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Ein Bund mit Folgen

Im Bann eines Vampirs
von

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2. Der ungebetene Gast

2. Der ungebetene Gast
 

Zu Hause angekommen, stellte ich fest das niemand, zu meinem Glück, daheim war. Meine Mutter hatte heute Nachtschicht im Krankenhaus, und mein Vater hatte heute früh nochmal zur Arbeit gemusst, dass ihm entgangen war, dass mein Bett unberührt geblieben war. Ben war im Gegensatz zu Philipp, von zu Hause ausgezogen, als er seinen Studienplatz für BWL bekommen hatte. Er war dauernd unterwegs und kam höchstens mal an den Wochenenden zurück in die Stadt. Ich vermisste meinen großen Bruder tatsächlich sehr. Er hatte seine Rolle als Bruder immer sehr ernst genommen, hatte mich häufig gezankt, aber auch immer zu mir gehalten. Außerdem teilten wir beide einige unserer Hobbys. Wir beide liebten Fantasy und Sciencefiction, spielten gerne Videospiele und waren beide sehr kreativ. Während er sich eher an der Gitarre versuchte, griff ich zum Pinsel. Ben und ich hatten früher viel Zeit miteinander verbracht, vor allem mit Philipp. Er teilte immerhin sein Interesse für Filme mit uns und war auch hin und wieder für ein paar Runden Mario-Kart zu haben.

Wäre meine Mutter heute Nacht zu Hause gewesen, wäre vermutlich die Hölle über den Hausfrieden hereingebrochen. Wie ich sie kannte, wäre sie vermutlich vor Sorge gestorben, da ich ja nicht Bescheid gegeben hatte, dass ich bei jemand anderes übernachten würde. Ja es war sehr wahrscheinlich dass sie gleich ein paar Leute zusammen getrommelt und sie einen Suchtrupp losgeschickt hätte. Es hätte also im Grunde ein noch viel schlimmerer Abend hätte werden können, als es ohnehin schon gewesen war. Dass ich das Haus jetzt für mich alleine hatte, kam mir äußerst gelegen. Zumindest konnte ich mich jetzt vollkommen ungestört in meinem Selbstmitleid suhlen, heulen, Schoki mampfen und schrecklich kitschige Liebesschnulzen angucken. Ich machte mir eine Tasse Moccacino, setzte mich vor den Fernseher und verschlang heulend eine komplette Tafel Schokolade.

„...Es tut mir Leid, dass ich nicht das richtige Monster für dich bin, Bella!“, erklang Jacobs Stimme aus dem Fernseher. Warum hatte ich überhaupt einen Twilight-Film rein geschmissen? Das Thema Vampir war vielleicht nicht das richtige, für einen Tag nach einem Vampir. Denn nichts konnte mich überzeugen, dass Erik doch eigentlich wie Edward Cullen war, und ich bei unserem nächsten Zusammentreffen, doch einem netten Wesen gegenüber stehen würde. Jetzt fühlte ich mich wie Jacob, mies und hintergangen. Ich hätte auch gehen müssen, statt bei Erik zu bleiben. Jetzt hatte ich rot unterlaufene Augen und einen Kopf der zu explodieren drohte.

Entnervt stellte ich den Film ab, erhob mich und durchsuchte unseren Medizinschrank nach einer Aspirin, die ich mit einem Glas Wasser runterspülte. Gerade als ich mir nachschenken wollte, glitt mein Blick herüber zur Küchenuhr und mein Herz setzte für einen kurzen Augenblick aus. Wir hatten bereits 19.30Uhr? Rita, mein Bruder und Philipp würden sicherlich jeden Moment hier auftauchen, um mit mir in den Geburtstag rein zu feiern! Ich hatte vor lauter Frust vergessen, mich und das Essen zu diesem Anlass fertig zu machen!

Erst jetzt bemerkte ich die entgangenen Anrufe auf meinem Handy, die ausschließlich von Rita stammten. Klar! Sie hatte gesagt, dass wir noch mal telefonieren würden, um zu überlegen, was noch für das riesige (hahaha!) Event besorgt werden musste.

