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Der Schrein der Zeit

Sawako und die Krieger vom Aokigahara
von

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Der Shinobi und der Krieger

Sawako glaubte, ihr Herz bliebe einen Moment stehen. Nach all dem, was sie die letzten 24 Stunden durchgemacht hatte, fand sie sich nun in der gleichen Situation wie zuvor wieder. Es war so ungerecht. Wer waren diese Leute? Was war das für ein verfluchter Ort? Und was stand ihr nun bevor, nachdem Sawako von ihnen entdeckt wurde? Sie hatte große Angst, es herauszufinden. Der Mann vor ihr wirkte auch nicht besonders vertrauenerweckend, mit dieser fürchterlichen Waffe, dieser schweren Rüstung, und diesen dunklen Augen. Obwohl … seine Augen wirkten gar nicht so bedrohlich. In seinem leicht belustigten Blick lag keine Feindseligkeit. Besonders sicher fühlte sie sich unter seinem Blick aber trotzdem nicht. Männer, die mit einer solchen Waffe herumliefen, töteten sicherlich, ohne mit der Wimper zu zucken. Sie durfte keiner falschen Vorstellung von Sicherheit verfallen, wenn sie das überstehen wollte. Und war sie nicht schon einmal einer ausweglosen Situation entkommen? Schnell setzte sie zum Weglaufen an. Sie schaffte es, sich in die andere Richtung zu drehen und den rechten Fuß zu heben, da spürte sie schon den Griff seiner freien Hand an ihrem Arm. Der Griff war fest, sodass sie sich auch mit Winden und Zerren nicht frei reißen konnte, jedoch nicht schmerzhaft.

„Also einer Sache bin ich mir sicher“, sagte er, das leichte Lächeln immer noch auf seinen Lippen, „eine Spionin bist du ganz bestimmt nicht. Wir haben keine Stunde gebraucht, um dich zu finden. Kaum verlassen wir das Haus, hören wir die Dorfbewohner über eine Fremde sprechen. Wenige Augenblicke später läufst du mir von alleine in die Hände. Es könnte nicht offensichtlicher sein. Yorinaga ist wirklich ein Narr.“

Sein Ausdruck änderte sich, als er von Yorinaga sprach. Er lachte grimmig, das Geräusch klang wie ein Knurren, ein sehr bedrohliches Knurren. Klar, wenn er zu dem Shinobi gehörte, waren diese Männer und Yorinaga sicher keine Verbündeten. Nur was hieß das für Sawako? Sie fasste ihren Mut zusammen, straffte die Schultern, um sich größer zu machen und nicht so klein und hilflos zu wirken, reckte das Kinn und blickte ihn mit dem festesten Blick an, den sie aufbringen konnte. Er war sehr groß, bestimmt zwei Köpfe größer als sie. Und wie es sich für einen Krieger gehörte, sah er auch sehr kräftig aus, wie sein breites Kreuz ihr die Sicht versperrte und er die schwer aussehende Waffe hielt wie einen Zahnstocher. Außerdem war er jung, vielleicht Mitte zwanzig. Das dunkle Haar trug er im Nacken zusammengebunden. Einen kurzen, absurden und komplett lächerlichen Moment kam ihr wieder das Bild von dem Polizisten im Rettungshubschrauber in den Sinn, nur dass es dieser Mann in Uniform war, der ihr die heiße Schokolade reichte. Sie musste unwillkürlich leicht den Kopf geschüttelt haben, um das furchtbar unpassende Bild zu verscheuchen, denn sein Lächeln breitete sich zu einem Grinsen aus. Es amüsierte ihn offensichtlich, was für ein kleines jämmerliches Häufchen Elend sie war und das frustrierte sie.

„Ihr habt mich so leicht gefunden, weil ich nicht vorhatte, mich zu verkriechen, denn ich habe nichts zu verbergen.“

Er legte den Kopf leicht schräg und musterte sie weiter mit diesem amüsierten Funkeln in den Augen. Nahm sie denn niemand ernst an diesem Ort? Sie konnte sich kaum erklären, warum sie das störte, hatte sie doch weitaus größere Probleme. Ihr Blick wanderte wieder zu der bedrohlichen Klinge. Ein Schauder lief ihr über den Rücken bei der Vorstellung, dass dieser Speer das Blut vieler Menschen vergossen haben könnte. Hoffentlich nicht auch ihr Blut.

„Du brauchst dich nicht zu fürchten.“ Seine Stimme und sein Blick waren nun wieder ernster. Er hatte anscheinend ihren ängstlichen Blick in Richtung seiner Waffe bemerkt. Erst jetzt ließ er sie los. Sie hätte das niemals erwartet, aber er steckte tatsächlich seine Waffe weg. Er hängte den Speer in eine Vorrichtung aus Gurten an seinem Rücken, ähnlich der Schwertscheide für ein Katana. Das Verbergen einer Waffe – eine Geste, die ihr wieder Mut gab.

