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CoE Shortstories

Kurzgeschichten zur beliebten FF "Children of Elements"
von

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Fynn

„Guten Morgen, du Fledermaus! Hast du gut geschlafen, kopfüber in deiner Höhle?“

Fynn knurrte wütend und versuchte die laut in seinen Ohren gellende Stimme zu überhören.

Doch sein Nachbar gab keine Ruhe.

„Oder hast du heute mit allen Vieren an einem Baum baumelnd geschlafen, wie ein Faultier?“

Lautes Lachen der Dorfjugend übertönte das zweite Knurren, das der Junge von sich gab.

„Hast du vergessen, wie man spricht, Höhlenmensch? Grunz doch mal für uns!“

Seine Anhänger begannen zu knurren und zu grunzen wie Schweine.

Fynn ballte die Fäuste und unterdrückte den Wunsch, sich laut schreiend auf den verhassten Nachbar zu stürzen, der ihm hinterher lief und ihn verspottete, sei Fynn das Dorf vor wenigen Minuten betreten hatte.

Endlich war er an seinem Haus angekommen und ging schnell durch die offene Haustüre, um sie hinter sich zu zuknallen; die Anderen auszusperren.

Laut aufseufzend lehnte er sich gegen das massive Holz und hörte das Gelächter auf der anderen Seite immer leiser werden und schließlich verstummen.

„Fynn? Bist du das?“

„Ja, Mutter. Ich bin wieder da!“

Seine Mutter kam zur anderen Seite des Raumes herein – anscheinend war sie im Stall der alten Stute gewesen.

Sie brachte einen herben Stallgeruch mit herein und hatte ein paar Strohhalme im Haar.

„Schön, dass du wieder da bist.“

Sie sah erleichtert aus. Fynn wusste, dass sie sich Sorgen machte, wenn er zu lange fort war und diesmal war er ganze sechs Tage im Wald geblieben.

„Tut mir Leid, dass ich so lange weg war, aber die Nächte waren so mild und angenehm, dass ich länger als die vorgesehenen drei Tage geblieben bin. Das Laub färbt sich langsam bunt es sieht fantastisch aus!“, meinte der Junge begeistert.

Da lächelte seine Mutter. „Schon gut. Jetzt bist du ja wieder da. Leg erst mal ein Zeug ab.“

Mit diesen Worten verschwand sie wieder durch die Tür, die den Wohnraum mit dem kleinen Stall verband.

Fynn hob seinen großen Lederbeutel auf, den er hatte fallen lassen,, als er die Tür hinter sich zugeknallt hatte und ging in sein Zimmer – ein winziger Raum, der durch eine zweite Tür vom Hauptraum aus zu erreichen war.

Die dritte Tür, die von dort abzweigte, führte in die zweite kleine Nebenkammer des Hauses, in der seine Eltern schliefen.

Er leerte seinen Beutel auf seinem Bett aus, das seine Mutter mit frischen Stroh gefüllt hatte, während er weg gewesen war.

Mit einem leisen Klingen landete Fynns ganzer Stolz neben einer dünnen Decke, etlichen Seilen und seinem ledernen Trinkbeutel auf dem Bett.

Mit einem Lächeln hob er das kurze, robuste Schwert hoch, das er von seinem Großvater vor fünf Wintern geerbt hatte, als dieser mit vierundfünfzig Wintern gestorben war.

Er betrachtete es einen Augenblick voller Stolz – er war der Einzige im Dorf, der so etwas Kostbares besaß.

Der Dorfschmied konnte so etwas nicht herstellen. Er verkaufte und reparierte Sicheln und Jagdmesser, doch die Technik der Schwertherstellung beherrschte er nicht.

Schließlich hängte er das Schwert auf die eigens dafür angebrachte Halterung über dem Bett.

Die Decke schüttelte er aus und legte sie mit den Seilen – nachdem er diese kurz auf Schäden und Abnutzung überprüft hatte – unter das Bett, wo sie bis zu seinem nächsten Ausflug bleiben würden. Die Trinkflasche ließ er einfach auf dem Bett liegen.

