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Amnesie

von

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six

Ich knurrte leise, als meine Klingel mich lautstark aus dem Schlaf riss. Ich nahm mein Kissen und drückte es auf meinen Kopf, um das laute Geräusch zu ignorieren, doch wer auch immer an der Tür war, er hatte nicht vor, einfach wieder zu gehen. Grummelnd krabbelte ich langsam aus dem Bett und griff nach meinem Bademantel, bevor ich zur Tür schlurfte. Mit einem Ruck riss ich die Tür auf und schrie los. „Was fällt Ihnen ein, mich an einem Sonntagmorgen so früh aus dem Bett zu klingeln?! Haben Sie überhaupt keine Manieren?! Ich könnte-“ „Aoi, beruhige dich! Solche Wutausbrüche am frühen Nachmittag sind doch nicht gut für das Herz.“ Ich hielt inne, als ich eine mir bekannte Stimme vernahm. Ich rieb mir die Augen und blinzelte einmal. „Uruha?!“ Oh Gott, ich hatte Uruha angeschrieen! „Ich…Uruha! Es tut mir leid! Ich wollte nicht- Ich wusste nicht-“ Uruha drückte sanft seinen Zeigefinger gegen meine Lippen und stoppte meinen Redeschwall. „Keine Sorge. Ich wusste nicht, dass du noch schläfst. Sonst hätte ich nicht so stürmisch geklingelt.“ Ich nickte nur, bis mir einfiel, dass er immer noch im Hausflur stand. „Oh, komm’ doch rein.“ Ich schob die Tür ein Stück weiter auf und trat beiseite.
 

„Ich ziehe mich nur schnell um. Setz’ dich doch ins Wohnzimmer.“ Damit verschwand ich im Schlafzimmer. Vor meinem Schrank blieb ich stehen und sah mein Spiegelbild an… Ich hatte Uruha so die Tür geöffnet?! Meine Haare standen in alle nur erdenklichen Richtungen ab und die tiefen Augenringe ließen mich noch grauenvoller aussehen. Schnell öffnete ich den Schrank und griff nach einem einfachen Hemd und einer schwarzen Hose.
 

Auf dem Weg zum Bad lief ich am Wohnzimmer vorbei. Uruha stand am Fenster und sah hinaus. Er trug eine kurze eng anliegende schwarze Hose, an der ein Hosenbein am Oberschenkel abgeschnitten war und so einen perfekten Blick auf die weiße Haut gab. Sein T-Shirt war an der linken Schulter ebenfalls ausgeschnitten. Er sah einfach umwerfend aus. „Du solltest dich umziehen, bevor du dich noch erkältest. Es ist über Nacht ziemlich kühl geworden.“ Seine Stimme riss mich aus den Gedanken und ich bemerkte, wie ich ihn immer noch anstarrte. Er sah über seine Schulter zu mir und lächelte. Sofort spürte ich, wie meine Wangen anfingen zu glühen und mit einem kurzen Gestammel aus ‚entschuldige’ und ‚bin gleich wieder da’ verschwand ich endlich im Bad.
 

Ich spritze mir nur kurz etwas Wasser ins Gesicht und auch meine Zähne putzte ich im Rekordtempo. Ich wollte Uruha nicht noch länger warten lassen. Als ich mich endlich neben ihm auf das Sofa fallen ließ, atmete ich tief durch. „Warum bist du schon so früh hier?“, fragte ich ihn. „Früh? Es ist kurz nach 13 Uhr.“ Ich blinzelte und sah ihn erstaunt an, bevor ich zu meiner Uhr an der gegenüberliegenden Wand sah. Das konnte doch nicht sein. Ich hatte den gesamten Vormittag verschlafen? „Jetzt guck’ doch nicht so überrascht. Du hast dich sicher noch nicht vollständig erholt und deshalb braucht dein Körper so viel Ruhe wie möglich.“ Schon möglich… „Der Grund, warum ich hier bin, ich wollte dich einfach besuchen, nach dir sehen, ob alles in Ordnung ist.“ Und zum ersten Mal fiel mir auf, dass sein Lächeln dem von Kai Konkurrenz machen konnte. Seine Lippen hatten eine perfekte Form und glänzten leicht im Licht der Sonnenstrahlen, die durch das Fenster schienen. Wie würden sie sich wohl auf meinen anfühlen, wären sie so weich, wie sie aussehen und…
 

