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Im Sande verlaufen

AcexVivi
von

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Er fühlte sich, wie ins kalte Wasser geworfen. Die Sonne brannte auf ihn herab, doch seine Haut überzog eine Gänsehaut, die zum Glück von dem langen Mantel versteckt wurde. Sein Atem stockte, das Herz spielte verrückt, verlor seinen Rhythmus beinahe bei jedem Schlag. Er leckte sich über die Lippen, seine rechte Hand hielt sich beinahe krampfhaft an dem kleinen Gegenstand in seiner Hosentasche fest, als vermochte nur dies ihm Halt zu geben.

Auf einen Schritt nach vorne folgten zwei zurück.

Was war nur los mit ihm? Heute Morgen noch hatte er darauf gebrannt herzukommen, hatte sich bereit dazu gefühlt, seiner Seele Luft zu machen. Fast euphorisch war er an Land gegangen, keine Spur war jetzt noch davon zu spüren. Und er wünschte sich nichts sehnlicher, als in der Masse der Menschen zu verschwimmen. Stoisch richtete er den Blick zu Boden und dennoch konnte er sich mühelose vorstellen, wie sie an ihm vorbei eilten, ihn skeptisch betrachteten, aber wahrscheinlich nicht einmal bemerkten.

Seine Finger glitten über die glatte Oberfläche des Objekts, vernahmen, wie es allmählich seine Körperwärme speicherte.

Er schluckte, unfähig sein eigenes Verhalten zu reflektieren. Hatte er sich jemals in einer ähnlichen Lage befunden? Jemals so an sich selber gezweifelt, an seiner Entscheidung?
 

Schmerz pochte in seinem Rücken und strahlte in Windeseile durch den gesamten Oberkörper, fast verlor er das Gleichgewicht.

„Was stehst du auch so blöd in der Gegend rum?!“, bluffte ihn ein grobschlächtiger Kerl mit Fass auf der Schulter entgegen, nachdem er sich herumgedreht hatte. Er wollte etwas erwidern, doch die Worte sickerten davon wie Sand durch die Finger. Was hatte ihn noch gleich bewogen herzukommen?

Er brauchte seinen Kopf nicht weit zu drehen, bis die Antwort in seinem Blickfeld erschien. Hinter dem Vorplatz ragte der Palast des Königs bis in den Himmel empor. Zumindest wirkte es aus seiner Perspektive so. Das monumentale Bauwerk, das nur knapp seiner völligen Zerstörung entkommen war, wirkte auf ihn wesentlich eindrucksvoller als in seinen Erinnerungen.
 

Er setzte einen Fuß vor den anderen. Der Abstand wirkte riesig. Seine Schritte wurden schneller. Die Treppenstufen schienen immer höher zu werden. Er geriet beinahe ins Rennen. Die Blicke der Anderen blendete er völlig aus, sah die Welt bloß noch wie durch Scheuklappen. Ein Atemzug trennte ihn von seinem Ziel, nach dem er sich so lange gesehnt hatte. Gedämpft nahm er die dumpfen Töne wahr, die seine Stiefel auf den Marmorfliesen erzeugten.

Ein Katzensprung, bis zu den Treppen des Palastes. Keine Minute Entfernung. Er sah nach oben, das Tor öffnete sich. Wie angewurzelt blieb er stehen, wartete ab und traute seinen Augen kaum, als tatsächlich sie hinaustrat. Sie tat etwas ihr Selbstverständliches und für ihn erschien es, wie der Eintritt in eine andere Welt.
 

Zur Salzsäule erstarrt folgten seine Augen allein, wie sie in Begleitung dreier Männer die Treppen herunterstieg. Das lange weiße Kleid mit beiden Händen haltend, sodass sie nicht stolperte. Die Haare waren offen und schlängelten sich in Locken bis zu ihrem Steiß. Sie wirkte so verändert. Viel weiblicher als mit dem Zopf, viel erwachsener. Heute könnte er wohl nicht mehr sicher sagen, dass sie erst sechzehn war.

Während die beiden mit Schwertern bewaffneten Männer hinter ihr hergingen und einen ziemlich grimmigen Eindruck machten, ging der Dritte direkt neben ihr, erzählte ihr scheinbar etwas und lachte, wenn sie es auch tat. Er konnte sich nicht daran erinnern, ob er sie überhaupt schon einmal hatte lachen sehen, so richtig ehrlich, direkt aus dem Herzen. Sie wirkte für ihn wie ausgewechselt, was ihn freute und beunruhigte zugleich. Würde sie sich über seinen Besuch überhaupt freuen? Oder womöglich so tun, als kenne sie ihn gar nicht und ihn wie Luft behandeln?

Erneut ließ er den Gegenstand in seiner Hosentasche durch seine Finger gleiten.
 

Ein Blitzschlag durchzog seine Glieder. Nur kurz war er abgeschweift und schon hatte sie ihn in der Masse ausfindig gemacht. Ihre Augen fixierten seine, eine Flucht war nun ausgeschlossen. Sein Körper fühlte sich taub an, unfähig sich je wieder zu rühren. Und doch hielt es nur einen Herzschlag an.

