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Scream in the sphere of destiny

Wage den Schritt hinaus
von

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Gedanken bei Nacht

Tick.

Tack.

Tick.

Mir ist noch nie aufgefallen, wie sehr ein Wecker einem doch den Nerv rauben kann.

Besonders heute scheine ich das stetige Ticken schwer ignorieren zu können.

Ein Blick auf die Uhr. 2.30 Uhr.

Weit entfernt von Schlaf und dem Zeitpunkt, an dem ich mich eh aus dem Bett kippen musste.

Tick.

Tack.

Wie das Schlagen eines Herzens.

Das Vergehen der Zeit.

Der Lauf der Dinge.

Wunderbar, Alan. Bestimmt werden dir diese Gedanken helfen, Schlaf zu finden.

Ich rolle mich auf den Rücken und starre an die dunkle Decke über mir.

Neben mir das leise Atmen meiner Frau Lisa.

Ihre Hand ruht auf meinem Arm, angenehme Wärme, die eigentlich beruhigen sollte. Es aber nicht tut.

Ich seufzte leise.

Und starre noch immer an die Decke.

Warum ist das so? Wenn man verzweifelt versucht zu schlafen, schießen einem dabei immer wieder die seltsamsten Gedanken durch den Kopf. Und diese krallen sich fest wie störrische Katzen an einer neu gekauften Couch mit teurem Überzug.

Ich denke an den nächsten Tag auf Arbeit.

Plane gedanklich schon den Ablauf und meine Tätigkeiten.

Ein Gefühl von Unbehagen nimmt mich ein, was ich zuerst nicht einordnen kann.

Dann klärt sich der Nebel in meinem Kopf.

Unzufriedenheit.

Ein kleines, hinterhältiges Gefühl, was mich beschleicht und aus den tiefen meiner Eingeweide einen Weg an die Oberfläche meines Denkens bahnt.

Warum?

Ich habe doch eigentlich alles.

Alles, was sich ein Mann mittleren Alters nur wünschen kann.

Eine hübsche Frau. Zwei wunderbare Kinder. Ein Haus. Arbeit. Freunde.

Ich bin gesund, außer diese kleinen Krankheiten, die man ab einem gewissen Alter sein eigen nannte.

Ich bin 34 Jahre alt, mein Leben verlief in geregelten Bahnen und war erfüllt.

So dachte ich zumindest.

Dass irgendetwas nicht stimmte, merkte ich in jenem Moment, als ein Gefühl von bleischwerem Druck auf meiner Brust lastete und mir den Atem raubte.

Ich fühlte mich gefangen in diesem Moment.

Gefangen in meinem eigenem Bett in den Armen meiner Frau.

Ich verspürte mit einem Mal den unsäglichen Drang zu schreien und um mich zu schlagen.

Die Vernunft allein hinderte mich daran.

Lisa würde wachen werden und der kleine Colin würde wohl in seinem Kinderbettchen anfangen zu weinen.

Vielleicht würde auch Susan die Tür öffnen, um zu sehen, ob ihr Vater nun völlig den Verstand verloren hatte.

Also blieb ich liegen. Und atmete einfach weiter. Und schwieg.

Nach einer Weile normalisierte sich dieser seltsame Anfall von Panik.

Ich zog die Stirn in Falten.

Tick.

Tack.

Tick…

Mein Leben schoss einem Film ähnlich an mir vorbei.

Ich sah meine Kindertage.

Meine Schulzeit.

Die Jugendjahre.

Meine Ausbildung und den Eintritt ins Berufsleben.

Mein erstes Treffen mit Lisa.

Unsere Hochzeit.

Die Geburt meiner Kinder.

Alles war perfekt. So perfekt…

Mit Erschrecken musste ich feststellen, dass mich Übelkeit übermannte.

Mir wurde übel bei dem Gedanken in welch geordneten Bahnen mein Leben doch verlief.

Es war eines von zig Millionen Leben, die alle einem Schema folgten.

Keine Abweichungen.

Keine Ausbrüche.

Keine Variation.

Stures Leben nach Plan.

Nach welchem Plan eigentlich?

Wer bestimmte unser Schicksal?

Wer gab uns vor, dass mir leben mussten, so wie wir es taten?

Es hielt mich nicht mehr im Bett.

Ich schlug die Decke zurück und stürzte fast fluchtartig in das angrenzende Bad.

Auch hier war alles normal. Alles perfekt. Alles sauber.

Wie diese Bäder von diesen perfekten Bilderbuchfamilien im Fernsehen, die Werbung für Reinigungsmittel machten.

~ Mit Briff glänzen ihre Fliesen wieder wie neu. ~ Zahnpastalächeln.

Mir schnürte es die Kehle zu und ich lehnte die Stirn gegen eine der kalten Fliesen.

Mein Herz hämmerte in der Brust, in Rage gebracht von dieser seltsamen Panikattake.

Himmel Herr Gott, Alan, nun reiß dich zusammen.

Äste kratzten am Fenster des Badezimmers. Dann erhellte ein Blitz die Nacht.

Ein Riss in dieser ruhigen Nacht. Ein Riss und ein Aufbegehren in jenem Lauf der Dinge.

