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Flashing Thoughts

von

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Die Wochen vergingen wie im Flug, während Seiji sich mehr mit seinen Klassenkameraden anfreundete – auch wenn er immer der stille und zurückhaltende Typ blieb. Sogar mit Sharon verstand er sich gut, obwohl deren Bruder immer noch mit Argusaugen über sie wachte. Apropos Bruder – dieser ging Seiji seit dem Vorfall beim Block-Test merklich aus dem Weg. Allerdings warf er ihm immer wieder glühende Blicke zu und deutete damit an, dass sie Sache längst noch nicht gegessen war. Irgendwann würde seine Gelegenheit kommen zurückzuschlagen.
 

Eines Tages verkündete Mr. Lessner fast feierlich, dass sie demnächst ihre vierwöchigen Praktika antreten würden. Nur, im Gegensatz zur normalen Schule, dürften sie sich ihre Praktikumsplätze nicht selbst suchen, sondern wurden einer Abteilung der SAT oder einer Firma, in der auch Telepathen arbeiteten, zugeteilt, und zwar entsprechend ihren Fähigkeiten und Leistungen im Unterricht.
 

Seiji stöhnte unwillkürlich, nachdem er den Brief mit der Praktikumszuteilung gelesen hatte. Man steckte ihn doch glatt ins Büro der SAT-Aufseher. Dafür konnte eigentlich nur Lorane verantwortlich sein, der für die vier Wochen seine Ausbildung übernehmen sollte, wie der Brief ebenfalls feierlich verkündete. Auch Jason und Sharon würden ihr Praktikum im SAT-Büro absolvieren, waren jedoch anderen Teams zugeteilt. Jason ärgerte sich, dass er nicht Lorane zugeteilt war, da er offenbar ein Fan des SAT-Aufsehers war.
 

„Man, freu dich doch mal!“, forderte Derik Seiji auf. „Das ist doch eine prima Gelegenheit!“
 

„Wenn man SAT-Aufseher werden möchte, wahrscheinlich“, seufzte Seiji. „Aber das ist absolut nichts für mich“, erklärte er zum wiederholten Male. Warum verstand das denn niemand hier? Derik gab es auf – er hatte schon oft genug versucht, Seiji seine positive Einstellung zu den Dingen zu vermitteln, aber das wollte einfach nicht klappen.
 


 

Seiji biss sich auf die Lippe. Dieses Praktikum gefiel ihm schon jetzt nicht. Er stand zusammen mit Lorane und Mitchell vor einem großen Bürogebäude und kurz vor dem ersten Einsatz, den er miterleben dürfte. Nur als Zuschauer, um zu sehen, wie die SAT-Aufseher ihre Arbeit erledigten und doch war ihm nicht wohl bei der Sache. Denn er hatte gehört, dass ein nicht registrierter Telepath durchgedreht war und sich jetzt in seinem Büro verschanzt hatte, zusammen mit der Teamassistentin als Geisel. Also alles andere als ungefährlich. Trotzdem hatte Lorane ihn kurzerhand mitgeschleppt, frei nach dem Motto: „Was dich nicht umbringt, macht dich stärker“ - was übrigens seine Lebenseinstellung zu sein schien – und Seiji war nichts anderes übrig geblieben, als ihm zu folgen. „Halte dich nur im Hintergrund und pass gut auf, dann kann dir nichts passieren“, hatte er zuversichtlich gemeint.
 

Lorane wandte sich an einen der Polizisten, die vor dem Gebäude postiert waren. „Erzählen Sie mir noch mal genau wie es dazu gekommen ist.“, verlangte er. Der Kommissar versuchte, sich seine Verärgerung darüber, dass Lorane sich einfach einmischte, ohne sich vorzustellen, nicht anmerken zu lassen, was gegenüber einem Telepathen natürlich ein nutzloser Versuch war. Dennoch verlangte er, die Ausweise zu sehen – da konnte schließlich jeder mit einem kopierten oder gestohlenen Abzeichen der SAT daherkommen und behaupten, ein Aufseher zu sein. Da die Polizei bei der SAT kurz zuvor ein Team angefordert hatte, war das zwar unwahrscheinlich, aber sicher war sicher. Nachdem er sich von der Echtheit der Ausweise überzeugt hatte, erklärte der Kommissar nun:
 