„Aoi? Hey, noch anwesend?“ Uruha legte seine Hand an meine Wange, was mich erschrocken wegzucken ließ. Er lachte leise. „So schreckhaft? Wovon hast du denn geträumt?“ Ich zuckte nur unbeholfen mit den Schultern und lächelte nervös. Ich wusste selbst nicht, wo diese Gedanken hergekommen waren.
 

"Du bist gestern mit Ruki unterwegs gewesen, oder? Erzähl mal." Ich hob eine Augenbraue. Wieso interessierte ihn das? "Wir waren shoppen. Na ja, um genau zu sein, war Ruki shoppen, ich brauchte-!" "Das ist ja wieder typisch!", unterbrach Uruha mich. "Er denkt immer nur an sich. Du hast sicher die ganze Zeit daneben gestanden und auf ihn gewartet, oder?" Ich nickte etwas unbeholfen. "Ja, schon. Aber wie gesagt, ich brauchte auch nichts Neues und so schlimm war es auch nicht-!" "Hat er seine Tüten wenigstens alleine getragen?" Ich legte meine Hand in meinen Nacken und lächelte. "Nein. Ich hab sie ihm abgenommen. Er war wirklich erschöpft und dann-!" Wieder unterbrach er mich. "Er ist so ein Egoist. Du hattest einen Unfall! Du darfst deinen Körper noch nicht allzu sehr belasten! Und dann lässt er dich einfach seine Tüten tragen! Unglaublich!" Ich war etwas irritiert von der ganzen Situation. "So schwer waren diese Tüten ja nicht und-!" "Darum geht es doch gar nicht! Er hat sie dich tragen lassen, obwohl er weiß, dass du erst vor ein paar Tagen aus dem Krankenhaus entlassen worden bist!" Irgendwie stimmte das schon. Aber in diesem Moment hatte ich nicht großartig darüber nachgedacht. Es hatte mir auch keine Schmerzen bereitet, also wird es es schon nicht allzu schlimm gewesen sein.
 

"Aber so war er schon immer", fuhr Uruha fort und sah zum Fenster. "Er ist immer allein, hat kaum Freunde. Wir sind da wirklich eine große Ausnahme und auch mit uns geht er wirklich abweisend um. Als er in seine Wohnung eingezogen ist, haben wir ihm alle unsere Hilfe angeboten und was macht er? Er hat uns alle abgewiesen. Er meinte, er bräuchte unsere primitive Hilfe nicht. Kannst du das glauben? Ich dachte, wir wären seine Freunde, aber anscheinend bedeutet ihm so etwas nicht viel." Ich sah Uruha entsetzt an. Das war Ruki? Ich konnte nicht glauben, was ich da hörte. Hatte ich mich so sehr in ihm getäuscht? Aber der gestrige Tag war doch wirklich schön gewesen und ich hatte mich kein bisschen abgewiesen gefühlt. Nun ja, außer am Abend als wir uns verabschiedet hatten. "Am Abend, als ich ihn nach Hause gebracht habe, da hat er sich etwas merkwürdig benommen. Aber vermutlich war das nur, weil-!" "Genau. Er weist jeden ab. Bei manchen dauert es länger, wenn er sie für seine Zwecke nutzen kann. Du warst für ihn vermutlich gut genug zum Tüten tragen." Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte. Vielleicht war es besser, wenn ich Uruha nicht auch noch von unserem Kinobesuch erzählte.
 

