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Behind the Scenes

von

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Act 2 Scene 1: A new star awaits

Schnee.

Asako hasste diese Zeit. Der kalte Wind, der an ihrem Fenster kratzte, das Eis, dass Kristalle an den Rahmen bildete, die Dunkelheit, die langsam in ihr Zimmer kroch. Das alles hasste sie aus tiefstem Herzen. Es gab nur eines was sie noch mehr hasste: Einsamkeit. Die Einsamkeit, die sie beschlich wenn sie alleine in ihrer Wohnung in ihrem Sessel saß, eine Tasse Tee in den Händen, an die gegenüberliegende Wand über den Fernseher hinweg starrend an die cremefarben gestrichene Wand. Sanft strich sie mit den Fingerspitzen über das glatte Porzelan, schloss etwas die Augen und schwelgte wie so oft in Erinnerungen. Seit dieser Nacht der Elisabeth-Premiere waren Jahre vergangen, eine Ewigkeit. Eigentlich waren es nur zwei Jahre gewesen, aber die Tage zogen sich wie Kaugummi. Und obwohl die Tage so schleppend für sie vorrang gingen war so viel in der Zeit geschehen. Asako war der Top Star von Tsukigumi, Kiriyan und Yuuhi immer dicht an ihrer Seite. Gaichi war aus Takarazuka ausgestiegen, zumindest als Schauspielerin, aber blieb am Theater um die Shows zu organisieren. Man hatte sie in der Leitung mit offenen Armen begrüst und Asako sah sie regelmäßig. Ungefähr ein halbes Jahr zuvor hatte dann auch Osa beschlossen ihren Lebensabschnitt in Takarazuka zu beenden, wollte jedoch weiter im Musikbuisness bleiben und eine Solokarriere starten. Dann war da noch Saeko.

Ayaki Nao.

Ihr Abschluss mit Takarazuka war lang und schmerzlich gewesen. Für Ayaki selbst, Takarazuka, ihre Freunde und die Fans. Zu Beginn war es für sie weniger schwer gewesen, denn trotz des vollgepackten Plans hatte Ayaki immer die Zeit gefunden zumindest mit ihr zu telefonieren. Mit der Zeit war das aber immer schwerer geworden und sie sahen sich teilweise wochenlang nicht. Auch damit hätte sich Asako abgefunden, doch der letzte Kontakt zu ihrer 'Freundin' war zu Beginn der Saison gewesen. Am Vortag hatten sie den letzten Auftritt der Saison hinter sich gebracht. 'Higher than the Sky of Paris' war der Name des Stücks gewesen. Eine Liebeskomödie. Asako war immer sehr glücklich gewesen auf der Bühne, konnte ihren Schmerz wenigstens für einen kleinen Moment vergessen. Dass sie mit Yuuhi und Kiri zusammen auf der Bühne gestanden hatte, hatte sie dabei nur unterstützt. Anstrengend war das Stück im Vergleich zu den vorrangegangen keinesfalls gewesen. Sie hatten keinen Umziehstress gehabt und mit Kiri und Yuuhi zusammen waren viele Lacher zusammen gekommen, sowohl bei den Proben als auch auf der Bühne. Auch wenn Yuuhi's Outfit wirklich peinlich gewesen war mit dem rosanen Anzug. Gerade auf diesen letzten Auftritt hatte sie sich gefreut, jedoch war ihre Vorfreude derbe enttäuscht worden. Ayaki hatte versprochen wenigstens diesen letzten Auftritt von ihr zu sehen, auch den Rest des Abends bei ihr zu bleiben, stattdessen kam Gaichi nach dem Auftritt zu ihr und meinte, dass Ayaki es nicht geschafft hatte, da ihr neuer Chef sie zu einem Geschäftsessen gerufen hatte. Eigentlich verstand es der junge Top Star, denn Ayaki hätte die Einladung nicht ablehnen dürfen, egal was kam, da ihre Rolle daran hang, andererseits kam sie sich dadurch sehr unwichtig vor.