„Ein Angestellter der Firma Telensis, Ruko Allandor“, er deutete auf das Bürogebäude „ist, wie man uns berichtete, plötzlich durchgedreht, hat seine Kollegen angeschrien, sobald sie ihm zu nahe kamen, verrückte Sachen gesagt und die anderen Angestellten haben bemerkt, dass er ihre Gedanken lesen kann. Außerdem leidet er angeblich unter starken Kopfschmerzen. Daraufhin hat man uns gerufen, damit wir ihn der SAT übergeben. Das hat ihm wohl aber gar nicht gefallen, denn anschließend hat er seine Waffe, die er im Schreibtisch versteckt hatte, herausgeholt und die Teamassistentin als Geisel genommen. Er hat keine Geldforderung gestellt, sondern verlangt nur einen schnellen Gleiter, mit dem er einfach flüchten will, wie es aussieht. Dass er als Telepath zur SAT muss, scheint ihn in panische Angst zu versetzten“, erklärte der Beamte. „Den Gleiter haben wir schon angefordert. Natürlich mit einem versteckten Peilsender ausgerüstet. Wenn er dann flieht, können wir ihn auf dem Weg hoffentlich überwältigen, ohne die Geisel zu gefährden.“
 

„Gut“, nickte Lorane verstehend. „Dass ein Telepath durchdreht, weil er die vielen fremden Gedanken, die auf ihn einströmen, nicht mehr erträgt, kommt leider viel zu oft vor“, erklärte er. Seiji wollte fragen, warum ein Erwachsener, der schon einige Jahre mit seinen telepathischen Fähigkeiten leben musste, erst viel später durchdrehte, ließ es aber bleiben, weil er bei dieser wichtigen Aktion nicht stören wollte.
 

„Wir gehen rein“, verkündete Lorane und zog seine Waffe. Mitchell und die Truppe Polizisten folgten ihm dicht auf und zum Schluss kam Seiji – natürlich als einziger unbewaffnet. Er war nervös, ja, hatte aber nicht so große Angst wie befürchtet, vielleicht kam das noch – oder es lag daran, dass er irgendwie neben sich stand.
 

In schnellem Tempo ging es mit den Fahrstühlen die Etagen hinauf, bis sie bei dem entsprechenden Büro ankamen und sich vorsichtig anschlichen.
 

Nachdem Lorane und Mitchell sich neben der geschlossenen Tür postiert hatten, rief Lorane:
 

„Hallo, Mr. Allandor! Können Sie mich hören?“
 

„Ich bin ja nicht taub!“, kam es verärgert zurück. „Verschwinden Sie! Ich will nur, dass meine Forderung erfüllt wird und Sie mir einen schnellen Gleiter besorgen, mit dem ich fliehen kann!“
 

„Wir haben verstanden. Ihr Gleiter wird bald da sein. Es dauert nur noch ein bisschen. Wollen wir uns derweilen nicht ein wenig unterhalten? Zum Beispiel über die fremden Gedanken, die Ihnen zu schaffen machen? Ich bin sicher, wir können Ihnen helfen“, rief er durch die Tür hindurch.
 

„Was? Was geht Sie das an? Wer sind Sie überhaupt?“
 

„Mein Name ist Gregory Lorane und ich bin hier mit meinem Kollegen Stephen Mitchell. Wir sind von der SAT und kennen uns mit den Problemen aus, die Sie momentan beschäftigen. Wir können Ihnen helfen“, wiederholte er.
 

„NEIN! Verschwinden Sie!“, schrie Allandor außer sich. „Ich werde nicht mit Ihnen kommen. Lieber sterbe ich. Machen Sie mir nur den Weg frei und verschaffen Sie mir den Gleiter. Oder ich werde die Frau hier erschießen, das können Sie mir glauben!“
 

„Gut, gut, sicher. Ihr Gleiter ist ja schon unterwegs. Geben Sie uns ein paar Minuten Zeit.“
 

„Beeilen Sie sich bloß, sonst kann ich für nichts garantieren!“, schrie es von der anderen Seite zurück.
 

„Verstehe“, nickte Lorane. Er machte den Eindruck, als wäre dieser Fall nichts Außergewöhnliches.
 

