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And through it all

- Angeal Hewley X Zack Fair -
von

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III.

Der erste Eindruck ist immer schwer zu revidieren und so hätte es Zack Fair schwer gehabt, seinen Stand bei seinem Lehrer nach diesem ersten Abend zu verändern, wenn er dies denn beabsichtigt gehabt hätte. Genau das Gegenteil schien aber der Fall zu sein, denn der schwarzhaarige Soldat kämpfte an jedem neuen Tag härter und verbissener gegen seine Gegner und verlor doch niemals das Grinsen aus den Augen, das Angeal ab und an während einem der Gefechte bewundernd beobachtete. Allerdings wurde in den kommenden Lektionen auch immer deutlicher, worin die Schwäche des Heranwachsenden lag. Zack schaffte es nie, die Freude am Kämpfen zu Gunsten von Aufmerksamkeit oder disziplinierter Streitkunst abzulegen. Es kam nicht selten vor, dass er einen Kampf gegen einen doch eigentlich offensichtlich Unterlegenen allein deswegen verlor, weil er sich derart über einen gelungenen Schwerthieb freute.

Zunächst versuchte es Angeal mit Anweisungen, wie er sie auch jedem anderen seiner Schüler zuteil werden ließ. ‘Achte auf Deine Deckung!’ ’Konzentrier Dich!’ ’Nutze die Schwächen Deines Gegners zu Deinem Vorteil!’

Was diese Ratschläge jedoch betraf, schien der junge Soldat absolut immun gegen sie zu sein.

Man musste Zack Fair lassen, dass er im Normalfall ein schneller Lerner war. Wann immer es darum ging, eine neue Schlagtechnik, eine neue Materia oder eine neue Angriffstechnik zu erlernen, war dieser Soldat schneller als jeder Andere in seinen Reihen. Aber diese Fähigkeit nützte ihm wenig, wenn er nicht darauf achtete, am Leben zu bleiben.

So kam es nicht selten vor, dass Zack nach einem Ratschlag am Ende eines Trainingstages am nächsten Morgen gerüstet wieder antrat und eben diese neu zu erlernende Fertigkeit perfekt beherrschte. Ebenso oft hatte sich Angeal aber im Dämmerlicht der untergehenden Sonne sagen hören: “Konzentration! So wirst Du den Kampf niemals gewinnen.” Jedes Mal seufzte der Junge enttäuscht, jedes Mal schien es seinem Lehrer, als wäre die Botschaft angekommen... und jedes Mal schien sie schon am nächsten Morgen vergessen zu sein.

Nach etwa zwei Wochen des Trainings hatte Direktor Lazard erneut seinen Weg in den Trainingsraum gefunden und beobachtete nun zusammen mit Angeal den Fortschritt seiner Soldaten.

“Irgendein Erfolg?” fragte der hochgewachsene Direktor und verschränkte seine Hände hinter dem Rücken.

Lediglich mit einer knappen Bewegung seines Kopfes deutete der Angesprochene auf einen schwarzhaarigen Soldaten, der sich gerade angestrengt gegen den Angriff zweier Kammeraden wehrte. “Wie alt ist er?”

“Zack Fair?” Ein schmales Lächeln wanderte über das Gesicht Lazards als er den jungen Soldaten genauer musterte. “Fünfzehn.” Dafür hätte er nicht einmal in eine Akte sehen müssen. Und als er den verwunderten Blick des Ausbilders auf sich spürte, fügte er hinzu: “3rd Class SOLDIER nach nur einem Jahr. Erstaunlich, nicht wahr?”

Angeal aber sagte nichts und wandte seine Augen nur, um seinen Schüler weiterhin zu mustern. Er war ihm schon zuvor außerordentlich jung erschienen. Aber vom Infanteristen zum 3rd Class SOLDIER in nur einem Jahr des Trainings? Es war wirklich außergewöhnlich.

“Wir hatten wirklich Hoffnung in ihn.” fuhr der Direktor nach einiger Zeit fort. “Hat er das Potential...?”

Commander Angeal verschränkte seine Arme vor der Brust und musterte unzufrieden, wie der Soldat erneut seine Deckung vernachlässigte. “Keine Minute würde er in einem echten Gefecht überstehen. Er ist unaufmerksam, ungeduldig und ihm fehlt jede Art von Disziplin.”

Direktor Lazard nickte und wandte den Blick endgültig von dem Geschehen im Übungszirkel. “Wenn das alles ist, was es über ihn zu sagen gibt, haben wir zu Recht Hoffnung gehabt. Ich gehe davon aus, dass er in Zukunft speziell gefördert wird? Ich werde Dich dafür für kurze Zeit von Deinen Missionen freistellen.” Damit verließ der Direktor den Trainingsraum.

Im Hintergrund hatte Zack Fair gerade einen seiner Widersacher zu Boden gestreckt und grinste selbstzufrieden, während er seine Übungsklinge an die Brust des Unterlegenen setzte. “Konzentration, Junge!” murmelte Angeal nur noch seufztend. Dann musste er auch schon mit ansehen, wie Zack Fairs zweiter Gegner den unaufmerksamen Soldaten rücklings auf die Matte beförderte.
 

~ ~ ~
 

IV.

Man hätte es sicher auch als Bestrafung ansehen können, auch noch am Sonntag in die Trainingshalle berufen zu werden, während alle anderen Kameraden den einzigen freien Tag der Woche genossen. Zack Fair aber hätte wohl glücklicher nicht sein können. Grinsend von Ohr zu Ohr stand er vor seinem Lehrer und versuchte sich auf die neue Aufgabe zu konzentrieren. Dieses Mal war er der einzige 3rd Class Soldat im Raum und würde es für den Rest des Tages auch bleiben. Ein guter Grund, um stolz zu sein.

“Hast Du alles verstanden?” fragte der Ältere und schon hatte der Schüler nickend sein Schwert gezogen. Angeal aber seufzte nur und schüttelte den Kopf. “Ich sagte doch ohne Waffen!” Was bei Odin war so schwer daran, auch nur eine Minute zuzuhören?

“Gib her.” befahl er daher und plazierte das Schwert seines Schülers außer Reichweite. “Also noch einmal: Alles was Du dieses Mal tun sollst, ist ausweichen, verstanden? Keine Angriffe, keine Materia, nichts. Achte darauf, in Bewegung zu bleiben. Aber das wird Dir ja nicht schwer fallen. Und achte auf Deine Deckung. Deine Gegner werden von allen Seiten kommen. Es geht nur darum, nicht getroffen zu werden, verstanden?!”

Der etwas hilfslose Blick seines Schülers verriet deutlich, dass er zumindest dieses Mal verstanden hatte, worum es ging.

“Aber womit...”

“Hier, das sollte als Deckung genügen.” Mit diesen Worten drückte der Commander dem Jüngeren ein flaches Stück Holz in die Hand und trat aus dem Übungskreis, um die Simulation zu aktivieren. Vielleicht würde diese Übung ja helfen, um dem Jungen etwas Konzentration einzubläuen.

Die Simulation beinhaltete mehrere kleine Drohnen, die sich zunächst nur von einer, später aber von mehreren Seiten auf den Soldaten zubewegten und kleine Geschosse auf ihn abfeuerten. Nichts wirklich lebensgefährliches, aber Angeal hätte es auch nicht verantworten können, den Schüler schutzlos in den Ring zu schicken, wenn wirklich Gefahr drohte.

Und tatsächlich- zunächst schien es wirklich so, als würde sich Zack Fair das erste Mal wirklich damit befassen, nicht getroffen zu werden. Ein Fortschritt... zweifellos. Selbst mit dem lächerlichen Stück Holz führte er einige ordentliche Paraden aus, die sich durchaus sehen lassen konnten. Aber nicht nur das- dieser Junge schien eine gewisse Gabe dafür zu besitzen, sich gewandt auf dem Übungsfeld zu bewegen, ohne dabei außer Atem zu kommen. Gerade noch befand er sich mitten im Sprung, um einem feindlichen Geschoss auszuweichen, da stützte er sich auch schon mit einer Hand am Boden ab, tat den nächsten Satz und landete gekonnt hinter einer anderen Drohne. Fast schon hätte Angeal Grund zu einem zurückhaltenden Lächeln gehabt.

Der Grund aber sollte schneller vergehen als befürchtet, als der schwarzhaarige 3rd Class SOLDIER von seinem eigenen Übermut ergriffen wurde. Dem letzten Angriff war er ausgewichen- doch anstatt sich für erneute Attacken bereit zu machen, nutzte Zack Fair den günstigen Moment, um mit dem Stück Holz auf eine der Drohnen einzuschlagen und sie so zum Zerbersten zu bekommen. Die Erste konnte er so erstaunlicherweise sogar unschädlich machen. Und auch die Zweite wurde derart hart von seinem Stiefel getroffen, dass sie an der nächsten Wand zerschellte. Allerdings war er dabei derart abgelenkt, dass er die sieben weiteren Drohnen aus den Augen verlor, die schnell begannen, den ungeschützten Rücken des Soldaten zu attakieren.

