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Der Fluch der Meerjungfrau

Die Gier und ihre verheerenden Folgen
von

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Von den Tiefen der See und verlorenen Seelen


 

Der Fluch der Meerjungfrau

Die Gier und ihre verheerenden Folgen

Kapitel Neun

≈ Vᴏɴ ᴅᴇɴ Tɪᴇғᴇɴ ᴅᴇʀ Sᴇᴇ ᴜɴᴅ ᴠᴇʀʟᴏʀᴇɴᴇɴ Sᴇᴇʟᴇɴ ≈
 

Hoffnungslos wand ich mich, schlug um mich, wollte atmen. Das Spektakel vor meinen Augen verschwamm, mischte sich mit dem Dunkel des Wassers um mich herum. Mein Stern, jenes Leuchten, mein Ritter, mein Retter ... fort stieß man ihn. Er entglitt meinen Fingern, schnell ... unbarmherzig ... gnadenlos.

Ein Kichern, kreischend und von solcher Bosheit, dass mir ein Schauer über den Körper lief, hallte in meinen Ohren wider. Tränen, Quell meiner Qualen, ließen sich nicht bändigen. Mein Herz, es brach. Zerfiel. Meine Finger, klamm und kraftlos. Mein Körper erschöpft und ermattet. Meine Seele zersplittert, verloren und schwarz.

»Komm zu mir ...«

Ich folgte ... gehorchte ... und starb.

Kälte, so unbeschreiblich, dass ich auffuhr. Finster war es um mich herum. Nichts vermochte ich erkennen. Weder Tag, noch Nacht ...

Die Zeit, still und schweigend, verharrte reglos. Eis züngelte an meinem Leib, leckte und liebkoste mich, hielt mich fest und gab mich nicht frei.

Atme!, forderte ich, doch keine Luft drang in meine Lungen. Ich schlief, starb und erwachte erneut. Jenes Spiel vollzog sich endlos. Kein Weichen, kein Sprechen, kein Fühlen. Was mit mir geschah, was vor sich ging, ob Himmel oder Hölle, Wonnen oder Schmerz, nichts voll dem vermochte ich benennen oder gar von einander unterscheiden.

Und doch ...

Dort, ein Laut. Klein, kaum zu vernehmen. Leise, dennoch zunehmend, zwang mich auf. Ein Licht, klein, kaum flackernd, stahl sich durch die Dunkelheit. Ich wandte mich um, kehrte dem Schein den Rücken. Schon einmal war ich einem solchen Funkeln erlegen, hatte gewollt und den Schrecken erfahren. Ob Rettung, Hoffnung, Erlösung ... nichts davon begehrte ich.

Hier wollte ich bleiben.

Hier war ich daheim.

In der Finsternis, der Kälte, der Ruhe.

Mein Reich, so endlos weit, tief und gefährlich. Es würde mich beschützen, mich rächen, mir zu willen sein. Es würde mir dienen, gehorchen. Wir waren eins, die See und ich.
 

»Nein!« Ein Wort nur, wie eine Last ... dröhnend hallte es in mir nach. Ich kannte es und die Gefühle, die es mit sich brachte. Schrecken, Zurückweisung, Angst. Doch auch Schmerz, Begehren und Bedauern, Unglauben und Furcht. Willen und Trotz. Dumpfe Taubheit legte sich wie ein Schatten über das Land, das mir gehörte. Kein Licht, kein Gefühl, nur das Meer.

»Nein!« Wieder jene Silben, die ihre Krallen und Fänge in mich schlugen. Drängend, fordernd. Die Bedeutung ging verloren. Ich wusste nicht mehr, was Recht von Unrecht trennte. Was Glauben und Hoffen miteinander verband. Mein Funken war erloschen. Versiegt und unwiederbringlich verloren. Die Gier hatte gesiegt, labte sich genüsslich an meinem Leiden, meiner Einsamkeit. Nie würde ich zurückkehren. Bleiben würde ich, verharren, und auf die nächste Seele warten, die sich dem Glanze schöner Dinge erwehren würde. Ein Kichern entfloh mir. Kalt, hohl und in der Tiefe verhallend. Finger legten sich um das Herz, das nicht mehr schlug. Dennoch spürte ich jene langen, gebrechlichen Glieder. Es waren die Hände der Hexe, die den kalten, schwarzen Klumpen meiner Brust entrissen und ihn in eine Truhe warfen.
 