Sie drehte den Kopf etwas, sah auf den gedeckten Tisch und in die Küche, wo das noch unfertige Essen auf der Arbeitsfläche lag. Asako hatte sich eine eigene Wohnung zugelegt, ausserhalb des Takarazukageländes. Für ein paar Wochen hatte sie in Saeko's alter Wohnung gewohnt nachdem diese ausgezogen war, aber hatte festgestellt, dass sie es nicht lange dort aushielt. Zu viele Erinnerungen hingen daran. Den Sessel aus ihrer alten Wohnung hatte sie jedoch immer noch. Eigentlich hatte sie den Abend sorgfältig durchgeplant gehabt, hatte sich Gedanken gemacht, was sie anzog, darüber was Saeko am liebsten aß und wie sie den Abend so angenehm wie möglich gestalten konnte. Sie hatte extra diese weiße Hose angezogen, welche Saeko so liebte, das Oberteil mit der Spitze, welches sie geschenkt bekommen hatte und die silberne Taschenuhr hing an einer Kette um ihren Hals, tickte leise vor sich hin. Ihr Tee war inzwischen kalt geworden.

Ayano Kanami, ihre Musumeyaku seit sie zum Top Star erklärt worden war, hatte ihr angeboten stattdessen mit zu der Abschlussparty für die Saison zu kommen, was sie jedoch abgelehnt hatte. Kiriyan und Yuuhi hatte sie nichts davon gesagt und auch Gaichi schien nichts gesagt zu haben, denn sonst würden sie wohl bei ihr vor der Tür stehen. Osa hatte ein paar mal versucht an zu rufen, aber ihr Handy lag noch immer ignoriert vor ihr auf dem Tisch. Sie wartete auf den Anruf von Saeko in dem sie ihr sagte, dass sie doch noch vorbei kam, dass sie praktisch schon vor der Tür stand, aber jener Anruf kam nicht an dem Abend.
 

Schon zum x-ten Mal versuchte Osa ihre beste Freundin irgendwie zu erreichen, aber vergebens. Der Tsukigumi-Top-Star ging nicht an ihr Handy oder reagierte auf ihr Festnetz. Frustriert lies Osa sich auf der Couch zurückfallen, warf den Kopf in den Nacken und brummte etwas.

"Geht sie immer noch nicht dran?", fragte Gaichi, die in ihrem Bademantel aus dem Badezimmer kam. Seit der Premiere in Elisabeth hatte sich zwischen ihnen einiges mehr entwickelt als nur blose Freundschaft und auch wenn es Osa anfänglich schwer gefallen war hatte sie sich darauf eingelassen. Offiziell lebten die zwei Frauen 'nur' in einer WG zusammen, hatten sich eine Wohnung gekauft, die groß genug dafür wäre. Dennoch teilten sie sich ein Bett. Es hatte sich noch ein drittes Familienmitglied dazugesellt, ein Geschenk von Asako. Es war ein kleiner Hamster, den der frischgebackene Top Star liebevoll Midori getauft hatte, auch wenn es Gaichi gehörig gegen den Strich gegangen war.

"Nein. Sie ignoriert es immer noch. Was denkt sich Ayaki nur dabei??"

"Du weist so gut wie ich, dass sie da nichts dafür kann. Sie brauch diesen Job."

"Asako brauch sie ebenso. Sogar noch mehr. Es ist eine Ewigkeit her dass wir sie zu Gesicht bekommen haben, auch wenn man diese komische Kamerawerbung mitzählt."

Gaichi setzte sich zu ihr, legte ihr eine Hand auf den Oberarm.

"Ich werde nochmal mit ihr reden. Ich hoffe nur, dass Sena es nicht allzu übel nimmt."

"Oh doch das wird sie. Vielleicht sollten wir Kiri und Yuuhi bescheid sagen. Mich kann sie zwar aussperren, aber die zwei nicht. Yuuhi wird wohl wieder versuchen sich an Kiri ran zu werfen, da können sie auch Asako aufheitern."

"Warum gehst du nicht?"

"Du weist, dass sie mich anschreien wird."

Gaichi schwieg kurz.

"Wir sollten alle gehen."

"Gaichi..."

"Du weist, dass sie eingeht wenn sie alleine ist."

"Ich weis." Osa seufzte etwas, stand dann auf. "Ich rufe die zwei an und du ziehst dir erst einmal was an."

"Was denn?" Gaichi grinste. "Als ob dir das nicht gefallen würde."

"Es gefällt mir schon, aber ich will schon, dass es nur für meine Augen bleibt."

Gaichi grinste nur und machte sich auf den Weg ins Schlafzimmer.
 