"Bei uns war das ganz anders." Jetzt lächelte er und sah mich an. "Wir hatten immer so viel Spaß zusammen und ich habe dich nie ausgenutzt oder abgewiesen. Selbst als du den großen Streit mit deinen Eltern gehabt hast, bin ich die ganze Zeit bei dir geblieben und habe dich unterstützt. Ruki dagegen hat sich kein einziges Mal bei dir blicken lassen. Das er noch immer mit uns befreundet ist, kann ich mir kaum erklären." Ich sah auf meine Hände, die ich nervös knetete. Durch meine fehlenden Erinnerungen konnte ich nicht entscheiden, ob ich Uruha das alles glauben konnte. Es war so unwirklich. Aber wie sagte man? Stille Wasser sind tief.
 

„Was hältst du davon, wenn wir einen Kuchen backen?“ Überrascht von diesem plötzlichen Themenwechsel sah ich Uruha an. „Ähm... sicher, aber ich denke nicht, dass ich alle Zutaten dafür hier habe. Wir müssten in den-“ „Nein, müssen wir nicht“, unterbrach Uruha mich und hielt eine große Plastiktüte hoch, „ich habe an alles gedacht. Und eine Schüssel und Kuchenform wirst du ja sicher haben.“ Schon war er aufgesprungen und in meiner Küche verschwunden. Ein paar Sekunden später stand er wieder im Türrahmen und sah mich auffordernd an. „Wenn du nachher auch was von dem Kuchen haben willst, musst du mir aber helfen.“ Er winkte mich mit der Hand zu sich und mit einem Lächeln auf den Lippen folgte ich ihm in die Küche.
 

Uruha stellte die Tüte auf den Tisch und packte die Zutaten aus. Ich setzte mich und griff nach der Mehlpackung. "Hast du denn eine Idee, was für einen Kuchen wir backen sollen?" "Wie wär's mit einem mit Kirschen? Es gab welche im Angebot." Uruha schob mir eine Tüte zu, bevor er sich meinem Kühlschrank zuwandte. "Sie hatten wirklich welche?" Erstaunt öffnete ich die Tüte und steckte mir eine Kirsche in den Mund. "Hmm", ich leckte mir über die Lippen und wollte nach einer zweiten greifen, als Uruha mir auf die Hand schlug. "Hey, wir brauchen noch welche für den Kuchen!" Er grinste und schüttete die Kirschen in eine Schüssel. Ich legte meinen Kopf auf den Tisch und beobachtete Uruha, wie er die Kirschen abwusch und schließlich eine weitere Schüssel aus meinem Küchenschrank nahm. Ich hob eine Augenbraue. Er hatte so selbstverständlich den Schrank geöffnet, als wüsste er genau, dass ich mein Geschirr dort aufbewahrte. War er oft hier? Vielleicht… könnte es sein, dass…?
 

"Aoi? Hey, nicht wieder einschlafen." Uruha legte eine Hand auf meinen Kopf und streichelte durch meine Haare. "Wie geht es dir? Immer noch Kopfschmerzen?" Ich konnte seinen warmen Atem an meinem Hals spüren und schlagartig überkam mich eine Gänsehaut. Ich nickte nur und seufzte leise, als sich seine Hand in meinen Nacken legte. "Was hältst du davon, wenn ich dich nachher massiere?" Ich war überrascht, doch wie sollte ich so einem verlockenden Angebot denn widerstehen? "Das wäre echt toll. Das Liegen im Krankenhaus und jetzt das lange Schlafen tun meinem Rücken nicht sehr gut." Uruha nickte und begann dann damit, das Mehl mit ein paar Eiern und Milch in der Schüssel zu verrühren. "Warte", meinte ich und stand auf, um ihm das Rührgerät aus der Hand zu nehmen. "Ich soll dir doch helfen." Ich stellte das Gerät auf die höchste Stufe, was sich im nächsten Moment als ziemlich schlechte Idee entpuppte, denn das Mehl hatte sich noch nicht vollständig mit den Eiern und der Milch verbunden und flog jetzt in einer großen Wolke aus der Schüssel. Sofort zog Uruha den Stecker und legte ihn runter neben die Schüssel. "Alles okay, Aoi?" Ich hustete und blinzelte. Ich stand in einer weißen Mehlwolke und konnte Uruha kaum erkennen. Meine Hände wischte ich an meinem Shirt ab, ehe ich mir die Augen rieb. "Ich bin wohl kein guter Bäcker", meinte ich grinsend und hustete noch einmal. Uruha lachte und wischte mir mit einem Handtuch das Mehl und einige Teigklümpchen aus dem Gesicht. "Nein, aber das warst du noch nie. Na ja, zumindest hast du es auch noch nie geschafft, dich beim Backen so einzusauen!" Er zeigte auf meine Sachen. Meine schwarze Hose durfte sich wohl als erstes auf einen Waschgang in der Waschmaschine freuen. Meine Oberschenkel waren überzogen von dem Mehl. Bei meinem Hemd hatte ich wohl Glück gehabt. Durch den sowieso schon weißen Stoff fiel das Mehl kaum auf, doch auf meiner Brust klebte etwas Teig. Seufzend hob ich meine Hand und fuhr mir durch die Haare. "Aoi, warte!", Uruha wollte nach meiner Hand greifen, doch zu spät. Das Mehl von meiner Hand befand sich nun in meinen Haaren. Irritiert sah ich ihn an, ehe ich in Lachen ausbrach.
 

