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Shadowwalkers II

Kampf und Flucht
von

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Böses Erwachen

Ashley war schon seit einigen Minuten wach. Da es aber immer noch stockdunkel war, als sie die Augen aufschlug, versuchte sie eisern, so schnell wie möglich wieder einzuschlafen. Doch der Grund warum sie überhaupt wach wurde, hinderte sie daran, wieder einzuschlafen.

Ihre Finger kribbelten so heftig, als wären sie seit Stunden eingeschlafen gewesen und versuchten nun vergeblich wieder Blut in die Spitzen zu lassen. Und obwohl sie nicht fror, zog sich über ihren ganzen Körper eine unangenehme Gänsehaut. Und dann war da noch ein seltsames Ziehen irgendwo in ihrem Hinterkopf, als wollte ihr Unterbewusstsein sie auf irgendetwas hinweisen.

Lily lag neben ihr und schlief tief und fest. Bisher hatte sie nichts davon mitbekommen, dass Ashley sich aus ihrer Umarmung gelöst hatte, in der sie bis vor kurzem noch gewesen war und dass sie sich seit einer halben Stunde ständig von einer Seite auf die andere drehte.

Nicht einmal ein Erdbeben kann die aufwecken, wenn sie schläft. dachte Ashley frustriert. Doch andererseits war sie ganz froh, dass Lily noch schlief. Sonst kommt sie noch auf dumme Gedanken. sagte sie innerlich zu sich selbst. Ashley ließ aber den Aspekt nicht außer Acht, dass das wohl auch eine Ablenkung war und sie sich nicht mit diesem ekelhaften Kribbeln oder der Dauergänsehaut auseinandersetzten müsste.

Sie versuchte sich schließlich damit abzulenken, auf das Ticken der Uhr im Schlafzimmer zu hören, um vielleicht dadurch wieder einzuschlafen. Doch je mehr sie sich darauf konzentrierte, desto stärker wurde das Ziehen in ihrem Hinterkopf und vor ihrem inneren Auge tauchten Bilder und Gedanken auf, die sie weder richtig verarbeiten, noch zuordnen konnte.

Und plötzlich brach alles über sie herein. Eine wahre Flut von Bildern und Gefühlen kam in ihr hoch. Das Ziehen wurde so heftig, dass sie keine Luft mehr bekam und schließlich wimmernd und nach Luft schnappend kerzengerade im Bett saß. Und das schien Lily nun endlich aus dem Tiefschlaf zu reißen, denn auch sie schreckte im Bett hoch und saß augenblicklich neben Ashley.

Erschrocken und mit deutlicher Besorgnis in der Stimme meinte sie: „Ashley, alles in Ordnung? Was ist denn los?“ Sie legte ihr den einen Arm um die die Schulter und fuhr mit dem anderen über den nackten Rücken. Doch Ashley antwortete nicht. Sie hatte ihr Gesicht in den Händen vergraben und gab außer ziemlich schnellen Atemzügen kein Geräusch von sich.

Lily knipste die Nachttischlampe mit einer beachtlichen, akrobatischen Verrenkungsaktion an und wandte sich dann wieder an Ashley. Sanft zog sie sie an sich und streichelte ihr weiter über den Rücken und durch das Haar. „Du machst mir Angst, wenn du nicht mit mir redest.“ flüsterte sie mit heiserer, noch schlaftrunkener Stimme.

Doch Ashley kam nicht einmal dazu, ihr jetzt zu antworten. Ohne Vorwarnung sprang die Schlafzimmertür auf und Trinity stand im Rahmen und blickte die beiden mit einer ernsten und gleichzeitig ein wenig verängstigten Miene an. Lily hingegen warf ihr einen bösen Blick zu, der seinesgleichen suchte. „Was zum Geier hast du denn für ein Problem?“ fauchte sie ziemlich verärgert.

Aber Trinity lies sich nicht im Mindesten beirren und meinte schlicht. „Wir haben ein kleines Problem, Mum.“ Lily zog die Stirn kraus „Was du nicht sagst.“ antwortete sie sarkastisch. Trinity sah einen Moment ziemlich verdutzt drein und erst jetzt schien ihr die Situation bewusst zu werden, allerdings überging sie das einen Augenblick später auch wieder.

„Wir haben Besuch.“ presste sie dann hervor. Lily schien für einen Augenblick nicht zu verstehen, was Trinity ihr da grade gesagt hatte. Doch dann schien es ihr zu dämmern und sie fragte etwas perplex „Von wem?“ Doch Trinity konnte gar nicht mehr antworten. Noch ehe sie überhaupt den Mund aufgemacht hatte, war Ashley ihr zuvor gekommen.

