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Drogensucht - Bis(s) das Leid ein Ende hat

Wenn das Schicksal zuschlägt
von

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Notwendiger Anfang

Hallo meine Lieben…ich wünsche euch allen ein frohes neues Jahr und bitte darum den Kater jetzt einfach Kater sein zu lassen damit ihr voller Elan dieses Kapitel verschlingen könnt *grins*
 

Es ist der Anfang der bitteren Wahrheit und schon im nächsten kommt die ganze grausige Wahrheit ans Licht.
 

Viel viel Spaß mit dem Kapitel!!!
 

************
 

Bella POV
 

Ich wachte Schweißgebadet auf und blinzelte im diffusen Licht. Umständlich tastete ich nach der Nachttischlampe. Sobald es hell um mich würde griff ich mir an die Stirn. Ich hatte furchtbare Kopfschmerzen. Suchend sah ich mich nach Edward um. Er war nicht da! Natürlich…er wollte jagen sobald ich eingeschlafen war.
 

Ein Blick auf die Uhr zeigte mir, dass es erst kurz nach 4 Uhr morgens war. Ich hatte keine Ahnung wann ich eingeschlafen war. Irgendwann, hatten wir uns vom Badezimmerboden hochgemüht und sind zurück ins Bett gekrabbelt.
 

Ich suchte mir einen Film aus…einen gruseligen Horror denn ich fand, das war eine passende Gelegenheit um mich so eng wie möglich an Edward zu kuscheln. Niemand von uns griff das Gespräch aus dem Bad wieder auf. Ich hatte alles gesagt. Auch Edward wusste nicht, wie er auf meine Frage Antworten sollte.
 

Ich hatte all die Jahre den Tod vor Augen. Plötzlich bot man mir die Ewigkeit an? Keine Ahnung was ich davon halten sollte. Verlockend möchte man meinen…eine EWIGKEIT…wie sich das anhörte. Wahrscheinlich würde jeder diese Chance ergreifen aber…
 

Ja aber…das ABER war es immer. Es gab einen Grund für meinen Todeswunsch, der hatte sich auch seit meiner Ankunft nicht geändert. Wie könnte er das auch? Ich wusste einfach gar nichts mehr. Wie würde es sein, wenn ich tatsächlich irgendwann befreit von meiner Vergangenheit wäre? Könnte ich mir dann eine Ewigkeit an seiner Seite vorstellen? Wahrscheinlich…
 

Ich entzündete eine Zigarette, nahm den Aschenbecher in die Hand und trat ans Fenster. Blickte hinaus in den dunklen Wald.
 

Ja vielleicht könnte ich dann wirklich über die Ewigkeit nachdenken. Aber…aber was war, wenn ich mich niemals von meiner Vergangenheit befreien könnte? Edward machte mich glücklich! Aber Glück allein wäre nicht genug. Nicht für eine Ewigkeit! Die bloße Vorstellung Tag ein Tag aus an dieses tragische Unglück erinnert zu werden, die Bilder zu sehen und das für alle Zeiten ohne die Möglichkeit abzuschalten…Heroin würde es nicht mehr geben…nichts gab es um einen Vampir zu betäuben…ich würde es nicht ertragen, könnte es nicht ertragen. Was wäre das für eine Ewigkeit?
 

Und ich glaubte auch nicht, das Edward glücklich wäre mit einer Partnerin an seiner Seite die Ewig in der Hölle sitzt. Es war alles zu viel. Und ich wollte mir auch gar keine Gedanken mehr darüber machen. Für mich war jetzt erst einmal wichtig die nächsten Tage zu überstehen. Erst danach hatte es für uns beide einen Sinn weiter zu denken. Größer zu denken. Die nächsten Tage waren entscheidend!
 

Ein leises Klopf ließ mich zusammenschrecken. Hastig drehte ich mich um. Carlisle stand in der Tür mit meinem Tablett in der Hand.
 

„Ich roch kalten Schweiß“, sagte er leise.
 

Zaghaft lächelte ich, drückte die halbe Zigarette aus und ging zum Bett.
 

„Ich bin überrascht, dass du nicht gleich nach mir geschrien hast“, er versuchte sich an einem lachen.
 

