Zum Inhalt der Seite

Blood Painted

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Tragedy and Poetry

Inzwischen hielt Sasuke das leichte Training, das ich für den Anfang ausgesucht hatte, ohne Probleme durch, also steigerte ich die Einheit ein bisschen, um ihn zu fordern. Er klagte nicht über den Muskelkater, aber ich sah ihn ihm an seinem steifen Gang an und konnte nicht anders als mich darüber zu amüsieren. Da ich mittlerweile auch wieder dafür sorgte, dass er richtig aß - Wozu er beitrug, indem er sich nicht mehr gegen seine Mahlzeiten wehrte - Fielen seine Untersuchungsergebnisse beim nächsten Gesundheitscheck um ein Vielfaches besser aus als das letzte Mal. Bis auf die Antidepresiva, von denen er nach wie vor noch sehr starke nehmen musste, brauchte er keine Medizin mehr. Körperlich kam er also wieder in Form, emotional war er eine große Baustelle.

"Leider können Sie in dieser Hinsicht kaum etwas für ihn tun." erklärte mir die Ärztin, welche die Tests durchgeführt hatte, mitleidvoll. "Er weigert sich nach wie vor, mit einem Psychologen zu sprechen und Reden ist wohl so ziemlich das einzige, wozu wir ihn nicht zwingen können."

"Sie zwingen ihn zu etwas?"

Unter meinem funkensprühenden Blick hob sie beschwichtigend die Hände. "Nein. Die physischen Test führt er freiwillig durch und die Medizin nimmt er wie es aussieht auch regelmäßig." Ich nickte - Darauf achtete ich penibel. "Es würde ihm guttun, zu reden... Es ist notwendig. Aber solange er nicht mitmacht, sind uns die Hände gebunden."

Unwillig biss ich mir auf die Lippe. Ich wusste, dass er mit anderen Menschen kaum redete und normalerweise war ich der Meinung, dass das seine Sache war. Aber dass er so störrisch war, sich nicht mal helfen zu lassen... Ich dachte an all die Gräuel, die er bei Orochimaru erfahren haben musste und deren Ausmaß wir wohl nicht mal erahnen konnten. Das alles fraß seit Monaten, nein, seit Jahren, an seiner Seele und er verbarg es hinter der Mauer in seinen Augen. Manchmal blitzte der Hass darin auf - Hass auf seinen alten Meister, Hass auf sich selbst, Hass auf seine Familie, die ihn verlassen hatte, Hass auf seinen Bruder, Hass auf die ganze Menschheit. Auch mich hasste er, weil ich ihn einfach nicht sterben und das alles vergessen lassen konnte. Aber so leicht würde ich es ihm nicht machen. Er hatte mich durch die Hölle geschickt und genau da war er jetzt auch. Nur, dass ich die ganze Zeit an seiner Seite sein würde, bis er fähig sein würde, der Welt und sich selbst zu verzeihen, so wie ich es schon lange getan hatte. Ich würde bei ihm bleiben bis er sich wieder erlauben würde, ein Mensch zu sein.

Schritte näherten sich und ich lächelte fast automatisch als ich aufsah, denn es war Sasuke, das wusste ich schon, bevor ich ihn sah. Wie immer suchte mein Blick sein Gesicht nach Verletzungen ab. Heute reagierte er zum ersten Mal darauf und das, indem er die Augen verdrehte. Trotzdem grinste ich zufrieden, denn er sah gut aus, verdammt gut sogar. Die Schwester schrieb uns den nächsten Termin auf und ich verabschiedete mich freundlich. Sogar Sasuke registrierte die Dame durch ein Kopfnicken, also musste sie ihm sympathisch sein.

"Du musst nicht jedes Mal auf mich warten." meinte Sasuke, als wir auf der Straße waren. Ich war jedes Mal aufs neue überrascht, wenn er von sich aus das Gespräch eröffnete. "Die Untersuchung dauert jedes Mal ewig."

"Macht nichts." Ich grinste, die Arme hinter dem Kopf verschränkt, gut gelaunt, weil er sich Gedanken um mich machte. "Im Moment hab ich keine andere Aufgabe; Ich bin für dich verantwortlich. Außerdem sind Sakura-chan und Sai irgendwo unterwegs, die hätte ich doch nie gefunden. Da konnte ich genauso gut warten."

"Du hättest die Zeit nutzen können, um die Wohnung aufzuräumen." schlug er vor und ich schmollte.

"Ordnungsfanatiker."

Sasuke zuckte die Schultern, dann schwieg er. Ich lachte nur, immerhin war das die Wahrheit. Der einzige Raum in unserer Wohnung, in dem er nicht für Ordnung sorgte, war mein Zimmer und das merkte man auch; Auf dem Boden lagen getragene Kleider, Einwickelpapier von Essen, leere Flaschen und vieles andere. Sakura schimpfte mich regelmäßig aus, weil ich ihn putzen ließ, aber diese Dynamik hatte sich ganz natürlich so ergeben, weil mir im Gegensatz zu Sasuke etwas Staub nichts ausmachte. Noch dazu übernahm ich jede Rechnung unseres Haushaltes, da konnte er sich ruhig nützlich machen. Ich zwang ihn ja nicht dazu.

Etwas erregte meine Aufmerksamkeit und ich blieb stehen, was mir ein widerwilliges Grummeln von Sasuke einbrachte. "Was ist? Komm endlich."

"Warte kurz." Ich warf ihm ein Grinsen zu, ohne ihn wirklich anzusehen, und ging auf den Zeitungsstand zu. Einige der Schlagzeilen handelten von Michelangelo, wenn auch lang nicht so viele wie jedes Mal kurz nach den Morden. Aber eine Headline zog meine Augen wie ein Magnet an. Es war die Zeitung, für die Misami schrieb und oben, über der Zeitung, die den Rest des Artikels verdeckte, war in fetten Buchstaben das Wort "Michelangelo" zu lesen. Tsunade hatte ihm gesagt, er solle noch einen Artikel schreiben und ich war gespannt, was er daraus gemacht hatte, also zog ich das Tagesblatt aus dem Ständer. Kurz war ich abgelenkt, weil Sasuke dicht neben mich trat, dann flogen meine Augen über den Rest der Schlagzeile, den ich erst jetzt lesen konnte.

