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Mädchenherz♥

Ein unfreiwilliger Geschlechterwechsel für Jûdai und seine Folgen
von

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Mädchen sind nachtragend

Diese Episode hatte mir einiges beigebracht. Ich hatte nicht nur viel über Mädchen gelernt, sondern auch über mich selbst. Zum Beispiel, wie stark meine Bindung zu meinen Monstern wirklich ist, und dass es sogar gut tun kann, sich jemandem anzuvertrauen, wenn man nicht mehr weiter weiß.

 

Und natürlich, dass ich in Johan verliebt war. 

 

Mein Monster schlug zu und zerfetzte den Feuerwurm O’Briens in der Luft. Dessen Lebenspunkte fielen augenblicklich auf Null. Ich hörte meine Freunde meinen Namen rufen, drehte mich um und fand mich im Nächsten Moment in einer engen Umarmung von Johan wieder. Dann knickten mir die Beine weg und ich verlor das Bewusstsein.

 

Epilog. Mädchen sind nachtragend

 

Um mich herum war alles schwarz.Nichts als gähnende Leere.

Dann erklang eine Frauenstimme: „Mein geliebter Jûdai!“, rief jemand. Ich fuhr herum. Aus der Finsternis schälte sich die Silhouette eines einzelnen Auges mit rot leuchtender Iris. Es war von einem violetten Wulst eingerahmt, von dem einzelne Verästelungen abgingen, ansonsten schwebte es scheinbar körperlos in der Finsternis.

„Mein geliebter Jûdai. Heute hätte ich dich verlieren können“, sagte die Stimme. Ich wollte etwas sagen, aber ich hatte keine Stimme. Nicht einmal einen Mund, mit dem ich hätte sprechen können. Ich war ein körperloses Wesen und konnte nur weiter der Stimme lauschen.

„Ich habe dich davor bewahrt, dass du deine gesamte Energie verlierst, Geliebter. Du darfst noch nicht sterben. Erst musst du zu mir kommen.

Komm…

zu mir…“

 

Die letzten drei Worte hallten noch eine ganze Zeit lang nach, während das Bild des Auges vor mir verschwamm.

 

Dann blinzelte ich in helles Sonnenlicht.

 

„Er kommt wieder zu sich!“, sagte jemand. Ich musste mehrmals blinzeln und hatte Schwierigkeiten, die Augen richtig auf zu bekommen, dann erkannte ich Johan neben mir. Als nächstes registrierte ich, dass mich jemand trug. Es war Kenzan, der mich auf den Rücken genommen hatte.

„Hey, Jûdai, wie fühlst du dich?“, fragte Johan.

Ich hatte Mühe, wach zu bleiben. „Tjaa… lebendig…“, murmelte ich.

Johan lächelte. Er schien auch noch etwas schwach zu sein, denn Jim musste ihn beim Gehen stützen. Verblüfft stellte ich fest, dass wir sogar noch im Wald waren.

„War ich… lange weg?“, fragte ich.

„Nope. Wir sind gerade erst aufgebrochen“, erklärte Jim. Ich versuchte, ein wenig mehr Kraft aufzubringen und linste über Kenzans Schulter, wo Asuka allen voran ging.

„Wo is’n O’Brien?“

„Er sagte, er würde Professor Cobra zur Rede stellen. Soweit ich das verstanden habe, war ihm bisher nicht wirklich klar, dass wir alle durch die Disclosure Duels in Lebensgefahr gebracht wurden“, erläuterte Asuka.

Ich lächelte. „Ich wusste es, der ist kein schlechter Kerl.“

Dazu sagte eine Weile keiner was, dann traten wir aus dem Wald. Die Osiris Red Unterkunft lag vor uns.

„Wie fit fühlst du dich?“, fragte Asuka mich. „Sollen wir dich zu den anderen Schülern in die Haupthalle bringen?“

„Krank fühl ich mich nicht. Nur kaputt“, entgegnete ich.

„You bet“, grinste Jim. „Es ist wahrscheinlich the best, wenn du und Johan erstmal eine Runde relaxt und was esst, um wieder zu Kräften zu kommen.“

Kenzan lachte. „Und du solltest dir was anderes anziehen, Aniki!“

Stimmt ja, ich trug immer noch das Ballkleid vom Vorabend. „Gute Idee“, stimmte ich also zu.