“Simulation Stopp.” knurrte Angeal leicht genervt, so dass die Angreifer augenblicklich bewegungslos verharrten, während sich der überrumpelte Schüler noch den getroffenen Rücken rieb.

“Was war los?” begann der Commander rau. “War meine Instruktion nicht verständlich genug? Ausweichen, decken, nicht angreifen!”

Zack Fair aber hob nur hilflos seine Schultern und schüttelte resigniert den Kopf. Es war einer der seltenen Momente, in dem das Strahlen aus seinen Augen verschwunden war.

“Wenn Du nicht anfängst zuzuhören, wirst Du keine zwei Minuten in einem echten Kampf überleben! Deine ganze Stärke wird Dir nicht helfen können, wenn Du Deinen Kopf nicht einsetzt!" Angeal machte sich wenig Mühe, es dem Jungen in einem weniger rauen Ton beizubringen. All das, was er hier sagte, hatte er ihm zuvor schon erklärt. Wenn dieser Soldat nicht in der Lage war zu lernen, dann war er hier am falschen Ort... und die Hoffnungen des Direktors fehlgeleitet.

"Stolz und Ehrgefühl, Junge!"

Zack Fair starrte seinen Vorgesetzten an, als würde er nun endgültig nicht mehr verstehen, was gemeint war. Und doch schien er sich zunächst nicht dazu durchringen zu können, die Frage zu stellen, die eindeutig in seinen Augen brannte. Dieser Junge hatte absolut keine Ahnung von wahrem Stolz... und von Ehre... ? Angeal wagte nicht zu hoffen, dass in diesem jungen Geist eine Haltung zu finden wäre, die ihm bisher verborgen geblieben war.

"Stolz..." begann der ältere Soldat daher und musterte seinen Schüler dabei mit hinter dem Rücken verschränkten Armen. "... Du brauchst ihn, um Deinem Gegner mit erhobenen Hauptes zu begegnen. Vergiss niemals, dass Du ein SOLDIER bist. Kämpfe für Deine Ziele und nur für sie. Stolz ist es, was Du immer hier mit Dir tragen musst, wenn Du in den Kampf gehst." Dabei tippte er dem Kleineren mit dem Zeigefinger leicht auf die Stirn, so dass dieser wie automatisch seinen Blick senkte. Doch es war nur ein kurzer Augenblick, dann trafen die fast schon leuchtend türkisen MAKO-Augen wieder die ihres Mentors. Eine Selbstsicherheit lag in ihnen, die Angeal beinahe schon lächeln ließ. Er würde verstehen, was er versuchte ihm zu lehren. Eines Tages würde er verstehen. Und das war mehr als es oft zu hoffen gab.

"Ehre..." fuhr der 1st Class SOLDIER fort "... Ehre, nicht immer den leichtesten Weg zu wählen, sondern den, den Dein Herz Dich leitet. Kämpfe niemals, wenn es Deine Ehre nicht gestattet. Ein guter Soldat wird nicht nur Befehle ausführen. Er wird für sie Leben. Lebe für Deine Aufgabe, für den einen Moment des Kampfes." Die Brust des Jüngeren bebte stark durch dessen Herzschlag, als Angeal seine Handfläche für einen Moment dort plazierte. "Triff Deinen Gegner mit dem Herzen. Dann wird auch Dein Schwert seinen Weg finden."

Angeal trat einen Schritt zurück und musterte den jungen Mann vor seinen Augen. Ein harter Weg würde vor ihm liegen. Die Schlachten, die Verluste, das Töten durch das eigene Schwert... das alles würde er nicht lange ertragen können, wenn er nicht seinem Ehrgefühl folgen würde. Es war so ein schmaler Pfad, den ein Soldat zu gehen hatte. Dieser Junge hier hatte nicht verdient, daran zu scheitern.

"Stolz und Ehrgefühl, Zack. Du wirst beides brauchen, um ein guter SOLDIER zu werden." Damit hatte er sich umgewandt und ergriff das Schwert, welches er Zack Fair zuvor abgenommen hatte. "Ich will Dich heute nicht mehr im Trainingsraum sehen. Nimm Dir den Rest des Tages Zeit, um über die Simulation nachzudenken. Nächste Woche will ich eine bessere Leistung sehen." So reichte er dem reichlich verwundert aussehenden Soldaten sein Schwert und verließ ohne einen weiteren Blick den Trainingsbereich.

Auch wenn er den Jungen den ganzen Tag lang hätte trainieren lassen, so hätte es nichts genützt. Es war nicht seine Ausdauer, seine Technik oder seine Schlagfertigkeit, die es zu verbessern galt. Vielleicht täte es ihm tatsächlich besser, einfach einmal nur über eine Strategie nachzudenken. Angeal wollte, dass Zack Fair seine Worte auch verstehen würde. Er würde Zeit dafür benötigen.

Zack Fair aber stand nur eine lange Weile schweigend auf dem Trainingsgrund, versuchte zu verstehen, was er niemals zuvor hatte hören müssen und versuchte zu verstehen, warum er nur immer wieder Fehler machen musste.
 

~ ~ ~
 

V.

Direktor Lazard hatte seine Ankündigung wahr gemacht und Angeal tatsächlich von sämtlichen Missionen der nächsten Wochen freigestellt. Das gab dem Soldaten mehr als nur ausreichend Zeit, um den Ausbildungsstand der jungen Kadetten zu überwachen und dabei in Besonderem auch ein Auge auf Zack Fair zu haben. Bisher hatte er dem Direktor noch nicht Bericht erstattet- worüber auch? Es würde wenig Sinn machen, von dem ersten Einzeltraining zu berichten. Es war nicht im Geringsten verwunderlich, dass dieser Junge versagt hatte. Alles andere hätte Angeal für unrealitisch erachtet. Es würde Zeit brauchen, um seine Grenzen zu finden und sich ein Bild davon zu machen, ob sich eine verstärkte Ausbildung rentieren würde.

Doch obwohl Angeal ja eigentlich den 3rd Class SOLDIER fortgeschickt hatte, um ihn zum Nachdenken anzuregen, war er es im Endeffekt selbst, der den Rest des Sonntags damit verbracht hatte, über die Einstellung des schwarzhaarigen Soldaten nachzusinnen. Immerhin war er die einzige Mission, mit der er im Augenblick befasst war. Und er würde sie so gut wie nur möglich abolvieren.

Natürlich müsste man ihm Zeit gewähren. Wenn er zu früh zu stark gefordert werden würde, könnte das zweifellos vorhandene Talent möglicherweise Schaden davon tragen. Die Motivation des Jungen war dabei sicherlich nicht das Problem. Im Gegenteil- Angeal musste einen Weg finden, ihn in seinem Übermut ein wenig zu bremsen. Es würde nicht einfach werden, den schmalen Grad zwischen der zu fordernden Leistung und der bisher eindeutig mangelnden Disziplin zu finden.
 

In der kommenden Woche überwachte der Commander an jedem Morgen das Training der 3rd Class SOLDIER. Hauptsächlich Nahkampftraining, Ausdauer und Schwertkampf fiel in seine Verantwortung. Materia waren seiner Ansicht nach in diesem Ausbildungsstand eher hinderlich als von nutzen, da sie es den Schwächeren ermöglichen würden, ihre Defizite durch die zur Ausbildung zugeteilten immer gleich starken Zauber zu überspielen. In einem wirklichen Gefecht würden sie diese nicht zur Verfügung haben. Und Angeal wollte niemanden länger als nötig im Training behalten, der nicht aussichtreich für eine Karriere als SOLDIER sein würde. Schon jetzt war klar, dass in einem halben Jahr einige der Soldaten den Anforderungen nicht mehr gerecht werden könnten. Besser sie würden früher als später ausgesondert.

Was aber Zack Fair betraf, so erwartete Angeal schon jetzt weit mehr von ihm. Nach seinen bisherigen Leistungen zu urteilen, müsste er in seinen Fähigkeiten schon jetzt allen seinen Kameraden überlegen sein. Und doch gab es zu viele Kämpfe in denen er unterlag und zu viele Soldaten, die ihn im Streit leichtens bezwingen konnten. Noch immer stand ihm sein Kopf im Weg.

