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Christmas Lullaby

von

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O N E - S H O T

Es war ein Dezembertag wie viele andere zuvor. Die Welt vor der Fensterscheibe der Hotellobby, in der ich arbeitete, war grau in grau. Der Nebel hing tief und die wenigen Menschen, die sich in den Seitenweg, in dem ich arbeitete, verirrten, hinterließen einen ähnlichen Eindruck wie der Himmel, den ich zwischen den mittlerweile kahlen Bäumen erkennen konnte.

Hätte auf meinem Kalender nicht unter dem Datum gestanden, dass der Nikolaustag vor der Tür stand, hätte ich vielleicht sogar vergessen, dass bereits Dezember war. Die Arbeit fesselte mich in dieser Zeit, in der das Hotel nur mager besetzt war, zunehmend – Spätdienste folgten aufeinander, sodass ich das Tageslicht nur von der Rezeption aus sah.
 

Fröhlich und lachend hatte meine Kollegin mir noch verkündet, dass ich der Nikolaus in diesem Jahr sein sollte. Ich machte keinen großen Hehl daraus, dass es mir im Grunde egal war und dass es nur eine größere Last am Ende meines Dienstes war, an jede Zimmertür eine kleine Tüte mit Schokolade, die sie voller Liebe vorbereitet hatte, hängen zu müssen. Nikolaus war in meinen Augen unweigerlich nur ein Fest für Kinder, das in keiner Relation zu Weinachten stand und selbst dieses Fest hatte den eigentlichen Sinn doch längst verloren.
 

Die Stunden verstrichen und immer weniger Schlüssel hangen zurückgelassen an dem Schlüsselbrett, über das ich Herrin war. Eltern mit ihren fröhlichen Kindern schlenderten an der Rezeption vorbei, erwiderten meine freundliche Begrüßung.

Den letzten Schlüssel wurde ich kurz vor Feierabend los und ich machte mich auf mit bestem Gewissen daran, die Schokoladentütchen zu verteilen.
 

Leise summte ich vor mich hin und war in Gedanken schon zuhause, um meinen Freunden von diesem langweiligen Tag zu berichten und vielleicht noch etwas Musik zu hören bevor, ich mich ins Bett legen würde. Von der obersten Etage ging ich durch das Treppenhaus und betrat auf jeder Etage den Flur, doch im vierten Stockwerk verließ mich schon die Lust am Summen, denn Trübsal breitete sich in mir aus. Was für ein sinnloser Feiertag, dachte ich bei mir und bog in die Ecke, um das hinterste Zimmer mit der Nummer sechs zu beschenken. Beinahe unbewusste und ebenso sinnlose Wut kam in mir auf und ich verfehlte nicht nur den Türknauf, um das Bändchen darumzubinden. Ich fluchte auch leise, als das kleine Tütchen zu Boden fiel.

Die Tür vor mir öffnete sich langsam und alleine das hätte mir schon einen Schreck eingejagdt, doch die Worte blieben förmlich in meinem Halse stecken, als ich aufsah und in die Augen eines kleines Mädchens sah, die mich aus ihren riesigen Kulleraugen heraus ansah. Ich fröstelte etwas als ihr ebenso erschrockener Blick traurig wurde, als hätte meine Anwesenheit ihre Kindheitsträume vom Nikolaus zerstört. Reue kam in mir auf, dass ich an so etwas schuld sein konnte.

„Wer bist du?“ wollte sie wissen und musterte mich mit ihren neugierigen Blicken, die noch nicht aufgehört hatten zu hoffen.

Langsam hob ich die Finger vor meine Lippen und bedeutete ihr, dass sie still sein musste, bevor ich das kleine Tütchen aufhob und in meiner Handfläche bewahrte, während ich sie ansah. „Ich helfe dem Nikolaus, er hat so viel zu tun. Aber hätte er gewusst, dass du ihn erwartest, wäre er sicher persönlich gekommen.“, sagte ich ihr und hoffte das ich überzeugend war in dem, was ich tat.

„Wirklich?“ fragte sie und der Glanz kehrte zurück in ihre Augen, die Zweifel, die darin zu finden waren, verflogen so schnell wie sie gekommen waren.

„Und das hat er für dich abgeben wollen.“ Ich drückte ihr die Schokolade in die kleinen Hände und zum ersten Mal an diesem Abend lächelte ich ein ehrliches Lächeln, als ich sie beobachtete. „Und nun geh ins Bett. Du bist sicher schon ganz müde.“

Sie nickte eifrig und sah mich dennoch noch einige Momente an. Noch einmal hob ich meinen Finger an die Lippen und beobachtete, wie sie das gleiche tat – dies war unser kleines Geheimnis. Wir beide lachten leise, bevor ich aufstand und ihr noch zuwinkte, als sie die Tür wieder schloss.
 

Ungeahnte Wärme erfüllte mich innerlich, während ich leichtfüßiger als zuvor zum Treppenhaus ging und wieder begann zu summen. Vielleicht hatte der Zauber von Weinachten auch mich berührt, ohne dass ich es jemals geahnt hatte….



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Veilchen
2010-08-06T20:52:55+00:00 06.08.2010 22:52
hallo :)
Ich finde die Geschichte gut und ich finde den Wandel mit dem Kind gut beschrieben. Da weiß man richtig, was in der Frau vor sich geht :)
mach weiter so


Von: abgemeldet
2010-05-10T18:15:02+00:00 10.05.2010 20:15
die geschichte ist nicht nur rührend, sondern auch spannend geschrieben. es ist nachvollziehbar, dass der sinneswandel der frau mit dem auftauchen des kindes einhergeht. der moment ist magisch und du hast ihm diese magie gelassen. für meinen geschmack ist der letzte absatz des guten zuviel, denn der leser versteht auch ohne ihn, was mit der geschichte zum ausdruck gebracht werden soll.

;-)
Von:  KleinAya
2010-01-15T06:51:12+00:00 15.01.2010 07:51
hey^^

erstmal danke, dass du deine geschichte in meinen wettbewerb gesteckt hast^^

...nun, wenn ich noch mehr so gute geschichten krieg, wirds echt schwer mich zu entscheiden XD

es hat mir sehr gefallen wie du sie geschrieben hast! anfangs die bedrücktheit und dann die freude durch das kind.. ich finds schön^^ hat mich zum lächeln gebracht, obwohl ich um diese uhrzeit eigentlich ein grummel-monster bin *lach*

lg Stummelbein


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