 

Jim und Kenzan trugen uns also in mein Zimmer – mein richtiges Zimmer, das ich mit Shô und Kenzan bewohnte – und verabschiedeten sich dann. Kenzan wollte unbedingt noch einmal nachsehen, wie es Shô ging und ihm wenn möglich erzählen, dass ich endlich offiziell wieder da war. Da Johannoch die Kleidung vom Ball am Vorabend trug, erklärte sich Jim dazu bereit, ihm sein normales Outfit aus seinem Zimmer zu holen. Asuka wiederum war in die Küche im Erdgeschoss verschwunden, um uns etwas zu Essen zu machen, mit dem wir schnell wieder bei Kräften sein würden.

 

Jetzt waren wir also allein. Johan hockte auf einem der Drehstühle, über dessen Lehne er mit dem Oberkörper hing. Er sah ernsthaft erschöpft auf, aber er schaffte es trotzdem, den Kopf zu heben. „Jûdai, ich…“, setzte er ernst an, doch dann glitt sein Blick über meinen Körper und er musste plötzlich grinsen: „Ich finde, du solltest dich erstmal umziehen.“

 

Mich des Kleids und der Damenunterwäsche zu entledigen ging schnell, aber um das ganze Make-Up von meinem Gesicht zu schrubben, das Fubuki mir am Vorabend verpasst hatte, brauchte ich eine ganze Weile. Vor allem die Wimperntusche war echt hartnäckig.

„Ah, jetzt siehst du endlich wieder wie ein Junge aus“, bemerkte Johan, als ich mich zu ihm umdrehte.

Ich grinste. „Du glaubst nicht, wie gut es sich anfühlt, endlich wieder ’ne Hose zu tragen!“

Johan sah lächelnd zu mir hoch. Ich zog einen zweiten Drehstuhl heran und setzte mich ihm abwartend gegenüber. „Also?“, fragte ich. Er hatte mir wirklich eine Menge zu erklären.

Er wich meinem Blick aus und seine Wangen sahen röter aus als sonst. So verlegen hatte ich ihn noch nie erlebt. Sonst war er doch immer so schlagfertig und direkt. „Ich… hast du das vorhin ernst gemeint?“, fragte er.

Ich wusste sofort, was er meinte und auf einmal begann mein Herz wie wild zu pochen. „Ja. Ich liebe dich, Johan“, sagte ich. Es überraschte mich etwas, wie selbstverständlich mir das jetzt schon über die Lippen kam, aber es war eben die Wahrheit.

Johan sah mich jetzt endlich direkt an. Als sich unsere Blicke trafen, hatte ich das Gefühl, mein Brustkorb müsste jeden Moment explodieren, so wie mein Herz wummerte.

„Wie lange… bist du dir dessen schon bewusst?“, fragte Johan zögernd und senkte den Blick wieder. Worauf wollte er eigentlich hinaus?

„Neulich auf dem Schuldach… da hab ich das erste Mal gedacht, dass Rei und Asuka vielleicht recht hatten“, murmelte ich. Mein Herz klopfte noch immer. Es war genauso, wie Rei gesagt hatte.

„Rei und Asuka?“, hakte Johan neugierig nach.

„Die zwei haben gleich vermutet, dass ich in dich verliebt bin, als ich ein Mädchen geworden bin. Ich… ich hab das erst für Blödsinn gehalten, aber dann habe ich langsam gemerkt, dass sie Recht hatten.“

Ich musste schlucken. „Aber dann hast du dich auf einmal so seltsam verhalten und auch noch gesagt, dass es dir ohne mich besser gehen würde... und guck dich doch an, O’Brien hat dich nur entführt, weil er mich zu dem Duell zwingen wollte, also stimmt es sogar… Wenn ich nicht wäre…“

Weiter kam ich nicht, denn Johan legte mir den Finger auf die Lippen und brachte mich damit zum Verstummen. Er schüttelte den Kopf, was mich nur noch mehr verwirrte.

„Ich bin froh, dass du da bist, okay?“, sagte er.