Das auch war der Grund, warum Commander Angeal diesen Schüler härter an sich arbeiten ließ als jeden Anderen. Er hatte nicht die Absicht, ihn unfair zu behandeln oder einen Unterschied zwischen ihm und den anderen Soldaten zu machen. Solange er sein Potential nicht zweifelsfrei beweisen könnte, gab es dazu keinen Anlass. Aber wie hätte er zulassen können, dass einer seiner Schützlinge weniger seines Könnens demonstrierte, als in ihm verborgen lag? Gerade dies wäre doch den anderen Schülern gegenüber nicht gerecht. So wurde der 1st Class SOLDIER nicht müde, den übermütigen Soldaten zu ermahnen und zurecht zu weisen.

Es war nicht unbemerkt geblieben, dass sich Zack Fair nach dem letzten Sonntag in seinem Eifer noch weiter gesteigert hatte. Ab und an schien es seinem Ausbilder sogar, als wäre der eine oder andere Hinweis auf die mangelnde Konzentration wirklich im Kopf des Jungen angekommen. Nur vergingen eben auch zu viele Momente, in denen ihm sein Leichtsinn einen sicheren Sieg verwehrte. Einen Grund ihn zu loben, hatte Angeal in der ganzen Woche nicht finden können.

Nicht an jedem Abend orderte der Commander diesen Schüler zu einem zusätzlichen Training. Es lag mit Sicherheit nicht daran, dass der Junge es nicht nötig gehabt hätte oder Angeal nicht die nötige Zeit dazu zur Verfügung gestanden hätte. Aber schon am ersten Abend, an dem Zack Fair in der Trainingshalle zu verbleiben hatte, während die anderen Schüler in Richtung kantine aufbrachen, war es dem älteren Soldat aufgefallen, wie diese Behandlung auf Zack und die anderen Zöglinge wirkte. Noch war der Moment nicht gekommen, ihm offen eine Sonderbehandlung zu teil kommen zu lassen. Er war noch lange nicht gut genug, als dass eine Bevorzugung gerechtfertigt wäre. Es würde dem Jungen eher schaden, in diesem Stadium von seinem Rudel getrennt zu werden. Der gegenseitige Wettstreit förderte den Ehrgeiz auf jeder Seite. Und auch dieser war eine erwünschte Grundlage in der Ausbildung guter Soldaten. Ebenso war Kameradschaft eine Lektion, die er Zack Fair nicht vorenthalten wollte. Es würde ihm mehr Probleme als Vorzüge verschaffen, schon jetzt offen eine Belohnung seines Lehrers für nicht ausreichende Leistungen zu erhalten. Das würde nur zu falschem Stolz und noch mehr Übermut führen. Und davon besaß er doch sowieso schon mehr als genügend.

Daher orderte Angeal den schwarzhaarigen Jungen lediglich an denjenigen Abenden zu einem zusätzlichem Training, an denen dessen Leistungen besonders unerfreulich gewesen waren. So könnte es nicht den Eindruck einer Belohnung oder Bevorzugung vermitteln. Aber auch wenn Angeal die Trainingsabende nach dieser Prämisse auswählte, gab es nicht zu wenige von ihnen. Zu viele Tage vergingen, an denen der Commander dem sonst so strahlenden Soldaten das Lächeln von den Lippen raubte. Vielleicht war er ein wenig zu hart zu dem Jungen. Aber es war nur zu seinem Besten, nicht wahr?

Die Einzeltrainings in dieser Woche glichen einander in fast jeder Einzelheit. Nachdem Zack Fair am letzten Sonntag gegen die Drohnen versagt hatte, hatte ihn Angeal kein einziges Mal mehr gegen sie antreten lassen. Statt dessen wählte er für seinen Zögling lediglich schwere Kampfsimulationen- zu schwer für einen fünfzehnjährigen 3rd Class SOLDIER, manche sogar zu schwer für einen 2nd Class SOLDIER der er vielleicht niemals werden würde. Das Gewinnen könnte er noch früh genug lernen. Nun sollte der Schwerpunkt zunächst einmal auf dem Überleben liegen- und das war schwer genug, bei den Monstern, die der Ausbilder auswählte. Zack Fair versagte an jedem Abend, manchmal sogar schon nach wenigen Minuten. Doch keine der Simulationen ließ Angeal den jungen Soldaten ein zweites Mal versuchen. In einem echten Gefecht gäbe es auch keinen zweiten Versuch.

Zack Fair ließ sich die Niederlagen niemals wirklich offen anmerken. Und doch bemerkte sein Mentor mit jedem Abend die wachsende Belastung auf seinen Schultern, welche die zusätzlichen Trainingsstunden verursachten. Es war nicht so, als ob er sich je über die zu harten Anforderungen beschwert hätte oder ein Zeichen von Erschöpfung gezeigt hätte. Nur das zufriedene Grinsen ging ihm im Laufe der Woche scheinbar schwerer von den Lippen. Jedes Mal wenn er einen Kampf verlor, wirkte er niedergeschlagener.

Auch das war nichts, das Angeal gerne verursachte. Aber diesem Jungen gebührte eine exzellente Ausbildung. Er würde lernen damit umzugehen.
 

Zack Fair gab seinem Lehrer auch wenig Grund, daran zu zweifeln. An jedem neuen Morgen erschien er voller Motivation und Tatendrang im Trainingssal und focht härter und strahlender als jeder Andere. Nach einigen Tagen waren seine Arme mit Blessuren und blauen Flecken aufgrund der zu starken Simulationen des abendlichen Trainings überdeckt. Der Rest seines Körpers war sicherlich in keinem besseren Zustand, doch es schien den Jungen nicht einmal zu kümmern.

Ab und an meinte der Commander sogar, Blessuren zu bemerken, die am Abend zuvor noch keineswegs vorhanden gewesen waren. In dieser Tatsache aber irrte er sich sicher nur. Vielleicht... machte er sich ja doch ein wenig zu viele Gedanken um diesen einen Soldaten.
 

Die Woche neigte sich dem Ende und noch immer gab es Direktor Lazard nichts zu berichten. Angeal hatte einen Report aufgesetzt, doch er beinhaltete nichts als eine Auflistung der Kampfsimulationen, mit denen Zack Fair in diesen Tagen konfrontiert worden war. Hinter jeder Simulation hatte der 1st Class Soldat ein ’fehlgeschlagen’ notiert. Neutral betrachtet sah das nicht wie die Statistik eines vielversprechenden Schülers aus. Aber was konnte ein Report schon aussagen? Für Angeal genügte es, den jungen Soldaten kämpfen zu sehen- an jedem morgen bewaffnet mit einem Grinsen auf den Lippen, an jedem Abend streitend gegen die eigene Resignation. Dieser Junge hatte das Potential. Nur war es noch nicht an der Zeit, dass Angeal dies vor sich selbst hätte zugeben können.
 

~ ~ ~
 

VI.

Annähernd zwei Wochen waren ins Land gegangen, seit dem Zack Fair sein erstes Sondertraining mit Commander Angeal zu absolvieren gehabt hatte. Letztendlich war kaum mehr ein Abend vergangen, an dem der junge Soldat nicht länger als seine Kameraden in den Übungshallen hatte verbleiben müssen. Doch niemals hatte er ein Wort der Beschwerde oder ein Zeichen der Resignation gezeigt. Sein Ausbilder hatte davon abgesehen, ihm den Grund für diese zusätzlichen Stunden mitzuteilen. Es hätte dem Jungen nur ein falsches Gefühl von Überlegenheit gegenüber seinen Kameraden gegeben. Und es war zu früh, um sein Potential abschätzen zu können. Ihm jetzt falsche Hoffnungen in Bezug auf die Ausmaße seines Könnens zu geben, wäre der Ausbildung nur hinderlich.

Als das Ende der zweiten Woche jedoch erreicht war und Zack Fair weder seine Aufmerksamkeit noch seine Konzentration durch die zusätzlichen Stunden hatte verbessern können, zweifelte auch 1st Class SOLDIER Angeal daran, den richtigen Weg gewählt zu haben. Es war nicht zu übersehen, dass der junge Soldat seine Technik verbessert hatte. Aber das bezog sich wohl mehr auf seine Schlagkraft und seine Schwerttechnik als auf das Hauptproblem seiner mangelnden Konzentration. Kaum dass er sich einem Gegner gegenüber sah, bei dem tatsächlich die Möglichkeit eines Sieges bestand, wurde er leichtsinnig, übermütig und verspielte so jeden Vorteil, den er eigentlich haben sollte.

Zunächst hatte Angeal versucht dieses Manko durch stärkere Kampfsimulationen zu bezwingen. Aber viel mehr als Schrammen und blaue Flecken konnte er dem Soldaten so nicht beibringen. Kaum dass er am nächsten Tage einem Gleichaltrigen zugeteilt wurde, schien jeder Fortschritt nur allzu fern zu sein. Nur eines hatte sich verändert- es kam nun weit seltener vor, dass Angeal seinen Schüler hätte grinsen sehen. Aber dieser neugewonnene Ernst hatte es nicht vollbringen können, Zack Fair auch nur den geringsten Fortschritt zu verursachen.