„Von deinem Ehemann.“ brachte sie mit schwacher Stimme an Lily gewandt hervor. Als sie den Kopf hob sah Trinity wie bleich sie aussah und konnte ihre Erschrockenheit nicht verbergen. Auch Lily überging für einen kurzen Schockmoment das, was Ashley gesagt hatte. Dann schüttelte sie diesen ab und meinte etwas ungläubig. „Woher weißt du das?“

Ashleys Augen waren dunkel vor Sorge, als sie Lily direkt in die Augen sah und ihr antwortete „Ich kann ihn spüren.“ Kopfschüttelnd wandte sich Lily fragend an Trinity, die bestätigte nur mit einem Nicken, dass Ashley Recht hatte. Lily reagierte augenblicklich und wies Trinity mit fester Stimme an: „Reich mir meine Jeans und das Shirt da drüben beim Fenster!“

Trinity folgte der Anweisung umgehend, schmunzelte aber, als sie die geforderten Kleidungsstücke aus einem achtlos umher geworfenen Haufen heraussuchte und ihrer Mutter reichte. Gleichzeitig zog sich noch eine Sweatjacke für Ashley hervor und reichte sie ihr.

Als Lily fertig war, wandte sie sich noch einmal an Ashley. „Du bleibst hier bei Trinity. Ich bin sofort wieder zurück.“ Ashley nickte und erhielt von Lily einen sanften, zärtlichen Kuss, bevor diese aufstand und zur Tür ging. Als sie an Trinity vorbeikam, flüsterte sie so, dass Ashley sie nicht hörte. „Behalt sie im Auge und lass sie unter keinen Umständen hier raus, okay?“

Trinity nickte und schloss die Tür hinter ihr. Lily ging durch den Gang nach vorne zur Eingangstür. Ihre Gedanken überschlugen sich förmlich. Wie war es möglich, dass er hier war? Wann hatte er sie gefunden? War ihr Ausflug mit Ashley daran Schuld gewesen? Sie versuchte sich zu beruhigen, um einen klaren Kopf zu bewahren, aber es drängten sich immer neue Frage auf. Vor allem die brennende Frage, seit wann und wie war Ashley in der Lage einen Dämon so deutlich zu spüren?

Doch darüber konnte und wollte sie sich jetzt den Kopf nicht zerbrechen, sie musste erst mit dem Problem fertig werden, dass unmittelbar vor ihr lag. Und mit diesem Entschluss öffnete sie die Eingangstür und trat auf die Veranda hinaus. Charon saß legere und mit extrem zur Schau gestellter Langeweile auf dem Geländer gegenüber vom Eingang.

Lily schloss die Tür langsam, dann baute sie sich mit verschränkten Armen vor ihm auf, sagte aber nichts, sondern musterte ihn von oben bis unten, als würde sie ihn zum ersten Mal sehen. Charon wartete zuerst ab, dann seufzte er und meinte: „Du hast wohl wirklich nicht damit gerechnet, dass ich dich hier finde, oder? Obwohl du doch genau weißt, dass ich weiß, welche wunderbaren Dinge du deinem Halbblutbastard im Laufe ihres Lebens geschenkt hast. Ganz ehrlich, da könnte man so richtig neidisch werden.“

Lily schwieg immer noch. Sie wusste, dass er sie provozieren wollte, also wollte sie ihm nicht die Genugtuung geben. Er versprühte schon zuviel davon, weil er sie gefunden hatte. Nach einer Weile fuhr Charon fort: „Wie geht es der Guten denn? Und dein Betthäschen hat sich doch hoffentlich wieder von ihrer Unfähigkeit zu zielen erholt, oder?“ Lily rollte mit den Augen, innerlich kochte sie vor Wut. Aber es wäre gefährlich, jetzt auszuflippen und auf ihn loszugehen. Sie hatte ihm gegenüber schon zu deutlich ihre Emotionalität gezeigt, wenn es um Ashley oder auch um Trinity ging.

Also setzte sie sich nur mit deutlich beabsichtigter herablassender Haltung in den Stuhl und seufzte: „Was willst du Charon? Komm endlich zur Sache. Es ist spät und ich würde gerne noch etwas schlafen, bevor die Sonne aufgeht.“ Damit hatte Charon wohl nicht gerechnet. Zwar setzte er ein Grinsen auf, doch Lily erkannte, dass es ziemlich gezwungen war.

„Na schön, wenn du dich nicht austauschen willst, gehen wir eben gleich zum Geschäft über… Nun gut, ich kann mir denken, dass es dir nicht passt, dass jemand weiß, dass du dich mit ihr hier versteckst. Aber ich und auch Lucas sind gewillt, sowohl dich als auch sie einfach zu vergessen.“ Lily lehnte sich zurück. Mal abgesehen davon, dass sie ihm nicht glaubte, ahnte sie, was jetzt kommen würde.