"Michelangelo - Freund oder Feind?" las Sasukes Stimme nahe an meinem Ohr leise vor. Sein Atem hinterließ eine feine Gänsehaut auf meinem Nacken.

"Ist der jetzt völlig Banane?" fauchte ich entrüstet, aber mein Freund gab keine Antwort, weil er mit Lesen beschäftigt war. Das tat ich jetzt auch und mit jedem weiteren Wort wuchs meine Wut.
 

"Nachdem er sich eine Weile ruhig verhalten hat, erhielt die Polizei jetzt offenbar unbestätigte Informationen, nach welchen der als "Michelangelo" berüchtigte Straftäter wieder zugeschlagen hat. Dieses Mal stammen seine Opfer aus dem umstrittenen Hime-Bezirk. Ihre Identitäten sind den Ermittlern bis heute unbekannt, aber ein Bandenkrieg, der zur Tötung geführt hat, lässt sich in diesen Bevölkerungskreisen nicht ausschließen.

Nun stellt sich die Frage, ob die zuvor zu Tode Gekommenen so unbescholten waren. Die Antwort lautet offensichtlich Nein. Den Recherchen unserer Redaktion zufolge..."
 

Im Anschluss an diese Einleitung zählte der Bericht diverse ´Vergehen` meiner Kollegen auf, welche ausschließlich auf Missionen begangen worden waren, also um das Dorf zu beschützen. Mein Kiefer war so angespannt, dass die Zähne knirschten und ich war kurz davor, die Zeitung in meinen Händen zu zerfetzen. Wie konnte er es wagen...?

"Und was ist mit den Kindern?" Sasuke hatte wohl schneller gelesen als ich. Er bewegte sich hinter mir und erst da bemerkte ich, dass ich mich an ihn gelehnt hatte. Schnell stellte ich mich gerade hin.

"Der ist doch übergeschnappt!" platzte ich, wild mit der Zeitung gestikulierend, heraus. "Wenn Tsunade das erfährt..."

"Kann sie absolut nichts tun." unterbrach Sasuke mich sachlich. "Sie hat ihm verboten, Hetzkampagnen gegen den Mörder zu schreiben, oder? Das hier ist keine. Ganz im Gegenteil könnte das die Leute sogar so was wie Sympathie empfinden lassen."

"Das ist doch verrückt! Er hat so viele Leute umgebracht. Das kann sie Misami doch nicht durchgehen lassen!"

"Er hat aber nicht gegen ihre Vorschriften verstoßen." Sasuke sah mich nachdenklich an.

"Aber...!" Ich presste die Lippen fest aufeinander, als mir klar wurde, dass ich nicht wusste, wie ich den Satz beenden sollte. "Scheiße." grollte ich schließlich wütend.

"Hey, das hier ist keine Bücherei, Jungs. Kauft die Zeitung oder legt sie wieder hin... Und stellt euch wo anders hin, ihr blockiert den Eingang zu meinem Laden." endete ein mürrisch wirkender Zeitungsverkäufer mit verschränkten Armen. Ich schenkte ihm ein beruhigendes Lächeln, das seine Wirkung grandios verfehlte, also zog ich meinen Geldbeutel aus der Hosentasche, um den Mann zu bezahlen. Er grunzte zufrieden, als er zurück in seinen Laden schlurfte und wir verdrückten uns in Richtung von Sakuras Haus, um unseren Teamkollegen von dem Artikel zu erzählen.

Sakura war genauso entsetzt wie ich, gab Sasuke aber Recht, was Tsunades Möglichkeit, einzugreifen, betraf. Berichten würden wir ihr natürlich trotzdem davon. Es war schwierig, Sakuras Mutter lange genug aus der Küche zu bekommen, um über unseren eigentlichen Fall zu sprechen; Ständig wuselte sie mit Getränken oder Essen um uns herum oder musste etwas aufräumen oder hatte eine Frage. Ihr fielen unendlich viele Gründe ein, in die Kochstube zurückzukehren. Da sie als Zivilisten - Und von ihrer Tochter ausgewiesenes Klatschmaul - Jedoch nichts von unseren Ermittlungen erfahren sollte, mussten wir uns jedes Mal unterbrechen, wenn sie das tat. Schließlich gab sie den Versuch auf, ihre Neugierde zu befriedigen, und ging einkaufen.

Sakura stieß erschöpft die Luft aus, während sie ihre Schläfen massierte. "Tut mir leid."

"Macht nichts." Lachend klopfte ich ihr auf die Schulter. "Nächstes Mal machen wir das wieder bei uns."

Sie nickte. "In solchen Momenten möchte ich wirklich ausziehen."

"Warum tust du es nicht?"

"Meine Eltern wollen, dass ich zumindest warte, bis ich volljährig bin und eigentlich verstehe ich mich ja auch gut mit ihnen. Nur für die Arbeit ist es schlecht."

"Männerbesuch bekommst du ja keinen." lächelte Sai, wofür sie ihm fast den Hals umdrehte.

"Äh, wollen wir mal über den Fall reden?" schlug ich mit beschwichtigend erhobenen Händen vor. "Sonst kommt deine Mom zurück, ehe wir was gemacht haben."

Sie nickten beide, die eine verärgert, der andere amüsiert. Dann erzählten sie von der Befragung der Mitangestellten, deren Aussagen sie von einer Ecke des Dorfes zur nächsten gejagt hatten. Gebracht hatte ihnen das mehrere Verdächtige, aber keine wirklichen Ergebnisse. Zumindest wussten sie jetzt, dass noch ein weiterer Mann vermisst wurde, von welchem jedoch jede Spur fehlte. Vielleicht war das ein Verdächtiger.