Vielleicht brauchte er nur etwas mehr Zeit. Er war noch jung. Zu hohe Erwartungen in ihn zu setzen, würde ihm am Ende nur schaden.

Und doch war sich Angeal auch so bewusst, dass die derzeitige Situation nicht leicht für den Soldaten sein konnte. Auch wenn Zack Fair nie etwas sagte, die fragenden Blicke seines Rudels, wenn der Junge einmal mehr auch für den Abend zum Bleiben geordert worden war, blieben auch dem Mentor nicht verborgen. Dazu kam die zusätzliche Anstrengung, die er als Infanterist so sicherlich nicht hatte durchstehen müssen. Am heutigen morgen erst hatte Angeal den Soldaten von dem täglichen Gemeinschaftstraining freistellen und zum nächsten Sanitäter schicken müssen. Es hatte sich herausgestellt, dass er aufgrund einer offensichtlichen Prellung der Rippen kaum mehr sein Schwert hatte heben können.

Dies war eine Gegenbenheit gewesen, über die der ältere Soldat aber noch bis in die Abendstunden hatte nachsinnen müssen. Eine derartige Verletzung hätte ihm doch auffallen müssen! Gerade bei den starken Kampfsimulationen der letzten Abende hatte er Wert darauf gelegt, den Jungen niemals aus den Augen zu lassen und ihm wenn nötig ausreichend Materia und Heilmittel zur Verfügung zu stellen, um zumindest ernsthafte Treffer zu lindern. Ihn derart verletzt aus dem Training gehen zu lassen, war einfach nur unverantwortlich. So ein Fehler durfte nicht noch einmal geschehen. Anderenfalls bestünde keine Alternative als an Direktor Lazards Auswahl eines angemessenen Lehrers zu zweifeln.

Zum zweiten Mal am heutigen Abend arbeitete Angeal die Protokolle der letzten Tage durch. 'Fehlgeschlagen' ... 'Abbruch nach 3 Minuten'... 'Fehlgeschlagen'. Waren die Anforderungen zu hart? Es ging ja gar nicht darum, dass er gewinnen könnte. Ein Sieg war vollkommen ausgeschlossen. Aber auch er tat dies hier zum ersten Mal. Dutzende Soldaten hatte er ausgebildet zu guten Kämpfern. Aber noch niemals war ihm auferlegt worden, die Schwächen eines Einzelnen derart gezielt zu beheben. Normalerweise konnte er sich nicht leisten, seine Aufmerksamkeit auf nur einen der Schüler zu richten. Entweder sie konnten mit dem Ausbildungstempo mithalten oder sie würden ausgesondert werden. Ob sie Potential zu mehr hatten, das war bisher nicht seine Sorge gewesen. Mit schwächeren Soldaten hatte er umgehen gelernt. Aber mit besonders talentierten? Das war auch für den Commander Neuland.

Wenn es um eine Selbstbeurteilung gegangen wäre, hätte sich Angeal wohl kaum mit lobenden Worten bedenken können. Vielleicht war er zu ungeduldig mit dem Jungen. Aber bisher hatte er ja nicht einmal eine Ahnung, ob er mit ihm überhaupt auf dem richtigen Weg wäre.

Ein piepsender Alarm, ausgehend von der Uhr an seinem Nachttisch, riss den Soldaten aus seinen Gedanken. Zeit für das Training. Dieses Mal jedoch nicht für die jungen Kadetten, sondern für den 1st Class SOLDIER selbst. Ein weiteres Ritual zu jedem neuen Wochenende, das er seit einigen Jahren mit seinen engsten Freunden teilte. Und seit es dem neu berufenen Ausbilder verwehrt worden war, an Missionen teilzunehmen und so der Enge des ShinRa Konzerns für einige Tage zu entfliehen, auch eine willkommene Abwechslung und eine gern gesehene Gelegenheit, um die eigenen Fähigkeiten aufrecht zu erhalten und immer wieder neu zu schulen.

Fast schon ein sehnsüchtiges Lächeln strich über sein Gesicht, als er das breite Schwert ergriff, das schon viel zu lange Tage unbewegt an der Wand seines Zimmers hatte ruhen müssen. Ein einfacher Schwung aus dem Handgelenk, dann saß die Waffe schon sicher in ihrer Halterung. Es war nicht seine Art, einer auferlegten Arbeit kritisch gegenüber zu stehen. Aber schon jetzt musste Commander Angeal zugeben, dass ihm die Feldmissionen irgendwie fehlten.
 

Nach Monaten und Jahren des Gleichklangs wunderte sich der Soldat nicht mehr darüber, dass sich seine Freunde nicht pünktlich vor dem Trainingsraum einfanden. Von Anfang an hatte General Sephiroth die Gunst der Verzögerung genutzt, um einen seiner berühmten Auftritte zu inszenieren. Man konnte davon ausgehen, das Training regelmäßig ohne ihn zu beginnen und zu irgend einem Zeitpunkt mit der Spitze seiner Klinge konfrontiert zu werden. Es störte Angeal nicht, denn es gehörte zum Training hinzu. Welcher Gegner kündigte sich auch an, bevor er in den Kampf angriff?

Was Genesis betraf, so liebte er die Theatralik eines gekonnten Eingriffs nicht weniger als sein Vorbild. Fast schien es Angeal, als würden die beiden an jedem Wochenende einen Wettstreit führen, um den jeweils anderen in dieser Hinsicht zu übertrumpfen. Nachdem Sephiroth Angeals altem Kindheitsfreund in der letzten Woche unerwartet die Klinge an den Nacken gesetzt hatte, während dieser noch in einem Kampf mit Angeal verwickelt gewesen war, erwartete der Commander nicht, auch nur einen von ihnen annähernd pünktlich anzutreffen.

Nun, es sprach ja nichts dagegen, nicht selbst schon eine Simulation zu bestreiten um etwas für das wirkliche Training warm zu werden.

Um diese späte Uhrzeit hielt sich nicht einmal mehr Servicepersonal im Kommandobereich der Trainingshallen auf, so dass sich der Soldat selbst an den Überwachungscomputer wandte.

"Zugangsautorisierung Hewley. Anzeige Trainingssimulation 9-12-1. Simulation auf Anfang. Trainingsgrund 1."

"Negativ." ertönte die metallische Stimme des Überwachsungssystems. "Trainingsgrund 1 belegt. Bitte alternative Anordnung."

Der Commander hob eine Augenbraue. Sollten sie dieses Mal etwa pünktlich gewesen sein? Trainingsgrund 1 lag direkt neben der Kommandozentrale, doch im Moment waren die Schutzwälle herunter gelassen, so dass die Sicht durch die Panzerglasscheiben durch starke Metallplatten versperrt wurde. "Anzeige Initiierungsautorisierung Trainingsgrund 1." Man sollte immerhin wissen, zu welchem Löwen man im Begriff war, herab zu steigen.

"Zugangsautorisierung Fair."

"Fair?" Commander Angeal klang reichlich verwirrt. Seit wann befand sich ein Offizier Fair im ShinRa Gebäude? "Klassifizierung."

"Klassifizierung Fair, Zack. SOLDIER 3rd Class. Level 7, LP 6.."

"Ende." Zack Fair? Der 1st Class SOLDIER wusste für einen Moment tatsächlich nicht, ob er der Klassifizierung glauben sollte. Was machte einer seiner Schüler um diese Uhrzeit im Trainingsraum? Und das noch so eindeutig ohne Aufsicht? Aber nicht nur das... es war ja nicht irgend ein Schüler. Der erste Gedanke, der Commander Angeal kam, war ob der Junge nicht einmal mit dem zusätzlichen Training genügend ausgelastet war. Diese Überlegung wurde jedoch schnell verdrängt, von einer neuen Frage im Kopf seines Lehrers. "Klassifizierung Trainingssimulation." Was bei Odin trieb der Junge darin?

"Trainingssimulation 5-1-1."

Was?!

"Der schon wieder..." Es war die Stimme seines Freundes, die Angeal herumfahren ließ und es ihm nicht gestattete, die Antwort wirklich zu realisieren.

"Genesis..."

Der Besagte hielt sein Schwert in einer Hand und bedachte den alten Freund mit einem dieser seltsamen Lächeln, die er schon seit seiner frühsten Kindheit getragen hatte. Doch es wurde schnell von dem schwarzhaarigen Soldaten unterbrochen. "Was meinst Du damit?"

