nennen, schätzte er. Sherlock selbst hingegen konnte es nicht wirklich benennen. Er wusste nur, dass es sich warm anfühlte.

„Es war zu lang.“, flüsterte er zu ihr hinab, als er sich ein wenig an diese ungewöhnliche Situation gewöhnt hatte. Catherine nickte.

„Ich weiß. Es tut mir leid. Es war wirklich viel zu lang.“

Für einige Augenblicke herrschte Stille in dem wohlig warmen Wohnzimmer, doch dann räusperte sich Mrs. Hudson und zog die Aufmerksamkeit von Sherlock und Catherine wieder auf sich. Beide schienen sichtlich verlegen, dass sie sich so verloren hatten.

„Nun, komm. Wie Sherlock bereits sagte, das Essen wird kalt.“

„Was gibt es denn?“, frage Catherine neugierig, während sie zu den beiden ging.

„Dein Lieblingsessen.“, schmunzelte die gutherzige Dame und Catherine strahlte. Gott, wie sehr hatte sie Mrs. Hudsons Aufläufe vermisst. Sie hatte das ein oder andere Mal versucht es nach zu kochen, doch kein einziges Mal war es ihr in Amerika gelungen. Es hatte einfach immer dieser typische Mrs. Hudson Geschmack gefehlt.

„Oh, wie ich mich freue.“

„Jungs, seid so gut und macht euch nützlich.“ Sherlock runzelte die Stirn und sah Mrs. Hudson irritiert an. Diese rollte mit den Augen und deutete auf die Koffer, die noch immer in der Diele standen. „Bringt doch Catherines Gepäck in ihr Zimmer. Und du, meine Liebe, setzt dich erst einmal. Du musst ja völlig erledigt sein von dem langen Flug.“

Catherine lachte leise und sah sowohl Sherlock als auch John herausfordernd an.

„Genau ihr zwei, macht euch nützlich!“, sagte sie verschmitzt und zwinkerte ihren Ziehvätern zu, bevor sie es sich in die Küche verschwand um sich schwatzend mit Mrs. Hudson niederließ. John runzelte verwundert die Stirn und Sherlock zog die Augenbrauen hoch, doch dann drehte sich Sherlock auf dem Absatz um und trug das leichtere der zwei Gepäckstücke in Catherines Schlafzimmer. John schnaubte genervt, widersetzte sich aber nicht weiter. Das Mahl von Mrs. Hudson roch einfach zu köstlich und ihm knurrte nach einem langen Arbeitstag der Magen.

Als sie zurückkehrten, waren die beiden Frauen bereits tief in ein Gespräch versunken, während sie dampfende Tassen mit Zitronentee in der Hand hielten. Catherine erzählte Mrs. Hudson mit jedem Detail wie ihre aufregende, wenn auch einsame Zeit in Amerika verlaufen war, über das Wetter, den amerikanischen Lebensstil und so vieles mehr, was sie als erwähnenswert empfand.

Geschmeidig wie eine Katze und völlig wortlos ließ sich Sherlock auf den leeren Stuhl neben Catherine fallen, während John gegenüber von ihr Platz nahm. Catherine sah kurz auf, unterbrach ihre Erzählungen und lächelte die beiden an, doch dann fuhr sie fort. Sie berichtete von ihren Abenteuern, ihrem ersten Roadtrip nach Los Angeles und San Francisco; wie sie Cable Car gefahren war, über den Walk of Fame gelaufen war, während sie sich einige Löffel von Mrs. Hudson herrlich duftendem Auflauf auf den Teller schaufelte.

„Leider befindet sich mein Laptop in einer der Taschen und ich weiß noch nicht einmal in welcher.“ Sie lachte verlegen. „Aber morgen kann ich euch ein paar Fotos zeigen.“

„Das wäre wundervoll.“ Mrs. Hudson strahlte förmlich. Catherine lächelte vergnügt und erzählte schließlich weiter, während ihre Familie schweigend zuhörte, lachte, wenn es angebracht war. Schließlich endete sie mit einem tiefen Atemzug ihre Erzählungen.

Sherlock sah sie an und fragte schließlich völlig taktlos mit vollem Mund: „Also, warum bist du nicht geblieben?“

Catherine sah geschockt auf und spürte wie ihr Herz kurz einen Satz machte.

„Bitte?“

„Es klingt, als hättest du eine wundervolle Zeit dort verbracht. Wieso bist du nicht geblieben?“, hakte Sherlock nach, nachdem er hastig das Essen heruntergeschluckt hatte. Catherine schluckte ebenfalls, allerdings, weil sich ein schwerer Kloß in ihrem Hals gebildet hatte und plötzlich war all ihre Entspanntheit und gute Stimmung verflogen. Ihr Herz wurde plötzlich schwer und sie senkte traurig den Blick.

//Vielleicht wollte er doch nicht, dass ich zurückkomme.//

John hingegen funkelte Sherlock aufgebracht an, dem er bisher nichts von seinen Gesprächen mit Catherine erzählt hatte. Wie konnte Sherlock nur so völlig taktlos sein?