Keine Stunde später standen die vier vor Asako's Wohnung. Kiriyan allen vorran und wies die anderen an keinen Ton zu machen. Sie mischte sich oft ein wenn Asako schlecht gelaunt war oder frustriert, desshalb wusste sie wie man nicht gleich die Tür vor der Nase wieder zugeschlagen bekam. Sie stellten sich rechts und links neben der Apartmenttür auf. Asako wohnte in einem schickeren Teil von Tokyo, etwas abgelegen von den Hauptstraßen und doch noch nahe genug damit man überall hinkam. Es war etwas teurer gewesen, aber in den zwei Jahren hatte der Top Star so viel verdient, dass sie eigentlich vorgesorgt hatte, denn Asako hatte sich als eine der beliebtesten Top Stars in der Geschichte Takarazukas erwiesen. Dementsprechend wurde sie entlohnt.

"Und du bist sicher, dass das so eine gute Idee ist?", frage Yuuhi. Die junge Frau hatte ihren Kleidungsstil in der kurzen Zeit etwas verändert, trug zwar noch immer die schlichten Hemden, aber Asako hatte sie dazu gebracht noch ein paar Akzente dazu zu setzen. Sei es eine Krawatte oder eine Halskette, irgendetwas war immer aussergewöhnlich. Kiriyan hatte sich eigentlich nicht verändert, ausser dass sie noch härter arbeitete als sie es unter Saeko getan hatte. Als Asako endlich ihre Rolle als Top Star akzeptiert hatte war sie sehr streng geworden, allerdings hatte sich die Performance der Truppe dadurch nur um einiges gesteigert. Ihr Stil die Gruppe zu führen war in den Auftritten deutlich zu spüren.

"Nein. Ganz und gar nicht. Aber bissher hat es doch auch geklappt."

Sie drückte einfach auf den Klingelknopf.
 

Drinnen brummte Asako leicht auf. Gerade hatte sie sich mit dem Gedanken abgefunden den Abend allein zu verbringen, da klingelte diese verdammte Klingel. Mit einem Mal kochte ihr Blut hoch. Egal wer es war, derjenige würde eine gehörige Abreibung bekommen, selbst wenn es sich dann doch um Saeko handeln sollte. Ihr Punkt war erreicht, dass sie der anderen nicht mehr verzeihen konnte. Für eine Sekunde spielte sie mit dem Gedanken die Tür einfach zu zu lassen und so zu tun als wäre sie nicht da, entschied sich dann aber doch anders. Sie würde diese Tür öffnen um sie der Person, die davor stand, einfach wieder vor der Nase zuschlagen zu können. Seit ihrem Top-Star-Debut war Asako innerlich gewachsen, lies sich so viele Dinge, die sie sich unter Osa und Saeko noch hatte gefallen lassen, nicht mehr bieten. Ob es der gewonnene Einfluss war, denn in Tsukigumi passierte eigentlich nichts ohne ihre Einwilligung, oder die Tatsache, dass sie nicht mehr auf dem Gelände wurde und so emotionalen Abstand gewonnen hatte, wusste sie nicht, aber es fiel ihr leichter nicht sofort bei jeder Kleinigkeit in Tränen aus zu brechen. Nur langsam beim zweiten Klingeln erhob sie sich fast zeitlupenartig aus dem Sessel, glitt über den Parkettboden, über den kleinen Teppich im Eingangsbereich zur Tür, sah durch den Türspion hindurch. Keiner davor zu sehen. Das konnte nur eines bedeuten. Asako seufzte und ging einen Schritt beiseite, öffnete die Tür.

"Kommt rein."
 

Osa hob eine Augenbraue als die Tür dann doch einfach so aufgemacht wurde. Eigentlich hatte sie mit Wiederstand gerechnet, denn wenn Asako schlechte Laune hatte dann maulte sie gerne mal rum. Es war so die Zeit in der man auch gerne einmal eine Tür vor der Nase hatte. Die vier traten also in die Wohnung ein. Alles dunkel bis auf eine einzelne Kerze auf dem gedecktem Essenstisch im Wohnbereich. Sie hatte also immer noch auf Ayaki gewartet, wie immer eigentlich. Wieso ihre beste Freundin so sehr auf die ehemalige Takarazukadarstelerin fixiert war, so geduldig mit ihr war, war ihr ein Rätsel. Jeder andere Mensch hätte sie schon lange zum Mond geschossen. Verstehen konnte sie es nicht. Es roch nicht nach Essen, also hatte Asako noch nicht gekocht so wie sie es vorhatte. Osa's nächster Blick fiel auf die noch immer volle Teetasse auf dem Wohnzimmertisch, die allerdings nicht mehr dampfte. Ihre Freundin hatte ein wenig Ablenkung bitter nötig.