Genesis aber zuckte nur die Schultern und trat an dem Fragenden vorüber, um sich an einem der Computer manuell zu registrieren. "Er war gestern schon hier. Und am Abend zuvor. Irgend so ein Kadett. Sie sind ja wirklich überall. Fast schon wie Donnervögel. Gestern habe ich ihn hinausgeworfen. Aber ich frage mich schon, was er hier macht. Ich habe ihn kämpfen sehen... kindisch." Von seinen Lippen klang fast jedes Wort wie überheblicher Hohn. Aber Genesis meinte es wohl auch ganz genau so.

Angeal aber hatte keine Zeit, um sich um den Tonfall des Freundes Gedanken zu machen. Zack Fair trainierte hier mitten in der Nacht? Und das nicht einmal zum ersten Mal? ... Mit Trainingssimulation 5-1-1?

Diese Mission hatte ihm der Commander am letzten Abend präsentiert- vor allem Angriffe von Höhlenmonstern mit starken Feuerzaubern. Der Junge hatte es 3 Minuten 21 überstanden. Und jetzt versuchte er erneut sein Glück? Alleine!?

"Keine Sorge, ich werde ihn uns vom Leib schaffen." raunte Genesis in seinem ewig theatralischen Unterton. Angeal aber schüttelte energisch den Kopf, bevor er den Raum in Richtung des Trainingshangars durchschritt. "Warte bitte. Ich kümmere mich darum. Er ist einer meiner Schüler."

Es war an Genesis, eine Augenbraue zu heben. Doch tatsächlich tat er wie erbeten und nahm auf einem der Drehstühle Platz. "Computer, Schutzwälle deaktivieren." Einer Angeals Schüler also... Genesis hatte sich schon immer gefragt, woher der Freund die Muße für die Ausbildung der jungen Hunde hatte.

Die Schutzwälle verschwanden wie von geisterhand und gaben die Sicht auf Trainingsgrund 1 frei, den 1st Class SOLDIER Angeal gerade betreten hatte. "Computer, Stimmübertragung aus Hangar 1 aktivieren."
 

3rd Class SOLDIER Zack Fair kämpfte hart und beherzt gegen die drei Bomber in der Höhlensimulation. Diese Biester waren nicht einfach zu bezwingen und Simulation 5-1-1 gehörte mit Sicherheit nicht zu denen, die für einen Soldaten seines Levels angemessen gewesen wären. Doch allem Anschein nach hatte er bisher zumindest keinen kompletten Fehlschlag erlitten. Immerhin stand er noch einigermaßen aufrecht auf den Beinen, als Commander Angeal die Trainingssimulation betrat.

Der junge Soldat bemerkte nicht einmal die Anwesenheit des Ausbilders und diesen hätte es auch mehr als überrascht, hätte er es tatsächlich vermocht, einmal wirklich aufmerksam zu sein und auch seinen Rücken zu decken.

Und doch musste der Lehrer eingestehen, dass Zack Fair Fortschritte machte.

Angeal hatte dem jungen Schüler am letzten Abend die gleiche Simulation präsentiert. Wie jedes Mal hatte er ihm nach einer ausführlichen Anweisung über die Kampfweise der Monster nur einen einzigen Versuch gegeben, gegen sie zu bestehen. 3 Minuten 21. Heute früh hatte er den Soldaten in den Krankenflügel schicken müssen. Den ganzen Abend nun hatte er sich Vorwürfe gemacht, ihn mit zu harten Aufgaben zu konfrontieren. Nun sah er ihn schon wieder kämpfen.

Im Gegensatz zum gestrigen Abend hatte der Junge seine Technik verbessert. Er schien nun besser darauf Acht zu geben, welcher der Bomber eine Vergrößerung vorbereitete und attackierte diesen augenblicklich mit schnellen Hieben seines Schwertes. Und doch war es für seinen Ausbilder ohne Frage, dass auch dieser verloren gehen würde. Die Hiebe waren nicht annähernd kraftvoll genug, um einen ausreichenden Schaden zu bewirken. Dazu kam die offensichtliche Einschränkung durch einen Verband, der noch immer deutlich unter den Rüstungsteilen der SOLDIER Uniform herausklaffte. Seine Bewegungen müssten schneller sein. Doch es schien, als könnte er das Schwert noch immer kaum höher als bis zu seiner eigenen Stirn heben.

Nun, es war niemals der Sieg gewesen, den Angeal dem jungen Soldaten hatte lehren wollen, sondern die richtige Technik. Und das hier sah eindeutig nach einem Schritt in die richtige Richtung aus. Wenn da nicht die Tatsache wäre, dass es weit nach 22 Uhr war und der Soldat wahrlich nicht autorisiert war, um diese Simulation auzutesten.

Nach ihrer Beförderung zu 3rd Class SOLDIERn war es den Kadetten zwar gestattet worden, den Trainingshangar und die gespeicherten Missionen auszutesten, Angeal selbst konnte sich jedoch gut daran erinnern, ihnen mehr als nur einmal eingebleut zu haben, nur Simulationen unter Aufsicht zu bestreiten- und nur solche, die dem Level eines jungen 3rd Class Soldaten entsprachen. Zack Fair musste wohl wieder einmal unaufmerksam gewesen sein.

Genauso unaufmerksam, wie er eben jetzt auch wieder war. Während er noch einen Bomber attackierte, um eine durchgeführte Vergrößerung zu bekämpfen, bereitete ein weiteres Monster hinter seinem Rücken die Selbstzerstörung vor.

Erst jetzt begriff der Commander, dass die Verletzung des Jungen möglicherweise wirklich nicht unter seiner Aufsicht geschehen war.

Missbilligung zeichnete sich auf seinen Zügen ab. "Computer, Simulationsübernahme Simulation 5-1-1. Autorisierung Heweley. Simulation Ende!"

Kaum hatte er den Befehl ausgesprochen, verharrten die Bomber auch schon regungslos in der Höhlensimulation und bauten sich zusammen mit dieser im nächsten Augenblick in Computerdaten ab, um den Blick auf einen schlecht beleuchteten Hangar 1 freizugeben.

Zack Fair aber fuhr vollkommen überrascht herum. Er hielt sein Schwert noch immer schwer atmend umklammert, als er sich die Simulationsbrille vom Kopf nahm. Sein Blick sprang von Verwirrung zu Sorge und eindeutigen Befürchtungen. Nun, er hatte auch allen Grund dazu.

"3rd Class SOLDIER Zack Fair?... Was genau machst Du hier?" Angeals Stimme klang rau und hart. Aber was hatte der Junge auch erwartet? Es war eindeutig mehr als eine Anweisung, die der Soldat hier umgangen hatte.

Der Angesprochene hatte nun endlich sein Schwert gesenkt. Sein Blick aber sprach Bände. Es war offensichtlich, dass es einige Situationen gab, in denen er gerade lieber gewesen wäre.

Bevor der jüngere Soldat jedoch etwas hätte sagen können, hatte Commander Angeal schon die Arme vor der Brust verschränkt und war fortgefahren. "Simulation 5-1-1 ist nicht geeignet für 3rd Class SOLDIER. Zudem ist es ausdrücklich untersagt, sich ohne Aufsicht hier aufzuhalten. Ich erwarte eine Erklärung."

Tat er das wirklich? Nun, in gewisser Hinsicht sicher. Letztlich war es für ihn kaum begreiflich, wie ein einzelner Schüler derart viel Motivation aufbringen konnte, um neben den zusätzlichen Trainingseinheiten noch weitere Kämpfe zu bestreiten. Wahrscheinlich konnte er mit den Niederlagen einfach nicht umgehen. Wie es Angeal vermutet hatte.

Zack Fair hatte mittlerweile wieder einigermaßen Atem gefunden und mied den Blick seines Ausbilders nun so gut es ging, ohne den Blickkontakt zu brechen. Das musste man ihm lassen- er hatte zumindest die Stärke, nun nicht auszuweichen.

"Sir, ich dachte... zusätzliches Training.."

Aber Angeal ließ ihn nicht einmal aussprechen. "Du bist noch immer verletzt, Soldat. Gehe ich Recht in der Annahme, dass dies nicht Dein erster Befehlsverstoß gewesen war? Nicht Dein erster Abend hier?"

Zack Fair zuckte bei dem Wort 'Befehlsverstoß' eindeutig ungewollt zusammen. Doch seine MAKO-blauen Augen wichen noch immer nicht aus, als er langsam den Kopf schüttelte.

"Wie oft bisher?"

Der Junge zog eine unglückliche Grimasse. "Jeden Tag... Seit einer Woche..., Sir!"

Angeal nickte nur. "Und die Verletzung? Woher?"

"Gestern Nacht, Sir. Ein Bomber. Ich war unvorsichtig."

"Das kann ich mir denken." Offensichtlicher Missmut sprach aus der Stimme des Älteren. Zwar musste er sich so nicht vorwerfen, bei einem Trainung die Verletzung eines Schülers übersehen zu haben. Doch war es nicht um Einiges unverzeihlicher, übersehen zu haben, dass einer seiner Schützlinge jeden Abend solche Dummheiten beging? Eindeutig ... eine nicht akzeptable Nachlässigkeit.