Das machte wieder keinen Sinn. „Aber du hast doch gesagt…“, setzte ich wieder an, aber er unterbrach mich erneut. Diesmal, indem er mit beiden Händen meine Mundwinkel nach oben zog.

„Jûdai, hör mir zu“, bat er. Ich nickte, woraufhin er wieder losließ und sich auf dem Stuhl so drehte, dass er mir eine Seite zuwandte. Er setzte mehrmals an, etwas zu sagen, bis er schließlich zu sprechen begann.

„Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wo ich anfangen soll. Mir wird gerade klar, dass ich mich wie ein Idiot verhalten habe. Eigentlich… bin ich nämlich auch schon eine ganze Weile in dich verliebt.“

 

Ich traute meinen Ohren nicht.

„Sag das nochmal“, stammelte ich und rollte mit dem Stuhl zu ihm. Johans Wangen waren ziemlich rot, als er sich zu mir drehte, aber seine Stimme war überraschend fest und er sah mir direkt in die Augen, als er sagte: „Ich liebe dich, Jûdai.“

Ich umarmte ihn so stürmisch, dass ich ihn vom Stuhl riss und wir beide auf dem Boden landeten. Ich konnte mich gerade noch mit den Händen abstützen, um nicht mit vollem Gewicht auf ihn zu fallen.

„Jûdai, du bist echt ein Wirbelwind“, lachte Johan.

Unwillkürlich konnte ich nicht anders, als breit zu grinsen. „Ich freu mich nun mal“, sagte ich und bemerkte auf einmal Tränen in meinen Augenwinkeln. Wo kamen die denn auf einmal her?

Johan lächelte mich an und nahm mein Gesicht in beide Hände.

Er zog mich ein wenig zu sich heran, aber dann war ich es, der die letzte Distanz zwischen uns überbrückte und instinktiv meine Lippen auf seine drückte.

Es war, als würde in meinem Bauch ein Feuerwerk explodieren.

Ich spürte, dass Johan den Kuss mit sanftem Druck erwiderte. Es war ein völlig neues Gefühl, aber alles anderes als unangenehm.

 

Schließlich löste ich mich wieder von ihm und setzte mich neben ihm auf den Boden. Johan richtete sich auf und sah mich dabei an. Seine Augen strahlten regelrecht. „Jûdai…“ sagte er sanft. Aus seiner Stimme klang Erleichterung, auch wenn ich nicht so recht wusste worüber. Ich gab dem Impuls nach und küsste ihn gleich nochmal.

 

Als es an der Tür klopfte, fuhren wir erschrocken auseinander.

„Jaa?“, rief ich, stand auf und half auch Johan wieder auf die Beine.

Die Tür öffnete sich und Jim trat ein, wobei er sich arg bücken musste, weil er so groß war. In der Hand hielt er einen Stapel aus Johans normaler Kleidung.

„Hab ich euch irgendwie gestört?“, fragte er verschmitzt und warf Johan den Stapel zu.

Ich wusste nicht so recht, was ich sagen sollte, weil ich in Gedanken noch ganz woanders war.

„Ein bisschen“, sagte Johan überraschend ehrlich.

Jim pfiff durch die Zähne. „Okay, dann stör ich auch mal nicht weiter. Karen braucht some food und ein bisschen Auslauf“, erklärte er und deutete mit dem Daumen auf das Krokodil, in der Tragetasche auf seinem Rücken. Dann verschwand er auch schon wieder und zog die Tür hinter sich zu.

 

Johan stellte seinen Stuhl wieder hin und legte die Kleidung auf dessen Sitzfläche bereit, dann begann er sich auszuziehen. Ich nahm auf meinem Stuhl Platz und beobachtete ihn dabei.

„Das hab ich neulich schon gedacht, aber du bist echt ganz schön muskulös“, stellte ich fest, als er sein Hemd über die Stuhllehne hängte. Johan drehte sich zu mir um.

Beim Anblick seines nackten Oberkörpers wurde ich irgendwie nervös. Oder nein, nicht nervös, aber irgendwie kribbelig. Johan schien das auch zu merken. „Gefällt dir der Anblick?“, fragte er und breitete die Arme aus.