Murrend kniff ich die Augen zusammen. Das Kreischen der Vögel war mir zuwider. Ich wollte nicht ihren Liedern lauschen. Keine munteren Klänge vernehmen und kein Frohlocken, da die Sonne bereits ihre ersten Strahlen über die Welt schickte. Schwer fiel es mir, die Lider zu heben. Verschwommen war mein Blick, nichts mochte ich erkennen. Nur das vertraute Rauschen der Wellen ließ mich erleichtert aufatmen.

Atmen? Tief sog ich Luft in mich hinein - durch Nase und Mund. Luft bedeutet Leben. Allmählich gelang es mir, mich zu besinnen. Was war geschehen? Meine Finger ertasteten nassen Boden. Sand, feuchter Sand, Tang, Steine und gebrochene Muscheln. Vage wandte ich meinen schweren Kopf von einer Seite zur anderen und registrierte meine Umgebung. Links ragten hohe Felsen auf. Eine Klippe, wie mir schien. Zu meiner Rechten sah ich einen weiten Streifen Land, überwuchert mit Bäumen und Gestrüpp. Eine Bucht, klein und menschenleer. Ich erlag dem Versuch, mich aus meiner Position aufzustemmen. Wie eine Gestrandete hatte ich liegend verharrt. Wurde vom Wellengang, den tirilierenden Boten und der leuchtenden Sonne dazu ersucht, mich zu erheben, aufzustehen.

Ein Wirrwarr nasser Strähnen klebte an meinem Rücken und fiel mir ins Gesicht. Langes Haar, im Wasser wie seidig-schimmernde Bänder, die um mich wirbelten. Mein Kopf schmerzte, lindernd griff ich mir an die Stirn, doch das Pochen wollte nicht versiegen. Meine Finger, zitternd, tasteten hinauf zum Schopf und erfassten etwas Schweres. Die Tiara. Die Krone. Jenes machtvolle Herrschaftszeichen, das mich als Herrin der See beschrieb. Doch weshalb war ich an Land? Erschrocken fuhr mein Blick meinen Körper hinab. Stoff bedeckte meinen kühlen Leib, durchnässt zwar, trotz allem vermochte ich statt einer silbrig-schimmernden Schwanzflosse, zwei menschliche Beine zu erspähen.

Ein Mensch?

Ich?

Wie absurd!

Ich war eine Meerjungfrau, die Hüterin des Meeres, und kein dummes Menschenkind, das auf zwei Beinen durch die Welt streifte! Eine Regung durchfuhr mich wie ein Blitz. Ich biss mir auf die Lippen, schmeckte Salz und Angst. Wo war ich? Wie war ich hier her gelangt? Wer hatte mein Fortbleiben zu verschulden? Ich schluckte und bemerkte den Drang, etwas kühles meine ausgedörrte Kehle hinab zu spülen. Es erforderte Kraft, meinen Körper den Wellen entgegen zu bringen. Ich fiel vorn über und versuchte mit aller Mühe, etwas Wasser in meine Hände zu schöpfen. Ich kostete und verzog das Gesicht. Noch mehr Salz. Ich schüttelte den Kopf. Erneut erlag ich dem Versuch und spie Laute aus, die ungewohnt für meine Ohren klangen. Kein Meer, keine Flosse. Ich würde sterben. Hilflos blickte ich um mich. Ich war allein.

Niemand, der mir zu Hilfe kam.
 