„Es geht noch“, sagte ich leise und zuckte die Schultern.
 

Alles war noch gut. Schweiß, zitternde Hände…nichts Wildes. Im Augenblick war für mich alles im Neben gehüllt. Der gestrige Tag hatte mir übel zugesetzt.
 

„Dann würde ich mir lieber erst deinen Arm ansehen wenn es in Ordnung für dich ist? Ich war am Abend schon da aber du hattest geschlafen. “
 

„Klar.“
 

Er setzte sich neben mich und ergriff mein Handgelenk. Ich beobachtete ihn träge dabei…
 

„Alles gut?“
 

„Keine Ahnung“, antwortete ich wahrheitsgemäß.
 

Er sah nicht auf. Er begutachtete die Naht und machte sich dann daran alles wieder ordentlich zu verpacken.
 

„Wusstest du, dass Edward mich verwandeln will?“
 

Er reagierte nicht…ich schnaufte.
 

„Natürlich…jeder weiß mal wieder mehr wie ich.“
 

„Er hat dich damit ziemlich überrumpelt was?“
 

„Ach meinst du? Warum denn? Nach dem gestrigen Tag der ohne Vorfälle abgelaufen ist war der Zeitpunkt doch exzellent gewählt. An jedem anderen Tag hätte es vielleicht Turbulenzen gegeben.“
 

Leise lachte er während ich meine sarkastische Antwort abfeuerte.
 

„Jetzt bin ich noch verstörter als ich eh schon war“, hauchte ich leise.
 

Er beendete sein tun und sah mich an. Sah mich einfach nur an…ich seufzte.
 

„Ich glaube meine Reaktion war nicht die, die er sich vorgestellt hatte. Aber er ist doch selber schuld. Wie kann er mir sowas sagen? Ich meine…obwohl er noch nicht mal ansatzweise Bescheid weiß. Er weiß gar nichts, würde er es wissen…dann würde er mich verstehen.“
 

„Dann solltest du es ihm sagen“, antwortete er geistreich.
 

Ich rollte die Augen.
 

„Das möchte ich doch…konnte er nicht einfach warten verdammt nochmal?“, meine Stimme wurde lauter als beabsichtigt.
 

„Ist die Ewigkeit so unvorstellbar für dich?“
 

Stöhnend schüttelte ich den Kopf, griff nach dem Tablett und hob es auf meinem Schoß. Während ich mir den nächsten Druck fertig machte sprach ich meine Gedanken aus.
 

„Im Moment schon aber ich sage ja nicht, das sich das nicht ändern könnte. Nach dem was du mit mir abgezogen hast, bin ich so weit auch andere Möglichkeiten in Betracht zu ziehen. Ich will mich nicht mehr verschließen und alles Neue zum Teufel jagen nur weil es nicht mit der Entscheidung harmoniert, die ich mal vor 4 Jahren beschlossen habe. Ich denke, ich sehe jetzt vieles anders und bin nicht mehr so festgefahren und Stur.“
 

„Ja…“, er lachte wieder leise.
 

„…das liegt tatsächlich an meinem Einfluss.“
 

„Aber es ist gut verstehst du? Ich bin dir sogar irgendwie dankbar. Ich hatte nie, auch nur im Ansatz so etwas wie eine Perspektive. Ich wollte nicht einmal eine. Doch seit ich hier bin, seit ich euch kennengelernt habe, seit ich Edward habe und seit dem du mir geholfen hast intensiv nachzudenken frage ich mich, ob es nicht doch möglich wäre nach vorne zu blicken.“
 

Ich zog das Heroin in die Spritze und lächelte.
 

„Ich weiß jetzt das ich nur eine Zukunft haben kann, wenn ich meine Vergangenheit hinter mich lassen. Ich wusste es schon immer. All die Jahre habe ich mir eingeredet das es sinnlos wäre meine Vergangenheit zu verarbeiten weil ich keine Zukunft wollte doch jetzt…“
 

Ich Blickte auf und zuckte mit den Schultern.
 