„Ich glaub‘ schon“, murmelte ich. Je länger ich Johan so betrachtete, umso mehr hatte ich das Gefühl, dass es im Zimmer ganz schön heiß war.

Johan drehte sich wieder um und schlüpfte in sein normales Oberteil.

„So wie du gerade hab ich mich die ganze Zeit gefühlt, wenn ich mit dir in den letzten Tagen zusammen war“, sagte Johan jetzt, während er die Schuhe auszog.

Ich runzelte die Stirn. „Du meinst so… wuschig?“

„Nenn es wie du willst. Du hast es aber auch herausgefordert! Ständig hast du dich an mich geklammert, so dass ich deine Brüste berührt habe ohne es zu wollen und dann konnte ich dir auch noch ständig unter den Rock gucken“, sagte er eilig und ohne mich anzusehen.

„Du hast gesagt, wenn ich Shorts drunter trage ist es egal, ob man mir unter den Rock gucken kann oder nicht“, erinnerte ich ihn.

„Dachte ich auch, war es aber nicht“, meinte er resigniert. „Also stand ich ständig unter Spannung wenn ich mit dir zusammen war. Praktisch den ganzen Tag. Ständig hatte ich Angst davor, dass ich die Kontrolle verliere und wer-weiß-was mit dir anstelle!“

Ich musste schlucken. Ich hatte zwar nur eine grobe Vorstellung davon, was Johan damit meinte, aber die reichte schon aus, dass mir wieder heiß wurde.

Johan ließ sich auf seinen Stuhl zurücksinken und starrte irgendwo an die Wand.

„Deshalb bin ich neulich auf dem Schuldach so schnell weggelaufen. Ich war drauf und dran, dich zu küssen, aber ich wusste ja nicht, was du davon halten würdest. Wir sind schließlich beide Jungs…“

Ich nickte langsam. Wenn ich nicht davor schon mit Rei und Asuka über das Thema gesprochen hätte, hätte ich es wahrscheinlich bestenfalls seltsam gefunden, hätte er mich plötzlich geküsst. Aber ich konnte mich des Gedankens nicht erwehren, dass es mir einige Tränen erspart hätte, wenn er es einfach trotzdem getan hätte.

 

Johan fuhr fort: „Es hat nicht viel gebracht, wegzulaufen. In der Nacht danach hatte ich einen ziemlich erotischen Traum von dir…“

Augenblicklich wurde mir wieder heiß.

Johan strich sich mit der Hand über die Augen und sprach weiter: „Nachdem ich von diesem Traum aufgewacht bin, wollte oder konnte ich nicht wieder einschlafen, ich habe die halbe Nacht wachgelegen. Ich hab mich dafür geschämt, dass ich solche Dinge träume, von dir als Mädchen. Ich hatte das Gefühl, das würde man mir sofort ansehen und ich hatte Angst davor, was du sagen würdest wenn du das erfahren würdest.Vor allem hab ich aber befürchtet, dass diese Gefühle nur daher kommen, dass du ein Mädchen geworden bist und dass ich sie nicht mehr haben würde, wenn du wieder ein Junge wärst. Was heißen würde, dass ich dich nicht als Person liebe sondern nur weil du ein Mädchen warst.“

Ich wusste nicht, was ich dazu sagen sollte und ging langsam zu Johan herüber, der die ganze Zeit in Richtung Fenster gesprochen hatte.

„Deshalb wollte ich dich auch nicht sehen und habe gesagt, dass ich ohne dich diese Probleme nicht hätte… Ich brauchte einfach Zeit, um mir darüber klar zu werden, was ich eigentlich von dir will…“

Damit drehte er sich auf dem Stuhl zu mir herum. „Aber das hat sich ja inzwischen geklärt“, verkündete er mit einem breiten Lächeln, das mich sofort auch dazu brachte, zu grinsen.

„Du hast einfach zu viel drüber nachgedacht“, stellte ich fest.

Johan stand auf und kratzte sich am Kopf. „Passiert mir leider viel zu oft“, murmelte er und entledigte sich schlussendlich auch der weißen Hose, die er auf der Party getragen hatte, um wieder in die gewohnte schwarze mit den dunkelvioletten Streifen zu schlüpfen.