"Morgen bekommen wir noch ein paar Zeugenaussagen - Und vermutlich genauso viele neue Verdächtige. Ich glaube, die schieben sich einfach gegenseitig die Schuld zu." seufzte Sakura, als sie mir Notizen reichte, welche ich zu Berichten zusammenfassen sollte. Ansonsten war es auch weiterhin meine Aufgabe, Sasuke zu betreuen. "Wir prüfen ein paar Alibis. Du... Ihr könntet in die Pathologie, um die Totenbefunde zu holen und wenn ihr ein paar Leute für die Suche nach dem Vermissten aktivieren könntet, wäre das super." Ich grinste, aber Sakura behielt den Blick stur von mir abgewandt. Ihr fiel es genauso schwer, Sasuke nicht als Teil unseres Team zu sehen wie mir. Davon abgesehen war das Gefängnis als alternativen Aufenthaltsort für ihn wohl eine wirksame Drohung; Sie hatte vermutlich ähnliche Horrorvorstellungen davon, was die Häftlinge mit unserem Freund anstellen könnten, wie ich.

Wir waren bereits im Gehen begriffen, als Sakura mich beiseite nahm. "Was hat die Untersuchung ergeben?" wollte sie ernst wissen.

Ich legte beruhigend die Hand auf ihren Arm und lächelte. "Es geht ihm besser. Er wird schon wieder, Sakura-chan. Mach dir keine Sorgen."

Kurz flackerte ehrliche Besorgnis in ihrem Blick auf und sie lehnte sich instinktiv in meine Hand, ließ sich stützen. Genauso schnell, wie er gekommen war, war der Ausdruck jedoch auch wieder verschwunden und ihre Augen wurden streng wie eh und je, straften jede Schwäche lügen. "Pass auf ihn auf."

Noch bevor ich antworten konnte, kam Sasuke aus dem Flur und sah mich fragend an. "Kommst du?"

"Klar, ich bin schon da." Grinsend schlang ich den Arm um seine Schultern, wofür ich mich etwas strecken musste. Er ließ es mit leicht gerunzelter Stirn zu. "Du bist bei mir in den besten Händen, nich?"

Sasuke schien verwirrt und Sakura, die das offenbar nur für meine Ohren bestimmt hatte, wurde verlegen. Zusammen mit Sai und Sasuke flüchtete ich vor der Kopfnuss, die sie mir geben wollte. Sai musste in dieselbe Richtung wie wir, also gingen wir noch ein Stück zusammen.

"Wirst du heute noch mit der Arbeit anfangen?" erkundigte er sich und mir fiel sofort auf, dass er nicht wie Sakura von ´Ihr` sprach. Er sah Sasuke als mein Anhängsel, dass er duldete, um unsere Gefühle nicht zu verletzen, aber nicht als gleichberechtigten Partner. Ich konnte es ihm sogar nachempfinden.

"Vielleicht fange ich noch mit den Berichten an." Ich runzelte die Stirn, schob die Unterlippe etwas vor und wusste, dass ich es nicht tun würde, also grinste ich. "Nee, doch nicht. Feierabend ist heilig. Wir müssen es genießen, wenn wir so was schon mal haben."

Sai erwiderte mein Lächeln, aber es fiel mir noch immer schwer zu unterscheiden, ob das bei ihm echt war oder er nur höflich sein wollte. "Ich versteh... Aber ehrlich gesagt wundert es mich, dass du nicht bei Sakura-san bleibst, Sasuke-kun."

Verwirrt legte ich den Kopf schief. "Wieso sollte er?" Die Frage kam abwehrender rüber als geplant. Eigentlich wollte ich meine Gefühle nicht so offen zeigen, aber sie purzelten mir einfach so über die Lippen.

Interessiert sah Sai zwischen Sasuke und mir hin und her, bis sein Blick an mir hängen blieb. "Nun, ich dachte, du würdest den Abend mit Hinata-san verbringen."

"Sie ist zurück?!" rief ich, im ersten Moment hocherfreut, dann langsam immer enttäuschter. "Wie lange schon?" setzte ich noch dazu, das Lächeln war wieder aus meinem Gesicht verschwunden. Sie musste schon länger hier sein, wenn sogar Sai davon wusste, aber ich hatte keine Ahnung gehabt.

"Ich weiß nicht. Ich hab sie heute nur mit Kiba-kun und Shino-kun gesehen." erklärte mein Teamkamerad und lächelte freundlich.

Unruhig kämmte ich mit der Hand durch mein Haar. Sonst war ich immer der erste, zu dem Hinata kam, wenn sie zurückkehrte, meistens besuchte sie mich sogar, bevor sie daheim gewesen war...

Mein Blick fiel auf Sasuke, doch gerade, als ich den Mund öffnete, um zu fragen, ob er doch bei Sakura bleiben könnte, schüttelte er mit dem Kopf. "Ich will nicht."

Seine Absage hatte auf mich nicht die Wirkung, die sie hätte haben sollen. Statt sauer zu werden, durchströmte mich eine so tiefe, heiße Freude, dass das Glück, welches ich wegen Hinatas Rückkehr empfunden hatte, verblasste wie ihre violetten Augen vor seinen schwarzen verblassten.

Er zog mich Sakura vor. Sonst sagte er nie, dass er irgendetwas wollte, aber den Wunsch, bei mir zu sein, sprach er aus und machte es damit weniger wichtig, meine Freundin nach ihrer Mission zu fragen. Das konnte ich auch morgen tun. Jetzt war es wichtig, ihm seinen Wunsch zu erfüllen.

"Ok." Es fiel mir schwer, zu sprechen, so sehr raste mein Herz, aber dass ich fast an den Worten erstickte machte meine Prioritäten nicht weniger eindeutig: Zuerst er und dann der Rest der Welt. Meine Freundin eingeschlossen. Ich schluckte, um mein Herz aus meinem Hals, wo es sich häuslich niedergelassen hatte, zurück in meine Brust zu bekommen, und klopfte Sasuke grinsend auf die Schulter. "Gehen wir heim."

Sai hatte das Schauspiel neugierig beobachtet und nickte jetzt ohne einen Kommentar, als er sich verabschiedete. Sasuke sah ihm nach und gab ein Schnauben von sich, das deutlich machte, wie wenig er von dem anderen hielt.

Amüsiert legte ich den Arm um seine Schulter, um ihn in Richtung unserer Wohnung zu dirigieren. "Waaas? Bist du eifersüchtig?"

