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Bones - Die Knochenjägerin

Bend And Break - Geister der Vergangenheit
von

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Almost Forgotten

Almost Forgotten
 


 

Gerade hatte sie den letzten Buchstaben des Kapitels eingetippt, als sie auch schon in der Ferne hörte, wie ihr Name gerufen wurde. Sie musste nicht aufblicken, um zu sehen, wer gleich durch die offene Glastür ihres Büros kommen würde.
 

„Aufstehen, Bones. Wir haben einen neuen Fall“, berichtete ihr Booth enthusiastisch, während er einen Stapel Post auf ihrem Schreibtisch ablegte. „Und das hier hat Angela mir in die Hand gedrückt.“
 

Brennans Augen waren weiterhin auf den Monitor gerichtet, ein erhobener Zeigefinger bedeutete ihrem Kollegen, einen Augenblick zu warten. Konzentriert las sie sich noch einmal den letzten Abschnitt durch, um auch hundertprozentig zufrieden mit dem Ergebnis zu sein.
 

Booth stellte sich vor sie und beobachtete sie mit ungeduldig hochgezogenen Augenbrauen. „Bones?“
 

„Einen Augenblick noch. Das hier speichere ich nur noch ab“, dokumentierte sie ihre Bewegungen mit langsamer Stimme. „Und dann können wir sofort los.“ Sie stand auf und schenkte ihrem Partner einen dieser Blicke, die ihm sagten, dass er jetzt ihre volle Aufmerksamkeit besaß. Booth dachte aber nicht im Traum daran, jetzt den Fall zu erklären. Vielmehr interessierte er sich für das, was Bones eben noch so vereinnahmt hatte. „Schreibst du etwa schon wieder an einem Manuskript? Du hast doch eben erst dein neues veröffentlicht.“
 

„Ja“, zuckte Bones überzeugt mit den Schultern. „Das Schreiben macht mir Spaß. Wieso sollte ich warten, etwas Neues zu schreiben?“
 

Ihr Partner schüttelte nur grinsend den Kopf. „Ernsthaft, Bones. Wenn du so weitermachst, bist du bald reicher als Hodgins hier.“
 

„Nun, wenn man die Verkaufszahlen kalkuliert, die Nachfrage über einen längeren Zeitraum beobachtet und das literarische Interesse innerhalb der nächsten zehn Jahre einer langfristigen Analyse unterzieht, dann könnte das durchaus passieren“, gab sie überzeugt zurück und zog sich ihre Jacke über.
 

Als sie bereits das Büro verlassen wollte, drehte sie sich noch einmal zu Booth, dessen unschlüssig zuckender Mundwinkel ihr plötzlich die Erkenntnis brachte. „Oh, zu wörtlich …“
 

„Ganz genau, Bones“, erwiderte er versucht ruhig, nur das Grinsen konnte er sich nicht verkneifen. Dann legte er ihr wie so oft sachte seine Hand auf den Rücken, um sie aus dem Büro zu dirigieren, doch bereits nach ein paar Schritten wurden sie von Dr. Saroyan aufgehalten. „Dr. Brennan? Da ist Besuch für Sie.“
 

„Tut mir leid, Cam“, mischte sich Booth gleich ein. Er wollte endlich mit seiner Partnerin zum Tatort. „Das muss warten, wir haben einen Fall.“
 

So leicht ließ sich die Chefin des Jeffersonian aber nicht abwimmeln. Sie war sich sicher, dass Dr. Brennan dieser Besuch ganz bestimmt interessieren würde. Vehement schüttelte sie ihren Kopf. „Er meint, er sei Ihr Vater.“
 

„Max? Warum kommt er nicht einfach vorbei, wenn er mich besuchen will? Sonst meldet er sich doch auch nicht an“, meinte die Angesprochene desinteressiert und wollte bereits weitergehen.
 

„Max Keenan kenne ich. Und dieser Mann ist es ganz sicher nicht.“
 

Booth und Bones blieben gleichzeitig stehen und starrten auf ihr Gegenüber. Sie hätten es sofort als Scherz abgetan, nur der ernste Gesichtsausdruck von Dr. Saroyan ließ sie beide unschlüssig in der Luft hängen.
 

„Und warum meinst du dann, er sei Bones‘ Vater?“, wollte Booth nach kurzer Stille wissen.
 

„Ich habe nicht gesagt, er sei ihr Vater, sondern dass er es behauptet“, korrigierte sie ihn und verschränkte die Arme vor der Brust. Dann zuckte sie mit den Schultern. „Ich habe ihm gesagt, dass das unmöglich ist und ihn gebeten, das Gebäude zu verlassen, aber er will nicht eher gehen, bis er Sie gesehen hat.“ Frustriert sah sie Dr. Brennan an.
 