„Er ist ja nicht gerade gut auf Sie zu sprechen“, stellte der Kommissar ohne Überraschung fest, dessen Name Daniel Koro war, wie Seiji aus seinen Gedanken, die trotz Blockade Training nach wie vor ständig auf ihn einströmten, erfahren hatte. Sich abschirmen konnte er nur, wenn er sich vollständig konzentrierte und auch dann nicht zu 100 Prozent. „Was haben Sie jetzt vor?“
 

„Hm, momentan können wir nichts anderes tun, als abzuwarten, da er sonst möglicherweise die Geisel erschießt. Besser ist, wir warten, bis er mit der Frau in dem Gleiter sitzt und sich auf die Flucht begibt. Dann verfolgen wir ihn und warten einfach ab, bis er irgendwann müde wird und nicht mehr weiter kann. In dem Moment schlagen wir zu.“
 

„Sicher“, erwiderte der Kommissar nur. Und dafür mussten wir die SAT benachrichtigen, dachte er abfällig. Das hätten wir auch alleine hinbekommen. Besser, man hält sie aus der Polizeiarbeit heraus und übergibt die Telepathen einfach der SAT, nachdem wir sie geschnappt haben, das wäre wesentlich weniger umständlich, wenn die uns nicht ins Handwerk fuschen würden.
 

„Nun ja“, meinte Lorane lächelnd. „Nur, dass es im Fall eines Telepathen passieren kann, dass er Sie und Ihre Leute beeinflusst und dazu bringt, Dinge zu tun, die Sie gar nicht wollen. Noch gefährlicher wird es, wenn dieser Telepath seine Fähigkeiten nicht richtig kontrollieren kann. Deshalb ist es besser, wenn wir da sind, um darauf aufzupassen, dass so etwas nicht passieren kann. Meinen Sie nicht auch?“
 

Kommissar Koro schluckte und guckte dann verärgert zurück.
 

„Das mag ja sein, doch unterstehen Sie sich, meine Gedanken zu lesen!“
 

„Oh, das, das war keine Absicht. Manchmal kommt es eben vor, dass wir irgendwelche Gedanken auffangen, besonders, wenn sie so... stark emotional hinterlegt sind“, erklärte Lorane. „Aber nun wenden wir uns besser wieder unserer Arbeit zu.“
 

Somit zogen sie sich wieder aus dem Gebäude zurück, in dem sich inzwischen auch keine Angestellten mehr aufhielten, da die Polizei es hatte räumen lassen. Der angeforderte Gleiter wurde geliefert.
 

„Weit wird er nicht kommen“, meinte Lorane, scheinbar völlig entspannt in ihrem eigenen Gleiter sitzend. Sie warteten wie besprochen darauf, dass der Geiselnehmer fliehen würde, um ihn dann leichter stellen zu können, wenn er müde würde, oder schlicht mal auf Toilette müsste. So ein langer Flug unter Verfolgung konnte nämlich sehr anstrengend werden und im Gegensatz zur Polizei, hatte der Flüchtige niemanden, mit dem er sich beim Fliegen abwechseln konnte. Und auf das Leitsystem für den Autopiloten konnte er aus nachvollziehbaren Gründen natürlich nicht zurückgreifen. „Wenn er keine Geisel hätte, könnten wir natürlich auch versuchen, ihn telepathisch zu beeinflussen, sobald er in Sichtweite wäre – da wir zu zweit sind, stellt das kein Problem dar. Nur leider dauert das ein bisschen und bis dahin könnte er in Panik geraten und die Frau erschießen. Deswegen fällt diese Möglichkeit leider aus“, wandte sich Lorane erklärend an Seiji. Der nickte verstehend und fragte sich, ob man ihn bei der Verfolgung wirklich mitnehmen wollte. Ging das nicht alles ein bisschen schnell, wo er doch gerade als Praktikant angefangen hatte? „Keine Sorge, da kann gar nichts passieren“, versicherte Lorane, der den Gedanken offenbar aufgeschnappt hatte. „Derweil kannst du ja üben, deine Abschirmung zu verbessern.“ Seiji biss sich auf die Lippen. Es gefiel ihm gar nicht, dass er immer noch ein mehr oder weniger offenes Buch für seine Umgebung war, anscheinend besonders für Lorane. Nun ja, da er schon mal hier war, würde er das beste daraus machen.
 

Kurze Zeit später kam der Geiselnehmer aus dem Firmengebäude, die Waffe an die Schläfe seiner Teamassistentin gepresst. Offensichtlich in Panik, schubste er die Frau in den bereitstehenden Gleiter, auf die Rückbank und sprang dann selbst auf den Fahrersitz.
 