Er erwiderte meinen Blick, seufzte aber nur und wandte sich ab. "Es ist egal, was ich sage, du glaubst sowieso, was du dir da ausgedacht hast, also spare ich mir den Atem."

"Wenn du einfach ´Ja.` gesagt hättest, hättest du noch mehr Atem gespart." lachte ich und drückte ihn sanft an mich, was er mit einem abwehrenden Grummeln beantwortete. "Ich versteh dich echt - Am Anfang mochte ich ihn auch nicht. Aber eigentlich ist Sai ein anständiger Kerl."

"Er... Kann mich genauso wenig leiden wie der Rest des Dorfes." Das war eine schlichte, emotionslose Feststellung. Es kümmerte ihn nicht, ob sie ihn mochten.

"Meinst du?" Mit gerunzelter Stirn dachte ich darüber nach. "Wahrscheinlich nicht. Aber wenn, liegt das wohl kaum an dir; So wenig, wie du redest, wenn die anderen dabei sind, kann er dich gar nicht einschätzen. Vielleicht ist er genauso eifersüchtig auf dich, wie du auf ihn."

"Ich..." setzte er an, brach dann aber mit einem resignierten Schnauben ab.

Ich grinste. "Ich meine, jetzt bist du hier und willst deinen Platz zurück..."

"Wie oft muss ich dir eigentlich noch sagen, dass ich kein Shinobi mehr bin?" Sasukes Stimme klang gereizt und seine Augen glühten, was mich überraschte. Zorn war eine heftige Gefühlsregung, die er seit seiner Rückkehr nicht gezeigt hatte. "Ich sitze nur bei euch, weil ihr, wie du bereits ein Mal erwähnt hast, in meiner Küche diskutiert."

"Ich meinte auch nicht deinen Platz im Team, sondern den hier drinnen." Ich klopfte mir auf die Brust über dem Herzen und lachte über seinen verwunderten Gesichtsausdruck. "Aber dein Platz ist ein ganz anderer als Sais."

"Ah ja?" Er schien peinlich berührt, hatte den Blick abgewandt, aber das hielt mich nicht davon ab, weiter zu sprechen.

"Natürlich! Sai ist ein Freund... Ein richtig guter inzwischen. Du bist..."

Ich sah in seine milde interessierten Augen und wusste nicht, wie ich fortfahren sollte, ohne mich zu blamieren. Er war mein bester Freund, klar, aber daneben war er noch so viel mehr. Er war mein Anreiz, immer etwas mehr von mir selbst zu verlangen. Er war mein Grund, immer weiter an mir zu arbeiten, erst, um ihn zurück zu holen, dann, um ihn am Sterben zu hindern und jetzt, um ihn zum Leben zu bringen. Ich vertraute ihm, ohne dafür einen Grund zu verlangen, ich stützte ihn und wenn es nötig wäre würde ich ihn noch ans Ende der Welt tragen. Wenn es um ihn ging, fühlte ich mich wieder wie ein Kind, dessen Herz liebt, ohne zu hinterfragen, dessen Verstand glaubt, ohne zu zweifeln und dessen Hände Finger zum Halten suchen ohne befürchten, es würde keine geben. Er machte mich stark, indem er mir einen Grund zu kämpfen gab und schwach, indem er mir die Luft zum Atmen nahm. Ich kannte kein Wort, dass beschrieben hätte, was er für mich darstellte.

"Ja?" erkundigte er sich, da ich eine Weile geschwiegen hatte. "Was bin ich?"

"Du bist... Du. Sasuke Uchiha, der Bastard. Es gibt niemand anderen, der jemals deinen Platz einnehmen könnte." Einen Moment lächelte ich warm, dann wurde das Lächeln zu einem Grinsen und ich deutete mit der Hand eine Stelle über meinem Kopf an. "Niemand sonst könnte je so ein großes Ego mit sich rumtragen ohne einen Buckel zu bekommen."

Ich lachte und er verdrehte die Augen, sagte aber nichts dazu. Tatsächlich schien er während des restlichen Heimwegs nachdenklich und in der Wohnung zog er sich mit einem gemurmelten "Nacht..." sehr schnell in sein Zimmer zurück. Ich war etwas verwirrt, weil wir die letzten Tage eigentlich immer mit einem Feierabendbier beendet hatten und ich diese Tradition genoss. Aber das war immer noch Sasuke und der war eben lieber alleine. Seufzend ließ ich es dabei bewenden und legte mich in die Badewanne.

Er hatte sich schon so sehr geöffnet in den letzten Monaten, dass es mich schon verwirrte, wenn er die Einsamkeit suchte. Warum konnte er nicht einfach mit den Ärzten sprechen? Ewig konnte er auch keine Stimmungsaufheller nehmen. Wie seine Laune wohl wäre, wenn er sie absetzen würde? Ich erschauderte; Vielleicht wollte ich das gar nicht wissen. Hoffentlich kam er irgendwann von selbst zu sich und akzeptierte Hilfe. Obwohl er noch nie gerne Unterstützung angenommen hatte und ich diese Selbstständigkeit an ihm bewunderte, war es jetzt eben einfach nötig, so sehr er sich auch sträubte.

Er war so hundertprozentig anders als Hinata, die jede Hilfe brauchte, die man ihr anbot. Sie war viel stärker geworden seit ich sie kannte und noch viel mehr, seit wir zusammen waren. Ich war stolz auf sie und darauf, dass ich ihr bei dieser positiven Veränderung geholfen hatte. Ich dachte daran, dass sie sich heute nicht bei mir gemeldet hatte und wurde traurig. Wenn sie jetzt die Person war, die sie sein wollte... Vielleicht brauchte sie mich dann nicht mehr?

"Unsinn!" motzte ich mich selbst an und pustete grimmig ein paar Seifenblasen weg. "Es ist Hinata! Sie liebt mich."