"Weißt du", begann ich und nahm die Packung mit dem Mehl, "da die Küche sowieso schon dreckig ist und ich ebenfalls, macht das hier auch keinen Unterschied mehr!" Ich griff in die Packung und nahm eine Hand voll mit Mehl, um Uruha damit abzuwerfen. Er hob schützend die Arme, doch seine Sachen retten konnte er damit nicht. Ich lachte und bekam so nicht mit, wie Uruha sich nun seinerseits die Packung nahm und mich mit dem Mehl bewarf. So ging das eine ganze Weile, bis die Packung fast komplett leer war. Ich lehnte mich gegen die Theke und schnappte nach Luft. Soviel gelacht hatte ich schon lange nicht mehr... zumindest soweit ich mich erinnern konnte. "Wow. Du solltest wirklich duschen gehen." Uruha lehnte sich neben mich an die Theke und sah mich lächelnd an. "Was ist mit dem Kuchen? Wir haben doch noch nicht mal richtig angefangen", meinte ich und sah zu der Schüssel, in der noch immer der halbfertige Teig lag. "Keine Sorge. Du gehst duschen und ich kümmere mich um den Rest. Und danach werde ich duschen." Und bevor ich noch irgendetwas hätte einwerfen können, packte Uruha mich an den Schultern und schob mich in den Flur hinaus. "Jetzt geh, sonst bekommst du nachher nichts von dem Kuchen ab!", grinste er und schloss dann die Tür.
 

Ich sah noch einen Moment lang die Tür an, bevor ich kopfschüttelnd ins Bad ging. Er hatte Recht. Im Bad zog ich vorsichtig meine Sachen aus, um das Mehl nicht noch unnötig zu verteilen und warf sie gleich in die Waschmaschine. Vor dem Spiegel blieb ich erschrocken stehen. Als ich mir vorhin die Haare zurück gestrichen hatte, musste ich wohl das ganze restliche Mehl von meiner Hand darin verteilt haben. Ich grinste. Es hatte wirklich verdammt Spaß gemacht und wenn ich so darüber nachdachte, hatte auch mein Herz viel schneller geschlagen, als ich Uruhas bezauberndes Lachen gehört hatte.

Ich stieg in die Dusche und machte mich daran, dass Mehl aus meinen Haaren zu spülen.
 


 

Mit frischen Sachen und noch feuchten Haaren öffnete ich die Küchentür, wo mir sofort ein wunderbarer Duft entgegenschlug. "Wow." Ich hockte mich vor den Ofen, wo der Kuchen langsam über den Rand schaute. "Das riecht ja unglaublich!", meinte ich begeistert und sah Uruha an, der an dem Küchentisch saß und mich anlächelte. "Das freut mich. Ich habe mir auch besonders Mühe gegeben. Immerhin soll er dir ja schmecken." Er stand auf und hockte sich neben mich. "Pass du auf, dass der Kuchen nicht anbrennt, ja? Ich werde dann auch duschen gehen." Damit stand er auf und verschwand aus der Küche. Ich hörte noch, wie er die Badtür hinter sich schloss, dann war es ruhig. Ich setzte mich auf den Stuhl, auf dem Uruha noch vor ein paar Sekunden gesessen hatte.
 