„Ist es anders?“
 

„Mhhh…ja vielleicht. Ich weiß es nicht, ich bin so durcheinander. Das Problem ist, das ich für eine Zukunft…eine Ewigkeit… sehr viel aufgeben müsste verstehst du?“
 

„Nein nicht wirklich“, er schüttelte den Kopf.
 

„Wie solltest du auch?“
 

Mir über die Stirn streichend um den lästigen Scheiß zu eliminieren, stellte ich das Tablett mit der anderen Hand beiseite und nahm mir die Spritze.
 

„Ich würde gewinnen aber auch verlieren und im Moment weiß ich einfach nicht, für welchen Weg ich weiter kämpfen muss um endlich frei zu sein. Meine Vergangenheit zu verarbeiten ist das eine aber was kommt danach?“
 

Er nahm sich den Gürtel, langte vorsichtig nach meinem Bein, befreite es von der Hose und band so wie Edward am Vortag meinen Oberschenkel ab.
 

„Es ist unnötig über das nachzudenken was hinterher kommen könnte. Der Tod oder die Ewigkeit…oder ein begrenztes Leben mit einem weiteren Heroinkonsum…“, als er aufsah umspielte ein väterliches Lächeln seine Mundwinkel.
 

„…du musste lernen dich auf das wesentliche zu konzentrieren. Mach immer eins nach dem anderen. Du bist noch nicht so weit um über etwas nachzudenken, dessen Tragweite du noch gar nicht realisieren kannst. Belaste dich erst damit, wenn die Zeit rann ist.“
 

Er hatte so verdammt recht. Wenn es mir doch nur gelingen würde meine Gedanken abzuschalten. Wenn es mir doch nur gelingen würde mich nur mit einer Sache zu beschäftigen. In den letzten beiden Tagen war so viel passiert. Ich hatte so viele neue Eindrücke gewonnen. So viele verstörende Gespräche geführt. So viele Gedanken zugelassen das ich überhaupt nicht mehr wusste was davon wichtig war. Vieles hatte sich in meinen Träumen, meiner Fantasy abgespielt…ich wusste nicht mal mehr, was ich wirklich erlebt hatte. Die letzten Tage waren surreal und ich hatte große Schwierigkeiten alles zu sortieren.
 

Ohne etwas zu erwidern, reichte ich ihm die Spritze und drehte mich auf die Seite.
 

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„Esme bereitet dir gerade ein ordentliches Frühstück zu...“, sagte er als ich wieder zu mir gekommen war.
 

„Mhhh…“
 

„Ich bestehe darauf. Du hast gestern gar nichts gegessen, dich aber seit zwei Tagen mehrmals übergeben… du brauchst etwas in deinem Magen. Und da ich mir nicht vorstellen kann, dass du noch einmal einschlafen wirst erwarte ich dich gleich unten in der Küche.“
 

Er hob eine Augenbraue. Ächzend richtete ich mich auf. Mein Bein war bereits wieder mit der Hose bedeckt, schwerfällig rieb ich mir die Augen und ließ den Kopf kreisen.
 

„Lass mir noch Zeit für eine Dusche.“
 

„Gut, bis gleich“, verabschiedete er sich und ließ mich allein.
 

Zufrieden steckte ich mir noch eine Kippe an und schloss die Augen, genoss das Gefühl des Heroins das mich von oben bis unten wärmte…mich entspannte. Auch das warme Wasser tat gut. Endlich konnte ich all den Schweiß und all die Tränen der letzten Stunden von meiner sensiblen Haut waschen.
 

Mit jeglicher Selbstbeherrschung die ich aufbringen konnte, unterdrückte ich den Drang mit dem Handtuch solange über meine Beine zu schrubben bis diese bluten würden. Ich musste dringend noch einmal mit Carlisle sprechen. Vielleicht gab es irgendwelche Vitamine…irgendwelche Pillen oder Salben die diesen Juckreiz erträglicher machen würden. Seit zwei Wochen wurde es immer schlimmer. So große Probleme hatte ich noch nie damit. Aber ich kannte es von Jake…bei ihm wurde es auch von einem zum anderen Tag um einiges heftiger.
 