Sie lächelte, nein, sie strahlte förmlich, beeilte sich zu ihm zu kommen und blieb ebenso verunsichert, wie er zuvor, mit etwas Abstand vor ihm stehen.

„Ace-san?“, es hörte sich beinahe, wie eine Frage an, als sie den Saum des Kleides losließ und versuchte einen Blick auf sein Gesicht zu erhaschen, das noch immer unter der Mantelkapuze verborgen war. Fast zur Antwort streifte er sie hinunter.

„Hab ich mich doch nicht getäuscht.“

„Nein“, er schüttelte den Kopf, unsicher, wie er weithin vorgehen sollte. In Gedanken hatte Ace es unzählige Male durchgespielt, sich aber real in der Lage zu befinden war eine ganz andere Geschichte. Für einen Moment sah er an ihr vorbei zu ihren drei Begleitern, die ungern zu warten schienen.

Ihr Lächeln nahm einen hilflosen Ausdruck an.

„Ich“, begann er, die Finger fest geschlossen, bereit seinen Schatz jeden Augenblick zum Vorschein zu bringen. „Ich...Vivi-sama, kann ich mit dir reden?“

Er kniff für den Bruchteil einer Sekunde die Augen zusammen und verfluchte seine Unsicherheit. Sie musste ihn doch für einen Volltrottel halten. Und wenn nicht, dann tat er es für sie beide.

Vivi neigte den Kopf zur Seite, blinzelte und es war ihr anzusehen, dass sie seine Frage nicht ganz einordnen konnte.

„Also ich wollte dir was sagen“, fügte Ace hinzu, bevor sie antworten konnte.

„Prinzessin Vivi? Seid Ihr soweit?“, rief der Mann mit den großen Locken und blickte dabei immer wieder auf seine Taschenuhr. „Ihr verspätet Euch noch.“

„Komme sofort, Igaram“, antwortete sie über ihre Schulter, wandte sich erneut an Ace und zuckte entschuldigend die Schultern. „Ich hab ein schlechtes Gewissen dabei, dich jetzt hier stehen zu lassen. Aber, ich hab noch eine wichtige Verabredung.“

Sein Blick musste voller Fragen gewesen sein, denn sie gab ihm sogleich Auskunft.

„Ich treff' mich mit Corsa. Wir waren als Kinder beste Freunde.“

„Schön“, kam es wie automatisch von ihm, obwohl es das genaue Gegenteil von dem war, was er bei diesen Worten empfand. Der kleine Funken Hoffnung, den er all die Wochen und Kilometer mühsam hatte am Leben erhalten können, war mit einem Schlag erloschen.

„Alles in Ordnung bei dir?“, fragte Vivi, legte die Hand auf seinen Unterarm und suchte den Blickkontakt. Er nickte, bemüht nichts nach außen dringen zulassen. In seiner Tasche bildete sich eine Faust.
 

Vor fünf Minuten war sie gegangen, ihr Parfum lag noch immer in der Luft. Mit einem Lächeln hatte sie sich verabschiedet, gar nicht den Eindruck gemacht, als hätte sie auch nur bemerkt, was mit ihm los war. Was hatte er denn auch geglaubt? Dass Vivi ihm um den Hals fiel, ihm gestand, dass sie ebenso oft an ihn denken musste, wie er an sie? Dass sie nur darauf gewartet hätte, dass er herkäme? Was bildete er sich ein? Sie kannten sich kaum, hatten sich nur flüchtig über seinen Bruder damals kennengelernt. Es hatte wohl gereicht, um sein Interesse zu wecken, doch bei ihr war der Funken nie übergesprungen.

Das Haupt gesenkt und wie ein Fels mitten im tosenden Treiben des gemeinen Händlervolks stehend, holte Ace heraus, was er die ganze Zeit sorgsam verwahrt hatte. Ein goldenes Armband, schlicht in der Aufmachung, ein zartes Kettchen, das in seinen Fingern fast verloren wirkte. Augenscheinlich nichts Besonderes und doch hatte es bis vorhin einen hohen Wert für ihn gehabt. Wie lange hatte er sein Geld dafür zusammenhalten, wie vielen Verlockungen widerstehen müssen?

Natürlich hätte er auch auf anderen Wegen ein Armband besorgen können, es hatte ihm aber nicht richtig erschienen. Vivi war eine Prinzessin, da konnte man doch nicht mit Diebesgut ankommen. Aber der Drops war endgültig gelutscht.
 

Das Armband glänzte, während er es in seinen Fingern bewegte. Hatte er ernsthaft gedacht, er könnte Vivi damit beeindrucken? Dass er jemals auch nur den Hauch einer Chance gehabt hätte?

Es schien ihn zu verspotten, ihm grausam vor Augen zu führen, wie sehr er den Kopf in den Wolken gehabt hatte. In seinen Tagträumen hatte Vivi das Armband mit leuchtenden Augen entgegen genommen, es bewundert und ihn gebeten, es ihr umgehend anzulegen. Wie sehr er sich auf diesen Augenblick gefreut hatte...