Dessen war ich mir so sicher, dass ich wegen meiner vorigen Zweifel ein schlechtes Gewissen bekam. Wegen meiner Zweifel und wegen der Sache mich Sakura und weil ich kaum Zeit mit ihr verbracht hatte seit Sasuke hier war und weil ich ihr Vorwürfe machte, wenn sie nach einer Mission erstmal ausspannen wollte. Vielleicht waren Kiba und sie ja gerade erst wieder ins Dorf gekommen, als Sai sie gesehen hatte. In letzter Zeit war ich ihr ein wirklich mieser Freund gewesen und dabei hatte ich noch nicht mal oft an sie gedacht. Seit es Sasuke augenscheinlich etwas besser ging, hatte ich mich fast nur noch auf ihn konzentriert, da war einfach kein Platz mehr für meine Freundin gewesen neben der Arbeit.

Ich kam mir schlecht vor. Sie hatte etwas besseres verdient... Ok, ab jetzt würde ich mich mehr bemühen, sie glücklich zu machen. Gleich morgen, wenn wir alle mit der Arbeit fertig wären, würde ich Sakura bitten, sich um Sasuke zu kümmern. Sie würde es verstehen, immerhin war sie froh über meine Beziehung... Glaubte ich zumindest. In letzter Zeit verstand ich meine beste Freundin nicht mehr so recht. Aber zurück zu Hinata. Über Blumen würde sie sich bestimmt freuen und dann konnten wir vielleicht Schlittschuhlaufen gehen oder...

Der Schrei unterbrach meine Gedanken so abrupt, dass ich zuerst gar nicht wusste, was ich gehört hatte. Als ich es realisierte, sprang ich aus der Wanne und stürmte aus dem Bad, ohne die Pfützen zu beachten, die ich dabei hinterließ. Ich kannte diese angstgetränkte Färbung seiner Stimme nicht, deshalb hatte ich sie zuerst nicht erkannt, aber sobald ich realisierte, dass das Sasuke war, war ich in höchster Alarmbereitschaft. Ich war so angespannt, dass ich nicht mal überlegte, was der Grund für den Angstlaut sein könnte - Ein Einbrecher? - Sondern direkt die Tür seines Zimmers aufriss und mich alarmiert umsah. Aber da war nichts.

Nichts, außer dem zitternden, wimmernden Knäul in Sasukes Bett, auf welches ich mich jetzt langsam zubewegte. "Sasuke...?"

Kurz herrschte Stille, die so heftig von einem weiteren Schrei durchbrochen wurde, dass ich zurück stolperte. Dann hatte ich etwas schweres, Feuchtes auf mir, das durchdringend roch und jemand schupste mich zur Seite. Endlich hatte ich mich von der Decke, als die ich das stinkende Ding jetzt erkannt hatte, befreit und ließ sie fallen. Das war Urin... Er hatte ins Bett gemacht. Schockiert drehte ich mich um. Ich hörte, dass er an der Haustür war, an ihr kratzte und zerrte wie ein wildes, panisches Tier, aber es fiel mir schwer, zu ihm zu gehen,w eil ich schlichtweg überfordert war. Er machte mir Angst.

Nach einer halben Ewigkeit, in der Sasukes Toben zu einem mitleiderregenden Wimmern geworden war, schaffte ich es, zu ihm zu gehen. Er sah kaum noch wie ein Mensch aus, wie er da zitternd an der Tür kniete und kraftlos versuchte, sich seinen Weg durch das Metall zu schaben. Die Kratzer, die er dabei auf dem Lack hinterließ, würden mir erst in den nächsten Tagen auffallen und sie würden mich beunruhigen, weil sie von der rohen Kraft sprachen, die er bei seinem Fluchtversuch verwendet hatte.

In diesem Moment waren sie egal, genauso wie der Gestank, der von ihm ausging oder dass ich seine angstverzerrten Züge kaum erkannte. Er brauchte mich, das war alles, was zähle, also ging ich neben ihm in die Knie, um ihn in meine Arme zu ziehen. Obwohl er am ganzen Körper zitterte, fühlte er sich steif wie ein Brett an. Sasuke versuchte krampfhaft, sich durch kratzen und beißen von mir zu befreien, aber ich war stärker als er und behielt ihn an mich gepresst in einer zwanghaften Umarmung.

"Sch... Ist ja gut." flüsterte ich zärtlich und streichelte seinen verkrampften Rücken. "Es war ein böser Traum. Dir kann nichts passieren. Ich bin jetzt da. Ich würde nie zulassen, dass dir etwas passiert... Versuch, tief durchzuatmen... Genau so. Soll ich das Licht anmachen? Ok, kein Problem. Schau, nur wir sind hier. Alles ist gut." Meine Stimme und das eingeschaltete Licht beruhigten ihn sehr langsam, sodass er zumindest aufhörte zu zittern. Ich behielt ihn weiter in meinen Armen und redete beruhigend auf ihn ein wie bei einem Kind und genau wie ein solches lehnte er sich nach einer Weile schutzsuchend gegen meine Brust. Vielleicht wollte er auch nur nicht, dass ich die Tränen sah, die auf meine nackte Brust tropften. Als auch diese versiegt waren, schob ich ihn ein Stück von mir, doch er behielt die Augen abgewandt. Ich lächelte aufmunternd. "Geht´s wieder? Ok, dann komm."

Völlig apathisch ließ er sich von mir auf die Beine hieven. Wenn ich ihn nicht gestützt hätte, wäre er wieder hingefallen und ich bezweifelte, dass er den Weg ins Badezimmer schaffen würde. "Nicht erschrecken." warnte ich ihn vor, ehe ich ihn auf meine Arme hob. Instinktiv versuchte er, von mir wegzukommen, aber ich hatte keine Probleme damit, ihn zu halten und nach kurzer Zeit gab er auch auf. Ich trug ihn ins Bad und testete etwas umständlich mit den Fingern die Wassertemperatur. Es war bereits kalt, also ließ ich es ablaufen. Während es gluckernd im Abfluss verschwand war ich damit beschäftigt, meinen Schützling zu entkleiden und beruhigend auf ihn einzureden. Er ließ alles widerstandslos mit sich geschehen, beäugte mich aber ununterbrochen. Schließlich war er nackt und ich dirigierte ihn in die Wanne, wo ich ihn lieber hinsetzen ließ.

"Wasch dich. Ich bin gleich zurück, ok? Keine Angst."