Jake…
 

Ich putzte mir gleich zwei Mal sehr gründlich die Zähne und erleichterte mich endlich auf dem Klo. Die ganze Aufregung hatte meinen Darmtrakt wieder gehörig durcheinander gebracht und ich würde Tagen brauchen ehe es sich für meine Verhältnisse wieder etwas normalisiert hatte.
 

Sauber und Frisch begab ich mich schließlich langsam zur Küche. Mit der Gewissheit, dass jeder in diesem Haus meine letzten Stunden mit verfolgt hatte, als wäre er selbst anwesend gewesen konnte ich mich abfinden. Ich hatte mich mittlerweile an diese Tatsache gewöhnt.
 

„Morgen Liebes“, begrüßte mich Esme herzliche und schloss mich in eine feste Umarmung.
 

„Ei auf Toast oder Pfannkuchen?“
 

Sie deutete auf zwei reichlich gefüllte Teller. Seufzend entschied ich mich fürs Toast. Mein Magen würde damit wohl am ehesten fertig werden. Ich setzte mich neben Carlisle, der gerade damit beschäftigt war irgendwelche Akten durchzulesen.
 

„Ist Edward allein gegangen?“
 

„Zusammen mit Alice und Rosalie“, antwortete Esme.
 

„Emmett und Jasper sind in der Garage und schrauben am Truck“, fügte sie hinzu.
 

Schweigend aß ich ein halbes Toast und etwas Ei, schob meinen Teller dann beiseite und leerte in einem Zug das Glas Orangensaft das mir Esme sogleich hinstellte. Carlisle sah kurz auf, begutachtete meinen Teller, signalisierte mir dann mit einem Nicken das er zufrieden war und widmete sich wieder seinen Unterlagen.
 

„Patientenakten?“
 

„Man hat mir eine weitere Abteilung anvertraut.“
 

Sagte er Seelig lächelnd. Es freute mich, dass er eine Aufgabe gefunden hatte die ihn vollständig befriedigte. Eine Aufgabe für die Ewigkeit die ihn niemals langweilen würde. Er war durch und durch Mediziner und hatte schon große Wunder bewirkt. Er war eine Bereicherung für jedes Krankenhaus. Edward sagte mir einmal, in Forks betitelte man ihn gerne als Heiligen. Ein Geschenk Gottes…bei dem Satz musste ich lachen. Wenn sie alle nur wüssten, dass es nicht Gott war der diesen Mann geschaffen hatte sondern das direkte Gegenteil.
 

„Würdest du dir noch einmal meine Beine ansehen?“
 

Er seufzte und schlug die Akte zu.
 

„Die hatte ich mir gerade eben schon angesehen. Ich sehe auch das es schlimmer wird aber ich bezweifel das ich dir da in irgendeiner Weise helfen kann. Der Histamin Anteil in deinem Blut ist sehr hoch und dein Körper nicht dazu fähig diese hohe Stofftoleranz abzubauen. Das zeigt auch dein überaus sensibler Magen und deine ständigen Kopfschmerzen. Jedes Mittel das ich dir geben könnte, würde das Heroin sofort zersetzen. Es ist einfach dominanter…“
 

Ich nickte verstehend. Seine Antwort war mir eigentlich klar gewesen.
 

„Ich werde dir eine Reihe von Probepackungen mitbringen die ich im Krankenhaus finden kann. Probiere dich durch die Salben und Tropfen. Wenn du das Gefühl hast, etwas würde dir den Juckreiz wenigstens ein wenig nehmen lass es mich wissen und ich besorge dir mehr davon.“
 

„Danke“, sagte ich ehrlich.
 

Ich bewunderte ihn für das, was er für mich tat.
 

„Vielleicht…“, sagte er und tippte sich ans Kinn.
 

Genau in diesem Augenblick, betrat Edward mit seinen Schwestern die Küche. Er kam lächelnd auf mich zu und drückte mir einen Kuss auf den Scheitel ehe er sich neben mir auf die Tischplatte setzte und wie ich zu Carlisle blickte.
 

„…wir werden vielleicht doch eine Antihistaminika Therapie versuchen. Entweder es funktioniert oder es funktioniert nicht. Selbst ein kleiner Erfolg würde dir einiges erleichtern?“
 

Es klang wie eine Frage. Ich nickte sofort.
 