Noch immer schwirrten mir seine Erzählungen über Ruki durch den Kopf. Das konnte doch nicht sein, oder? Ich konnte einfach nicht glauben, dass ich mich so in ihm getäuscht hatte. Ich wusste nicht mehr, wie unsere Beziehung vor dem Unfall war. Aber die Fotos, die ich in Rukis Wohnung gesehen hatte, zeigten doch, dass er eben nicht abweisend gegenüber uns war, oder? Ich wusste nicht mehr, was ich für richtig oder falsch halten sollte. Dazu kamen wieder diese dröhnenden Kopfschmerzen, die mich schon seit der Entlassung aus dem Krankenhaus begleiteten. Ich stützte meinen Kopf auf meine Hände und seufzte. Und ich wusste noch immer nicht, mit wem ich eine Beziehung führte. Als ich mit Ruki im Kino gesessen hatte, war ich mir so sicher gewesen, dass er mein Freund war. Doch nachdem ich ihn geküsst und er mich völlig schockiert angesehen und sich ins Haus geflüchtet hatte, war ich mir überhaupt nicht mehr sicher. Aber Uruha... auch er brachte mein Herz zum Rasen und in seiner Gegenwart spürte ich dieses angenehme Kribbeln im Bauch.
 

Ich sah hoch und mein Blick fiel auf die Uhr. Uruha war schon ziemlich lange im Bad und ich hatte kein Wasserrauschen mehr gehört. Ein ungutes Gefühl machte sich in meinem Magen breit. Vielleicht war er ausgerutscht und hatte sich den Kopf angeschlagen?! Schnell stand ich auf und lief zum Bad. "Uruha-!" Ich hielt inne, als ich ihn unter der Dusche stehen sah. Schnell zog ich die Tür wieder zu und lehnte mich dagegen. Er hatte mich nicht bemerkt, aber ich hatte ihn gesehen. Die Duschwand bestand aus Glas und hatte nichts verborgen.

Ich spürte, wie mein Herz heftig in meiner Brust klopfte und langsam öffnete ich die Tür wieder einen Spalt breit. Uruha verrieb das Shampoo auf seiner Brust und glitt dann langsam mit den Händen tiefer. Ich spürte, wie mein Blut in südliche Regionen schoss und unbewusst legte sich meine Hand auf meinen Schritt. Uruha drehte sich etwas, sodass ich nun seinen Rücken sehen konnte. Mir entkam ein Stöhnen und erschrocken wich ich von der Tür zurück. Erst jetzt bemerkte ich auch den unangenehmen Geruch. Ich hob eine Augenbraue und atmete den Geruch erneut ein. Verbrannt. Es roch verbrannt- der Kuchen! Sofort eilte ich in die Küche zurück und mir schlug der beißende Geruch entgegen. Ich öffnete den Ofen und griff nach der Kuchenform.
 

Schreiend zog ich meine Hand zurück und fiel auf meinen Hintern. Ich presste sie gegen meine Brust und atmete zitternd. Ich hatte einfach so in den Ofen gegriffen. Natürlich hatte ich mir dabei die Hand verbrannt. "Scheiße!", zischte ich und drückte sie fester, um den Schmerz wenigstens etwas erträglicher zu machen. "Was ist denn los? Aoi, was hast du gemacht?" Uruhas Stimme ließ mich hochsehen und er nahm meine Hand, um sie sich anzusehen. "Es roch plötzlich verbrannt und ich habe nicht wirklich nachgedacht und wollte den Kuchen einfach rausnehmen. Na ja", ich lächelte nervös, weil mir das ganze ziemlich unangenehm war. Was musste Uruha jetzt von mir denken? "Du bist ein richtiger Tollpatsch. Komm mit. Wir müssen das kühlen!" Er zog mich auf die Beine und brachte mich ins Bad. Erst jetzt sah ich, dass er sich nur ein Handtuch um die Hüfte gewickelt hatte. Er stellte das Wasser auf kalt und hielt meine Hand darunter. Ich wollte sie sofort zurückziehen, als mich ein stechender Schmerz durchfuhr, doch Uruha hielt meine Hand weiter fest. "Ich weiß, dass es wehtut, Aoi. Aber das muss sein. Sonst bilden sich unangenehme Blasen und glaub mir: dagegen ist das hier ein Zuckerschlecken. So, und jetzt setz dich hin", meinte er, schaltete den Wasserhahn ab und drückte mich auf die Toilette, damit ich mich hinsetzte.
 