Panisch drückte ich den grünen Hörer und lauschte dem Tuten, ehe mir Ritas vertraute Stimme säuerlich antwortete. „Man Su! Was ist da los bei dir? Ich hab zig Mal versucht dich an zu rufen!“

„Entschuldige Süße! Mir ist einfach viel Mist passiert gestern! Sag mir bitte, dass du schon auf dem Weg zu mir bist?“ Meine Stimme klang so jämmerlich, dass all die Wut aus Ritas Stimme Besorgnis wich. „Oh je, das klingt nicht gut! Ich bin nur noch ein paar Straßen entfernt von eurem Haus. Bin in 10 Minuten bei dir! Ich schreib Philipp, er soll nicht vor 20.30 hier sein, okay?“

Ich begrüßte ihren Vorschlag und beendete das Telefonat. Im Bad klatschte ich mir schnell Make-up und wasserfesten Mascara ins Gesicht, damit ich zumindest nicht mehr ganz so gespenstisch aussah. Dann kämmte ich meine Haare, steckte sie mit mehreren Klammern fest, sodass nur noch vereinzelte, wellige Strähnen vor meinen Ohren herunterhingen. So sah ich gleich viel besser aus!

Ich hatte gerade hastig die Reste meiner Selbstmitleid-Party beseitigt und legte die Decke ordentlich auf dem Sofa zurück, als es an der Tür klingelte.

Ritas lautes Lachen ließ mich kurz irritiert inne halten.

War mein Bruder auch schon zu Hause? Oder wer hatte sie begleitet?

Entschlossen drückte ich die Türklinke herunter und löste damit einen Wortschwall Ritas aus. „Verdammt Su, was war denn jetzt los bei dir? Ich habe dich sicher mehr als hundertmal angerufen und was sollte eigentlich diese komische SMS mitten in der Nacht bedeuten?“ Sie zückte ihr Handy und zitierte die Kurznachricht: „Hab graad gepfiedt.“ Schockiert riss ich ihr das Handy aus der Hand, nicht nur weil ich mir vorstellen konnte, was diese Nachricht hatte bedeuten sollen, sondern auch, weil ich jetzt realisierte, wer bei uns stand. Lässig lehnte er sich gegen das Treppengeländer und amüsierte sich sichtlich. „In meinen Ohren hat das 'gepfiedt' eine gewisse Ähnlichkeit mit gefic-“, wollte er grade Rita aufklären, als ich ihm schnell ins Wort fiel, ehe er seinen Satz beenden konnte. „Ach hallo Erik! Freut mich dich zu sehen. Aber ich dachte wir sehen und erst morgen frühestens wieder?“ Rita wirkte überrascht, als sie realisierte, dass ich Erik scheinbar nicht nur kannte, sondern auch hatte treffen wollen. Was natürlich nicht ganz der Wahrheit entsprach. Von mir aus, hätte der idiotische Vampir auch einfach in der Sonne pulverisiert werden können. Aber leider schien diese Option bereits utopisch zu sein. Würde Rita nicht an Eriks blauen Augen kleben, wäre ihr auch sicherlich aufgefallen, dass mein Lächeln eher einer Grimasse glich und das ich kaum die Zähne beim sprechen auseinander bekam, so viel Wut lauerte in meinem Innern.

„Erik ging gerade die Wachtmannsstraße entlang, als wir telefoniert haben und er hat gehört, dass ich mit dir gesprochen habe. Da hat er einfach ganz dreist gefragt, ob er mitkommen könnte, weil er dich gestern kennengelernt hat. Und da konnte ich natürlich nicht nein sagen.“ Ritas Augen blitzten auf vor Verzücken, als sie von ihrer Begegnung mit Mr. Scheißkerl erzählte. Wenn sie wüsste, wer und wie er wirklich war...