"Nun, Soldat, ich gehe davon aus, dass Du Dir bewusst darüber bist, dass dies Konsequenzen haben wird." Angeal machte eine kurze Pause und beobachtete den eindeutig reichlich unglücklichen Jungen vor sich. Schon seltsam, wie viel es doch ausmachte, wenn das Grinsen von seinen Lippen verschwand.

"Gerade von Dir hätte ich Anderes erwartet. So eine ... Dummheit war wirklich nicht nötig. Sag, ... ist Dein Training nicht ausreichend?"

Möglicherweise eine recht unpassende Frage. Aber es beschäftigte den Älteren tatsächlich. Immerhin hatte er in den letzten zwei Wochen sein Augenmerk ausschließlich auf diesen jungen Soldaten gelegt. Dessen Verhalten stellte allerdings die Methoden des Ausbilders in Frage. Der Junge... schien wahrlich nicht ausgelastet zu sein.

Zack Fair aber schüttelte eilig den Kopf. "Nein, Sir!"

Commander Angeal musterte ihn mit einem zweifelnden Blick. Nicht gerade eine befriedigende Antwort. Wieder eine Pause, in der er den Kleineren beobachtete, der offensichtlich mit Kräften und Nerven am Ende war.

"Nun gut, 3rd SOLDIER Zack Fair. Dein Training für heute Abend ist beendet. Geh jetzt zum Sanitätszimmer. Das ist keine Bitte! Und morgen früh meldest Du Dich um acht Uhr in Hangar 2. Dann will ich eine ordentliche Erklärung für Deine Befehlsverstöße. Und bereite Dich auf ein weiteres Trainung vor."

Es hatte keinen Sinn, den Soldaten heute noch weiter zu fordern. Er konnte sich ja kaum mehr auf den Beinen halten. Morgen früh würde noch genug Zeit sein, um eine Erklärung zu erhalten. Und es würde dem Jungen sicher auch nicht schaden, ein paar Stunden über seine Verstöße nachzudenken. Ob er überhaupt begriff, wie gefährlich sein Verhalten für ihn hätte sein können?

Angeal Hewley hatte sich gerade zum Ausgang gewandt, um den Raum zu verlassen und mit Genesis über das kommende Training zu sprechen, als er die Stimme des Soldaten erneut vernahm. "Warum?!..."

Augenblicklich fixierten die Augen des Commanders wieder die des Jüngeren, der vollkommen überrascht einen Schritt zurück tat. Es war offensichtlich, dass er über seine Frage selbst erstaunt war.

"Bitte?"

Zunächst sagte Zack Fair rein gar nichts, sondern starrte nur verbissen auf den Boden vor seinen Füßen. Dann jedoch hob er fast schon ruckartig den Kopf und starrte seinen Ausbilder fragend an.

"Warum... Sir! Warum... morgen wieder ein Training? Warum... noch immer?"

Angeal runzelte die Stirn und verschränkte erneut die Arme vor der Brust. Hatte dieser Junge wirklich die Absicht, ihn heute Abend noch wütend werden zu lassen? So viel Respektlosigkeit versammelt in einem Schüler war wirklich außergewöhnlich. "Weil ich es Dir befohlen habe, Soldat."

Der Angesprochene schüttelte erneut den Kopf. Sein Blick war ein Ausdruck aufrichtigen Elends, als er vorsichtig weiter sprach. "Das meine ich nicht Sir. Verzeihen Sie. Ich..."

"Raus damit, Soldat! Langsam solltest Du ja wohl genügend Übertretungen für einen einzigen Abend gewagt haben."

Zack Fair blickte seinen Lehrer an, als hätte man ihm in den Magen getreten. doch als Angeal schon glaubte, der Junge hätte endgültig seine Fähigkeit zu sprechen verloren, brach es auf einmal aus ihm heraus. "Warum die zusätzlichen Trainings? Warum ich? Sie ... sie sehen doch, dass ich es nicht schaffe! Was macht es für einen Sinn? Ich kann ja offensichtlich nicht, was sie von mir sehen wollen. Warum... haben sie nicht genug gesehen?"

Es war wohl das Letzte, das Commander Angeal von seinem Jungen Schüler erwartet hätte. Doch der Junge hatte noch lange nicht genug gesagt. "Ich verstehe es nicht. wenn ich ihren Anforderungen nicht gerecht werde, dann..." er schüttelte den Kopf und ballte die freie Hand zu einer zitternden Faust, während er seinen Blick wieder zweifelnd auf das Gesicht des Älteren legte. "Was ... wollen sie noch von mir sehen? Ich kann es doch anscheinend sowieso nicht... Sir!"

Eine Zeit verging, in der Angeal den Haufen Elend in Gestalt seines Schülers lediglich musterte. Diese Worte waren unerwartet gekommen. Doch sie spiegelten die Gefühle wider, die der Commander in den Augen des jungen Soldaten zu sehen glaubte. Hatte er ihn tatsächlich so falsch eingeschätzt?

"Deswegen die nächtlichen Trainings, nicht wahr Soldat?"

Fast schon schuldbewusst senkte der Jüngere den Blick. "Ich kann es noch schaffen." murmelte er leiser. "Ich... schaffe es, Sir! Ich muss nur härter trainieren. Ich wollte sie nicht enttäuschen. Ich schaffe es! Bis zum Winter ist doch noch Zeit, nicht wahr? Bis zur Beurteilung..."

Darum ging es also. Die Beurteilung. Fast schon hätte Angeal schmunzeln können- wenn diese Situation nicht so schrecklich ernst gewesen wäre. Dieser Junge fürchtete also tatsächlich darum, ausgemustert zu werden! Wenn er nur wüsste, wie weit er davon entfernt war.

Nun war es an Angeal, den Blick für einen kurzen Augenblick zu senken. Möglicherweise war er das alles wirklich falsch angegangen. Denn war es denn wirklich so seltsam, dass er genau diese Fragen stellte, genau diese Vermutungen hegte? An fast jedem Abend Sondertrainings... und jedes Mal hatte er eine Niederlage einstecken müssen. Vielleicht hatte Angeal die Ausbildung falsch begonnen.

Der Commander hatte den Blick wieder gehoben und betrachtete nun die unsicheren türkisnen Augen seines Schülers. Vielleicht war es an der Zeit, ihm etwas mehr zu vertrauen. Hatte er denn nicht schon genug seiner Motivation bewiesen.

"Nun Soldat Zack Fair" begann Angeal daher langsam und ernst. "Wie viele Kämpfe hast Du heute gegen Deine Kameraden verloren, bevor Du das Training beendet hast?"

Zunächst war es ein verwirrter Blick des Jüngeren. Bevor er jedoch eine Antwort hätte geben können, fuhr sein Lehrer schon fort. "Es waren drei. Eins- Deckung vernachlässigt. Du hast mit einem hohen Angriff begonnen und Deine Deckung an der Seite vernachlässigt. Zwei- Dein Gegner hat schon gestrauchelt. Du trittst zur Seite und gibst seinem Schwert Raum. Treffer am linken Oberschenkel. Drei- Zu viel Kraft in den Angriff gelegt. Dein Gegner tritt zur Seite. In einem wirklichen Gefecht, hätte er Deinen Nacken durchtrennt."

Zack Fairs Augen waren mit jedem Wort größer und größer geworden. Aber es musste für ihn ja auch unerwartet erscheinen, dass sein Ausbilder jeder seiner Fehler bemerkt hatte. Schließlich gehörte er zu einem Rudel von mehr als einem Dutzend Schülern. Ein normaler Soldat hätte diese Aufmerkssamkeit wohl niemals erlangt. Aber Zack Fair war auch kein normaler Soldat. Vielleicht war es wirklich besser, wenn er es langsam begreifen würde.

"Und wie viele dieser Niederlagen hättest Du erleiden müssen?" fuhr der Ältere fort.

"Sir...?"

"Keine, Soldat! Keine Einzige. Wenn Du so kämpfen würdest, wie Du es eigentlich kannst, dann hättest Du nicht einen Kampf verloren. Aber Du bist unaufmerksam und überschätzt Dich in einer Weise, die Dich zu Leichtsinnigkeit treibt. Du kannst es besser, Soldat! Deswegen die zusätzlichen Trainings."

Zack Fair starrte den Commander noch immer an, als könnte er nicht fassen, was er zu hören bekam. "Sir, ich... verstehe nicht. Ich versuche es doch. Ich... ich werde härter trainieren, damit ich mithalten kann. Sir, ich will sie nicht enttäuschen! Es ist doch noch Zeit, nicht wahr? Ich meine, sie wollen doch nicht..."