"Was wollt ihr? Wenn es nichts ist, dann geht bitte wieder."

"Ach komm schon, Asa", sagte Kiriyan und machte das Licht an, woraufhin sie alle einmal, einige mit leisem Stöhnen, die Augen zusammenkniffen. Gaichi war die erste, die ihre Jacke auszog und den Schal vom Hals zog.

"Wir dachten wir kommen dich besuchen", sagte die ehemalige Senka.

"Ich hab wirklich keine Lust..."

"Papperlapapp", sagte Yuuhi und lächelte Asako an. "Komm gehen wir was kochen. Ich verhungere."

Noch ehe Asako hätte richtig reagieren können zogen Yuuhi und Kiriyan den Top Star hinter sich in die Küche und Gaichi schüttelte lächelnd den Kopf und Osa hing die Mäntel an die Gaderobe. Osa war Asako's Outfit aufgefallen, ebenso die Aufmachung der Wohnung. Es war alles genau so wie Ayaki es gerne hatte und Osa hätte geschworen, dass Asako auch die Unterwäsche trug, von der sie wusste, dass sie von Ayaki war. Allein der Gedanke daran, dass dieses Miststück Nao ihre Freundin wie ein Stück Dreck behandelte lies ihr Blut in Wallung bringen. Kaum, dass sie den Gedanken hatte legte ihr Gaichi eine Hand auf die Schulter.

"Komm runter. Wir sind hier um Sena ab zu lenken, nicht um uns über Saeko auf zu regen."

"Ich werde mir sie trotzdem noch vorknöpfen."
 

Die Küche war eindeutig zu klein für fünf Personen. Asako stand gequetscht mit Yuuhi und Kiri an der Arbeitsfläche, Gaichi und Osa saßen hinter ihnen an einem kleinen Arbeitstisch und sie unterhielten sich. Ihnen war allen klar, dass sie nicht genug zu Essen für alle hatten, aber das war für sie nicht wichtig. Es ging nur darum den jungen Top Star auf zu heitern, was auch funktionierte. Es dauerte eine Zeit, aber die vier zusammen schafften es tatsächlich Asako's Depressionen zumindest etwas ab zu wenden sodass sie sogar lächelte. Ihre Laune stieg je länger sie blieben. Sie alberten beim Kochen herum, lachten und schlieslich stand sogar ein Auflauf im Ofen. Sie blieben noch in der Küche, machten den Wein auf, den Asako gekauft hatte, und tranken ihn und unterhielten sich während der Auflauf vor sich hinkochte.

"Also Yukigumi hat nächste Woche Premiere. Gehen wir hin?", frage Kiriyan und grinste etwas schief. "Kimu hat gefragt. Sie hat uns sogar schon Plätze reserviert."

"Kimu? Wer ist Kimu?"

"Eine unserer Freunde. Hast du sie noch nicht kennen gelernt?", fragte Gaichi und schüttelte den Kopf.

"Merkwürdig", sagte Yuuhi und zog die Stirn kraus. "Dabei bin ich mir sicher, dass ihr euch gut verstehen würdet."

Asako hob etwas die Augenbrauen, schob sich auf den Tisch zwischen Osa und Gaich und schlug die schlanken Beine übereinander. Dabei schwenkte sie den Wein in ihrem Glas etwas. "Wie kommst du darauf?"

"Nun ihr seid euch ähnlich."

Wirklich helfen tat das der Tsukigumidarstellerin nicht, aber immerhin. Wenn sie mit Yuuhi, Gaichi und Kiriyan befreundet war, dann würden sie sich früher oder später über den Weg laufen. Osa schubste sie mit der Hand am Oberschenkel an.

"Da wollte ich sowieso noch drüber sprechen. Es ist Mizu's Debut als Top Star. Sie möchte, dass wir dabei sind. Sie hat uns auch zur Aftershowparty eingeladen."