Erik legte seine Hand auf Ritas Schulter. „Stimmt, wie hätte sie da nein sagen können?“ Dabei blickte er mir direkt in die Augen und grinste süffisant. Ja, für ihn war alles nur ein Spiel, nichts weiter. Einen kurzen Moment drangen die Erinnerungen der letzten Nacht wieder hoch und für einen kurzen Augenblick befürchtete ich, dass ich zusammenbrechen müsste, doch da umarmte Rita mich plötzlich.

„Hi erstmal! Und wie wär's wenn wir herein gehen würden? Oder wollt ihr hier draußen Wurzeln schlagen?“

Am liebsten wäre ich Rita ein weiteres Mal um den Hals gefallen. Natürlich!

Vampire konnten nicht ohne Erlaubnis in fremde Häuser eintreten.

Andererseits wäre es für Erik ein Leichtes mir und meinen Freunden aufzulauern, sobald wir das Haus verließen. Seine Drohungen würde ich nicht auf die leichte Schulter nehmen, konnte ich mir vorstellen, dass er ohne jeden Skrupel zu jeder Gräueltat bereit wäre. Wie sonst ließe sich der gestrige Alptraum erklären?

Rita trat bereits ein, während Erik wie gebannt an der Tür verharrte.

„Na, bittest du mich herein?“, fragte er mit einem unschuldigem Lächeln auf den Lippen. Wenn ich ihn nicht schon anders erlebt hätte, wäre ich wohl auf seine charmante Art hereingefallen, so wie es gerade meine beste Freundin Rita tat.

„Kommt doch endlich! Richtig Party-tauglich sieht es hier noch nicht aus!“, rief die ahnungslose Rita bereits aus dem Esszimmer.

„Wieso sollte ich dich herein lassen?“, schnaubte ich verächtlich. „Ich will in meinen Geburtstag hineinfeiern und zwar mit Freunden! Also mit Menschen die ich mag und die mich mögen!“

„Ach Su,“ seufzte Erik künstlich theatralisch, „deine 'Freunde' habe ich kennengelernt. Du wärst ohne mich bereits tot, also ist es doch nur richtig, dass ich auf deiner kleinen Party erscheine.“

Als ich statt ihn hereinzubitten, lediglich mit den Augen rollte und die Tür vor seiner Nase zuschlug, durchflutete mich für einen kurzen Augenblick ein Gefühl absoluter Macht und Freiheit. Nach allem was passiert war, schuldete ich diesem Fiesling überhaupt nichts. Ich wollte gerade Richtung Esszimmer gehen, wo Rita schon mit Girlanden herumhantierte, als ich Eriks Stimme vernahm: „Öffne die Tür und bitte mich herein!“ Seine Stimme klang definitiv genervt und noch während ich mich darüber amüsierte und stolz auf mein emanzipiertes Verhalten war, spürte ich, wie sich mein Körper wie von selbst bewegte. Wie befohlen ging ich zur Tür und drückte die kühle Klinke herunter. Schwindel machte sich in meinem Kopf breit und mein Körper begann zu zittern. Was zur Hölle geschah mit mir? Wieso öffnete ich die Tür? Alles in mir sträubte sich dagegen, als ich plötzlich mit einem Lächeln auf den Lippen Erik hereinbat: „Tritt' ein mein Meister!“

Kaum hatte ich das gesagt erlosch das Lächeln und Übelkeit breitete sich in mir aus. „Was machst du mit mir?“, würgte ich hervor.

„Ich habe dir von dem Bund den du mit mir eingegangen bist erzählt. Was ich sage, ist Gesetz. Und jetzt komm mit.“

Erik griff meinen Arm und zog mich mit sich. Das war tatsächlich gut, weil ich sonst vermutlich nicht mehr aus meiner Schockstarre ausgebrochen wäre.

