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Die Antwort und das Herz

von

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Eine Nacht in Hogwarts

Starker Regen prasste gegen die uralten Schlossfenster Hogwarts.

Und einzig der Regen war es, der von der kühlsten Ecke des Kellers bis hin in die zugigste Zinne des Schlosses zu hören war.

Die Uhrzeit war derartig weit fortgeschritten, dass selbst der kühnste oder aber auch der dümmste Schüler von Hogwarts wohlbehütet in seinem warmen Bett schlief, dort, wo ein jeder schließlich zu sein hatte.

Und wo des Schlosses verwinkelte Korridore ausgestorben und dunkel dalagen, dass selbst die alten Geister nicht mehr umherspukten, so kam es, dass ein einziger Mann im Schutze der Dunkelheit durch Hogwarts Flure streifte.

Man könnte beinahe meinen, er habe sich in den unzähligen Gängen und Etagen des Schlosses verlaufen, so geistesabwesend schien er umherzuirren. Doch war dem gewiss nicht so.

Der Jemand kannte Hogwarts äußerst gut und wusste haargenau, wo er sich gerade befand.

Noch ein verwinkelter Abzweig in einen anderen Korridor lag vor ihm, der ihn in eine höhere Etage führen würde. Dann wäre er an seinem Ziel.

Bald schon stand er vor der gewünschten schweren und doch unscheinbaren Holztüre.

Der Mann, der ebenso dunkel wie die Nacht selbst gekleidet war, zog seinen Zauberstab hervor und tippte dreimal gegen das Türschloss. Der Riegel klickte kurz und die Türe schwang lautlos auf. -

Kaum hatte er den Raum betreten, war das metallische Klicken der Türe erneut zu hören und der Mann wusste, dass der Zugang zu ihm wieder verschlossen war.

Der Raum selbst war schlicht. Er diente als obligatorische Abstellkammer für ausgediente Tische und ihre dazugehörigen Sitzbänke, auf denen viele Jahre lang verschiedene Schüler gesessen hatten.

Dennoch, der Raum hatte einen besonderen Reiz für ihn.

Begehren führte ihn her.

Er begann zaghaft zu lächeln, und dies tat er seit langer Zeit äußerst selten.

Doch dieser Raum, beziehungsweise das, was der Raum neben der ausrangierten Klassenzimmerausstattung beherbergte, entlockte ihm immer wieder eine Emotion der Freude, wobei allein die Tatsache, dass er hier völlig allein im Raume stand, eine recht Traurige war.

Der Mann lauschte dem Regen einen Augenblick, ehe er weiter, lautlos wie seine Schritte seit jeher waren, durch den Raum ging.
 

Nach wenigen Metern stand er endlich vor dem, was er beinahe jede Nacht aufsuchte.

Der Spiegel Nerhegeb war von einem blütenweißen Laken bedeckt und reichte gut einen Meter über den Kopf des Mannes.

Er streckte seine Hand aus und zog an dem Laken, das nun langsam zu Boden glitt.

Dann sah Severus Snape in den Spiegel, der, wie sollte es auch anders sein, nicht sein eigenes Ebenbild zeigte.

Severus tat ein paar Schritte zurück, um die gesamte Spiegelfläche überblicken zu können.

Wie jede Nacht war sie zu sehen.

Friedlich saß Lily Potter auf einem Stuhl vor ihm im Spiegel, das rote Haar fiel über ihre Schultern und ein Lächeln lag auf ihren Lippen.

Dies war das Bildnis, das sein Herz so furchtbar sehr begehrte.

Wie jedes Mal lehnte Severus sich gegen ein paar gestapelte Schulbänke und betrachtete den Spiegel wortlos. Es reichte ihm ihr einfach nur gegenübersitzen zu können, während sie ihn glücklich ansah. Und doch waren es die Augen, Lilys grüne Augen, die ihn ansahen, als sei ihr Blick eine Strafe.
 

Severus wusste sehr wohl, dass das Bild, das der Spiegel ihm zeigte, nicht real war, und es auch nie sein würde. Es hatte keinerlei Bedeutung. Es existierte einzig im Inneren des Spiegels, denn es war bloß eine Reflektion seines Herzens, das nur eines beinhaltete.

Es gab nur diese eine Sache, die sein Herz dazu verurteilte weiterhin zu schlagen.- Lily Potter und die Sicherheit ihres Sohnes Harry, dessen Vater nicht Severus, sondern James Potter war, der Mann, der Severus’ Jugend zur reinsten Hölle auf Erden gemacht hatte.
 

Schmerz erfüllte Severus’ Seele, die für niemanden Bedeutung hatte. Und dies war der Moment, in dem er sich fragte: Wofür? Wofür gab er seine eigene Sicherheit her? Wofür verriet er den Dunklen Lord?

Dabei war die Antwort so furchtbar banal. Lily Evans, das Mädchen aus Kindertagen, das er geliebt hatte. Lily Potter, die Frau, die nicht ihn geheiratet hatte, sondern einen anderen Mann. Die Lily, die er liebte. Die Lily, die alles war. Die, die für Severus die größte Bedeutung auf der Welt hatte.

Und eben diese Frau war einfach gestorben, ohne dass er jemals wieder mit ihr ins Reine gekommen war.

Nun war er gezwungen auf dem schmalen Grad zwischen Gut und Böse zu wandeln, der, der der Hölle am nächsten war.

Schließlich war da dieser Potterjunge, der seinem verdammten Vater so ähnlich war und ihn doch immer mit den Augen seiner Mutter ansah. Der Junge, den er beschützte. Für Lily.
 

Und wieder einmal dachte Severus an die eine Frage, die Lily ihm zu Kindertagen gestellt hatte: Severus, das ist doch kein Traum, oder nicht?

Snapes Blick lag weiterhin auf dem Spiegel, auf Lilys Gesicht. Nein, war damals seine Antwort gewesen, Es ist kein Traum.

Und genau die gleiche Antwort war es auch heute, jedes Mal war es genau die gleiche Antwort.

Der Schmerz über das, was er verloren hatte, war ganz gewiss viel zu real, um ein Traum zu sein.
 

Severus ging wieder zu dem Spiegel, legte seine Hand einen kurzen Moment auf das trügerische Spiegelglas.

Einen letzten Augenblick schaute er die Frau im Spiegel an, ehe er ein weiteres Mal seinen Zauberstab zog und das weiße Laken wieder über den Spiegel gleiten ließ, um ihn zu bedecken.

Lange würde das Tuch nicht auf Nerhegeb liegen, denn bald schon würde Severus wieder herkommen, das war so sicher, wie der Spiegel einen jeden irgendwann in seinen Bann ziehen würde.

Sogar ein Severus Snape war ihm unterlegen, denn jeder Mensch, so makellos oder dunkel er auch sein mochte, hatte etwas, das sein Herz mehr als alles andere begehrte.

Jeder Mensch hütete etwas in seinem Inneren und das Herz war es, das einen besonders grausam zu Grunde richten konnte und jemanden Dinge tun ließ, die andere nicht verstehen würden…



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