Sasukes Hand schloss sich so schnell und hart um mein Handgelenkt, dass ich den rasenden Puls unter seiner Haut spüren konnte. Seine Augen waren weit aufgerissen als er flehentlich "Nein." flüsterte.

Ich erkannte ihn kaum wieder, versuchte aber, mir meine Verunsicherung nicht zu sehr anmerken zu lassen. Einer von uns musste stark sein und und er konnte das im Moment offensichtlich nicht. Eigentlich hatte ich, während er badete, das schmutzige Bettzeug entfernen wollen, aber so setzte ich mich zu ihm in die Wanne - Nackt war ich ja noch - Und wusch ihn vorsichtig. Er hatte nicht viele Narben, immerhin war er ein ausgezeichneter Kämpfer, aber die, die er hatte, stachen auf der blassen, sonst makellosen Haut richtig hervor. Nur langsam verschwand der ungesunde Grauton aus seinem Gesicht und sein Körper wurde wieder lockerer unter dem warmen Wasser und meinen Händen.

Ich wusste, dass Sasuke nach wie vor schlecht träumte. Oft hörte ich ihn nachts weinen, aber wie in der ersten Nacht, in der ich ihn dabei überrascht hatte, wollte er nicht darüber reden und meine Fragen wurden immer seltener. Wenn er mir etwas sagen wollte, würde er das am ehesten aus freiem Willen tun, so hatte ich gedacht. Aber bisher war es auch noch nie so schlimm gewesen wie heute und jetzt würde er mir Rede und Antwort stehen.

Er schaffte es, leicht gestützt von mir, das Bad zu verlassen und sich Shorts und ein T-Shirt über zu ziehen. Dabei vermied er es geflissentlich, das Bett oder mich anzusehen. Ich öffnete das Fenster, ließ ansonsten aber erst mal alles wie es war. Aufräumen konnte ich auch morgen. Sasuke folgte mir in mein Zimmer, blieb aber wie angewurzelt stehen und warf mit einen fragenden Blick zu.

"Na los. Du schläfst in meinem Bett." erklärte ich, als er noch immer verwirrt schien. Er machte einen Schritt zurück, doch ich fasste ihn am Handgelenk. "Keine Wiederrede. Ich schlaf auch auf der Couch." fügte ich noch hinzu als mir aufging, dass er wohl kaum mit mir das Bett teilen wollte; Bei dem Gedanken wurde mein Gesicht heiß.

"Nein."

Sasukes Stimme klang immer noch kratzig, brachte mich aber trotzdem zum Lächeln. Es machte mich glücklich, wenn er sagte, was er wollte - Vor allem, wenn dieser Wunsch beinhaltete, mich in seiner Nähe zu haben. Kurz drückte ich seine Hand, dann ließ ich ihn los, um ihm eine Wasserflasche in diese zu drücken. Er wehrte sich nicht, als ich ihn auf mein Bett bugsierte, blieb aber steif wie ein Brett sitzen. Zumindest trank er.

"Ok, ich bleibe. Ich... Ich dachte nur, das wäre dir vielleicht unangenehm oder so." lachte ich verlegen, bevor ich mich zum Schlafen anzog. So nackt wurde es doch recht kalt. Als ich fertig war, saß Sasuke noch immer angespannt auf der Bettkante. Ich stöhnte genervt, ging zu ihm und drückte ihn auf die Matratze. Das Bett war nur für eine Person ausgelegt und schon recht beengt, wenn Hinata mit mir darin schlief. Ein zweiter Mann war eindeutig zu viel, sodass ich seitlich zur Wand lag, das Gesicht zu Sasuke gedreht. Er war von mir abgewandt, aber seine Schulter berührte meine Brust. Kein Zittern und ruhiger Atem, diagnostizierte ich, das war gut.

"Was hast du geträumt?" Bevor ich das fragte, waren wir eine Weile still gewesen, aber ich war mir sicher, dass er noch nicht schlief.

"Ich will nicht darüber reden."

"Das ist mir schon klar, aber ich will es hören." Als Antwort schnaubte er wiederwillig und bewegte seine Schulter von mir weg. Aus Sorge, er würde aufstehen wollen, schlang ich einen Arm um ihn, aber er machte keine Anstalten zu gehen. "Ich nehme es dir übel, dass du mich dazu zwingst, das zu sagen, Teme, aber... Dir ist bewusst, dass ich dich in die Klapse schicken kann, oder? Du bist von mir abhängig und ich erwarte, dass du mir entgegen kommst, wenn du willst, dass ich dich so decke wie bisher. Oder willst du mit Medikamenten vollgestopft werden bis die Welt rosarot ist und du nicht mehr mitbekommst, was du überhaupt sagst? Ist das ein einem Uchiha würdiger Zustand?" setzte ich hinzu, um seinen Stolz anzustacheln, von dem ich wusste, dass er irgendwo da drinnen noch war.

"Das würdest du nicht tun." antwortete er kühl, aber nicht so teilnahmslos wie er offenbar gerne gewesen wäre. Es war ihm nicht egal, ob er in eine Nervenklinik kam oder bei mir blieb und das machte mir Hoffnung.

"Ich würde es nicht wollen." stimmte ich zu. "Aber wenn es das Beste für dich ist, werde ich es tun. Etwas anderes als dein Bestes habe ich nie gewollt, Sasuke..."

Ich drückte ihn leicht an mich und zu meiner Verwunderung lehnte er sich wieder gegen meine Brust. Bisher hatte er meine Berührungen zugelassen ohne zu reagieren, deshalb freute ich mich über diese schutzsuchende Geste. Eine Weile waren wir still, aber bald wurde ich ungeduldig. "Ich mein es ernst. Wenn..."

"Halt die Klappe... Das ist... Nicht so einfach, also halt die Klappe."

"Oh... Ok."

Er holte tief Luft und ich konnte förmlich spüren, wie er die Augen über meine Rastlosigkeit verdrehte. Unter normalen Umständen hätte ich ihn dafür geboxt, aber jetzt ließ ich ihm seine Zeit. Es dauerte, bis er die richtigen Worte gefunden hatte und auch dann kamen sie nur schleppend, aber nach und nach war ich mir auch gar nicht mehr so sicher, ob ich es wirklich hören wollte.