„Wir gehen in dein Zimmer, Fettie.“

Zu Rita gewandt sagt Erik: „Wir sind gleich wieder bei dir, wir müssen nur kurz etwas besprechen.“

Etwas irritiert musterte Rita uns, zuckte aber nur kurz mit den Achseln und meinte wir sollten uns nur beeilen. „Ich kann ja nicht alles alleine machen,“ hörte ich sie brummen als ich die Treppe voran hinauf ging und Erik mir folgte. Dabei hielt er immer noch meinen Arm fest. Beinahe hatte ich das Gefühl er würde sich an mich hängen, so schwer wiegte sein Gewicht an meinem Arm. Oben in der Diele, stöhnte Erik schmerzerfüllt auf. Obwohl ich unendlich wütend war, wandte ich mich instinktiv um. Vermutlich lag es an unserem Bund, dass ich mich um ihn sorgte.

„Was ist los?“, wandte ich mich ihm zu. Ich verringerte den Abstand zu ihm und legte vorsichtig seinen Arm um meine Schulter. Erik atmete schwer aus: „In dein Zimmer, los!“ Dem Befehl folgend, schleppten wir uns zu der Tür, auf der in goldenen Buchstaben mein Name stand. An meinem 14. Geburtstag hatte ich meinen Namen mit Nagellack in geschwungener Schrift verewigt. Meine Eltern waren zunächst nicht begeistert davon gewesen, doch sie wussten genau wie gerne ich mich künstlerisch austobte. Somit durfte die geschnörkelte Schrift bleiben und in regelmäßigen Abständen gesellten sich neue Kunstwerke hinzu. Zumeist allerdings auf Blättern, weil ich Abwechslung mochte.

Ich geleitete Erik zu meinem Bett, wo er sich erleichtert niederließ.

Erst jetzt bemerkte ich einen roten Flecken auf seinem Shirt, der immer größer wurde.

„Was ist passiert?“, fragte ich schockiert, als ich erkannte, dass er blutete. Selbst ich konnte die Panik in meiner Stimme mitschwingen hören.

„Eine kleine Unstimmigkeit unter Freunden. Darum bin ich hier. Ich brauche etwas von deinem Blut!“, versuchte er besonders lässig zu erklären.

Erik war ein Mistkerl, aber dass er mir den Abend ruinieren würde in dem er auf meiner Party zu Tode kam, das konnte ich nun wirklich nicht geschehen lassen.

„Okay. Was soll ich tun?“

Erik musterte mich völlig perplex. „Kein Widerstand?“

„Du blutest mir noch alles voll. Außerdem hast du mir eben deutlich gemacht, wie stark mein Mitspracherecht in solchen Fällen ist.“

Ein Schauer lief mir über den Rücken, als ich an den Moment zurückdachte, als ich ihm die Tür gezwungener maßen geöffnet hatte. Diese Macht sollte niemand über den Körper eines anderen haben. Idealerweise vor allem nicht über meinen, aber die Realität hatte mir gezeigt, dass leider nichts in meinem Leben ideal ablief.

Lieber tat ich etwas, was mir missfiel, als erneut die Kontrolle über meinen eigenen Körper zu verlieren. Es war ein widerliches Gefühl.

Erik grinste nur spöttisch: „Du lernst ja richtig schnell, Dickerchen!“

Gekonnt überhörte ich seine bissige Bemerkung, als er mich plötzlich an den Händen packte und mich zu sich heranzog. Völlig überrumpelt konnte ich nur im letzten Moment mein Gleichgewicht halten. Um ein Haar wäre ich auf ihn gestürzt...

Mein Herz überschlug sich vor Aufregung. Beim ersten mal war ich völlig betrunken von seinem Blut und dem Schnaps gewesen. Dieses mal würde ich komplett erleben, wie es war von ihm gebissen zu werden.