Heiße, nasse Tränen liefen meine blechen Wangen hinab. Kraftlos schleppte ich mich den Strand entlang. Durst hatte ich, mein Magen zog sich protestierend zusammen. Er verlangte nach etwas, das ich zuvor nie in Betracht gezogen hätte. Essen, Nahrung ... Jenes plötzliche Begehren war mir fremd. Es verwirrte mich, ließ mich straucheln und stolpern. Die Schmerzen in meinem Kopf wurden schlimmer. Beinahe unerträglich. Meine Entscheidung, den Wald zu meiden, rächte sich nun. Hier, an der Küste, gab es keinen schattigen Ort, an den ich mich hätte retten können. Es hatte mich zu den hohen Felsen gezogen. Meine Spuren im Sand wurden von den Wellen verschluckt. Sie trugen sie fort, als hätten sich meine Fersen nie in den vielen Körnchen verloren. Meine Schritte waren träge und schleppend. Mein Verlangen nach etwas Trink- und Essbarem schien mir die Sinne zu rauben. Verschwommen und flimmernd traten Bilder auf und zogen von dannen. Ein Reigen, ein Spiel bunter Farben umfing mich, ehe ich den Halt verlor.
 

»Nami?« Ein leises Flüstern drang an meine Ohren. Jemand, etwas, hielt mich gefangen. Arme umschlagen mich, ein Körper presste sich an den meinen. Ein Beben, ein Keuchen. Worte und Stimmen, die mir unbekannt waren, ließen die willkommene Stille in tausend Splitter zerfallen. Laute und Klänge die Freude kundtaten, doch jene Regung war mir unbekannt. Ich wusste weder, wo ich mich befand, noch, wer diese Leute waren. Gesichter tauchten vor mir auf und verschwanden. Nichts greifbares, alles war haltlos, ziellos.

»Wo habt ihr sie gefunden?«

»Allein?«

»Ohne Flosse?«

»Was ist mit der Truhe?«

»Das könnte eine Falle sein!« ...

Fragen, so viele, und Antworten, die ich nicht geben konnte. Doch andere taten dies für mich.

»An der Küste, nahe den Klippen.«

»Ja, niemand sonst, der bei ihr gewesen wäre.«

»Auf zwei Beinen, siehst du doch!«

»Keine Truhe, nur Nami.«

»Und wenn schon, sie ist wieder da, oder?« ...

»Ist der Fluch jetzt gebrochen?« Eine kraftvolle, dunkle Stimme, die alle anderen verstummen ließ. »Nein« Dort, das etwas, das mich hielt, deren Klangfarbe anders war, als die dessen, das ich zuvor vernommen hatte. Es sprach. Sanft, leise, wohltuend. »Nein«, beharrte es weiter. »Das war noch nicht alles. Seht sie euch an!«

Wieder schwammen Gesichter auf mich zu. Betrachteten mich, studierten mich wie einen Fisch, den man sezieren musste. Blicke, fragend und besorgt zugleich. Ich hob den Kopf. Wollte Wut und Empörung zu erkennen geben, doch das, was ich fand, war Bestürzung.

»Ihre Augen.« Etwas kleines, flüchtiges, das zitternd nach Worten rang und dessen Erscheinung ich mit einer hölzernen Anemone in Verbindung brachte.

»Leer, und tief ...« Ich wandte mein Haupt, um den Urheber zu erspähen. Ein komischer Mann, mit komischen Mustern auf den Armen, die an Seesterne erinnerten. Er hatte gesprochen.

»Glaubt ihr ...« Erneute Laute, doch sie kamen von einem in Stoff gehüllten Knochengerüst.

»Ja, sie ist ein Werkzeug. Eine Hülle. Eine Puppe, die das Werk ihres Meisters beenden soll. Seelenlos ...«, abermals erhob der hünenhafte Seestern-Mann das Wort.

Mit letzter Kraft versuchte ich mich, den Armen und Händen entgegen zu stellen. Denjenigen, der mich hielt, stieß ich zurück. Ich erhob mich, suchte und fand einen Ausgang. Auf wackeligen Beinen stürmte ich hinaus und niemand hielt mich zurück.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  lieselotte90
2015-04-15T07:21:21+00:00 15.04.2015 09:21
Du bist soooooooooooo fies an dieser Stelle einfach aufzuhören *empört bin* bitte bitte schreib schnell weiter *_* arme Nami....hoffentlich kann Sanji ihr helfen <3

Wieder mal ein super Kapitel :)
Von:  fahnm
2015-04-14T21:56:05+00:00 14.04.2015 23:56
Klasse Kapitel


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