Mizu... Mizu... Sprach sie von Mizu Natsuki? Sie hatte sie Schauspielerin nur flüchtig kennen gelernt, sie hatten zwei Stücke in Hanagumi zusammen gespielt, in denen Asako das erste Mal eine etwas größere Rolle bekommen hatte, aber Osa hatte sich immer wunderbar mit der jüngeren verstanden. Soweit sie sich erinnerte war sie ein bisschen wie Osa gewesen, hart arbeitend, aber manchmal etwas zu streng mit sich un ihrer Umwelt. Sie hatte es tatsächlich zum Top Star geschafft? Erstaunlich.

"Nun dann kann ich schlecht nein sagen oder?" Asako lächelte und sie sah wie Yuuhi Kiri das Glas entnahm.

"H-Hey! Das ist meiner!"

"Du hattest schon genug."

"Aber..."

"Ich bin kurz im Bad", sagte Osa noch als Yuuhi und Kiriyan sich anfingen zu kebbeln und Asako, sowie auch Gaichi sich nur zu gerne einmischten um Kiriyan etwas zu ärgern.
 

Als Osa sich auf den Weg ins Bad machte fiel ihr mal wieder auf wie geleckt Asako's Wohnung eigentlich war. Die Zeiten, in denen ihre Freundin ihre Sachen einfach auf dem Boden liegen gelassen hatte in der Hoffnung sie machten sich von selbst sauber waren vorbei. Asako war erwachsen geworden, hatte sie selbst sogar in gewisser Art und Weise überholt. Es war einer der Gründe wieso Osa beschlossen hatte Takarazuka den Rücken zu kehren. Ihre beste Freundin brauchte sie nicht mehr und es gab keinen Grund mehr für sie zu bleiben.

Osa nutzte die Gelegenheit sich etwas in der Wohnung der anderen um zu sehen, auch wenn sie es nicht wagte weitere Lichtschalter zu betätigen. Der Einrichtungsstil der jüngeren hatte sich von den Grundstrukturen nicht sonderlich verändert, aber die Farbgebung war schlichter, dezenter, dennoch ausdrucksstark. Ihr war auch die zarten Rot-Schwarzen Akzente aufgefallen, die sie überall gesetzt hatte, seien es Bilder oder ähnliches. Und noch etwas hatte sich verändert. Überall hingen kleine Kristallornamente, Windspiele oder nur zur Dekoration. Asako hatte sich während ihrer Zeit in Hanagumi nie sonderlich mit Verzierungen oder ähnlichem beschäftigt, von den gefühlten 50 Kissen, die sie noch immer zu besitzen schien, mal abgesehen. Ihr Bett war größer, beinahe königlich und darauf lagen in Satin eingehüllte, dünne Decken und flauschige Kissen, die geradezu dazu einluden sich hinein zu werfen. An der Wand hingen vereinzelt Bilder, an denen ab und zu dekorativ eine Feder befestigt war. Sie erkannte viele von sich und Asako, ein paar mit Kiriyan, einige mit Yuuhi. Die befestigten Federn erkannte Osa wieder: sie stammten von ihrem Federrad, welches sie erhalten hatte und Asako ein paar der Federn geschenkt hatte. Auf einem größerem Gruppenbild, auf dem neben Gaichi, sie selbst, Asako, Kiriyan und Yuuhi abgebildet waren erkannte sie noch Mimi Anri, Ayana Oto, Ayano Kanami, ein paar Hanagumidarsteller und Ayaki Nao, aka. ehemaliger Top Star, darauf. Alles gute Freunde von Asako, dennoch konnte sie den Anblick von Ayaki auf dem Bild kaum ertragen. Eine Feder von Ayaki's Federrad hing daran. Es war das Abschlussbild, welches sie geschossen hatten nachdem der letzte Auftritt von Ayaki über die Bühne gegangen war. Auf diesem Bild hatte sie noch so glücklich gewirkt, unbeschwert, beinahe kindlich. Davon war nichts mehr zu sehen. Vielleicht war es auch gut so. Es war immer noch Asako und Osa liebte sie nach wie vor.

Langsam ging sie aus dem Schlafzimmer, machte sich wieder auf den Weg in die Küche als ein Leuchten in ihrem Augenwinkel ihre Aufmerksamkeit auf sich zog. In der Küche war es so laut, dass keiner von den anderen es bemerkt hatte. Osa ging zu dem leuchten hin, stellte dann fest, dass es Asako's Handy war, auf Lautlos, aber es hüpfte dann doch durch die Vibrationen über den Tisch. Osa hob es auf und sah aufs Display.