„Wo ist der Haken?“ fragte sie trotzdem etwas unwirsch. Charons Grinsen wurde breiter – sofern das überhaupt noch möglich war. „Deine kleine Liebhaberin sagt uns, wo das Manuskript ist und wir vergessen, dass es euch beide – und meinetwegen auch deinen Bastard – jemals gegeben hat.“ Lilys erste Reaktion war ein verächtliches Schnauben, dann verschränkte sie die Arme vor der Brust und meinte gelassen: „Und du denkst im Ernst, dass ich darauf eingehe?“

Charons Grinsen schmälerte sich kaum merklich, doch er blieb unbeirrt. „Du willst das nicht mal mit ihr besprechen? Hat sie denn gar nichts dazu zu sagen?“ Lily konterte augenblicklich „Sie ist der selben Meinung wie ich.“ Charon merkte, dass sie versuchte, ihm dass Wasser abzugraben, also schlug er augenblicklich zurück. „Na schön, wenn sie es nicht sagen will, kannst du doch etwas Licht ins Dunkle bringen, nicht wahr?“

„Warum bist du dir da so sicher?“ gab Lily mit einer leicht argwöhnischen Stimme zurück. Charon sprang vom Geländer herunter und kam auf sie zu. Als er etwa einen halben Meter entfernt war, blieb er stehen und flüsterte. „Sie hat es dir doch bestimmt gesagt, wo sie es versteckt hat, darauf wette ich.“ Lily lachte schallend auf, was Charon im ersten Moment ziemlich vor den Kopf stieß. „Erstens: warum sollte es mich interessieren, wo dieses dämliche Stück Papier versteckt ist. Zweitens: warum sollte sie es mir sagen?“

Lilys Worte verfehlten ihre Wirkung nicht, denn Charon verzog deutlich das Gesicht zu einer Miene, die Unbehagen und Wut ausdrückte. Eine Weile schien er zu überlegen, was er sagen wollte und Lily wurde es irgendwann zu dumm, auf ihn und eine Reaktion seinerseits zu warten. Sie drehte sich um und wollte zurück ins Haus, als Charon sie zurück hielt.

„Nicht so schnell, denkst du denn ich kann nicht anders? Ich hatte gehofft, du würdest etwas kooperativer sein, aber angesichts der Tatsache, dass du das nicht willst, kann ich auch andere Saiten aufziehen.“ Lily rollte die Augen, drehte sich zu ihm um und traf ihn mit einem ziemlich bösen Blick. „Und was bitte wäre das? Mir ist egal, wie viele Dämonen du oder Lucas mir auf den Hals hetzt, mit denen werde ich schon fertig.“

Charon grinste diabolisch und flüsterte wieder „Ist mir klar, aber was machst du, wenn hier eine Horde Schattengänger auftauchen? Ich glaube nicht, dass du die einfach so aus dem Weg räumen wirst, denn im Gegensatz zu dir hat deine Geliebte ein Gewissen. Und damit könntest du es dir ernsthaft mit ihr verscherzen.“ Einen Augenblick wirkte Lily tatsächlich getroffen und überrascht. Aber dann legte sie den Kopf schief und fragte ziemlich herablassend: „Du würdest es nicht wagen. Lucas wäre sicher nicht glücklich, wenn du dafür sorgst, dass sie und ihr Wissen den Schattengängern in die Hände fällt.“

Charon schenkte ihr erneut ein Lächeln. „Nun, mit denen lässt sich offensichtlich besser handeln als mit dir. Und wenn es sein muss, gehe ich das Risiko ein. Überleg es dir noch mal. Ich biete dir einen Ausweg an, die werden bestimmt nicht so gnädig sein.“ Ohne eine weitere Antwort abzuwarten, verließ er die Veranda und ließ Lily stehen.

Die schaute ihm noch so lange wie möglich nach, um ganz sicher zu gehen, dass er auch wirklich verschwunden war. Dann ging sie in Gedanken versunken wieder zurück ins Haus. Wenn dieses dumme Manuskript nicht wäre, dann würde sich niemand dafür interessieren, wo sie und Ashley waren. Sie könnten einfach in Frieden leben.

Aber angesichts der Tatsache, dass Charon sie nun schon gefunden hatte, wusste Lily, dass sie schleunigst etwas unternehmen musste. Als sie in den Gang zum Schlafzimmer entlang ging, horchte sie plötzlich auf, als sie unterdrückte Schmerzensschreie aus dem Schlafzimmer hörte. Und von einer Sekunde auf die andere rannte sie wie der Blitz auf die Tür zu.



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