„Ich brauch mich nicht zu fürchten? Du hast gesagt, dass ihr mich gesucht habt. Was wollt ihr von mir? Lasst mich doch einfach meines Weges gehen. Ich hab mit … allem hier … überhaupt nichts zu tun.“

„Das wird sich zeigen“, gab er knapp zurück und verschränkte lässig die Arme vor der Brust. Was sollte das denn heißen? Was würde sich zeigen? Ob man sie laufen lassen kann oder in den Kerker wirft oder sie gleich die Klinge des Speeres kennenlernte?

„Was wird mit mir passieren?“ Ihre Stimme klang leiser, als sie beabsichtigt hatte. Sie wollte ihre Angst so gut wie möglich verbergen. Seine Miene zeigte keine Veränderung.

„Das wird Ogata-sama entscheiden.“ Ogata? Hatte sie nicht Yorinaga diesen Namen sagen hören? Vielleicht der Herr dieser Region? Eine Welle von Panik durchzog sie. Ihr Schicksal wurde also entschieden von irgendeinem Fürsten, den sie nicht kannte und vom dem sie nicht wusste, wie er sie behandeln würde, was er von ihr halten würde und wie wertvoll ihm das Leben von verdächtigen Fremdlingen war. Und der Krieger vor ihr, vor dem sie ihre Angst nicht verbergen konnte, gab ihr auch keine weiteren Worte, um sie zu beruhigen. Er blickte immer nur weiter mit dem nun ernsten Blick auf sie herab. Wusste er, was ihr bevorstand?

„Harada!“ Sie erschrak, als der Ruf die Stille, die zwischen ihnen gelegen hatte, durchbrach. Beide drehten den Kopf in die Richtung, aus der er kam. Der Krieger mit seinem lässigen und Sawako mit ihrem verängstigten Blick. Es lief ihnen ein junger Mann entgegen. Er blickte sie an, mit überraschtem Blick, und dann sah er ihren Gegenüber mit grimmigeren Augen an.

„Sag, Harada, wie lange hattest du vor, mich noch durch das Dorf rennen zu lassen, bis du mir gesagt hättest, dass du sie längst gefunden hast?“

„Vielleicht noch ein bisschen“, erwiderte er nun wieder lachend. Sein Lachen klang unbeschwert. Ein beruhigender Laut.

Der Neuankömmling erreichte sie in wenigen Schritten. Er war kleiner als der Krieger Harada, trotzdem überragte er Sawako noch ein kleines Stück. Außerdem wirkte er ein ganzes Stück jünger. Mit gerunzelter Stirn sah er sie an.

„Du solltest auf mich warten.“ Erst jetzt erkannte sie ihn. Es war der Shinobi aus dem Zelt. „Wieso bist du einfach geflohen? Wir hatten eine Abmachung. Ich befreie dich, dafür kommst du mit. Ganz einfach. Alleine wegrennen gehörte nicht dazu.“

„Du bist selbst Schuld, Shiba. Du solltest keiner Frau so einfach trauen, und schon gar nicht, wenn sie im Lager des Feindes gefangen ist.“ Verdutzt sah sie von dem verärgert drein blickenden Shinobi, dessen Name Shiba zu sein schien, hoch zu Harada. Ärgerte er gerade den jüngeren Shinobi, der jetzt wütend zurückstarrte? Diese Situation kam ihr absurd vor. Absurd, aber dennoch … wirkten die beiden jetzt weniger bedrohlich auf sie. Sie entspannte sich ein bisschen.

„Es wäre alles auch viel einfacher gewesen, wenn jemand bestimmtes mit seinem Speer nicht wie ein Berserker durch das feindliche Lager gewütet hätte“, antwortete Shiba.

„Wenn du etwas still und heimlich erledigen willst, dann bitte mich nicht, mitzukommen.“

„Man könnte vielleicht mal seine Taktik der Situation anpassen? Ich kann nicht alleine in das feindliche Lager und wollte nur ein bisschen unauffällige Rückendeckung.“

„Du weißt, dass das nicht mein Stil ist.“

Sawako konnte es kaum glauben, wie locker und unbeschwert die beiden vor ihr diskutierten und sie kaum mehr beachteten. Sie war verwirrt und erschöpft und frustriert. Wenn sie schon keine Ahnung hatte, was vor sich ging und was ihr bevorstand, hätte sie doch zumindest gerne gewusst, ob sie nun in Gefahr war oder nicht. Denn im Moment wirkten die beiden nicht sehr blutrünstig. Sie sah von einem zum anderen. Plötzlich wandte sich Shiba ihr zu.

„Wieso bist du abgehauen?“ Klang seine Stimme tatsächlich vorwurfsvoll?