„Vorsicht,“ raunte Erik mit heiserer Stimme, als er mich langsam auf seinen Schoss zog. Unter anderen Umständen, hätte ich mich über einen Mann in meinem Bett gefreut, nicht aber über diesen. Erik zog mein Gesicht ungewöhnlich sanft zu sich heran. „Das wird kurz etwas wehtun, Su.“ Eriks Blick traf auf meinen und ohne sich abzuwenden, strich er mir vorsichtig die Haare zur Seite, sodass mein Hals völlig entblößt war. Seine grauen Augen hielten mich in ihrem Bann und das Herzrasen wurde noch stärker. Schnell blinzelte ich und wandte mich von ihm ab, sodass mein Hals für ihn bereit war. Während seine linke Hand noch immer meine Haare festhielt, zog er mich mit der anderen zu sich heran, bis ich seine weichen Lippen an meine Halsbeuge spürte. Panik breitete sich in mir aus. Hatte ich den Verstand verloren, so etwas mit mir machen zu lassen? Doch ehe ich meine Meinung ändern konnte, spürte ich wie sich seine Zähne in mein Fleisch bohrten. „Autsch!“, quietschte ich überrascht und konnte fühlen, dass Eriks Lippen sich zu einem listigen Grinsen kräuselten. Ich wollte ihn von mir stoßen, als sich zum Schmerz plötzlich andere Gefühle gesellten und ihn regelrecht verdrängten. Ich keuchte auf und leckte mir über die Lippen, um ein tiefes Stöhnen zu unterdrücken. Wieso fühlte es sich plötzlich so gut an? Ich spürte wie sich alles in mir zusammen zog und Erinnerungen an unsere gemeinsame Nacht schossen mir durch den Kopf. Jeglicher Widerstand der sich in mir gegen Erik sträubte, löste sich in nichts auf und meine Anspannung und Angst vielen von mir ab. Kraftlos ließ mich nach hinten fallen, doch Erik hielt mich fest. Mein Becken drängte sich plötzlich gegen das seine, meine Hüften kreisten, glitten wie bei einem erotischen Tanz über seine und ich spürte wie sehr ihm meine Bewegungen gefielen. Angespornt durch seine körperliche Reaktion, presste ich mich noch mehr an ihn, lehnte meinen Kopf gegen seinen und vergrub meine Hände in seinem Haar. Erst jetzt bemerkte ich dass er nicht mehr trank.

Sein süffisantes Grinsen riss mich aus meinem Trance-ähnlichen Zustand und völlig außer Atem sprang ich auf. „Okay, das war's oder?“, fragte ich und räusperte mich verlegen, als beinahe nur ein zitterndes Krächzen über meine Lippen kam.

Erik lachte. „Ja im Grunde war es das.“ Mein Herz pochte wie verrückt, als er langsam auf mich zu kam. Seine Augen musterten mich amüsiert, dann wich sein Grinsen und er wirkte wieder völlig ernst. Plötzlich stand er so dicht vor mir, dass sein Atem auf meiner Haut kitzelte und uns nur noch wenige Zentimeter voneinander trennten.

„Ich brauche da noch etwas von dir...“

Mein Körper stand völlig unter Strom und nur mit Mühe konnte ich mich davon abhalten mich auf ihn zu stürzen. Was zur Hölle machte dieser Typ nur mit mir? Wieso empfand ich bei solch einer Qual, solch eine Lust? Und was wollte er von mir? Noch mehr Blut? Oder doch etwa Sex? Bei dem Gedanken fühlten sich meine Beine plötzlich wie Wackelpudding an. Könnte ich ihm widerstehen?

„Ich brauche ein T-Shirt. Dein Vater oder dein Bruder können mir doch sicher etwas ohne Blutflecken borgen?“, unterbrach Erik mein Gedankenkarussell und peinlich berührt nickte ich.

„Klar, sicher.“

Hastig stürmte ich in Bens Zimmer, um schleunigst diesem peinlichen Moment zu entfliehen. Ich hatte mich völlig triebgesteuert verhalten, hatte mich ihm wie eine räudige Hündin dargeboten und angebiedert. Vermutlich hatte ich mir auch nur eingebildet, dass es Erik gefallen hatte, schließlich hatte er mir noch vor einigen Stunden erklärt, dass wir nie wieder miteinander schlafen würden. Dafür war ich ihm zu unattraktiv, wie er unmissverständlich erklärt hatte. Wieso zur Hölle konnte ich also nicht aufhören an Sex mit ihm zu denken? Ich schüttelte den Kopf, als könnte ich dadurch diese schändlichen Gedanken los werden und öffnete Bens Kleiderschrank. Dabei fielen mir etwa fünf Kilo Kleidung entgegen.