„Keine Sorge“, wandte er sich nach hinten. „Ich tue Ihnen nichts. Ich will nur von hier verschwinden. Sobald wir die Polizei abgehängt haben, setze ich Sie irgendwo aus. Mir blieb einfach keine andere Wahl, als Sie mitzunehmen. Das verstehen Sie doch, oder?“ Die Frau nickte nur mit weit aufgerissenen Augen. Ihre Haare klebten an der verschwitzten Haut und man sah ihr an, dass die Worte sie nicht wirklich beruhigten. Trotzdem sagte sie:
 

„Mr. Allandor, wir kennen uns doch nun schon so lange. Sie sind doch sonst nicht so. Wieso tun Sie das? Wieso können Sie nicht einfach zur SAT gehen? So schlimm kann das doch nicht sein.“
 

„Oh, Sie haben ja keine Ahnung.“ Mehr sagte Allandor nicht, da er damit beschäftigt war, abzuheben und möglichst schnell Tempo aufzunehmen. Als er erst mal in der Luft war und seinen Weg gefunden hatte, fuhr er fort: „Diese verfluchte SAT. Die haben meine Cousine auf dem Gewissen. Lieber sterbe ich, als bei denen mitzumischen.“
 

„W-was ist denn mit Ihrer Cousine passiert?“, wollte die Assistentin wissen.
 

„Nun, sie wollte mit dem ganzen Telepathie-Kram nichts zu tun haben. Sie wollte einfach nicht in anderer Leute Gedanken eindringen, das war ihr zuwider. Rana meinte immer, es wäre eine ganz private Sache, jemandem seine intimsten Gedanken zu öffnen, das wäre nur für Liebende bestimmt. Das ginge sonst niemanden etwas an. Womit sie übrigens vollkommen recht hatte. Doch die SAT ließ es natürlich nicht zu, dass sie sich verweigerte. Es gibt so wenige Telepathen, dass sie sie unbedingt haben wollten. Zuerst versuchten sie, sie mit Geld zu locken, mit Macht. Als das nicht funktionierte, haben sie sie bedroht, erst subtil, aber dann immer offener. Schließlich zwangen sie Rana, ihre telepathischen Kräfte einzusetzen, indem sie in ihr Bewusstsein eindrangen, so dass ihr nichts anderes übrig blieb, als sich zu wehren. Sie meinten, wenn meine Cousine erst mal merkte, dass der Einsatz dieser Kräfte nichts schlimmes wäre, dass es ihr im Gegenteil sogar half, sich zu verteidigen und wenn sie sie nur weiter bedrängten, dann würde sie schon irgendwann aufgeben. Doch sie gab nicht auf. Und dann muss irgendetwas passiert sein, dass sie so sehr verletzte, dass sie... „ Allandor unterbrach sich, immer noch im Schrecken der Erinnerung gefangen. In diesem Moment wich er einer Reihe von Gleitern aus, die er um ein Haar gerammt hätte. Er fluchte. Ohne Leitsignal und mit Höchstgeschwindigkeit über die Stadt zu fliegen, war wirklich lebensgefährlich.
 

„Wenn Sie so weiterfliegen, werden Sie uns noch umbringen“, stellte die Teamassistentin fest und klammerte sich am Sitz fest, obwohl das kaum besser helfen konnte, als der Gurt. In diesem Moment kam ihnen eine weitere Reihe von Gleitern entgegen. „Sie fliegen ja gegen den Verkehr!“ Im Sturzflug lenkte Allandor den Gleiter nach unten. „Sind sie wahnsinnig?“, schrie die Frau, der jetzt wirklich schlecht wurde. Ihr Magen schien noch weiter oben festzuhängen, während der Rest von ihr bereits nach unten stürzte.
 

„Nur so können wir sie abhängen. Halten Sie sich gut fest, Miss Johnson“, empfahl der Flüchtige. Immer weiter ging es nach unten, bis sie meinte, dass sie Häuser schon viel zu nahe waren, um sich noch rechtzeitig abzufangen. War das jetzt das Ende? Doch im letzten Moment zog Allandor den Gleiter wieder hoch. Alina Johnson meinte, ihr Herz wäre soeben stehen geblieben.
 

