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Courage

von

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Vage wurde ihr eine Unstimmigkeit in ihrer Umgebung bewusst, während sie langsam aus ihrem Schlaf erwachte. Je weiter ihr Bewusstsein an die Oberfläche drang, desto deutlicher wurde ihr bewusst, dass es sich dabei um eine Bewegung handelte. Der gesamte Untergrund schwankte, schien von einer Seite auf die andere zu tanzen, ungeachtet links und rechts, oben und unten, oben und unten. »Ein Erdbeben?«, fragte sie sich, weigerte sich jedoch noch immer, die Augen zu öffnen. Damit hätte sie lediglich verraten, dass sie wach war, was ihr mit Sicherheit ungebetene Aufmerksamkeit verschafft hätte und das war das Letzte, was sie wollte. Mit einem Mal legte sich ein warmes, unglaublich helles Licht auf ihr Gesicht, zog jedoch rasch weiter. Die Sonne?

Sie fühlte sich an die letzen Augenblicke erinnert, die sie bewusst wahrgenommen hatte. Sie hatte am Boden gelegen, unfähig sich zu bewegen, das grelle Licht eines Suchscheinwerfers hatte ihre geschlossenen Augenlider durchdrungen. Sie hatte sich abwenden wollen, aber kein Muskel hatte ihr gehorcht. Wieder vermeinte sie, Männer rufen und Hunde bellen zu hören. Von Grauen erfüllt öffnete sie endlich die Augen, doch vor ihr lag nicht die unendliche Weite der Wüste, gefüllt von heraneilenden Menschen, sondern ein äußerst begrenzter Raum innerhalb einer kleinen Wohnung. Stöhnend verdrehte sie die Augen und versuchte, die Hand zu heben, um sich darüber zu reiben. Rechts von ihr recht nah unter der ziemlich niedrigen Decke befand sich ein sehr kleines Fenster, durch das tatsächlich Sonnenlicht fiel, hinter sich konnte sie aus dem Augenwinkel eine Pritsche an der Wand ausmachen und links war eine Tür.

Das Schwanken wurde zunehmend heftiger und sie hatte ihren Körper noch immer nicht so weit unter Kontrolle, als dass sie sich hätte dagegen stemmen können, sodass sie mit einem plötzlichen Ruck heftig nach vorn geschleudert wurde. Das ganze Gebäude legte sich in eine solche Schieflage, dass sie langsam über den Boden zu rutschen begann, wobei sie einen leichten Zug an ihrem linken Bein verspürte. Hinter ihr klirrte etwas und ihr wurde bewusst, dass sie eine Fußfessel trug, deren anderes Ende an der Pritsche befestigt war. Sie rutschte langsam darauf zu, konnte jedoch nicht einmal die Hände ausstrecken, um sich abzufangen. Sie prallte mit ihrem Gesicht zuerst auf, was ihr einen durchdringenden Schmerzenslaut entlockte. Während der Raum sich wieder zu stabilisieren schien, erklang von der Tür her das Geräusch von sich nähernden, schlurfenden Schritten. "Aah, unser Gast ist wach! Was ist es denn? Ein süßes Kind? Eine schöne Frau? Ein strammer Bursche?", erklang eine Stimme, die nach einem älteren Mann klang, jedoch sprach er irgendwie seltsam.

Er machte Pausen, wo keine hingehörten, holte zu oft schmatzend Luft und klang, als würde sein Kiefer zittern oder unkontrollierte Bewegungen machen. Die Schritte näherten sich weiter und während sie in Panik versuchte, irgendetwas zu rühren und mit weit aufgerissenen Augen zur Tür starrte, ertönte die gleiche Stimme, jedoch in einem anderen Tonfall wieder. "Klang nach einer Frau, ja, ja, nicht sehr alt, nein, nein. Aber ist sie wirklich wach?" Der Raum neigte sich nun zur entgegengesetzten Seite und sie begann, auf die Tür zuzurutschen. Entsetzt riss sie die Augen noch weiter auf und gab erneut ein klagendes Geräusch von sich, doch die Schritte waren verstummt. "Hörst du?", fragte der erste Tonfall.

"Selbstverständlich ist sie wach." und der zweite antwortete: "Ja, ja, wach, wach. Sehr gut, schnell aufgewacht. Starkes Mädchen. Aber können noch nicht weiter." Dieser zweite Tonfall war etwas höher, klang aber bis auf die Wortwahl normal. Führte der Mann Selbstgespräche?

"Nein, viel zu schief. Verdammtes Wetter!" Sie spürte ein schwaches Kribbeln im Arm, wie von einer eingeschlafenen Gliedmaße, die langsam wieder Blut bekam. Das Kribbeln wurde stärker, während die Welt sich zurück in die Horizontale senkte. Kaum war alles zur Ruhe gekommen, ertönte auch das Schlurfen wieder. "Jetzt, jetzt! Weitergehen! Hallo sagen!", forderte der zweite Tonfall, doch das Licht wanderte wieder zur anderen Seite des Raums, als dieser sich erneut Richtung Pritsche senkte.

Sie schaffte es, ihre rechte Hand zu öffnen und zu schließen, während sie erneut zu Rutschen begann und die Geräusche draußen verstummten. Als sie mit dem Rücken auf die Wand unterhalb der Pritsche stieß, schaffte sie es, sich an der Verankerung für die Kette festzuhalten, welche in selbiger eingelassen war. Erneut wurde alles ruhig und die Schritte kammen immer näher, bis sie schließlich direkt vor der Tür angekommen waren. Ein sachtes Klopfen erklang, begleitet von einem fröhlichen "Klopf, klopf!" des zweiten Tonfalls und eines "Wir kommen jetzt rein!" des ersten Tonfalls. Die Klinke senkte sich und langsam schwang die Tür auf. Sie gab den Blick frei auf einen ungepflegt aussehenden Mann, der seine besten Jahre längst hinter sich hatte. Strähnige, verfilzte Haare rahmten ein zerfurchtes Gesicht ein und es war unmöglich zu sagen, wo der Haarschopf aufhörte und der Bart anfing.

Die ganze Erscheinung war lediglich in ein paar Fetzen gekleidet und über und über behaart. Schließlich öffnete sie den Mund zu einem breiten, zahnlückigen Grinsen und hob die Hand. "Hallo, hallo!", krähte der zweite Tonfall. "Ich bin Robinson, ja, ja!" Während das Mädchen, welches sich noch immer an dem metallenen Ring in der Wand festklammerte und staunte, wie es überhaupt möglich war, so gelbe und schiefe Zahnstummel zu haben, öffnete sie den Mund wieder und sprach mit der ersten Stimmlage weiter. "Und ich bin Ephraim, stets zu Ihren Diensten, Madame!"



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