"Ich glaube, der Verbandskasten ist-!" "Unter dem Waschbecken, ich weiß." Uruha hockte sich hin und kramte ihn hervor. "Streck deine Hand aus." Ich folgte seiner Anweisung und sah zu, wie er eine Salbe auf der geröteten Haut verteilte, ehe er vorsichtig einen Verband darum wickelte. Ich war erstaunt, wie behutsam er das alles tat und ein Lächeln legte sich auf meine Lippen. "Du kannst ja schon wieder lachen", grinste er und stellte den Verbandskasten wieder in den Schrank. "Am Besten solltest du deine Hand vorerst nicht benutzen. Und auch der Verband sollte nicht nass werden. Schaffst du das? Oder soll ich heute hier bleiben?" "Ah, nein. Das brauchst du nicht. Vielen Dank! Aber was ist mit dem Kuchen?" Uruha lächelte. "Mach dir darüber keine Gedanken." Er stand auf und zog seine vom Mehl schmutzigen Sachen wieder an. Beschämt drehte ich mich um, als er das Handtuch zu Boden fallen ließ. "Ich kann dir auch Klamotten von mir leihen." Aber Uruha schüttelte nur den Kopf. "Das geht schon. Ich kann sie Zuhause waschen." Dann ging er zurück in die Küche. Ich folgte ihm und sah zu, wie er mit Handschuhen die Kuchenform aus dem Ofen holte und den schwarzen Klumpen betrachtete. "Ich schätze, den können wir nicht mehr essen." Uruha nahm seine Tasche, die er im Flur abgestellt hatte, und holte einen kleinen Pappkarton hervor, den er auf den Küchentisch stellte. "Was ist das?", fragte ich und setzte mich an den Tisch. Er öffnete den Karton. "Du hast einen Kuchen gekauft?" Ich schüttelte lachend den Kopf. "Du hast dir schon gedacht, dass wir das versauen werden, oder?" Ich stand auf und umarmte Uruha. "Ich hatte gehofft, dass wir es hinbekommen, aber für alle Fälle habe ich einen gekauft." Er legte seine Arme um mich und ich spürte wieder, wie mein Herz zu rasen anfing. Seine Nähe, seine Wärme, sein Duft. Das alles brachte mich völlig durcheinander. Ich löste unsere Umarmung etwas und sah ihn an. Unsere Gesichter waren nur wenige Zentimeter voneinander entfernt und spürte seinen Atem auf meinen Lippen.
 

"Nun gut, es ist schon spät. Ich sollte mich dann auf den Weg machen. Und du solltest auch bald ins Bett gehen." Ich blinzelte irritiert, als er sich so plötzlich von mir löste. "Ja, ich-! Du hast Recht. Sonst verschlafe ich wieder den ganzen Vormittag." Uruha nickte und sah meine verbundene Hand noch einmal an, bevor er in den Flur ging und seine Sachen zusammensuchte. Ich lehnte mich gegen den Türrahmen und beobachtete, wie er sich anzog.
 

"Also dann. Pass gut auf dich auf und denk daran, deine Tabletten zu nehmen." Er lächelte und legte seine Hand an meine Wange. "Wir sehen uns." Damit löste er sich gänzlich von mir und verließ meine Wohnung.
 

Jetzt war ich mir sicher, dass Uruha mein Freund sein musste.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2015-08-22T19:31:05+00:00 22.08.2015 21:31
schande über mein haupt ich habe nicht gemerkt das die ff weiter geht dabei finde ich sie doch so gut


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