„Machen wir es. Du hast recht es wird schlimmer, viel schlimmer. All die Jahre konnte ich das Jucken so gut wie ganz ausblenden aber seit einigen Tagen…“, ich ließ den Satz offen.
 

„Wir werden gleich heute Abend damit anfangen. Ich besorge die Tabletten und die Proben und dann müssen wir abwarten wie du darauf reagierst.“
 

„Und Rosalie und ich werden dir ganz milde Seife besorgen.“
 

Lächelnd wandte ich mich an Alice und dankte ihr mit einem Nicken ehe ich rauf zu Edward blickte. Mein Lächeln vertiefte sich um einiges als ich seine strahlenden goldenen Augen in mich aufnahm.
 

„Viel besser“, hauchte ich leise.
 

„Ja“, bestätigte er und strich mir mit dem Handrücken über die Wange.
 

Als hätte er mir damit eine stumme Aufforderung gegeben, beschleunigte sich plötzlich meine Atmung. Seine Hand erstarb an meiner Wange. Seine Mundwinkel zuckten als wollte er mir etwas mitteilen. Schließlich nickte er und blickte mir mitleidig entgegen. Meine Augen weiteten sich und sofort setzte sich Panik frei. Ich wusste was er mir sagen wollte. Seine ganze Präsens schrie mir das unvermeidliche entgegen. Ich wollte mich spontan übergeben.
 

Entsetzt riss ich meinen Blick von ihm los und suchte Hilfe bei Carlisle. Mir hätte sofort klar sein sollen, dass ich von ihm keine Hilfe zu erwarten hatte.
 

„Jetzt?“
 

Fragte ich fassungslos und versuchte meine Atmung zu beruhigen. Carlisle sagte mir ich solle mir Zeit nehmen und jetzt…jetzt…meine Augen fielen flatternd zu. Natürlich! Er hatte mitbekommen wie ich Edward das Versprechen gab, mit der Verarbeitung anzufangen sobald er Jagen war.
 

Er verlangte genau wie Edward, dass ich mein Wort hielt.
 

„Bella?“
 

Edwards Stimme riss mich aus meinen Gedanken und voller Angst sah ich auf.
 

„Hör auf damit“, sagte er ruhig.
 

„Mach nicht wieder den gleichen Fehler.“
 

„Welchen Fehler?“
 

Meine Stimme klang völlig abgehetzt.
 

„Du kämpfst wieder dagegen an. Du versuchst es wieder zu unterdrücken…vor dich her zu schieben. Vor einigen Stunden warst du fest entschlossen, jetzt unmittelbar davor ruderst du wieder zurück.“
 

Mein Lippen bebten…ich hatte Angst, konnte nichts dagegen machen. Ich hatte doch einfach nur Angst!
 

„Komm mit“, sagte er noch immer in derselben ruhigen Tonlage, sprang vom Tisch und reichte mir seine Hand.
 

Überfordert sah ich rüber zu Alice, dann zu Rose…zu Carlisle…schließlich auf die Tischplatte, die immer mehr verschwamm. Dicke Tränen hatten sich in meinen überreizten, roten und geschwollenen Augen gesammelt.
 

Mir selber Mut zusprechend, schob ich meinen Stuhl entschlossen zurück, ergriff seine Hand und ließ mich von ihm auf die Beine ziehen. Er stützte mich, denn wie erwartet steckte die Panik auch in meinen Gliedern und ließ sie vor Kälte gefrieren. Während er mich aus der Küche führte, vermied ich einen weiteren Blick mit einem der anderen und sah planlos zu Boden.
 

Mit jeder Treppenstufe die wir hinaufstiegen wurde mir immer flauer im Magen. Er schloss meine Zimmertür als wir hineintraten hinter uns und führte mich hinüber zum Bett. Ich fühlte mich apathisch und bemerkte nur am Rande wie er meine Schultern packte und seine Hände schließlich an meinen Kopf legte um mich direkt ansehen zu können.
 