Ace, wem wolltest du eigentlich was vormachen? Dachtest du wirklich eine Prinzessin wie Vivi würde sich mit einem wie dir abgeben?

Der spottende Ton seines Gewissens brachte ihn zur Weißglut. Die Kiefer aufeinander gepresst warf er das Kettchen in den Sand und Dreck der Gosse und trat mit seinem Stiefel darauf, als würde er eine Zigarettenkippe ausdrücken. Er wollte es nicht mehr sehen, nicht mehr an seine dumme Naivität erinnert werden. Immerhin hatte er sich nicht ganz die Blöße vor ihr gegeben. Ihm wurde ganz flau zumute, als er sich ausmalte, wie Vivi ihn persönlich abblitzen ließ.

So oder so, es war ein Fehler von ihm gewesen, wieder herzukommen.
 

Sanft erhellte der Mondschein den Palast und seinen Vorplatz, die Hektik des Tages erschien angesichts dieser Ruhe wie eine Illusion aus einer fernen Welt.

„Prinzessin Vivi, Ihr habt heute Abend wieder einmal unter Beweis gestellt, welch großes Herz Ihr besitzt.“

„Ach, Igaram“, sagte Vivi, blieb vor den Treppenstufen stehen und seufzte leise, während sie das Tuch über ihren Schultern dichter an sich zog und sich nach kurzer Überlegung entschied, es dabei zu belassen. „Ich wünsche, dir eine gute Nacht und schlaf gut.“

Sie erklomm die Stufen, blieb für einen Augenblick vor den Toren des Palastes stehen und genoss die Sicht auf die schlafende Stadt, wobei ihr etwas ins Auge fiel. Sie runzelte die Stirn, ließ das Tuch von ihren Schultern rutschen und stieg die Treppe wieder hinab, bis sie es erreicht hatte.

Schimmernd lag es zu ihren Füßen. Sie ging in die Hocke, schob mit zwei Fingern etwas Sand zur Seite und riss überrascht die Augen auf, als sie erkannte, was sie so eben gefunden hatte. Sie erhob sich, klopfte den Staub von ihrem Kleid und begutachtete ihren Fund. Vivi hatte schon viel gefunden, doch Schmuck war nie darunter gewesen.
 

Ihre Finger wickelten sich um das dünne Kettchen, als sie die Erkenntnis traf. Hatte sie heute nicht Ace an genau dieser Stelle gesehen? Sie legte die Hand an den Mund. Wie Kaskaden brach es über sie herein. Er hatte ihr etwas sagen wollen und sie hatte nicht zugehört, hatte bis eben nicht einmal mehr an die Begegnung gedacht. Ihre Augen suchten den Platz ab, als machte sie sich die Hoffnung, einen Hinweis auf seinen weiteren Verbleib zu finden. Vergebens.

Über seinen Spuren lag bereits frischer Sand.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  _Natsumi_Ann_
2015-02-09T20:18:07+00:00 09.02.2015 21:18
das ace so denkt er ist einer prinzessin nicht würdig würde ich nicht so abschätzen, würde eher sie als verliebtes kleines mädel darstellen die ihn anhimmelt XD
aber sonst super süss geschrieben und mag es auch das es iwie bad end bzw offenes ende ist <33
vllt schreibst du ja nochmal was dazu^^
Antwort von:  Katta
15.02.2015 19:11
Huhu,

Vielen lieben Dank für deinen Kommentar!
Normalerweise interpretiere ich das Pair auch auf diese Weise, nur interessierte mich auch mal eine andere Sichtweise, in der Vivi eventuell eben nicht dieselben Gefühle und Gedanken hat wie Ace. Und er war nun einmal ein sehr zwiegespaltener Charakter, der sich oft unsicher, über die eigene Identität war und sich fragte, ob er es überhaupt wert war geliebt zu werden.
Ja, das mag ich auch, obwohl ich sonst eher für Happy Ends bin ;)

Liebe Grüße
Von:  -Sorvana-
2013-04-07T01:29:10+00:00 07.04.2013 03:29
Halli Hallo^^ Ich bin gerade über deinen FF gestolpert und musste es sofort lesen. Der ist wirklich gut, du hast es alles gut beschrieben. Man könnte sich richtig in Ace rein versetzen und alles war so echt^^ Hast du vor, den FF weiter zu schreiben? Wenn ja würde ich das gerne lesen :) Was schade ist, das man nicht wirklich erfährt ob Ace und Vivi jetzt zusammen kommen oder nicht, aber egal. Dein FF gefällt mir wirklich^^

LG Sorvana
Antwort von:  Katta
07.04.2013 12:25
Huhu -Sorvana-,

Hab vielen Dank für deinen Kommentar!
Es freut mich sehr, dass die kleine Story dir gefallen hat und du sie als gut beschrieben empfandest :)
Auch dass du dich in Ace hineinversetzen konntest, was mir immer sehr wichtig ist.
Leider muss ich dich enttäuschen, die Geschichte ist so in sich abgeschlossen und ich habe es bewusst offen gelassen, weil ich normalerweise nur Happy End für die beiden schreibe. Da wollte ich mal eine andere Richtung wagen ^.^

Viele liebe Grüße,
Katta


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