Angeal hob seine Handfläche um den verunsicherten Jungen endlich zum Schweigen zu bringen.

"Zuhören ist nicht Deine Stärke, nicht wahr?" meinte er fast schon wohlwollend. "Ich erwarte nicht von Dir, dass Du mit Deinen Kameraden nur mithältst. Ich habe es Dir gesagt- wenn Du so kämpfen würdest, wie Du es eigentlich zu tun vermagst, dann würdest Du keinen einzigen Kampf gegen sie verlieren. Du hast Potential. Sieh das zusätzliche Training als Chance."

Zack Fairs Augen hätten größer kaum sein können. Aber jetzt da der Commander geendet hatte, war der miserable Ausdruck aus ihnen fast schon verschwunden. Er hatte genug gesagt... ganz eindeutig.

"Aber komm mir ja nicht auf die Idee, noch einmal alleine eine Simulation zu aktivieren, wenn Du das nächste halbe Jahr noch hier verbringen willst. Wenn Du trainieren willst, dann komm zu mir, verstanden Soldat?

Es brauchte ein wenig, bis Zack Fair zu nicken begann, doch dann war es von dem gleichen Enthusiasmus geleitet, mit dem er normalerweise einen Angriff vollführte.

Vielleicht hatte Angeal ja wirklich einen Fehler gemacht. Wenn der Junge wirklich geglaubt hatte, er wäre nah daran, ausgemustert zu werden... vielleicht war er wirklich zu hart gewesen.

"Morgen früh, acht Uhr. Und jetzt raus hier." meinte er schließlich, als ihn der junge Soldat auch nach einer Ewigkeit noch mit riesigen Augen anstarrte.

Einen weiteren Augenblick blieb er bewegungslos, dann war er auch schon auf dem Sprung. "Natürlich Sir."

Angeal blieb zurück und betrachtete eine Zeit lang schweigend den leeren Hangar vor sich. Es wäre vielleicht nicht nötig gewesen, dem Jungen so viele Zweifel aufzubürden. Dass er deshalb jeden Abend hierher gekommen war.... der Commander schüttelte den Kopf. Ein starker Wille. Aus diesem Jungen würde etwas werden.

"Fast schon niedlich, nicht wahr?" raunte Genesis vom Eingang des Hangars herüber und strich genüsslich mit den Fingerspitzen über die Klinge seines Schwertes.

"Ein guter Schüler." bemerkte Angeal trocken. Genesis aber lächelte nur verschmitzt und betrat das Trainingsfeld.
 

~ ~ ~
 

VII.

Die Konsequenzen des vergangenen Abends waren für Zack Fair reichlich milde ausgefallen. Sein Ausbilder hatte lediglich veranlasst, ihn einen detaillierten Aufsatz über die möglichen Konsequenzen einer Befehlsmissachtung verfassen zu lassen. Letztlich fühlte er sich in gewisser Hinsicht für das Verhalten des Jungen ebenso mitverantwortlich. Dieser hatte es seinem Lehrer ja nur recht machen wollen. Dennoch war es natürlich klar, dass ein Regelverstoß schon aus Gerechtigkeits- und Abschreckungserwägungen nicht ungesühnt bleiben könnte. Und so übermüdet und zerknirscht wie Zack Fair gewirkt hatte, als er das Ergebnis seiner Schreibkünste vor seinen Kameraden dem Ausbilder hatte übergeben müssen, hatte er vielleicht sogar wirklich etwas daraus gelernt.
 

Objektiv betrachtet war allerdings wohl nichts für die Ausbildung des jungen Soldaten tunlicher gewesen, als ihm derart deutlich sein Talent zuzusprechen, wie es der 1st Class SOLDIER an jenem Abend getan hatte. In den kommenden Tagen zumindest überraschte Zack Fair mit mehr als nur überragendendem Enthusiasmus. Das Grinsen, welches sein Ausbilder schon an dem allerersten Trainingstag bemerkt hatte, verließ das Gesicht des Jungen nun tatsächlich keinen einzigen Moment mehr. Selbst wenn er, wie an fast jedem Tag, eine Niederlage einstecken musste, ging er nicht wirklich schweren Herzens damit um. Sicher sah man ihm die Enttäuschung an- sicher auch ab und an die körperliche Anstrengung oder die eine oder andere Verletzung, aber an seiner Freude an dem, zu dem er beordert wurde, hätte niemand zweifeln müssen. Für einen Krieger wie Angeal Hewley, der sich ein Leben lang in stoischer Ruhe und Zurückhaltung erprobt hatte, war es beinahe eine Freude, die Begeisterung in den Augen des Jungen zu sehen. Diese Einstellung würde Zack Fair einmal weit bringen- wenn es der Commander denn schaffen würde, ihn so weit auszubilden, dass er die wirkliche Welt überleben könnte.

Wenn Angeal tatsächlich noch Zweifel an dem Talent seines Schülers hatte, so schwand es stetig mit einer Unauffälligkeit, die es den Ausbilder gar nicht so recht bemerken ließ, wann er angefangen hatte, Hoffnungen in die Zukunft des Jungen zu legen. In den Momenten, in denen Angeal diese Gegebenheit auffiel, wusste er sie geschickt auf den Enthusiasmius des Soldaten zu schieben. Dieser war schließlich Grundvoraussetzung für eine große Karierre ... wenngleich dem älteren Soldaten eine so starke Ausprägung wahrlich noch nie vor die Augen gekommen war.
 

Die offensichtliche Überschwänglichkeit hatte Zack Fair allerdings nicht nur Pluspunkte verschafft. Für seine Aufmerksamkeit schien diese pure Freude nicht immer tunlich zu sein. Und noch immer ließ sich der 3rd Class zu leicht durch die eigenen Fähigkeiten ablenken.

Das allerdings war nicht der Hauptgrund für Angeal, Zweifel daran zu haben, dass die offenen Worte die beste Idee gewesen waren. Es war noch nie positiv gewesen, einen Einzelnen so deutlich über den Rest des Rudels zu stellen. Zack Fair fehlte möglicherweise noch die notwendige Stärke, um seine Sonderstellung behaupten zu können. Man würde abwarten müssen, wie das Rudel reagierte- und hoffen, dass es nicht zu früh gewesen war, um dem Jungen seine Sonderrolle aufzutun.

In dieser Sache standen Angeal aber kaum Handlungsmöglichkeiten offen. Aus diesem Grund hatte er sich auch die Aufgabe gestellt, in Sachen Zack Fair lediglich Überlegungen zu dessen Ausbildung zu führen.
 

Diese Überlegungen hatten den Commander und seinen gut gelaunten Schüler letztlich an einem weiteren Sonntag zusammen in Hangar 2 des Trainingsgrundes geführt. Genau ein Monat war vergangen, seit dem Angeal das erste Training mit dem jungen Soldaten begonnen hatte und auch der Ausbilder musste zugeben, dass durchaus kleine Fortschritte zu verzeichnen waren. Der Simulationscomputer bescheinigte Zack Fair mittlerweile Level 8 und auch seine Angriffsstärke und seine LP waren um einige Punkte angestiegen. Was seine Konzentration betraf, waren die Verbesserungen zwar mehr als verhalten ausgefallen, aber auch hier war der Commander nicht vollkommen ohne Zuversicht. Immerhin hatte es der 3rd Class gerade am letzten Tag vollbracht, kein einziges Mal gegen einen seiner Kameraden zu verlieren. Und auch wenn sich sein Lehrer niemals den Fehler erlaubt hätte, Zack Fair vor seinem Rudel zu loben, war er doch einigermaßen durch diese Leistung zufrieden gestellt gewesen.

Da der Sonntag im Normalfall denjenigen Reporten diente, die unter der Woche nicht hatten fertig gestellt werden können, hatte sich Angeal auch vorgenommen, Direktor Lazards angeforderten Bericht über die Fortschritte des jungen Soldaten am heutigen Tage zu vervollständigen. Nicht, dass Angeal nicht auch an den Abenden unter der Woche diese Pflicht erfüllt hätte- aber es hatte ihm wirklich so geschienen, als ob er noch nicht genug über das Potential des Jungen hatte in Erfahrung bringen können.
 

“Und? Was ist es heute Sir? Ein Greif? Ein Haufen Tomberys? Ein riesiger Roboter??” Wie immer klang Zack Fair mehr als erwartungsvoll, während er sein übliches Aufwärmprogramm abspulte und dabei wie ein richtiger Wirbelwind durch den Hangar fetzte.

Angeal schüttelte nur gut gelaunt den Kopf und fragte sich, wann der Junge begonnen hatte, seine Freude so offen zu zeigen anstatt sich um respektvolles Schweigen zu bemühen. Nicht, dass es ihn gestört hätte. Ganz im Gegenteil. Diese Sondertrainings waren um einiges angenehmer, wenn Zack nicht aufgrund übermäßigen Respekts kein Wort heraus bekam.