Ich stieß mich von der Wand ab und trat mit leisen Schritten und nackten Füßen zum Fenster.

Die ersten Tropfen klatschten geräuschvoll gegen die Scheibe und rannen herab wie Tränen der Götter.

Tiefe Schwermut ergriff mich in jenem Moment.

Ich konnte meine Gefühle nicht mehr steuern. Wurde eingenommen von dieser bodenlosen Nachdenklichkeit und Wehmut, von der ich nicht einmal wusste, woher sie kam.

Mein Herz wurde schwer. Unendlich schwer.

Die unzähligen Gedanken, die durch meinen Kopf rasten, gab ich auf ordnen zu wollen.

Ich hätte ewig hier am Fenster stehen können und in die Nacht starren, die ab und an von einem Blitz erhellt wurde.

Ich merkte kaum, wie die Zeit verrann.

Verlor völlig das Gefühl für Raum und Zeit.

Stand ich Minuten hier? Stunden? Tage?

Ich hatte den Drang hinaus in den regennassen Garten zu treten, durch Blitz und Donner zu laufen.

Wollte das Leben auf meiner Haut spüren. Wollte etwas tun, was gänzlich verrückt und seltsam erschien.

Sicher wäre es wundervoll, in Sturm und Regen zu wandeln, allein das Gras und bloße Erde unter den Fußsohlen, die Macht der Elemente auf der Haut.

Zu spüren, das man lebt.

Aber natürlich tat ich es nicht.

Warum?

Weil es verrückt war.

Wenn mich die Nachbarn sehen würden, konnte ich mir das Gerede schon denken.

Mal ganz abgesehen von einer drohenden Erkältung, die mich dann für die Arbeit außer Gefecht setzen würde.

Undenkbar.

Also blieb ich starr hier stehen, während die Welt sich weiterdrehte und die Natur sich ohne Reue austobte.

Blieb hier gefangen in meiner kleinen perfekten Welt, in der alles geordnet und geplant war.

Wer hatte eigentlich je behauptet, dass der Mensch den freien Willen besaß?

Wer hatte gesagt, dass es uns frei stand zu wählen, was wir taten?

Waren wir wirklich frei zu wählen?

Hatten wir eine Wahl?

Konnten wir diesem Fluss der Dinge entsteigen, der unser tägliches Leben bestimmte und einen anderen Weg wählen?

Wäre man dann nicht ausgestoßen aus der Gesellschaft, ein Außenseiter mit wirren Gedanken?

Ein ~Freak~? Ein Spinner?

Waren wir nicht vielmehr durch Gesellschaft und irgendwann aufgestellte Regeln dazu verdammt, einem bestimmten Pfad zu folgen?

Ein Bild von bunthaarigen Jugendlichen mit zerrissenen Kleidern schoss mir durch den Kopf.

War dies Rebellion gegen den Standard? Ein Aufbegehren gegen graue und schwarze Anzüge, gegen starre Masken und den Lauf der Dinge.

Das anfänglich leise Weinen meines Sohnes drang an mein Ohr.

Die raschen Schritte meiner frau.

Dann die leise Stimme, die beruhigend auf den kleinen Colin einsprach.

Ich schloss für einen Moment die Augen und hielt den Atem an.

Diese unsinnigen Gedanken schob ich weit von mir und verschloss diese Tür in mir wieder, aus der sie gekrochen waren.

Ich musste funktionieren. Ich hatte Verpflichtungen. Und solche Gefühle waren wenig produktiv.

Ganz abgesehen davon, dass sie völlig verrückt waren.

Ich hatte alles, was man sich nur wünschen konnte.

Ich war glücklich.

Ich musste glücklich sein.

Ich trat zurück ins Schlafzimmer.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Tales_
2011-09-16T20:12:53+00:00 16.09.2011 22:12
Hi,
Das Kapitel ist ja schon megaspannend!
Jeder kennt es das man schlafen will aber man Gedanken hat,
die man einfach nicht gebrauchen kann…
Aber Alan geht es da schon ziemlich schwer.
Ich bin gespannt wie es weiter geht.
Gruß Shanti

Von:  Dayce
2010-11-28T13:46:10+00:00 28.11.2010 14:46
Uhi jetzt bin ich aber gespannt wie es weiter geht. Den Anfang fand ich schon mal ziemlich toll. Es ist so en Gefühl von "soll das schon alles gewesen sein"? Das kenn ich.
Irgendwann kann man sich nicht mehr selbst belügen auch wenn man dadurch in einer heilen, oder soll ich sagen, gestörten Welt lebt?
Nichts ist perfekt, solange das Herz an etwas anderem hängt. Und so kommt mir es bei Alan vor. Der sich bis jetzt noch sträubt, aber mal sehen was so noch passiert.
Tschaui Dayce
Von:  Khaosprinzessin
2010-11-14T00:19:20+00:00 14.11.2010 01:19
*neugierig bin*
Das perfekte Leben stinkt! Hihi, das ist sehr gut rübergebracht.
Bin gespannt, wann Alan austickt und ausbricht.
Und wann der sinnliche Japaner auftaucht! Auf den bin ich ja mal gespannt^^
Freu mich, wenn es weiter geht.

See ya in hell, beast


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