"Es geht um meine Familie. Sie... Ich bin auf dem Friedhof bei ihren Gräbern. Es ist kalt. Ich höre Schreie aus dem Grab vor mir und fange an, die Erde wegzuschaufeln. Es... Es schreit meinen Namen und ich grabe schneller, bis ich auf... Ei-Ein Gesicht... Meine Tante... Es... Es ist halb verwest..." Er verstummte und ich drängte nicht, dass er weiter sprach, aber er brauchte wohl nur eine kurze Pause, denn dann kamen weiter die stockenden Erklärungen. "Sie redet mit mir... Stammelt meinen Namen und dass ich meine Mutter unglücklich mache. I-Ich grabe einfach weiter... Sie widert mich an aber ich grabe sie weiter aus. Um mich rum höre ich knackende Geräusche, aber ich achte nicht darauf, weil meine Tante weiter redet und ich immer mehr gefrorene Erde wegschaffe. Als sie frei ist, ziehe ich sie raus und sie nimmt mich in den Arm. Sie drückt mich fest... Und fester... Und ich glaube, ersticken zu müssen, also wehre ich mich gegen sie. Sie kreischt und um uns rum sind sie. Sie... Mutter und Vater und meine anderen Verwandten... Sie kriechen auf uns zu und versuchen, mich in das Grab zu schieben. Sie schreien mich an, ich sei ein Verräter und ich solle an ihrer Stelle tot sein, weil ich ihren besten Sohn... Weil... Itachi... Itachi..."

Er wiederholte den Namen seines Bruders immer wieder, jedes Mal mehr ein klägliches Wimmern, und ich nahm ihn fest in den Arm, weil es nichts anderes gab, was ich tun konnte. Er war ein Opfer von Dingen, die er nicht kontrollieren konnte, obwohl er seine Entscheidungen aus freiem Willen getroffen hatte, es gab keinen Grund, wieso er sich selbst Vorwürfe machen müsste. Aber es war nur logisch, dass er das so sah. Ob er schon Albträume gehabt hatte, bevor er zu Orochimaru gegangen war? Auf den Missionen war es mir nie aufgefallen, also hatte er sie wenn mehr unter Kontrolle gehabt als jetzt.

So oder so, ich würde ihn zu Tsunade bringen und ihn wenn nötig dazu zwingen, sich therapieren zu lassen, denn so konnte das nicht weitergehen. Ich wollte nicht, dass er wieder in seine Suizidgedanken verfiel, wenn er sich nachts so etwas einredete.

"Eigentlich haben sie Recht..."

"Nein." Ich sagte das so laut, dass er zusammenzuckte, aber damit sollte er gar nicht erst anfangen. "Nein, Sasuke. Du hast getan, was du tun musstest. Du hast sie gerächt - Sie können stolz auf dich sein. Du bist... Du bist ein guter Mensch. Du bist dein Leben wert. Wirf es nicht einfach weg. Du hast dein Lebensziel nicht erreicht, du wirst hier noch gebraucht. Ich brauche dich." Als ich es aussprach, wurde es mir noch klarer und ich wiederholte es: "Ich brauche dich. Ich... Ich bin ein Idiot, Sasuke, das sagst du doch selbst immer. Und wenn du mich alleine lässt, krieg ich mein Leben nicht auf die Reihe. Du musst bei mir bleiben, sonst bin ich... Zu absolut nichts zu gebrauchen. I-Ich... Sasuke." Jetzt war ich es, der einen Namen wie ein Wimmern aussprach. Er drehte sich steif nach mir um und ich drückte das Gesicht in seine Halsbeuge, die Arme weiterhin fest um ihn geschlungen. So erbärmlich war ich mir wohl noch nie vorgekommen, aber es war schon ok, denn ihm ging es nicht besser. Wir waren gemeinsam erbärmlich und das machte es erstaunlicher Weise einfacher.
 

Wir mussten irgendwann eingeschlafen sein, denn als ich aufwachte, war mein Gesicht in einen Wust dunkler Haare vergraben und ich fühlte mich völlig verspannt von der verdrehten Haltung, in der ich die Nacht verbracht hatte. Sasuke hatte die Augen geöffnet und starrte an die Decke. Er schien es nicht zu merken, dass seine Haare in meinem Mund klebten und ich sie mit der Zunge daraus zu entfernen versuchte, was nicht so recht gelingen wollte.

"Vorhin hat es an der Tür geklingelt." war sein Guten-Morgen Gruß.

"Äh...?" machte ich verwirrt, dann richtete ich mich auf und sah auf die Uhr. Es war schon fast Mittag. "Scheiße! Warum hast du mich nicht geweckt?!"

Er antwortete nicht und mir kam der absurde Gedanke, dass er es genossen haben könnte, mit mir in einem Bett zu liegen. Ich wurde leicht rot. So ein Unsinn! Das war nun wirklich kein Genuss, ich wusste, dass ich schnarchte wie eine Motorsäge. Und Sasuke hatte so einen leichten Schlaf.

Wir beschlossen ohne es abzuklären, dass wir nicht über die letzte Nacht reden wollten. Während er Frühstück machte, räumte ich sein Zimmer auf und seufzte, als ich daran dachte, was eine neue Matratze kosten würde. Vielleicht hatte ja einer meiner Freunde eine übrig. Hyuugas bestimmt...

Hinata.

Ich biss mir auf die Lippe. Heute würde ich bestimmt keine Zeit haben, zu ihr zu gehen. Sasuke brauchte mich auf Vollzeit und ich musste es irgendwie hinbekommen, ihn zu Tsunade zu losten, außerdem musste ich einiges an Arbeit erledigen. Eigentlich hatte mein Tag heute zu wenige Stunden und dann auch noch sie. Erschöpft rieb ich mir den Nacken, als ich in die Küche kam, wo ich vom Geruch von frischem Kaffee begrüßt wurde. Mein Mitbewohner sah von der Zeitung auf, die er gerade las, als ich mich neben ihn setzte, öffnete kurz den Mund, schloss ihn dann aber wieder.

