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Der Pferdeflüsterer

von

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Der erste Tag

Der erste Tag
 

Wie nervig kann ein einzelner Mensch sein? Also, Philip übertrifft das bei weitem, sei es nun wegen seinem Frettchen, er hängt den ganzen Tag an mir dran und hat sich nur Kurse gesucht bei denen ich dabei bin. Aber einen Vorteil hat es, ich habe jemanden der für mich alles vorstellt.
 

Der Morgen begann recht ruhig. Wie immer sabberte Otto mich voll, da er raus wollte.

„Hm… du weist doch wie Türen aufgehen“, gähnte ich und erhob mich dann doch um ihm die Tür zu öffnen. In meinem Pferdchen-Pyjama wankte ich die zwei Treppen nach unten und öffnete dabei einfach mal alle Zimmertüren, da es Zeit zum aufstehen war. Wildeste Flüche wurden mir auf den Hals gehetzt, vermutlich auch weil Otto laut bellte.

In der Haustür stand mein Onkel und trat für Otto zur Seite, damit der ihn nicht um schmiss, so wie der runter rannte.

„Hätte er nicht kleiner sein können?“ fragte er rhetorisch.

Diese Frage kam mittlerweile so regelmäßig, dass ich nur lieb lächelte und im Pyjama über den Hof ging und im Stall verschwand.

„Guten morgen meine Lieben, Zeit für euer Frühstück“, grüßte ich die Pferde und verteilte dann Hafer und Wasser, wie jeder auch einen Apfel bekam, da Montag war; es gab nämlich jeden Tag ein anderes Leckerli in meinem Stall.

„Schmollst du noch mit mir?“ fragte ich Ludwig lieb und reichte ihm einen besonders großen Apfel. Zögerlich kam er ran und fraß ihn, „bist du mir böse, wenn ich mich heute mir mit Richard beschäftige? Ich muss mich doch um die Neulinge kümmern“, ich strich ihm über den Hals.

Er schüttelte sein stolzes Haupt und widmete sich seinem Hafer.

Seufzend gab ich noch Otto und Max ihr Futter.

Zur Abwechslung erschien meine Tante im Stall.

„Du solltest dich ab sofort lieber erst anziehen“, sagte sie lieb und gab mir meine Sachen. Dankend nahm ich sie und zog mich um, da ich gleich noch Richard holen wollte; Richard ist ein weißer Lipizzaner von stolzen neun Jahren. Ab diesem Jahr geht er nicht mehr in die Zucht du wurde in der Reitschule ausgebildet, daher kann ich ihn problemlos nehmen. Zu ehr legerer Kleidung zog ich meine teuren Reitstiefel an und sprintete, noch vor dem Frühstück, zu Zuchtstall und führte den Hengst zum Dressurplatz, wo ich ihn allein ließ.

Am Frühstückstisch wurde ich von bösen Blicken aufgespießt, die mich aber nicht störten. Seelenruhig setzte ich mich und frühstückte mit den anderen.

Als ich mich wieder erhob waren es noch zehn Minuten Bus zur Pflegestunde. Gespannt ob alle pünktlich waren machte ich mich auf zum Stall und räumte die boxen zusammen.

„Hoffentlich haben sie das schon mal gemacht“, meinte ich zu mir selbst, während Otto noch eine Box brachte.

Zwei Minuten vor Acht und Philip kam in den Stall gestolpert. Ehr gelassen kamen dann auch die anderen. Drei schafften es noch in den Stall, den anderen beiden wurde die Stalltür vor der Nase zugemacht, darunter auch mein Lieblingsfreund.

\\Pech gehabt. Pünktlichkeit ist bei mit alles.\\

Das schrieb ich auch an die Tafel, dann ließ ich sie ihre Pferde mit raus nehmen. Ein Unmensch wollte ich ja am ersten Tag auch nicht sei, aber beim nächsten Mal war die Stunde unerfüllt.

Mit Pferd und box platzierten wir uns am Dressurplatz. Ich stieg über den Zaun und pfiff Richard zu mir, der auch gleich kam.

Als erstes duschten wir bzw. ich zeigte es ihnen und bürstete das Wasser vom Fell. Folgend hielt ich der kleinen Gruppe den Schlauch hin. Mutig und überaus vorbildlich nahm Philip den Schlauch und führte seine Stute neben Richard, der etwas rutschte. Immer wenn er das Wasser ansetzte ging seine Elisabeth weg. Schmunzelnd wartete ich das ganze fünfmal ab, die anderen kicherten schon, und drückte ihm den Zügel in die Hand, vielleicht klappte es ja. Es klappte natürlich nicht, sie wollte es anscheinend nicht mit dem Schlauch, aber da wusste ich Hilfe. In einen Eimer füllte ich Wasser und legte einen Schwamm hinein.

Grinsend gab ich Philip diesen und die anderen lachten schallend. Mit hochrotem Kopf ging er davon und wusch seien Stute, während ich mit den anderen weiter machte, geschickt stellten sie sich nicht gerade an, aber was solls…

Nach dem trocknen ging es nun ans Striegeln, das konnten sie schon besser, dennoch merkte man, dass wenn sie die Pferde auch schon länger hatten, sie immer von anderen Gepflegt wurden. Vor der Hufreinigung hatte ich große Angst, beim striegeln konnte man sich kaum unbeliebt machen, aber bei den Hufen, da ging es unheimlich schnell sie zu verletzten. Ich entschied mich die Hufe lediglich aus zu bürsten, das reichte. Philip, unser Nachzügler, war dann auch fertig. Einmal zeigte ich allen was sie zu tun hatten und dann noch mal jedem einzeln, damit sie es auch begriffen.