„Also…Ich…nun…“, setzte sie an, doch sie fand nicht die richtigen Worte. Diese Frage war nicht leicht zu beantworten, denn Catherine musste abwiegen inwieweit sie Sherlock von ihrer Zwickmühle erzählen sollte. „Ja, sicher, es klingt alles toll, das war aber nur eine Seite. Die meiste Zeit habe ich es dort gehasst. Die Menschen waren immer so grob, rechthaberisch, aufdringlich und oberflächlich. Außerdem war es heiß, trocken…und wie sie teilweise dort mit ihren Wissenschaftlern umgehen.“

Catherine seufzte erneut, rieb sich die Augenbrauen und fuhr fort: „Ich wollte einfach nur nach Hause. Einerseits ist es großartig in den USA…andererseits habe ich mich nie deplatzierter gefühlt. Ich wollte dort nicht bleiben. Ich gehöre einfach nicht dort hin.“

Sie zitterte leicht und rieb sich über die Arme, als sie an diese schweren drei Monate zurückdachte. Mrs. Hudson sah sie an und tätschelte dann sanft ihren Arm.

„Es ist in Ordnung, Liebes. Du bist nun zu Hause.“ Catherine erwiderte den Blick und lächelte leicht, als Sherlock sich leise räusperte und sie sich wieder zu ihm umwandte.

„Ja…nun…gut. Ich versteh es so, dass du nicht vorhast vorerst dorthin zurückzukehren, richtig?“

„Nein!“

„Gut.“ Sherlock nickte erfreut und klopfte ihr auf die Schulter, bevor er sich daran machte seinen Teller aufzuessen. Catherine schüttelte nur verwundert ihren Kopf, beschloss es aber es dabei zu belassen. Sie kannte Sherlock lang genug um zu wissen, dass weiter darüber nachzudenken keinerlei Sinn machte. Er hatte halt seine ganz eigene Art und sie sollte wirklich aufhören in sein Verhalten etwas zu interpretieren. So manches Mal hatte sie sich selbst schon darüber geärgert, dass sie sich so schnell von ihm verunsichern ließ. Ihr traf John, der sie nur mit seinem „Habe-ich-es-dir-nicht-gesagt?“ Blick ansah und schmunzelte. Catherine seufzte und sie alle aßen stumm die Reste ihres Abendessens auf.

Anschließend berichtete Catherine von einer Demonstration in die sie gelaufen war, als sie sich an einem Freitagmorgen auf den Weg zur Arbeit gemacht hatte. Vertreter von christlichen Werten hatten sich vor der Universität versammelt um gegen Gentechnologie, genauer um Genmanipulation, zu protestieren. Catherine hatte einen von ihnen angesprochen und hatte versucht mit ihm zu diskutieren, jedoch mit einer Wand gesprochen hatte. Obwohl der Mann sich gewählt ausgedrückt hatte und offensichtlich eine hohe akademische Bildung genossen hatte, hatte er doch auf Argumenten verharrt wie „Die Natur ist Gottes Werk und sollte nicht durch den Menschen verändert werden“. Es war egal gewesen wie sehr Catherine ihm erklärte, dass der Mensch stets die Welt verändert hatte, dass Genmanipulation nichts weiter war als eine weitaus effektivere Form des Züchtens. Oder aber, dass selbst der Papst Johannes Paul der Zweite offiziell die Evolutionstheorie anerkannt hatte.

„Einige Leute sind einfach ignorant, Catherine, oder wollen nicht akzeptieren, was nicht ihrem Weltbild entspricht, weil sie sich zu fürchten. Da kann man einfach nichts tun.“, seufzte John und zeichnete einen Kreis mit seiner Gabel.

„Außer man entfernt sie schlicht aus dem Genpool.“, erwiderte Sherlock schlicht.

„SHERLOCK!“, riefen die anderen Anwesenden geschockt aus und starrten ihn fassungslos an.

„Was? Das ist es doch, was ihr alle denkt. Diese Leute protestieren sowohl gegen medizinischen als auch wissenschaftliche Fortschritt, die die Welt verändern könnten. Es sind die gleichen Menschen wie jene, die auch gegen die Heirat von Homosexuellen, künstliche Befruchtung, Religionsfreiheit, Rassengleicheit, Emanzipation und alles andere protestieren, dass den weißen, fünfundzwanzig bis vierzig-jährigen, männlichen Christen die Vorreiterstellung entziehen könnte. Könnt ihr ernsthaft sagen, dass eine Eliminierung solcher beschränkten Menschen nicht von Vorteil für die menschliche Spezies wäre?“, verteidigte er sich sachlich und warf ihnen einen herausfordernden Blick an. John, Catherine und Mrs. Hudson warfen sich unsichere Blicke zu. Catherine und John waren Wissenschaftler und somit daraufhin gebildet worden die Dinge sachlich und rational zu sehen. Sie wussten, dass Sherlock rein nüchtern gesehen recht hatte, doch wer sollte dann bestimmen, was vorteilhaft für die menschliche Rasse wäre und was nicht? Wo hörten Starrsinnigkeit und Ignoranz auf? Wann könnte ein solches Verfahren in ein weit gefährlicheres übergehen? Es war ein schmaler Grad zwischen Verbesserung und Wahnsinn. Wohin ein solches Bestreben nach der Verbesserung der menschlichen Rasse führte, konnte man in Deutschland in den 30’er Jahren beobachten. Auch der Schritt zu Reproduktionsregeln wie in China oder gar zu Designerbabies war da nicht mehr weit und Catherine behagte es bei diesen Gedanken nicht. Deshalb seufzte sie müde und fuhr sich durch die Haare.