Während er seine Stiefel anzog und die braunen Stulpen darüber zog kam mir der Gedanke, dass das wohl der Punkt war, in dem wir uns am meisten unterschieden. Wo Johan sich wie in diesem Fall zu viele Gedanken machte, machte ich mir meistens eher zu wenig. Aber das hieß ja auch, dass wir uns gut ergänzen konnten, oder?
 

Johan war jetzt fertig mit Umziehen und stand auf.

„Jetzt habe ich aber wirklich Hunger. Sollen wir mal nachschauen, wie weit Asuka schon ist?“, schlug er vor. Das klang gut.

 

Der Geruch, der den Speisesaal erfüllte, als wir ihn betraten, war schon einmal extrem vielversprechend. Bis dahin hatte ich mich nicht einmal besonders hungrig gefüllt, aber auf einmal lief mir das Wasser regelrecht im Mund zusammen.

„Ist das Essen schon fertig?“, rief ich in Richtung Küche, während wir uns dieser näherten. Asuka tauchte in der Durchreiche auf. „Noch nicht ganz“, erklärte sie. „Aber ich glaube, Spanner wie du haben meine Lunchbox auch gar nicht verdient.“

Ich zuckte zusammen.

„Du bist mir immer noch böse?“, fragte ich kleinlaut. 

Asuka drehte sich wieder um, um irgendwas in der Pfanne zu wenden, das dort verführerisch vor sich hin brutzelte. „Natürlich, du hast dich ja auch noch nicht entschuldigt“, sagte sie kühl.

Ich sah hilfesuchend Johan an. „Du solltest dich wohl entschuldigen“, sagte er nur. Also gut.

„Es tut mir leid! Bitte verzeih mir! Ich tu’s nie wieder!“, rief ich theatralisch und machte eine tiefe Verbeugung.

„Das hoffe ich doch“, sagte Asuka. Sie klang tatsächlich schon sehr viel versöhnlicher.

Ich richtete mich wieder auf. Zu meiner Überraschung lächelte sie sogar.

„Ich schätze, da du dich offensichtlich nicht für Frauen interessierst, kann ich dir auch nicht wirklich böse sein“, sagte sie und drehte sich dann wieder zum Herd, wo sie mit einer Schöpfkelle frisch frittierte Garnelen aus einem Topf fischte und über vier große Lunchboxen verteilte, die daneben standen.

„Wie meinst du das?“, fragte ich verwirrt. Neben mir hörte ich Johan leise kichern.

Asuka drehte sich wieder um. „Du hast doch vorhin gesagt, dass du in Johan verliebt bist. Das heißt doch, dass du schwul bist, oder?“

Ich errötete. Ich hatte schon wieder völlig vergessen, dass ich Johan meine Liebe vorhin vor Zeugen gestanden hatte und auf einmal war mir das ein wenig peinlich.

Asuka erwartete scheinbar auch keine großartige Antwort, stattdessen stellte sie jetzt die vier Lunchboxen in die Durchreiche. Alle vier waren gleich und sahen extrem lecker aus, vor allem wegen der frittierten Garnelen, die jeweils oben auf dem Reis thronten. „Na los, greift zu“, sagte Asuka großzügig. Das ließen wir uns nicht zweimal sagen.

 

Asuka erzählte uns beim Essen ein wenig über die Ereignisse der letzten Nacht und so erfuhr ich auch endlich, warum sich Shô am Vorabend mit Amon duelliert hatte. Offenbar hatte er geglaubt, dieser hätte etwas mit den vielen entkräfteten Schülern zu tun, die schon in den Tagen davor aufgetaucht waren und auch, dass es eine Verbindung dieser Ereignisse zu meinem plötzlichen Verschwinden gab. Offenbar war die Geschichte mit der kranken Mutter nicht so überzeugend gewesen, wie ich gedacht hatte.

Später erfuhr ich von O’Brien auch noch, dass es Amon gewesen war, der mein Deck aus Samejimas Büro gestohlen hatte. Später hatte er es O’Brien zusammen mit der Information über Jûjikas wahre Identität übergeben. Offenbar hatte er mich und Johan irgendwann mal belauscht und so mitbekommen, wer ich wirklich war.