'Saeko'

Zuerst hatte sie darüber nachgedacht den Anruf einfach weg zu drücken, aber ihr fiel dann etwas besseres ein. Durch das noch immer dunkle Zimmer trat sie in den Eingangsbereich, weg von der Küchentür, wo man sie weder sehen noch hören konnte. Die Küche lag am anderem Ende der Wohnung. Dann hob sie ab.

"Bevor du ausflippst hör mir zu..."

"Asako wird dir nicht zuhören", sagte Osa unterkühlt und für eine Sekunde war am anderem Ende Stille. Sie hörte Stimmen im Hintergrund.

"Was machst gerade du bei Osa?" Ayaki war definitiv sauer, aber das war ihr Recht egal. Sie konnte spüren wie sich die Anspannung zwischen ihnen wieder aufbaute. Zwar rissen sich die zwei Titanen zusammen wenn noch jemand dabei war, aber sperrte man sie zusammen alleine in einen Raum flogen regelmäßig die Fetzen.

"Wir sind zu Asako gegangen nachdem du dich entschlossen hattest nicht auf zu tauchen."

"Und wer ist 'wir'?"

"'Wir' sind ihre Freunde."

"Haruno wer ist bei ihr?" Ayaki klang noch etwas angespannter und Osa hörte sie am anderem Ende schnaufen.

"Kiriyan, Yuuhi, Gaichi und meine Wenigkeit."

Stille am anderem Ende.

"Ich bin in zwei Stunden..."

"Denk gar nicht erst daran hier vorbei zu kommen", unterbrach sie die andere, zischte inzwischen geradezu in den Hörer. "Denk nicht einmal dran in den nächsten paar Tagen hier auf zu tauchen nachdem du Wochenlang nichts von dir hast hören lassen! Asako ist zutiefst unglücklich wegen dir und du machst es nur schlimmer! Es wäre fast besser wenn du nie mehr auftauchst."

"Du kannst mir nicht befehlen was ich zu tun habe!"

"Nein aber wenn es zu Asako's Besten ist dann..."

"Osa es reicht jetzt."

Osa wirbelte herum und sah Gaichi, die vor ihr stand und ihr das Telefon entriss.
 

Es war einzig Gaichi aufgefallen, dass Osa eine ganze Weile nicht mehr zurückkam, hatte im Augenwinkel gesehen wie sie an der Küche vorbeigelaufen war. Da sie noch immer nicht wieder zurück in die Küche gekommen war und die Versuche des Chaotentrios einen Nachtisch zu machen in einer halben Pudding-Sahne-und-Milch-Schlacht ausgeartet war, hatte Gaichi fast fluchtartig die Küche verlassen. Kaum dass der Lärm der lachenden Frauen hinter ihr lag hörte sie auch schon Osa's wütende Stimme. was war denn mit ihr los? Dann aber musste sie nicht zwei mal hinhören um heraus zu finden mit wem sie da telefonierte. Aber wieso sollte Osa mit Saeko telefonieren? Wichtiger: woher hatte sie die Nummer der anderen? Sie hörte sich das Gespräch für ein paar Sekunden an, brummte dann aber etwas für sich und trat zu ihnen, nahm Osa das Handy ab und hielt es sich selbst ans Ohr.

"Saeko?"

"Gaichi! Sag deiner hirnlosen und durchgeknallten Freundin, dass sie sich gefälligst aus meinen Beziehungen raus zu halten hat!" Gaichi hielt das Telefon kurz etwas von ihrem Ohr weg.

"Jetzt pass auf, sie hat nicht so ganz unrecht. Das was du die letzten Wochen gebracht hast war nicht richtig."

"Fall du mir auch noch in den Rücken!"

"Ich fall dir nicht in den Rücken." Sie seufzte. "Hör mal. Yukigumi feiert Premiere mit Hoshikage no Hito. Wir werden alle da hingehen und danach auf die Aftershowparty. Sieh gefälligst zu dass du da auftauchst und stell die Sache richtig. Und um Himmels Willen kümmer dich mehr um Sena."

"Du weist genau wieso..."

"Deine Freundin würde für dich auch noch früh morgens um drei aufstehen. Hör auf dir Gedanken darüber zu machen ob du sie wecken könntest und komm einfach vorbei. Du hast einen Schlüssel zu der Wohnung. Benutz sie in Dreiteufelsnamen auch."