Neugierig musterte ich ihn. "Was?"

"Nichts. Iss jetzt, du hast viel zu tun, nicht?"

"Jaa..." Seufzte ich mürrisch, ehe ich wieder grinste. "Und meine erste Aufgabe ist es, herauszufinden, wieso du mich so anstarrst! Also?"

Sasuke verdrehte die Augen. "Du hast einen Pickel, wenn du es genau wissen willst. Da." Sein Finger tippte gegen mein Kinn und ich fasste automatisch an die Stelle, konnte aber nichts ertasten.

"Ehh? Stimmt doch gar nicht!"

Schnaubend schob er sich ein Stück Ei in den Mund. "Jetzt, wo du mit deinen Dreckfingern die Stelle angefasst hast, kommt bestimmt bald einer."

"Wa...? Ooooh, du Teme!" grollte ich und schimpfte während des ganzen Essens auf ihn ein, was ihn jedoch nur zu gelegentlichen Sticheleien und amüsiertem Schnauben veranlasste. Ich war froh, ihn so normal zu erleben, damit konnte ich umgehen. Aber es würde ihn nicht vor seinem Psychatergespräch bewahren. "Pfff, du bist so ein Teme. Ich geh jetzt duschen, dann machen wir uns auf den Weg."

"Naruto." sagte er, als ich schon halb aus der Tür war. Ich blieb stehen und sah ihn fragend an. Sein Blick war auf seine Hände gerichtet, als er kaum hörbar "Danke." murmelte.
 

Gemeinsam erledigten wir, was Sakura und aufgetragen hatten und machten uns dann auf den Weg zu Tsunade, augenscheinlich, um ihr von dem Zeitungsbericht zu erzählen - Den sie sicher schon selbst entdeckt hatte - Aber eigentlich natürlich, um Sasuke zu ihr zu schaffen. Ich fragte mich, ob er meinen ´Plan` durchschaut hatte, immerhin war er nicht dumm. Aber er kam ganz ruhig mit mir, ohne sich zu beklagen.

Die Hokage hatte den Artikel wirklich schon gelesen und sie tobte vor Wut. "Schaff ihn mir her." knurrte sie mit blitzenden Augen.

"Soll ich mich darum kümmern?" bot ich an, denn ich hätte dem guten Misami zu gerne ein paar aufs Maul gegeben, aber sie schüttelte den Kopf.

"Nein, du hast genug Ärger. Ich kümmere mich selbst darum. Dieser..." Kopfschüttelnd betrachtete sie den Artikel, bevor sie seufzte und mich ansah. "Wie auch immer... Habt ihr schon Fortschritte gemacht bezüglich eures neuen Falles?"

"Wir sind auf der Suche nach einem Vermissten, der der Täter sein könnte. Ich habe ein paar Leute losgeschickt, die nach ihm fahnden. Ansonsten sind wir noch bei der Spurensuche."

"In Ordnung. Dann mach dich weiter an die Arbeit." Ihr Blick fiel auf Sasuke und ich stellte mich automatisch etwas vor ihn, wie, um ihn zu beschützen.

"Ah, da gibt es noch etwas, was ich fragen wollte, Baa-chan..." Sowohl mein Freund als auch meine Chefin sahen mich skeptisch an, doch ich wich den Blicken der beiden aus. "Nun... Sasuke hat noch immer Albträume..."

"Naruto..." knurrte dieser, aber ich erzählte dass sie mit Regelmäßigkeit vorkamen und mich beunruhigten. Was er mir vom Inhalt der Träume erzählt hatte, behielt ich für mich. Das war nicht meine Sache, es weiter zu erzählen und ich hatte nicht vor, sein Vertrauen noch weiter zu strapazieren.

Auch Tsunade schien beunruhigt. "Ist das so, Uchiha?" fragte sie, doch Sasuke weigerte sich, zu antworten. Sie seufzte. "Also gut... Ich werde mich selbst darum kümmern, aber nicht jetzt. Bring ihn mir übermorgen Nachmittag vorbei."

"Danke, Baa-chan." Ich lächelte sie strahlend an, verneigte mich artig und verließ mit Sasuke ihr Büro. Dieser entzog mir die Schulter, auf welche ich schon fast automatisch meine Hand gelegt hatte, und funkelte mich wütend an.

"Musste das sein? Es geht mir gut, ok?"

"Nein, geht es dir nicht." knurrte ich zurück. "Ich werde das nicht unter den Teppich kehren. Denk dran, Sasuke; Ich mache Ernst. Rede mit ihr und lass dir helfen, oder ich erzähle ihr alles."

Wir lieferten uns ein Blickduell, das eigentlich Zuschauer gebraucht hätte, so episch war es. Ich spürte regelrecht die Funken sprühen. Unter normalen Umständen waren seine Augen viel stärker als meine, das Eis darin war viel zu kalt, um von meinem Feuer geschmolzen zu werden. Aber dieses Mal hatte ich nicht vor, aufzugeben, und schließlich wandte er sich schnaubend ab und ging weiter, ohne etwas zu sagen.

Trotzdem wusste ich, dass ich diese Schlacht gewonnen hatte.

Wie es mit dem sicherlich folgenden Krieg aussah, da war ich mir noch nicht so sicher.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Miss
2012-12-14T10:55:20+00:00 14.12.2012 11:55
Tolles Kapitel, bin sehr zufrieden damit :D
Ich glaube Sai hat die Lage gecheckt, oy oy oy und das war doch bestimmt Hinata, die morgens an der Tür geklopft hat! Böse Sasuke, muhahaha, liegt in Narutos Armen und hat es bestimmt genossen ;)
Naruto redet sich zwar noch romantische Gefühle für Hinata ein, aber im Grunde ist doch klar, dass er Sasuke total verfallen ist. In diesem Kapitel ist es noch deutlicher geworden.
Und Sasukes Alpträume sind ja wirklich schlimm. Er tat mit richtig Leid, auch wenn er danach mit Naruto Nacktbaden war, trotzdem kaum erträglich so eine Situation...

Freu mich schon auf die Fortsetzung ;)
LG Miss


Zurück