„Beruhige dich.“
 

Es glich einem Befehl. Ihm tief in die Augen blickend, passte ich mich seiner Atmung an und beruhigte mich schließlich sosehr, dass ich sogar dazu fähig wurde ihm ein Lächeln zu schenken.
 

„Sehr gut“, sagte er leise und streichelte wieder meine Wangen.
 

„Und jetzt werden wir uns setzten und du wirst dich zusammenreißen. Du wirst mir erzählen was vor so vielen Jahren geschehen ist. Du wirst dich damit auseinander setzten und es nicht länger verfluchen. Du wirst es als Teil von dir ansehen und versuchen mit diesem Teil umzugehen.“
 

Er wartete einen Moment auf eine Reaktion. Also diese ausblieb, nickte er.
 

„Sehr gut“, sagte er wieder und half mir aufs Bett.
 

Meine Gedanken waren plötzlich völlig ausgelöscht. Da war nur Edward, der es sich genau wie ich im Schneidersitz gemütlich gemacht hatte. Er saß direkt vor mir. Unsere Knie berührten sich. Ich konnte das! Ein Blick in seine Augen versicherte mir, dass ich es konnte.
 

„Ich weiß überhaupt nicht wo ich anfangen soll“, sprach ich wahrheitsgemäß.
 

In den letzten Jahren war so viel geschehen. Keine Ahnung was es zuerst zu verarbeiten galt. Denn es gab einiges…
 

„Vielleicht ist es einfacher wenn ich dir Fragen stelle und du antwortest. Nimm dir für die Antworten so viel Zeit wie du brauchst. Wichtig ist nur, dass du antworten wirst.“
 

„Okay“, hauchte ich leise.
 

Ich griff nach der Zigarettenschachtel, stockte dann aber und sah unsicher zu ihm. Normalerweise war es mir egal was er davon hielt. Diese Situation aber war anders.
 

„Nur zu“, forderte er mich auf.
 

Erleichtert atmete ich auf. Dem Himmel sei Dank! Nikotin war zwar ein schwaches Beruhigungsmittel aber es war wenigstens ein Beruhigungsmittel, das bei mir zusätzlich zum Dope überhaupt noch half. Ich entzündete die Kippe und richtete meine Konzentration wieder auf ihn.
 

„Wann und wo wurdest du geboren?“
 

„Am 13.09.1987 in Seattle.“
 

„Und wo bist du aufgewachsen?“
 

Ich spannte mich an.
 

„Auch in Seattle. Anfangs lebten wir in einer kleinen Wohnung bis meine Eltern ein Haus kauften. In der…der…“, er hob eine Augenbraue.
 

„In der 149th Straße“, sagte ich leise und beobachtete wie die Erkenntnis langsam in sein Bewusstsein sickerte.
 

„Oh…oh“, sagte er überrascht.
 

„Ja.“
 

„Das Haus! Es ist dein Elternhaus?“
 

Ich nickte und strich mir die Tränen aus den Augenwinkeln.
 

„Das erklärt einiges“, er seufzte.
 

„Alles…“, sagte ich laut.
 

„Das erklärt ALLES.“
 

Es blieb eine ganze Weile ruhig zwischen uns, bis er sich von seinen eigenen Gedanken losriss.
 

„Erzähl mir etwas über deine Kindheit.“
 

Zittrig nahm ich einen kräftigen Zug von der Zigarette, behielt den Rauch so lange wie Möglich in der Lunge und stieß ihn dann…meinen Kopf zur Seite gewandt…in einem Schwall aus. Meine Kindheit! Da hatten wir schon die erste Hürde und es würde weitere geben…
 

„Bitte“, sagte er leise.
 

Ich nickte leicht…ich könnte ihm diese bitte nicht mehr verwehren.
 

„Ich bin die älteste von drei Geschwistern…“, begann ich leise und blickte auf seine Brust.
 

„…Meine Eltern Charlie und Renee Swan haben kurz nach ihrem Abschluss geheiratet und bekamen mich 11 Monate später. Sie waren jung…unerfahren und anfangs überfordert“, ich musste lächeln als ich an meine Eltern dachte wurde aber schon kurz darauf unendlich traurig.
 