 

Als wir gerade bei den letzten Bissen waren, kamen dann auch Kenzan, Jim und – zu meiner Überraschung – auch Shô zu uns, der schon wieder recht fit aussah.

„Aniki!“ Shô ließ es sich nicht nehmen, sofort zu mir zu eilen. Sekundenlang sah er mich freudig an, dann verschränkte er die Arme. „Du hast uns ganz schön hinters Licht geführt“, sagte er streng. Offenbar hatte Kenzan ihn bereits aufgeklärt, was mir wenigstens lange Erklärungen ersparte.

Ich lachte verlegen. „Sorry, wirklich. Ich tu’s nie wieder.“

„Und eigentlich ist das alles meine Idee gewesen, also wenn du jemandem dafür böse sein willst, dann mir“, mischte sich Johan ein.

Shô warf ihm einen bösen Blick zu. „Das hätte ich mir denken können“, sagte er spitz. An seiner Abneigung gegenüber Johan hatte sich wohl nicht viel geändert. Da sollte ich ihm wohl nicht auch gleich noch auf die Nase binden, dass Johan und ich jetzt gewissermaßen ein Paar waren.

„Wir sind aber auch selber schuld, dass wir drauf reingefallen sind“, mischte sich Kenzan ein, was ihm nur noch einen fiesen Blick von Shô einbrachte. Offenbar ärgerte er sich selbst, dass er mich nicht wiedererkannt hatte, was ich irgendwie verstehen konnte.

„Bei Rei solltest du dich auch noch entschuldigen, wenn sie wieder aufgewacht ist“, sagte Asuka. Ich nickte sofort.

„Versprochen“, sagte ich. „Und bei Fubuki muss ich mich später unbedingt bedanken. Und bei Manjôme…“ Ich drehte mich zu Johan um. „Er hat sich doch mit dir duelliert, wer hat da eigentlich gewonnen?“, fragte ich neugierig.

Johan grinste. „Er war zwar gut, aber nicht gut genug. Vielleicht sollte er sich mal mehr mit seinen Monstern anfreunden statt sich mit ihnen zu streiten“, meinte er nur. 

 

Dann ergriff Jim das Wort, um die Konversation wieder in Richtung der aktuellen Lage zu lenken.

„Es sieht alles pretty bad aus. Mister Samejima ist immer noch abwesend. Allerdings haben wir jetzt eine Spur, wo Professor Cobra sein könnte.  Ich war vorhin bei Amon, weil er endlich aufgewacht ist, und er meinte, er hätte Cobra und O’Brien mal zu einer technischen Anlage mitten im Wald gehen sehen. Wisst ihr anything darüber?“

Ich war ehrlich gesagt ratlos. Shô und Asuka allerdings sahen sich an. „Vielleicht meinte er das SAL-Labor“, erklärte Shô schließlich.

„Ein Labor? Hier auf der Insel?“, fragte Johan verblüfft.

Asuka nickte. „Jûdai, erinnerst du dich nicht? Im ersten Schuljahr hast du dich mit einem Affen duelliert, der aus dem SAL-Labor geflohen war.“

Ich schlug mir mit der Faust auf die Handfläche. „Natürlich erinnere ich mich! Der hatte ein paar coole Strategien drauf!“

Kenzan war beeindruckt: „Ein Affe? Ist ja saurierstark!“

 

„Darum geht es jetzt nicht“, erinnerte Asuka ihn und verschränkte die Arme. „Wir müssen annehmen, dass Cobra dort ist. Und O’Brien ist immer noch nicht zurück. Was, wenn ihm etwas passiert ist?“

Ich stopfte mir die letzte frittierte Garnele in den Mund und sprang auf. „Okay, dann gibt es nur eins! Wir gehen selbst da hin und sorgen dafür, dass Cobra keinen Schülern mehr Energie stiehlt!“

Alle Anwesenden stimmten mir umgehend zu.

„Wir sollten los, solange the sun noch nicht untergegangen ist“, schlug Jim vor.