Nach den Pferden mussten sie noch ihre Boxen reinigen und lernen mit ihren Pferden zu sprechen und sie zu verwöhnen, mit Streicheleinheiten.

Mit ihrem restlichen Tagesablauf hatte ich nichts weiter zu tun, also kümmerte ich mich um Richard und beobachtete die anderen.

Ausreiten musste ich wieder mit ihnen, da jemand auf sie aufpassen sollte, dass sie nicht vom Weg abkamen.

Nach dem Abend Essen wurde ich endlich von Philip in Ruhe gelassen und konnte mich meinem eigenen Pferden, Richard und Ludwig, widmen. Richard war so ein bisschen ein treibender Keil für meinen Rappen, schon allein weil der Wallach mehr Aufmerksamkeit von mir bekam.

Mit beiden war ich draußen auf dem Übungsplatz. Ganz ohne Helm und Sattel saß ich auf Richard, Ludwig dicht neben mir, wie Otto auch, der eine Leine im Maul hatte an der Maximilian hin, das Frettchen musste ja nicht den ganzen Tag im Stall sein, auch er brauchte Auslauf.

Gemütlich schritten wir große Runden über den Platz.

„Du bist heute wie die Menschen, richtig zickig, mein Lieber“, sagte ich zu Ludwig und klopfte ihm sanft auf den Hals. Schnaubend trat er vor und zog mich fast von dem anderen.

„Hey!“, ich zog ihn zurück, allerdings hatte ich ohne Sattel nicht so guten Halt und Ludwig mehr Kraft als ich.

„Ludwig!“, so stark ich konnte zog ich an dem Zügel, ein Fehler. Richard machte keine Anstalten schneller zu reiten, anscheinend war er ganz Ludwigs Meinung.

„Otto!“, er sah zu mir hoch, die Leine im Maul. Wenn ich los ließ war die ganze Trainingseinheit für umsonst.

Scheinbar grinsend sah Ludwig zu mir hinter und zog kräftig an seinem lockeren Zügel. Immer noch hatte ich sie fest gepackt und reagierte nicht sie los zu lassen.

Im nächsten Moment fand ich mich auf dem Boden wieder, den Zügel in der Hand und einen schnaubenden Ludwig, der sich endgültig los riss.

Ich atmete tief durch und blickte dann in dem selbstgefälligen Gesichtsausdruck von Ludwig.

„Du Biest“, knurrte ich und erhob mich. Da ich stehen konnte hatten wohl nur meine Knie und meine Hände gelitten, zum Glück.

Otto war mit Max zu mit gekommen und sah mich entschuldigend an.

„Schon gut, alles okay“, meinte ich und nahm Max hoch, damit Otto die Pferde rügen konnte.

Gerade wollte ich etwas sagen, da eilten Schritte auf mich zu. Mit einer Lüge zu leben schärft die Sinne.

„Was ist denn das?“, fragte meine Tante und sah auf Max, dessen weißes Fell mit meinem Blut verschmiert war.

Da ich ihr nicht antworte konnte, wollte, wie auch immer, sah sie auf meine Hände und Knie, „bist du vom Pferd gefallen?“

Milde ausgedrückt stimmte das, also nickte ich wehmütig. Es war sehr blamabel, wenn gerade ich vom Pferd fiel.

Sie seufzte schwer; mir war durchaus bekannt, dass sie Ludwig nicht mochte, „dein Onkel möchte dich sprechen.“

Ich pfiff und Otto trieb die Pferde zu mir.

Mürrisch packte ich die Zügel und zog beide, unter Protest, zum Stall und in ihre Boxen. Nur in Ottos Begleitung ging ich ins Haus und wusch die Wunden aus bevor wir in das Büro traten.

„Hat Ludwig dich mal wieder abgeworfen?“, fragte er amüsiert.

Ich schüttelte den Kopf und setzte mich.

„Du solltest dir wirklich leichtere Tiere suchen. Warum ich dich herbat“, meinte er und legte mir einen Block hin, „dieses Frettchen, wo kommt es her? Selbst in unserem Wäldchen gibt es solche nicht mehr. Gehört es einem Schüler?“

„Würde er Ärger bekommen, wenn ich ja sage?“, schrieb ich auf das oberste Blatt und sah ihn an.

„Das Tier wohnt bei dir?“

Ich nicke.

„Bekommst du etwas dafür?“

Ich nicke erneut.

„Willst du ihn beschützen?“, er desinfizierte die Wunden.

Ich nicke. Mein Onkel verband sie leicht und gab mir ein paar neue, teure Reithandschuhe aus echtem Leder.

Ehrenvoll zog ich sie über und betrachtete meine Hände.

Schmunzelnd sah er sich noch meine Knie an und klebte zwei große Pflaster darauf, „gut, behalte das Tier bei dir. Geh jetzt zu Bett.“

Brav nickte ich und verließ mit Otto das Büro. Wir machten noch einen Besuch bei Philipp, es war Zeit für meine Schokolade, die er mit brav gab.

„Was hast du mit deinen Knien getan? Bist du vom Pferd gefallen?“

Ich schenkte ihm einen Was-geht-dich-das-an-Blick und verließ das Zimmer.

Wir gingen in unser Zimmer. Otto legte sich auf seine Decke, ich nahm mir ein Buch aus dem Reael und las darin. Vor dem Schlafengehen zog ich die Handschuhe aus. Säuberlich legte ich sie auf den Schreibtisch und ging zu Bett.

„Gute Nacht.“



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