Zusammengestaucht von der Senka schwieg Saeko am anderen Ende. Gaichi seufzte.

"Tu es einfach ja? Ich will nur das beste für euch beide."

"Ich weis... Gaichi? Danke und..."

"Und was?"

"Sag ihr dass ich sie liebe."

"...schön."

Damit legte sie auf, sah sofort Osa's geradezu wutverzerrtes Gesicht und Gaichi sah ihr an, dass sie mit allen Mitteln versuchte nicht laut zu werden.

"Du nimmst sie auch noch in Schutz?"

"Sie ist meine beste Freundin, Osa."

"Das ist kein Grund..."

"Grund genug." Gaichi trat an Osa heran, legte ihr die Hand auf die Wange. "Du weist wie sehr Sena Saeko liebt. Du willst dass sie glücklich ist, ebenso wie ich. Sie sind nur glücklich zusammen."

Osa seufzte. "Ich weis..."

"Na also." Gaichi hauchte ihrer Freundin einen leichten Kuss auf die Lippen, strich ihr mit dem Daumen übers Kinn. "Hör auf so ein Gesicht zu ziehen und lass uns zu den anderen gehen. Und hoffen dass die Küche noch steht."

Osa nahm die Hand der anderen, starrte nochmals für ein paar Sekunden zu Boden bevor sie nickte.

"Schön. Aber auch wenn dus nicht hören willst, manchmal bist du zu gutmütig."
 

Das Chaotentrio in der Küche merkte gar nicht, dass Osa und Gaichi eine ganze Weile nicht mehr in die Küche kamen, war von ihrer Sahneschlacht zu einer Wasserschlacht übergegangen und hatten inzwischen die halbe Küche unter Wasser gesetzt. Zwar hatten sie daran gedacht den Ofen aus zu machen sodass das Essen nicht anbrannte, aber Hunger hatten sie alle nicht mehr, aber waren dafür umso durchnässter. Die Klamotten und die Haare klebten an ihnen, Asako hatte noch immer etwas Schlagsahne auf der Wange. Den Versuch einen Nachtisch zu machen hatten sie aufgegeben. Stattdessen steckte Asako Yuuhi einen nassen Lappen hinten in den Kragen, lachte auf als diejenige laut auffiebte nur um einen Schwall Wasser von Kiri ins Gesicht zu bekommen. Die drei lachten laut und der Lappen, den sich Yuuhi irgendwie wieder aus dem Hemd gefischt hatte, flog Richtung Tür, dort dicht an Gaichi vorbei, die sich gerade noch weggeduckt hatte.

"Woh! Passt auf wo ihr das Ding hinwerft", sagte Osa. Das Trio sah sich nur kurz an bevor alle fünf laut loslachten.

Der Restliche Abend verlief mehr oder minder ruhig wenn man von den Albereien und den daran gebundenen Lachanfällen absah. Sie kamen sogar dazu eine kleinigkeit zu essen, obwohl der Nachtisch dann doch flach fiel. Stattdessen lästerten sie über die wirklich dummen Fehler, die teilweise auf der Bühne passiert waren. Yuuhi war teilweise direkt an ihnen vorbeigelaufen obwohl sie hätte stehen bleiben sollen, sie hatten die Jacken vertauscht in mancher Hektik und und und. Osa war irgendwann einfach auf dem breiten Sofa eingeschlafen, Kiriyan hatte sich ins Bad verzogen, da ihre Kleidung vor Sahne nur so triefte und nachdem sie etwas getrocknet war dann doch unangenehm klebte und Yuuhi zog sich in Asako's Schlafzimmer um. Die vier Gäste hatten beschlossen noch bei dem Top Star zu übernachten. Gaichi und Osa bekamen die Couch, Kiriyan und Yuuhi würden sich das Bett mit Asako teilen.
 

Asako selbst hatte sich eine Jacke übergeworfen und sich auf den Balkon gestellt, lehnte sich auf dem Geländer auf und blickte auf die eingefrorene Landschaft. Sie war glücklich, dass ihre Freunde sich entschieden hatten vorbei zu kommen. Sonst hätte sie wohl den ganzen Abend und die ganze Nacht depremiert in ihrem Sessel gesessen, ihren kalten Tee in der Hand gehalten und hätte auf ihr Handy gestarrt.