“Ich werde Dich enttäuschen müssen.” meinte der Soldat irgendwann mit der Spur eines Lächelns als er der Meinung war, das Aufwärmtraining wäre ausreichend gewesen. “Ich denke es ist an der Zeit, dass Du zeigst, was Du gelernt hast.” Mit diesen Worten reichte der dem Jüngeren eben jenes Übungsholz, welches er ihm auch zu seinem ersten Training in die Hand gedrückt hatte. “Keine Waffen, keine Materia. Dein Augenmerk sollte auf der Verteidigung liegen. Ich hoffe, Du hast Dir Gedanken gemacht!”

Die Verwunderung in Zack Fairs Augen verschwand schneller als sie gekommen war und wandelte sich zur Überraschung seines Ausbilders tatsächlich in aufrichtiges Vergnügen. “Sicher Sir. Darauf habe ich schon gewartet!”

Und schon hatte er Angeal mit einem breiten Grinsen einen kurzen Salut gezollt und sprang in die Mitte des Simulationsfeldes. “Bin bereit! Simulation Anfang!”

“Simulation stopp.” orderte Angeal etwas trockener und verschränkte die Arme vor der Brust. “Nicht so eilig. Du hast doch nicht etwa auch diese Mission heimlich geübt?”

Schneller und energischer hätte Zack Fair den Kopf wohl gar nicht schütteln können. Schon jetzt flogen ihm die stacheligen Haarsträhnen wie wild um die Wangen. “Nein Sir! Ehrlich! Wirklich nicht Sir! Ich schwöre es!!!”

“Na das lass mal lieber.” Eines musste man ihm lassen- dieser Junge konnte wirklich der Inbegriff von Aufrichtigkeit sein, wenn er es denn wollte. Mit diesem Blick hätte er tatsächlich jeden noch so begründeten Zweifel ausräumen können. Diese riesengroßen blauen Augen sahen wirklich aus, als könnten sie nicht einmal die Unwahrheit sagen. Und auch so... Angeal hatte längst das Missionen-Protokoll des Simulationscomputers aufgerufen um in Erfahrung zu bringen, welche Simulationen unter dem Account des jungen Soldaten eingespeichert waren. Die Frage war im Prinzip sowieso überflüssig gewesen. “Dann mach Dich bereit. Computer, Simulation Anfang.”

Und schon erschienen die ersten metallenen Drohnen auch schon auf dem Übungsfeld und ließen ihre Geschosse auf den 3rd Class SOLDIER los. Diese parierte der Attackierte tatsächlich ohne jede Mühe. Und auch die folgenden hatten wenig Chance bei der Schnelligkeit des Schülers. Angriff um Angriff wehrte er mit dem spärlichen Holzstück ab ohne dabei auch nur einen winzigen Anteil seines Grinsens zu verlieren. Anscheinend hatte er wirklich begriffen, worum es hier ging.

Nach und nach erschienen immer mehr der Simulationsdrohnen, doch bisher schien Zack Fair auch mit der Masse an Angreifern gut fertig zu werden. Aber nicht nur das- Angeal staunte nicht schlecht, als der Junge das Stück Holz in dem Moment mit einer schnellen Bewegung zur Seite drehte, in der die Geschosse gegen das Material prallten und dadurch derart abgelenkt wurden, dass sie in eine andere Drohne einschlugen, die durch den Treffer ins Trudeln kam und kurz darauf untauglich zu Boden fiel. Ein freudiger Ausruf klang von dem Kämpfer herüber aber dieses Mal war er offensichtlich aufmerksam genug gewesen, um anschließend einen schnellen Sprung zur vollführen und sich aus der Gefahrenzone zu begeben.

Im folgenden musste Angeal mit wachsender Zufriedenheit mit ansehen, wie Zack Fair durch diese Methode nach und nach jede der kleinen Drohnen kampfunfähig machte. Ab und an sprang er sogar lediglich im letzten Moment aus dem Weg, so dass die angreifende Drohne ohne jede Einwirkung eine seiner Artgenossen traf, die den Soldaten von hinten hatte angreifen wollen.

Nach ungefähr einer halben Stunde war noch eine einzige Drohne auf dem Schlachtfeld übrig geblieben- und auch diese war bald schon durch einen gezielten Hieb mit dem Stück Holz ausgeschaltet. Gut... jetzt hatte er also doch wieder selbst angegriffen, anstatt sich auf die Verteidigung zu beschränken. Aber in diesem Fall war auch das kein Grund für den Ausbilder, Missfallen zu hegen. Es gab einen Unterschied zwischen einem sinnlosen Angriff und deinem solchen, der wohldurchdacht im richtigen Moment erfolgte.

“Yeahhh!!” grinste Zack Fair breit, als er begriff, dass er tatsächlich alle Gegner vernichtet hatte. Dabei schwang er das Stück Holz in eben der gleichen Weise in der Hand, wie es ihn Angeal schon des Öfteren mit einem Übungsschwert hatte tun sehen. Nur leider passte das Holz selbstverständlich nicht in die vorgesehene Schwerthalterung, so dass es der Junge im letzten Moment noch beinahe hätte fallen lassen. So viel zur Konzentration also.

Und trotzdem lächelte auch Angeal reichlich zufrieden, als er die metallische Stimme des Computers vernahm. “Bereich vollständig gesäubert. Mission vollständig.”

Es sah tatsächlich so aus, als ob der junge Kämpfer mit dem nächsten Satz bis zur Decke des Hangars springen könnte, so glücklich war er offensichtlich.

“Gute Arbeit, Soldat.” bemerkte der Commander wohlwollend, während er zu dem Jüngeren trat. Sehr gute Arbeit. “Clevere Idee.”

Hätte es der Junge vermocht, noch glücklicher zu werden, so hätte er es in diesem Moment wohl wirklich getan. Und auch dies brachte Angeal dazu, in eine seiner Gürteltaschen zu greifen und dem jungen Soldaten auf der Handfläche eine goldene Schwungfeder zu präsentieren. “Hier.”

Vollkommen verwirrt starrte der Angesprochene erst auf die Feder und dann wieder auf seinen Ausbilder. “Sir?...”

“Eine Phönixfeder. Nimm sie.” meinte dieser aber lediglich mit einem kleinen Schmunzeln.

Zögernd streckte der Soldat schließlich seine Hand aus und griff wie geheißen nach der präsentierten Feder, die er mehr als vorsichtig zwischen seinen Fingern hielt und noch immer blinzelnd beäugte. “Warum?” fragte er schließlich lediglich.

Aber Angeal war längst schon zufrieden und verschloss den kleinen Beutel an seinem Gürtel. “ShinRa gewährt jedem SOLDIER für erfolgreiche Missionen neben der üblichen Vergütung Ausrüstungsgegenstände und andere Items. Daran solltest Du Dich vielleicht auch schon gewöhnen.”

Sicher- das hier war keine wirkliche Mission gewesen. Und Angeal war alles andere als das Direktorat ShinRas. Diese Feder hatte er bei einer seiner letzten Missionen in der Vorebene von Wutai erhalten. Aber der Junge hatte eine Belohnung verdient gehabt - nicht nur für die heutige Leistung, sondern auch für den ganzen letzten Monat. Und so wie es bisher erschienen war, kam man bei Zack Fair mit Lob viel weiter als mit Tadel.

Er würde vielleicht noch Jahre nicht in die Gelegenheit kommen, diese Feder wirklich benutzen zu müssen. Aber vielleicht würde es ihm helfen, sich immer an das Ziel zu erinnern, dass er sich selbst gesetzt hatte.

Die leuchtend blauen Augen des Jungen schienen tatsächlich noch ein Stück größer geworden zu sein. Und dort wo bis eben noch ein strahlendes Grinsen gewesen war, fand Angeal nun ein derart glückliches Lächeln, wie er es bei Zack Fair wahrlich noch nie erblickt hatte. Fast schon ein wenig seltsam- aber diese Feder machte ihn anscheinend glücklicher als der vorherige Sieg. “Danke ... Sir!”

Angeal aber nickte nur und verkniff sich ein breiteres Lächeln. “Wir sind hier fertig. Nimm Dir den Rest des Tages frei.”
 

Zufrieden setzte Angeal seine Unterschrift an diesem Abend unter den Bericht an Direktor Lazard.

Noch einmal flogen seine Augen über den letzten Satz der Seite:

“Bisherige Leistungen sind als vollständig zufriedenstellend einzustufen. Weitere Förderung erscheint zweckdienlich.”

Es war ein gutes Gefühl, sich auf dem richtigen Weg zu wissen.



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