Bones seufzte. „Na gut, ich gehe zu ihm. Wahrscheinlich ist das nur ein Fanatiker, der sich an meinem Ruhm bereichern will.“
 

„Bones“, stöhnte ihr Partner.
 

„Was? Ich bin nun mal berühmt. Es gibt die unterschiedlichsten Typformen an Fans. Die normalen, die fanatischen, die mit Wahnvorstellungen, Verrückte …“
 

Booth unterbrach sie mit in die Seiten gestützten Händen. „Das habe ich nicht gemeint.“
 

Bones machte große Augen. „Oh …“
 

„Er hält sich im Moment im Eingangsfoyer des Jeffersonian auf“, informierte Dr. Saroyan die beiden. Der FBI-Agent drehte sich zu seiner Partnerin. „Dann werden wir das Missverständnis wohl schnell hinter uns bringen müssen.“
 

Bones lachte. „Ich bin kein kleines Kind mehr. Ich kann schon auf mich aufpassen, Booth. Außerdem musst du doch zum Tatort, oder nicht?“
 

„Ja, nur kann ich dich nicht allein zu jemandem gehen lassen, der behauptet, dein Vater zu sein, wenn er es offensichtlich nicht ist“, beharrte er. „Mich wundert sowieso, wie du bei all den Leuten, die du aufgezählt hast, überhaupt noch ein Buch veröffentlichen kannst.“
 

Bones verzog nachdenklich die Lippen. „Na ja … Das war nur eine Auflistung der verschiedenen Gruppierungen, die einhergehen mit solchen Öffentlichkeitsarbeiten. Würde man diese mit den dazugehörigen Prozentsätzen in ein Diagramm einfügen, wäre die Verteilung der jeweiligen Gruppen natürlich viel genauer und die Ansammlung des harmlosen Teils würde höchstwahrscheinlich überwiegen. Die wirklich Gefährlichen treten meist in der Minderheit auf.“
 

„Bones …“, stöhnte er abermals.
 

Dr. Brennan öffnete kurz den Mund, um etwas zu sagen, schloss ihn dann aber gleich wieder und drehte sich Richtung Eingang. „Wir sollten uns beeilen.“ Hinter sich hörte sie das Schmunzeln ihres Partners und sie konnte sich bildlich vorstellen, wie er den Kopf schüttelte. Auch Dr. Saroyan grinste verschmitzt.
 


 

Als die drei das Labor verlassen und nach ein paar Minuten die große Haupteingangshalle des Jeffersonian erreicht hatten, verloren sich ihre Blicke bei der Suche nach dem Mann kurz in der Masse der Menschen, die ins und aus dem Gebäude strömten. Doch schon ein paar Momente später fasste Dr. Saroyan ihre Kollegin leicht am Arm und deutete auf einen Fleck ziemlich in der Mitte des Foyers. „Dort ist er.“
 

Etwa zwanzig Meter von ihnen entfernt stand ein Mann Anfang Sechzig, leicht übergewichtig und mit kurzen, grau-melierten Haaren. Seiner Kleidung nach zu urteilen hatte er offenbar versucht, seriös zu wirken, nur leider war es auch nicht mehr als das gewesen: Ein Versuch. Ein helles Hemd mit rot-blau kariertem Muster, darüber ein ausgeblichenes anthrazitfarbenes Jackett, kombiniert mit einer Jeanshose und abgetretenen schwarzen Schuhen. Sein Aufzug stach hier im Jeffersonian doch sehr heraus.
 

Langsam gingen die drei auf die Person zu, aber mit jedem Schritt, den Bones machte, wurde ihr unwohler zumute. Zuerst konnte sie sich nicht erklären, warum, doch dann dämmerte es ihr allmählich.
 

So viele Jahre waren vergangen, so viele Jahre hatte sie Zeit gehabt, alles zu vergessen. Und nun, aus heiterem Himmel und zu einem Zeitpunkt, an dem sie am wenigsten damit gerechnet hätte, tauchte alles wieder an die Oberfläche. All die Dinge, die sie mühsam begraben hatte, wurden mit nur einer einzigen Kopfbewegung ihres Gegenübers auf einmal zutage gefördert.
 

Denn Narben verblassten nur, aber verschwanden nicht.
 