„Was haben Sie jetzt vor? Glauben Sie wirklich, Sie können sie irgendwann abhängen? Und wenn sie Sie schnappen, was werden Sie dann tun? Lassen Sie mich dann frei?“
 

„Ja, ja, ich lasse Sie frei. Aber sie werden uns nicht kriegen.“
 

„Mist, der ist wirklich ziemlich hartnäckig“, stellte Lorane fest, nachdem er ihren Gleiter in halsbrecherischem Tempo hinter dem Flüchtigen hergelenkt hatte. Inzwischen zweifelte Seiji erst recht an der Aussage, dass dies hier überhaupt nicht gefährlich wäre. Denn im Moment fühlte es sich so an, als würde sein Magen Achterbahn fahren. Und er wusste nicht, ob er sein Frühstück bei sich behalten können würde.
 

„Du brauchst keine Angst zu haben, dass wir abstürzen. Im Gegensatz zu ihm, sind wir an das Leitsystem gebunden, das uns und den Gegenverkehr im Notfall umlenkt. Aufgrund des Notfallcodes haben wir natürlich Priorität und können uns entgegen aller Verkehrsregeln Vorfahrt verschaffen. Ist doch spannend, oder nicht?“, lachte Lorane. Seiji fragte sich, wie man so was auch noch toll finden konnte. Während er hier Todesängste ausstand. „Wer träumt denn nicht davon, mal so durch den Luftraum zu fliegen, wie es einem gefällt?“
 

„Ich jedenfalls nicht. Ich glaub, ich muss mich gleich übergeben“, stellte Mitchell fest, der ganz grün im Gesicht geworden war.
 

„Nun reißen Sie sich aber mal zusammen. Dass dem Jungen schlecht ist, kann ich ja noch verstehen. Aber sind Sie nicht auch im Gleiterfliegen ausgebildet?“
 

„Ja, schon, aber nicht in Selbstmordflügen.“
 

„Pft, sogar die dämlichen Polizisten kommen hinterher. Wenn die das schaffen, schaffen Sie das auch. Außerdem müssen Sie ja nicht mal selbst fliegen.“ Stephen war trotzdem schlecht, aber er sagte nichts mehr. Es hatte eh keinen Sinn. Außerdem schien es ihm zu riskant, jetzt den Mund zu öffnen, sonst würde er sich wirklich noch übergeben.
 

„Erzählen Sie mir, was mit Ihrer Cousine passiert ist?“, wollte Miss Johnson wissen, als ihr Flug wieder etwas ruhiger wurde.
 

„Sie hat sich umgebracht“, brachte es Allandor auf den Punkt. „Aber ich bin sicher, dass das nicht ihre Schuld war. Sie sah einfach keinen anderen Ausweg mehr. Ich weiß nicht, was die ihr angetan haben, aber von selbst wäre sie sicher nie auf den Gedanken gekommen. Sie hat das Leben immer geliebt und hätte sich nie einfach so umgebracht. Nach dem, was sie mir vorher erzählt hat, war die SAT an ihrem Tod schuld. Sie haben sie dahin getrieben, so dass sie keinen anderen Ausweg mehr wusste. Da bin ich mir sicher.“
 

„Das tut mir leid“, erklärte Alina Johnson. „Der Tod Ihrer Cousine muss Ihnen sehr wehtun. Aber so machen Sie es auch nicht wieder besser. Wenn Sie uns hier umbringen – das hätte Ihre Cousine doch bestimmt auch nicht gewollt, oder?“
 

„Hm, jetzt sind wir nah genug dran“, stellte Lorane fest, nachdem er zuvor einige Male vergeblich versucht hatte, Ruko Allandor zum Aufgeben zu bringen.
 

„Nah genug für was?“, wagte Seiji zu fragen. Statt einer Antwort wandte sich Lorane an seinen Kollegen:
 

„Da ich fliege, müssen Sie ran und ich werde Sie nur mit meiner Kraft unterstützen. Sind Sie bereit?“
 

„Ja, aber, sollten wir es nicht anders zu klären versuchen? Ich meine, der Mann könnte zusammen mit der Assistentin einen Unfall bauen, wenn wir jetzt auf diese Weise eingreifen.“
 

„Und was wird passieren, wenn er so weiterfliegt? Genau, wahrscheinlich ebenfalls ein Unfall. Oder er wird uns glatt entkommen. Das wollen Sie doch nicht, oder? Kommen Sie, Mr. Mitchell, das klappt schon. Oder haben Sie so wenig Vertrauen in Ihre Fähigkeiten? Der Kerl ist doch bestenfalls ein HyB 10.“
 

„Na schön“, fügte sich Mitchell, denn der Ältere war nicht nur sein Kollege, sondern auch sein Vorgesetzter. Er fasste in Richtung von Loranes Schulter und legte seine Fingerspitzen auf die nackte Haut seines Nackens. Seiji zuckte gleichzeitig mit Mitchell zusammen, als er den intensiven telepathischen Kontakt spürte, der plötzlich entstand. Das geschah immer, wenn sich zwei Telepathen direkt berührten. Damit verstärkten sie ihre Fähigkeiten nicht nur um das doppelte, sondern mindestens um das vierfache, da sich das Psi-Potential nicht einfach addierte, sondern mehr als die Summe seiner Teile bildete.
 