Dann lief er zurück zur Haustüre, lugte hinaus und als er sah, dass die Luft rein und sein Nachbar nicht in der Nähe war, rannte er aus dem Haus, durch das Dorf auf die Felder und Viehweiden zu, die sich hinter der kleinen Ansammlung von genau achtzehn Häusern erstreckten.

Dort fand er seinen Vater mit sonnengebräuntem Nacken in der Sonne stehen und mit der alten Stute das Feld umpflügen und für den nahenden Winter bereit machen.

Er stürmte zu ihm herüber, wurde herzlich begrüßt und half seinem Vater bei der Feldarbeit.

„Da bist du ja wieder, mein Junge. Wie war es in den Bergen?“

„Hallo, Vater. Toll! Langsam wird alles bunt im Wald und in den höheren Lagen kann man schon den Winter riechen.“

Der große Mann schüttelte schmunzelnd den Kopf.

„Ich werde nie begreifen warum du lieber unter freiem Himmel oder in einer düsteren Höhle schläfst, als zu Hause in deinem Bett.“

„Ich weiß auch nicht, Vater, ich kann einfach nicht lange in diesem Dorf bleiben. Hier kenne ich schon jeden Winkel, es ist total langweilig und nie gibt’s was Neues zu entdecken.“

„Letzten Frühling haben wir den Brunnen erneuert, das ist doch was Neues!“

„Ach Vater... Ich will die Welt entdecken! Unbekanntes sehen! Zum Beispiel, was hinter dem Wald ist!“

„Vermutlich mehr Dörfer wie unseres. Klein und langweilig, wie du es nennst.“

Fynn antwortete nicht. Die Vorstellung, dass die ganze Welt nur aus kleinen Dörfern und Ackerflächen bestand fand er schrecklich.

„Na, wenn du unbedingt wissen willst, was jenseits des Waldes ist, dann frag doch die Drachenjäger.“

„Drachenjäger?! Hier? In unserem Dorf?!“

Der Vater lachte angesichts der Begeisterung in Fynns Stimme.

„Nein, nicht hier. In der Burg des Fürsten.“

„Ich muss los! Ich muss sie sehen!“, rief Fynn und wandte sich schon um, um davon zu stürmen. Doch sein Vater packte ihn gerade noch am Kragen.

„Ruhig Blut. Sie sind gestern erst eingetroffen und der Fürst gibt ihnen zu Ehren heute Abend ein Fest. Und ob du es glaubst, oder nicht, ein kleiner Bauernsohn wie du ist nicht eingeladen! Vor morgen früh wirst du sie nicht zu Gesicht bekommen. Also bleib hier und hilf deinem armen Vater ausnahmsweise mal bei der Feldarbeit.“

Hibbelig vor Ungeduld blieb Fynn also nichts anderes übrig, als den nächsten Tag ab zu warten und den gerade erst begonnenen so schnell wie möglich hinter sich zu bringen.

Und wie könnte man schneller einen Tag vorbeigehen lassen, als mit harter, körperlicher Arbeit?
 

Am Nachmittag war das Feld, das sein Vater wohl schon seit zwei Tagen beackerte bis zur letzten Erdscholle umgepflügt.

Daheim angekommen schickte ihn seine Mutter sofort wieder los Pilze im Wald zu sammeln. Sie wollte die Leibspeise ihres Sohnes machen. Wahrscheinlich, um ihn dazu zu bewegen, eine Weile zu Hause zu bleiben, anstatt sofort wieder für mehrere Tage in den Wald zu verschwinden.

Also machte sich Fynn wieder auf, das Dorf zu verlassen und in den angrenzenden Wald zu gehen.

Doch er war nicht mehr auf der Hut gewesen und so trat ihm am Dorfausgang erneut sein Nachbar entgegen – dieses Mal, den Elementen sei Dank, alleine.

„Hallo, hallo, Fynn“, begrüßte er ihn, als würden sie sich heute zum ersten Mal treffen.

„Hallo, Alon...“, erwiderte Fynn möglichst ruhig.