Edward spürte es sofort und legte mir tröstend seine Hände auf die Knie. Ich sah auf und erwiderte seinen Blick.
 

„Es dauerte nicht lange und sie hatten den Alltag mit einem Baby erstaunlich gut im Griff. Mein Vater fand einen Job im Polizeirevier, meine Mutter blieb mit mir zuhause. Meine Mutter sagte, ich wäre ein einfaches Kind gewesen. Ich schlief sehr viel, war immer fröhlich und lernte schnell. Bereits mit einem Jahr konnte ich kleine Sätze bilden und meinen Eltern ganz genau zeigen was ich wollte. Ich hatte nicht nur die Augen meines Vaters vererbt bekommen sondern auch sein sanftes Wesen.“
 

Ich sah ihm an, wie er sich die kleine Bella vorstellte die mit dicken rosigen Pausbacken auf dem Schoß eines Mannes saß und an ihren braunen Locken zog. Seine Augen strahlten…meine nicht.
 

„Vielleicht entschieden sie sich eben weil ich so unproblematisch war recht schnell für ein weiteres Kind. Mein kleiner Bruder Seth kam am 17.05.1989 auf die Welt. Er war…“, ich seufzte.
 

„…das komplette Gegenteil von mir. Er war laut…unkontrolliert und verdammt nervtötend. Er hatte definitiv das Wesen meiner Mutter abbekommen nur um einiges intensiver. Auch sie war eine impulsive Frau die ganz genau wusste was sie wollte und das auch mit allem was sie hatte durchsetzte“, ich lachte auf als ich mich an eine Situation erinnerte bei der meine Mutter meinen armen Vater beinahe in den Wahnsinn getrieben hätte.
 

„Für beide war recht schnell klar, dass sie keine weiteren Kinder mehr wollten. Seth deckte ihren gesamten Tag ab. Sie hatten immer weniger Zeit für mich aber das störte mich nicht. Ich war nie eifersüchtig auf ihn. Manchmal verfluchte ich ihn für seine Macken, machte ihm aber niemals einen Vorwurf. So war er…und so wie er war, war er genau richtig und ich liebte ihn. Ich liebte ihn vom ersten Augenblick.“
 

Ich spürte eine Hand auf meiner Wange. Erst jetzt bemerkte ich, dass sich mein Blick wieder gesenkt hatte und wie viele heiße Tränen über mein Gesicht liefen. Ich zog die Nase hoch und drückte die Zigarette aus. Sie hatte sich mittlerweile von allein vernichtet. Ich steckte mir sofort die nächste an, rauchte diese bis zur Hälfte und beruhigte mich dabei etwas.
 

„Kurz nach Seths Geburt, starb die Mutter meines Vaters. Sie war die letzte unserer Großeltern. Sein Vater verstarb an einer schwerwiegenden Krankheit als Dad selbst noch ganz klein war. Auch Mutters Eltern waren früh gestorben. Ich durfte sie niemals kennenlernen. Die Schwester meiner Mutter lebt mit ihrem Mann in Deutschland. Er war oder ist noch immer…keine Ahnung…Wissenschaftler. Ich hatte sie zwei Mal gesehen…dann irgendwann gab es keinen Kontakt mehr.“
 

Ich machte eine kurze Pause um mich zu sortieren.
 

„Im Januar 1994 feierte ein enger Freund und Kollege meines Vaters seine Beförderung. Mum und Dad waren eingeladen. Sie fragten eine Nachbarin ob sie gelegentlich nach uns schauen könnte und gingen dann, das erste Mal seid meiner Geburt aus…“, ich kicherte.
 

„…es gab viele Leute, viel zu lachen…ZU VIEL Wein und neun Monate später am 03.11.1994 wurde Emily geboren.“
 

Edward stimmte in mein kichern mit ein.
 

„Emily war das Beste was uns passieren konnte. Seth veränderte plötzlich sein ganzes Wesen. Er wurde deutlich ruhiger…wurde ihr Beschützer. Unsere Eltern waren über diese Wandlung natürlich mehr als erleichtert. Er hatte zwar noch immer seine Aussetzer aber sie wurden ertragbar. Wir waren glücklich…“, sagte ich und schluchzte.
 