„Temperance“, begrüßte sie der Besucher und ein schüchternes Lächeln huschte über sein Gesicht. Bones hatte über die Jahre offenbar vergessen gehabt, wie groß er doch eigentlich war – wie groß und einschüchternd. Ein ganzes Stück ragte seine Erscheinung über ihrer. Sie war nicht in der Lage, ihm in irgendeiner Weise zu antworten, nur anstarren konnte sie ihn, während Bilder aus ihrer Erinnerung wieder wach wurden. Heißes Wasser, Dunkelheit, Einsamkeit, Schreie, Schmerzen …
 

„Bones?“ Der FBI-Agent machte sich Sorgen. In den ganzen fünf Jahren, in denen er mit Bones zusammengearbeitet hatte, hatte er sie noch nie so … durcheinander und verloren erlebt. Vielleicht ein leichtes Zittern hier, ein kleiner Gefühlsausbruch dort, aber niemals hatte sie dermaßen extrem reagiert gehabt wie heute. Er spürte, dass es ihr nicht gut ging, er konnte förmlich sehen, wie ihr zierlicher Körper vibrierte. Und dann reagierte sie noch nicht einmal auf seine Frage.
 

Ohne ihre Augen von dem Mann abzuwenden, setzte sie ein paar Schritte zurück. Sie drehte sich zur Seite und wollte bereits Richtung Ausgang hasten, als sie fühlte, wie sich fremde Finger eisern um ihr Handgelenk schlangen. Ein kleiner Aufschrei entfuhr ihr. „Temperance!“, sprach der Mann sie noch einmal mit festerer Stimme an, dieses Mal war kein Lächeln zu erkennen.
 

Im selben Moment jedoch hatte auch Booth reagiert und den Besucher am Arm gepackt. Kein Fünkchen Höflichkeit war nun noch zu erkennen, nur die versuchte Aufrechterhaltung seiner Selbstbeherrschung. „Loslassen. Sofort.“ Wenn es um seine Partnerin ging, kannte er keinen Spaß.
 

Der Mann sah dem FBI-Agenten kurz in die Augen, das Blickduell dauerte nur ein paar Sekunden. Letzten Endes entschied er sich dann, nachzugeben und lockerte seinen Griff um das weibliche Handgelenk, sodass Bones sich diesem ganz leicht entwinden konnte. Sie suchte Deckung hinter dem Rücken ihres Kollegen und starrte den Mann aus ihrer Vergangenheit noch einmal an, dann verlor sie keine Sekunde mehr und steuerte mit schnellen Schritten den Ausgang an, ohne auch nur ein einziges weiteres Mal nach hinten zu schauen.
 

Booth warf seinem Gegenüber noch einen warnenden Blick zu und flüsterte bedrohlich. „Lassen Sie sich nie wieder hier blicken.“ Dann wandte er sich zum Gehen, um so schnell wie möglich zu seiner Partnerin aufzuschließen, und ließ eine völlig verwirrte Camille Saroyan sowie einen nicht willkommenen Besucher zurück.
 

Während dieses kurzen Aufeinandertreffens hatte er schon eine leise Ahnung bekommen, wer der Fremde sein könnte, und auch Bones‘ Reaktion passte in seine Theorie. Nur hätte er niemals damit gerechnet, wie sehr es sie jetzt noch mitnehmen würde. Sie wirkte sonst immer perfekt professionell und über fast allen Dingen erhaben.
 

Allerdings wusste er auch nicht, was genau sie alles durchgemacht hatte, nur eine vage Vorstellung hatte sich in seinem Kopf entwickelt, seit er damals dieses kleine Geständnis von ihr in Sweets‘ Büro gehört hatte.
 

Doch was immer es auch war, eines stand fest. Seine Partnerin brauchte ihn jetzt mehr als alles andere.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  DoctorMcCoy
2010-11-24T14:39:01+00:00 24.11.2010 15:39
Bin durch Zufall über deine FF gestoßen und da ich gerade Bones am Schauen bin, war ich natürlich direkt neugierig.
Im Moment schaue ich zwar gerade mal die erste Staffel, aber trotzdem habe ich alles verstanden :D

Dein Schreibstil ist wirklich gut und lässt sich flüssig lesen. Die Charaktere triffst du auch, was ich sehr faszinierend finde. Ich hätte womöglich so manche Schwierigkeit mit Bones, da sie doch eine eigene Art für sich ist xD
Booth gefällt mir auch sehr gut, wie du ihn darstellst. Wie er so plötzlich in Bones Büro kommt, hat einfach gepasst.

Das Treffen mit Bones "Vater" war sehr interessant. Die Szene hat mir super gut gefallen. Bones Angst wurde deutlich und mir hat besonders Booth Reaktion gefallen.

Bin schon sehr gespannt, wie es weitergeht.
Lg Lady-Sharif ✖✐✖


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