Dagegen gab es nichts einzuwenden. Wir alle standen auf. Groß vorzubereiten gab es nichts mehr, unsere Duel Disks und Decks hatten wir alle dabei. Jim verließ den Raum als erster. Ich wollte eilig folgen, doch Johan hielt mich am Handgelenk fest und wartete dann, bis alle anderen draußen waren. „Wir kommen gleich nach!“, rief er ihnen zu.

 

Wir sahen uns an. „Ich kann’s kaum erwarten, dem Kerl die Meinung zu geigen“, kündigte ich an. Johan lächelte. „Ich habe irgendwie nichts anderes von dir erwartet.“

Damit küsste er mich zärtlich. Ich erwiderte den Kuss, auch wenn ich mir dabei nach wie vor ziemlich ungeschickt vorkam.

„Irgendwie erleichtert mich das“, sagte Johan. „Du hast dich zwar zurückverwandelt, aber meine Gefühle sind gleich geblieben.“

Ich legte den Kopf schief und sah ihn an. „Warum soll das denn auch einen Unterschied machen?“

Johan zuckte die Achseln. „Stimmt, das war eine blöde Bemerkung“, murmelte er und küsste mich nochmal. Dann nahm mein Gesicht in die Hände und grinste. „Wenn wir das mit Cobra hinter uns haben, machen wir an dieser Stelle weiter, hm?“

Ich spürte, wie die Hitze in meine Wangen stieg und nickte eilig.

Hand in Hand verließen wir den Raum und setzten uns ganz an die Spitze der kleinen Gruppe, die es diesem Energieräuber Cobra mal so richtig zeigen würde!

 

In meinem Optimismus damals ahnte ich natürlich nicht, dass das alles nicht so einfach werden würde, wie ich mir das vorstellte. Und dass ich mich bald dem Wesen aus meinen Träumen und einer damit zusammenhängenden verdrängten Episode aus meiner Vergangenheit würde stellen müssen. Aber das ist nun wirklich eine andere Geschichte.

 

***

 

Wer wissen will, wie es ab da weitergeht, schaut einfach Yu-Gi-Oh! GX ab Episode 113, die Story ist nämlich so konzipiert, dass es danach quasi genau so wie in der Serie weitergehen kann.


 

***

Demnächst kommen noch ein paar Fanarts von mir und das war's dann mit dieser Story. Das war von Anfang an so geplant, tut mir leid. Ich hoffe, die Story hat euch trotzdem gefallen.
 

Ich bedanke mich bei allen Lesern für's Lesen und Kommentieren, bei Elaine_Eden für wertvolle Anregungen zum Epilog, bei Ditsch für's Betalesen und bei Skyrider für seine allgemeine Unterstützung! 



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  hAyLeY9pOtTeR
2012-11-12T21:43:46+00:00 12.11.2012 22:43
wow schon zu ende? ach und was ist mit dem mädchen in rosa? frag mich, warum sie judai anfangs bei der geschichte in ein weib verwandelt hat? armor ist sie auf jeden fall nicht!
beim story:
süss endlich gestehen johan und judai die liebe zueinander! <3 <3
asuka mag zwar noch wütend sein wegen judai, aber dafür hat er sich entschuldigt. aber eines hat die obeliskblueschülerin heraus gefunden, dass dass judai schwul ist! es hat mir super gefallen der story! ^O^ und finde es schade, dass es fertig ist! :( spiritshipping ist DAS dreampairing in ganz ygo gx!!! :D :D <3 <3
Von:  Raishyra
2012-11-06T16:45:39+00:00 06.11.2012 17:45
Ich kann ShinoYuta nur zustimmen xD
Ich mag eigentlich auch kein shonen-Ai^^", aber die Story war sehr schön geschrieben und man konnte sich gut in Jaden hinein versetzen ;3

*Like-Button drück* xD
Von:  ShinoYuta
2012-11-05T23:23:50+00:00 06.11.2012 00:23
hammer story!
ich steh zwar gar nicht auf shonen-ai, aber bei jaden und jesse ist das irgendwie was anderes :D
schade, dass es schon zu ende ist. es war mega spannend und ich habe echt rein gar nichts auszusetzen <3
Von:  fahnm
2012-11-05T23:13:36+00:00 06.11.2012 00:13
Gelungenes Ende.
Ich muss mwohl mal wieder die GX Folgen ansehen.^^


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