„Na, zurück von deinem Spaziergang im Wald? Hattest du dich verlaufen, oder warum bist du so lange fort gewesen? Hast du etwa jetzt schon wieder Sehnsucht nach Dreck und Kälte?“

Fynn musterte den größeren, jedoch um einiges schmächtigeren Gegenüber und wunderte sich nicht zum ersten Mal darüber, dass Alon ihm gegenüber so frech war, obwohl Fynn um einiges kräftiger war als er. Vermutlich wusste er, dass ihm Gewalt zuwider war und er niemals einen Schwächeren angreifen würde.

Jedoch verspürte er wieder dieses Kribbeln in den Fingern, dass ihn jedes Mal befiel, seit Alon einen Wachstumsschub hatte und eine Handbreit größer war als sein Nachbar.

Seitdem hatte er auch angefangen, über Fynns seltsames Verhalten zu spotten – nämlich, dass er es niemals lange im Dorf aushielt.

Und seit dieser Mistkerl auch noch die ersten Stoppeln im schmalen, blassen Gesicht stolz zur Schau stellte, hatten sich ihm die Jüngeren im Dorf angeschlossen.

Gedankenverloren strich sich Fynn über sein viel zu glattes Kinn und instinktiv hob Alon selbstverliebt das eigene.

Fynns Augen verengten sich zu Schlitzen. Das war so ungerecht!

Er war drei Winter älter, also ganze zwanzig Winter alt! Warum dauerte das bei ihm so lange?!

Wütend schubste er Alon beiseite und vernahm ohne jegliches Schuldgefühl dessen Fluch, als dieser hart auf dem Boden landete.

Dann lief er schleunigst in den Wald und versuchte seine Gedanken von diesem Mistkerl und auf sein Lieblingsessen zu lenken, das Mutter ihm heute Abend kochen würde.
 

Doch während er Pilze schnitt und sich die größten und saftigsten rauspickte, entdeckte er etwas, das Alon sofort restlos aus seinen Gedanken auslöschte.

Er hatte schon immer ein Faible für Fußabdrücke gehabt. Rehe, Wildschweine, Hasen, sogar Eichhörnchen. Er kannte all ihre Spuren.

Aber diese, die er gerade entdeckt hatte, als er ein paar Zweige in Bodennähe zur Seite geschoben hatte, auf der Suche nach den leckersten, dicksten Pilzen – diese Spuren waren völlig anders als alles was er je gesehen hatte.

Größer. Tiefer. Und markanter. Deutlich waren die drei großen, langen Zehen und die einzelne, kurze, nach hinten abstehende zu sehen.

Fynn hatte noch nie einen Drachenfußabdruck gesehen, aber er war sich ganz sicher, dass er hier einen vor sich hatte.

Deswegen waren sicherlich auch die Jäger hier! Sie hatten den Drachen bis hierher verfolgt! Hier! In diesen Wald versteckte sich ein echter, lebendiger Drache!

Vor Aufregung hätte Fynn fast den Korb mit den Pilzen fallen gelassen.

Dann raffte er sich auf und folgte im immer düsterer werdenden Wald die Abdrücke im Boden.

Schließlich landete er am Fuße des Berges, der sich mitten im Wald erhob.

Dort oben kannte er sich gut aus. Dort lag auch die Höhle, in der er immer übernachtete, wenn es regnete oder ihm im Wald zu kalt war.

Und er wusste ganz genau, dass es die einzige Höhle dort oben war. Und die Abdrücke führten genau dort hin!

Jetzt war es zu dunkel, um dort oben nach einem Drachen zu suchen, der ihn mit Leichtigkeit zerfleischen konnte.

Er würde morgen mit den Jägern sprechen und sie zu ihrer Beute führen.

Dann würden ihn alle im Dorf bewundern und keiner würde mehr spotten und lachen!

Und die Jäger würden ihn sicherlich mit auf ihre Reisen nehmen als Fährtenleser!

Endlich würde sein größter Traum in Erfüllung gehen und er würde die Welt bereisen.

Er unterdrückte einen Jubelschrei.

Dann ging er nach Hause zurück.

Seine Mutter wunderte sich sehr, als sie den halb leeren Pilzkorb sah und auch die Ausrede, es wären wirklich nicht mehr Pilze im gesamten Wald zu finden gewesen, machte es nicht besser.

Beim Abendessen konnte Fynn kaum still sitzen und rührte vor Aufregung kaum einen Bissen an.