„Es ist gut“, sagte er sanft doch ich schüttelte meinen Kopf.
 

Gar nichts war gut! Kräftig schluchzend erzählte ich weiter.
 

„Unser Leben war einfach aber es war perfekt. Schon recht bald kauften wir das Haus in der 149th Straße und lebten unser Leben. Ich hatte viele gute Freunde, war beliebt und gut in der Schule. Ich hatte drei Mal die Woche Ballett. Ich lass viel…spielte mit meinen Geschwistern und half meiner Mutter in der Küche. Sie war eine gewagte Köchin und hin und wieder ging etwas daneben aber sie versuchte immer ihr bestes. Sie war…sie war die Frau die uns ausschimpfte aber gleichzeitig unsere beste Freundin war. Unsere Eltern taten alles daran um uns individuell zu fördern. Sie gingen auf unsere Bedürfnisse ein und auch wenn Seth noch immer den meisten Ärger machte lernten sie ihre Zeit so einzuteilen, dass auch Emy und ich nicht zu kurz kamen.“
 

Er strich mir die Tränen weg, die sich weiterhin unaufhaltsam den Weg bahnten, den die Schwerkraft ihnen auferlegte.
 

„Bella was ist passiert? Warum bist du davongelaufen wenn du so glücklich warst?“
 

Ich schüttelte weinend den Kopf. Mein Mund war trocken und meine Stimme heiser als ich antwortete.
 

„Ich bin nicht von daheim weggelaufen“, stellte ich klar.
 

„Bist du nicht? Aber du sagtest doch einmal, du hättest an deinem 12 Geburtstag das erste Mal Drogen genommen und als Emmett dich fragte ob du da schon auf der Straße gelebt hättest sagtest du NEIN erst kurz danach.“
 

„Ich habe meinen 12 Geburtstag auch nicht daheim verbracht, Edward.“
 

Seine Stirn lag in Falten. Ich wurde plötzlich unglaublich müde.
 

„Ein daheim gab es für mich zu diesem Zeitpunkt nicht mehr.“
 

Mein Körper fing zu zittern an. Schweiß bildete sich dick und salzig auf meiner Stirn. Mir war unglaublich schlecht und ich rechnete jeden Moment damit die Eier wieder vor zu würgen. Er griff sofort nach meiner Hand als er spürte, dass ich einer Panikattacke nur einen Hauch entfernt war.
 

„Komm schon Bella, halt jetzt durch…bitte…bitte“, er flehte und ich viel ergeben in mich zusammen.
 

„Wo warst du zu diesem Zeitpunkt?“
 

„In Port Angeles…“, mein Gesicht bildete eine Grimasse.
 

„…in einer Anstalt…einem Heim…wie auch immer du es nennen möchtest“, er keuchte entsetzt.
 

„Kinder und Jugendpsychiatrie nennt man es wohl im Volksmund.“
 

Plötzlich ging alles ganz automatisch. Ich sah das große Fragezeichen in seinen Augen und alle die Bilder, all der Schmerz stürzte auf mich ein. Ich drohte zu ersticken. Ich sah auf meinen Brustkorb, griff mir voller Panik an die Brust als sich mein Herz schmerzhaft zusammenzog. Meine Sicht verschleierte…
 

„BELLA“, er klang alarmiert.
 

Doch ich war bereits fort…fort aus dem hier und jetzt…zurückgeschleudert zu jenem Tag den ich mehr als alles andere vergessen wollte. Jener Tag, der alles änderte!
 

02.04.1999
 

************
 

Puhhh…geschafft.

Ich hoffe doch mit diesem Kapitel das neue Jahr gebührend eingeleitet zu haben ^.^
 

Jeder wird sich nun wahrscheinlich denken können, dass es sich beim nächsten Kapitel um einen Flashback handeln wird.
 

GGGLG Alex



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  vamgirly89
2015-01-03T15:37:02+00:00 03.01.2015 16:37
Och ne wie kannst du jetzt aufhören? Bitte schreib schnell weiter. Bin schon gespannt wie es weiter geht.


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