„Sherlock, bitte, können wir das Thema wechseln? Ich habe einen zehn Stunden Flug hinter mir und habe Jetlag und bitte deshalb um Verzeihung, dass ich heute Abend nicht mehr in der Stimmung bin tiefe philosophische und ethische Diskussionen zu führen.“ Sherlock räusperte sich und sah beinahe beschämt aus.

„Du hast Recht. Entschuldige, Cath.“

„Ist schon in Ordnung.“, lächelte sie beschwichtigend. „Wir können das fortsetzen, wenn ich wacher bin.“

Sherlock nickte zustimmend und ließ tiefer in die Lehne von seinem Stuhl fallen.

„Wie sehr habe ich diese Diskussionen vermisst.“, murmelte Catherine leise, beinahe schon verschlafen und legte ihre Hände auf dem Bauch.

„Das wirst du in ein paar Wochen nicht mehr sagen.“, schmunzelte John.

„Natürlich werde ich das nicht.“

„Herausforderung angenommen.“, grinste Sherlock. Catherine lachte nur und schüttelte den Kopf.

„Ich freue mich schon darauf mich wieder mit dir zu messen. Wie du vermutlich weißt, lasse ich keine hitzige Diskussion aus.“ Sherlock lächelte nur auf unheimliche Art und Weise und Catherine war sich bewusst, dass er bereits anfing Pläne zu schmieden. Seltsamerweise beunruhigte sie dies kein bisschen. Obwohl die meisten Menschen sie für verrückt erklären würden, dass sie sich unter solch seltsamen Menschen wohlfühlte, so tat sie es. In Amerika hatte sie weitestgehend das Leben geführt, was als normal galt, doch sie hatte sich fremd geführt. Als hätte ihr Körper bloß gehandelt, während ihre Seele von außen zusah, doch hier in der Bakerstreet, in der Gegenwart einer der wohl seltsamsten Männer der Welt, fühlte sie sich am meisten mit ihr im Reinen.

„Es ist noch Kuchen da.“, unterbrach Mrs. Hudson die Stille. „Falls ihr noch Hunger habt.“

„Ich wundere mich, dass Mycroft nicht bei dem Klang des Wortes Kuchen durch die Tür gerauscht kam.“, grinste John, während Mrs. Hudson aufstand um den Kuchen zu holen und Sherlock und Catherine in Lachen ausgebrochen waren.

„Vielleicht ist es sich bewusst, dass er kein Stück abkriegen würde.“

Schnell kehrte Mrs. Hudson zurück und reichte Catherine das Messer.

„Mrs. Hudson, wir beide wissen, dass Sherlock manchmal ein wenig unausstehlich sein kann…“, setzte Catherine an.

„Ein wenig?“, unterbrach John sie. Sie grinste ihn an und fuhr fort:

„…aber denken Sie nicht, dass das ein wenig zu drastisch ist.“ Sherlock schnaubte genervt und rollte mit den Augen, während John amüsiert lachte.

„Mit dem Messer in der Küche? Wirklich, Cath? Ist das nicht zu….“ Sherlock wedelte hilflos mit der Hand. „Cluedohaft?“

„Willst du lieber auf dramatischere Weise umgebracht werden?“

„Ich bitte darum, Catherine.“

„Nun gut, ich denke mir etwas Besseres aus und lasse es dann vorher von dir absegnen, einverstanden?“

„Besten Dank.“

Mrs. Hudson lächelte bei diesem Anblick und drückte Catherine dann bestimmt das Messer in die Hand.

„Du hast die Ehre, meine Liebe.“

Catherine lächelte und schnitt den Kuchen in beinah perfekt gleich große Stücke und reichte jedem eines. Glänzend braun leuchtete die Schokolade im Licht der Lampe und sie leckte sich über die Lippen.

„Mrs. Hudson, dieser Kuchen sieht wahrlich fantastisch aus. Vielen Dank.“

„Gern geschehen.“

„Wir sind bloß froh, dass du wieder zu Hause bist, Catherine.“, sagte John und lächelte sie an.

„In der Tat.“, pflichtete in Sherlock bei, wenn auch in einem ruhigen Ton. Catherine starrte ihn überrascht an, doch dann lächelte sie und nickte.

„Und ich bin froh wieder hier zu sein. Das bin ich wirklich.“


Nachwort zu diesem Kapitel:
Entschuldigt bitte, dass es so lange gedauert hat, aber ich hatte mit Umzug und dem Schreiben meiner Bachelorarbeit hat so viel Zeit gekostet, dass ich gar nicht mehr kreativ sein konnte. Ich hoffe das Kapitel gefällt euch trotzdem. Komplett anzeigen

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