„Na toll,“ brummte ich und stopfte alles, bis auf ein schlichtes schwarzes Shirt, zurück in den Schrank. Dabei streifte mein Blick den Spiegel an Bens Schrank. Wie ein verschrecktes Reh blickten mir meine grünen Augen weit aufgerissen entgegen. Meine blonden Haare wirkten stumpf und spröde und meinem Teint hätten ein paar Sonnenstrahlen gut getan. Aber so schlecht aussehend, wie Erik mich beschrieben hatte, fand ich mich plötzlich gar nicht mehr. Mein Blick blieb an meinem Hals haften. Dort wo Erik mich zum wiederholten Male gebissen hatte, war nun ein dunkler Knutsch-Fleck zurück geblieben. Wie sollte ich das nur Rita erklären? Hastig legte ich mir eines von Bens Halstüchern um den Hals. Den Knoten schob ich nach hinten, so wirkte das ganze eher wie ein breites Halsband.

„Wieso brauch das so lange?“

Erschrocken zuckte ich zusammen und wandte mich um. Erik stand lässig an den Türrahmen gelehnt da und blickte mich abschätzig an. Er hatte sein blutiges Shirt bereits ausgezogen, sodass ich meinen Blick kurz über seinen sportlichen, definierten Oberkörper schweifen lassen konnte. Keine Verletzung war zu sehen.

„Wo ist die Wunde?“, fragte ich mehr als überrascht und hielt ihm das schwarze Oberteil entgegen. Dabei versuchte ich ihn nicht anzustarren, schließlich war mein Puls gerade erst dabei sich zu normalisieren.

„Weg. Dafür brauchte ich dein Blut.“ Genauer ging er nicht auf meine Frage ein und genaueres wollte ich auch gar nicht wissen. Scheinbar stimmten manche Dinge die man über Vampire in Serien oder Büchern sah. Hätte ich vor kurzem das Verschwinden einer Verletzung als Wunder oder Lüge abgetan, erschien mir dies nun weniger verrückt, mit dem Wissen, dass es Vampire gab. Sie existierten tatsächlich, Wesen, die sich am Blute anderer labten und mit mir noch unbekannten Mächten ausgestattet waren. Aber, so hatte ich jetzt auch erfahren, waren Vampire nicht unverwundbar. Sie konnten genauso bluten wie wir Menschen. Vielleicht würde mir dies Information irgendwann von nutzen sein und in Gedanken stellte ich mir vor, wie ich Dean und Sam Winchester als Auftragskiller engagieren würde.

Während Erik sich das T-Shirt überwarf, quetschte ich mich an ihm vorbei und eilte die Treppe herunter.

Entschuldigend huschte ich an Rita vorbei in die Küche und schmiss den Ofen an. Gott sei Dank hatte ich ein schnelles Menü für den Abend geplant: „Tortilla-Chpis-Auflauf mit Guacamole. Während ich Gemüse wusch und in kleine Würfel schnitt, hörte ich Rita und Erik angeregt reden und lachen. Das machte mich irgendwie wütend. Warum fiel Rita direkt auf ihn herein? Oder was wäre, wenn ich plötzlich als Wirtin uninteressant wurde? Rita war immerhin gertenschlank und groß. Wenn sie nicht so tätowiert und ihre Haare nicht so bunt wären, hätte sie sicher Model werden können.

Beschämt schob ich diesen widerlichen Gedanken fort. Ich konnte doch nicht ernsthaft um meinen Platz an Eriks Seite bangen. Ich schüttelte mit dem Kopf und lachte über mich selbst. Natürlich ging es mir nur um Ritas Sicherheit. Das letzte was ich ihr wünschte, wäre ein Mann wie Erik an ihrer Seite.

Es war gerade 20.35 Uhr, als es an der Tür klingelte. Doch ehe ich dir Tür öffnen konnte, drehte sich der Schlüssel im Schloss und mein großer Bruder trat herein, gefolgt von Philipp. Dieser schien meinem Blick auszuweichen.