Seiji fragte sich, was sie vorhatten, als er es schon spürte: Mitchell spähte hinaus und erfasste zusammen mit Lorane die Bewusstseine der Insassen des verfolgten Gleiters. Dabei bekam er mit, dass Allandors Assistentin diesen bereits zum Zweifeln gebracht hatte. Doch als Allandor spürte, dass er telepathisch berührt wurde, flammte der Hass wieder in ihm auf und er erhöhte sein Tempo noch, so dass die Maschine schon zu protestieren begann. Wir könnten ihn doch noch überreden..., ließ Mitchell gedanklich vernehmen.

Nein, dazu ist es jetzt zu spät, da er bemerkt hat, was wir versuchen, sind seine Skrupel verschwunden. Los, schlagen wir endlich zu, bestimmte Lorane.
 

Die beiden fassten mit ihren telepathischen Kräften zu, mit einer Gewalt, die Seiji, der nur zuschaute, erzittern ließ. Jetzt hatten sie Allandor in ihrem Griff, der das Steuer verriss und gefährlich nah an die Bahn eines anderen Gleiters kam. Schneller!, forderte Lorane, womit er aber nicht die Geschwindigkeit des Gleiters meinte, sondern den telepathischen Zugriff. Irgendetwas schien zu brechen und Seiji erkannte mit Schrecken, dass es der Geist von Allandor war und dies innerhalb von wenigen Sekunden! Die Stärke der vereinten Kräfte von zwei SAT-Aufsehern war einfach zu extrem, als das ein einfacher, nicht ausgebildeter Telepath dem widerstehen konnte. Seiji war schockiert. Mit dieser Gewalt hatte er nicht gerechnet.
 

Wieso? Wieso haben Sie...?, wollte auch Mitchell wissen, denn es war Lorane gewesen, der den Anstoß dazu gegeben und die „Grenze“ überschritten hatte.
 

Das besprechen wir später. Jetzt müssen wir erst mal den Gleiter sicher zu Boden bringen, bestimmte Lorane. Mitchell nickte. Sie lenkten den Gleiter des anderen, indem sie auf dessen Geist zugriffen und den Körper die Bewegungen ausführen ließen. Dabei übernahm Mitchell die Hauptarbeit, da Lorane noch den eigenen Gleiter steuern musste. Seiji erhaschte, ohne es zu wollen, einen Blick darauf, was der blonde SAT-Aufseher tat: Es schien, als stecke dieser plötzlich im Körper dieses Allandor und sehe durch dessen Augen, bewegte dessen Hände.
 

Als alle sicher gelandet waren, erklärte Lorane:
 

„Es ging nicht anders, er wäre sonst mit der Frau abgestürzt, das haben Sie doch bemerkt. Außerdem hätte er sich nie der SAT untergeordnet. Er hätte immer eine Gefahr für die normalen Menschen dargestellt. Sehen Sie es positiv, Mitchell“, klopfte er diesem auf die Schulter. „Wir haben ein Leben gerettet.“
 

Und ein anderes zerstört, fügte Mitchell in Gedanken traurig hinzu, aber das schien Lorane schon nicht mehr mitzubekommen, denn er marschierte zu dem anderen Gleiter und riss die Tür auf. Auf dem Fahrersitz starrte Allandor mit leerem Blick vor sich hin. Lorane zog ihn am Arm heraus.
 

„Ich würde Ihnen ja Ihre Rechte vortragen, aber ich befürchte, dass Sie sie sowieso nicht mehr verstehen würden.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  ReinaDoreen
2011-07-10T19:16:41+00:00 10.07.2011 21:16
Ich glaube Seji hat jetzt noch mehr Abneigung gegen die Arbeit als Aufseher.
Reni
Von:  Salix
2011-07-10T13:36:02+00:00 10.07.2011 15:36
Autsch wie fies!
Aber spannend geschrieben.
Bin gespannt, wie es weitergeht.
Lg
Salix


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