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Nightmares

Lost dreams
von

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Nightmares

NIGHTMARES

Plitsch, platsch. Plitsch, platsch. Plitsch, platsch.

Unaufhörlich bahnte sich das gleichmäßige Tropfen seinen Weg an ihr Ohr. Durchbrach die kalte, dunkle Stille und unterteilte die Ewigkeit beinah wie das leise Klicken der Uhrzeiger in kurze Abschnitte. Wirkte auf seine sehr monotone Art und Weise beinah beruhigend und einschläfernd. Aber nur beinahe.

Denn Gott, sie wusste ganz genau, was dieses Geräusch verursachte. Und es war keinesfalls beruhigend. Ganz im Gegenteil. Aber sie konnte nicht schreien. Konnte nicht weinen. Konnte es nicht zum Verstummen bringen.

Sie konnte nur da sitzen, die Knie eng an den dünnen Leib unters Kinn gepresst, und mit weit aufgerissenen Augen in die Schwärze starren. Während das Tropfen gleichsam seinen Weg durch ihren Verstand fraß, langsam, unendlich.

Crona zitterte. Es war nicht kalt, das nicht. Zumindest nicht äußerlich. Irgendwo tief in ihrem Herzen hatte sich etwas eingenistet, das zu schrecklich war, als dass sie es benennen konnte. Und es wuchs. Wuchs jeden Tag. So schnell. Rasend schnell. Sie hatte Angst davor. So schreckliche Angst.

Kein einziger Hauch von Licht drang in den Raum, aber das musste es auch nicht. Sie wusste auch so ganz genau, wie es hier aussah. War schon oft genug hier gewesen. Tagelang. Hatte jeden Winkel so genau erforscht. Hatte stundenlang um Ausgang gebettelt, der ihr nicht gewährt worden war.

Wenn sie nicht so schreckliche Angst hätte, würde sie diesen Ort hassen. Aber die Furcht war zu allumfassend. War schon lange in jede Pore des jungen Mädchens gekrochen und nicht wieder verschwunden. Lag immer auf der Lauer, bereit, sich ihrer vollständig zu bemächtigen, sie zu lähmen, sie zu verschlingen.

Und es gelang ihr so oft. Sie konnte es nicht mehr zählen. Würde nie wieder ohne diese furchtbare Angst leben können. Was hatte sie nur getan? War es normal? Litt jeder so wie sie? Sie wusste es nicht. Gab es doch nur eine einzige andere Person, die sie kannte. Oder glaubte zu kennen. Freunde? Sie kannte ja noch nicht einmal das Wort.

Plitsch, platsch. Plitsch, platsch.

Sie wollte es nicht hören. Nicht jetzt. Nie mehr. Es ließ sie nicht denken. Stattdessen musste sie sich voll auf dies Geräusch konzentrieren. Wie eine Stimme, die in ihrem Kopf flüsterte. Der man zuhören muss, auch wenn man sie nicht hören will. Und sie würde es noch lange hören. Nicht nur heute. Nicht nur hier. Ihr Leben lang.

Warum konnte sie nicht machen, dass es aufhörte? Warum hörte es nicht auf? Warum, warum, warum? Warum musste sie es ertragen? Was sollte sie nur damit tun? Keine Ahnung. Nichts tun. Nur still sitzen. Warten, bis ihr jemand sagte, was richtig war. Was zu tun war. Bis dahin warten. Nur warten. Sie war böse. Sie hatte nicht getan, was ihr gesagt worden war. Was sie sollte. Also verdient. Verdiente Strafe. Hör dem Tropfen zu. Bis zum letzten. Es wird nicht enden. Nicht, solang du böse bist.

Ein leises Wimmern entfuhr ihrer Kehle, schlich sich angstvoll über ihre Lippen. Erstarb fast sofort. Wurde von dem Tropfen verschlucken. Getötet. Ermordet. Aufgenommen. Machte sich gierig darüber her und fraß es. Wie eine Schlange. Genau. Wie eine Schlange. Ganz genau wie eine Schlange. Schwoll an. Wurde lauter. Drohender. Lauernd. Würde sie genauso verschlingen. Wenn sie auch nur eine falsche Bewegung machte. Einen falschen Laut von sich gab. Nicht tat, was sie sollte.

Es bereitete ihr beinah körperliche Schmerzen, während es sich durch ihren Geist wühlte. Wunden aufbrach. Neue und alte, fast verheilte. So grausam. So furchtbar.

Plitsch, platsch. Plitsch.

Unbewusst wartete sie auf den nächsten Tropfen. Er kam nicht. Völlige Stille. Nichts mehr, dass sie durchbrach. Überrascht hob sie den Kopf und betrachtete die ihr gegenüberliegende Ecke, aus der das Geräusch gekommen war. Sie sah nichts. Hörte genauso wenig. Vorbei? Vorbei? War es endlich vorbei? Endlich vorbei?

Genauso wenig, wie sie gewusst hatte, wie lange sie zuvor dort gesessen hatte und gelauscht, wusste sie nun, wie lange ihr Blick reglos in der Schwärze hing. Wie lange in der Stille, bis endlich langsame Schritte draußen vor der Tür verhallten.

Und das Licht auf Crona fiel, als diese geöffnet wurde.

Für einen kurzen Moment noch blieb ihr Blick an dem Hund kleben, der von der Decke hing und, um sie für den Ungehorsam, das Tier nicht zu töten, grausam ausgeblutet worden war. Dann riss sie den Kopf herum. Starrte hoch zu Medusas grausamem Lächeln.

Neben ihr stand ein Junge. Nicht älter als sie selbst. Genauso leer. Sein Blick ohne Leben. Aber voll Angst.

„Ich habe dir einen Freund mitgebracht, Crona.“

Verstört wandte Crona den Blick zwischen dem Jungen und Medusa hin und her. „F-Freund?“, brachte sie zitternd hervor. „Ich weiß nicht, wie ich mit einem Freund umgehen soll…“

Das kalte Lächeln der Hexe brachte sie zum Verstummen.

„Keine Sorge, Crona. Sein Name ist Ragnarök. Ihr werdet euch gut verstehen. So gut, dass ihr nie wieder auseinander gehen werdet.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Abel
2010-03-12T22:50:17+00:00 12.03.2010 23:50
Wie schön du das geschrieben hast! Diese kurzen, knappen, zum Teil auch unvollständige Sätze passen perfekt zu Cronas misslicher Lage. Vor allem mag ich das Ende und irgendwie hast du einen vielleicht viel zu tiefen Einblick in das arme Ding verschafft. Aber wie auch immer, hast du super gemacht. <3


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