Schließlich schoben seine Eltern sein Verhalten auf die heiß ersehnte Begegnung mit den Jägern – womit sie ja auch Recht hatten.
 

Gleich am nächsten Morgen machte sich Fynn auf den Weg zur Burg des Fürsten.

Heute wollten die Besucher mit den Untertanen des Fürsten sprechen und sie fragen, ob sie etwas merkwürdiges entdeckt hatten und daher war es für Fynn ein Leichtes, zusammen mit den Schaulustigen aus der Burg und dem Dorf in die Nähe der Drachenjäger zu gelangen.

Auch Alon war dort aber das machte Fynn nichts aus, er hatte einen Trumpf in der Hand!

Er drängelte sich so dicht wie möglich an das Podium, das für die Gäste aufgebaut worden war.

Und da waren sie endlich, sieben kräftige, große Männer.

Sie riefen laut um Ruhe und verkündeten danach etwas, das in Fynns Ohren klang und ihm schwindlig werden ließ.

„Wir sind auf der Jagd nach einem blutrünstigen Monster! Einem Drachen!

Wir haben ihn bis hierher verfolgt und brauchen nun Jemanden, der sich hier im Wald auskennt und uns mögliche Verstecke des Drachen zeigen kann! Er ist verletzt, er muss hier im Wald untergetaucht sein! Also, wer meldet sich freiwillig?“

Jetzt! Jetzt würde Fynns Traum in Erfüllung gehen!

Niemand kannte sich so gut im Wald aus wie er!

Gerade, als er die Hand heben und sich als Führer anbieten wollte, ertönte eine laute, sehr bekannte Stimme.

„Ich! Ich stelle mich zur Verfügung! Ich kenne den Wald besser als jeder andere im Dorf!“

Alon! Dieser Lügner! Diese Ratte!

„Gut“, sagte einer der Jäger und steckte die Hand aus, um Alon auf das Podest zu ziehen. „Sehr tapfer, junger Mann.“

„Halt!“, rief da Fynn und drängte sich vor. „Ich kenne mich viel besser im Wald aus als der da! Ich habe mein halbes Leben dort verbracht!“

Der große Jäger, der ihm auf dem Podium am nächsten stand, musterte ihn zweifelnd.

„Du, Junge?“

Junge?! Er war drei verdammte Winter älter als Alon!!

„Ja, ich“, sagte Fynn mit erzwungen ruhiger Stimme.

„Glaubt ihm kein Wort, meine Herren“, mischte sich Alon ein. „Er ist noch grün hinter den Ohren und will dennoch mit den Männern jagen.“

Fynn knirschte mit den Zähnen vor Wut.

„Nehmt mich mit und ich beweise, dass ich nicht lüge und nicht zu viel verspreche!“

„Lass es gut sein, Junge“, antwortete der Jäger, der Alon auf das Podest gezogen hatte. „Vielleicht im nächsten Jahr wenn du etwas älter bist.“

„Ja“, tönte Alon mit aufgesetzter, ernster Stimme, als wäre er der Ältere, Vernünftigere. „Du bist noch zu jung, Fynn, fast noch ein Kind. Du hast ja noch nicht mal Haare auf dem Kinn. Vielleicht darfst du nächstes Jahr mit auf die Jagd.“

Mit jedem Wort brodelte der Hass in Fynn höher, doch was konnte er schon tun? Nichts.

So blieb ihm nichts übrig, als zu gehen, während die Jäger Alon um Rat fragten, wo sie am Besten anfingen zu suchen und die Vorbereitungen für den Aufbruch zu treffen.

Doch etwas verschaffte ihm Genugtuung.

Alon hatte vom Wald keine Ahnung und das würde er nicht lange vor den Jägern geheim halten können.

Und er, Fynn, kannte die Fußabdrücke, die zum Berg führten und niemand sonst!

Er nahm sich vor, abzuwarten, bis die Jäger tief in den Wald vorgedrungen waren und ihm nicht in die Quere kommen konnten, wenn er zum Berg ging und den Drachen auf eigene Faust suchen ging.
 

Er konnte ja nicht ahnen, dass dieser Tag der Beginn einer ungewöhnlichen Freundschaft sein würde.



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