„Hey Su, hast du wieder ewig vorm Spiegel gestanden oder warum sollten wir jetzt erst aufkreuzen?“, fragte mein Bruder keck und nahm mich in den Arm. Lange nicht gesehn', Schwesterherz!“ Ben zusehen gab mir viel Kraft, ich klammerte mich förmlich an ihn und musste mich zwingen, ihn aus der Umarmung zu entlassen. Als Philipp mir zur Begrüßung lediglich zunickte, sah mich Ben mit hochgezogenen Brauen verwundert an. So sehr ich meinen Bruder auch liebte, von meiner Schwärmerei für Philipp hatte ich ihm nie erzählt. Aber selbst ihm fiel auf, wenn sich etwas komisch verhielt. Ich konnte förmlich seine Fragen hören, als sein Blick an der nächsten Überraschung hängen blieb. „Hi, ich bin Erik. Su's Freund.“

Ich sah wie sich Philipp ruckartig zu ihm umdrehte und hörte meinen Bruder laut lachen. „Su's Freund? Das gibt's doch gar nicht. Dieses Luder, da ist der große Bruder aus dem Haus, wird direkt ein Kerl angeschleppt. Nichts gegen dich, Bro.“ Ben packte mich im Schwitzkasten und verstrubbelte meine Frisur.

In Momenten wie diesen, hasste ich meine melancholische Seite, die ihren Bruder vor einigen Sekunden schmerzlichst vermisst hatte. Jetzt wollte ich ihn am liebsten lynchen. Als ich mich aus Bens Fängen befreien konnte, erhaschte ich einen Blick auf Philipp, der plötzlich etwas blass wirkte. Er schien also noch genau zu wissen, woher Erik und ich uns kannten. Erik hingegen lächelte sein kühles Lächeln und musterte Philipp mit einem abschätzigen Blick. Tatsächlich schien er Philipp noch weniger als mich ausstehen zu können. Rita trat hinter Erik hervor und bedachte mich mit einem finsteren Blick. „Freund?“, formten ihre Lippen eine wortlose frage. Ich blickte verzweifelt zu ihr herüber und zuckte mit den Schultern. Rita war sauer, dass konnte ich sofort an ihren funkelnden Augen erkennen. Normalerweise hatten wir keine Geheimnisse voreinander, diese Auskunft erschütterte ihren Glauben an unsere innige Bindung bis in die Grundfeste und mal wieder, war alles seine Schuld. Ich wollte gerade widersprechen, als Rita sich bei Erik einharkte und ihn mit sich zog.

„Da diese Geheimniskrämerin kein Wort über dich verloren hat, muss ich wohl alle Informationen aus deinem Munde hören, mein Guter. Erzähl mir ALLES!“



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  catil
2018-09-11T10:22:55+00:00 11.09.2018 12:22
Ich kann mich rotes_pluesch nur anschließen.
Selten das ich eine Story mag, die aus der Ich Perspektive geschrieben ist.
Von:  rotes_pluesch
2018-09-10T18:20:36+00:00 10.09.2018 20:20
Ich hab nun beide deine Kapitel gelesen und muss sagen, das ich deine Art zu schreiben sehr mag x3 Du beschreibst sehr anschaulich und man kann sich gut in die Situationen reinversetzen, eine Tatsache, die mich sofort nach dem lesen der ersten Sätze festgehalten und dazu gebracht hat, alles auf einmal zu lesen xD Der Text hat Struktur, ist in sich logisch und geschlossen, auch die Perspektive ist sehr anschaulich und nachvollziehbar^^
Auch die Story an sich finde ich interessant und du schaffst es diese so zu erzählen das ich gern wissen würde, wie sich das noch weiter entwickeln wird x3
Demnach bin ich gespannt auf das nächste Kapitel und werde dieses gewiss auch wieder lesen x3
Antwort von:  debo-chan
10.09.2018 20:21
freut mich:) danke fürs nette feedback:)


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