"Alles in Ordnung bei dir?", hörte sie eine Stimme hinter sich. Sie musste sich nicht umdrehen um zu wissen, dass es Gaichi war. Seitdem sie sich kannten war Gaichi nichts als gut zu ihr gewesen und auch wenn sie manchmal von der anderen zurechtgestaucht wurde war sie froh sie die Senka zu ihrern Freunden zählen konnte.

"So gut wie es mir eben gehen kann, nicht?"

Gaichi lehnte sich neben ihr auf das Geländer, starrte ebenfalls in die Ferne.

"Sie fehlt dir, was?"

"Mehr als du glauben magst." Asako seufzte. "Gaichi? Du bist doch ihre beste Freundin oder?"

"Worauf willst du hinaus?"

"...Liebt sie mich noch?"

Da sah sie doch im Augenwinkel wie Gaichi entsetzt zu ihr starrte.

"Wie kommst du denn jetzt bitte darauf?"

"Weil ich mir ignoriert vorkomme."

"Du weist, dass sie dich liebt. Mehr als alles andere."

"Wissen. Ja. Ich weis dass sie mich liebt. Sie sagt es mir, oder besser schreibt es mir ab und zu in ihren Emails. Aber ich komme mir nicht so vor." Sie blickte zu Gaichi, sah etwas traurig drein. "Wenn sie da ist, dann immer nur kurz. Immer nur für den Sex. Die ganzen letzten Monate. Danach muss sie immer wieder gehen wegen ihrer Arbeit. Weist du wie lange es her ist dass wir uns einfach nur unterhalten haben? Ich komme mir eher vor wie ein Betthäschen als ihre Freundin."

Gaichi seufzte leicht und strich ihr kurz über die nassen Haare, lächelte etwas.

"Jetzt mach dir in der Richtung mal keine Gedanken. Ich kann dir guten Gewissens sagen, dass Saeko noch nie eine Person so sehr geliebt hat wie dich. Gib ihr eine Chance sich zu erklären."

Nur mit Mühe bekam Asako ein Lächeln zustande.
 

Nur ungefähr eine halbe Stunde später waren dann auch die anderen Frauen bettfertig, wobei Osa noch immer seelenruhig auf der Couch schlief, und Gaichi sah dabei zu wie Kiriyan, Yuuhi und Sena sich ins Schlafzimmer zurückzogen. Sie hatte sich von der jüngeren ein Shirt und eine lange Schlafhose geliehen, hatte sich eine Decke für sich und Osa geholt und legte sich vorsichtig zu der schlafenden Schauspielerin um sie nicht zu wecken. Den Kopf legte sie auf die Schulter der anderen, schloss die Augen und schlang einen Arm um ihren Bauch.

"Du weist, dass sie sich nicht damit zufrieden geben wird", hörte sie Osa mit einem Mal murmeln, schlug die Augen desshalb wieder auf und beugte sich über die jüngere.

"Was meinst du?"

Osa schlug die Augen auf, sah sie in der Dunkelheit an. Sie sprach sehr leise damit es gar nicht erst bis zum Schlafzimmer kam.

"Es geht Asako nicht darum, dass Ayaki sie liebt oder sie ihr Herz Ayaki geschenkt hat. Zumindest nicht vorrangig."

Gaichi schwieg kurz.

"Um was geht es dann?"

Die jüngere seufzte leise, schwieg ebenfalls für ein paar Sekunden als müsste sie nach den richtigen Worten suchen.

"Es gibt einen Grund wieso Asako so ist wie sie ist. Sie ist leicht einsam und braucht Aufmerksamkeit. Du hast es heute Abend gesehen. Es geht Asako darum von Saeko begehrt zu werden. Körperlich und Geistig. Sie braucht dieses Gefühl im Mittelpunkt zu stehen."

Abermals schwieg Gaichi, schüttelte dann etwas den Kopf. Darüber musste sie nochmal nachdenken, aber etwas anderes schoss ihr sofort in den Kopf und es lies sie lächeln.

"Du hast sie Saeko genannt."

"Und?"

"Du fängst an zu akzeptieren."

"Ich werde sie erst dann völlig akzeptieren, wenn sie aufhört meiner Freundin weh zu tun."

"Ich arbeite dran."

Sie beugte sich zu Osa hinunter, küsste sie nochmals zärtlich auf die Lippen.



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