„Entschuldige, aber der Lärm draußen klang für mich nicht danach, als würdest du wirklich lebend zum Zelt zurückfinden und ich war doch sehr bestrebt, meinen eigenen Hintern zu retten, auch wenn dir das scheinbar Umstände gemacht hat.“ Sie biss sich auf die Zunge und hielt vor Schreck die Luft an. Zu viel Sarkasmus, zu frecher Tonfall. Das war nicht schlau gewesen, ganz und gar nicht. Die beiden sahen sie verdutzt an, dann sich gegenseitig. Sie sah schon die Klinge des Speeres auf sie niedersausen.

Mit todernstem Blick sagte Harada: „Sieh nur, was du angerichtet hast. Kaum tauchst du hier auf, hat sie nicht mal mehr Angst vor uns. Vorher hat sie gezittert wie ein Reh und jetzt macht sie sich über dich lustig. Das sollte dir zu denken geben.“ Shiba blickte immer noch vollkommen verdutzt. Er war merklich überrascht, dass sie so mit ihm sprach. Er schüttelte nur den Kopf.

„Aber ich war wirklich erstaunt, dass du … deinen Hintern alleine hierher retten konntest. Jetzt bleibt nur noch zu sehen, was mit ihm passiert.“

Stimmt, dachte sie. Die beiden würden diesen Ogata entscheiden lassen, was aus ihr wurde.

„Du, dein Hintern und dein loses Mundwerk kommt jetzt mit“, sagte Shiba bestimmt. Sie starrte ihn finster an und rührte sich nicht. Er legte seine Hand auf ihren Rücken, um ihr einen leichten Schubs zu geben, damit sie sich in Bewegung versetzte. Harada ging vorneweg, sie konnte sein Gesicht nicht sehen, vermutete aber, dass er weiterhin amüsiert war. Wie nett, dass er es so lustig fand, wie Sawako sich, wenn das Glück sie verlassen hatte, ihrem Untergang näherte. Shiba lief neben ihr, die Hand weiter auf ihrem Rücken. Es beunruhigte sie, dass er sie nicht los ließ. Aber was sie verwirrte, war ihre nicht mehr vorhandene Angst. Gut, sie war sehr nervös angesichts des Ungewissen, aber sie spürte kaum Furcht. Lag es an den beiden? Sie strahlten keine Feindseligkeit aus, wie Yorinaga und dessen Männer. Harada hatte ihr gesagt, dass sie sich nicht fürchten müsse. Hoffentlich waren diese Worte wahr. Und Shiba meinte, sie hätte sich hierher „gerettet“. Klang nicht danach, als würde sie sofort erdrosselt werden. Verlor sie sich gerade tatsächlich in einem trügerischen und falschen Gefühl der Sicherheit? Oder hatte sie das Glück tatsächlich nicht verlassen?

„Das wird sich zeigen“, hallten Haradas Worte in ihrem Kopf.
 

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Hallo, liebe Leser, die ihr bis hier dabei seid ;-)

Mir ist wirklich wichtig, zu wissen, was ihr über die Story denkt, was euch gefällt und was nicht. Und ob überhaupt jemand die Geschichte liest^^
 

Eure Kritik und Hinweise sind für mich Gold wert, also bin ich für jeden Kommi ausgesprochen dankbar.
 

lg Jade



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Enyxis
2013-08-23T21:48:32+00:00 23.08.2013 23:48
Harada? Speer? Erinnert mich an wen xD wie ein Berserker durch das Lager gewütet XDDD Mit den beiden werden wir noch ne Menge Spaß haben xD Das wird sicher lustig. Jetzt bin ich aber gespannt, wer Ogata-sama ist ^^ Tolles Kapi! ^^
Von: abgemeldet
2012-11-18T21:35:36+00:00 18.11.2012 22:35
haha, ich konnte das Grinsen nicht aus meinem Gesicht wischen :D
die beiden sind ja genial
Von:  kokuskeks
2012-09-30T16:01:53+00:00 30.09.2012 18:01
Wie versprochen, hier ist zwar mein Erster aber nicht letzter Kommentar ;)
Ich möchte ehrlich sein, als ich die Inhaltsangabe gelesen habe, war mein Erster Gedanke: Nicht schon wieder so ne Zeitreisegeschichte!" Trotzalledem hab ich begonnen deine Geschichte zu lesen. UND ich bin BEGEISTERT! Dein Schreibstil ist zwar nicht 100% fehlerlos aber über die kleinen "Stolpersteine" sehe ich gerne hinweg. Obwohl erst so "wenige" Kapitel on- gestellt wurden, hab ich mich in den Charakter von Sawako verliebt! Die Kombination aus Schüchternheit und Sarkasmus ist einfach genial xD
Ich bin schon gespannt, wie die Geschichte sich weiter entwickelt!




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